Natürlichen Pflanzendünger selbst herstellen - Nigel Palmer - E-Book

Natürlichen Pflanzendünger selbst herstellen E-Book

Nigel Palmer

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Beschreibung

Im Boden liegt der Schlüssel zur Gewinnung nährstoffreicher, schmackhafter und gesunder Lebensmittel – vorausgesetzt, er ist reich an Mineralstoffen und lebendigen Bodenorganismen! Mit erstaunlich einfachen Mitteln lässt sich alles selbst herstellen, was ein gesundes Gartenökosystem über und unter der Erde wirklich braucht.

Der experimentelle Gärtner und Autor Nigel Palmer hat ein einzigartiges Handbuch zur Herstellung hochwertiger Extrakte und Fermente aus Pflanzenresten, Knochen, Eierschalen, Muscheln und anderen Abfällen geschaffen, die Küche und Garten hergeben. Die Rezepte ersetzen dabei nicht nur Düngemittel, sondern erhöhen die Resistenz der Pflanzen gegen Schäd­linge und Krankheiten.

Dieser praktische Leitfaden erklärt,

– wie das Extrahieren von Nährstoffen aus Pflanzenresten und Beikräutern durch natürliche Fermentation funktioniert,

–  wie sich Mineralien aus Knochen und Schalen mit Hilfe von Essig gewinnen lassen,

–  wie indigene Mikroorganismen kultiviert werden,

–  die Wechselwirkung von Pflanze und Boden,

–  wie man einen Bodentest durchführt,

– wie mithilfe eines Refraktometers die Qualität von Obst und Gemüse gemessen werden kann.


Nigel Palmer ist seit jeher leidenschaftlicher Gärtner. Der Luft- und Raumfahrtingenieur ist nebenberuflich Dozent für Gartenkunde am Institut of Sustainable Nutrition in Connecticut, das sich der Garten- und Gesundheitserziehung widmet. Er lebt und gärtnert in Neuengland, USA.

„Dieses Buch ist ein Schatz an erstaunlichen Methoden und neuen Möglichkeiten für den Anbau und die Pflege eines wahrhaftig biologisch intakten Gartens.“ - Publishers Weekly

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Nigel Palmer

NATÜRLICHEN PFLANZENDÜNGER SELBST HERSTELLEN

Aus Küchen- und Gartenabfällen mineralstoffreiche Fermente für einen lebendigen Boden gewinnen

Impressum

Nigel Palmer

Natürlichen PFLANZENDÜNGER selbst herstellen

Aus Küchen- und Gartenabfällen mineralstoffreiche Fermente für einen lebendigen Boden gewinnen

1. deutsche Auflage 2023

ISBN: 978-3-96257-300-3

© 2023 Narayana Verlag GmbH

Titel der Originalausgabe:

The Regenerative Grower`s Guide to Garden Amendments

Using Locally Sourced Materials to Make Mineral and Biological Extracts and Ferments

Copyright © 2020 by Nigel Palmer

Narayana Verlag GmbH edition published by arrangement with Chelsea Green Publishing Co, White River Junction, VT, USA

www.chelseagreen.com

Übersetzung aus dem Englischen:

Elisabeth Möller-Giesen

Layout: Melissa Jacobson

Satz der deutschen Ausgabe: Onur Alka

Fotografien © Nigel Palmer

Außer auf den Seiten 206 „Schritt 5“ & 207: © Michelle Mullin

Coverlayout & Satz: © Narayana Verlag

Coverabbildung: Von oben links nach unten rechts: Shutterstock_#2153212093_©encierro, Shutterstock_#2140032973_©nieriss, Shutterstock_#1725536203_©XArtProduction, Shutterstock_#528666208_©sirtravelalot Autorenfoto: ©Michelle Mullein

Herausgeber:

Unimedica im Narayana Verlag GmbH,

Blumenplatz 2, D-79400 Kandern

Tel.:+49 7626 974 970-0

E-Mail: [email protected]

www.unimedica.de

Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags darf kein Teil dieses Buches in irgendeiner Form – mechanisch, elektronisch, fotografisch – reproduziert, vervielfältigt, übersetzt oder gespeichert werden, mit Ausnahme kurzer Passagen für Buchbesprechungen.

Sofern eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet werden, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen (auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind).

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Für Joan, Miles, Cody

Love, Love, Love

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einführung – Vom Gärtnern aus Vergnügen zum Gärtnern für die Gesundheit

Zur Verwendung dieses Buches

TEIL I Ernährung von Grund auf

Kapitel 1 – Ein neues Anbaukonzept

Das Boden-Pflanzen-Modell

Das Modell der Bodenmineralisierung

Das Modell der Bodenökologie

Modell des Pflanzenkreislaufs

Zusammenführung der Modelle

Wissenschaftliche Forschung und Variationen der Bodengesundheit

Anwendung des neuen Anbaumodells

Die Ernte einfahren

Kapitel 2 – Methoden und Strategien

Mineralische Nährstoffquellen

Organische Nährstoffquellen

Lokale Ökologie

Indigene Mikroorganismen (IMO)

Strategien zum Einsatz von Bodenzusätzen

Beginnen Sie mit einem Bodentest

Blattsprays und Gießmittel

Trockene Mineralien einsetzen

Den Boden bedeckt halten

Organische Zusätze ausbringen

Leitfaden für einen Schnellstart

Anlegen einer neuen Gartenparzelle

Bodenverbesserung zur Pflanzzeit

Regenerativer Kartoffelanbau

Bodenverbesserung beim Umpflanzen von Setzlingen

Bodenverbesserung bei mehrjährigen Kulturen

Strategien zur Bodenverbesserung während des gesamten Wachstumszyklus

Beschaffung von gutem Saatgut

Das Sämlingsstadium

Das vegetative Stadium

Das Reproduktionsstadium

Zusammenfassung

Kapitel 3 – Nachhaltige, regenerative Anbaumethoden

Gutes Wasser

Regenwasser

Einrühren von Zusätzen ins Wasser

Blattsprays und Gießmittel

Auswahl der Zusätze

Festlegung eines Zeitplans

Herstellung und Anwendung eines Blattsprays

Herstellung und Anwendung von Gießmitteln

Kompost

Zwischenfrüchte

Mulchen

Unkräuter

Brennnessel

Löwenzahn

Portulak

Zerkleinerungswerkzeug

Kapitel 4 – Daten und Messungen

Verwendung eines Refraktometers

Durchführung eines Bodentests

Ergebnisse der Zusatzanalyse

Gartenmathematik

Gartentagebuch

TEIL II Herstellung von mineralischen und organischen Zusätzen

Kapitel 5 – Rohstoffe

Unkräuter und Kulturpflanzen

Lokale Gesteine und Böden

Gesteinsmehle

Schlamme und Tone

Meeresprodukte

Rohmilch

Kapitel 6 – Rezepte für Bodenverbesserungsmittel

Extrakte auf Wasserbasis

Apfelessig

Extrakte auf Essigbasis

Fermentierter Pflanzensud

Fermentierter Fisch

Fermentation mit Laubkompost

Laubkompost-Mikroorganismen

Milchsäurebakterien

IMO Nr. 1: Gewinnung lokaler Mikroorganismen

IMO Nr. 2: Fermentieren lokaler Mikroorganismen

IMO Nr. 3: Vermehrung lokaler Mikroorganismen

IMO Nr. 4: Lebender Bodenzusatz

Anhang A – Rezepte für Zusätze im Überblick

Anhang B – Optimale Mineralstoffmengen im Boden

Anhang C – Eine Auswahl aus Dr. James Duke's Phytochemical and Ethnobotanical Database

Anhang D – Indikatoren für Mineralmangel bei Pflanzen

Anhang E – Mineralienanalyse von Zusätzen

Anhang F – Brechungsindex Brix-Skala

Glossar

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Danksagungen

Über den Autor

Vorwort

Ich stelle mir eine Zukunft vor, in der Gärtnern, Nahrungsmittelproduktion und Landwirtschaft ganzheitlich regenerativ funktionieren, in der die Gesundheit von Pflanzen, Boden und Tieren schnell regeneriert, und wo alle Menschen Zugang zu nahrhaften Lebensmitteln haben, die wir in unseren Gärten produzieren. In dieser zukünftigen Zeit werden wir Landwirtschaft aus der Perspektive von Ökologie und Ökosystemen betreiben.

Mit diesem Buch als Leitfaden können Sie Ihre eigenen mikrobiellen und mineralischen Zusätze herstellen, um die Bodengesundheit und die Gesundheit Ihrer Pflanzen ohne gekaufte Produkte zu verbessern. Die Fähigkeit, unsere eigenen Zusätze herzustellen, um die Gesundheit unserer Böden und Gärten zu regenerieren, ist ein wichtiges und notwendiges Wissen, um nachhaltige Gartensysteme zu entwickeln.

Nachhaltiges Gärtnern und nachhaltige Landwirtschaft sind bisher noch keine selbstverständliche Praxis. Ein System des Pflanzenanbaus kann erst dann als nachhaltig bezeichnet werden, wenn die Pflanzengesundheit ein Niveau erreicht hat, bei dem sie vollständig resistent gegen Krankheiten und Insektenbefall ist. Solange die Landwirte auf den Einsatz synthetischer Mittel angewiesen sind, ist das Produktionssystem nicht nachhaltig. Wenn wir allerdings durch regenerative Verfahren ein Gesundheitsniveau des Ökosystems erreicht haben, können wir zum ersten Mal eine echte Diskussion über nachhaltige Landwirtschaft und Gartenarbeit führen.

Es kann auch keine nachhaltige Landwirtschaft geben, solange die Landwirte auf den Import von durch Abbau gewonnene oder synthetisch hergestellte Düngemittel und Nährstoffe angewiesen sind. Ein wirklich regeneratives und nachhaltiges landwirtschaftliches Ökosystem muss Methoden und Technologien entwickeln, um die großen Nährstoffreserven anzuzapfen, die in vielen landwirtschaftlichen Böden vorhanden sind – Reserven, die wir weitgehend ignorieren. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Buches reichen die bekannten Phosphorreserven beim derzeitigen Nutzungsgrad vielleicht noch zehn bis fünfzehn Jahre. Dieser abgebaute und aufbereitete Phosphor lagert sich sofort an, wenn er auf das Erdreich aufgebracht wird, und nur ein Bruchteil davon wird jemals von den Nutzpflanzen absorbiert. Gleichzeitig enthalten viele landwirtschaftliche Böden in den obersten paar Zentimetern des Bodenprofils einen Vorrat an Phosphor, der für mehrere Jahrhunderte reichen würde, zusätzlich zu den enormen Reserven im B-Horizont der Böden.

Um eine wirklich nachhaltige oder gar regenerative Landwirtschaft zu betreiben, müssen wir Mittel und Bewirtschaftungssysteme entwickeln, die aus der unglaublichen Kraft des Bodenlebens schöpfen, um die Nährstoffreserven unserer Bodengeologie zu nutzen. Mikrobielle Populationen haben die Fähigkeit, Mineralien freizusetzen, die in der mineralischen Matrix der Erde komplex gebunden sind, Stickstoff zu binden und den Pflanzen Nährstoffe in ihrer bestmöglichen bioverfügbaren Form zur Verfügung zu stellen.

Nach unserer Erfahrung gewinnt der Zustand der Bodenbiologie zunehmend an Bedeutung gegenüber einem ausgeglichenen Haushalt an Bodenmineralien. Auch wenn ein perfektes Nährstoffgleichgewicht im Boden besteht, wachsen bei einer gestörten Bodenbiologie ungesunde Pflanzen heran. Umgekehrt können Böden ein unausgewogenes Nährstoffprofil haben und dennoch gesunde Pflanzen hervorbringen, wenn das Bodenleben intakt ist. Eine reichhaltige Bodenmikrobiologie kann die Herausforderungen einer unausgewogenen Chemie überwinden, aber eine perfekte Chemie kann ein dysfunktionales Bodenleben nicht ausgleichen.

Aus all diesen und weiteren Gründen ist die eigene Entwicklung von Nährstoffen und organischen Ergänzungen zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und Pflanzengesundheit von grundlegender Bedeutung, damit wirklich nachhaltige Ökosysteme für die Nahrungsmittelproduktion entstehen können. Nigel Palmer zeigt uns in diesem Buch, wie wir eigene Lösungen für die spezifischen Herausforderungen unserer Pflanzen und Böden entwickeln können.

Dieser Ansatz wird in Zukunft ein wichtiger Bestandteil des Ernährungsmanagements sein. Die regenerative Landwirtschaft erkennt den Wert und die Bedeutung von Pflanzennahrung, die durch biologische Prozesse verstoffwechselt wurde. Es werden immer mehr kommerzielle Produkte entwickelt, die auf mikrobiellen Fermentationsprozessen beruhen, und die Ergebnisse auf dem Feld sprechen für sich. Sie können Ihre eigenen Produkte hervorbringen, die besser zu Ihrem Betrieb passen als ein gekauftes Produkt.

Sie haben die Möglichkeit, an der nächsten Revolution in der Pflanzenernährung teilzunehmen.

Viel Spaß beim Lesen und Fermentieren!

John Kempf, Experte für Bodenbiologie und Gründer von Advancing Eco AgricultureMärz 2020

EINFÜHRUNG

Vom Gärtnern aus Vergnügen zum Gärtnern für die Gesundheit

Jeder weiß, dass Nahrungsmittel, die man selbst im Garten angebaut hat, besser schmecken als im Laden gekaufte. Warum ist das so? Liegt es an der Frische, weil die Lebensmittel eine so kurze Reise in Raum und Zeit vom Garten auf den Teller hinter sich haben? Liegt es an der Aufnahme der vielfältigen Mikroben, die sich auf den Oberflächen der Blätter, Früchte und Wurzeln der Pflanzen befinden? Vielleicht liegt es daran, dass es überhaupt keine Chemikalien auf diesen Oberflächen gibt. Oder womöglich schmeckt das Essen auch deshalb so gut, weil wir bei der Gartenarbeit so achtsam und bewusst vorgehen?

Seit meinen frühen Zwanzigern kümmere ich mich um einen Garten. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte haben meine Frau Joan und ich unseren Nutzgarten immer mehr ausgebaut. Wir begannen, neben dem Gemüse auch Beeren und Kräuter anzubauen, was eine größere Vielfalt an Bestäubern anlockte. Einen Teil der Ernte haben wir immer für die Lagerung verarbeitet. Das Einmachen von Tomaten und Trocknen von Kräutern macht einfach Spaß. Wenn wir mitten im Winter ein Glas Tomatensoße öffnen, ist das eine willkommene Abwechslung zu den eher schweren Nahrungsmitteln, die wir zu dieser Jahreszeit meist essen. Wir nannten es „Sommer im Glas“. Dann fingen wir an, genügend Knoblauch anzubauen, um unseren Jahresbedarf zu decken, später Kartoffeln und anderes. Wir betrieben unseren Garten nicht mehr nur zum Vergnügen, sondern verfolgten damit unser neues Gesundheitsprogramm. Als nächstes ging es darum zu lernen, wie die Qualität dieser Pflanzen mithilfe lokaler Ressourcen verbessert werden konnte, so wie es die indigenen Völker seit Jahrtausenden machen.

Auf der Suche nach Möglichkeiten, mit diesem Gesundheitsprogramm alt zu werden, öffnete ich mich der Welt um mich herum. Die Natur ist in der Lage, perfekte Ökosysteme – Savannen, Regenwälder, Laubwälder und vieles mehr – zu schaffen, ohne die Hilfe von Produkten, die von Menschen in Fabriken oder Labors hergestellt werden. Und seit Jahrtausenden verwenden indigene Kulturen nährstoffreiche Substanzen als Zusätze, um hochwertige Nahrung zu erzeugen. Das Kennenlernen dieser Techniken wurde für mich zu einer Leidenschaft. Ich kannte bereits den Wert von Mist für den Garten, und ich praktizierte den Anbau von Zwischenfrüchten und Fruchtfolge. Joan und ich haben schon immer Komposthaufen angelegt und bewirtschaftet, um den Mist unserer Hühner zersetzen zu lassen. Die Fruchtfolge ergibt sich in einem kleinen Garten ganz einfach, indem man vergisst, was in den Vorjahren an welcher Stelle gepflanzt wurde.

Die nächste Phase meiner Gartenexperimente begann damit, dass ich einige Unkräuter in einem Eimer mit Wasser verrotten ließ. Daraus wurde ein ziemlich stinkendes Gebräu, aber irgendwie schien es damals das Richtige zu sein. Schließlich lernte ich, dass ich diese Mischungen abseihen konnte, nachdem der pH-Wert auf etwa 5,0 gesunken war, und dass diese Flüssigkeit lagerfähig war und nicht mehr so stark stank. Dann verdünnte ich diesen Sud und goss meine Pflanzen damit – die Ergebnisse waren ermutigend. Ich erinnerte mich daran, wie ich in der Grundschule mithilfe von Essig aus Eierschalen Mineralien extrahiert hatte – die Schalen lösten sich auf und gaben Kalzium und andere Mineralien in die Flüssigkeit ab. Ich war sicher, etwas Ähnliches machen zu können. Indem ich diese Flüssigkeiten verdünnte und meinen Garten damit bewässerte, hatte ich das Gefühl, das Erdreich auf ähnliche Weise zu verbessern, wie es die Bauern in früheren Zeiten getan hatten.

Als ich nach Quellen suchte, die sich mit alten und neuen Anbaumethoden hochwertiger Lebensmittel befassen, stieß ich auf einen weiteren Bereich, der mein Interesse und meine Leidenschaft weckte: Es ging um die Themen Bodenmineralisierung und das Verhältnis der Mineralstoffe, Funktion der Bodenbiologie bei der Nährstoffversorgung der Pflanzen sowie die Verwendung eines Refraktometers zur Messung der Qualität von Obst und Gemüse. Die Vorstellung, dass Blaubeeren alle einen unterschiedlichen Gehalt an Antioxidantien und anderen sekundären Pflanzenstoffen aufweisen, die für die Gesundheit notwendig sind, und dass wohlschmeckendere Blaubeeren einen höheren Saccharosegehalt haben (ein Hinweis auf diese Antioxidantien und Stoffwechselprodukte), der gemessen werden kann – all das bestärkte mich. Ich war also in der Lage, die Gesundheit der Pflanzen mit Werten zu belegen. Darüber hinaus begann ich, mich über die degenerativen Auswirkungen gentechnisch veränderter Nahrung sowie über die schädlichen Auswirkungen von Glyphosat auf den Boden und die menschliche Gesundheit zu informieren. Dies gab mir noch mehr zu denken, wenn es um den Verzehr von Lebensmitteln aus dem Supermarkt ging. All diese Erkenntnisse bestärkten mich in meiner Überzeugung, meine eigenen Nahrungsmittel anzubauen, und zwar ohne den Kauf und die Verwendung von Agrarchemikalien, die in Gartencentern oder Baumärkten angeboten werden.

Der erste Schritt war die Entnahme von Bodenproben in meinem Garten, um sie in einem Testlabor untersuchen zu lassen und Aufschluss über das Verhältnis der vorhandenen Mineralien zu bekommen. Mit den so ermittelten Mineralienmängeln und -überschüssen konnte ich herausfinden, welche Zusätze zur Verbesserung meines Gartenbodens notwendig waren. Ich musste ein Labor finden, das die Art von Analyse anbot, die ich brauchte, um die fraglichen Makro- und Mikromineralien zu messen. Und ich musste eine Quelle finden, die Informationen über die optimalen Mengen dieser Mineralien lieferte, die eine gesunde Erde benötigt. William Albrecht, Carey Reams und andere visionäre Agrarwissenschaftler der 1930er bis 1950er Jahre waren willkommene Ratgeber. Nachdem ich ihre Arbeiten gelesen und verstanden hatte, machte ich mich auf die Suche nach kostenlosen und kostengünstigen Quellen für diese Makro- und Mikromineralien in meiner Umgebung.

Ich konsultierte die geologischen Übersichtskarten des US Geological Survey – Karten, die zeigen, was sich unter der Erde befindet, nicht die mit den Höhenlinien. Auf diesen Karten konnte ich Basalt- und Kalksteinadern (gute Quellen für Makromineralien wie Kalzium) ausfindig machen und sie mit den Standorten der örtlichen Steinbrüche in Verbindung bringen. Ich fuhr zu den Steinbrüchen auf der Suche nach Gesteinsmehl, das in der Regel kostenlos erhältlich ist. Ich verglich die Ergebnisse meiner Bodentests mit der mineralischen Zusammensetzung der Gesteinsmehle, um herauszufinden, welche für meinen Garten geeignet war. Außerdem suchte ich nach Frühjahrshochwassern an den Ufern von Bächen nach natürlich vorkommendem Schlick und nach Schlamm vom Grund eines Sumpfes, Moors oder Teiches. Ich ließ Proben dieser Materialien analysieren, bevor ich sie verwendete, um sicherzugehen, dass sie keine Schwermetalle wie Blei enthielten.

Während ich mit meinen Gartenexperimenten beschäftigt war, entwarf Joan ihre Vision von einem Institut für nachhaltige Ernährung. Joan ist Ernährungswissenschaftlerin und zunehmend besorgt darüber, dass sich die Ernährungserziehung nur auf die quantitative Analyse von Lebensmitteln konzentriert, ohne die Qualität der Nahrung zu berücksichtigen. Sie entwickelte ein einjähriges, praxisorientiertes Zertifizierungsprogramm, das die Wissenschaft von der Ernährung und den Einfluss von Boden, Nahrungsmitteln, Kräutern und Lebensstil auf die Gesundheit des Körpers beinhaltet. Zu dem Programm gehören kulinarische Fertigkeiten, Küchenmedizin, nachhaltige Nahrungsbeschaffung und die Bedeutung nachhaltiger regenerativer Praktiken beim Anbau von Lebensmitteln.

Während Joan den Lehrplan entwickelte, suchte ich weiter nach Informationen über die Verwendung lokaler Materialien zur Herstellung von Bodenverbesserungen. Ich wusste, dass es da draußen noch mehr gab – denn die Menschen haben schon seit Jahrtausenden Böden verbessert –, ich hatte es nur noch nicht gefunden. Dann stieß ich auf das Buch Natural Farming Agriculture Materials von Cho Ju-Young. In den Rezepten dieses Buches wurden heimische Materialien in einer Weise verwendet, die einen lokalen, nachhaltigen und regenerativen Ansatz unterstützte, der auch mir vorschwebte. Die Idee, eine bestimmte verbreitete Pflanze wie Löwenzahn zu fermentieren, um die darin enthaltenen Mineralien in einer Form zu gewinnen, die ich dann in meinem Garten als Blattspray verwenden konnte, war fantastisch! Und das von Cho beschriebene Verfahren zur Gewinnung von sogenannten indigenen Mikroorganismen (IMO) – lokal vorhandene Bodenorganismen aus der Umgebung, die kostenlos zur Verfügung stehen – und deren Verwendung zum Aufschließen von Mineralien und zur Wiederbelebung des Bodenökosystems war einfach sensationell! Tinkturen aus Kräutern wie Knoblauch, Ingwer, Zimt, Süßholz und Engelwurz einzusetzen, damit sie aufgrund ihrer medizinischen Eigenschaften die Zersetzungstätigkeit im Erdreich fördern, ist ein einleuchtendes und sinnvolles Konzept. Menschen verwenden Tinkturen dieser wirksamen Kräuter seit Jahrhunderten zur Förderung ihrer Gesundheit; warum also nicht auch, um die Ökologie des Bodens zu unterstützen? Das waren genau die Informationen, nach denen ich gesucht hatte: praktische Methoden, die die Prozesse der Natur unterstützen, anstelle von gekauften Chemikalien, die Teile des Ökosystems zerstören. Ich hatte einen völlig neuen Blick auf Brennnesseln, Löwenzahn, Portulak, Vogelmiere, Beinwell und Baldrian gewonnen. Sie waren wertvolle Quellen für die Mineralien, vor allem für Spurenelemente, die ich suchte. Die Rezepte in dem Buch Natural Farming waren nicht ganz einfach nachzuvollziehen, aber die zugrunde liegenden Ideen verkörperten das intuitive, nachhaltige, regenerative Paradigma landwirtschaftlicher Zusätze, das ich suchte. „Nachhaltig“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich keine Abfälle bilden, keine Transport- oder Umweltkosten entstehen, keine schweren Maschinen angeschafft werden müssen und keine versteckten Kosten anfallen, die beim Kauf eines Produkts im Geschäft oft übersehen werden. Die Schließung von Lücken bei der Abfallvermeidung und die Verwendung lokaler Materialien, von denen einige sonst im Müll landen würden, in Verbindung mit diesen Rezepten zur Bodenverbesserung ist eine nachhaltige Praxis. „Regenerativ“ bedeutet, dass die jährliche Gartenarbeit den Mineralstoffgehalt der Erde, die biologische Vielfalt und den Energiefluss Jahr für Jahr verbessert.

Ich machte mich an die Arbeit und versuchte, die Zusätze nach den Rezeptanweisungen herzustellen. Instinktiv spürte ich, dass diese Präparate und das Verfahren zu ihrer Herstellung gut für meinen Garten sein würden. Doch meine Neugier auf den tatsächlichen Mineraliengehalt in den von mir hergestellten Zusätzen war noch größer, und so suchte ich nach Laboren, um eine Analyse des Mineraliengehalts durchführen zu lassen. Die Analyse war zwar teuer, aber die Investition lohnte sich – ich erstellte einen Katalog mit den Mineralstoffprofilen der jeweiligen Pflanzenzusätze. Dabei stieß ich auch auf eine umfangreiche Onlinedatenbank, die von dem Botaniker Dr. James Duke zusammengestellt wurde und in der die mineralische Zusammensetzung von Tausenden von Pflanzen aufgelistet ist. (Mehr über diese Datenbank erfahren Sie in Teil 2 des Buches.) Diese Entdeckung machte mir das umfangreiche Vorkommen von Mineralien in verschiedenen Pflanzenarten deutlich. Ich erfuhr auch, dass Pflanzen Mineralien anhäufen und dass dies in ihrem Gewebe in einem anderen Verhältnis geschieht als in der Bodenlösung um ihre Wurzeln herum. Ich finde es erstaunlich und befreiend, dass die Mineralien, die für den Anbau hochwertiger Nahrungsmittel benötigt werden, überall vorhanden sind, kostenlos oder zu geringen Kosten, und nur darauf warten, dass Gärtner und Landwirte dies erkennen und sie in ihre Garten- oder Anbaumethoden einbeziehen.

Für mich war es ebenso interessant, die Rolle des Bodenlebens zu verstehen; dabei wurde mir vor allem bewusst, wie wenig man über das Leben im Boden weiß. Ich lernte ebenso, dass durch die Anwendung von organischen Zusätzen, die mithilfe der lokalen Mikroorganismen hergestellt werden, der Gartenboden verändert wird. Die vielfältige und allgegenwärtige Biologie im Bodenökosystem verdaut Mineralien und bildet ein Kommunikationssystem, das von den Pflanzen genutzt wird. Die von Rudolf Steiner eingeführten Konzepte der biologisch-dynamischen Landwirtschaft standen nun in einen Kontext. Das wirkungsvolle Pflanzenmaterial und der Mist, die zur Herstellung der biodynamischen Präparate verwendet werden, stammen aus lokalen Quellen; die Prozesse extrahieren Mineralien, fördern die Biologie und produzieren Energie. Die Endprodukte werden eingesetzt, um das lokale Bodenökosystem und die Pflanzen, die darin wachsen, zu nähren.

Ich entdeckte ein zweites Buch, JADAM Organic Farming: The Way to Ultra Low-Cost Agriculture von Youngsang Cho, das die in Natural Farming vorgestellten Konzepte erheblich vereinfacht und die Verarbeitungsschritte und Kosten stark reduziert. Am ermutigendsten war die Erkenntnis, dass der im Wald vorkommende Laubkompost die Quintessenz der lokalen Biologie ist und zur Beimpfung des Erdreichs und zur Erleichterung der Zersetzung von Pflanzenmaterial verwendet werden kann. Damit hatte sich der Kreis geschlossen. Ich gab wieder Unkraut in einen Eimer Wasser und fügte diesmal eine Handvoll Laubkompost von meinem Gelände hinzu, der das Unkraut biologisch abbaute und dabei Mineralien und andere Stoffe freisetzte. Die Gerüche verschwanden fast ganz, da die anaeroben biologischen Abbauprozesse das stinkende Material oben auf dem Eimer zersetzten. Eine weitere Lektion war, dass die beste mineralische Ergänzung, mit der man eine Pflanze nähren kann, die Pflanze selbst sein kann. Warum also nicht das Grün der im Sommer geernteten Karotten in einen Eimer mit Wasser geben, eine Handvoll Laubkompost zur biologischen Zersetzung hinzufügen und die daraus resultierende Mineralstoffkonzentration für die Ernährung meiner Karotten im nächsten Jahr verwenden? Karotten selbst liefern sicherlich die wesentlichen Mineralstoffanteile, die Karottenpflanzen brauchen.

Die Entdeckung dieser Konzepte hat unseren Garten über den Gemüseteil hinaus verändert: Ich habe schnell erkannt, dass es kurzsichtig ist, nur meinen Nutzgarten zu modifizieren. Es ist das gesamte Ökosystem, das im Mittelpunkt stehen sollte: der Rasen, die Obstbäume, alles. Ich beobachtete, wie sich das Unkraut veränderte, nachdem sich das Mineralienverhältnis im Boden verändert hatte. Ich sah, wie die Blaubeeren größer wurden, wie süß schmeckende Karotten heranwuchsen, die so lang wie mein Kopf waren, und ich Brandywine-Tomaten ernten konnte, die schmeckten, als hätte sie jemand perfekt gewürzt. Seit fast 15 Jahren hatte ich mein eigenes Knoblauch-Saatgut gewonnen, doch in den letzten Jahren wurden die Zwiebeln immer kleiner und anfälliger für Krankheiten. Als ich begann, selbst hergestellte mineralische und organische Zusätze zu verwenden, änderte sich die Qualität meines Knoblauchs: er wurde wieder robust und fest, ohne Anzeichen von Krankheiten. Es war verblüffend zu beobachten, wie die Kartoffelkäfer, die aus der Erde kamen, nach Einsatz eines Blattsprays am nächsten Tag verschwanden. Die Erkenntnis, dass das, was ich tat, nicht nur wirksam war, sondern auch im Einklang mit den Abläufen der Natur stand, begeistert mich immer noch.

Joan fragte mich, ob ich bereit wäre, meine Gartenpraktiken an ihrem Institut zu unterrichten, das sie gegründet hatte. Denn es war offensichtlich, dass diese Methoden zur Philosophie der Schule passten und für die Studenten spannend und relevant waren. Sechs Jahre der Entwicklung von Lehrplänen und meiner Lehrtätigkeit haben die Seiten dieses Buches geprägt.

Ab einem gewissen Punkt erkannte ich, wie wichtig diese Lektionen für alle Gärtner sind, die nachhaltig anbauen wollen. Ich hoffe, dass dieses Buch in Ihren Händen am Ende mit Flecken von nährstoffreichen Flüssigkeiten und Pflanzenpigmenten übersät sein wird, seine Seiten mit Notizen versehen und vom Gebrauch zerknittert sein werden.

 

Echte Nahrungsmittel sind wichtig

von Joan Palmer

Als Ernährungswissenschaftlerin frage ich mich oft, wie so viele ihren Lebensunterhalt damit verdienen können, den Menschen zu raten, was sie essen sollen. Wann ist Essen so kompliziert geworden? Früher aßen die Menschen vor allem Nahrungsmittel, die in der jeweiligen Saison erhältlich waren und konservierten den Überschuss für die kalte Jahreszeit, wenn keine frischen Produkte verfügbar waren. Abgesehen von den herrlichen importierten Lebensmitteln wie Kaffee, Tee, Kakao und Salz waren wir bei der Versorgung mit Nahrung größtenteils auf unsere Gärten und die Bauern in unserer Umgebung angewiesen. Infolge der effektiven Vermarktungsstrategien wurde uns das Gefühl vermittelt, befreit zu sein, wenn wir nicht mehr so viel Zeit im Garten oder in der Küche mit der Zubereitung und Konservierung von Lebensmitteln verbringen mussten, sondern stattdessen aus Bequemlichkeit chemisch hergestellte lebensmittelähnliche Produkte in auffälligen Verpackungen kaufen konnten. Diese „Nahrungsmittel“ haben jedoch einen Preis, der über den an der Kasse gezahlten hinausgeht – eine Liste von nicht erkennbaren Chemikalien mit unbekannten langfristigen Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Der Geschmack dieser künstlichen Esswaren, der aus synthetisch hergestellten Zusätzen stammt, könnte sogar Schuhleder schmackhaft machen. In seinem Buch The Dorito-Effect gibt Mark Schatzker eine nachdenklich stimmende Erklärung für dieses Konzept. Eine Lebensweise mit dieser Art von Ernährung hat dazu geführt, dass unsere westliche Kultur unter einer beunruhigenden Anzahl vermeidbarer Krankheiten leidet. Unsere Kinder, deren Nahrung viele dieser chemischen Stoffe enthält, zahlen den Preis dafür nicht nur, indem sie ihr genetisches Potenzial nicht ausschöpfen, sondern auch, indem sie Krankheiten entwickeln, die in der Vergangenheit viel ältere Menschen betrafen. Immer mehr Kinder und Erwachsene leiden unter Depressionen und Angstzuständen. Es gibt viele Faktoren, die zu diesem schlechten Gesundheitszustand beitragen, aber unser Ernährungssystem ist der Kern vieler Gesundheitsprobleme, denen wir heute gegenüberstehen.

Im Jahr 1935 gab es in den Vereinigten Staaten fast sieben Millionen landwirtschaftliche Familienbetriebe mit einer durchschnittlichen Größe von rund 60 Hektar pro Betrieb. Diese Farmen und zahllose Nutzgärten für den Eigenbedarf boten den meisten Menschen eine stabile lokale Quelle für frische, saisonale Lebensmittel. Während des Zweiten Weltkriegs wurden 40 Prozent des in den Vereinigten Staaten verzehrten Obsts und Gemüses in privaten Gärten und Parks („Victory Gardens“) angebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg sank die Zahl der bäuerlichen Familienbetriebe auf unter fünf Millionen, wobei die durchschnittliche Betriebsgröße auf knapp 100 Hektar anstieg. Durch den Verlust kleiner lokaler Familienbetriebe wurde ein Großteil des Anbaus auf wenige größere Betriebe verlagert. Dies hatte zur Folge, dass Nahrungsmittel über größere Entfernungen transportiert werden mussten, um die breite Masse zu erreichen. Diese Zentralisierung unseres Lebensmittelsystems hat sich fortgesetzt. Im Jahr 2019 gab es in den Vereinigten Staaten etwa zwei Millionen landwirtschaftliche Betriebe mit einer durchschnittlichen Größe von knapp 180 Hektar. Dieser Trend zu immer größeren, zentralisierten Betrieben wurde durch Steuerbegünstigungen für solche Betriebe und den Einsatz von chemischen Düngemitteln, Herbiziden und Pestiziden gefördert, wodurch industrielle Betriebe begünstigt und kleinere ökologische Familienbetriebe, die nicht die gleichen Subventionen erhalten, benachteiligt werden.

Schätzungen zufolge wird mehr als 50 Prozent unserer Nahrung auf sehr großen, zentralisierten Agrarbetrieben mit einer Größe von fast 800 Hektar angebaut. Kleine Bauernhöfe, die einst ein vielfältiges, nachhaltiges Angebot an Lebensmitteln anbauten, um die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu befriedigen, wurden von diesen großen, Monokultur betreibenden Agrarunternehmen verdrängt. Viele Eigentümer dieser Großbetriebe leben nicht mehr in den Gemeinden der Umgebung, sondern leiten das Geschäft aus der Ferne.

Die meisten der auf kleinen Bauernhöfen angebauten Produkte wurden von Hand geerntet und schnell an die lokalen Märkte geliefert, sodass sie frisch aussahen und ebenso schmeckten. Die neue Praxis, den größten Teil der Nahrungsmittel des Landes auf riesigen Farmen an wenigen Standorten anzubauen und sie über weite Strecken in alle Richtungen zu transportieren, hat eine Reihe von Problemen aufgeworfen. Wie können große Mengen von Nahrungsmitteln über weite Strecken transportiert werden und trotzdem frisch und unbeschädigt ankommen? Diese systemische Umstellung der Produktion erforderte eine Änderung der Pflanzenarten, die für diese weit entfernten Märkte angebaut wurden. Die Wissenschaft begann mit der Kreuzung von Pflanzen, um Eigenschaften zu züchten, die nichts mit Geschmack und Nährwert zu tun haben, sondern dem Ziel dienten, die Pflanzen für den maschinellen Anbau, die tagelange Reise und das oberflächlich „schmackhafte“ Aussehen geeignet zu machen. Die Züchter entwickelten Pflanzensorten, die vor der Reife gepflückt werden konnten und die grobe Handhabung der mechanisierten Ernte ohne Druckstellen überstanden. Diese gezüchteten Früchte konnten geerntet werden, bevor sie ihre optimale Farbe, ihren höchsten Nährwert und besten Geschmack entwickelt hatten, und dann den Reifungsprozess fortsetzen, damit sie bei der Ankunft im Laden schön aussehen. Diese Selektion von Merkmalen entspricht den Bedürfnissen der Agrarindustrie, hat aber dazu geführt, dass Generationen von Amerikanern keine optimale Vorstellung davon haben, was gesunde, nährstoffreiche Nahrungsmittel sind oder wie sie schmecken könnten.

Die adaptive Weisheit von Pflanzen ist erstaunlich. Studien zeigen, dass Früchte ihr volles Nährstoff- und Geschmacksprofil sowie ihre Farbe entwickeln, solange sie sich noch an der Pflanze befinden. Wenn wir sie zu früh pflücken, reifen sie zwar farblich weiter, aber sie bilden ihre Nährstoffe und ihren Geschmack nicht in gleicher Weise weiter aus. Bei einer Tomate zum Beispiel entfaltet sich die Hälfte des Lycopins und anderer Antioxidantien erst in den letzten Stadien der Reifung. Diese höherwertigen Verbindungen bieten uns gesundheitliche Vorteile, die über die reinen Nährstoffe hinausgehen: Schutz vor Krebs, Vorteile für die Herzgesundheit und Schutz der Zellen vor oxidativem Stress. Voll ausgereifte Früchte werden süßer und verlieren an Säure, Bitterkeit und manchmal auch an toxischen Verbindungen. Diese Farb-, Nährstoff- und Geschmacksanpassung signalisiert der Umwelt, dass die Frucht voll entwickelt ist, und lockt die Menschen – und viele Wildtiere – zum Verzehr. Dies ist einer der Wege, wie diese sensiblen Pflanzenwesen ihre Samen verbreiten, und es hat den Nebeneffekt, dass sie Menschen und Tiere mit wirksamer Pflanzenmedizin versorgen.

Die meisten Menschen in den Vereinigten Staaten haben ihr ganzes Leben lang in Supermärkten, Convenience-Stores oder Bodegas eingekauft. Sie wissen nicht, woher der größte Teil ihrer Lebensmittel stammt oder wie selbst angebaute Nahrung schmeckt. Schon wenige Stunden nach der Ernte beginnen die Nährstoffe und der Geschmack unserer frischen Lebensmittel durch die Einwirkung von Sauerstoff zu schwinden. Es kann vorkommen, das Spinat, der in einer kalifornischen Megafarm geerntet wird, fünf Tage braucht, bis er im Ladenregal liegt, wo er noch mehrere Tage liegen kann, bevor ihn jemand kauft, mit nach Hause nimmt und in den Kühlschrank legt. In dieser Zeit hat der Spinat bis zu 90 Prozent seines Vitamin C-Gehalts und bis zur Hälfte seiner Folsäure verloren. Wenn Esswaren so wenige Nährstoffe enthalten, verlieren sie auch an Konsistenz und Geschmack. Kein Wunder, dass so viele Menschen kein Gemüse mehr essen wollen. Der Geschmack ist auch eines der Mittel, mit denen wir die Nährstoffdichte einer Pflanze testen können. Wenn eine Pflanze in einem gesunden, mineralreichen Boden wächst, in dem es von Mikroorganismen wimmelt, kann sie sekundäre Pflanzenstoffe entwickeln, die ihr Nährstoff-, Heil- und Geschmacksprofil verbessern. Wenn ich in meinem Unterricht von dem Zusammenhang zwischen frischen Lebensmitteln und Gesundheit erzähle, habe ich als Lehrerin oft erlebt, wie überrascht Kinder sind, wenn sie zum ersten Mal eine Karotte aus der Erde ziehen. Selbst Erwachsene, die in die Erde greifen und ihre erste Kartoffel herausziehen, jauchzen vor Erstaunen und Freude. Sogar die skeptischsten Gemüseesser können zu eifrigen Konsumenten werden, wenn man ihnen die Möglichkeit bietet, frische Produkte aus dem Garten zu probieren.

Die Arbeit im Garten produziert nicht nur Nahrungsmittel und Medizin, sie hat auch unzählige andere gesundheitliche Vorteile. Seit Jahrzehnten wird Gartenarbeit als Therapieform für ältere Menschen, Inhaftierte, Veteranen und andere eingesetzt. Eine Studentin des Institute of Sustainable Nutrition, die jahrelang mit einer Essstörung zu kämpfen hatte, nutzte die Gartenarbeit als Mittel, um ihre Beziehung zum Essen zu heilen, und arbeitet nun daran, diese Form der Therapie auch anderen Menschen zu ermöglichen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Und wir wissen, dass nicht nur die Nahrung aus dem Garten heilend ist. Wir wissen heute, wie wichtig die Bakterien im Boden und auf den Pflanzenoberflächen für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden sind. Kinder, die heute aufwachsen, sind übermäßig mit Antibiotika belastet – durch wiederholte ärztliche Verordnungen, den Verzehr von tierischen Erzeugnissen aus der Massentierhaltung sowie durch das Herbizid Glyphosat, das als Antibiotikum patentiert wurde und als Rückstand in vielen unserer Nahrungsmittel und im Wasser zu finden ist. Dieser übermäßige Einsatz von Antibiotika trägt in Kombination mit unserem modernen Lebensstil, der von zu viel Stress, Ernährungsmängeln und einer übermäßigen Belastung durch Umweltgifte geprägt ist, zu unserem dezimierten Mikrobiom bei. Dieses beeinträchtigte Mikrobiom wirkt sich auf unser Immunsystem, unsere Stimmungsregulation, unser Sozialverhalten, unseren Schlaf, unser Gedächtnis, unsere Verdauung und vieles mehr aus. Es ist kein Wunder, dass so viele Menschen mit Problemen des Darms und der psychischen Gesundheit zu kämpfen haben. Eine Antibiotikumbehandlung kann bei Labormäusen Depressionen auslösen; stellen Sie sich vor, womit unsere Kinder zu kämpfen haben! Durch Nahrungsmittel aus einem gesunden Garten impfen wir unseren Darm mit gesunden Bakterien, von denen einige die Zellen zur Produktion von Serotonin anregen, ähnlich wie bei Antidepressiva. Gartenarbeit sollte Teil einer jeden medizinischen Verordnung sein.

Der Nährstoffunterschied zwischen Lebensmitteln, die einerseits im eigenen Garten oder in kleinen lokalen landwirtschaftlichen Betrieben produziert werden und industriell hergestellten Lebensmitteln andererseits, ist ein wichtiges Thema, wenn es um die Gesundheit geht. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass es einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise geben muss, wie in traditionellen Ernährungsstudiengängen über Nahrungsmittel und deren Zusammenhang mit der Gesundheit gelehrt wird. Während meines Master-Studiums in Ernährungswissenschaften haben meine Professoren nie die enorm wichtigen Themen der Bodenbeschaffenheit und Bodenmikroben sowie deren Einfluss auf die Nahrung behandelt. Zu viele Studiengänge der Ernährungswissenschaften lehren die Details des durchschnittlichen Nährstoffgehalts von Lebensmitteln, sprechen aber nicht über die Abhängigkeit dieser Zahlen von der Gesundheit des Erdreichs, in dem die Nahrungsmittel angebaut wurden, von der Art und Weise ihrer Ernte, vom Zeitraum für den Transport zum Verbraucher, und schließlich von der Art und Weise, wie die Esswaren in der Küche zubereitet wurden. Unsere traditionelle Ernährungserziehung lässt die erstaunlichen und reichlich vorhandenen Unkräuter außer Acht, die Mineralien speichern und eine reiche Nährstoffquelle für unsere Gärten und uns selbst sind. Wie können wir über Lebensmittel als Quelle der Gesundheit sprechen, ohne die Gifte zu erwähnen, die auf die Nahrung und den Boden aufgebracht werden? Gifte, die die Gesundheit der Pflanzen erheblich beeinträchtigen und unseren Körper beim Versuch, uns von diesen fremden Chemikalien zu entgiften, noch mehr auslaugen. Spricht man heute über Ernährung, wird die grundlegende Bedeutung der Gesundheit von Ökosystemen, in denen die Lebensmittel angebaut werden, nicht berücksichtigt. Diese Diskussion muss sich ändern.

 

Zur Verwendung dieses Buches

Die Rezepte in diesem Buch können mit einfachen Mitteln in der Küche zubereitet werden. Die meisten sind so einfach, dass es keine Entschuldigung dafür gibt, sie nicht herzustellen.

Teil 1 des Buches enthält Konzepte und Definitionen, allgemeine Erklärungen von Begriffen und Prinzipien, die den Hintergrund für die Verwendung dieser Rezepte liefern. Diese Kapitel bieten eine Einführung in Themen, die ganze Bücher füllen wie zum Beispiel Bodenbiologie, Mineralstoffversorgung von Pflanzen, Bodendynamik, Pflanzensaftströme, Zwischenfrüchte und mehr.

Teil 2 enthält die Rezepte für mineralische und organische Zusätze, die ich selbst herstelle und in meinen Gärten verwende. Dazu gibt es eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung, hilfreiche Fotos sowie Angaben zur Verwendung des Produkts, zum Verdünnungsverhältnis und zur Lagerung. Jedes Rezept beginnt mit einer Liste der benötigten Zutaten und Hilfsmittel und endet mit einer Kurzzusammenfassung. Eine Mineralstoffanalyse für einige der nach diesen Rezepten hergestellten Produkte befindet sich in Anhang E.

Die Anhänge sind eine Sammlung aufschlussreicher Quellen, die die im Buch präsentierten Informationen erweitern, dazu gehören der Mineralstoffgehalt von Pflanzen, Indikatoren für pflanzliche Nährstoffmängel, eine Zusammenfassung der Vorteile aller Rezepte und ein Glossar.

Dieses Buch bietet ein Instrumentarium, das jeder nutzen kann, um die Gesundheit und Vielfalt des Ökosystems im Garten oder in der Landwirtschaft über und unter der Erde zu verbessern. Die Anwendung hat Auswirkungen auf das genetische Potenzial der Samen, die Jahr für Jahr angebaut, aufbewahrt und neu gepflanzt werden sowie auf die Qualität der erzeugten Nahrungsmittel. Ich konzentriere mich auf die Verwendung von Ressourcen aus der Region, die man kostengünstig oder gar gratis bekommen kann. Einige der Rezepte lassen Mikroorganismen entstehen, andere Mineralien. Viele der Zusätze sind lagerfähig und können zur späteren Verwendung aufbewahrt werden. Diese mineralischen und organischen Bodenverbesserungen sind nachhaltig, regenerativ und effektiv.

Die in diesem Buch vorgestellten Ideen sind nicht nur anregend und aufschlussreich, sondern machen auch intuitiv Sinn. Die Mittel, die für den Anbau hochwertiger Esswaren benötigt werden, gibt es überall um uns herum. Wenn wir uns dessen bewusst werden, eröffnet sich eine Welt der Freude, der Verbundenheit mit der Natur und dem Universum. Die Veränderungen im Erdreich, die verbesserte Qualität der angebauten Lebensmittel und die erhöhte Anzahl von Bestäubern bestätigen die einfachen, kraftvollen Wege der Natur.

TEIL I

Ernährung von Grund auf

KAPITEL 1

Ein neues Anbaukonzept

Wir alle verwenden Modelle, um die Welt um uns herum zu erklären. Wenn beispielsweise eine Ampel auf Grün schaltet, treten viele von uns reflexartig aufs Gaspedal und fahren los. Wir prüfen nicht, ob von links oder rechts Autos kommen, weil unser mentales Model davon ausgeht, dass der Querverkehr angehalten hat. Ein anderes Beispiel: Am Ende des Tages machen wir uns keine Sorgen, wenn die Sonne untergeht und es sehr kalt wird, weil wir die Gewissheit haben, dass die Sonne morgen früh wieder aufgehen und für Licht und Wärme sorgen wird. Unsere mentalen Modelle bestimmen unsere Realität.

Wir pflegen unsere Gärten und Felder auf der Grundlage unserer mentalen Modelle im Hinblick auf das Pflanzenwachstum. Ein Beispiel für ein Pflanzenanbaumodell ist die Annahme, dass ein Tomatensamen, den man einfach in die Erde steckt und gelegentlich gießt, schließlich eine Tomatenpflanze hervorbringt, die eine gute Ernte trägt. Bei einigen Garten- und Landwirtschaftsmodellen muss der Boden bearbeitet und alles Unkraut entfernt werden, bevor die Samen ausgesät werden können. Bei anderen Modellen ist eine regelmäßige Zugabe von Stickstoffdünger und Kalk erforderlich. Pflanzen sind robust, sie wachsen auch unter den schwierigsten Bedingungen, und selbst wenn ein Anbaumodell alles andere als ideal ist, können die Pflanzen ziemlich gut wachsen. So manche wohlschmeckende Tomate wurde nach konventionellen Pflanzenkonzepten gezüchtet, aber sind das auch die nährstoffreichsten Tomaten, die man anbauen kann? Kann die Nährstoffdichte der angebauten Pflanzen gemessen werden? Die Antworten auf diese Fragen stehen noch aus.

Die Wiederentdeckung vergessener oder verworfener Konzepte über das Pflanzenwachstum – wie zum Beispiel, dass wirklich gesunde Pflanzen Krankheitserreger im Boden und in der Luft abwehren können, ebenso wie Schädlinge, und dass sie einen wesentlich höheren Nährwert liefern – sind die Inspiration für ein neues Pflegemodell von Gärten und Ackerflächen: Es konzentriert sich auf das gesamte Ökosystem, in dem die Pflanze wächst – ein Ansatz, aus dem ein neues Anbaumodell entsteht, das andere Hilfsmittel und Gartenpraktiken einsetzt.