Natürlich sein - Felix Klemme - E-Book

Natürlich sein E-Book

Felix Klemme

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Beschreibung

In seinem ersten Buch stellt Felix Klemme das von ihm entwickelte Life-Coaching-Konzept "Natural Network" vor, mit dem er in seiner Arbeitspraxis bereits viele Menschen in die Lage versetzt hat, sich auf ganzheitliche Weise mit sich selbst zu beschäftigen und ihr Leben nachhaltig zu verändern. Sein Einfühlungsvermögen, die Wertschätzung und Natürlichkeit, kombiniert mit neuesten Erkenntnissen aus Sportwissenschaft und Psychoneuroimmunologie und belegt durch Erfahrungsberichte, machen das Konzept verständlich und individuell einsetzbar. Alltagstaugliche Übungen, Ernährungstipps sowie Denkanstöße zum Verändern von Gewohnheiten runden die einzelnen Themenschwerpunkte ab. Sie möchten mehr zum Thema Work-Life-Balance lesen? Auf unserer Webseite einfach ganz leben finden Sie wertvolle Tipps, um das Nebeneinander von Privat- und Berufsleben entspannter zu gestalten und alltagstaugliche Anregungen für kleine und große Auszeiten.

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Seitenzahl: 357

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Felix Klemme

Natürlich sein

Das ganzheitliche Life-Coaching-Programm

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Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

Vorwort1 Natürliche GesundheitGesundheit und KrankheitWas ist eigentlich Gesundheit?Meine AnamneseDie Dosis macht das GiftDer archaische KörperKrankheit – was ist das?Warum »macht« der Körper ein Symptom?Ich weiß nicht, was mir fehltWas wird uns in die Wiege gelegt?Die natürliche Geburt (nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer wichtig!)Die unnatürliche GeburtSicherheit und NäheDas ImmunsystemGrenzen – Aufgaben des ImmunsystemsDu bist nicht allein – deine »Mitarbeiter«Die geschädigte DarmfloraOffene GrenzenNeue Feinde – molekulare MimikryDie Grenzen schließenStress und wie wir mit ihm umgehenWas ist Stress?Akuter StressChronischer StressStress macht krankStress und die Suche nach der LösungUmgang mit StressEin paar praktische TippsWoher kommt unsere Energie?Was ist Energie?Wie viel Energie braucht der Mensch?Was passiert, wenn ich zu viel Energie zu mir nehme?Kann ich die Zuckerspeicher auch wieder leeren?Energie und NährstoffeLiefern Energydrinks Energie?Kampf kostet EnergieWas, wenn das Leben leicht wäre?Ein paar praktische Tipps2 Natürliche ErnährungErnährung – Was ist gesund?Gesunde ErnährungWas braucht der Mensch? – »Artgerechte« ErnährungWas braucht der Körper?InsulinresistenzSalzMacht Fett fett?ProteineMikronährstoffe – Vielfalt gewinntNatürliche LebensmittelWas die Natur uns gibtNahrungsmittel tierischer HerkunftUnnatürliche NahrungsmittelUmsetzung im AlltagEs muss nicht immer bio seinKlarheit oder Veränderung, die im Vorratsschrank beginntVielfalt ist verführerischWie entstehen Gewohnheiten?Was kann ich gegen schlechte Gewohnheiten und Verlockungen tun?Ein paar hilfreiche Tipps:Verzicht auf Kaffee und AlkoholEndlich satt!Was ist eine Mahlzeit?Was macht satt?Diät ist keine LösungDrei Mahlzeiten am Tag?Achtung, Stolpersteine!Hunger, Fasten und KetoseWas ist Hunger?Du wirst nicht verhungernFasten und KetoseDinnerskippingNatürlicher HungerTu dir etwas Gutes3 Natürliche BewegungDie Jagd fehlt unsEssen war anstrengendBewegung heuteWas passiert bei Bewegungsmangel?Und was passiert im Körper bei Bewegung?Natürliche BewegungsabläufeWas ist natürliche Bewegung?MikrorisseBewegung bei Wind und WetterSonne, Luft und Vitamin DDie Schwerkraft ist dein FreundNatürliche Bewegung in der NaturDen ganzen Menschen bewegenUnnatürliche BewegungsformenNatürliche Bewegung im AlltagNatürliche Bewegung – früher und heuteGehen ist gesundLangsam anfangenBewegung und EmotionMehr Serotonin, bitte!Und weniger KortisolFrust vermeidenZiele richtig setzenDie Einstellung macht’s!Lieber wenig Bewegung als gar keine4 Natural NetworkWas ist das Natural Network?Das Netzwerk in dirDas Netzwerk um dich herumNatural Network und GesundheitSuche und SuchtDas SuchsystemWas wir wirklich suchenPrägung und VerhaltenPrägung und VerhaltenUmgang mit StressÄngste und WünscheDer Druck aus dem Natural NetworkErwartungen der FamilieErwartungen der GesellschaftDie Stimme in meinem KopfSchuldDie Unruhe lösenFacebook ist unsozialFalsch verbunden?Natürliche VerbindungOxytocin, das WunderhormonVon Luft und LiebeNatürlich seinNatürlich, der Weg ist das ZielIn Frieden lebenKooperation zähltMottoDanksagung
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Vorwort

Du bist wichtig. Du kannst dein Leben so gestalten, dass du nicht nur gesund, sondern vor allem auch zufrieden und erfüllt sein kannst. Jeder Mensch sucht etwas, und jeder hat ganz persönliche Wünsche und Ziele. In einem sind wir alle gleich: Wir alle wollen so lange wie möglich gesund sein. Das ist nicht nur unser aller persönlicher Wunsch, sondern auch der »Wunsch« der Biologie und das Ziel der Evolution: Überleben in bestmöglicher Art und Weise. Die meisten Menschen wissen mittlerweile, dass gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung ein wichtiger Beitrag für ein gesundes Leben sind. Aber ist das alles? Reicht das, oder gibt es da noch mehr?

Ich widme dieses Buch nicht einer ganz bestimmten Person aus meiner Familie oder meinem Freundeskreis. Dieses Buch widme ich dir und allen Menschen, die verstehen wollen, wie unser Körper als komplexer und wundersamer Organismus funktioniert. Dir und den Menschen, die Lust, Freude und auch das Interesse daran haben, zu erkennen, dass wir durch unser tägliches Verhalten, durch unsere Einstellung und durch das daraus resultierende Handeln unsere Gesundheit maßgeblich beeinflussen.

Egal an welchem Punkt deines Lebens du gerade stehst. Ob du glücklich und erfüllt, traurig und erschöpft, übergewichtig oder untergewichtig bist, ob du an einer chronischen Erkrankung leidest, eine schlimme Krankheit hast oder kurz vor einem Burn-out stehst – dieses Buch habe ich für Menschen wie dich geschrieben, die erkennen oder erkennen wollen, dass wir in der Lage sind, unser Leben so zu leben, wie wir es uns wünschen.

Durch die Erfahrung Hunderter Coachings habe ich gelernt, dass es Impulse braucht, um neue Wege zu erkennen. Aufgrund alter Muster und festsitzender Gewohnheiten kennen wir oft nur noch »diesen einen Weg«. Es braucht Mut und häufig auch eine Begleitung, den ersten Schritt zu machen. In diesem Buch möchte ich dir neue Wege zeigen. Das sind Wege, die ich selbst gegangen bin, und Wege von Klienten, deren Namen ich nicht nennen werde, um ihre Privatsphäre zu schützen. Alle diese Wege erzählen Geschichten, die das Leben schreibt und die dir neue Perspektiven bieten können.

Wenn du ein Fotograf wärst, deine Kamera auf einem Stativ einrichten und immer nur von dieser einzigen Position aus fotografieren würdest, wäre dein Blick im wahrsten Sinne des Wortes beschränkt. Vielleicht kannst du den Sonnenuntergang niemals fotografieren, weil dein Objektiv Richtung Norden ausgerichtet ist. Es bedarf einer aktiven Bewegung, wenn du deinen Blickwinkel verändern möchtest, um Sonnenuntergang oder Sonnenaufgang sehen und festhalten zu können. Jede Veränderung braucht eine Bewegung, sei sie noch so klein. Und diese Bewegung beginnt immer im Kopf. Um genau zu sein, braucht es einen Gedanken, der dir sagt: »Ich möchte an der aktuellen Situation etwas verändern.«

Dein Kopf entscheidet, was du tust. Genauso entscheidet er, was du lässt. In meiner Arbeit liegt der Fokus auf der Einstellung eines Menschen. Die Einstellung ist geprägt durch seine Erfahrungen. Du kannst das Hier und Jetzt verändern. Du bist schon mittendrin. Schön, dass du dieses Buch in der Hand hältst. Es hält vieles für dich bereit, und ich danke dir, dass du mir dein Vertrauen schenkst und ich dich ein Stück auf deinem Weg begleiten darf.

 

Von Herzen, Felix Klemme

PS: Für den Wissenschaftler in dir: Im Anhang habe ich alle Studien aufgeführt, die den Erkenntnissen meiner Arbeit zu diesem Buch zugrunde liegen.

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1Natürliche Gesundheit

Du bist im Urlaub. Dein erster Urlaub seit langer Zeit. Jeden Morgen schläfst du, solange du willst, und wachst erst auf, wenn die Sonne dich an der Nase kitzelt und dich wach küsst. Aaaah, herrlich! Erst einmal den ganzen Körper strecken und tief durchatmen. In aller Ruhe wach werden und frühstücken. Du freust dich auf den Tag. Deinen Tag, an dem du nur das tust, was dir wirklich wichtig ist. Lesen, schwimmen, lecker essen gehen, ein Glas Wein trinken und nichts tun, die Seele baumeln lassen. Dein letzter Gedanke, bevor du abends beim Zirpen der Grillen einschläfst: »Ich fühle mich gut und ich freue mich auf den nächsten Tag. Endlich frei!« So könnte es bleiben. Leider gibt es auch Tage, an denen du nicht so frei bist. Frei in dem, was du eigentlich tun möchtest. An solchen Tagen verläuft dein Start in den Tag anders, und dein erster Gedanke ist: »Oh nein. Erst Dienstag. Ich bin so müde. Mist, heute ist das blöde Meeting mit dem anstrengenden Kunden …« Am liebsten würdest du dir die Decke einfach wieder über den Kopf ziehen.

Gesundheit und Krankheit

Es gibt solche Tage. Schon beim Aufstehen tun dir die Beine weh, und du kommst den ganzen Tag nicht richtig in Schwung. Seit einer Woche drückt der Magen, und wenn du es dir genau überlegst, hast du fast jeden Tag Kopfschmerzen. Doch es muss ja weitergehen. Du beißt die Zähne zusammen und gehst zur Arbeit. Das bisschen Kopfweh, denkst du. Das ist ja keine Krankheit. Aber was, wenn doch? Wenn du dich über längere Zeit nicht wohl fühlst und dich diverse Symptome quälen, gehst du vermutlich früher oder später doch zum Arzt, um dich durchchecken zu lassen. Was macht der Arzt, wenn du vor ihm sitzt? Ist er einfühlsam, guckt er dich an und fragt dich, wie es dir geht. Du sagst: »Nicht so gut. Ich habe häufig Bauchdrücken und fast täglich Kopfschmerzen. Und schlafen kann ich auch nicht gut.« Dein Arzt antwortet: »Sie waren ja schon ewig nicht mehr hier. Dann wollen wir mal schauen.« Und dann beginnt er eine physiologische Bestimmung deines Körpers.

Was ist eigentlich Gesundheit?

Deine Gesundheit ist ein diffiziles Zusammenspiel vieler Faktoren. Um sich ein Bild machen zu können, hört dein Arzt dein Herz ab, ermittelt vielleicht deine Herzfrequenz oder Herzfrequenzvariabilität, lässt ein EKG ausstellen, misst deinen Blutdruck und deine Temperatur, macht ein Blutbild, ordnet je nach Beschwerde einen Urin- oder Stuhltest an, ermittelt den pH-Wert deines Blutes, macht einen Ultraschall oder schickt dich zum Röntgen, wiegt dich, errechnet deinen Body-Mass-Index und misst deinen Blutzucker oder macht einen Glukosetoleranztest. »Na ja, Ihr BMI ist etwas hoch, Sie könnten sicherlich einige Kilos abnehmen«, sagt er bei der Besprechung deiner Ergebnisse eine Woche später. »Ihr Blutzucker und Ihr Cholesterin sind leicht erhöht. Nichts Bedenkliches. Die Leberwerte sind normal. Ah, Sie haben viel Stress? Dann sollten Sie vielleicht eine Entspannungstechnik lernen. Die Krankenkasse bezuschusst das, informieren Sie sich doch einmal darüber. Ansonsten sind Sie gesund. Alle Untersuchungen waren unauffällig.« Du gehst irgendwie erleichtert nach Hause, aber dein Kopf dröhnt munter weiter, der Magen zwickt. Du wagst nach einiger Zeit noch eine nächste Runde, wirst zur Magenspiegelung überwiesen, aber auch die ist unauffällig. »Vielleicht sollten Sie einmal jemanden aufsuchen, mit dem Sie über Ihren Stress reden können«, rät der Arzt und entlässt dich wieder. Du ärgerst dich, dein Magen kneift, und du tust – nichts. Psychologe, pfff. Klar hast du Stress, aber wer hat den nicht, dann musst du wohl damit leben. Nein, musst du nicht!

 

Was dein Arzt gemacht hat, ist der gängige Weg. Er hat eine lebensgefährliche Erkrankung ausgeschlossen, und das ist gut so. In unserer Gesellschaft wird Gesundheit meist physiologisch und leider immer noch allzu oft symptomatisch bestimmt. Als körperlich gesund gilt, wessen Gewicht im Normbereich liegt, wer eine »normale« Herzfunktion und ein unauffälliges Blutbild vorweist. Ich sehe das etwas anders. Ich bin der Meinung, dass die physiologischen Faktoren – für sich allein betrachtet – noch keine Aussage über den Gesundheitszustand eines Menschen zulassen. Bei vielen Erkrankungen liefern sie wichtige Hinweise, um eine mögliche Erkrankung herausfinden zu können – bei vielen anderen Störungen aber auch nicht. Ein Blutbild zeigt nur Ausschnitte, aber diese Werte reichen mir nicht aus, um eine klare Aussage über Gesundheit oder Nichtgesundheit zu treffen. Ich brauche dafür ein differenzierteres Bild über den Gesamtzustand eines Menschen. Ein Bild, das über messbare Werte hinausgeht.

 

Meines Erachtens spielt neben dem physiologischen noch ein ganz anderer Aspekt eine Rolle, nämlich die Frage an einen Menschen: »Wie fühlst du dich?« Das ist für mich der entscheidende Faktor. Was führt dazu, dass sich ein Mensch nicht gut fühlt? Gibt es möglicherweise in seinem beruflichen oder privaten Umfeld etwas, das dazu führt, dass sich dieser Mensch nicht gut fühlt? Oder hat es in seiner Vergangenheit ein Ereignis gegeben, das dazu geführt hat, dass er heute häufig mit einem negativen Gefühl durchs Leben läuft und sich nicht gut fühlen kann? Genau das gilt es herauszufinden, denn oft beeinflussen diese Faktoren den Gesundheitszustand mehr, als wir uns eingestehen wollen.

Meine Anamnese

Wenn ich also einen Menschen vor mir sitzen habe, der Beschwerden hat und Hilfe sucht, bestimme ich zuerst seinen Gesundheitsstatus. Der Begriff Gesundheitsstatus ist mir wichtig – ich bestimme einen Gesundheitsstatus und keinen Krankheitsstatus –, denn von Krankheit zu sprechen führt meiner Meinung nach häufig zu einer Hilflosigkeit, die der Übernahme von Verantwortung für die eigene Gesundheit im Weg stehen kann. Darüber hinaus gibt es dem Menschen ein negatives Gefühl: Niemand will nämlich krank sein. Das ist der Grund, warum ich auch nicht von Patienten sprechen möchte. Wenn ich einen Menschen zu einem Patienten mache, dann sage ich ihm damit, dass er krank ist. Patient kommt von dem lateinischen Wort »patiens« und bedeutet eigentlich »duldend, geduldig, leidend«. Schon mit der Wortbedeutung vermittle ich einem Menschen das Bild, leidend zu sein. Wichtiger ist mir, jedem Menschen positiv und offen zu begegnen. Wenn ich das tue, nehme ich schon durch meine innere, zugewandte Haltung Einfluss auf mein Gegenüber. Und das erste Resultat, das sich dadurch im Prozess der weiteren Arbeit ergibt, ist »Lösung«. Eine Lösung von alten Mustern und Wahrnehmungen. Gesund ist, wer in der Lage ist, seinen Körper gut zu balancieren zwischen Ruhe und Unruhe, Stress und Erholung, viel und wenig. Gibt es über zu lange Zeit zu viel oder zu wenig, entsteht ein Ungleichgeweicht – und der Körper kippt. Wenn es ein Ungleichgewicht gibt, dann ist es mein Ziel, das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Mein Ziel ist es, das Gleichgewicht in einem Menschen wiederherzustellen.

Um herauszufinden, was einen Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht hat, ermittle ich physiologische, anatomische, psycho-emotionale, soziale, immunologische und epigenetische Merkmale und Indikatoren. Außerdem stelle ich das individuelle Bewertungssystem auf, das durch Erfahrungen aus der Vergangenheit, insbesondere aus dem Natural Network, geprägt ist. Diese Prägungen nehmen großen Einfluss auf die Gewohnheiten und das Verhalten eines Menschen. Sich dieser Mechanismen bewusst zu werden, die eigenen Muster verstehen zu lernen und daraus Handlungskompetenzen zu entwickeln, um neue Wege gehen zu können, ist ein wichtiger Schritt in eine neue und nachhaltige Balance.

 

Ein weiterer wichtiger Bestandteil meiner Anamnese sind Ernährungsgewohnheiten, Allergien oder Unverträglichkeiten, ebenso aktuelle oder vergangene Medikamenteneinnahmen, insbesondere Antibiotikabehandlungen. Bei Bedarf lasse ich mir Arztberichte und Blutbilder zeigen. Bei Gewichtsproblemen ermittle ich zur Orientierung für meine Klienten auch den Body-Mass-Index. Der BMI gibt allerdings wirklich nur einen groben Richtwert ab.

Der Body-Mass-Index (BMI) setzt Körpergröße und Gewicht in Relation. Als »normalgewichtig« gilt nach der Weltgesundheitsorganisation ein erwachsener Mensch, wenn er einen BMI zwischen 18,5 und 25 hat.

 

BMI = x Körpergröße [in m]

Stell dir den Türsteher deiner Lieblingsdisco vor. Rudi, ein Berg von einem Mann, 1,90 Meter groß, 110 Kilogramm schwer. Der Typ hat einen Nacken wie ein Stier und Oberarme wie Bierfässer. Unter seinem Jackett blitzt das Logo einer High-Tech-Muckibude hervor. Nils, der neue Programmierer in deiner Firma, ist genauso groß und schwer wie Rudi. Er schiebt aber ein anständiges Bäuchlein vor sich her, und jedes Mal, wenn er sich ächzend von seinem Drehstuhl erhebt, stöhnt er: »Sport ist Mord.« Beide Männer haben einen BMI von 30, was als übergewichtig gilt. Wer von den beiden Kameraden ist wohl der fittere? Der starke Rudi hat als Bodybuilder einen wesentlich größeren Anteil an Muskelmasse und damit an fettfreier Masse. Bei Nils ist es umgekehrt. Der Body-Mass-Index ist also nur begrenzt aussagekräftig. Jemand mit einem hohen BMI hat nicht automatisch krankhaftes Übergewicht.

 

Und immer frage ich, ob ein Mensch natürlich oder per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen ist, ob und wie lange er als Baby gestillt wurde, welche Krankheitsbilder es in der Kindheit gab. Was es mit der Geburtsart, dem Stillen und den Antibiotika auf sich hat, darauf werde ich im nächsten Kapitel eingehen. Ich frage immer, in welcher Lebenssituation sich mein Klient befindet. Wie ist dieser Mensch privat aufgestellt? Gibt es irgendwelche Probleme? Wie sehen diese Probleme aus? Sind diese Probleme lösbar oder unlösbar? Gibt es Schwierigkeiten im Beruf? Hat jemand akuten oder chronischen Stress? Dabei geht es mir immer um das Stressverhalten. Wenn jemand chronischen Stress hat oder negativ mit Stress umgeht, verändert das sein gesamtes Blutbild, seinen Stoffwechsel, sein Essverhalten und auch sein Bewegungsverhalten.

 

In vielen Fällen ist es wichtig, sogar noch einen Schritt weiter zurückzugehen, nämlich herauszufinden, wie die Schwangerschaft bei der Mutter meines Klienten verlaufen ist. [1], [2], [3] Gab es während ihrer Schwangerschaft Krankheiten, die medikamentös behandelt wurden, zum Beispiel mit Antibiotika? Haben sich bei ihr während der Schwangerschaft Allergien entwickelt? Hat sie Sorgen oder chronischen Stress gehabt? Hat es besondere Ereignisse gegeben, die dazu geführt haben, dass die Mutter ein traumatisches Erlebnis hatte? Ein Trauma kann entstehen, wenn zum Beispiel eine nahestehende Person stirbt, man selbst oder der Partner den Job verliert und dadurch Existenzangst entsteht. Auch ein starker Konflikt kann ein Trauma auslösen. Es kann sogar hilfreich sein herauszufinden, was die Großeltern eines Klienten für Erfahrungen in ihrem Leben gemacht haben. Ob es dort auch irgendwelche einschneidenden Erlebnisse gegeben hat. Das ist wichtig zu wissen, denn unser Denken und Fühlen wirkt bis in unsere Zellen und damit auch bis in unser Erbgut hinein. [4] Warum das so ist, erkläre ich dir später, wenn es um Epigenetik geht.

 

So verläuft meine Anamnese. Step by step. Durch meine Ausbildung in PNI (Psychoneuroimmunologie) habe ich gelernt, dass ich, wenn ich auf die klassische schulmedizinische Weise gucke, eine Momentaufnahme eines Menschen erhalte – ein Foto. Aber das reicht mir nicht. Ich möchte alles sehen. Dazu muss ich mir den ganzen Film ansehen. Den Film des Lebens. Den Film des Gleichgewichts und Ungleichgewichts. Den Film der Gesundheit.

Ein Check beim Arzt ist eine Momentaufnahme. Wie ein Foto.

Um Gesundheit zu beurteilen, muss ich aber den ganzen Film sehen.

Die Dosis macht das Gift

Je größer die Zahl der Faktoren, die auf uns wirken, desto stärker beeinflussen sie unsere Gesundheit. Was es auf den Punkt bringt, ist folgender Satz, der in diesem Buch mehrfach auftaucht: »Die Dosis macht das Gift.« Es kommt immer darauf an, wie viel bzw. wie wenig ich von etwas konsumiere. Wie viel oder wie wenig ich von etwas benutze, wie viel oder wie wenig ich mich bewege, wie viel oder wie wenig ich über etwas nachdenke. Wenn ich sehr viel konsumiere, zum Beispiel Essen, dann heißt das erst einmal, dass ich wahrscheinlich zu viel Nahrung zu mir nehme. Wenn es sich dabei um Nahrung handelt, die sehr viel Energie z.B. in Form von Zucker, und möglicherweise wenig Nährstoffe enthält, dann ist das ein Zuviel an Energie, aber ein Zuwenig an Nährstoffen. Und das beeinflusst natürlich auch meine Gesundheit. Egal, was ich tue, es sollte immer ein gesundes Mittelmaß herrschen. Extreme erzeugen Extreme. Es geht mir aber nicht darum, Dinge zu verbieten oder vorzuschreiben, es geht um Kooperation. [5] Um Kooperation zwischen dir und deinem Körper und um Kooperation zwischen dir und deiner Umwelt.

 

Wie wichtig Kooperation – auf allen Ebenen – ist, habe ich bereits während etlicher Coachings feststellen können. Wissenschaftlich unterstützt wurden meine Erfahrungen, als ich die Forschungsergebnisse des Zellbiologen Dr. Bruce Lipton kennenlernte. Er sagt Folgendes: Wenn wir Menschen meinen, Individuen zu sein, dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass wir eigentlich aus Zellen bestehen, die »eine kooperative Gemeinschaft aus über 50 Billionen einzelligen Mitgliedern bilden und für ihr gemeinsames Überleben eine kooperative Strategie entwickelt haben«. [6] Seinen Forschungsergebnissen nach ist jede einzelne Zelle als intelligentes Lebewesen zu betrachten, das allein überleben kann, die kooperative Strategie aber dem Einzeldasein vorzieht, da das enorme Überlebensvorteile mit sich bringt. Schließen sich Zellen zusammen, sind sie gemeinsam klüger als die Summe der einzelnen Zellen. Ein spannender Gedanke. Wenn man ihn zu Ende denkt, bedeutet das, dass wir mit unserem Bewusstsein die Regierung dieser 50 Billionen Einzellebewesen in uns stellen und es wie ein Staatsoberhaupt in der Hand haben, eine Diktatur oder eine kooperative Situation und damit ein harmonisches Lebensmilieu zu schaffen.

 

Dass das funktioniert, erklärt Lipton anhand der Ergebnisse seiner Forschungen an menschlichen Stammzellen. Diese Zellen können sich zu anderen Zelltypen entwickeln. Bereits in den 1970er Jahren setzte er eine Stammzelle in eine Petrischale mit einer Nährlösung, die die Zelle am Leben erhielt. Diese eine Zelle vermehrte sich innerhalb weniger Tage, und alle Zellen, die aus ihr entstanden, waren genetisch identisch. Lipton nahm die Zellen und setzte sie in drei getrennte Petrischalen mit unterschiedlicher Nährlösung. Daraufhin entwickelten sich in einer Schale Muskelzellen, in der zweiten Fettzellen und in der dritten Knochenzellen. Da die Gene der Zellen am Beginn des Versuchs genetisch identisch waren, folgerte Lipton, dass es nicht die Gene der Zellen sind, die über das Schicksal der Zellen entscheiden, sondern ihre Umwelt. Das Gleiche, sagt er, was für einzelne Zellen gilt, gelte auch für komplexe Zellgruppen, für Mehrzeller – und damit auch für den Menschen. Genau wie die einzelnen Zellen werden wir durch die Umwelt geprägt, in der wir leben. Dieser Gedanke war seinerzeit unerhört und revolutionär. Lange Zeit hatte man daran geglaubt – und diesen Gedanken auch wissenschaftlich zu belegen versucht –, dass unsere Gesundheit ausschließlich von unseren Genen abhängig ist. Jetzt konnte Lipton beweisen, dass die Umwelt einen viel größeren Einfluss auf unsere physische Existenz hat als unser Erbgut. Er entdeckte, dass Umweltreize einzelne Gene an- und ausschalten können, und lieferte damit wichtige Belege für die Forschung der Epigenetik. Aber sind wir unserer Umwelt hilflos ausgeliefert? Nein, das sind wir nicht. Wir können mit unseren Entscheidungen und der Art unserer Einstellung Einfluss auf unsere Umwelt nehmen. Wir können bestimmen, wo und wie wir leben, was wir essen, ob wir rauchen, freundlich oder streitsüchtig sind, ob wir akzeptieren, dass der Chef uns anbrüllt, oder uns einen anderen Job suchen und ob wir uns viel oder wenig bewegen. All das liegt in unserer Hand. Und all das nimmt Einfluss auf unsere Gesundheit.

Der archaische Körper

Also gut, auch du bist ein riesiger Haufen Zellen. Das ist deine Biologie. Darüber hinaus bist du aber ein Mensch. Und weil der Mensch sich während seiner Entwicklungsgeschichte den Erfordernissen seiner Umgebung angepasst hat, ist es an dieser Stelle sinnvoll zu schauen, woher der Mensch eigentlich kommt und an welche Art von Umwelt er angepasst ist. Dafür möchte ich dir Norman und Waldtraut vorstellen. Diese beiden Prachtexemplare der Gattung Mensch leben während der Altsteinzeit vor etwa 30000 Jahren mit ihrer Sippe in einer Höhle im Neandertal an der Düssel.

Waldtraut und Norman ernähren sich von dem, was ihnen die Natur zur Verfügung stellt: Wurzeln, Früchte, Pilze, Gemüse, Obst, Nüsse, Eier, Fisch und Fleisch. Sie sammeln und jagen, bewegen sich täglich durch die freie Natur, schlafen, wenn es dunkel wird, und stehen auf, sobald es wieder hell wird. Sie leben ein natürliches Leben. Warum erzähle ich dir das? Weil die Epoche, in der Menschen wie Norman und Waldtraut lebten, noch gar nicht so lange vorbei ist. Unsere moderne Zeit mit Elektrizität, Autos, Flugzeugen, Maschinen, Computern, Smartphones, all den anderen technischen Errungenschaften der Menschheit und den damit verbundenen Einflüssen auf unseren Alltag ist im Vergleich zur Entstehungsgeschichte des Menschen kurz wie ein Wimpernschlag. Wenn man die Entwicklung der Menschheit auf 200000 Jahre reduziert (sie dauerte wesentlich länger) und diese Zeit in ein Jahr stecken wollte, dann würden die letzten 200 Jahre gerade einmal seit knapp drei Minuten andauern.

Hätten die letzten 200000 Jahre in einem Jahr stattgefunden, gäbe es unsere moderne Zeit erst seit knapp 3 Minuten.

Was bedeutet das für uns »moderne« Menschen? Vertreter der Evolutionsmedizin weisen darauf hin, dass unser heutiger Körper im Prinzip noch immer den gleichen genetischen Bauplan besitzt, mit dem schon Norman oder Waldtraut durch die Natur gelaufen sind. Das heißt, wir haben den gleichen Steinzeit-Körper wie die Menschen damals mit den gleichen Bedürfnissen, der ihnen damals das Überleben sicherte. Wäre ihr genetischer Bauplan eine Fehlentwicklung gewesen, wären wir heute nicht hier. Unsere heutige Umwelt wäre für Norman und Waldtraut, würden sie heute geboren, ebenso begreiflich wie für dich, und sie könnten sich und ihr Verhalten dem modernen Leben anpassen. Ihre Körperzellen aber nicht. Evolutionsmediziner gehen davon aus, dass die Zivilisationskrankheiten Symptome des Nicht-Zueinanderpassens unserer archaischen Biologie mit unserer modernen Umwelt sind. [7]

 

Um zu verstehen, wie dein Körper funktioniert und wofür er gemacht ist, lade ich dich ein, dein heutiges Leben immer mal wieder mit dem Leben von Norman und Waldtraut zu vergleichen. An ihre Art, »natürlich« zu leben, sind dein Körper und dein Stoffwechsel angepasst. Das ist auch durchaus nachvollziehbar, denn die Zeit der Jäger und Sammler macht den größten Teil der Menschheitsgeschichte aus. Du bist du, aber dein Körper ist der von Norman oder Waldtraut. Wenn du es schaffst, auf deinen Körper zu hören, wirst du ein Gefühl dafür bekommen, was er braucht.

Dein Kopf ist in der modernen Zeit angekommen – aber dein Körper denkt, er sei Norman.

Krankheit – was ist das?

Dein menschlicher Körper ist hart im Nehmen. Dass das so ist, hast du den vielen Zellen in dir zu verdanken. Gegenüber den kleinen Häufchen von wenigen Zellen, die am Anfang der Evolutionskette standen, hat sich der menschliche Organismus in den Jahrmillionen seiner Evolution zu einem extrem spezialisierten System entwickelt. Als dieses System ist er in der Lage, sich der Umwelt hochflexibel anzupassen. Das funktioniert so lange, wie das System im Gleichgewicht ist. Doch kann das funktionieren, wenn dein Körper an das Leben der Jäger und Sammler angepasst ist, die Stressoren, denen du in deinem täglichen Leben ausgesetzt bist, aber ganz andere sind? Zuerst einmal sind Stressoren nichts anderes als Reize. Reize, die deinem Körper zeigen, dass er sich anpassen muss. Dein Körper braucht diese Reize und reagiert auf sie durch eine Änderung deiner Stoffwechsellage, deiner Muskeln, deines Immunsystems, deines Schmerzempfindens oder deiner Atmung. Erst wenn Reize überhandnehmen oder dein Körper nicht mehr adäquat auf sie reagieren kann, wird aus dem Gleichgewicht eine Schräglage.

 

Um welche Reize handelt es sich? Zuerst ein Blick zurück: Früher, vor ein paar 1000 Jahren, gab es in unserer Umwelt Stressoren wie Luft, Licht, Temperatur, alle möglichen Formen von Mikroben, Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten, Nahrungsknappheit und Bedrohungen aus der Natur und auch aus unserem sozialen Umfeld. Das Leben von Norman und Waldtraut war oft und ernsthaft in Gefahr. Wilde Tiere, Verletzungen, Überschwemmungen, Klima, Krankheiten, Feinde und Hungersnöte haben ihnen ganz schön zugesetzt. Und heute? Wie sehen unsere Stressoren heute aus? Sind es weniger geworden oder sind es nur andere?

 

Natürliche Stressoren haben wir heute weniger, denn niemand muss mehr befürchten, von einem Raubtier gefressen oder bei der Jagd lebensbedrohlich verletzt zu werden. Die medizinische Versorgung wird Jahr für Jahr besser. Krankheiten, die uns noch vor 150 Jahren das Leben gekostet haben, können heute mit einer einfachen Medikamentengabe behandelt werden. Natur und Wetter bringen uns auch nur noch in Extremfällen in Gefahr. Viren, Bakterien und Pilzen begegnen wir mit Hygiene, und glücklicherweise leben wir in einer Region, in der kein Hunger herrscht und der letzte Krieg schon länger zurückliegt. Aber ist dein Leben dadurch frei von Stressoren? Nein. Einerseits kann nämlich auch das Fehlen von Reizen deiner Gesundheit abträglich sein. Zu wenig Bewegung, zu wenige Nährstoffe in unseren Lebensmitteln und zu wenig Bakterienkontakt bzw. Mikrobenkontakt ist für unsere Gesundheit nicht gut. [8] Andererseits ist aber auch ein Zuviel an Reizen nicht gesund. Heute ist unsere Umwelt im Vergleich zu Normans Welt mit vielen neuen Gefahren belastet und unglaublich informationsreich – wir leben in einer Welt der Dauerreize. Zum einen sind da Pflanzenschutzmittel, Abgase und Umweltgifte, mit denen dein Körper klarkommen muss. Oder vom Menschen genetisch veränderte Nahrungsmittel, von denen wir bisher nicht genau wissen, wie sich diese genetisch neuen Zellen auf unseren Körper auswirken. Zum anderen prasseln Wahrnehmungsreize auf dich ein: Bewegte Bilder, Texte, Töne aus verschiedenen Quellen – Mails, Videos, Musik, Telefon – und gerne alles auf einmal und den ganzen Tag lang. Dein archaisches Gehirn ist darauf ausgelegt, alles mitzubekommen, was um dich herum geschieht. Aufmerksamkeit war in einer Welt voller natürlicher Gefahren schließlich überlebenswichtig. Und so versucht dein Gehirn allen Reizen die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken, die es früher Reizen geschenkt hat, die dein Leben gerettet hätten: Tönen, Bewegungen, Lichtänderungen. Es versucht, diese Reize permanent mit deinem Erfahrungsschatz abzugleichen. Aber um zu lernen, was wichtig und was unwichtig ist, braucht dein Gehirn Ruhe. Und die bekommt es nicht, wenn dein Lernprozess dauernd durch neue Reize unterbrochen wird. Die Dauerreizung deiner Sinne durch Handy, Fernsehen, Radio, Werbung und Internet ist oft einfach zu viel. Ich will damit nicht sagen, dass Medienkonsum dein Feind ist. Auch hier macht die Dosis das Gift. Es tut deinem archaischen Hirn einfach gut, auch mal eine reizarme, ruhige Zeit am Tag zu verbringen.

 

Dazu kommt, dass sich die Ernährungsgewohnheiten stark verändert haben. Norman und Waldtraut lebten von der Hand in den Mund. Sie aßen das, was die Natur hergab, und zwar mehr oder weniger unverarbeitet. Mal hatten sie viel Nahrung zur Verfügung, mal weniger. Aber immer enthielt ihre Nahrung alle Nährstoffe in unverfälschter Form. Heute essen viele Menschen Fastfood, Mikrowellengerichte, industriell verarbeitete und haltbar gemachte Nahrungsmittel. Die natürliche Ernährung bleibt weitestgehend auf der Strecke. Aber, wie bei allem – es ist immer eine Frage der Dosis: Isst du unverarbeitete oder stark verarbeitete Nahrungsmittel? Nimmst du, wie es heute die meisten von uns tun, viel Energie in Form von Kohlenhydraten, also Zucker, zu dir? Oder enthält das, was du isst, zu wenige Nährstoffe? Sitzt du zu viel und bewegst du dich zu wenig? Hat dein Kopf selten Pause, und kommst du auch nachts nicht zur Ruhe? Kommst du mit der Natur in Kontakt oder hältst du dich überwiegend in geschlossenen Räumen oder in der Stadt auf? Alle diese Stressoren sind in Maßen genossen unproblematisch. Im Übermaß verändern sie dein natürliches Milieu. Dein Körper versucht, das auszugleichen. Schafft er es nicht, kommt es zu einem Ungleichgewicht in deinem Körper oder – wie wir es dann nennen – zu Krankheit.

Warum »macht« der Körper ein Symptom?

Wenn du Haselnüsse isst und kurz darauf ein Jucken im Hals, eine kribbelnde Zunge oder sogar Atemnot verspürst, weist dein Körper dich mit diesen Symptomen darauf hin, dass du besser keine Haselnüsse essen solltest, denn du bist vermutlich gegen sie allergisch. Symptome sind ein wichtiges Signal unseres Körpers, mit dem er uns sagen möchte, dass irgendetwas nicht richtig läuft oder dass er gerade etwas in sich hat, das dort nicht hingehört.

Der Körper »macht« ein Symptom, um darauf hinzuweisen, dass deine Gesundheit aus der Balance geraten ist.

Hast du giftige Beeren gegessen, signalisiert dir dein Körper das mit Bauchweh und Erbrechen. Hast du Alkohol getrunken, zeigt dir dein Körper durch Schwindel, Übelkeit und den Kater am nächsten Morgen, wenn es zu viel war. Das Symptom für Blinddarmreizungen ist ein Schmerz im rechten Unterbauch, und eine Erkältung macht sich durch Schnupfen, Halsweh, Fieber und Müdigkeit bemerkbar. Gerade das Symptom Müdigkeit nehmen wir im Alltag viel zu selten ernst. Wenn der Körper Ruhe fordert, hat er meist einen Grund. Während du ruhst, stehen deinem Immunsystem alle körperlichen Ressourcen zur Verfügung; es kann optimal seine Arbeit verrichten und Viren, Bakterien oder Pilze abtöten. Überhörst du die Signale deines Körpers immer wieder, kannst du krank werden.

 

Je länger ein Ungleichgewicht besteht, desto länger dauert auch seine Heilung. Wenn du eine Grippe hast, dann ist sie nur für kurze Zeit da und innerhalb von ein paar Tagen wieder weg. Hat du eine chronische Erkrankung, leidest du möglicherweise schon seit einigen Jahren daran. Dann brauchst du entsprechend länger, um sie wegzubekommen. Medikamente wirken direkt, denn die meisten von ihnen setzen an den Symptomen an. Sie schalten Symptome komplett an oder aus. Meistens schalten sie Symptome aus: Fieber ausschalten, Schmerzen ausschalten, Durchfall ausschalten, Verstopfung ausschalten, Darmperistaltik anschalten. Symptome sind schnell ausgeschaltet – Heilung ist jedoch immer ein Prozess.

Ich weiß nicht, was mir fehlt

»Ich weiß nicht, was mir fehlt.« Diesen Satz höre ich immer wieder, wenn ich mit Menschen zu tun habe, die körperlich eigentlich gesund sind, denen es aber dennoch nicht gutgeht. Diese Aussage ist für mich ein wichtiger Hinweis mit unterschiedlichen Bedeutungen: Zum einen kann es sein, dass tatsächlich körperlich etwas fehlt. Oft führt ein unerkannter Mangel an Mikronährstoffen oder eine gestörte Darmflora zu unerklärlichen Symptomen. Aber auch auf der psychischen Ebene hat diese Aussage für mich eine große Bedeutung. Vielen Menschen fehlt es unbewusst an etwas. Das kann körperliche Nähe, Anerkennung, Sicherheit, Schutz oder Ruhe sein. Dieses Bedürfnis steht immer in einem Verhältnis zu: »Wovon habe ich in diesem Moment zu viel, was mir nicht guttut?« Habe ich zu viel Stress? Habe ich meinen Körper mit zu viel oder mit der falschen Nahrung belastet? Habe ich zu viel Ablenkung durch Dinge, was mich nicht zur Ruhe kommen lässt? Jemandem, der im Urlaub ist und sagt: »Ich bin total entspannt. Hier habe ich alles, was ich brauche«, wird in diesem Moment nichts fehlen. Jemand, der einen anspruchsvollen Vollzeitjob hat, unter Zeitdruck steht und gestresst ist, vielleicht zum Entspannen Alkohol trinkt, jede Menge Zigaretten raucht oder viel isst, dem fehlt etwas. Vielleicht fehlt ihm Ruhe, vielleicht fehlt ihm aber auch einfach nur das richtige Gleichgewicht im Leben.

Deshalb lautet meine Definition von Gesundheit:

Gesundheit ist die soziale, emotionale, immunologische und physiologische Fähigkeit des Menschen, sich bestmöglich an die Anforderungen seines individuellen Lebensraums anzupassen. Ziel des Körpers ist es, die eigenen Energieressourcen maximal zu nutzen, was durch die optimale Kooperation und Kommunikation aller Zellen erreicht werden kann. Gesundheit beginnt bereits vor dem eigenen Leben, [9] denn sie wird durch die vorangehenden Generationen beeinflusst, gespeichert und weitergegeben [10] und beeinflusst so die Fähigkeiten, das Verhalten und die Energieressourcen eines Menschen.

Was wird uns in die Wiege gelegt?

Gesundheit beginnt vor dem eigenen Leben. Bereits während der Schwangerschaft der Mutter und im Moment der Geburt werden die Weichen für die Gesundheit eines Menschen gestellt. [11], [12] Im späteren Leben spielt die Art der Geburt ebenso eine Rolle wie die Frage, ob oder wie lange gestillt wurde. Zu wissen, wie dein Leben begann und was dir mit auf den Weg gegeben wurde, kann dir hilfreiche Hinweise für deine heutige Gesundheit liefern. [13]

Die natürliche Geburt (nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer wichtig!)

Waldtraut kannte keinen Kreißsaal. Sie bekam ihre Kinder vermutlich in freier Natur, vielleicht alleine, vermutlich mit der Hilfe anderer erfahrener Frauen. So ist es zumindest heute noch bei naturnahen Völkern. Ich möchte gar nicht sagen, dass eine Geburt ohne medizinische Hilfe besser ist als eine mit. Die statistisch kaum noch vorhandene Säuglings- und Müttersterblichkeit spricht für sich. Es lohnt sich trotzdem, genau hinzuschauen, wie eine Geburt möglichst natürlich ablaufen kann und welche Vorteile eine natürliche Geburt für unser Leben mitbringt. In erster Linie sind das Bakterien und die Verbindung durch Entbindung. Diese beiden Faktoren beeinflussen deine Gesundheit ein Leben lang.

 

Von einer natürlichen Geburt spricht man, wenn das Baby durch den Geburtskanal der Mutter ohne Hilfsmittel das Licht der Welt erblickt. Früher – medizinische Komplikationen seien an dieser Stelle beiseitegelassen – liefen notgedrungen alle Geburten natürlich ab. Deshalb lass uns doch noch einmal einen Blick in die Vergangenheit werfen. Früher war es so, dass die meisten werdenden Mütter in Gesellschaft einer Hebamme oder einer anderen erfahrenen Frau ihr Kind auf die Welt gebracht haben. Meistens in einem stillen, dunklen Raum in den eigenen vier Wänden, wobei die Hebamme einfach nur ruhig in der Ecke sitzt und die Situation beobachtet, um erst dann einzugreifen, wenn die Mutter Hilfe benötigt. Diese ruhige Atmosphäre sorgt dafür, dass die werdende Mutter sich ganz auf sich und ihr Kind konzentrieren kann. Ihr Körper hilft ihr dabei, indem er verschiedene Hormone freisetzt. Da eine Geburt eine schmerzhafte Angelegenheit ist, schüttet er Endorphine aus. Sie machen den Schmerz erträglich und wirken angstlösend. Außerdem sorgt der Körper mit Oxytocin für eine weitere Verminderung der Angst und eine innige Verbindung zum Baby. Ist das Baby auf der Welt, ist alles gut – der intensive Schmerz weicht, das Glücksgefühl durch die Endorphine aber hält noch eine Weile an. Oxytocin wirkt beruhigend, verbindend (darauf gehe ich gleich noch näher ein) und sorgt nebenbei auch dafür, dass Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin (Stressachsen) verringert werden, [14] was wiederum dazu führt, dass sich die Herzfrequenz, der Blutdruck und die Atemfrequenz von Mutter und Kind beruhigen. Ruhe, Glück und Bindung – für viele Mütter gehört die Geburt zu den intensivsten Momenten in ihrem Leben. Und – als zweifacher Vater weiß ich, wovon ich spreche – das gilt natürlich auch für den Vater.

 

Ein ruhiges zugewandtes Umfeld begünstigt den harmonischen Verlauf einer natürlichen Geburt. Das mitunter hektische Treiben in großen Kliniken vermittelt sicherlich nicht so viel Geborgenheit wie eine Geburt zu Hause. Fehlt das Gefühl von Ruhe und Geborgenheit, kann das Hormon Oxytocin nicht optimal ausgeschüttet werden. Das kann dazu führen, dass Wehen zu schwach ausfallen oder sogar ausbleiben, was den Verlauf der natürlichen Geburt gefährdet. Trotzdem ist eine Hausgeburt nicht für jede Frau das Richtige. Maßgeblich ist letztendlich immer das Gefühl der Mutter. Sie entscheidet, wo sie sich gut aufgehoben fühlt. Für die eine Mutter ist es das Krankenhaus, weil sie sich dort in sicheren, erfahrenen Händen weiß, für eine andere Mutter ist es das Geburtshaus, und für eine dritte es ist die Geburt zu Hause. Wichtig ist: Alle an einer Geburt Beteiligten müssen dafür Sorge tragen, dass die Mutter in jeder Situation das Gefühl von Sicherheit, Schutz, Liebe, Geborgenheit und Ruhe erfährt. Bereits in der Vorsorge und Begleitung der Schwangerschaft können die Geburtsbegleiterinnen durch eine sorgfältige Aufklärung sicherstellen, dass die werdende Mutter darüber aufgeklärt ist, wie Nahrungsmittel, Bewegung und Stress auf sie und damit auch auf das Ungeborene wirken. Aufkommende Sorgen oder Ängste sollte man unbedingt besprechen und bearbeiten, damit die werdende Mutter die Geburt selbstbewusst, selbstsicher und mit einem Gefühl der Geborgenheit erleben kann.

Geburt und Verbindung

Es gibt wahrscheinlich keinen Moment im Leben, in dem Menschen so verbunden miteinander sind wie Mutter und Kind während der Schwangerschaft. Physisch sind die beiden über die Nabelschnur miteinander verbunden, und auch die Körperchemie sorgt für Bindung. Hauptdarsteller ist hier das Hormon Oxytocin. Bereits während der Schwangerschaft ist es in höheren Dosen im Blut der werdenden Mutter messbar. Oxytocin gilt als Bindungshormon. Es sorgt für Nähe, Vertrauen und Sicherheit in menschlichen Beziehungen und ist maßgeblich wichtig für soziale Bindungen. Und auch während der Geburt spielt Oxytocin eine wichtige Rolle, denn es sorgt für die Einleitung der Wehen. Je mehr Oxytocin da ist, desto stärker werden die Wehen, und je weiter der Muttermund sich öffnet, desto mehr Oxytocin wird ausgeschüttet. Ist das Baby auf der Welt und saugt das erste Mal an der Brust der Mutter, wird durch diese Berührung die nächste große Portion Oxytocin freigesetzt. Das Hormon dient jetzt dazu, die Laktation, also die Milchproduktion, anzuregen. Da freut sich das Baby. Aber auch die Mutter profitiert von der hohen Dosis, da hierdurch starke Kontraktionen der Gebärmutter ausgelöst werden, die die Nachgeburt erleichtern und Blutungen verhindern. So sorgt die Natur für den Schutz von Mutter und Kind.

Das Stillen hat eine weitere wichtige Aufgabe: Trinkt das Kind an der Brust der Mutter, erfährt es Nähe und Sicherheit. Das Oxytocin sorgt dafür, dass sein Gehirn dieses Gefühl der innigen Verbindung speichert. Bei der Mutter löst es Glücksgefühle aus, die wiederum dafür sorgen, dass sie ihr Kind weiterhin fürsorglich und liebevoll behandelt. In Versuchen mit Mäusen und Schafen wurde festgestellt, dass Tiere mit höherem Oxytocinlevel sich liebevoller um den Nachwuchs kümmerten, sogar in Fällen, wo es nicht der eigene war. [15] Während einer natürlichen Geburt werden Mutter und Kind also von wahren Oxytocinfluten durchspült. Dabei passiert etwas sehr Wichtiges: Die Rezeptoren des Kindes, die gerade erst ihre Aktivität aufnehmen, werden auf »Bindung, Nähe und Liebe«, die wichtigsten Auswirkungen des Oxytocins, geprägt. Diese Prägung beeinflusst nicht nur die Kindheit, sondern wirkt auch für den Rest des Lebens. [16] Das hat die Natur geschickt geregelt, finde ich.

Das Hormon Oxytocin, das während der natürlichen Geburt bei Mutter und Kind ausgeschüttet wird, sorgt für Nähe, Bindung und Liebe.

Geburt und Mikrobiom

Eine natürliche Geburt bringt neben dem Moment der Bindung einen weiteren wichtigen Aspekt für deine Gesundheit mit. Sie legt den Grundstein für eine ausgewogene Darmflora und damit für ein funktionierendes Immunsystem. Auf deiner Haut und in deinem Inneren, auf Schleimhäuten und im Darm, leben Milliarden kleine Untermieter. Bakterien und Mikroben schützen deinen Körper vor schädlichen Eindringlingen und helfen ihm, Nährstoffe aufzunehmen. Jeder Mensch hat ein individuelles Mikrobiom, das er bei seiner Geburt erwirbt – wenn die Geburt natürlich verläuft. Wenn ein Baby auf natürlichem Wege, also durch den Geburtskanal der Mutter, auf die Welt kommt, geht ein Teil der Bakterien des Geburtskanals auf das Baby über. Einige dieser Bakterien stammen auch aus dem Stuhl der Mutter, der beim Pressen in den Geburtskanal gedrückt wird. [17] Das ist nicht eklig, sondern essenziell wichtig für die Entwicklung des Immunsystems des Babys. [18] Zum einen bilden diese Bakterien das Mikrobiom auf der Haut des Kindes, zum anderen siedeln sich die Bakterien, die das Kind während einer natürlichen Geburt durch den Mund aufnimmt, in seinem Darm an und sorgen dafür, dass sich seine Darmflora ausbilden kann. [19] Du kannst dir das vorstellen wie die Rekrutierung kleiner Soldaten. Das Mikrobiom deines Darms gleicht einer hervorragend ausgebildeten Armee. Das sind »die Guten«, die dafür sorgen, dass es keine feindlichen Übernahmen durch die »Bösen« gibt.

Deine Abwehr besteht aus den unterschiedlichsten Spezialisten. Solange die Reihen deiner Kavallerie nicht gelichtet sind, steht deine Abwehr.

Die nächste Portion hilfreicher Kleinstlebewesen bekommt das Baby an der Brust der Mutter. Zum einen über die Haut der Brustwarze, zum anderen über die Muttermilch wird es mit Antikörpern und weiteren Bakterienkulturen versorgt. Hat deine Mutter selbst zu wenige Darmbakterien, kann sie während der Stillzeit Probiotika zu sich nehmen und ihr Baby durch die Muttermilch »mitversorgen«. Eine ausgewogene Darmflora schützt das Kind vor Unverträglichkeiten, wehrt »schlechte« Bakterien von außen ab und verringert die Wahrscheinlichkeit, Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Autoimmunerkrankungen wie z.B. Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) oder Diabetes Typ 1 und Übergewicht zu entwickeln. [20]

Eine Unterversorgung des Babys mit »guten« Bakterien führt zu einer Schwächung des Immunsystems und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es als Erwachsener übergewichtig wird.

Die unnatürliche Geburt

Nicht immer sind die Voraussetzungen für eine natürliche und auch natürlich ablaufende Geburt gegeben. Es ist gut, dass es heute medizinische Möglichkeiten gibt, das Leben von Mutter und Kind zu schützen oder sogar zu retten. Trotzdem ist es wichtig zu wissen, welche Konsequenzen eine »unnatürliche« Geburt mit sich bringen kann.

Kaiserschnittgeburt