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The chemical nanotechnology is one of the special areas of nanotechnology. By varying the composition, shape, size or character of the surface, these nanoparticles can be shaped time and again into small building blocks, resulting in unprecedented scopes for material design. At this moment in time, the developments in the field of modern nanotechnology provide amazing success stories, such as the possibility for reconstructing surface structures for industrial materials that are demonstrated to us in nature. The reader will receive an overview of coatings systems based on the application of chemical nanotechnology. Practitioners will be given an introduction to nanostructured coatings and experts will find the account of various silanebased materials useful.
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Seitenzahl: 235
Veröffentlichungsjahr: 2013
Stefan Sepeur
Nora Laryea
Stefan Goedicke
Frank Groß
Nanotechnologie
Grundlagen und Anwendungen
Farbe und Lack Edition
Stefan Sepeur
Nora Laryea
Stefan Goedicke
Frank Groß
Nanotechnologie
Grundlagen und Anwendungen
Umschlagbild: NANO-X GmbH, Saarbrücken
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Stefan Sepeur
Nanotechnologie: Grundlagen und Anwendungen
Hannover: Vincentz Network, 2008
(Farbe und Lack Edition)
ISBN 3-87870-333-3
ISBN 978-3-87870-333-4
© 2008 Vincentz Network GmbH & Co. KG, Hannover
Vincentz Network, P.O. Box 6247, 30062 Hannover, Germany
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Satz: Maxbauer & Maxbauer, Hannover
ISBN 3-87870-333-3
ISBN 978-3-87870-333-4
eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net
Sie halten unser Buch zur chemi-schen Nanotechnologie in Händen. „Nanotechnologie“ – ein Begriff, der anscheinend eine Vielzahl von Emotionen weckt. In unserem beruflichen Umfeld stehen wir täglich mit Menschen in Kontakt, die eine Problemlösung durch Nanotechnologie suchen. Viele davon haben bereits Ihre ersten Erfahrungen mit so genannten „Nanoschichten“ gesammelt, andere kennen Begriffe wie „Lotus“-Effekt oder „Easy to Clean“- Beschichtungen. Meistens sind in der vorhandenen Literatur immer nur Teilbereiche der Möglichkeiten, die uns die moderne Nanotechnologie liefert, beschrieben.
Dieses Buch gibt einen Überblick über alle wichtigen Felder der chemischen Nano- technologie. Wir haben dabei nicht den Anspruch, in allen Bereichen den Leser mit jeder Detailinformation zu versorgen, vielmehr wollen wir einen strukturierten Überblick über alle Facetten dieser modernen Technologie geben. Der Leser versteht nach der Lektüre dieses Buches, welche Vielfalt und welche Möglichkeiten uns die moderne Nanotechnologie bietet. Den technischen Hintergrund für die meisten Anwendungen der chemischen Nanotechnologie bietet die Silan-Chemie. Mit Hilfe der Silane lassen sich die Einsatzmöglichkeiten in sechs Stufen einteilen. Von der Kieselsol-Herstellung bis zu komplexen nanopartikulär gefüllten Materialen als multifunktionelle Beschichtungen – der Zusammenhang ist in vielen Bereichen offensichtlich. Entsprechend dieser Reaktionsabfolgen ist auch die Gliederung des Buches. Beginnend mit einfachen Sol-Gel-Reaktionen und der Herstellung von Silica-Partikeln nehmen wir Anleihen aus der Glaschemie, der Silikonchemie und der Festkörperchemie, um den Leser immer weiter und Schritt für Schritt zu den komplexeren Reaktionen der anorganisch-organischen Nanokomposite zu führen. Reaktionsmechanismen der modernen Polymerchemie und die wichtigsten Charakterisierungsmethoden sind Thema des Buches.
Wenn möglich sind in allen Kapiteln Anwendungsbeispiele aufgezeigt, die Ihnen als Leser demonstrieren, dass diese teils sehr einfachen, teils auch komplexen Materialen bereits Teil unseres täglichen Lebens sind.
Wir hoffen, Ihnen mit diesem Buch die Faszination zu vermitteln, die die chemische Nanotechnologie ausübt. Der Forscher, der sich mit diesen Materialien beschäftigt, wird täglich neue Zusammenhänge begreifen und Lösungen finden, die bisher undenkbar schienen. Wir wünschen Ihnen viel Freude auf der Entdeckungsreise in den Nanokosmos.
Saarbrücken, Januar 2008
Stefan Sepeur
Nora Laryea
Stefan Goedicke
Frank Groß
Inhaltsverzeichnis
1Einführung in die chemische Nanotechnologie
2Definition der Nanotechnologie
2.1Allgemeine Definition der Nanotechnologie
2.2Definition der „Chemischen Nanotechnologie“
2.3Nanotechnologie für den Bereich Farben und Lacke
3Silan-Technologie als Schlüssel zur chemischen Nanotechnologie
3.1Hydrolyse und Kondensation von Silanen (Grundlagen des „Sol-Gel-Prozesses“)
3.2Netzwerkwandler zur Flexibilisierung des anorganischen Netzwerkes
3.3Co-Kondensation von Metallalkoxiden ins Si-O-Si-Netzwerk
3.4Einstellung von Oberflächeneffekten
3.4.1Hydrophobe Oberflächen oder der „Easy to Clean“-Effekt
3.4.2Superhydrophobe Oberflächen oder der „Lotus“-Effekt
3.4.3Hydrophile Oberflächen oder der Antibeschlag-Effekt
3.4.4Superhydrophile Oberflächen
3.5Herstellung und Modifizierung von Nanopartikeln
3.5.1Herstellung von Nanopartikeln
3.5.1.1Top Down: Kugelmahlen
3.5.1.2Bottom Up: Herstellung aus der Gasphase
3.5.1.3Bottom Up: „Aerosiľ’-Verfahren
3.5.1.4Bottom Up: Chemische Fällung
3.5.1.5Bottom Up: Sol-Gel-Prozess
3.5.1.6Bottom Up: Mikroemulsionsverfahren
3.5.2Oberflächenmodifizierung von Nanopartikeln
3.5.2.1Stabilisierung von Nanopartikeln
3.5.2.2Sonderfall Silanisierung
3.5.3Charakterisierung von Nanopartikeln
3.5.3.1Transmissionselektronenmikroskopie (TEM)
3.5.3.2EDX-Analyse
3.5.3.3Röntgendiffraktometrie (XRD)
3.5.3.4BET-Oberflächenbestimmung
3.5.3.5Photonenkorrelationsspektroskopie (PCS)
3.5.3.6Röntgenkleinwinkelstreuung (SAXS)
3.5.4Anwendungen von Nanopartikeln für Beschichtungsmaterialien
3.5.4.1SiO2-Nanopartikel
3.5.4.2TiO2-Nanopartikel
3.5.4.3TiO2 Rutil für den UV-Schutz
3.5.4.4TiO2-Anatas für fotokatalytische Effekte
3.5.4.5Vergleich zwischen „Catalytic Clean“-Effekt und „Lotus“-Effekt
3.5.4.6Nanopartikel für Dieselrußfilter
3.5.4.7Thermische Zersetzung durch Nanopartikel
3.5.4.8CeO2- und ZrO2-Nanopartikel
3.5.4.9Kohlenstoffnanoröhrchen oder Carbon Nanotubes
3.5.5Antibakterielle Effekte
3.5.5.1Silberverbindungen für antibakterielle Beschichtungen
3.5.5.2Chitosan für bakterienabweisende Beschichtungen
3.6Funktionelle organische Netzwerkbildner
3.6.1Reaktionen des 3-Glycidyloxypropyltrialkoxysilan
3.6.1.1Organische Polymerisation des 3-Glycidoxypropyltrialkoxysilanes
3.6.1.2Organische Additionsreaktionen des 3-Glycidoxypropyltrialkoxysilanes
3.6.1.3Einkondensation von Nanopartikeln
3.6.1.4Hydrolyse von 3-Glycidoxypropyltrialkoxysilanen
3.6.1.5Variation der Wassermenge
3.6.1.6Variation der Hydrolysezeit
3.6.1.729Si-NMR-spektroskopische Untersuchungen
3.6.2Reaktionen von 3-Methacryloxypropyltrimethoxysilan (MPTS)
3.6.2.1Anorganische Modifizierung mit Böhmit-Nanopartikel
3.6.2.2Untersuchung der Viskosität
3.6.2.3Untersuchung des Temperaturverlaufes
3.6.2.4Untersuchungen zum pH-Wert
3.6.2.5Modell der Partikelstabilisierung
3.6.2.6Charakterisierung durch die Transmissionselektronen- mikroskopie (TEM)
3.6.2.7Charakterisierung über Karl-Fischer-Titration
3.6.2.8Charakterisierung über die 29Si-NMR-Spektroskopie
3.6.2.9Charakterisierung der organischen Vernetzung über FTIR- und Foto-DSC Messungen
3.6.2.10Einfluss der Böhmit-Konzentration auf die radikalische Vernetzung
3.6.2.11Polymerisationsmechanismen und Fotoinitiatoren
3.6.2.12Flexibilisierung von MPTS/Böhmit über organische Co-Polymerisation
3.6.2.13Untersuchungen der mechanischen Eigenschaften
3.6.2.14
Nur ein kleiner Zweig der Nanotechnologie beschäftigt sich mit Nanomaschinen oder Nanorobots. Schon heute sehr bedeutend sind die Nanomaterialien, die zumeist auf chemischem Wege oder mit Hilfe von mechanischen Methoden hergestellt werden. Als Vater der Nanotechnologie gilt Richard Feynman auf Grund seines im Jahre 1959 gehaltenen Vortrages „There’s Plenty of Room at the Bottom“ (Ganz unten ist eine Menge Platz), auch wenn der Begriff Nanotechnologie erst 1974 von Norio Taniguchi erstmals gebraucht wurde: „Nano-technology mainly consists of the processing of separation, consolidation, and deformation of materials by one atom or one molecule.“
Nanotechnologie im Sinne dieser Definition ist die Veränderung von Materialien Atom für Atom oder Molekül für Molekül. Das schließt ein, dass die kritischen Eigenschaften von Materialien oder Geräten im Nanometerbereich liegen können, und dass diese Materialien und Geräte aus einzelnen Atomen bzw. Molekülen konstruiert werden. Heute wird Nanotechnologie nur noch selten in diesem engen Sinn benutzt, heute schließt man auch die Herstellung von Nanomaterialien auf chemischem Wege in diesen Begriff mit ein.
Unabhängig von Taniguchi machte 1986 K. Eric Drexler den Begriff weithin bekannt. Er inspirierte mit seinem Buch „Engines of Creation“ viele heutzutage bekannte Wissenschaftler, darunter auch Richard E. Smalley (Fulleren), dazu, Nanotechnologie zu studieren. Drexlers Definition von Nanotechnologie ist strenger als die Taniguchis: Sie beschränkt sich auf die Konstruktion von komplexen Maschinen und Materialien aus einzelnen Atomen. Nach dieser Definition fällt die heutige Nanotechnologie also nicht unter das, was Drexler als Nanotechnologie ansieht. Dies veranlasste Drexler im Verlauf der 90er Jahre dazu, seine Vorstellung von Nanotechnologie zur Abgrenzung in „Molekulare Nanotechnologie“ (MNT) umzubenennen, denn vielfach wurde und wird der Begriff zur Bezeichnung aller Arbeiten verwandt, die sich mit Nanostrukturen befassen, auch wenn dabei gewöhnliche chemische, pharmazeutische oder physikalische Methoden verwendet werden. Drexlers Vision wird bestimmt von Nanorobotern, die unser Leben in der Zukunft beeinflussen oder kontrollieren. Diese futuristischen Thesen werden oft auch als Vorlage für moderne Science Fiction-Filme genutzt. Nanotechnologie ist heute weder eine einzelne Wissenschaftsdisziplin, noch ein definiertes Anwendungsfeld, sondern wesentlich weiter zu sehen, als Drexler vorgibt.
Bachmann hat daher 1998 zur allgemeinen Definition der Nanotechnologie allein die Größenordnung herangezogen. Demnach beschäftigt sich die Nanotechnologie mit Systemen, deren Funktionalität und Eigenschaften nur allein von den nanoskaligen Effekten ihrer Komponenten abhängig sind.
Diese Definition ist für den theoretischen wissenschaftlichen Bereich sicherlich zutreffend. Für die lacktechnische Praxis, d.h. für die tägliche Entwicklung von Materialien, ist auch diese Definition sehr eng gefasst. Für den Lacktechniker, der durch den Einbau von 2 Gew% nanoskaliger SiO2 Partikel in ein Beschichtungssystem eine Verbesserung der Abriebbeständigkeit erreicht und so in einen neuen Markt eintreten kann, gilt dieser Ansatz ebenso als Nanotechnologie, wie z.B. für den Mikrobiologen, der Zellen auf chemischen Nanostrukturen in besonderen Formen wachsen lässt. Die entsprechenden Systeme erfahren damit eine Beeinflussung durch nanoskalige Strukturen, sind aber nicht allein davon abhängig.
Eine große Besonderheit der Nanotechnologie ist, dass sie ein fachübergreifendes Zusammenspiel vieler, eigentlich spezialisierter Fachgebiete der Naturwissenschaften darstellt. So spielt die Physik eine wichtige Rolle, allein schon bei der Konstruktion der Mikroskope zur Untersuchung und im Besonderen aufgrund der Gesetze der Quantenmechanik. Für eine gewünschte Struktur der Materie und Atomanordnungen bedient man sich der chemischen Technologien. Der gezielte Einsatz von Nanopartikeln in der Medizin soll bei bestimmten Krankheiten helfen. Andererseits werden aber auch in der Biochemie Strukturen, wie z.B. zweidimensionale Kristalle, im Nanometermaßstab aus DNA konstruiert. Die Wissenschaft ist hier an einem Punkt angelangt, an dem die Grenzen der verschiedenen Disziplinen verwischen, man nennt Nanotechnologie deswegen auch eine konvergente Technologie.
Neben den wissenschaftlichen Theorien heißt das in der Praxis für den Nanotechnologen, dass er sich damit beschäftigt, Materialien und Oberflächen zu funktionalisieren, zu miniaturisieren, zu spezifizieren oder zu untersuchen, um neue Eigenschaften zu erreichen.
Für den Bereich Lacke und Farben spielen Nanomaterialien eine herausragende Rolle. In den folgenden Kapiteln wird eine für die Farben-und Lackindustrie sinnvolle Definition für die Nanotechnologie allgemein gegeben, der Sonderfall der chemischen Nanotechnologie definiert und grundlegend die Möglichkeiten und Effekte aufgezeigt, die diese Technologie vor dem Hintergrund der Anwendung im Bereich Beschichtungen bietet.
Im Allgemeinen wird der Bereich zwischen 1 nm und 100 nm als Bereich der Nanotechnologie angesehen. Das Konzept, gezielt Atome und Moleküle zusammen wachsen zu lassen, wird als „Bottom Up-Strategie“ bezeichnet. Aus größeren Einheiten, durch gezielte Bearbeitung und Zerkleinerung nanoskalige Strukturen zu schaffen, bezeichnet man als „Top Down-Strategie“. Dies wird beispielsweise in der Mikroelektronik bei Lithographieverfahren oder durch besondere Mahlverfahren erreicht. In Abbildung 2-1 sind die Entwicklungen hin zur Nanotechnologie für die Wissenschaften Physik, Biologie und Chemie dargestellt.
Am Beispiel der Elektronik-oder Computerindustrie ist die Entwicklung von der „Makro-“ über Mikro-zur „Nanoelektronik“ gut zu beobachten. Während die ersten Großrechner der Computerindustrie Hallen oder sogar Gebäude füllten, ist es durch immer weitere Miniaturisierung der Chipsstrukturen (Top Down-Verfahren) gelungen, Hochleistungsrechner zu bauen, die in einem Schrank Platz haben. Irgendwann haben diese Top Down-Verfahren ihre Grenze erreicht. Deswegen zielen neue Ansätze auf die Herstellung von Chips nach dem Bottom Up-Verfahren ab, wobei diese Nanoelektroniken aus atomaren oder molekularen Bausteinen zusammengesetzt werden sollen.
Abbildung 2-1: Top Down- und Bottom Up-Synthese für die Forschungsbereiche Physik, Biologie und Chemie im Rahmen der Nanotechnologie, Quelle: Verein der Ingenieure (VDI), Düsseldorf, www.vdi.de
Im Bereich der Chemie zur Herstellung neuer Werkstoffe sind als Top Down-Verfahren Techniken zu nennen, bei denen aus mikroskaligen Rohstoffen durch Mahloder Ultraschalltechniken eine Zerteilung in Nanopartikel erreicht wird. Ein klassisches Verfahren einer Bottom Up-Synthese ist die Sol-Gel-Technologie, mit der bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die ersten SiO2-Nanopartikel hergestellt wurden, ohne es zu wissen, da die entsprechende Analytik fehlte. Ein weiteres Bottom Up-Verfahren der Chemiewissenschaften ist das „Aerosil“-Verfahren, auf das später in Kapitel 3.5.1.3 eingegangen wird.
Mit dieser Definition ist eine Eigenschaftsbeziehung nicht direkt mit eingeschlossen. Wichtig für die Definition einer Technologie ist, dass eine gezielte Beeinflussung und keine zufälligen oder natürlichen Faktoren eine Rolle spielt. Ein Sonderfall der Nanotechnologie ist die „Chemische Nanotechnologie“.
Diese Definition deckt den gesamten Bereich der Farben und Lacke ab, so dass jeder Forscher, der sich mit nanoskaligen Effekten auseinandersetzt diese Definition zur Beschreibung seiner Ergebnisse nutzen kann.
Seit ungefähr einem Jahrzehnt zieht der Begriff der „Nanomaterialien“ wachsendes Interesse auf sich. Seitdem werden Partikel der Größenordnung unter 100 nm, die früher als Phänomene der Kolloidchemie betrachtet wurden, mit neuer Begriffsbildung als Nanopartikel bezeichnet. Die seitdem intensive Erforschung dieser Nanomaterialien hat zu neuen Blickwinkeln und vielen interessanten Anwendungsmöglichkeiten geführt: Die konventionelle Chemie der anorganischen Feststoffe gilt der kompakten Materie, deren Kristallphasen und Glasnetzwerke einschließlich des Gefüges der Kristallite und Phasendomänen erforscht werden mit dem Ziel, Verfahren für Metalle, Keramiken und Gläser mit maßgeschneiderten mechanischen, thermischen, optischen, elektrischen oder tribologischen Eigenschaften zu entwickeln.
Inzwischen werden diese Ergebnisse der Materialforschung auf nanoskalige Partikel übertragen, die in ihrer Rheologie aber eher Flüssigkeiten oder sogar Gasen gleichen. In der modernen Physik haben sich die so genannten Nanopartikel neben den Gasen, Flüssigkeiten und Feststoffen längst als weiterer Zustand der Materie etabliert.
Für den Bereich der Lackchemie werden Nanopartikel oder entsprechende Dispersionen als Zusatz für Beschichtungsmaterialien eingesetzt, um dem Trend zu multifunktionellen Oberflächen zu folgen. Ein besonderes Interesse gilt hierbei dem agglomeratfreien Einbau von Nanopartikeln in Beschichtungswerkstoffe.
Ein bestimmtes Bauteil wird im Allgemeinen über seine Form und seine Oberfläche wahrgenommen. Neben der reinen Farbgebung haben Oberflächen mittlerweile eine viel größere Bandbreite an Funktionen: Korrosionsschutz, Kratzfestigkeit oder leichte Reinigbarkeit („Easy to Clean“) usw. sind Möglichkeiten, die heute schon realisierbar sind. In Zukunft wird man an Häuserwänden Energie gewinnen oder die Straßenbeläge zur Luftreinigung nutzen. Viele Dinge sind prinzipiell möglich, doch die Entwicklung befindet sich erst am Anfang. Der Markt und die Entwicklungsarbeiten in diesem Bereich sind in ständigem Wachstum begriffen. Mit den richtigen Voraussetzungen ist es möglich, auch in konventionelle Lacke zusätzliche Funktionen zu integrieren.
Die Nanotechnologie, d.h. die Miniaturisierung von Funktionalitäten auf größtmöglicher Oberfläche, ist ein Werkzeug zu diesen Entwicklungen. Ihre erwiesenen und möglichen Einsatzgebiete sind außerordentlich vielfältig und umfassen nahezu alle industriellen Branchen von den Kosmetika, den Textilien, der medizinischen Diagnostik über die Chemie der Wirkstoffe und Katalysatoren, sowie über die Mikroelektronik, Displays, optische Zellen und die Brennstoffzellen bis zu den für den Automobilbau relevanten Themen der kratzfesten Lacke und des Korrosionsschutzes.
Viele dieser modernen Anwendungen der chemischen Nanotechnologie sind Oberflächenbeschichtungen, die bestimmte Eigenschaften über nanoskalige Phasen erhalten. Neben dem Einbau von Partikeln kann auch die Schichtdicke den Bezug zur Nanotechnologie darstellen.
Prinzipiell unterscheidet man vier verschiedene Möglichkeiten:
•Eine Schichtdicke im Bereich 1 bis 100 nm. Dies wird bei bestimmten Oberflächenmodifizierungen, wie beispielsweise für „Easy to Clean“-Effekte angewendet.
•Beschichtungen, die während des Herstellungsprozesses „in situ“ nanoskalige Cluster bilden, so genannte Nanostrukturierungen, die nach der Härtung besondere Materialeigenschaften hervorrufen.
•Beschichtungen, die durch nanoskalige Partikel gefüllt oder funktionalisiert sind. Die Beschichtungen selbst können dabei auch wesentlich höhere Schichtdicken aufweisen (z.B. Klarlackmodifizierung im Automobilbereich).
•Beschichtungen, deren Oberflächenstrukturen im Nanometerbereich (< 100nm) liegen.
Allen gemeinsam ist, dass eine bestimmte Struktur mit nanoskaligen Abmessungen eine bestimmte Funktion birgt. Natürlich sind auch kombinierte Effekte möglich.
Nanopulver bzw. Nanomaterialien werden meistens durch chemische Synthese aus molekularen Edukten hergestellt. Prinzipiell lassen sich alle Salze bzw. Oxide oder Polymere in nanoskaligen Strukturen abbilden. Dies macht im Einzelfall für den Lacktechniker natürlich nur dann Sinn, wenn sich besondere Eigenschaften aus dem nanoskaligen Maßstab ergeben. Prinzipiell kann man sich folgende Funktionalitäten zu Nutze machen:
Mechanische Funktionalität
Nanostrukturierte Festkörper weisen unter bestimmten Voraussetzungen eine deutlich verbesserte mechanische Funktionalität auf, wie z.B. eine höhere Härte, Bruchfestigkeit und – Zähigkeit, bei niedrigen Temperaturen oder Superelastizität bei hohen Temperaturen. Grundlage ist die Verkleinerung der Korngrößen in den Bereich unterhalb derer im Korn selbst keine plastischen Verformungsmechanismen mehr ablaufen können. Dies ist eine interessante Funktionalität für den Farben- und Lackbereich, da eine höhere Härte meist die primäre Anforderung an die Nanotechnologie darstellt. Diesem Thema ist im späteren Verlauf des Buches ein gesondertes Kapitel gewidmet.
Geometrische Funktionalität
Durch die Größenordnung bedingt resultiert ein extrem großes Oberflächen-zu Volumen-Verhältnis nanoporöser und nanopartikulärer Materialien. Dies ist insbesondere interessant für katalytische Anwendungen, für nanoporöse Membranen zur selektiven Filtration aber auch für Ladungstrennungen oder Adsorptionsprozesse. Eine Besonderheit von solchen Oberflächen ist auch, dass diese immer mit entsprechenden Fehlstellen im Beschichtungsnetzwerk darstellen und damit energetisch höher liegen, als die entsprechende Matrix. Folglich sind Nanopartikel immer reaktiver als entsprechende Mikropartikel, da dort die Oberfläche eine immer größere Rolle spielt.
Elektrische Funktionalität
Die Verkleinerung der Partikelgröße und der Schichtdicken im unteren nm-Bereich führt zur Ausbildung zusätzlicher elektronischer Zustände. Ein Elektron kann nur diskrete durch Lücken getrennte einzelne Energieniveaus annehmen. Nanometergroße Partikel verhalten sich nicht wie Festkörper, sondern ähnlich wie Atome. Durch gezielte Beeinflussung der Struktur können sie hinsichtlich ihrer elektronischen und optischen Eigenschaften maßgeschneidert werden. Einen praktischen Nutzen dieses Effektes findet man in Elementen mit schaltbaren elektrischen Zuständen, optischen Schaltern, thermoelektrischen Materialien als Wärmetauscher oder, für den Lackchemiker interessant, zur Erzeugung leitfähiger oder antistatischer Oberflächen.
Magnetische Funktionalität
Die magnetische Funktionalität im nm-Bereich beruht auf paramagnetischen und ferromagnetischen Eigenschaften von Festkörpern. So lassen sich die magnetischen Eigenschaften beeinflussen, und Paramagnetismus tritt auf, der als Superparamagnetismus bezeichnet wird. Genutzt wird dieser Effekt beispielsweise bei schaltbaren Klebstoffen aber auch bei der Krebstherapie.
Optische Funktionalitäten
Die optische Funktionalität beruht auf der deutlich geringeren Größe von Nanopartikeln gegenüber der Wellenlänge des sichtbaren Lichtes, so dass keine Reflexion und/oder Streuung auftritt. Die Nanopartikel werden „unsichtbar“. Durch das Maßschneidern der Größe und bei Beachtung verschiedener Brechungsindices lassen sich gezielt Farben einstellen. Nanopartikel weisen neue optische Eigenschaften bezüglich Koloristik, Fluoreszenz oder Transparenz auf. Dies ist insbesondere interessant zur Nanomodifizierung von Klarlacken, aber auch bei Entspiegelungssystemen, zur optischen Analyse oder für die Informationsübertragung. Bestimmte Nanopartikel finden heute schon Anwendung zur Kennzeichnung von sensiblen Produkten, wie beispielsweise Geldscheinen.
Chemische Funktionalitäten
Die chemische Funktionalität von Nanoobjekten beruht im Wesentlichen auf deren Oberflächenstruktur. Nanostrukturierte Materialien weisen einen besonders großen Anteil an Oberflächenatomen auf. Solche Atome sind aufgrund ihrer ungesättigten Verbindungen besonders reaktiv. Gitterspannungen bzw. verzerrte Bindungswinkel führen zu einer erheblich vergrößerten Oberflächenenergie. Nutzbar ist dies für Oberflächen mit maßgeschneidertem Benetzungsverhalten, zur räumlichen Anordnung von funktionellen Gruppen, zur Erhöhung der chemischen Selektivität und Reaktivität, aber auch der chemischen Stabilität in unterschiedlichen chemischen Verfahrensprozessen.
Biologische Funktionalitäten
Unter der biologischen Funktionalität nanoskaliger Materialien wird die Nutzung der Wechselwirkung mit komplexen biologischen Systemen, wie Zellen, Organismen oder Biomolekülen verstanden. Dabei werden biologische Bausteine als Komponenten für technische Systeme eingesetzt. Beispielsweise können Hormone, Geruchsstoffe, Enzyme oder andere biologisch wirksame Komponenten durch gezielte Ankopplung an Nanopartikel als Depot in Beschichtungssystemen neue Anwendungsgebiete im medizinischen Bereich ermöglichen.
Zunächst einmal ist es immer elegant, eine solche Übersicht der Möglichkeiten zu sehen. Im Einzelfall zeigen sich bei der Verarbeitung von Nanopartikeln in Pulveroder Suspensionsform sowie beim Einrühren in kommerzielle Lacksysteme einige Probleme. Man stellt fest, dass nur im Bereich von ca. 1 bis 3 Gew% oder >30 Gew% Nanopartikel im Lacksystem eine detektierbare Veränderung der Eigenschaften festzustellen ist, die meistens nicht positiv ist. Es kommt zu Agglomerationen, Eintrübungen und, als größtes Problem bei hohen Gehalten, zu starken Versprödungen. Im besten Fall zeigt sich eine moderate Erhöhung der Kratzfestigkeit.
Selbst wenn man feststellt, dass die Abriebbeständigkeit zunimmt, kommt es oft durch die zunehmende Versprödung zu einer Erniedrigung der Beständigkeit gegen Kratzer, wie beispielsweise bei der Mikrohärtemessung. In der Praxis zeigt sich: Es ist leider nicht ganz so einfach, diese kleinen reaktiven Partikel so gefügig zu machen, dass bei Zugabe der Nanopartikel in Lacksysteme tatsächlich auch die gewünschten Effekte auftreten.
Eine Möglichkeit, anorganische Festkörperchemie, organische Polymerchemie und chemische Nanotechnologie miteinander zu verknüpfen, bieten die Silane.
Ein grundlegendes Problem bei Nutzung von anorganischen Nanopartikeln und ihren Funktionen in organischen Lacksystemen ist die Unverträglichkeit untereinander. Hier treffen ionische auf kovalente Bindungen oder Salze auf Moleküle bzw. organische Polymerstrukturen. Die auftretenden physikalischen Effekte können die starken gleichgerichteten Bindungstypen meistens nicht dominieren, so dass es unweigerlich zum Zusammenschluss bzw. Agglomeration der anorganischen Partikel kommt. Weiterhin haben die Partikel, die nur als Füllstoffe in organische Matrices eingearbeitet werden eine gewisse Bewegungsfreiheit, so dass Effekte wie beispielsweise Auskreidungen auftreten. Eine Lösung für dieses Problem bieten die sogenannten Silane.
Das Basisatom eines Silanes ist das Silicium (Si). Das Silicium steht in der 4. Hauptgruppe direkt unter dem Kohlenstoff mit der Ordnungszahl 14. Silicium ist ein klassisches Halbmetall und weist daher sowohl Eigenschaften von Metallen als auch von Nichtmetallen auf. Reines, elementares Silicium besitzt eine grauschwarze Farbe und weist einen typisch metallischen, oftmals bronzenen bis bläulichen Glanz auf. In seiner oxidischen Form tritt Silicium als SiO2 auf, und ist bekannterweise Hauptbestandteil des Fensterglases. Einzigartig als Element kann das Silicium neben der ionischen Bindung auch unter Normalbedingungen stabile kovalente Bindung zu Kohlenstoff eingehen. Diese als Organosilane bezeichneten Verbindungen können als „Brückenmolekül“ zwischen organischer und anorganischer Chemie genutzt werden.
Abbildung 3-1: Modell eines Organosilanes. Das Silicium hat die Möglichkeit über die mit –OR bezeichneten Abgangsgruppen mit anorganischen Verbindungen bzw. mit anderen Silanen zu reagieren, während gleichzeitig eine stabile kovalente Bindung zu einer Kohlenwasserstoffkette besteht
Wie in Abbildung 3-1 dargestellt kann das Silicium zum einen über Abspaltung der –OR Gruppen, was im Allgemeinen Ethoxy- oder Methoxy-Abgangsgruppen sind, sowohl mit anderen Silanen, aber auch mit anorganischen Verbindungen oder Oberflächen reagieren. Die anorganische Reaktion von Silanen zur Netzwerkbildung oder zum Aufbau von nanoskaligen Strukturen oder Partikeln erfolgt üblicherweise über Hydrolyse- und Kondensationsprozesse der Silane und wird als Sol-Gel-Prozess bezeichnet [1].
Als Silanisierung bezeichnet man die Oberflächenmodifizierungen von Füllstoffen jeder Größenordung. Diese Verfahren sind auch Werkzeuge für den Lackchemiker die nanoskalige Dimension nutzbar zu machen. Die organische Seite des in Abbildung 3-1 dargestellten Modellmoleküles kann zur Funktionalisierung aber auch zur Einpolymerisation in bestehende organische Netzwerke genutzt werden. Man kann die Verknüpfungsmöglichkeiten, die einem die Silan-Technologie bietet, in sieben Reaktionsprinzipien einteilen (Abbildung 3-2).
Abbildung 3-2: Silantechnologie als Instrument zur chemischen Synthese von nanostrukturierten anorganisch-organischen Einheiten bzw. zur direkten Synthese von Nanopartikeln bzw. als Instrument zur Oberflächenmodifikation und Stabilisierung von Nanopartikeln
Wie aus dem Schaubild in Abbildung 3-2 ersichtlich, bietet die Silan-Technologie eine schier unglaubliche Vielfalt von Möglichkeiten, Beschichtungsmaterialien entsprechend eines vorgegebenen Anforderungsprofils zu modellieren. Die Punkte 1– 6 zeigen jeweils die Möglichkeiten, wie Silane auf anorganischer oder organischer Seite reagieren können. Prinzipiell wird bei allen unterschiedlichen Reaktionsmöglichkeiten auf bereits bekannte Prinzipien der Chemie zurückgegriffen.
Die Module sind:
•Die Glaschemie, da man bei der Verknüpfung von Silanen über anorganische Kondensationsprozesse ein Silikatnetzwerk erhält, welches durch Co-Kondensation mit Metallalkoxiden (z.B. Al, Zr, Ti …) eine Änderung in den makroskopischen Eigenschaften erfährt (Punkt 1 und 3 in Abbildung 3-2)
•Die Silikonchemie, da durch kurzkettige organische Seitenketten und den Einsatz von Kondensationskatalysatoren ganz gezielt die gebildete Kettenlänge bzw. die Art und Form der Kondensate eingestellt werden kann (Punkt 2 und 4 in Abbildung 3-2).
•Die organische Polymerchemie, da die organischen Seitenketten der Silane mit aus der Polymerchemie bekannten Polymerisationen oder Additionsreaktionen untereinander aber auch mit anderen organischen Harzen oder Molekülen reagieren können (Punkt 6 in Abbildung 3-2).
•Die keramische Werkstofftechnologie, weil neben der Herstellung von Nanopartikeln (Punkt 1 und 3 in Abbildung 3-2) durch die Möglichkeit der Oberflä- chenmodifizierung eine beliebige Auswahl von keramischen Partikeln und damit zusätzliche festkörperspezifische Funktionen in die anorganisch-organischen Matrices eingebaut werden können (Punkt 5 in Abbildung 3-2).
Jeder dieser speziellen Bereiche der Chemie- und Werkstoffwissenschaften füllt mittlerweile ganze Bibliotheken von Literatur. Für den Bereich Farben und Lacke ist insbesondere das Modellieren von Lacksystemen mit besonderen Eigenschaften interessant und darauf wird in diesem Buch eingegangen.
Durch die permanente Weiterentwicklung der Silan-Technologie und des Sol-Gel- Verfahrens werden derzeit immer einfachere Wege gefunden, um Oberflächenbeschichtungen mit multifunktionellen Eigenschaften zu erzeugen, die den Stand der Technik von organischen Überzügen mit völlig neuen Eigenschaften bzw. Eigenschaftsprofilen überragen. Teilweise werden durch den Einsatz dieser Materialien neue Märkte geschaffen, teilweise entsteht auch ein Verdrängungswettbewerb mit herkömmlichen Lacken, z.B. bei der Entwicklung im Automobilklarlackbereich.
Um die gesamte Palette der Möglichkeiten der Silan-Technologie für die chemische Nanotechnologie zu verstehen, werden im Folgenden gemäß Abbildung 3-2 in sieben Kapiteln die einzelnen Reaktionsmöglichkeiten mit chemischen Grundlagen und technischen Anwendungen anschaulich erklärt.
Grundlagen des „Sol-Gel-Prozesses“
Ein Spezialfall eines Silanes ist das Tetraethoxysilan (Abbildung 3-3). Das Tetraethoxysilan (TEOS) bildet in der kondensierten Form ein reines SiO2-Netzwerk ohne organische Modifizierung. Aus diesem Grund eignet sich TEOS besonders gut, um die Prinzipien von Hydrolyse und Kondensation über den Sol-Gel-Prozess zu erklären.
Abbildung 3-3: Einfachste Kondensationseinheit aus hydrolisiertem Tetraethoxysilan (TEOS)
Der Sol-Gel-Prozess stellt allgemein ein Verfahren zur Synthese anorganischer Netzwerkstrukturen dar. Zur besseren Übersicht beschränken wir uns im ersten Schritt auf eine vereinfachte Darstellungsform, wie sich die säurekatalysierte Hydrolyse und Kondensation von TEOS abspielt.
Wie man in Abbildung 3-4 erkennt, werden die Ethoxygruppen säurekatalysiert unter Wasserverbrauch abgespalten und werden zu reaktiven OH Funktionen, die in einem zweiten Schritt unter Wasserabspaltung miteinender zu einem Netzwerk kondensieren können.
Tatsächlich sind die Reaktionen wesentlich komplexer als in Abbildung 3-4 dargestellt, wie im Folgenden näher erläutert. Im Primärschritt werden monomere Kieselsäureester, wie beispielweise TEOS, aber auch andere Metallalkoxide, über einen Hydrolyseprozess in reaktive monomere Hydroxyverbindungen überführt (Gleichung 1).
Die so erhaltenen reaktiven Monomere sind nun fähig, sich über Kondensationsreaktionen zu verknüpfen. Diese Prozesse können mit Hilfe der Gleichungen (2) und (3) beschrieben werden:
Abbildung 3-4: Modellhafte Darstellung der Hydrolyse und Kondensation von Tetraethoxysilan (TEOS)
Gleichung 2≡ Me – OH + HO – Me ≡ → ≡ Me – 0 – Me ≡ + H20
Die Reaktionsgeschwindigkeiten der Kondensationsreaktionen in Gleichungen (2) und Gleichung (3) werden über Medium, Konzentration und Temperaturen beeinflusst und laufen nach Start der Hydrolyse parallel [2]. Durch die unterschiedlichen Hydrolysestufen der Alkoxide gemäß Gleichung (1), können durch den darauf folgenden Kondensationsschritt in vielfältiger Weise kolloidal gelöste Oligomere entstehen (Sol-Zustand), die ihrerseits zu dreidimensionalen Polymerstrukturen vernetzen (Gel-Zustand) [3].
Die Sol-Phase kann als Durchgangsstadium zu einem dreidimensionalen Netzwerk mit geeigneten Methoden stabilisiert werden. Dazu sind eine Kontrolle der Reaktionsbedingungen und die Kenntnis der entsprechenden Einflussfaktoren auf die Hydrolyse- und Kondensationsabläufe im Sol-Gel-Prozess notwendig.
Untersuchungen zur Hydrolyse- und Kondensationsreaktion von Tetraethoxysilan (TEOS) haben gezeigt, dass der pH-Wert einen entscheidenden Einfluss auf die Hydrolyse- und Kondensationsgeschwindigkeiten von Alkoxyverbindungen ausübt [2]. Es wurde festgestellt, dass im pH-Bereich zwischen pH 0 und 2 unter den gewählten Bedingungen das Gleichgewicht der Reaktionen Hydrolyse-Kondensation auf Seite der Hydrolyse liegt, d.h. es bilden sich Strukturen mit hohem Hydrolysegrad und niedrigem Kondensationsgrad. Bei vergleichbaren Bedingungen im alkalischen pH-Bereich liegt das Gleichgewicht auf der Seite der Kondensation, d.h. nach langsamer Bildung von Hydrolysaten setzt unmittelbar die Kondensationsreaktion ein, wodurch separate hochvernetzte Polysiloxaneinheiten gebildet werden, deren Endgruppen durch unvollständige Hydrolyse geprägt sind (hoher Restanteil -Si(OR)x, Abbildung 3-5) [4–5].
Abbildung 3-5: Strukturmodell anorganischer Netzwerkstrukturen in verschiedenen pH-Berpirhpn
Dies spielt z.B. auch eine sehr große Rolle bei der Herstellung von Nanopartikeln aus den Alkoxiden, die im Allgemeinen im alkalischen Milieu erfolgt. Weitreichende Grundlagenuntersuchungen haben ergeben, dass die Struktur der ausbildenden Kondensate außer vom pH-Wert des Reaktionsmediums, von der Art des Lösungsmittels, der Art und Kettenlänge der Alkoxyfunktion (Methyl, Ethyl usw.), von den Konzentrationen, der Temperatur, der Art und Konzentration des Katalysators, Abdampfgeschwindigkeiten sowie der zugesetzten Wassermenge abhängen [2, 6–12].
Abbildung 3-6: Umsetzung von Tetraalkoxysilan über den Sol-Gel-Prozess: durch Hydrolyse und Kondensation bildet sich ein Sol, welches durch Alterung bzw. Trocknung in den Gelzustand überführt wird. Durch Trocknung bei erhöhter Temperatur (Sinterung) bilden sich hieraus SiO2-Nanopartikel
Schon im neunzehnten Jahrhundert wurden erste Arbeiten zur Hydrolyse von Tetraethylorthosilikat (Si(OEt)4, TEOS) publiziert, die zu SiO2-Solen führt [13–15].
In den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden dann die ersten kommerziellen SiO2-Pulver auf Sol-Gel-Basis entwickelt [16].
Die Verfahren wurden mittlerweile so optimiert, dass Sole aus nanoskopischen SiO2-Partikeln im Größenbereich von 5 bis 50 nm entstehen. Diese Sole verwandeln sich beim Filmgießen oder Spin-Coating auf Substraten zunächst durch Partikelaggregation in Lyogele. Aus diesem Zustand können Keramikfasern gesponnen werden. Meistens wird das Lyogel aber zum Xerogel1 getrocknet, das dann zur Keramik versintert wird [16–19]