Nia und das Baby - Kim Lawrence - E-Book

Nia und das Baby E-Book

Kim Lawrence

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Beschreibung

Die halbe Nacht hat Nia sich um Jacks kleinen Neffen gekümmert, dessen Vater spurlos verschwunden ist. Erschöpft schläft sie ein. Als sie erwacht, liegt ein Mann neben ihr im Bett. Leider nicht Jack, ihr Chef, den sie wirklich liebt - denn der öffnet gerade die Schlafzimmertür …

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Seitenzahl: 131

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IMPRESSUM

Nia und das Baby erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2001 by Kim Lawrence Originaltitel: „Baby And The Boss“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 312 Übersetzung: Björn Junker

Umschlagsmotive: shurkin_son, timonko / GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2022

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751517805

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Nia war außer Atem, als sie endlich ihren Schreibtisch erreichte. Zu ihrer Erleichterung sah sie durch die Verbindungstür, dass auch ihr Boss noch nicht aus der Mittagspause zurückgekehrt war – obwohl das für ihn sehr untypisch war. Sie blickte auf die Uhr: zwei Minuten zu spät. Hastig schob sie ihre Einkäufe unter den Tisch, ließ sich dann auf ihren Stuhl gleiten und setzte ihren ruhigsten, seriösesten Gesichtsausdruck auf.

Es war nicht so, dass sie nur so tat, als wäre sie ruhig und kompetent, aber ihr derzeitiger Chef schien genau das zu denken.

Als Angestellte einer Zeitarbeitsfirma war sie es gewöhnt, sich anzupassen, doch bei manchen Arbeitgebern gelang ihr das deutlich leichter als bei anderen. Jack Prentice war vielleicht nicht der schwierigste Chef, für den sie je gearbeitet hatte, aber er war auf dem besten Weg dorthin. Seufzend rückte sie die Haarspange zurecht, die ihre dichten, kastanienbraunen Locken bändigen sollte.

Es war beinahe unmöglich, mit jemandem eine gute Arbeitsbeziehung aufzubauen, der zu denken schien, sie könne nicht einmal alleine atmen, wenn er ihr nicht detaillierte Anweisungen dazu gäbe.

Sie glaubte nicht, dass seine Abneigung persönlich gemeint war. Trotz seiner Reaktion bei ihrer ersten Begegnung – von der sie nun wusste, dass die extrem untypisch für ihn gewesen war. Sie vermutete, dass er sie in der gleichen gedanklichen Schublade abgelegt hatte wie die Büromöbel. Ihr war immer klar gewesen, dass man als erfolgreiche Leiharbeiterin ein bisschen etwas von einem Chamäleon haben musste. Aber irgendwo gab es auch eine Grenze. Sie würde bestimmt nicht anfangen, eine Perücke zu tragen, nur um das Büroklima zu retten.

„Sie haben ja rote Haare.“

In den dreißig unangenehmen Sekunden, die dieser überraschten Anschuldigung gefolgt waren, hatte Nia das einzige Mal erlebt, dass Jack Prentice sich ein wenig peinlich berührt zeigte. Ihr Gesichtsausdruck hatte wohl relativ deutlich zum Ausdruck gebracht, was sie von dieser mehr als dummen Bemerkung hielt. Alles in allem keine guten Voraussetzungen für den Aufbau einer entspannten Arbeitsbeziehung.

Seit diesem Tag hatte er sie behandelt, als würde sie schlecht riechen. Aber im Ernst, was hatte er denn erwartet? Schließlich war das keine sehr originelle Bemerkung für jemanden gewesen, der als einer der brillantesten, innovativsten Architekten seiner Generation galt. Er musste gut sein. Schließlich war er mit Anfang dreißig fast noch zu jung für den Ruf, den er weltweit bereits erworben hatte.

Aber ihr kam er nicht wie der einfühlsame, kreative Typ vor. Obwohl er einen ganzen Schrank voller Auszeichnungen hatte, die genau das besagten. Da war ihr wahrscheinlich etwas entgangen. Dass er ein unglaublicher Workaholic war, allerdings nicht. Genauso wenig wie seine unendlich nervtötende Detailversessenheit!

Wenn sie einen Fehler machte, ließ er es sie auf seine spezielle Art wissen. Ohne ein Wort zu sagen – eine hochgezogene Augenbraue und ein schmerzerfüllter Blick reichten –, hatte er ihr gleich zu Anfang klargemacht, dass er ihre Ansammlung von Familienfotos sowie die dezente Topfpflanze auf ihrem Schreibtisch vollkommen unangemessen fand.

Sie hatte kein großes Aufheben darum gemacht. Er stand eben auf den minimalistischen Stil, und schließlich zahlte er ihr Gehalt. Sie nahm es hin und hatte keine weiteren Versuche unternommen, ihren Arbeitsplatz zu verschönern.

„Miss Jones, würden Sie bitte meinem Bruder Kaffee machen?“

Sie fuhr zusammen und stieß vor Schreck einen Ordner zu Boden. Sie hatte ihn nicht kommen hören.

„Bruder?“ Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wovon er sprach.

Zum Glück gehörte Gedankenlesen nicht zu seinen Talenten, obwohl, wer konnte das schon so genau wissen bei diesen Augen? Sie hatten etwas fast Gespenstisches, das sehr blasse Grau mit dem ausgeprägten dunklen Ring um die Iris. Dazu die langen, dichten und geschwungenen Wimpern, die seinem ansonsten eher herb-attraktiven Gesicht etwas beinahe Frivoles gaben.

Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wie es ihm gelang, ohne jedes Geräusch einen Raum zu betreten. Sie machte genug Lärm für ein ganzes Regiment, wenn ihre Absätze auf den blassen Dielen aus Ulmenholz klapperten, die im ganzen Gebäude verlegt waren. In seinem letzten Leben war der Mann garantiert ein Meuchelmörder gewesen. Ja, entschied sie, seine fein gemeißelten Gesichtszüge hatten etwas Düsteres, geradezu Raubtierhaftes. Sie betrachtete versunken den Verlauf seines harten, kantigen Kinns – und da fiel ihr endlich ein, wen er meinte. Den Mann auf der Treppe!

„Ihr Bruder ist bereits gegangen“, erklärte sie jetzt selbstsicher.

Als er fragend eine Augenbraue hob, beeilte sie sich hinzuzufügen: „Ich bin ihm auf der Treppe begegnet. Mir war nicht bewusst, dass es Ihr Bruder war, aber er sah …“

Doch sie erinnerte sich nicht wegen der im Nachhinein offensichtlichen Ähnlichkeit so genau. Es war der bedrückte Blick, der ihr aufgefallen war. Nun ja, das und seine außergewöhnliche Schönheit. Er war wirklich der attraktivste Mann, dem sie je begegnet war. Aber war dann sein Bruder nicht auch …? Sie sahen einander wirklich frappierend ähnlich. Widerwillig musste Nia sich eingestehen, dass auch ihr Boss unglaublich gut aussah.

Vielleicht hat es etwas mit dem Gesichtsausdruck zu tun, grübelte sie. Sie konnte sich nicht vorstellen, Jack nachlaufen zu wollen, um ihm zu helfen. Aber genau diese Reaktion hatte sein Bruder bei ihr ausgelöst.

Nia war alt genug, um zu wissen, dass man seinem Bauchgefühl nicht nachgab. Schon gar nicht, um einem völlig Fremden Hilfe anzubieten. Kein Wunder, dass sie die Verwandtschaft nicht erkannt hatte. Sie kannte keinen Menschen auf dieser Welt, der weniger Hilfe brauchte als Jack Prentice.

Jacks presste die Lippen zusammen und nickte abrupt. „Wir sind Zwillinge. Stellen Sie den Anruf aus Stockholm direkt durch.“

Zwillinge! Ja, wenn sie die beiden in Gedanken verglich, war es unverkennbar.

So ähnlich und doch so verschieden, dachte sie, während er in seinem Zimmer verschwand. Sie seufzte. Das tat sie häufig, seit sie für diesen ermüdenden Mann arbeitete. Würde Jack Prentice unrasiert und mit langen Haaren wirklich aussehen wie der Mann auf der Treppe?

In Gedanken ersetzte sie die stumpfen Strähnen des Fremden durch gesund glänzende Haare. Ihren Boss konnte sie sich wirklich nicht mit strähnigem Haar vorstellen. Als Erstes waren ihr auf der Treppe diese langen, muskulösen Beine aufgefallen. Und danach der ebenso beeindruckende Oberkörper.

Bedeutete das, dass sein Zwilling körperlich ebenso gesegnet war? Nun, überrascht wäre Nia nicht. Irgendwie hatte sie schon immer vermutet, dass in diesen konservativen, gut geschnittenen Anzügen ein äußerst durchtrainierter Körper steckte. Ihr Chef strahlte einfach eine unheimliche Vitalität aus.

Die Gegensprechanlage riss sie aus ihren Überlegungen zu den körperlichen Vorzügen ihres Arbeitgebers. Trotz der Hitze in ihren Wangen antwortete sie ruhig und gefasst.

„Miss Jones, da ist ein Tier in meinem Büro.“

„Sind Sie sicher?“, fragte sie zweifelnd.

„Natürlich bin ich das, und zwar verdammt sicher! Ich kann es hören. Eine Katze. Gehört sie Ihnen?“

Jemandem, der Fotos seiner Eltern und Freunde mit ins Büro brachte, war offenbar auch zuzutrauen, in seinem Büro einen Zoo zu eröffnen – vor allem wenn derjenige rote Haare hatte.

„Ich bin allergisch gegen Katzen. Wenn es ein Hund wäre … Soll ich die Security rufen?“, fragte sie höflich.

„Ich glaube, mit einer Katze werde ich noch fertig, Miss Jones.“ Sie hörte, wie er überrascht einatmete. Und dann sein erschüttertes: „O Gott! Ich glaube es nicht! Josh, du verdammter Narr!“

Es musste schon einen guten Grund geben, wenn ein Mann wie Jack Prentice sich seine Verblüffung so anmerken ließ! Nia sprang auf, wenn auch eher aus Neugier als aus Hilfsbereitschaft, wie sie sich eingestand.

Nia hatte eine Schwäche für Schuhe, allerdings nicht das nötige Geld für ihr Laster. Auch heute trug sie ein wunderschönes, aber äußerst unpraktisches Paar. Ein Schnäppchen, dem sie nicht hatte widerstehen können, auch wenn sie etwas eng saßen. Ihre Absätze klapperten laut auf dem Parkett, als sie atemlos in das innere Heiligtum stürmte.

Eine Wand des Büros war komplett aus Glas und gab einen Blick frei, der jeden Grundstücksmakler glücklich gemacht hätte. Zudem standen hier Möbel, denen man schon jetzt ansah, dass sie einmal zu gefragten Antiquitäten werden würden.

Aber Nia hatte keinen Blick für die Inneneinrichtung übrig. Ihre gesamte Aufmerksamkeit galt dem seltsamen Schauspiel, das ihr Boss bot. Der hockte in seiner ganzen Länge von knapp zwei Metern auf allen vieren vor dem gigantischen, geschwungenen Holztisch auf dem Boden.

„Was ist denn los?“

Jack strich sich mit zitternder Hand durch das dunkle Haar. Als er zu ihr hochsah, gab er den Blick auf das frei, was bis dahin von seinem Körper verdeckt gewesen war.

„O mein Gott! Das ist ja ein Baby“, entfuhr es ihr. Sie starrte ungläubig auf das kleine Wesen, das in einem Kindersitz unter dem Tisch stand. „Meins ist es nicht“, setzte sie schnell hinzu, als ihr Arbeitgeber sie immer noch geschockt ansah.

Er sah sie an, als hätte sie etwas noch Dümmeres gesagt als sonst.

„Das ist mir bewusst.“

„Dann ist es Ihrs!“, stieß sie fassungslos hervor. Wenn sie genauer hinsah, kamen ihr diese grauen, dunkel umrandeten Augen sehr bekannt vor.

„Nein, ist es nicht!“

„Sind Sie wirklich sicher?“, fragte sie zweifelnd und blickte von dem kleinen, rundlichen Gesicht des Babys zu der unfreundlichen älteren Version.

Jack richtet sich auf und hielt den Babysitz auf Armeslänge von sich, als wäre der Inhalt ansteckend.

„Miss Jones, ich bin hundertprozentig sicher, dass dieses Baby nicht von mir ist.“ Er versuchte wirklich, geduldig zu sein, aber es gab Grenzen. Und diese Frau war gerade dabei, diese zu übertreten.

Auf einmal verstand Nia. Mitleid spiegelte sich in ihren Augen, als sie ihn anschaute. „Es tut mir so leid. Das konnte ich ja nicht wissen.“

„Was wussten Sie nicht?“, sagte er mit erzwungener Ruhe. Er versuchte krampfhaft, die Kontrolle über eine Situation zu behalten, die langsam, aber sicher ins Absurde abzugleiten drohte.

„Dass Sie unfruchtbar sind. Aber geben Sie die Hoffnung nicht auf. Wissen Sie, auf diesem Gebiet werden wirklich erstaunliche Fortschritte gemacht. Erst neulich habe ich diesen Dokumentarfilm gesehen, der …“

„Miss Jones!“

Bei seinem wütenden Ton verstummte Nia abrupt. Ihre vollen Lippen wurden schmal und ihre grünen Augen leuchteten kämpferisch.

Hatte diese Frau noch nie etwas von Distanz und Professionalität gehört? Warum konnte sie sich nicht an normale Themen wie das Wetter halten? Seit sie hier war, war sein Büro zu einem Zufluchtsort für jede verzweifelte Kreatur in diesem Gebäude geworden. Ihre verdammte Einfühlsamkeit passte ihm ganz und gar nicht.

Er schloss kurz die Augen und verfluchte den Tag, an dem seine echte Sekretärin beschlossen hatte, Kinder zu bekommen. Fiona hätte nie zugelassen, dass irgendwelche Babys oder Kinder unter seinem Schreibtisch abgestellt wurden.

„Seien Sie ruhig … bitte.“ Er zwang sich, geduldig zu lächeln. Fiona hätte ihn auch nie mit dem Klimpern ihrer Ohrringe abgelenkt. Sobald sie wieder da war, würde er ihr eine skandalös hohe Gehaltserhöhung geben. Sie durfte ihn einfach niewieder verlassen.

Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Säugling, den er immer noch mit gestreckten Armen von sich hielt. Das Baby klang jetzt deutlich weniger zufrieden. Und das kleine Gesicht war beunruhigend rot angelaufen.

„Babys mögen keine lauten Geräusche“, merkte Nia nicht ohne Genugtuung an. „Und ich“, fuhr sie fort, „auch nicht.“

„Ich bin nicht unfruchtbar.“

„Natürlich nicht“, stimmte sie ihm beflissen zu.

Die verdammte Frau hatte Mitleid mit ihm! „Wirklich nicht“, presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Ich weiß, dass dieses Baby definitiv nicht von mir ist, weil es meinem Bruder gehört.“

„Oh, ich verstehe.“ Nia kräuselte die Nase und runzelte die Stirn. „Nun ja, um ehrlich zu sein, verstehe ich es doch nicht. Warum hat Ihr Bruder sein … ist es ein Junge oder ein Mädchen?“

„Junge.“

„Warum hat er seinen Sohn unter Ihrem Schreibtisch zurückgelassen?“ Das ging wohl doch etwas über reine Vergesslichkeit hinaus.

„Wenn wir ihn finden, können Sie ihn das selbst fragen“, versprach er grimmig.

„Wir?“, fragte sie misstrauisch.

„Ist mein Terminplan heute Nachmittag sehr voll?“

„Ein paar Sekunden haben Sie wohl übrig.“

Er ließ ihr den Sarkasmus durchgehen. Denn ihm schwante, dass er jetzt weibliche Unterstützung dringend nötig hatte. Und wie zum Beweis begann der Kleine genau in diesem Moment durchdringend zu schreien.

„Verschieben Sie alle Termine für heute Nachmittag“, sagte er hastig. „Ich werde Josh finden. Sie passen auf das Baby auf.“

Dass er sofort annahm, sie würde ihm helfen, war mal wieder typisch. „Ich? Warum ich?“ Warum fragte er nicht Victoria oder Jasmine, oder … wie hieß noch die andere? Sie unterdrückte ein Grinsen. Zu gerne würde sie die Reaktion dieser Ladys sehen, wenn er sie zum Babysitten aufforderte.

„Sie sind eine Frau, oder nicht?“, sagte er laut, um das schreiende Kind zu übertönen.

Sie war erstaunt, dass ihm das auffiel. „Und deshalb bin ich besser fähig, mich um Babys zu kümmern?“, fragte sie mit weit aufgerissenen Augen.

„Ich bitte Sie nur um ein wenig Geben und Nehmen, Miss Jones. Das ist ein Notfall.“

Er musste wirklich verzweifelt sein. Schließlich setzte er nur selten dieses strahlende Lächeln auf. Das hob er sich sonst für Jasmine, Victoria und, ach ja, natürlich, Selina auf. Ein Lächeln, das all diese gertenschlanken und hochgewachsenen Schönheiten besänftigte, wenn sie mal wieder stundenlang auf ihn warten mussten.

Nun, ihm stand eine Enttäuschung bevor. Sie würde sich nicht darum reißen, ihm zu gefallen. Sie war in einem von Männerhaushalt aufgewachsen. Und wenn der Mann im Hause von Geben und Nehmen sprach, hieß das eigentlich immer, dass die Frau geben sollte!

„Ich bin diese Woche schon dreimal zwei Stunden früher gekommen. Und es war ausgemacht, dass ich dafür heute auf jeden Fall pünktlich um drei Uhr gehen kann. Wenn Sie jetzt verschwinden, um Ihren Bruder zu suchen, wird daraus aber sehr wahrscheinlich nichts. Vor allem, weil ihr Bruder bestimmt gar nicht gefunden werden will.“

„Das ist ziemlich egoistisch“, sagte er mit wachsender Abneigung.

„Wenn es Ihnen hilft, meine Brüder sagen das auch über mich – und zwar alle fünf. Wenn Sie denken, Sie können auf mir herumtrampeln, Mr. Prentice, dann haben Sie sich geirrt“, erklärte sie ihm ganz direkt. „Ich werde nicht mein Privatleben für Sie opfern. Aber wenn ich eine eigentlich recht offensichtliche Frage stelle darf: Warum rufen Sie nicht einfach die Frau Ihres Bruders an?“

„Das würde ich gerne tun. Aber sie ist tot“, sagte er ausdruckslos.

Bei seinem sachlichen Ton erlosch ihr überlegenes Lächeln. Sie blickte von seinem grimmigen Gesicht auf das winzige Wesen herab und spürte, wie ihr die Tränen kamen.

„Das … das ist …“ Sie schluckte schwer. Schrecklich schien nicht das richtige Wort für diese Tragödie zu sein. Das traurige Rätsel um den verzweifelten jungen Mann auf der Treppe war nun jedenfalls gelöst. Sie wünschte, sie hätte ihn doch angesprochen. Ihr Herz schmerzte vor Mitleid, und plötzlich konnte sie nachvollziehen, wieso er es vorgezogen hatte, zu verschwinden.

„Das ist es“, stimmte er ihr zu.

Jack beobachtete, wie eine einzelne Träne aus ihrem Augenwinkel rann und über ihre weichen Gesichtszüge kullerte, bevor sie sie mit einer beinahe achtlosen Geste abwischte.

„Können Sie mit einem Kompromiss leben?“