Neues aus dem ganzen halben Haus - Claudia Weiand - E-Book

Neues aus dem ganzen halben Haus E-Book

Claudia Weiand

0,0

Beschreibung

Ein Papa aus Afrika, ein Brandschutzdingsbums und der gruselige Herr Blühm von nebenan – im ganzen halben Haus ist echt was los! Seit einigen Wochen wohnt Familie Herz nun in der riesigen Villa mit Garten: Mama und Papa Herz, die 10-jährige Fiene, ihre Zwillingsbrüder und der süße Mo, der das Down-Syndrom hat. Oma Böhnchen hatte ihnen das Haus nach ihrem Tod hinterlassen – na ja, zumindest das ganze halbe Haus. Die andere Hälfte gehört Herrn Blühm, der Kinder so gern hat wie Zahnschmerzen. Jetzt muss er feststellen, dass noch mehr Kinder einziehen werden! Ob das wohl gut geht? Ein großer Lese-Spaß für die ganze Familie!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 132

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

1. Herz-lich willkommen!

2. Ver-Blühmt

3. Einzüge

4. Taisha

5. (Kl)Einzug

6. Erste Hilfe

7. Lastenträger

7. Manne hat einen Hänger

8. Lena

9. Geburtstagsalarm

10. Geschenke, die der Himmel schickt

11. Planungen

11. Sonnenblumen & Magendarm

12. Geplatzter Luftballon

13. Notfall

14. Kunterbunte Schmerzen

15. Wartezeit

16. Ein ganzes halbes Baby

17. Namenstag

18. Weihnachten im Juni

19. Doktor Mo

20. Blau machen

21. Herr Blühm gibt Rätsel auf

22. Abendpizza

23. Zeltspektakel

24. Letzte Vorbereitungen

25. Feste Feiern

Über die Autorin:

Claudia Weiand ist verheiratet und Mutter von zwei Söhnen.

Sie lacht, schreibt und kritzelt für ihr Leben gern.

Mehr Infos unterwww.claudia-weiand.de

Für Jutta,die mit mir die Blühms der Nachbarschaft ertrug

1. Herz-lich willkommen!

Immer wenn ich an Oma Böhnchen denke, biegen sich meine Mundwinkel nach oben. Von ganz alleine. Ich denke an Oma Böhnchen und schwupp! Schon lächelt mein Mund.

Das war nicht immer so. Denn Oma Böhnchen ist vor fast genau einem Jahr gestorben. Da war das dann anders. Denn, immer wenn ich damals an Oma Böhnchen dachte, musste ich weinen. Aber hinter dem Weinen – ganz tief versteckt – da war schon das Lächeln. Und es wartete darauf, wieder herauskommen zu können!

Ich bin übrigens Fiene. Eigentlich heiße ich Josefine. Aber mir fällt gerade niemand ein, der mich wirklich so nennt. Denn alle sagen Fiene zu mir. Außer Mama. Die sagt Fienchen.

Ich bin also Fiene und ich wohne im ganzen halben Haus. Aber natürlich nicht alleine, denn ich bin ja erst 10. Ganz bald werde ich 11. Aber auch dann wohne ich hier nicht alleine. Mit mir wohnen Mama und Papa. Ist ja fast klar.

Mama ist Lehrerin für Mathe und Physik. Aber im Moment ist sie zu Hause und kümmert sich um Papa und uns Kinder. Aber irgendwann, sagt sie, würde sie schon gerne wieder in die Schule gehen. Das ist doch wirklich kaum zu glauben! Wo ich mich immer auf die Ferien freue …

Papa ist Pastor und arbeitet in unserer Kirche. Er predigt und redet ganz viel. Und er tauft und verheiratet und beerdigt. Viele Leute sind sehr förmlich und höflich zu ihm, wenn er in der Kirche am Ausgang steht und die Leute verabschiedet. Da denke ich manchmal: Kommt mal zu uns nach Hause und guckt zu, wie er beim Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spiel verliert! Oder wie er mit uns im Sommer durch den Rasensprenger rennt!

Und dann gibt’s noch meine Brüder. Davon habe ich drei Stück. Zwei ganz große und einen kleinen. Die beiden großen machen gerade ihren Führerschein und sind 18 Jahre alt. Und sie sind Zwillinge. Sie heißen Sam und Noah und sehen sich wirklich sehr ähnlich. Aber natürlich kann sie jeder aus unserer Familie gut auseinanderhalten. Nur für Fremde ist es ein wenig knifflig.

Mein kleiner Bruder heißt Mo. Er ist jetzt 6 Jahre alt. Aber bis er in die Schule kommt, dauert es noch ein wenig. Mo ist nämlich ein Down-Kind. Und da passiert alles ein wenig langsamer. Mama sagt, das sei wirklich gut so: Dann haben wir länger was davon. Das ist so, wie wenn man seinen Nachtisch gaaaanz langsam isst. Mo ist genauso süß wie ein Nachtisch. Und obwohl er vieles nicht so schnell kann wie andere 6-Jährige, passt er ganz haargenau und perfekt zu unserer Familie! Viele Leute sagen sogar, dass Mo Papa sehr ähnlich sieht. Das macht Papa immer ganz doll glücklich. Denn eigentlich ist Mo adoptiert. Als Mo im Bauch seiner Mama war, hatte man festgestellt, dass mit Mo etwas nicht stimmt: Er hat einen Herzfehler und musste sofort nach der Geburt schon das erste Mal operiert werden. Und wie gesagt: Mo ist ein Down-Kind. Irgendwie war das für Mos Bauchmama zu viel. Papa sagt oft, es ist ein wunderbares Wunder, dass Gott ausgerechnet uns ausgesucht hat, um Mo mit einer Familie zu versorgen. Und das stimmt!

Tja, und seit ein paar Wochen leben wir im ganzen halben Haus. Wenn ihr in unserer Stadt in die Brahmsgasse 35 kommt und durch das Gartentor und zur großen Haustüre geht, dann müsst ihr auf die unterste Klingel drücken. Da wo HERZ draufsteht. Denn so heißen wir alle. HERZ.

Wir bewohnen die unterste Wohnung dieses riesigen Hauses. Zu unserer Wohnung gehört neben all den Zimmern, der Küche und dem portugiesischem Bad auch noch der hintere Teil vom Garten. Wir haben eine Terrasse und einen großen Apfelbaum und eine richtig schöne große Wiese.

Ein Stockwerk über uns gibt es gleich zwei Wohnungen. Sie sind noch leer. Aber nächste Woche werden da Leute einziehen. Die untere und die beiden Wohnungen im ersten Stockwerk gehören unserer Kirchengemeinde. Denn als Oma Böhnchen starb, hat sie die Hälfte des Hauses an die Gemeinde vererbt. Dabei ist Oma Böhnchen eigentlich von niemandem die richtige Oma gewesen. Sie hatte nämlich weder einen Mann noch eigene Kinder gehabt, und so hat sie einfach die ganze Gemeinde als ihre Familie adoptiert. Ich habe Oma Böhnchen sehr lieb gehabt und manchmal kann ich es fast nicht aushalten, so traurig bin ich dann. Aber weil Oma Böhnchen so lustig und freundlich gewesen ist, da fallen mir ganz schnell lustige und freundliche Erinnerungen ein. Und dann bin ich nur noch ein ganz klein wenig traurig in der einen Fiene-Hälfte und muss kichern oder lächeln in der anderen Fiene-Hälfte. Mama hat gesagt, dass fühlt sich zwar komisch an, ist aber ganz und gar normal. Bei ihr ist das ganz genauso. Man fühlt zwei Dinge gleichzeitig und ist doch nur ein Mensch. Und das passt ja auch. Wo wir doch im ganzen halben Haus wohnen.

2. Ver-Blühmt

Die andere Haushälfte gehört Herrn Blühm. Er war mit Oma Böhnchens Schwester verheiratet. Leider ist diese Schwester schon lange tot, und so haben wir es eben nur mit Herrn Blühm zu tun. Ich denke oft, dass wenn Oma Böhnchens Schwester nur ein winziges Fitzelchen so gewesen wäre wie Oma Böhnchen, dann hätte sie sich doch nie im Leben Herrn Blühm als Mann ausgesucht! Hat sie aber. Und das ist wirklich anstrengend. Denn Herr Blühm wollte eigentlich das ganze Haus erben. Er hat sich ganz und gar nicht damit abfinden können, dass ihm nur die Haushälfte seiner Frau zusteht und Oma Böhnchens Hälfte nun der Gemeinde gehört. Und zu allem Überfluss zieht er doch tatsächlich auch noch selbst in sein ganzes halbes Haus ein …

„Man möchte doch meinen, dass der Blühm nach dem ganzen Hickhack um das Testament einen weiten Bogen um das Haus macht!“, sagte Sam. „Warum um alles in der Welt will der hier wohnen?“

„Weil er gemein ist und genau weiß, dass es uns jetzt schon ärgert, obwohl er noch gar nicht eingezogen ist!“, meinte Noah dazu.

„Ja, da magst du recht haben …“, überlegte Sam weiter. „Oder er traut keinem über den Weg und will ein ganz großes Auge drauf haben, was mit seiner Haushälfte so geschieht.“

Mama schüttelte energisch den Kopf. „Wer weiß! Vielleicht hat er einfach schöne Erinnerungen an dieses Haus und es gefällt ihm, hier wohnen zu können. So etwas wie Nostalgie. Der guten alten Zeiten wegen.“

Sam und Noah schauten mit offenem Mund zu Mama, und dann sahen sie sich an. Und prusteten los. „Mama, du bist wirklich herzensgut. Aber das ist eine völlig verdrehte Vorstellung … Nostalgie beim Blühm! So was!“, lachte Sam.

Ich konnte mir auch nicht vorstellen, weshalb Herr Blühm in das Haus zog. Denn eins war klar: Er konnte weder die Gemeinde noch uns als Familie leiden. Vermutlich mochte er ohnehin überhaupt niemanden leiden.

Herrn Blühm gehört der zweite Stock und der Dachboden. Nach Oma Böhnchens Tod hatten sich unsere Gemeinde und Herr Blühm darauf geeinigt, aus dem riesigen Haus ein Mehrfamilienhaus zu machen. So wurde im letzten Jahr renoviert und dabei baute man neue Wände und Türen ein und überhaupt alles um. Im zweiten Stock hatte man (wie im ersten) zwei Wohnungen gebaut und aus dem Dachboden war eine große Wohnung geworden. Und dorthin, ganz unters Dach, zieht Herr Blühm. Die beiden Wohnungen im zweiten Stock gehören ihm ebenfalls. Vermutlich wird er sie vermieten, wie unsere Gemeinde das mit ihren tut. Aber so genau wissen wir das nicht. Herr Blühm redet nämlich nicht gerne. Und schon gar nicht mit uns, weil Papa ja ausgerechnet der Pastor der Kirchengemeinde ist, die Herrn Blühm um seine andere Haushälfte „betrogen“ hat. So jedenfalls sieht Herr Blühm die ganze Sache.

An einem Dienstag zog Herr Blühm in die Dachgeschosswohnung ein. Es kam ein großer LKW und drei Männer trugen Kisten, Möbel und noch mehr Kisten nach oben. Dann fuhren sie wieder weg. Das Ganze hatte vielleicht grade mal zwei Stunden gedauert. Die Männer schnauften die Treppen hoch und runter und waren bereits wieder weg, bevor ich überhaupt aus der Schule kam. Mama war in der Zeit mit Mo beim Arzt. Aber Sam und Noah hatten keinen Unterricht und hätten eigentlich für ihre Abi-Prüfungen lernen sollen. Die bekamen das mit.

„Fiene, wir müssen jetzt alle sehr, sehr tapfer sein …“, empfing Noah mich an der Wohnungstür, als ich gerade meine Schultasche absetzte.

„Oh nein!“, schrie ich auf. „Mos Herz? Was hat der Arzt gesagt?“

Noah nahm mich in den Arm. „Nein, du Dummerchen, Mo geht’s bestens! Der war doch bloß zu irgendeiner dieser U´s!“

„Was denn dann …?“, fragte ich misstrauisch.

„Blühm ist da!“, sagte Noah mit gruselig tiefer Stimme.

Ich wusste natürlich, dass Noah bloß Spaß machen wollte. Aber irgendwie kam es mir tatsächlich so vor, als wäre das Haus jetzt mit einem Mal nicht mehr so hell und luftig, sondern irgendwie enger und kleiner geworden.

„Von wegen“, rief Sam plötzlich aus der Küche. „Seine Kisten sind da, seine Möbel sind da. Aber der Blühm selber, von dem fehlt jede Spur.“ Sam schlenderte aus der Küche. Er biss herzhaft in einen Apfel hinein und kaute laut schmatzend vor sich hin. Die Zwillinge essen den ganzen Tag. Sam behauptete erst vor kurzem: „Es regt eben den Appetit an, wenn man sich selbst beim Essen zusieht. Und Noah sieht mir so ähnlich, da bekomme ich immer Hunger, wenn der was isst!“ Und dann sieht Noah Sam beim Essen und schon hat der wieder Hunger und so weiter … „Das ist eben die Bürde des Zwillingsdaseins“, hatte Sam verkündet und weitergefuttert.

„Wie jetzt?“, fragte ich den schmatzenden Sam. „Ist er jetzt eingezogen oder nicht?“

„Also, wenn er nicht in einem dieser Schränke hockt, die die drei Kerle die Treppe hochgewuchtet haben, dann wohl eher nicht!“, erwiderte Sam.

Zwei weitere Tage vergingen und von Herrn Blühm fehlte jede Spur. Wir liefen nach oben und lauschten an der obersten Wohnungstür – aber da war nichts zu hören. Wir beobachteten die Fenster der Dachwohnung vom Garten aus. Nichts! Ich fand, dass sich das Haus doch wieder etwas weiter und größer anfühlte. „Vielleicht nutzt er die Wohnung ja nur als Stauraum“, überlegte ich. „Vielleicht hat er daheim keinen Dachboden.“

„Träum weiter, Fiene!“, sagte Sam. „Am Blühm führt wohl nichts vorbei.“

Und tatsächlich: Am Freitagnachmittag um 16:34 Uhr fuhr Herr Blühm in einem Taxi vor. Er bezahlte den Fahrer und betrat dann mit einem kleinen Koffer und grimmigem Blick das Haus. Ich war froh, dass zwischen seiner und unserer Wohnung noch zwei Stockwerke lagen: als Pufferzone.

3. Einzüge

In den folgenden Tagen gab es noch einen Einzug: Das Ehepaar Krönz zog in eine der Wohnungen über uns. Bei ihnen sollte ihre Enkeltochter wohnen, von der ich bisher nur wusste, dass ihr Opa sie für eine Last und ihre Oma sie für eine Wonne hält. Und weil Opa Krönz so seltsame Andeutungen gemacht hatte, dachte ich, dass es sich bei dem kleinen Mädchen wohl auch um ein Down-Kind handelte. Doch da hatte ich mich geirrt.

Die Krönzes kamen in einem alten Mercedes und hinter ihnen folgte ein Möbelwagen. Vier Männer trugen die Kisten und Möbel in den ersten Stock, während Herr Krönz im Treppenaufgang stand und ständig so etwas wie: „Passen Sie bloß auf, mein Junge!“ oder „Wenn Sie das fallen lassen, Freundchen, dann garantiere ich für nichts mehr!“ sagte. Frau Krönz stand vor der Haustür. Vor ihr ein Korb, in dem Thermokannen und Plastikbecher lagen. Und während Herr Krönz die Männer beim Hochschleppen anmotzte, versuchte Frau Krönz, ihnen beim Runterkommen an der Tür ihren Kaffee anzudrehen. „Machen Sie doch ein Päuschen, junger Mann!“ „Die Jungs machen bestimmt kein Päuschen“, schmunzelte Sam. „Die sehen zu, dass sie so schnell wie möglich fertig werden.“

Da war wohl was dran. Denn in Windeseile hatten die Vier den Transporter geleert und waren wieder abgedampft. Mama unterhielt sich ein Weilchen mit Frau Krönz am Treppenaufgang und trank Kaffee aus Plastikbechern. Das fand ich ein wenig lustig, weil Mama eigentlich gar keinen Kaffee mag. Sie trinkt bloß Tee. Aber da wusste ich, dass sie der Frau einfach einen Gefallen tun wollte und da kann man wohl auch mal ein wenig Kaffee runterschlucken. Nachher war Mama noch sehr lange übel und sie nahm sich vor, nie mehr aus Freundlichkeit Kaffee zu trinken.

Trotz ihrer Übelkeit quetschten wir Mama aus, sobald sie wieder zur Tür reinkam.

„Was hat sie gesagt?“, wollte ich wissen. „Wann kommt das kleine Mädchen?“

Mama rieb sich den Bauch und ging zur Küche. Dort holte sie ein großes Glas heraus und füllte es am Wasserhahn. Dann trank sie es in einem Zug leer. Ich wartete geduldig, bis sie sich schließlich an den Esstisch setzte und das Glas abstellte. Manchmal bringt es nämlich einfach gar nichts, wenn man quengelt.

„Das kleine Mädchen ist gar nicht so klein!“, sagte Mama schließlich. „Sie ist sogar schon recht groß …“

„Wie groß?“, fragte ich misstrauisch. „Zwillings-groß oder Fiene-groß?“

Sam und Noah hatten in letzter Zeit ein erstaunliches Interesse an großen Mädchen entwickelt, und ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie sie breitbeinig und mit geschwellter Brust herumstolzieren würden, wenn dieses Krönz-Mädchen tatsächlich so alt ist wie sie.

„Sie ist so alt wie du, Fienchen!“, sagte Mama lächelnd und zwinkerte mir zu.

„Nein!“

„Doch!“

„Oh!“, war alles, was mir dazu einfiel.

Ich wusste in dem Moment nicht genau, ob ich das jetzt gut finden sollte oder blöd. Einerseits wäre es ja schon ganz schön klasse, wenn das Mädchen dann mit mir zusammen zur Schule gehen würde. Aber Herr Krönz hatte so komisch über sie geredet. So, als wäre irgendetwas nicht in Ordnung mit ihr. Was, wenn sie eine richtige Zicke war? Andererseits hatte ich ja damit gerechnet, dass das Mädchen auch ein Down-Kind ist. Das wäre dann ja wieder witzig. Wir waren als Familie mal auf einer Freizeit mit lauter Familien mit Down-Kindern und da hatte ich gleich mit zwei gleichaltrigen Mädchen Freundschaft geschlossen. Wir haben rumgealbert und gelacht und hatten einfach irre viel Spaß.

Mama merkte irgendwie, dass ich mir ein bisschen Sorgen machte. Ich glaube, wenn ein Baby geboren wird, dann bleibt ein kleiner Teil des Babys in der Mama drin, und deshalb weiß eine Mama immer ein bisschen mehr über ihr Kind als andere Leute. Obwohl … Mo ist ja gar nicht aus Mamas Bauch. Aber bei dem klappt das trotzdem. Vielleicht liegt das ja doch an etwas anderem.

Auf jeden Fall sagte Mama: „Sie wird wohl in deine Schule gehen, Fienchen. Ob sie auch in deine Klasse kommt, das weiß ich natürlich noch nicht. Aber ihr könnt ja trotzdem zusammen zur Schule laufen. Wahrscheinlich freut sie sich, wenn du ihr ein wenig beim Eingewöhnen hilfst.“

Ich sah Mama vorsichtig an. „Was stimmt denn nicht mit ihr?“, fragte ich leise.

Mama hatte sofort verstanden, was ich damit meinte. Sie zuckte die Achseln. „Ich habe keine Ahnung. Aber Frau Krönz scheint ihre Enkelin wirklich ganz und gar wunderbar zu finden. Und deshalb würde ich mal sagen: Sie ist ein ganz normales, ganz und gar wunderbares Mädchen.“