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Beten kann befreien, wenn wir aussprechen, was uns im Innersten bedrückt. Siegfried Eckert fasst viele Sorgen und Ängste unserer Zeit in Worte: Manchmal fühlen wir uns allein, obwohl wir mit der halben Welt vernetzt sind. Manchmal fühlen wir uns überfordert von den Ansprüchen der Leistungsgesellschaft, obwohl wir doch wissen, dass ein Hilferuf kein Zeichen von Schwäche ist. In stummen, kalten, unberührbaren Zeiten braucht es Gebete die berühren, zu Herzen gehen, eine Resonanzachse bilden zwischen Gott und Mensch. "Siegfried Eckert holt den Glauben heim, indem er mit ihm auf unsere Straßen geht und die Gebete neu spricht aus unseren gegenwärtigen Leiden und aus unseren heutigen Hoffnungen", so Fulbert Steffensky über den Autor. Zeit für Gott • Moderne Gebete für heute • Außergewöhnliche Sprachkraft • Ein lebensnaher Begleiter für den täglichen Gebrauch
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Seitenzahl: 50
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SIEGFRIED ECKERT
BERÜHRENDE GEBETE
Siegfried Eckert, geboren 1963, arbeitet als Gemeindepfarrer in Bonn. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Predigtstudien. Seit vielen Jahren ist er Synodalbeauftragter für den Kirchentag, Landessynodaler der Evangelischen Kirche im Rheinland und Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. in Bonn.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2017 by edition chrismon in der
Evangelischen Verlagsanstalt GmbH · Leipzig
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Lektorat: Marlene Fritsch
Covergestaltung: Hansisches Druck- und Verlagshaus GmbH · Frankfurt am Main, Anja Haß
Innengestaltung: Formenorm, Friederike Arndt, Leipzig
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017
ISBN 978-3-96038-068-9
www.eva-leipzig.de
Cover
Titel
Der Autor
Impressum
Vorwort
gott küssen
du bist schön
loslassen
keine angst haben
gebet zur nacht
marthas segen
unglück
aufwecken
hoffnungsgrund
resonanzboden
verwalten
du und ich
schlaganfall
so viel wir brauchen
auferstehung
kirche im dorf
blickwinkel
untergang
verwandlung
stolpersteine
verzagtheit
verfallsdatum
halbleere gläser
genügsamkeit
gott schauen
seligpreisung
regenbogen
mond
dazwischen
durst haben
zeigefinger
lassen
schlittschuhlaufen
mitten im leben
ladehemmung
verlorene fäden
reich sein
biergarten
ende einer ausstellung
aufbruch
beschleunigung
brutkasten
tunnelblick
scherbenhaufen
sterbehilfe
sorge
können
konflikte
irdische wege
wechsel der jahre
notausgang
rechtes auge
ungleichzeitigkeit
wolkenworte
rätselraten
fernreise
schuldscheine
ausquetschen
besitzstandsdenken
anerkennungsbedürfnis
folgsam sein
graue maus
schicksalsschlag
elias schweigen
shit storm
übereinstimmung
abdanken
hintertür
frucht bringen
grabenkämpfe
stille nacht
schlachtfelder
wachsam bleiben
aufleuchten
jahreswende
kleingartenanlage
regelfall
segen für parteigänger
hin und her
neues jerusalem
kissen finden
lachfalten
ladenschluss
berechtigte hoffnung
heimat
segen für die ewigkeit
moralapostel
abendsegen
weihnachten 21
berühre mich
befehlen
mütterliche brust
abschied
Beten ist für mich ein Nachhausekommen ins Wohnzimmer meiner Seele. Besonders innig gelingt mir dies in der Gemeinschaft von Taizé. Stundenlang kann ich dort in der Kirche sitzen, mich auf den Wogen der Gesänge treiben lassen, wie ein Süchtiger in die Magie der Stille eintauchen und einen Geist ein- und ausatmen, der nicht von dieser Welt ist. Wenn hingegen die Stunden des Alltags wie Papierschiffchen auf hoher See zwischen Flaute und Sturmtief dahintreiben, sieht das anders aus. Dann hält mich das Gebet höchstens über Wasser, hält es Ausschau nach besseren Zeiten und gerät zur Wünschelrute meiner Sehnsucht.
Lange Zeit stand meinem Beten die Vergangenheit im Weg. Unter dem Stichwort »Stille Zeit« übertrieb es mein freikirchlicher Jugendeifer und hinterließ verbrannte Erde. Die Form der Klage als Ventil der Ohnmacht und Wut half mir, neu Beten zu lernen angesichts einer Welt, deren Unrecht zum Himmel schreit. Seither stehe ich mit meinen Gebeten meist an der Furt des Zweifels. Wie Jakob am Jabbok ringen sie mit dem großen Unbekannten. Höchstens rückblickend kommt das Gefühl auf, als Gesegneter vom Platz zu gehen: hinkend.
Beten hilft mir, meine Sorgen loszulassen und sie in die Hände dessen zu legen, der alles in Händen hält. Solche Erleichterung setzt Kräfte frei für einen tätigen Glauben. Händefalten ist ja nicht Däumchendrehen, sondern »Kontemplation und Kampf«. Herzensanliegen meiner Predigten packe ich mehr denn je ins Fürbittgebet. »Das soll man nicht tun«, sagen die Experten. Ich hoffe, im Himmel sitzt keine liturigsche Prüfungskommissionen, sondern ein Vater, der offene Ohren für unsere Anliegen hat.
Beten ist das einfachste Ausdrucksmittel unseres Glaubens. Dafür braucht keiner nach Taizé zu fahren oder Theologie zu studieren. Es ist jederzeit möglich. Dieses Buch möchte in Versuchung führen, dem eigenen unaussprechlichen Seufzen Worte zu verleihen. »Es braucht Gebetbücher, weil beim Beten in unserer Zeit Wortnot herrscht«, antwortete mir einst ein kundiger Lektor auf meine Frage, ob es Bücher mit Gebeten überhaupt geben müsse.
»Am Anfang war das Wort«, wurde als Überschrift für die Reformationdekade gewählt. Trotz Bilderfluten und postfaktischer Gerüchteküchen will ich den Glauben an das Wort nicht zum Altpapier legen. »neulich küsste ich gott« war der Titel meines ersten Buches, eines Gedichtbandes, der 1985 erschien. »Gott in den Ohren liegen« überschrieb ich das erste Gebetbuch, das in einer überarbeiteten Fassung in der edition chrismon 2014 herauskam. In diesem Gebetbuch feiert ein mir vertrauter Titel Auferstehung, sind doch die Grenzen zwischen Gedicht und Gebet fließend. Sollte das eine oder andere Wort dieses Buches berühren, für Gänsehautmomente sorgen, gar etwas in der Welt verändern, ist dies dem zu verdanken, der tote Buchstaben zu neuem Leben erweckt. Deshalb heißt Beten in erster Linie: Gott loben.
neulich
küsste ich gott
steckte ihm
einige groschen
für ein paar zigaretten zu
wischte ihm
die tränen
aus den augen
besuchte ihn
im krankenhaus
schenkte ihm
eine scheibe brot
für seinen knurrenden magen
lud ihn
in mein zimmer ein
auf eine tasse tee
du bist schön
weil augen dich ansehen
eltern dich wollten
hände dich formten
aus liebe und lehm
du bist schön
weil gottes geist in dir atmet
die falten der haut
deine geschichten erzählen
du bist schön
wenn die sonne
auf deinem gesicht erstrahlt
das lachen
über deine lippen huscht
du bist schön
wenn du
die hände faltest
um dein leben
wie ein kind
in die hand
deines schöpfers
zu legen
herr
ich lasse los
zu allererst mich selbst
meine vorstellungen vom leben
meine vorurteile über andere
den neid auf so viele
die es besser haben als ich
meine sorge vor so vielen
die es schlechter haben als ich
herr
ich lasse los
meine vorbehalte
gegenüber meinen feinden
meine abhängigkeit
von meinen freunden
meine sehnsucht nach anerkennung
meine undankbarkeit trotz größtem glück
nimm in deine hände
was wehmütig ich dir überlasse
lege deinen segen auf alles
was dem frieden dient
anstrengend ist es geworden
sich zu behaupten
im kampf um arbeitsplatz
und lebenschancen
auf schulhöfen und spielplätzen
die versuchung liegt nahe
sich anders zu geben
als man ist
christus befreie uns
vom zwang der selbstbehauptung
erlöse uns
von bösen mächten
die allen schaden
stumm sind wir geworden
haben uns verkrochen