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Dieses Buch richtet sich an alle, die sich trauen, eigene Choraufnahmen zu erstellen; also Chorsänger, Chorleiter oder auch Studioleute, für die dieses Thema Neuland ist. Das damit erste deutschsprachige Buch zu dieser Thematik enthält ein Rundum-sorglos-Wissens-Paket, welches die Bandbreite vom einfachen Mitschnitt bis zur CD-Produktion umfasst.
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Seitenzahl: 170
Veröffentlichungsjahr: 2016
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ZU DIESEM BUCH
PERSONALFRAGEN
2.1. D
IE TECHNISCHE
S
EITE
2.2. D
IE MUSIKALISCHE
S
EITE
2.3. D
IE PSYCHOLOGISCHE
S
EITE
RÄUMLICHKEITEN
3.1. A
UFNAHMEN AUS DEM
P
ROBENRAUM
3.2. L
IVE
-M
ITSCHNITT
3.3. R
AUMAKUSTIK BEI HOCHWERTIGEN
P
RODUKTIONEN
3.4. S
TÖRFAKTOREN
CHOR-AUFSTELLUNGEN
4.1. K
OMPLETT GEMISCHTE
A
UFSTELLUNG
4.2. S-A-T-B
4.3. S-A / T-B
4.4. S-T-B-A
4.5. S-T/B-A
4.6. W
AS SONST NOCH BEACHTET WERDEN SOLLTE
KLEINE MIKROFONKUNDE
5.1. M
IKROFONTYPEN
5.2. R
ICHTCHARAKTERISTIK
5.3. S
TEREO
-V
ERFAHREN
5.4. W
AS SONST NOCH BEACHTET WERDEN SOLLTE
5.5. A
USWAHL UND
A
UFSTELLUNG DES
H
AUPTMIKROFONS
5.6. A
USWAHL UND
A
UFSTELLUNG DER
S
TÜTZMIKROFONE
5.7. S
PEZIALFÄLLE
5.8. K
LEINE
M
ATERIALLISTE
AUFNAHMEN OHNE PC
6.1. E
INFACHE
A
UFNAHMEN MIT MOBILEN
R
EKORDERN
6.2. A
UFNAHMEN MIT HOCHWERTIGEN
M
EHRSPURGERÄTEN
6.3. A
UFNAHMEN MIT
M
EHRSPUR
-K
OMPAKTSTUDIO
AUFNAHMEN MIT PC
7.1. E
INIGE
G
RUNDSÄTZE
7.2. A
LLGEMEINE
A
USSTATTUNG
7.3. A
USSTATTUNG FÜR
R
ECORDING
-Z
WECKE
AKUSTISCHE RÜCKKONTROLLE
8.1. M
ONITOR
-T
YPEN
8.2. A
UFSTELLUNG
8.3. K
OPFHÖRER
ÜBERBLICK ZUR TECHNISCHEN AUSRÜSTUNG
RECORDING-SOFTWARE
10.1. S
INNVOLLE
G
RUNDEINSTELLUNGEN
10.2. D
AS
S
PUR
-F
ENSTER
10.3. A
UFNAHME UND
W
IEDERGABE
10.4. B
EARBEITUNGSMÖGLICHKEITEN
KLEINE MISCHPULTKUNDE
11.1. K
ANALZUG
11.2. M
ASTERSEKTION
11.3. W
EITERE
F
UNKTIONEN
OPTISCHE RÜCKKONTROLLE
12.1. L
AUTSTÄRKE
12.2. P
ANORAMA
12.3. S
O KANN DIE
P
RAXIS AUSSEHEN
12.4. W
EITERE
A
NZEIGEN
DIE EIGENTLICHE AUFNAHME
13.1. R
ICHTLINIEN FÜR DEN
C
HOR
13.2. R
ICHTLINIEN FÜR DEN
C
HORLEITER
13.3. R
ICHTLINIEN FÜR DEN
A
UFNAHMELEITER
13.4. B
EISPIEL FÜR EINE
PC-A
UFNAHME
DAS GROßE SORTIEREN
14.1. B
EARBEITUNGSPROJEKT ANLEGEN
14.2. M
ATERIAL SICHTEN
14.3. S
CHNEIDEN
14.4. F
ADE UND
C
ROSSFADE
MISCHEN
15.1. P
EGELVERHÄLTNISSE
15.2. P
ANORAMA
ALLGEMEINES ZU EFFEKTEN
16.1. S
IGNALVERARBEITUNG INNERHALB DES
E
FFEKTES
16.2. S
IGNALFÜHRUNG
EQUALIZER
17.1. A
LLGEMEINE
F
UNKTIONSWEISE
17.2. E
INSATZ BEI
C
HOR
-A
UFNAHMEN
KOMPRESSOR UND LIMITER
18.1. A
LLGEMEINE
F
UNKTIONSWEISE
18.2. E
INSATZ BEI
C
HOR
-A
UFNAHMEN
HALL
19.1. A
LLGEMEINE
F
UNKTIONSWEISE
19.2. E
INSATZ BEI
C
HOR
-A
UFNAHMEN
WEITERE BEARBEITUNGSMÖGLICHKEITEN
20.1. D
E
-E
SSER
20.2. S
TÖRGERÄUSCHBESEITIGUNG
20.3. N
OCHMAL
P
ANORAMA
20.4. T
RACKBOUNCING
20.5. M
ASTERN
BUCHEMPFEHLUNGEN
21.1. V
ERLAG
PPV M
EDIEN
21.2. GC C
ARSTENSEN
V
ERLAG
21.3. A
NDERE
V
ERLAGE
21.4. E
IGENWERBUNG
Hier ist nun also das erste in deutscher Sprache erhältliche Buch zum Thema Choraufnahme. Aber wie beginnt man am besten? Ich fange gleich mal kompliziert an, indem ich mehrere scheinbar einfache Fragen in die Runde werfe:
Zu welchem Zweck werden Choraufnahmen angefertigt?
Jeder Chorsänger kennt das: Im Laufe der Zeit hat man so manchen Titel erarbeitet, den man vielleicht als ewige Konserve besitzen möchte. Der Solokünstler hat es gut - er kann sich seine Liedchen ständig selbst vorträllern. Der Chormusikant ist aber auf das Mitwirken seiner Gemeinschaft angewiesen. Ein einfacher Live-Mitschnitt oder auch Aufnahmen aus dem Probenraum sind zumindest schon mal etwas zum Mit-nach-Hause-Tragen. Das andere Ende der Fahnenstange wäre dann eine vollwertige Produktion, die im Normalfall nicht nur für die Chormitglieder, sondern vor allem für die Öffentlichkeit gedacht ist.
Welche Qualität sollten Choraufnahmen haben?
Was für eine Frage! Natürlich die beste, die möglich ist. Aber was ist letztlich möglich? Bei einer Studioproduktion sicher mehr als bei einem Live-Mitschnitt. Bei guter Technik natürlich auch mehr als mit einem Wald-und-Wiesen-Rekorder. Und bei Leuten mit entsprechendem Hintergrundwissen sicher auch mehr im Vergleich zu Leuten, die nur den Aufnahme-Button am Smartphone kennen.
Wer sollte die Aufnahmen anfertigen?
Professionelle Aufnahmen fertigen Profis an, wie die Bezeichnung ja vermuten lässt. Einfachere Sachen liegen eher im Amateurbereich. Aber gibt es da nichts dazwischen??? Damit sind wir genau an dem Punkt, an dem das vorliegende Buch ansetzt. Ich werde mit den nachfolgenden Seiten aus dir mit Sicherheit keinen Tonmeister machen können. Darum geht es ja auch nicht. Es geht vielmehr darum, dass wir uns speziell den Teilbereich der Choraufnahme aus dem großen Gebiet der Tontechnik herausgreifen und versuchen, dich für vernünftige Aufnahmen fit zu machen.
Welche technischen Erfahrungen bringst du als Leser mit?
Die nächste schwierige Frage - zumindest dieses Mal für mich, denn woher soll ich wissen, wie gut du dich in der Materie schon auskennst. Damit wird das Buch für mich ein wenig zur Gratwanderung. Einerseits gibt es den Total-Neueinsteiger, der noch alle Grundlagen erlernen muss. Auf der anderen Seite ist da vielleicht auch ein alter Studiohase, der halt nur noch nie Chöre aufgenommen hat, aber ansonsten seine Technik im Schlaf beherrscht. Die Schwierigkeit für mich wird also einerseits darin bestehen, verschiedene Aufnahmesituationen von einfach bis anspruchsvoll darzustellen und andererseits dabei die Spannweite der Leserschaft mit keiner bis hin zu viel Vorerfahrung abzudecken. Damit dies funktioniert, werde ich also vor allem bei den theoretischen tontechnischen Erläuterungen wirklich bei den Basics ansetzen. Wenn du zu den Lesern gehörst, die weite Teile davon bereits kennen und lediglich auf dem Gebiet der Choraufnahme neu sind, kann ich dich nur um Verständnis bitten. Ob du nun diverse Abschnitte dann überspringst, überfliegst oder vielleicht zur Wissensauffrischung nutzt, sei dir überlassen.
In Bezug auf das Verständnis des Buchtitels sind mir zwei Dinge wichtig:
Mit Chor ist im Wortsinne natürlich erst einmal das gemeint, was man vermutlich landläufig auch unter einem Chor versteht. Das reicht von kleinen Vokalensembles ab zwölf Mitgliedern bis hin zu „Massenchören“, die gern auch mal an die 100 Darbietende aufweisen. Der dabei gesungene Stil ist für uns im Moment unerheblich.
Damit keine Missverständnisse aufkommen, muss ich betonen, dass wir entsprechend des Buchtitels ausdrücklich die Chor
aufnahme
besprechen. Es geht nicht um die Live-Übertragung per Tonanlage. Einiges ist dabei sicher ähnlich, vieles aber auch anders!
Wie ist dieses Lesewerk nun entstanden? Nun - in den letzten Jahren habe ich mich auf Literatur für den Neueinsteiger spezialisiert, da solche Bücher auf dem Markt doch sehr rar sind. Neben der Vermittlung der Grundlagen wird immer auch an Beispielen gearbeitet und damit sowohl Theorie als auch Praxis an den Neuling herangebracht. Entstanden sind unter anderem zwei Bücher, die sich mit dem Einstieg in den Bereich Tonstudio beschäftigen. Ein paar angepasste Auszüge aus diesen beiden Büchern wirst du hier in einigen Kapiteln wiederfinden, natürlich versehen mit zahlreichen Erweiterungen und Ergänzungen, die auf das spezielle Gebiet Chor abgestimmt sind. Wenn du weiteren Lesebedarf haben solltest, verweise ich schon jetzt auf das Kapitel 21, wo du Hinweise zu meinen und zu anderen Büchern findest.
Was meinen Bezug zum Gebiet der Choraufnahme betrifft, so bin ich einerseits seit meinem fünften Lebensjahr Chorsänger und wirke derzeit in einem renommierten Kammerchor mit. Andererseits habe ich auch selbst einen kleinen Chor. Und nicht zuletzt beschäftige ich mich seit fast 25 Jahren mit mehreren Gebieten der Tontechnik und habe in diesem Zusammenhang auch schon so manches Stückchen Musik aufgenommen und bearbeitet. Ich kenne somit alle Positionen des Dreigestirns aus Chor, Chorleiter und Produzent. Aus dieser Sichtweise heraus werde ich in den nächsten drei Kapiteln versuchen, die wichtigsten Faktoren der Choraufnahme zu klären, die zunächst einmal noch gar nichts mit Technik zu tun haben. Danach folgen einige Kapitel, welche dein technisches Verständnis auf das benötigte Level bringen sollen, um eine Choraufnahme durchführen zu können. Schließlich geht es dann in einigen weiteren Kapiteln um das große Gebiet der Nachbearbeitung und Aufbereitung der Aufnahmen. Vor allem dort sollen zahlreiche Praxistipps geliefert werden, die dir beim ersten Umgang mit diversen Geräten oder deren Software-Simulation helfen.
An diesem Symbol und dem Kursivtext sind die Praxisteile erkennbar. In ihnen wird versucht, möglichst einfache Anwendungen oder einfach nur praktische Tipps anzubieten, die auch der Neuling leicht nachstellen kann. Aber Achtung: Nicht jedes Gerät und jede Software kann alles. Deshalb kann es bei speziellen Dingen schon mal vorkommen, dass du bei der einen oder anderen „Übung“ kapitulieren musst.
Auf meiner Homepage www.andy-j.de findest du auf der Unterseite zu diesem Buch drei Hörbeispiele, die mit unterschiedlicher Ausstattung, in verschiedenen Situationen und mit jeweils anderen Verfahren aufgenommen wurden. In den Kapiteln, wo das Ganze relevant wird, werde ich nochmals darauf hinweisen.
Wie schon angedeutet wurde, verbergen sich hinter der im Buchtitel genannten „Aufnahme“ im Grunde zwei getrennte Arbeitsgebiete, nämlich die eigentliche Aufnahme und die Nachbearbeitung. Theoretisch können beide Prozesse in unterschiedlicher Verantwortung liegen. Wenn du dich also mit der Bearbeitung überfordert fühlst, kannst du auch nur die Aufnahme durchführen und das Rohmaterial dann abgeben. Oder anders herum hast du vielleicht das Feeling für die Feinarbeit im Bearbeitungsprozess, traust dich aber an die nicht ganz einfache Mikrofonierung nicht heran.
Wie auch immer - ich hoffe natürlich, dich für beide Gebiete kompetent zu machen. Und wenn du nach dem Durcharbeiten der vorliegenden Lektüre selbst auch dieses Gefühl hast, na dann NIMM DEN CHOR DOCH SELBER AUF.
Auf dem Buchcover steht, dass sich das Buch an alle richtet, die sich trauen, eigene Choraufnahmen zu erstellen. Für Phase zwei - also die Nachbearbeitung - kann man das auch pauschal so stehen lassen. Bei der davor liegenden Aufnahme selbst besteht aber ein Unterschied darin, ob du Chorsänger, Chorleiter oder außenstehende Aufnahmeperson bist. Vor allem hängt es von der Aufnahmesituation ab, ob für dich eine qualitativ gute Aufnahme machbar ist:
das sollte funktionieren
als Kompromiss sicher machbar
kannst du im Grunde vergessen
Liest du das Buch als jemand, der sich über Choraufnahmen informieren möchte, ohne dass es um Aufnahmen eines eigenen Chores geht, dann hast du am wenigsten Probleme. Als außenstehende Person kannst du dich voll auf die Aufnahme konzentrieren, wobei du für einfachere Mitschnitte sicher nicht unbedingt angeheuert wirst.
Wenn du der Chorleiter bist, dann wirst du wohl auch in dieser Funktion gebraucht werden. Damit sind richtige Produktionen, in der du auch Produzent wärest, eigentlich ausgeschlossen. Dagegen bei einfachen Mitschnitten im Probenraum musst du lediglich deine Aufmerksamkeit auf den Chor und die Technik aufteilen, aber das kann durchaus gelingen. Live-Mitschnitte mit einfachen Mitteln sind problemlos, während richtig gute Live-Produktionen eigentlich der technischen Überwachung bedürfen. Hier kannst du dich nur darauf verlassen, dass die Anfangseinstellungen für das ganze Konzert funktionieren. Für manche Chöre (beispielsweise aus dem Gospel-Bereich) wird auf klassisches Dirigat verzichtet. Damit eröffnen sich dem Chorleiter natürlich die gleichen Möglichkeiten wie der außenstehenden Person.
Bist du selbst Sänger in dem aufzunehmenden Chor, dann musst du dich entscheiden, ob du bei den Aufnahmen selbst mitsingst. Tust du dies, dann sind die Möglichkeiten die gleichen wie beim aufnehmenden Chorleiter. Singst du dagegen nicht mit, wirst du quasi zur außenstehenden Person in Bezug auf die Produktion und kannst ebenso alle Aufnahmesituationen bewältigen. Ausnahme wäre hier eine sehr kleine Chorbesetzung, in der das Fehlen deiner Stimme auffallen würde.
Damit sind wir quasi schon bei der Zuständigkeit für die technische Seite der Aufnahme. Wenn also für dich die oben angegebenen Bedingungen dafür erfüllt sind, dass du die Produktion durchführen kannst, dann geht es als nächstes um die technischen Kompetenzen. Einerseits soll das Wichtigste im Rahmen dieses Buches geklärt werden. Aber letztlich ist das ja eine Art Trockenschwimmen. Wenn dich das Ganze so weit bringt, dass du problemlos mit der Technik umgehen kannst, würde mich das natürlich freuen. Aber du solltest auch ehrlich zu dir selbst sein und dir eingestehen, wenn du bei deiner ersten echten Aufnahme Hilfe brauchst. Es ist sehr ärgerlich, in der Nachbearbeitungsphase festzustellen, dass die Mikros nicht optimal aufgestellt waren oder falsche Einstellungen gewählt wurden. Erkläre das dann mal einem ganzen Chor! Da das benötigte Equipment nicht selten ausgeliehen wird, bietet sich dort auch die Chance, dir personelle Hilfe zu holen. Manchmal reicht es schon, wenn dir von einem Fachmann die Gerätschaften kurz erklärt werden. Die Theorie aus diesem Buch solltest du natürlich schon verinnerlicht haben, aber ein echtes Mischpult vor der Nase und unter den Fingern wirft bei dir vielleicht doch einige Detailfragen auf, die am besten am jeweiligen Gerät geklärt werden können.
Solltest du bei deinen ersten Gehversuchen größere Probleme haben oder ist da vielleicht auch eine Portion Aufregung mit dabei, dann kannst du dir natürlich auch helfen lassen. Frage doch deinen Händler des Vertrauens, bei dem du das Equipment vielleicht gekauft oder ausgeliehen hast, ob er nicht mal eine Stunde Zeit hat, um dir bei der Verkabelung oder der Geräte-Einrichtung zu helfen. Manchmal ist das auch mit einem Obolus in die Kaffeekasse abgegolten.
In der Nachbearbeitungsphase sollten die technischen Probleme eigentlich geringer sein, da du dort nicht unter dem Druck stehst, von jetzt auf gleich die richtige Entscheidung zu treffen. Du kannst in Ruhe probieren und in den meisten Fällen auch gemachte Fehler rückgängig machen.
Ja, auch darum müssen wir uns kümmern. Einerseits kann sicher der Chorleiter (falls du das nicht selbst bist) in gewissem Maße einschätzen, ob die Aufnahme musikalisch in Ordnung ist. Manchmal ist aber auch eine Fremdmeinung nicht schlecht, da selbst ein guter Chorleiter sich im Laufe der Zeit an gewisse Defizite oder Macken des Chores gewöhnt und sich den Chor schön hört. Bist du der außenstehende Produzent, der noch nie Chor aufgenommen hat und selbst auch keine Chorerfahrung hat, so solltest du dir auf jeden Fall einen Co-Produzenten daneben setzen, der sich in Sachen Chor auskennt.
Was muss nun eigentlich alles beurteilt werden?
saubere Intonation - sowohl im Gesamtklang der Stimmen als auch in Bezug auf das Halten der entsprechenden Tonart
„musikalische Atmung“, also das inhaltlich sinnvolle Durchsingen bzw. Absetzen
synchrone Einsätze und Abschlüsse
Gestaltung in Bezug auf Tempo, Dynamik und Singeweise
deutliche und dialektfreie Aussprache
Sei bei deinen Einschätzungen einfach ehrlich und bestimmt. Es ist letztlich konstruktive Kritik, die ein Chorsänger auch verträgt. Es bringt die Aufnahmen nicht weiter, wenn nur um denn heißen Brei geredet wird. Allerdings solltest du abwertende Kommentare unterlassen, denn diese sind vielleicht auch beleidigend und bremsen die Motivation [s.u.].
Wenn du dich fragst, was dieses Thema in der Tontechnik zu suchen hat, dann schaue dir mal die nachfolgenden drei Erklärungen an:
Viele Köche verderben den Brei. Das trifft auch ein wenig auf Gruppenaufnahmen zu. Je mehr Leute wir gleichzeitig akustisch verewigen wollen, desto mehr Fehlerquellen haben wir vorm Mikro stehen. Wenn wir es realistisch betrachten, hat auch ein Solosänger während seiner Aufnahmesession Höhen und Tiefen und die Formkurve neigt sich nach einigen Stunden sicher nach unten. Nun ist es bei vielen Leuten unwahrscheinlich, dass zufällig alle zur gleichen Zeit ihre Hochform erlangen. Wahrscheinlicher ist dagegen, dass immer einige dabei sind, die gerade an Konzentrationsmangel leiden. Damit ist es also schwierig, eine perfekte Aufnahme zu landen. Dazu kommt noch, dass auch die Form des Gesamtchores nicht jeden Tag gleich ist. Das kann Frust auf allen Seiten bedeuten, der aber für gute Aufnahmen absolut vermieden werden sollte! Also: Motivieren und genügend Pausen machen.
Eine zweite wichtige Sache, die beachtet werden sollte, ist die Nervosität und der Stress, unter dem die Chormitglieder bei einer Aufnahme stehen. Es ist einfach eine andere Situation als eine Probe oder ein Auftritt. Dazu kommt noch, dass oft über Stunden aufgenommen wird - viel länger also als ein normaler Auftritt dauert. Auch hier heißt es: Motivieren und genügend Pausen machen.
Der dritte Punkt ist der wohl schwierigste. Im Laufe des Aufnahmeprozesses der einzelnen Titel kommt man an den Punkt, wo einfach keine künstlerische Steigerung mehr möglich ist. Das heißt, du bist an der Leistungsgrenze des Chores angelangt. Wenn das Ergebnis vernünftig klingt, ist alles in Ordnung. Aber wenn bei einem Laienchor auch im 20. Anlauf keine Profiqualität herauskommt, musst du die Ehrlichkeit besitzen, dies den Leuten auf feinfühlige Art mitzuteilen.
Eine wichtige Komponente für eine gelungene Aufnahme ist die Akustik des Raumes, in welchem produziert wird. Während man beim Sologesang oder bei Aufnahmen einzelner Instrumente den Raumanteil dadurch reduzieren kann, dass der Abstand zum Mikro nicht zu groß wird, haben wir bei Choraufnahmen diese Möglichkeit nicht oder nur begrenzt, so dass ein gewisser Raumanteil immer auch auf der Aufnahme landen wird. Also muss dieser Raum entsprechende Kriterien erfüllen, damit das Endergebnis auch passt. In die Entscheidung darüber fließt im Normalfall der geplante Verwendungszweck der Aufnahmen mit ein:
problemlos
nur bei entsprechender Akustik geeignet
[siehe Hörbeispiele auf www.andy-j.de: größere Schul-Aula/ mittlere Kirche/ Probenraum]
Aufnahmen aus dem eigenen Probenraum haben zwei entscheidende Vorteile:
man muss diesen Raum nicht erst suchen
der Chor ist den Raum von seinen akustischen Verhältnissen her gewöhnt
Je nach Probenraum sind durchaus gute Aufnahmen machbar. Ob das am Ende für eine Tonträger-Produktion reicht, hängt natürlich sehr von der Akustik dieses Raumes ab. Achte vor allem auf folgende Dinge und ändere sie bei Bedarf:
Es sollte ein wenig Hall bzw. natürlicher Raumklang da sein. Bei vielen Vorhängen, Teppichen und Polstermöbeln wird der Hall zu sehr geschluckt.
Mehrere glatte Wände lassen sogenannte Flatterechos entstehen (kennt man auch vom Renovieren eines leeren Raumes).
Die Aufstellung des Chores sollte schallsymmetrisch erfolgen. Das bedeutet, dass vor allem der seitliche Raum und dessen Begrenzung auf beiden Chorseiten akustisch gleich sein sollte. Ungünstig ist beispielsweise eine glatte Wand 3 Meter neben der einen Chorseite und ein Vorhang direkt neben der anderen Seite. Passe die Choraufstellung entsprechend an. Der Chor muss ja schließlich nicht so im Raum positioniert sein wie bei den Proben.
Ein Live-Mitschnitt ist einerseits für den Chor eine Möglichkeit, relativ unangestrengt zu einer entsprechenden Aufnahme zu kommen, da sie ja quasi nebenbei entsteht. Andererseits ist die Qualität meist nicht unbedingt das, was man als hochwertig bezeichnen würde. (Ich lasse an dieser Stelle mal völlig außen vor, dass auch die Gesangsqualität vielleicht nicht durchgängig dem angepeilten Niveau entspricht. Schließlich macht man für richtige Produktionen nicht umsonst 20 und mehr Durchläufe.)
Als Andenken an den Auftritt oder für das choreigene Archiv sind Mitschnitte sicher in Ordnung - unabhängig von der Aufnahmeumgebung. Sollen die Aufnahmen aber auch für die Öffentlichkeit verwendet werden, muss man schauen, ob der Grundklang stimmt. Im Konzertsaal ist das wahrscheinlich problemloser als in einer Kirche, wo besonders bei größeren Bauten der Hall ein Problem werden kann.
Für eine Veröffentlichung auf vermarktungsfähigen Tonträgern würde ich dir von Live-Mitschnitten abraten. Natürlich gibt es diese, aber wir bewegen uns im Rahmen des Buches im Einsteiger-Bereich. Und Profis haben neben mehr Erfahrung auch andere technische Möglichkeiten (beispielsweise eine Mikrofonierung von der Decke herab, um das Chorbild beim Auftritt nicht zu stören).
Ich gehe davon aus, dass du das Buch hauptsächlich gekauft hast, um eben „richtige“ Aufnahmen mit dem Chor anzustellen. Die Räumlichkeiten dafür können ganz unterschiedlich aussehen. So mancher Probenraum bietet eine sehr gute Akustik oder er lässt sich mit wenigen Mitteln so herrichten [siehe Kapitel 3.1.]. Aber auch Veranstaltungsräume, eine Schul-Aula oder ein nicht zu großer Konzertsaal leisten für Tonaufnahmen gute Dienste. Es muss also nicht gleich ein Tonstudio sein. Bei Kirchen rate ich zu solchen mit möglichst nicht zu starkem Hall, es sei denn, du willst den Raumanteil separat mit aufzeichnen und beim Abmischen verwenden [siehe Kapitel 5.7.]. Aber selbst dann muss es sicher nicht gleich eine Kirche mit den Ausmaßen eines Domes sein. (Nähere Betrachtungen zum Phänomen „Hall“ werden uns im Kapitel 19.1. noch beschäftigen.)
Wenn die Gelegenheit besteht, solltest du den Chor im geplanten Aufnahmeraum schon einmal singen gehört haben, um die Klangqualität des Raumes ein wenig einschätzen zu können. Ganz nebenbei ist es natürlich auch von Vorteil, wenn sich alle - also Chor, Chorleiter und Produzent - im jeweiligen Raum ein wenig wohlfühlen.