Neues vom Kasperl - Peter-Otto Kreiner - E-Book

Neues vom Kasperl E-Book

Peter-Otto Kreiner

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Beschreibung

Was wäre Kasparhausen ohne den Kasperl, seinen Cousin Fips und den Dackel Waldi. Diese drei tapferen Helden bestehen andauernd die tollsten Abenteuer, wobei sich der Kasperl aber über den Fips sehr oft ärgern muss, weil der ein schrecklicher Faulpelz ist. Mit dazu gehören aber auch der Herr Bürgermeister, sein Sekretär, der Herr Klecksel, der Herr Gemeinderat Wichtel und der Herr Stadtrat Frech. Und natürlich das Krokodil, ein höchst gefährliches Ungeheuer, sowie der böse Wolf. Nicht zu vergessen, der Bösewicht vom Dienst, der schlimme Räuber Haderlump, der alles stiehlt, was ihm unter die Hände kommt. Aus dieser Mischung sind fünfzehn neue spannende Kasperlgeschichten entstanden, die schon so manches Kind in Atem gehalten haben. Ein Vorlesebuch für Kinder ab 3 Jahren!

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Seitenzahl: 198

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Vorlesegeschichten

für

Kinder ab 3 Jahren

Buchbeschreibung:

Wer kennt ihn nicht, den Kasperl! Der Kasperl, der Freund der Kinder, der Helfer in der Not, der unerschrockene Kämpfer gegen alles Übel. Ja genau, dieser Kasperl lebt in Kasparhausen.

Nun lebt er nicht alleine dort, nein, in seinem schönen Haus in der Bahnhofstraße lebt auch sein Dackel, der Waldi und Fips, ein Cousin des Kasperl. Die drei haben schon oft dem Bürgermeister aus großen Schwierigkeiten geholfen und dementsprechend dankbar sind auch alle Menschen im Rathaus, einschließlich des Sekretärs, des Herrn Klecksel.

Über den Autor:

Peter-Otto Kreiner, Jahrgang 1947, geboren und wohnhaft in Steyr, Oberösterreich. Autor von Kinder- und Jugendbüchern

Liebt Kinder und die Art, wie sie die Welt sehen. Darum hat er für dich, - und nur für dich – diese Geschichten geschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Der Kasperl und das Krokodil

Der Kasperl und das Phantom

Der Kasperl und der Dieb

Der Kasperl und das Hexenpech

Der Kasperl und der Wolf

Der Fips muss baden

Eine Gute-Nacht-Geschichte

Des Kasperls toller Ritt

Fips der Arzt

Kasperl und das verhexte Ohr

Fasching in Kasparhausen

Ostern bei Oma

Der Kasperl als Friedenstifter

Kasperl jagt das Burggespenst

Kasperl u. das falsche Krokodil

Neue Kasperlgeschichten

1. Geschichte: Der Kasperl und das Krokodil

An der Nordseite des Gebirges, dort, wo die große Ebene hin zum Meer beginnt, liegt eine kleine Stadt, welche Kasparhausen heißt. Es ist eine fröhliche, saubere Stadt, viele nette Menschen wohnen da. Es gibt eine große Kirche, ein Rathaus, ein großes Kaufhaus und einen wunderschönen Park mit einem Schloss darin.

Ein kleines Stück außerhalb der Stadt steht noch eine alte Ritterburg auf einem hohen Felsen. Darunter befindet sich ein großer, dichter Wald, den niemand wirklich genau kennt. Selbst der Förster Hugo, sonst ein schlauer Mann, weiß nur, dass sein Wald sehr groß ist und dass darin eine ganze Reihe von merkwürdigen Bewohnern leben.

Am Rand der Stadt, dort, wo der alte Räuberfelsen ist, liegt auch ein kleiner See, in dem die Kinder im Sommer baden gehen. Zwar hat der Bürgermeister ein Schild aufstellen lassen, dass man dort nicht baden soll, weil gelegentlich ein Ungeheuer dort auftritt, aber so richtig darum gekümmert hat sich eigentlich kein Mensch. Wie gesagt, eine nette, kleine Stadt, dieses Kasparhausen, mit vielen netten freundlichen Menschen.

Aber was wäre diese freundliche Stadt, wenn es dort nicht den Kasperl gäbe? Richtig! Die Stadt wäre nur halb so nett. Der Kasperl, der Freund der Kinder, der Helfer in der Not, der unerschrockene Kämpfer gegen alles Übel. Ja genau, dieser Kasperl lebt in Kasparhausen.

Nun lebt er nicht alleine dort, nein, in seinem schönen Haus in der Bahnhofstraße lebt auch sein Dackel, der Waldi und Fips, ein Cousin des Kasperl. Die drei haben schon oft dem Bürgermeister aus großen Schwierigkeiten geholfen und dementsprechend dankbar sind auch alle Menschen im Rathaus, einschließlich des Sekretärs, des Herrn Klecksel.

Nun geht der Kasperl eines Tages von seinem Haus in die Stadt, um Semmeln für das Frühstück zu holen. Wie er beim Heimgehen gerade bei der Bushaltestelle vorbeigeht, kommt dort der Wachtmeister Schmidt in Windeseile mit dem Funkwagen um das Hauseck. Um ein Haar hätte er den Kasperl niedergefahren.

Na, der Waldi, der den Kasperl wie immer zum Bäcker begleitet, macht einen Luftsprung vor Schreck, dass er ziemlich unsanft auf dem unteren Ast des Kastanienbaumes landet. Dort hängt er und schaut ganz entsetzt. Dem Kasperl aber reißt es fast die Füße aus, als der Wagen so neben ihm bremst.

„Sag einmal, Herr Wachtmeister, bist du verrückt geworden oder brennt’s irgendwo? Ach nein, da müsste ja die Feuerwehr fahren. Aber was braust denn du da so wild herum?“ fragt der Kasperl den Polizisten.

„Gut dass ich dich treffe Kasperl!“ sagt der ganz außer Atem. „Du musst uns unbedingt helfen. Ich glaube, der Bürgermeister ist draußen am See von dem Ungeheuer aufgefressen worden!“

Der Wachtmeister tritt vor lauter Nervosität von einem Bein auf das andere. Der Kasperl sieht ihn so herumhüpfen und sagt zu ihm:

„Ist ja schon gut, Herr Wachtmeister! Ich bin dir ja gar nicht mehr böse. Nur wie ich den Hund da vom Baum herunter kriege, das ist mir noch ein Rätsel. Komm, hilf mir und dabei kannst du mir erzählen, was mit dem Bürgermeister los ist.“

Der Wachtmeister stellt sich unter den Baum und macht dem Kasperl die Räuberleiter. Der wiederum versucht den Waldi dazu zu bewegen, dass er sich vom Baum heben lässt. Gar nicht so einfach das, denn Hunde sind nur ganz selten auf Bäumen. Schließlich gelingt es dem Kasperl, den Waldi am Schwanz zu fassen und vom Baum zu ziehen.

Damit der gute Hund nicht einfach auf den Boden fällt, macht der Wachtmeister zwei große Schritte und fängt den Waldi auf. Den Kasperl, der auf seinen Schultern steht, vergisst er dabei einfach und der Kasperl hat große Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Aber alles endet gut und alle drei stehen jetzt nebeneinander unter der großen Kastanie.

„So du Akrobat, jetzt erzähl einmal, wieso der Bürgermeister aufgefressen worden sein soll!“ fordert der Kasperl den Wachtmeister auf.

Der lässt sich nicht lange bitten und schildert:

„Also, heute in der Früh, da geht mein Chef, der Herr Inspektor Streng, mit dem Bürgermeister draußen beim See spazieren. Die beiden reden so, da fängt auf einmal das Wasser zu brodeln an, ein schreckliches Ungeheuer mit ganz großen Zähnen erscheint und stürzt sich auf die Beiden.

Na, mein Chef rennt hinüber zum Räuberfelsen und klettert da hinauf. Wie er oben ankommt, ist das Ungeheuer wieder verschwunden. Nur der Zylinderhut des Bürgermeisters schwimmt noch auf dem See!“ Der Wachtmeister zittert vor Erregung.

„Das klingt ja wirklich schlimm!“ meint der Kasperl und zieht die Stirn in Falten.

„Ich fürchte, da muss ich etwas tun. Wie hat denn das Ungeheuer ausgeschaut?“

Der Polizist weiß das natürlich nicht genau, denn er war ja nicht dabei. Darum stottert er auch etwas herum.

„Na grün war’s und ganz lang und schrecklich und das ganze Maul hat’s voller Zähne gehabt und recht schnell war es, hat der Herr Inspektor gesagt und sonst weiß ich nix!“

Der Kasperl hält sich mit der Linken die lange Nase, in die Rechte stützt er sein spitzes Kinn und denkt nach.

„Grün sagst du, und lang und ganz schnell war’s!

Du Wachtmeister, ich hab’ da einen ganz bösen Verdacht. Hätte ich nicht vorigen Sommer das Krokodil mit dem Prügel totgehauen, ich würde fast glauben, dass dieses Ungeheuer das Krokodil ist. Aber egal, fangen müssen wir es!“

Und er macht sich auch gleich auf den Weg. Der Wachtmeister Schmidt folgt ihm, aber der Kasperl meint nur:

„Dazu brauche ich dich nicht. Dafür habe ich den Fips und den Waldi. Die kennen solche Sachen. Du bleibst am besten da in der Stadt und passt auf, wie es sich für einen braven Polizisten gehört!“

Der Wachtmeister Schmidt muss wohl oder übel dableiben, während der Kasperl nach Hause geht. In der Linken hält er das Sackerl mit den frischen Semmeln, der Waldi geht neben ihm und hat die Nase dauernd auf dem Brotsackerl, so gut duften die Brötchen. Der Waldi isst nämlich für sein Leben gern frische Semmeln, was ihm aber oft gar nicht guttut.

Zu Hause angekommen, ruft der Kasperl zuerst den Fips, der natürlich wie immer noch faul im Bett liegt. Während sich der Fips dann im Badezimmer die Zähne putzt, erzählt ihm der Kasperl, was ihm der Wachtmeister soeben für Nachricht überbracht hat. Und während der Fips gurgelt, erklärt er, was jetzt zu tun sei.

Der Fips ist grantig. Er möchte jetzt lieber frühstücken, denn der Bürgermeister ist ja sowieso schon gefressen und das Krokodil ist sicher in einer Stunde auch noch da. Aber der Kasperl gibt keine Ruhe und verspricht dem Fips, dass es statt eines Frühstücks nach der Krokodiljagd ein ausgiebiges Picknick gibt, die Semmeln und die Wurst sind ja schon im Rucksack.

Das bewegt den Fips, sich hurtig anzuziehen und fertigzumachen. Der Kasperl packt noch eine große Flasche Limo, etwas Käse, eine Jausenwurst und Gurkerl zu den Semmeln in den Rucksack. Das alles wickelt er in ein Nylonsackerl. Obenauf kommt noch der Waldi, denn der kann ja mit seinen kurzen Beinen nicht hinten nachlaufen. Dann sucht der Kasperl noch seinen großen Prügel, denn ohne den ist eine Krokodiljagd schlechterdings unmöglich.

Wie er dann so alles beisammen hat, den Rucksack umgehängt, den Prügel auf dem Rad vorne bei der Stange verstaut, geht es los. Der Fips hat sich hinten auf den Gepäckträger gesetzt, was eigentlich verboten ist und was den guten Wachtmeister Schmidt sicherlich wieder sehr zornig gemacht hätte, wäre er den Beiden begegnet.

Der Kasperl radelt also los, hinaus zum See. Er tritt in die Pedale, der Waldi sitzt im Rucksack auf seinem Rücken und die Semmeln duften so köstlich in seine schwarze Hundenase, dass er nicht widerstehen kann, sich kurzerhand umdreht und -Schwupp - die ganzen Semmeln zusammen frisst.

Wahrscheinlich hätte er auch die Wurst gefressen, hätte ihn der Fips nicht am Schwanz aus dem Rucksack gezogen. Der Kasperl bleibt stehen, steckt den Hund wieder richtig in den Rucksack und fährt dann weiter.

Kurz vor dem See ist ein kleiner Berg, den muss man hinabfahren, wenn man zum See will. Und gerade da versagen beim Rad des Kasperl die Bremsen, weil so ein Rad eigentlich nicht für zwei Personen und einen Hund gebaut ist.

Das Rad wird immer schneller, der Kasperl ruft zuerst „Hohoho!“ dann „Huuuiiiii!“ und schließlich nur mehr „Huch!“, wie es das Rad ganz unten schleudert und alle zusammen in weitem Bogen in ein Gebüsch hineinfliegen. Gott sei Dank ist es ein weiches Gebüsch und niemand tut sich ernsthaft weh. Nur das Rad ist ziemlich mitgenommen, das Vorderrad ist verbogen und man kann damit nicht mehr fahren. Die drei müssen daher das letzte Stück zu Fuß gehen.

Wie sie unten beim See ankommen, legt der Kasperl den Rucksack ab und erklärt dem Fips noch einmal seinen Plan.

Sie wollen den See am Ufer abgehen, sollte das Krokodil aber auftauchen, soll der Fips so vorneweg laufen, dass das Krokodil hinter ihm her wäre. Der Kasperl wollte sich einstweilen mit dem Prügel irgendwo im Gebüsch verstecken und der Fips müsste dann das Krokodil zu ihm hinlocken. Na, und dann würde ihm der Kasperl schon Saures geben. So ist der Plan.

Die beiden gehen los und rund um den See, vorbei am Schilf, vorbei an den Weidebüschen, aber kein Krokodil lässt sich sehen. Der Waldi bleibt lieber beim Rucksack, der ist seinem Herzen - oder besser gesagt seinem Magen - wesentlich näher. Leider hat ihn der Kasperl fest zugebunden, sonst wäre er schon leer.

Jetzt spürt der Waldi, wie die Semmeln, die er während der Fahrt so gierig verschlungen hat, in seinem Bauch zu rumoren beginnen. Es ist schon was Schlimmes um das frische Brot, besonders wenn man einen empfindlichen Bauch hat. Den Waldi bläht es bald auf wie einen Ballon.

Auf einmal hört der Waldi etwas gurgeln. Wie er aufschaut, sieht er gerade das Krokodil aus dem Wasser auftauchen und geradewegs auf ihn zuschwimmen. Kaum ist es an Land, ist es auch schon auf der Jagd nach dem armen Hund. Der bellt erschreckt, dass es weithin hallt und läuft so schnell er kann davon.

Das Krokodil ist hinter ihm her und es kommt näher und näher. Da entschlüpft dem Waldi in seiner Not etwas, was man zwar nicht sieht, aber dafür umso stärker riecht. Und das trifft das Krokodil genau in seine großen Nüstern.

Das Krokodil bleibt stehen, die Augen treten ihm aus dem Kopf, es holt tief Luft und bläst ganz schrecklich aus seinen großen Nasenlöchern. Dann niest es, dass man glaubt, das ganze Vieh zerreißt es in tausend Trümmer. Danach noch einmal und noch einmal, schließlich hat es dicke Tränen in den Augen.

Der Waldi hat natürlich das Weite gesucht, der Kasperl jedoch eilt herbei und da ihn das Krokodil nicht sehen kann vor lauter Tränen, kann er sich heranpirschen und schlägt dem Krokodil mit aller Wucht den Prügel genau auf die Schwanzspitze, welche ja bei einem Krokodil bekanntlich der empfindlichste Körperteil ist.

Das Tier stößt einen grauenvollen Schrei aus, stürzt sich ins Wasser, schwimmt schnell wie ein Pfeil quer durch den See und rennt am anderen Ufer ebenso schnell davon, dass man bald nur mehr einen winzigen Punkt am Horizont sieht, der aber auch rasch verschwindet.

Der Kasperl stützt sich auf seinen Prügel und schaut ihm nach. Dann schaut er, wo denn der Waldi bleibt, denn der hat sich vor lauter Schreck gut versteckt. Plötzlich hört er ein Gebell aus dem Schilf. Jetzt kommt auch der Fips und gemeinsam suchen sie nach dem Hund.

Der Hund steht mitten im Schilf, gerade dort, wo eine alte verkrüppelte Weide aus dem Wasser wächst. Und oben auf der Weide sitzt der Bürgermeister. Zwar ist er arg zerzaust, der Zylinder ist weg, vom Frack fehlt hinten ein Stück, und auch die Hose ist beim Sitzfleisch stark zerrissen, sodass die Unterhose rosa hervorblitzt, aber offensichtlich fehlt ihm sonst nichts.

Der Kasperl ist darüber sehr froh. Auch der Fips wirft vor Freude seinen Hut in die Luft, kann ihn jedoch nicht mehr fangen, und der Wind weht ihn hinaus auf das Wasser. Dort schwimmt er jetzt neben dem Zylinder des Bürgermeisters.

„Kasperl, ich bin dir ja so dankbar, dass du mich gerettet hast. Aber was sage ich! Dass du uns alle gerettet hast, denn dieses Ungeheuer hätte ganz sicher auch noch andere Leute gefressen. Zum Dank dafür darf ich euch zu mir ins Rathaus auf eine ausgiebige Jause einladen. Natürlich auch den Waldi, denn der hat ja auch das Seine dazu getan, dass dieses Ungetüm in die Flucht geschlagen wurde!“

Der Kasperl verbeugt sich bescheiden und auch der Fips steht ruhig da. Dann aber helfen sie geschwind dem Bürgermeister vom Baum. Zusammen gehen sie lachend und erzählend in die Stadt.

Hätte jedoch das Krokodil nicht so elendiglich weinen müssen, hätte es den Kasperl sicher kommen gesehen und alles wäre möglicherweise ganz anders ausgegangen. Seither sagt man aber, wenn jemand ohne ersichtlichen Grund ganz heftig weint, er weine Krokodilstränen.

2. Geschichte: Kasperl und das Phantom

Kasperl und Fips gehen auf einer Wiese spazieren. Der Waldi, der immer wenn er einen Schmetterling sieht, diesen zu fangen versucht, ist schon weit vorausgelaufen. Nur mehr ganz klein ist er am Waldrand zu sehen.

Plötzlich huscht ein schwarzer Schatten aus dem Gebüsch und ergreift den Hund. Sekunden später ist der Spuk verschwunden. Alles ist so, wie es war, nur der Dackel ist weg. Die Äste der Bäume wiegen sich im Wind, alles ist friedlich.

Fips hat es ganz genau gesehen, nur der Kasperl hat gerade weg geschaut, darum hat er nichts bemerkt. Fips ruft aufgeregt:

„Kasperl, schau, da hat etwas unseren Waldi gestohlen!“

Der Kasperl glaubt an einen Scherz von Fips, darum sagt er nur ruhig.

„Lass nur, den bringt es schon bald wieder zurück, diese Nervensäge von einem Hund hält keiner lange aus!“

Fips jedoch ist nicht zu beruhigen. Er fuchtelt mit den Händen herum und will den Kasperl dazu bringen, mit ihm zum Waldrand hinzulaufen. Der Kasperl, der noch immer nicht verstanden hat, was denn der Fips will, sagt jetzt ungeduldig.

„Fips, jetzt gib schon Ruhe! Der Waldi wird halt ein wenig in den Wald gegangen sein. Du wirst sehen, gleich kommt er wieder heraus!“

„Nein Kasperl, da war so ein schwarzer Schatten, ich weiß nicht, was das war. Es hat den Waldi gepackt und war auch schon wieder verschwunden. Komm, lauf mit mir hin, vielleicht können wir den Waldi noch retten!“

Der Kasperl schaut den Fips an wie ein Mondkalb. Argwöhnisch fragt er:

„Sag einmal Fips, hast du vielleicht an der Oma ihrer Rumflasche genuckelt? Du kommst mir so ein bisserl verrückt vor. Grad so, wie der alte Potter, wenn er im Wirtshaus wieder einmal zu viel erwischt hat. Dann sieht er auch weiße Mäuse!“

Fips ist empört. Er stellt seine dünne Gestalt pfeilgerade vor den Kasperl und stützt die Hände in die Hüften.

„Kasperl, ich glaube eher, du stellst dich absichtlich dumm. Hast du mich nicht verstanden? Etwas hat deinen Hund entführt! Gestohlen! Vielleicht ist der jetzt schon auf einem Spieß und wird gebraten. Fett wie er war, ist er sicher ein Leckerbissen!“

„Fips, red’ nicht so dumm! Den Waldi braten! Ja wo glaubst du denn, dass wir sind?“ rügt der Kasperl den Fips.

Doch jetzt wird dem Kasperl auch schon ungemütlich. Wenn der Hund in den Wald gelaufen wäre, müsste er schon längst wieder zu sehen sein. Doch die Wiese vor dem Gebüsch bleibt leer.

„Du Fips, jetzt im Ernst! Was war da wirklich? Wo ist der Waldi denn tatsächlich hingekommen? Jetzt müsste er nämlich schon wieder aus dem Wald heraußen sein. Der bleibt freiwillig keine fünf Minuten da hinter dem Gebüsch! Weißt du was, ich pfeif ihm einmal. Dann kommt er sicher gleich heraus!“

Und der Kasperl spitzt die Lippen und pfeift. Aber nichts rührt sich. Der Kasperl probiert es gleich noch einmal, doch das Ergebnis bleibt das gleiche. Daher geht der Kasperl mit schnellen Schritten in Richtung Waldrand.

Ungefähr zehn Meter vor den ersten Büschen bleibt er stehen und ruft laut „Waldi!“ Dazu pfeift er noch einmal. Als das auch nicht nützt, pfeift er schrill auf zwei Fingern.

Selbst wenn der Waldi auf seinen großen Ohren säße, müsste er das hören. Leider kommt der Hund trotzdem nicht, sodass dem Kasperl nichts anderes übrig bleibt, als selbst im Wald Nachschau zu halten.

Kaum ist der Kasperl in das Gebüsch eingedrungen, steht er vor einem alten umgefallenen Baum. Die Wurzeln ragen in die Höhe und auf so einer abgebrochenen Wurzel steckt ein Blatt Papier. Jemand hat eilig ein paar Sätze darauf gekritzelt.

„Kasperl, ich habe deinen Dackel! Bringe die Perlenkette der Oma und ihre goldene Haarnadel um Mitternacht hier zum Baum, sonst hast du einmal einen Hund gehabt! Das Eichenblattphantom!“

Dem Kasperl verschlägt es die Sprache. Er hält das Blatt in der Hand und liest es laut vor, in dem Glauben, der Fips stände hinter ihm. Leider ist der jedoch erst jetzt am Waldrand angekommen, sodass er den Kasperl nicht hören kann.

„Hast du den Waldi schon gefunden?“ fragt er den Kasperl, der jetzt erst merkt, dass der Fips gar nicht mitgekriegt hat, was er soeben vorgelesen hat.

„Du Fips, du bist mindestens so eine Nervensäge wie der Waldi. Wenn man dich braucht, bist du einfach verduftet. Jetzt hör mir noch einmal zu, was da drauf steht, und dann suchen wir unseren Liebling. Wär doch gelacht, wenn uns so ein blödes Phantom einfach den Hund stehlen könnte! So, jetzt hör zu, da steht:“ Und er liest dem Fips noch einmal die Botschaft vor.

„Du Kasperl, kann das sein, dass da jemand unseren Hund entführt hat?“ fragt der Fips in aller Unschuld.

„Klar, du Riesenross! Oder glaubst du, der Waldi hat das alles selber geschrieben, um sich ein neues Halsband herauszuschinden? Und was täte er dann mit der goldenen Haarnadel von unserer Oma, ha?“

Das allerdings leuchtet dem Fips ein und er schüttelt den Kopf.

„Immer wenn ich mit dir fortgehe, komme ich in ein Abenteuer. Ich glaube schon, du denkst dir das vorher aus!“

„Geh Fips, du bist schon ein ganz Dummer! Wer glaubst du, kommt denn schon auf so was! Aber jetzt reden wir nicht viel, komm suchen wir! Vielleicht finden wir Spuren von dem Phantom!“

Die Beiden suchen im Wald herum, aber dort, wo das Phantom gegangen sein könnte, da ist der Weg voller Steine und man kann keine Spuren erkennen. Schon nach kurzer Zeit müssen Kasperl und Fips erkennen, dass sie so keine Chance haben, den Weg des Phantoms zu finden. Sie brechen daher die Suche ab.

„Einen Hund müsste man haben!“ seufzte der Kasperl.

„Ja, womöglich einen Dackel, dann müsst’ man nicht da im Wald herumkriechen und einen Dackel suchen!“ meinte der Fips.

„Geh Fips, jetzt bist du schon wieder so dumm. Nein ehrlich, ich meine, so einen Hund, wie ihn die Jäger haben oder die Polizei. Der würde in Nullkommanichts sofort wissen, wohin das Phantom verschwunden ist.“

„Du hast ja so recht, Kasperl! Aber warum fragen wir nicht den Förster Hugo, der hat doch den Nero! Der kann doch mitkommen und suchen helfen!“

„Ach ja stimmt, der Hugo! Du Fips, lauf und hol den Hugo! Ich warte einstweilen da und halte Ausschau nach dem Waldi!“

Und der gute Fips läuft tatsächlich los, so schnell ihn seine dürren Beine tragen können. Der Kasperl jedoch legt sich auf den Boden und presst sein Ohr an die Erde, so wie es die Indianer im Film immer machen. Er horcht, ob er irgendwo Schritte hört. Er horcht lange und angestrengt, so lange, bis er tief und fest einschläft.

Plötzlich wird er von Hundegebell aufgeweckt.

„Waldi!“ ruft er freudestrahlend, bis er bemerkt, dass es der Nero vom Förster ist, der ihn im Gesicht ableckt.

„Brrr, hörst auf, du Schweindel! Mich im Gesicht abschlecken!“ Der Kasperl wischt sich mit dem Handrücken über das Gesicht, dann erhebt er sich. Wie er sich aufsetzt, bemerkt er, dass da schon wieder ein Zettel neben ihm liegt.

„Suche nicht, sonst ist dein Hund in Gefahr! Bring den Schmuck um Mitternacht, dann ist dein Hund frei! Das Eichenblattphantom!“ steht auf dem Zettel.

Der Kasperl liest den Zettel vor. Hugo, der Förster, wiegt nachdenklich den Kopf.

„Grüß dich Kasperl! Das ist ja eine böse Geschichte, in die ihr da hineingekommen seid. Hoffentlich passiert dem armen Waldi nichts.“

„Du Hugo, du hast doch deinen Hund! Der muss doch sofort die Spur finden, damit wir den Waldi befreien können. Wer weiß, was dieses scheußliche Phantom sonst dem armen Tier antut!“

„Ja schon,“ meint Hugo „Aber das braucht auch seine Zeit. Und bis dahin kann dem Waldi schon weiß Gott was geschehen sein. Ich glaube, es ist das Gescheitere, du bringst einfach die Kette und die Nadel, damit der Waldi erst einmal freikommt. Das Phantom kannst du nachher noch immer fangen!“

Der Kasperl schaut den Förster entgeistert an.

„Sag einmal, bist du denn ganz gescheit? Glaubst du vielleicht, die Großmutter gibt freiwillig die Perlenkette her? Die ist ein Erbstück, die stammt vor der Urstrumpftante Eulalia, die hat sie damals aus Italien mitgebracht. Und die Haarnadel erst! Die ist so kostbar, dass sie die Oma nur an ganz hohen Feiertagen trägt, sonst nimmt sie nämlich immer die Spicknadel! Nie und nimmer gibt sie uns die Sachen!“

Der Kasperl ist ganz nervös bei dem Gedanken, nur der Fips schaut schlau.

„Wir müssen es der Oma ja nicht sagen. Ich weiß ja, wo sie die Sachen hat. Die kann ich schon besorgen!“ meint er keck.

„Fips! Das ist Diebstahl! So etwas darf man nicht einmal denken!“ ermahnt ihn der Kasperl. „I wo, das ist einfach nur ausborgen. Wir geben die Sachen ja nachher wieder zurück! Ich glaube, die Oma hätte sicher nichts dagegen, auch wenn sie es wüsste.“

Der Fips schaute so treuherzig, dass der Kasperl bald überzeugt ist. Jetzt auf einmal kommt Leben in den Kasperl.

„Na, dann auf, los, holen wir die Sachen und legen sie zum alten Baum!“ sagt er laut, dass man es auch noch weiter weg deutlich hören kann. Schnell geht er aus dem Wald mitten auf die Wiese hinaus. Hugo und Fips folgen ihm.

„Passt auf, ich habe da einen Plan. Der Fips und ich, wir holen die Perlenkette und die goldene Haarnadel. Du Hugo, du versteckst dich, sobald es dunkel ist, und lauerst auf das Phantom. Fips bringt genau um Mitternacht den Schmuck. Ich schleiche mich an und wenn das Phantom den Schmuck holt, dann haue ich es mit meinem Prügel windelweich. Und du hilfst mir dabei. Na, ist das eine Idee?“

Die anderen zwei nicken beifällig. Jawohl, so wird es gemacht. Alle drei gehen quer über die große Wiese in Richtung Stadt.