"Nähe und Ferne – Geschichten vom Unterwegssein" -  - E-Book

"Nähe und Ferne – Geschichten vom Unterwegssein" E-Book

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Beschreibung

Das Unterwegssein war schon immer eines der ganz großen Themen der Literatur. In unserer Zeit, in der Entfernungen viel leichter als noch im letzten Jahrhundert zu überwinden sind, erhält das "Auf-dem-Weg-Sein" ganz unterschiedliche Bedeutungen. Wie begegnen wir fremden Ländern und anderen Kulturen, wie begegnen wir unseren Nachbarn in Europa ... oder auch den Menschen im nächsten Dorf, im Verein, in der Schule? Welche Wünsche, welche Ideale und Hoffnungen tragen wir bei uns auf unserem Weg? Erfüllt uns das Unterwegssein eher mit Neugierde oder eher mit Angst? Fühlen wir uns einsam, wenn wir weit weg von allem Vertrauten sind oder sind wir eher gespannt darauf, "eigene" Erfahrungen zu machen? Wohin wollen wir? Und: Kann das Unterwegssein nicht auch manchmal einfach im Kopf, in unseren Vorstellungen und Fantasien stattfinden? Wir haben viele junge Leute zu Geschichten angeregt, die aus heutiger Sicht vom Unterwegssein erzählen. Herausgekommen ist eine beeindruckende thematische Vielfalt an Texten, die das vorgegebene Thema auf originelle Weise und mit erzählerischer Schönheit aufgreifen. Die Zusammenstellung dokumentiert alle Beiträge zum Jugendliteraturpreis 2018. In jedem der vier Kapitel dieser Anthologie wurden die Beiträge der Preisträger/innen jeweils an den Anfang gestellt. Jurymitglieder sind Claudia Hoffmann, Mario Walter Johnen, Christoph Leisten, Bruder Wolfgang Mauritz, Joachim Starke, Waltraud Stening-Belz, Marietta Thien und Andreas Züll.

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Seitenzahl: 225

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Eifeler Jugendliteraturpreis 201852 junge Autorinnen und Autoren schreiben

»Nähe und Ferne –Geschichten vom Unterwegssein«

Lit.Eifel e.V. unddas Literaturhaus der Eifelgemeinde Nettersheim (Hg.)

Die Publikation wurde unterstützt von

Erste Auflage 2018

© Barton Verlag, Weilerswist-Metternich 2018

www.barton-verlag.de

Layout: Gaja Busch

Lektorat: Jury Eifeler Jugend- und Literaturpreis 2018

Printed in Germany

ISBN 978-3-934648-26-5

eISBN 978-3-934648-39-5

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Inhalt

Vorwort

Altersgruppe 6–9 Jahre

Altersgruppe 10–12 Jahre

Altersgruppe 13–15 Jahre

Altersgruppe 16–18 Jahre

Altersgruppe über 18 Jahre

Vorwort

»Nähe und Ferne – Geschichten vom Unterwegssein«

Mit der fünften Ausschreibung kann der Eifeler Jugendliteraturpreis bereits ein kleines Jubiläum feiern. Die Förderung junger Menschen, die gerne schreiben, ist für die lnitiatoren längst zu einem Herzensanliegen geworden, und die Preisverleihung stellt inzwischen eine liebgewordene Tradition und einen festen Bestandteil der alljährlichen Eifeler Buchmesse dar.

Das diesjährige Rahmenthema »Nähe und Ferne – Geschichten vom Unterwegssein« hat wieder viele Kinder und Jugendliche aller Altersklassen zu spannenden, originellen, überraschenden und berührenden Texten motiviert.

Insofern war es auch in diesem Jahr nicht leicht für die Jury, unter den zahlreichen, mit viel Herzblut und Engagement verfassten Erzähltexten die besonders herausragenden Arbeiten auszuwählen. Grundsätzlich möchten wir festhalten, dass alle Einsenderinnen und Einsender dem diesjährigen Thema anregende Perspektiven abgewonnen haben. Daher sind wir froh, in dieser Anthologie alle Einsendungen präsentieren und damit würdigen zu können.

Mit dem Stichwort »Nähe und Ferne« wollten wir einen möglichst offenen Themenrahmen präsentieren, der zugleich auf die Lebensbedingungen in unserer Welt verweist, die auch dadurch gekennzeichnet sind, dass uns mitunter das Nahe fern und das Ferne nah und erreichbar erscheint.

Die literarischen Texte, die daraufhin entstanden sind, loten ein weites Spektrum aus. Sehr persönliche Reisegeschichten stehen neben existentiellen Lebenserfahrungen, und mitunter kommen ganz und gar überraschende Perspektiven in den Blick.

Bei der Wahl der Preisträger/innen haben wir uns in allen Altersklassen schließlich für jene Geschichten entschieden, die das Thema nach unserem Eindruck auf besonders originelle Weise aufgreifen und dabei auch sprachlich und erzählerisch überzeugen können.

Zum ersten Mal vergeben wir in diesem Jahr zudem einen Sonderpreis für ein Gedicht, das zwar die Ausschreibungsbedingungen nicht genau erfüllt, uns aber dennoch preiswürdig erschien.

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern dieser Anthologie eine bereichernde Lektüre. Und die in dieser Sammlung vertretenen jungen Literatinnen und Literaten möchten wir ausdrücklich ermutigen, auch weiterhin an ihrer Begeisterung für das Schreiben von Geschichten festzuhalten!

Die Jury(Claudia Hoffmann, Mario Walter Johnen, Christoph Leisten, Bruder Wolfgang Mauritz, Joachim Starke, Waltraud Stening-Belz,Marietta Thien und Andreas Züll) im November 2018

Altersgruppe 6 bis 9 Jahre

Mein Leben

Hallo, ich bin der Khaled. Heute bin ich früh aufgewacht, um in die Schule zu fahren. Vorher frühstücke ich mit meinem jüngeren Bruder, danach lese ich mein Fußballbuch. Fußball ist mein Hobby und ich spiele Fußball in Lommersum. Es ist egal, welche Sprache man beim Fußball spricht, da man dazu keine Worte braucht. Ich habe meinen allerbesten Freund namens Joshua und noch einen besten Freund namens Yahya. Ursprünglich kommen wir aus verschiedenen Ländern, lieben aber alle Fußball.

Wenn ich in die Schule muss, geht mein Bruder zu unserem Onkel. Das ist unser Nachbar.

Heute war ich beim Geburtstag von meinem Freund Markus. Deshalb konnte ich meinen Onkel nebenan nicht besuchen. Ich bin fast jeden Tag bei meinem Onkel Heinz. Er ist 77 Jahre alt. Wir spielen oft das Kartenspiel Mau-Mau oder Schach, denn diese Spiele hat er mir beigebracht. Onkel Heinz ist für mich mein Freund. Auch wenn das nicht jeder versteht. Mein Bruder, Karim, liebt auch unseren Onkel Heinz und seine Frau, Tante Aggi. Jedes Jahr besuchen wir mit Onkel und Tante das Feuerwehrfest, die Karnevalskindersitzung, das Wiesenfest auf dem Flugplatz und vieles mehr. Wir lieben unsere Nachbarn, doch leider wird bald unsere Wohnung zu klein für uns, da meine Mama bald ein Baby bekommt. Ich werde sehr traurig sein, wenn wir in einem neuen Haus wohnen und neue Nachbarn haben.

In den Sommerferien bin ich mit meiner Mutter, meinem kleinen Bruder und Oma Amneh, nach Palästina geflogen. Wir waren zuerst in Amman/ Jordanien bei der Schwester meiner Oma. Oma Samera ist ihr Name. Dort haben wir Verwandte meiner Mutter kennengelernt. Ein Nachbarsjunge, namens Baraa ist ein neuer Freund geworden. Dem habe ich mein „Beybley“ als Andenken geschenkt.

Von dort aus sind wir nach Palästina in ein Dorf namens Jammain gefahren. Die Reise war sehr anstrengend. Wir mussten drei Grenzen überqueren. Die jordanische Grenze, die israelische Grenze und die palästinensische Grenze. Es hat mich gewundert, dass ich nach Palästina fahre, dort aber überall die israelische Flagge zu sehen ist.

Gewohnt haben wir bei dem Onkel meiner Mutter und meiner Uroma. Ich habe dort meine Großcousins getroffen. Am liebsten habe ich Muath und Hamood. Wir haben viel Fußball gespielt, vor allem mit Samir und Salim. Das sind nun auch meine Freunde. Auch die Nachbarskinder waren dabei, ein neuer Freund dort heißt Musa.

In Jerusalem haben wir Freunde besucht. Wir waren dort drei Tage. Wir haben zwei große Moscheen besucht. Spazieren waren wir in der Altstadt von Jerusalem. Dort habe ich viele Soldaten gesehen.

Mit meiner Freundin Leen und unseren Familien haben wir den Strand von Jafo besucht. Dort konnten wir im Meer schwimmen und auf dem Spielplatz spielen.

Leen hat früher in Deutschland gelebt. Jetzt lebt sie in Jerusalem. Auch meine Freunde Yasin und Amin aus Hamburg leben seit 3 Jahren in Nablus. Die konnte ich auch besuchen.

Manchmal denke ich, es wäre schön, auch in Jammain zu leben. Aber dann würde ich meine Freunde in Deutschland vermissen.

Alle drei Länder – Jordanien, Palästina und Deutschland – finde ich ausgezeichnet. In Palästina habe ich viele Feigen- und Olivenbäume gesehen.

Nun, nach den Sommerferien, besuche ich die zweite Klasse. Der Unterricht wird schwerer und anstrengender, da wir mehr Schulstunden haben. Wir haben einen neuen Schüler in die Klasse bekommen. Er kommt aus Syrien. Er lebt seit zwei Jahren in Deutschland. Seine Familie musste wegen des Krieges in Syrien nach Deutschland kommen. Ich finde es schade, dass die Menschen flüchten müssen. Aber ich bin froh, dass er nun in Sicherheit lebt.

Länder, die ich gerne besuchen möchte sind, Paris/Frankreich und Marokko. Toll wäre es auch, nach „Italia“ Italien zu fliegen. Das wird „Sensazionox“ (sensationell).

Meine Lehrerin sagt, ich sei ein Träumer. Da ich manchmal im Unterricht mit meinen Gedanken woanders bin. Manchmal bin ich dann in Gedanken in Paris und esse Croissants. Oder ich fahre mit dem Fahrstuhl den Eiffelturm herauf.

An manchen Tagen träume ich von Fußballspielern der Mannschaft Real Madrid. Und dafür würde ich gerne nach Madrid reisen. Da das nicht so einfach ist, träume ich davon und stelle es mir vor.

Ich habe gelernt, dass es einfach ist, im Kontinent Europa zu reisen. Meine Reise im Sommer ist anstrengend gewesen und wir mussten oft lange warten. Meine Mutter hat mir erzählt, dass es in anderen Kontinenten keine offenen Grenzen gibt. Das ist nicht schön.

Mein Freund Tiyeb, ist von Deutschland nach Österreich gezogen. Da wir uns nicht mehr so häufig sehen können, sind wir Brieffreunde geworden. Mama muss mir seine Briefe vorlesen, da er schon Schreibschrift schreiben kann. Er ist schon in der 4. Klasse.

Es gibt Menschen, die leben weit weg. Aber wir können sie sehen und mit ihnen schreiben. Das ist schön.

Ich würde gerne noch einmal nach Palästina fahren. Die Familie meines Vaters konnten wir nicht besuchen. Sie wohnt in der Stadt Gaza. Leider sind die Grenzen dorthin zu.

Es ist sehr traurig, dass verschiedene Menschen nicht miteinander leben können. Ich wünsche mir, dass ich ganz einfach überall hinreisen kann, um meine Freunde auf der Welt zu treffen.

Khaled Dababesh, 7 Jahre

Lilli und Tim

Langsam ruckelte der Zug durch das Land. Lilli drückte ihre Nase an die Fensterscheibe und sah sich die Landschaft an. Fast überall war Wald. Nur ab und zu mal ein Feld oder eine Wiese. Lilli war 20 Jahre alt und lebte im Studentenwohnheim in Oxford. Es waren Ferien und Lilli hatte sich vorgenommen, nach Nottingham zu fahren und dann mit einer gleichaltrigen Gruppe pilgern zu gehen. Sie musste noch etwa zehn Minuten fahren, dann war sie in Leicester, wo sie umsteigen würde. Lilli schlug ihren Reiseführer auf und ging mit ihrem Finger noch mal die Reiseroute durch. Plötzlich kam eine Durchsage: „Nächste Haltestelle: Leicester. Ausstieg in Fahrtrichtung rechts. Achtung, die Trittstufen können nicht ausgefahren werden!“ Lilli packte ihre Sachen zusammen und stand auf. Sie lief durch den Gang zur Tür. Da machte der Zug abrupt Halt und Lilli kippte nach vorne. Eine kräftige Hand packte sie am Arm und hielt sie ehe sie hinfiel. Lilli schaute in ein lächelndes, sommersprossiges Jungengesicht. „Danke!“, sagte Lilli und lief aus dem Zug auf den Bahnsteig. Der Junge folgte ihr. Lilli blieb stehen und drehte sich zu ihm um. „Warum folgst du mir?“, fragte sie ihn. „Weil ich auch auf Gleis 4 muss!“, antwortete er. „Ich fahre mit dem Zug nach Nottingham zum Pilgern“, erklärte er und deutete auf seinen großen Rucksack. Lilli zuckte zusammen. „Da will ich auch hin!“, sagte sie. „Na, dann können wir ja zusammen fahren. Ich heiße übrigens Tim“, sagte er und streckte ihr seine Hand hin. „Und ich heiße Lilli“, stellte sie sich vor. Sie schüttelte seine Hand und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Gleis 4.

„Der Zug von Leicester nach Nottingham hat zehn Minuten Verspätung“, kündigten die Lautsprecher an, als sie das Gleis erreicht hatten. „Na toll!“, brummte Tim. Sie warteten einige Minuten schweigend. Dann schweifte Lillis Blick zur Anzeige über ihnen und ein Schreck durchfuhr sie. „Tim! Wir müssen auf Gleis 1!“, brüllte sie gegen den Lärm der Menschen und das Rattern des Güterzuges, der gerade vorbeifuhr, an. „Quatsch!“, antwortet Tim, war sich dann aber doch nicht mehr so sicher und schaute hoch zur Anzeige. „Tatsächlich!“, rief er, nahm Lillis Hand und sie zwängten sich zwischen den Leuten hindurch. Sie sprangen über im Weg stehende Koffer und eilten so schnell sie konnten die Treppen hinunter. „Noch drei Minuten!“, keuchte Tim nach einem Blick auf seine Uhr. Sie rannten weiter. An einer Stelle mussten sie sich loslassen und Lilli sah Tim plötzlich nicht mehr. Sie sah sich hektisch um, aber sie konnte ihn nirgendwo entdecken. Doch, da hinten war er! Lilli sprintete weiter, was gar nicht so einfach war in einer rappelvollen Bahnhofshalle, und rief dabei laut: „Tim! Warte auf mich!“ Tim blickte sich um und blieb stehen. Lilli drängte sich an einem älteren Herrn vorbei und erreichte ihn. Wieder Hand in Hand stürzten sie die Treppe hinauf zu Gleis 1. „Noch eine Minute!“, rief Tim und zog sie die letzten Stufen hinauf. Da, der Zug! Gerade schlossen sich die Türen! „Nein! Stopp!“, brüllte Tim und stellte seinen Fuß in letzter Sekunde in den Spalt zwischen den Türen. Lilli und Tim stiegen ein. Sie suchten sich zwei Plätze und plauderten die ganze Fahrt übers Pilgern. Als der Zug Nottingham erreichte, stiegen sie aus. Neben dem Bahnhof war ein Gasthaus, wo sie sich mit den anderen Pilgern verabredet hatten.

Das Gasthaus „Zur goldenen Sichel“ war heimelig eingerichtet und im Essensraum an einem großen Holztisch warteten schon die anderen. „Hallo! Da seid ihr ja!“, wurden sie freudig begrüßt. Sven – er war der Reiseführer – stellte sie untereinander vor. Da kam auch schon die Kellnerin und brachte jedem einen Teller Gemüsesuppe und ein Glas Wasser zum Abendbrot. Danach wurde es Zeit ins Bett zu gehen. Lilli ging die Treppe hoch zu den anderen Mädchen, die schon eifrig ihre Handcremes, Bürsten und Föhne auspackten. Lilli hatte so etwas nicht dabei. Sie warf sich ihr Handtuch über die Schulter, nahm ein Seifenstück in die Hand und ging zu den Duschen.

Am nächsten Morgen mussten alle schon um halb sieben aufstehen und dann schnell frühstücken. Um halb acht starteten sie. Sie liefen zuerst durch die Stadt und folgten dann einem Feldweg. Überall blühten Mohnblumen im Feld und Vögel zwitscherten laut. Nach drei scheinbar endlos langen Stunden machten sie im Schatten eines Baumes Rast. Sie aßen ihre belegten Brote und tranken bis ihre Flaschen fast leer waren. Dann legten sie sich todmüde hin und dösten eine Weile. Nach einer halben Stunde ermunterte Sven sie weiterzugehen. Lilli und Tim bildeten das Schlusslicht, aber schon bald hatten beide kein Wasser mehr und mussten bei den anderen betteln. Ein Mädchen gab beiden etwas von ihrem Wasser ab, doch bald hatte auch sie keines mehr. Langsam schleppten sie sich weiter, bis sie endlich an einem Brunnen vorbeikamen. Sie tranken so viel sie nur konnten und füllten dann ihre Flaschen bis obenhin voll. Danach spritzten sie sich nass und gingen gestärkt weiter. Sie gingen durch ein kleines Wäldchen, in dem kaum Sonnenlicht auf den Boden fiel. Lillis und Tims Beine und Rucksäcke waren schwer und sie schwitzten fürchterlich. Nach einer weiteren Stunde erreichten sie endlich ihr Ziel. Die Herberge stand auf einem kleinen Hügel und über der Türe prangte ein großes Schild mit der Aufschrift „Zur Nachteule“. Alle ließen sich im Schatten des Hauses auf eine Wiese fallen. Lilli und Tim lagen etwas abseits von den anderen und hielten sich an den Händen. Lilli mochte Tim jetzt richtig gerne. Tim ging es absolut genauso, aber es dem anderen zu sagen, traute sich keiner von beiden.

Am nächsten Tag hatten alle Muskelkater und stöhnten die ganze Zeit. Lilli bekam Steine in ihre Wanderstiefel und schüttete sie aus. Tim blieb bei ihr. Lilli band ihre Schuhe umständlich wieder zu, um noch ein bisschen Zeit mit Tim zu gewinnen. Dadurch verpassten sie den Anschluss. Da der Weg immer nur geradeaus führte, war das nicht so schlimm. Also gingen sie alleine weiter, bis sie an ein Gehöft kamen. „Schau mal, wie schön!“, sagte Tim und deutete auf das alte Haus. Plötzlich kamen aus dem Hof mehrere Hunde raus und umringten sie. Lilli, die Angst vor Hunden hatte, schrie auf und drückte sich eng an Tim. Dieser hob einen langen Stock vom Boden auf und schaute den Hunden fest in die Augen. Da pfiff jemand und die Hunde liefen davon. „Danke!“, sagte Lilli und gab Tim einen Kuss. Ein Glücksgefühl breitete sich in ihnen aus und Tim wurde rot.

Die nächsten Tage vergingen viel zu schnell. Am letzten Abend standen Tim und Lilli Hand in Hand auf einer Brücke, die über einen kleinen Bach führte, und schauten sich ihr Spiegelbild an. „Ich …, ich …, ich wollte dir …, dir … nur sagen, dass … falls du mir mal schreiben willst …, ich wohne nach den Ferien in Oxford im Studentenwohnheim“, stotterte Tim und sah Lilli an. „Was?“, rief Lilli gleichzeitig fröhlich und empört. „Das sagst Du mir erst jetzt? Da wohne ich auch!“ „Das ist ja fabelhaft!“, rief Tim. „Ich war die ganze Zeit traurig …“, sagte Lilli und sie umarmten sich. Als die anderen davon erfuhren, freuten sie sich natürlich mit. Und so war der Abschied gar nicht so schlimm, weil sie wussten, dass sie sich schon in ein paar Wochen wiedersehen würden.

Elisabeth Galliat, 9 Jahre

Einer wie Keiner

Vor einiger Zeit gab es einen jungen Erpel namens George. Er lebte in London in einem kleinen Park an der Themse. Da seine Eltern vor drei Jahren unter ein Auto geraten waren, wohnte er nun noch mit seinen zwei älteren Brüdern Gustav und Timi zusammen.

George war kein normaler Erpel. Weil seine Eltern ja gestorben waren, konnten sie ihm das Geld für den Flugunterricht natürlich nicht mehr geben, den er nun im Alter von 10 Jahren eigentlich bekommen müsste. Leider wurde er deshalb von seinen beiden Brüdern täglich gehänselt, weil er nicht fliegen konnte. Das fand George natürlich überhaupt nicht lustig. So beschäftige sich George sehr ausgiebig mit dem Thema Luftfahrt, weil er hoffte, endlich bald selbst fliegen zu können.

Eines Tages wollte George mit seinen beiden Brüdern Gustav und Timi an einem kleinen schattigen Plätzchen picknicken. George entdeckte auf einer nahegelegenen Wiese einen großen Heißluftballon, den er unbedingt erklimmen wollte. So watschelte der Erpel los und kletterte unter großer Anstrengung in den leeren Korb. Dabei löste sich das Befestigungsseil und die ungeplante Fahrt durch die Luft ging los. Unter ihm wurden die hektisch mit den Armen wedelnden Besitzer des Ballons und Georges Brüder immer kleiner.

Der Heißluftballon nahm Fahrt auf und flog über Wälder, Wiesen und Berge gen Süden bis er Tage später in Paris ankam. Hier nahe des Eiffelturms ging ihm, zu seiner Verwunderung das Gas aus und er landete in einem Park inmitten eines hübschen Weihers. George kletterte unter dem zusammengefallenen Ballon hervor und schwamm atemlos ans Ufer. Als er wieder etwas ruhiger atmen konnte, machte er die Augen auf und guckte sich vorsichtig um.

Da sah er eine kleine junge Ente an der anderen Seite des Wassers. Er watschelte langsam zu ihr und fragte sie: „Warum gehst Du nicht ins Wasser?“ „Ich kann nicht schwimmen. Ich habe riesengroße Angst davor!“, entgegnete die Ente. „Das ist überhaupt nicht schlimm. Ich kann es Dir beibringen!“, sagte der Erpel. „Echt?“, antwortete die ängstliche Ente. „Ich heiße übrigens Stella.“ So übten die beiden das Schwimmen bis es dunkel wurde und Stella schon sehr gut schwimmen konnte.

Am nächsten Morgen war es an der Zeit, der jungen Ente nun auch sein Geheimnis zu verraten. „Du, Stella, ich bin zwar ein guter Schwimmer, aber ich kann leider nicht fliegen“, sagte George ganz kleinlaut. Stella antwortete: „Dann werde ich dir jetzt Flugstunden geben, denn darin bin ich wirklich gut!“ Am nächsten Abend konnte man die beiden gemeinsam auf dem See schwimmen und über die Baumwipfel fliegen sehen.

Ente gut, alles gut!

Leo Sütsch, Nicholas Frantzen, beide 9 Jahre

Eine flüchtende Familie

„Natalie, wo möchtest du dieses Jahr eigentlich deinen Kindergeburtstag feiern?“ fragte meine Mutter. Es war Sonntag und wir frühstückten gerade. „Auf jeden Fall nicht zu Hause. Ich möchte unterwegs sein und was Spannendes machen“, sagte ich. „Am liebsten eine Krimiwanderung oder so was“. Meine große Schwester Nina guckte mich genervt an: Du weißt schon, dass ich Wandern hasse?“ Meine Eltern meinten, dass so eine Krimiwanderung geplant werden müsse und wir damit am besten heute anfingen.

Es war ein außergewöhnlich heißer Tag im April und daher wollten wir direkt nach dem Frühstück los. Meine Mutter packte ihren Rucksack für ein Picknick. Meine Schwester und ich gingen zum großen Spiegel in mein Zimmer und cremten uns mit Sonnencreme ein.

Mein Vater ging ins Badezimmer und griff zu einer alten Tube von uns früher, als wir noch Babys waren. Die Sonnencreme darin war schneeweiß und zäh. Wir lachten ihn aus, weil er das Zeug einfach nicht eingeschmiert bekam. Noch lachten wir, weil wir nicht wussten, dass diese weiße Schicht an diesem Tag noch eine lebensrettende Schutzschicht werden sollte!

„Bevor wir eine uns eine Krimigeschichte ausdenken, schauen wir, wo wir hergehen können mit deiner Geburtstagsgruppe, sagte meine immer gut organisierte Mutter. Mein Vater schloss die Haustüre ab und wir wanderten los.

Wir gingen durch unser schönes Dorf an vielen denkmalgeschützten Fachwerkhäusern vorbei, am Ende des Dorfes übergingen in massive Bruchsteinhäuser. Der Weg führte weiter auf Feldwege. Ich schloss meine Augen und genoss den wohlriechenden Duft der blühenden Blumen. Dabei strichen meine Finger leicht über das hohe, seidige Gras am Wegrand.

Den letzten Anstieg zum Gipfelkreuz gingen wir an einigen Wiesen entlang, auf denen uns die Löwenzahnblüten wunderbar wie kleine Sonnen entgegenleuchteten, während die Sonne vom Himmel herabbrannte. „Es ist unerträglich heiß“, stöhnte mein Vater und ich öffnete ein paar Knöpfe an meinem Hemd, damit der Wind meine geschwitzte Haut am Bauch abkühlen konnte.

Wir hatten eine Picknickdecke dabei, auf der wir es uns gemütlich machten. Als erstes holte ich so schnell ich konnte die Flasche aus dem Rucksack meiner Mutter und schüttete mir etwas von dem Wasser über die Haare. „Das tut gut“, teilte ich den anderen mit. Während wir uns dann über das köstliche Picknick hermachten, flogen uns die Hummeln nur so um den Kopf. Dabei flog meinem Vater, der heftig mit den Armen herumfuchtelte, eine besonders fette Hummel gegen die Stirn. Er legte sich quer über die Decke, woraufhin meine Mutter empört sagte, dass wir dann ja gar keinen Platz hätten. Womit sie recht hatte, wie Nina und ich lautstark bestätigten.

Nach dem Essen wollten wir einen anderen, etwas schattigeren Weg zurückgehen. Der Wanderpfad wurde schmaler und führte zwischen hochgewachsenen Hecken hindurch. Ich bettelte meinen Vater an: „Erzähl uns bitte eine Geschichte!“ Er erzählte etwas von Hexen und „Hexlern“.

Wir kamen wieder auf ein freies Feld. Gerade kam ein Bauer mit seinem Traktor angefahren. „Da kommt sie in echt, die Hexe!“, rief mein Vater und dann flüsterte er eindringlich: „Seht ihr das silberne Ding hinter dem Traktor?“, in dem sich gerade die Sonne ganz hell spiegelte, als mein Vater fortfuhr: „Das ist ihr „Hexler“, den kann sie aufklappen und Kinder damit kleinhäckseln“. Nina und ich taten so, als ob wir das glaubten und liefen so schnell wir konnten quer über das Feld auf einen Waldweg, um uns hinter den Bäumen zu verstecken. „Ihr Angsthasen!“, lachte meine Mutter.

Im Wald war es aber auch nicht besser, weil die Bäume laut knackten und ganz plötzlich nach uns griffen. Uns gefror das Blut in den Adern und sogar die Hitze spürten wir nicht mehr. Wir konnten noch gerade so vor den gruseligen Hexen mit den langen roten Haaren, den krallenartigen Fingernägeln und schwarzen stinkenden Klamotten wegrennen, die aus den Bäumen kamen. Nina und ich und sogar meine Eltern rannten um unser Leben und die Hexen flogen hinter uns her.

Endlich sahen wir unser Haus, endlich war Rettung da. In der Eile fanden wir unseren Haustürschlüssel nicht und die Hexen kamen näher und näher. Wir hielten den Atem an vor Angst, bis mein Vater ihn endlich gefunden hatte. Wir hasteten rein, schlugen die Tür hinter uns zu und mein Vater meinte: „Jetzt sind wir in Sicherheit“.

Aber wir hatten die Tür zu spät zugemacht. Die Hexen hatten sich schon durch den schmalen Schlitz reingedrängt, es gab keine Rettung mehr. Sie berührten uns und im gleichen Moment wurden wir zu Bäumen. Nur mein Vater komischerweise nicht. Die Hexen flogen kichernd weg, aber das war mir gleich, weil ich dachte, dass ich jetzt für immer ein Baum sein muss, ob sie weg sind oder nicht.

Plötzlich kam Leben in meinen Vater. Er berührte uns alle und – oh Wunder! – wir wurden wieder zu Menschen! Ich bewegte vorsichtig meine Arme und Beine und sprang dann vor Freude meiner Schwester in die Arme.

„Wie kann das sein?“, fragte Nina meinen Vater. Als er antwortete, dass das bestimmt nur an der Sonnencreme liegen könnte, die ihn geschützt hatte, schwor ich, für den Rest meines Lebens nur noch diese Sonnencreme zu benutzen.

Ich wachte schweißgebadet auf. Zum Glück war alles nur ein Traum. Aber eins stand fest: „So will ich meinen Geburtstag feiern!“ Und sicherheitshalber würde ich mich und meine Gäste vorher mit der alten, zähen und schneeweißen Babysonnencreme eincremen, dachte ich insgeheim. Bloß musste ich mir noch etwas Kluges einfallen lassen, damit sie sich das gefallen lassen würden. Aber bis zu meinem Geburtstag waren es ja noch knapp zwei Monate Zeit und ich würde diesen Umstand einfach in die Krimigeschichte mit einbauen. Irgendwie.

Am nächsten Morgen erzählte ich meinen Traum meiner Familie und in diesem Jahr feierte ich den schönsten Kindergeburtstag, den jemals ein Kind gefeiert hat.

Kristin Pesch, 9 Jahre

Die Geschichte vom Bären, der um die Welt reiste

Es war einmal ein Bär. Er lebte in einer Höhle. Er war noch ein kleiner Bär und wusste nicht, was für Gefahren im Wald lauerten. Seine Bärenmutter wollte ihm keine Angst einjagen und hatte nicht erzählt, wie zum Beispiel der Jäger Tiere abschoss und erlegte.

Eines Tages kam der junge Bär aus seiner Höhle und sah etwas Komisches. Er sah ein riesiges Monster, aber es bewegte sich nicht. Es war nämlich kein Monster, sondern eine Holzerntemaschine.

Der kleine Bär schlich sich an das riesige Ding heran. Es bewegte sich immer noch nicht. Schließlich kletterte er auf das Ding. Es wackelte ein bisschen, aber es reagierte nicht auf den Bären. Es hatte einen großen Arm. Wenn es überhaupt ein Monster war. Er kletterte auf den Arm. Der Arm bewegte sich ein bisschen.

Langsam wurde es Nacht und er schlief ein. In seinem Traum wackelte der Boden und riss auf. Ein Baum fiel um und der Bär wachte auf. Alles wackelte. Das Monster ging. Er wurde kräftig durchgeschüttelt. Dann blieb es stehen und es gab einen Ruck. Der Bär musste sich an dem breiten Rücken festhalten, damit er nicht runterfiel. Es ruckte wieder. Auf einmal hob sich der riesige Arm und bewegte sich auf einen Baum zu, der ganz in der Nähe stand. Plötzlich begann der ganze Baum zu wackeln und wurde aus der Erde gerissen. Für einige Zeit hing der Baum in der Luft, aber er fiel auch wieder runter. Er zersplitterte.

Der kleine Bär hatte längst Angst bekommen, als der Baum hochgehoben wurde. Er entschied sich, dass er auf dem großen Monster bleiben wollte, weil es ihn sonst vielleicht sehen konnte. Plötzlich kam irgendetwas aus dem Monster. Es hatte zwei Beine und ein Gerät in der Hand. Es sagte etwas von einem Lager. Da kam eine Stimme aus dem Gerät: „Ja, wir warten schon auf Nachschub!“

Der kleine Bär dachte, dass ein Lager im Wald wäre und holte sich Proviant: Nüsse, ein bisschen Fleisch und Wasser. Dann konnte die Reise losgehen. Er kletterte auf ein großes Bein. Schon wieder wackelte alles und das riesige Etwas ging. Es ruckte und das Monster ging nicht mehr.

Der kleine Bär schaute sich um, aber sah keinen Wald, sondern Mauern aus Holz und einen großen Stapel aus Holz. Er stieg vom Bein und sah eine Höhle. In der Höhle war Licht und in diesem Licht waren zwei Gestalten. Eine Gestalt sprach in ein Gerät. Plötzlich bewegte sich das Bein des Monsters. Das Monster ging schon wieder und der kleine Bär stieg wieder auf. Er sah einen Fluss und einen Holzzaun. Das Monster ging direkt auf den Holzzaun zu. Hinter dem Zaun war ein Baum.

Das Monster ging durch ein Tor. Hinter dem Tor waren noch mehr Holzstapel. Der kleine Bär sprang von dem großen Ungetüm ab und in den Fluss. Sofort wurde er von der Strömung gepackt. Er schwamm unter dem hohen Holzzaun durch und schnappte nach Luft. Er tauchte unter und sah Fische. Als die Fische bei einer Gabelung abbogen, folgte er ihnen. Die Fische waren bunt und einer war blau und ein anderer war rot. Er sah kleine Fische, die neben ihren Eltern schwammen. Der kleine Bär tauchte auf und sah eine Gegend, die ihm bekannt vorkam. Seine Bärenmutter stand am Rand des Flusses. Der kleine Bär sprang aus dem Fluss und umarmte seine Mutter. Er erzählte seiner Mutter, dass er um die Welt gereist wäre. Seine Mutter lachte ein Bärenlachen.

Leander Steffan, 8 Jahre

Das Schaf Eva in Australien

An einem schönen Sommertag ging Jonas zu den Schafen. Da kam David angerannt. Er öffnete das Tor, aber vergaß es zu schließen. Die vier Schafe hauten ab und gingen auf die Straße.