Nefertari - Der letzte Tanz - Lilah Fox - E-Book

Nefertari - Der letzte Tanz E-Book

Lilah Fox

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Beschreibung

Viel Zeit ist vergangen. Nach dem Tod von Sherines Adoptivvater hat sich Pina zurückgezogen und versucht, mit dem Fluch und ihren neuen Kräften zurechtzukommen. Dabei trifft sie auf ihre eigene Dunkelheit und sucht das Licht. Bis jemand sie findet ... "Nefertari - Der letzte Tanz" ist der 8. Teil der Morgaine-Chroniken und das Finale um Pina Morgaine. 1 Nixenfluch und Blutcocktails 2 Wolfsherz und Silbertinkturen 3 Krähenkind und Mondlicht 4 Feentraum und Sternentanz 5 Berinshall - Die Schwestern der Nacht 6 Berinshall - Das Lied der Hexe 7 Nefertari - Das Erbe der Toten 8 Nefertari - Der letzte Tanz

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Lilah Fox

Nefertari - Der letzte Tanz

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

1

Am Anfang ist immer das Licht.

Ich weiß nicht, wie lange es gedauert hat. Aber irgendwann, im Laufe der Zeit, hat meine Welt düsterere Züge angenommen.

Schatten überlagerten das Licht und irgendwann wurde ich Teil von ihnen.

Ihr habt es vielleicht nicht geahnt, und gedacht, dass alles gut wird.

Ich bin eine Morgaine.

Sagt euch das genug?

Ein Name. Ein Fluch. Aber dazu kommen wir später.

 

 

 

Ich habe Yin nicht getötet.

Erleichtert euch das?

Habt ihr befürchtet, dass es anders sein würde?

 

 

Wie ihr seht, traue ich mich nun, euch anzusprechen.

Alles verändert sich.

2

Ich sitze nun in Ogunquit, an einer Klippe, wo Touristen am Strand herumspazieren und Muscheln sammeln. Früher hätte ich mit ihnen da unten gesessen und meine Füße im kalten Wasser eintauchen lassen. Heute kann ich das nicht mehr - ich bin nicht mehr Teil von ihnen.

Die Kraft, die ich besitze, jagt durch meine Adern - Nox.

So nenne ich sie. Wie die Schwestern der Nacht.

Ich habe Sherine schon so lange nicht mehr gesehen. Wenn ich die Augen schließe, fällt es mir schwer, ihr Gesicht zu sehen. Es ist nur noch eine Silhouette, ein Schleier - seltsam. Wenn ich die Augen schließe, tue ich manchmal so, als wäre alles wie früher. Früher-früher, noch vor Berinshall, vor Nefertari und dem Tod so vieler Personen.

Vor Lydia Black.

Mein Vater hatte immer die Theorie, dass ein Mörder ein Stück seines Opfers in sich aufnimmt. Vielleicht habe ich das ja. Vielleicht schwirrt irgendwo tief in mir drin ein Fetzen von Lydia Black herum und -

 

 

»Jetzt sieh es doch nicht so negativ«, hätte Gwen gesagt. »Alles findet schon seinen Platz, seine Richtigkeit. Auch du.« Aber Gwen ist eine Ausnahme. Sie ist ein Lichtblick, eine märchenhafte Gestalt, eine der letzten ihrer Art - und wird von allen Seiten auch zurecht verehrt wie eine Heilige. Sie ist die Güte in Person, klar und rein und ich glaube nicht, dass sie Verständnis für all das hätte, was mir nun durch den Kopf geht.

Ich stelle mir vor, wie ich ihnen allen ihr Leben entreiße.

Oder nein.

Ich tue das nicht.

Nox tut das.

Nox.

Mein neues Alter Ego, meine Kraft, meine dunkle Aura. Oder ...

 

bin ich das vielleicht doch selbst?

 

Das glitzernde blaue Wasser, das den klaren Himmel spiegelt - die Möwen, die entlang flattern. Die Szenerie wie aus einer Postkarte. Früher hätte ich diesen Moment anders erlebt - jetzt ist alles aus Distanz.

3

»Jetzt zieh doch nicht so eine Grimasse«, sagte Yin, die sich neben mir ausstreckte und Sand aus ihren Schuhen schaufelte. Sie gähnte und kniff die Augen zusammen. »Bin ich es nur oder ist es zu hell hier? Wirken meine Tabletten vielleicht nicht in der Meeresluft? Liegt es an der zu salzigen Luft?«

Mit ihren Tabletten meinte sie die, die sie nehmen musste, um als Dämonin bei Tageslicht herausgehen zu können.

»Du könntest eine Sonnenbrille tragen«, schlug ich vor.

»Hm. Das könnte klappen ... Und? Hast du immer noch nicht zu Hause angerufen?«

Mit »zu Hause« meinte sie allerlei Orte: meine Eltern, Gwen, meine weiteren Geschwister, Percival, die Hyatts.

»Nein.«

Sie lehnte sich zurück und sah mich nachdenklich an. »Adrien meinte, dass so etwas passieren würde. Du wirst dich immer mehr von deinem wahren Ich entrücken und eine neue Familie finden. Solche wie uns. Solche, die es nicht stört, dass du nun ... eben ... du bist.«

Für sie war Nox ein Teil von mir, einer, der schon immer zu mir gehört hatte und nun dank meiner Kräfte hervorgetreten war. Im Gegensatz zu mir war sie fest davon überzeugt, dass jeder tief in seinem Inneren »böse« war. Nur dass sie es anders ausdrückte und »moralisch verwerflich« oder »verrucht« nannte. Weil »böse« in ihren Augen zu übertrieben klang.

Sie schnupperte in der Luft und murmelte: »Diese frische Meeresbrise gefällt mir überhaupt nicht. Sie übertüncht ja sämtliche Gerüche der Blutkonserven.«

»Nenn sie nicht so.«

»Blutkonserven« waren für sie die Menschen.

»Ich nenne sie so, wie ich sie nennen will. Ich könnte sie auch Steak nennen oder Nuggets oder sonst was.« Sie kicherte und holte einen schwarzen Lippenstift hervor, mit dem sie ihre Lippen bemalte.

»Ich hätte dich vor einigen Wochen doch töten sollen«, sagte ich nüchtern.

Sie verdrehte die Augen und tat so, als hätte sie meine Worte nicht gehört. Denn für sie war es eine bittere Niederlage gewesen und ich hatte mich beherrschen müssen, um ihr nicht endgültig wehzutun. Wenn ich es getan hätte, war ich mir sicher, wäre es nur noch schlimmer gewesen als jetzt.

Denn bereits nun hatte ich keine Ruhe mehr.

In meinen Gedanken malte ich mir die schwärzesten Szenarien aus. Alles war wie von einem grauen Nebel umhüllt - und ich spürte nichts mehr, hörte nichts mehr. Empfand nichts mehr. Noch nicht einmal mehr für Sherine.

4

Sherine Hyatts Adoptivvater war durch mich getötet worden.

Durch Yin.

Und trotzdem hatte ich sie danach nicht getröstet, ich hatte Yin nicht dafür bestraft - der Kampf zwischen mir und der Dämonin hatte nur dazu geführt, dass ich nun mit ihr nach Ogunquit gefahren war und an einem vollen Strand hockte, während Yin nach ihrem Abendessen suchte.

»Was hältst du von ihm? Er sieht doch recht ansehnlich aus und so, als könnte er Gefallen an ein paar Liebesbissen finden.«

Sie zeigte auf einen unbekleideten muskulösen Surfer, dessen helles honigbraunes Haar bis zu seinen Schultern reichte. Er erhob sich aus dem Wasser und Tropfen perlten von seiner sonnengebräunten Haut.

»Probier es doch.«

»Warum klingst du nicht begeisterter?«

Sie betrachtete mich stirnrunzelnd und schien zu realisieren, dass es mich tatsächlich nicht interessierte. »Sollen wir ihn zusammen erobern?«

»Ich bin noch sechzehn«, sagte ich.

Obwohl der Surfer auch nicht gerade viel älter aussah als ich.

»Und ich bin sechshundertneunundneunzig«, erwiderte sie und rollte die Augen. Sie trug ein langes wallendes blumiges Kleid, was eine echte Abwechslung zu ihrem üblichen nachtschwarzen Gewand war.

»Gestern warst du doch noch jünger.«

»Ja, vielleicht erinnere ich mich halt nicht mehr so genau«, erwiderte sie und wirkte fast schon beschämt. »Irgendwann zählt man halt nicht mehr mit. Warte nur, bei dir wird es irgendwann auch so weit kommen.« Sie zappelte ungeduldig mit den Armen und rieb sich den Magen. »Ich bin hungrig. Hast du kein Mitleid mit mir?«

»In Anbetracht der Tatsache, dass du den Adoptivvater meiner Freundin getötet hast - nein.«

»In Anbetracht der Tatsache, dass sie jetzt vermutlich deine Ex-Freundin ist, könntest du mir trotzdem helfen.«

»Meinetwegen.«

Ich erhob mich und spürte sofort, wie der Wind nach mir zu schlagen schien. Grundsätzlich hatte ich das Gefühl, dass die Welt mir gegenüber plötzlich misstrauisch war. Als wäre die Erde eine personifizierte Einheit, die Natur, oder als gäbe es tatsächlich eine Muttergöttin, die mich von der Erdoberfläche verschwunden sehen wollte. Weil sie wusste, dass ich das Chaos mit mir brachte.

Dass es in meinen Adern strömte.

Vielleicht war Nox ja genau das: das personifizierte Chaos - in mir.

»Wirklich?« Yin klatschte sich in die Hände und sprang auf. Mit ihrem schwarzen Lippenstift, den langen glatten schwarzen Haaren und dem tief ausgeschnittenen Kleid bezweifelte ich ja, dass sie Hilfe von mir brauchte. Aber wenn sie meinte, dass wir zusammen schneller sein würden, und das bedeutete, dass ich dadurch schneller in die Kammer kam, die wir uns zusammen seit ein paar Wochen teilten, dann würde ich alles dafür tun.

Kammer.

Das Wort lag mir noch auf der Zunge, wie damals in Berinshall. Dabei war es nur wieder mal eine Baracke, eher ein kleiner Raum unter der Erde. Ohne Licht, ohne frische Luft. Es roch nach Ausdünstungen aus den Abwasserkanälen, verdorbenem Fisch und überall klebten Schlamm und Müllüberreste.

Wenn Gwen an meiner Stelle gewesen wäre, sie hätte versucht, sich alles irgendwie einzurichten. Aber ich wollte eigentlich nur meine Ruhe. Deshalb hatte ich mir diesen Ort ausgesucht. Und auch deshalb war ich an diesen verlassenen Ort gekommen.

Außer den Touristen herrschte hier eine Art Stille, die nur Meeressiedlungen an sich hatten. Eine Stille, die die gedämpfte Stimme von Nox überlagerte. Jedoch nicht immer.

Ich musste lernen, Nox zu bekämpfen.

Und damit vielleicht auch einen Teil von mir selbst zerstören.

 

5

»Und? Bist du aufgeregt?«

Ich ahnte, warum sie das tat. Ich hatte schon häufiger gemerkt, dass ich ihr Angst damit machte. Mit meiner neuen »Art«. Mit meinen Worten. Obwohl sie selbst so viele Jahrhunderte gelebt hatte, hatte sie bisher nur ihre Dämonenwelt gekannt. Alles behutsam und eintönig - obwohl das für einen Menschen wohl unmöglich vorzustellen war. Blut trinken, Blutorgien, Kämpfe zwischen Dämonen, Chinatown, New Yorker Nächte.

Sie schien zu ahnen, dass es bei mir weit darüber hinausging.

»Natürlich nicht«, sagte ich.

Aufregung war mir mittlerweile ein Fremdwort. Auch andere Gefühle der Unsicherheit spürte ich nicht mehr. Ich war schon immer relativ selbstbewusst gewesen (im Gegensatz zu Gwen), doch nun waren mir sämtliche Gefühle, die mich halbwegs menschlich machten, suspekt.

Angst?

Reue?

Liebe?

Sie runzelte die Stirn und zog mich vorwärts zu der Steintreppe, die hinab zum Strand führte.

»Ich kann es kaum erwarten, sein salziges Blut zu trinken«, sagte sie und rieb sich die Hände. »Du kannst auch einen Schluck abhaben, wenn du willst. Aber ich bezweifle, dass es dir schmecken würde. Außer: Du erlaubst mir, dich zu verwandeln - dann könntest du auch auf den Geschmack kommen.«

Es klang wie der Deal, den Lydia Black eingegangen war. Von einer Hexe zur Dämonin.

»NEIN«, fauchte ich ein bisschen zu rabiat. Denn vielleicht war genau das das Problem: Dass ich Lydia immer ähnlicher wurde - und vielleicht irgendwann zu genau solch einer Gestalt mutierte, wie sie es war. Nur, um bei Sherine sein zu können.

»Ja ja, beruhig dich.« Sie hob die Hände. Ihre schwarzen Augen schimmerten nicht im Licht des Ozeans. Sie schienen das Licht nur einzusaugen, zu absorbieren - wie ein leeres schwarzes Loch, in dem sämtliches Licht unterging.

Bereits die Nähe zu den Touristen veränderte Yins Verhalten. Sie kletterte wie ein wildes Raubtier über liegende Strandbesucher, ihre Augen huschten hungrig umher und sie atmete schneller.

»Hier rieche ich sie viel besser«, murmelte sie.

Sie steuerte auf den Surfer zu, der sich gerade auf sein Handtuch setzte und sich Kopfhörer einsetzte, um Musik zu hören.

Yin presste die Lippen aufeinander, schürzte sie und lächelte mich erregt an. Dann wanderte sie mit diesem einstudierten Lächeln zu dem Jungen, der sie auf den ersten Blick noch nicht mal bemerkte.

»Er schaut gar nicht her«, fauchte sie erzürnt. »Hallo? Was soll denn das?«

»Nicht alle Welt dreht sich um dich«, sagte ich das, was meine Mutter früher immer zu Irene gesagt hatte, wenn sie solch einen Tobsuchtsanfall hatte.

»Sollte sie aber«, sagte Yin und warf das lange nachtschwarze Haar zurück. »Er muss nur einen Blick in meine Augen werfen, um sich in mir zu verlieren.«

»Gut.«

Doch als sie erneut auf ihn zuging und der Junge ihr keinen Blick schenkte, wirkte sie plötzlich verunsichert. »Tu du es.«

»Ich?«

»Ja, du.«

Ich schob mich an ihr vorbei und ging auf den Jungen zu. Und siehe da: Er hob sofort den Blick und lächelte mich mit zusammengekniffenen Augen an, weil ich von hinten von der grellen Sonne beleuchtet wurde.