Nekromanteion - Wolfgang Jeschke - E-Book

Nekromanteion E-Book

Wolfgang Jeschke

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Beschreibung

Zwischen Leben und Tod

Nekromanteion – das ist die Begegnungsstätte zwischen den Lebenden und den Toten, nahe einer kleinen Stadt am Acheron. Archäologen sind auf die Überreste dieses Ortes, der schon in der „Ilias“ erwähnt wird, gestoßen: Unterirdische Labyrinthe, die Erde getränkt vom verwesenden Blut unzähliger Opfertiere. Wie viel Wahrheit kann in einem solchen Mythos stecken?, fragen sich die Menschen in einer Zeit, in der es sich die besonders Reichen tatsächlich leisten können, von den Toten wiederaufzuerstehen …

Die Erzählung „Nekromanteion“ erscheint als exklusives eBook Only bei Heyne und umfasst ca. dreiunddreißig Seiten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 57

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WOLFGANG JESCHKE

NEKROMANTEION

Erzählung

Das Buch

Nekromanteion – das ist die Begegnungsstätte zwischen den Lebenden und den Toten, nahe einer kleinen Stadt am Acheron. Archäologen sind auf die Überreste dieses Ortes, der schon in der »Ilias« erwähnt wird, gestoßen: Unterirdische Labyrinthe, die Erde getränkt vom verwesenden Blut unzähliger Opfertiere. Wie viel Wahrheit kann in einem solchen Mythos stecken?, fragen sich die Menschen in einer Zeit, in der es sich die besonders Reichen tatsächlich leisten können, von den Toten wiederaufzuerstehen …

Die Erzählung »Nekromanteion« erscheint als exklusives E-Book Only zusammen mit weiteren Stories von Wolfgang Jeschke im Heyne Verlag und umfasst ca. 33 Seiten. Sie sind als Print-Ausgaben in den Sammelbänden »Der Zeiter«, »Partner fürs Leben« und »Orte der Erinnerung« im Shayol Verlag, Berlin erschienen.

Der Autor

Wolfgang Jeschke (1936-2015) war der Großmeister der deutschen Science-Fiction. Lange Jahre als Herausgeber und Lektor für den Heyne Verlag tätig, hat er vor allem auch mit seinen eigenen Romanen und Erzählungen das Bild des Genres geprägt. Jeschke wurde mehrmals mit dem renommierten Kurd Lasswitz Preis ausgezeichnet.

Von Wolfgang Jeschke sind im Wilhelm Heyne Verlag erschienen:

»Der letzte Tag der Schöpfung – Midas – Das Cusanus-Spiel« (drei Romane in einem Band) und »Dschiheads«.

Eine Übersicht aller Werke von Wolfgang Jeschke finden Sie in der Bibliografie am Ende dieses E-Books.

Überarbeitete Neuausgabe

Copyright © 2011 by Wolfgang Jeschke

Erstmals veröffentlicht in: Wolfgang Jeschke (Hrsg.):

Science Fiction Jubiläumsband – Das Lesebuch, Heyne Verlag, München 1985

Copyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: Stardust, München

Satz: Thomas Menne

ISBN 978-3-641-13605-5

Nicht des Lebenden zwar vergaßest du, aber des Toten!

Auf, begrabe mich schnell, dass Aides' Tor ich durchwandle!

Fern mich scheuchen die Seelen hinweg, die Gebilde der Toten,

Und nicht über den Strom vergönnen sie mich zu gesellen,

Sondern ich irr unstet um Aides' mächtige Tore.

Und nun gib mir die Hand, ich jammere!

Nimmer hinfort ja

Kehr ich aus Aides' Burg, nachdem ihr der Glut mich gewähret!

HOMER, »Ilias«, XXIII, 70–76

»Acht Leben hat ein Oktopus«, sagte Spiros und drosch den Tintenfisch in die Mulde, die der Tod in den Jahrzehnten im Marmor der Hafenmole geformt hatte, »und jedes einzelne musst du aus ihm herausschlagen.« Er packte den feuchten perlmuttfarbenen Leib mit der kräftigen braunen Hand und tauchte ihn in den gelben Plastikeimer voll Wasser. Die Arme des Tintenfischs waberten und schlossen sich ums Handgelenk, doch es war nicht zu erkennen, ob es nur die Bewegung des Wassers war oder eine letzte kreatürliche Regung. Der Körper des Tiers klatschte von Neuem in die flache Vertiefung im Quader und erstarrte nach dem Aufprall in Benommenheit und Agonie. Die beiden Kinder sahen fasziniert zu. Spiros' Blick glitt die dünnen braungebrannten Schenkel des Mädchens hoch, das vor ihm hockte, konnte aber nichts Erregendes entdecken als ein weißes, sonntäglich frisches Höschen. Er bemerkte, dass die Augen des Jungen, der links von ihm auf der Mole auf den Fersen hockte, seinem lüsternen Blick gefolgt waren, und beeilte sich, umständlich, einen Spritzer Salzwasser aus dem Augenwinkel zu wischen.

»Nur die Katze hat mehr«, sagte er und griff nach dem Tier, um es erneut herabsausen zu lassen. »Und die reichen Toten oben im Nekromanteion. Die haben so viele, wie sie bezahlen können.« Er richtete sich ächzend auf. Durch die Löcher seines zerschlissenen T-Shirts, von der Sonne auf staubigen Kakteen ausgebleicht, sprossen schwarze Haarbüschel. Die dunkle Haut der Schultern war von getrockneten Spritzern Salzwasser übersät. Seine Zehen waren in die abgewetzten Plastiksandalen gekrallt wie braune knorrige Wurzeln.

»Was ist mit den reichen Toten«, fragte Eurydike und beschirmte die Augen, während sie zu dem Fischer aufblickte, der gegen die Sonne gelehnt vor ihr stand.

»Dort werden Leichen aufgewärmt«, sagte er.

»Dort werden keine Leichen aufgewärmt, sondern Tote auferweckt«, warf der Junge beiläufig ein.

Spiros musterte ihn nachdenklich. »Also gut, sie werden auferweckt«, sagte er. »Sie haben da Maschinen dazu. Wenn du viel Geld hast, kannst du hingehen und dich aufnehmen lassen. Und wenn du gestorben bist, dann kommt deine Familie zusammen, und jeder gibt was dazu. Und dann wirst du für einen Tag oder zwei auferweckt und kannst mit ihnen feiern. Es kostet nur eine Menge Geld.« Er zuckte die Achseln. »Aber es hat schon immer eine Menge Geld gekostet, wenn man denen wiederbegegnen wollte, die längst der Tod geholt hat. Schon vor mehr als zweitausend Jahren hat man hier in der Gegend damit gute Geschäfte gemacht.«