Nicolas schläft - Carmen Bregy - E-Book

Nicolas schläft E-Book

Carmen Bregy

4,8

Beschreibung

Nicolas ist neun Jahre alt und hat Angst. Immer. Seine ständige Angst macht ihn schüchtern und unzugänglich, sie verkleinert sein Leben auf das Wenige, vor dem er sich nicht fürchtet, sie macht ihn seltsam, introvertiert und allein. Keiner erkennt, dass Nicolas Hilfe braucht, weil er seine Angst nicht allein bewältigen kann. Eine berührende Geschichte über ein wichtiges Thema, das mehr Aufmerksamkeit verdient, ein schönes Buch mit ein wenig Hoffnung auf Hilfe und Verständnis.

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Carmen Bregy

Nicolas schläft

Roman

Kein Himmel,

keine Erde – aber immer noch

fallen Schneeflocken.

Hashin

Auf dem Fußsteig liegt ein kleiner grüner Vogel. Die Beine zeigen im rechten Winkel in den Himmel. Am Oberschenkel verfranst das Federkleid, darunter dünnes Schienbeinweiß. – Fern vom Erwachen der Stadt liegt er in der Windstille des Morgens. Trotzig gespreizte Vogelfüße recken sich himmelwärts.

Nicolas kniet sich neben den Vogel, berührt den zarten Kopf, legt sein Taschentuch über den Körper und greift nach ihm. Er fühlt sich sehr leicht an. Aber wer fliegen will, muss leicht sein. So leicht wie möglich. Selbst die Knochen müssen ganz leicht sein. Leichter als Wasser am besten. Am allerbesten ist es, wenn die Knochen mit Luft gefüllt sind. Pneumatisierte Knochen. Hohlräume, die das Knochengewicht verringern.

Nicolas betrachtet die großen, seitlich angesetzten Augenhöhlen, in denen sich die letzten Bilder befinden. Ein Stück Himmel vielleicht, bevor der Vogel im Sturzflug auf den Boden schlug und andere Tiere schnüffelnd an seinen starren Blick heranschlichen. An den Lidrändern kann Nicolas feine Federn erkennen. Wie menschliche Wimpern. Die Augen sind geschlossen und halten Staub und laute Welten fern. Hinter den Lidern schläft alles, was der Vogel je gesehen hat.

Ein bisschen versetzt von den Augenhöhlen liegen zwei kleine Gehöröffnungen. Vögel hören wie Menschen, weiß Nicolas. Wobei es Vogelarten gibt, die viel mehr Töne unterscheiden können als Menschen. Also konnte dieser Vogel womöglich mehr hören als er, überlegt Nicolas. Das Geräusch riesiger Vogelschwingen, die verborgen in der tiefen Nacht wie helle Schatten durch die Wolken fliegen, Geräusche ferner Länder im Gefieder mit sich tragend. Ein Echo aus Meeresblau und Wüstengelb. Oder das hell klingende Formen von Tropfen in Wolkentürmen, bevor sie sich fallen lassen. Vielstimmig wie ein wilder, fliegender Zirkus, der zur Erde stürmt. Oder das feinspinnige Zischen einer elektrischen Ladung kurz vor einem Gewitter. Oder Aschewolken, die als schwebende Teppiche über Kontinente ziehen und in deren Maschen sich Korn für Korn summend aneinanderschmiegen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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