No Sex - Fabian Schäfer - E-Book

No Sex E-Book

Fabian Schäfer

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Beschreibung

Mit No Sex werden sie gemeinsam mit den Protagonisten 24 Stunden in (relativer) Echtzeit erleben. Ein Klassentreffen in einer ostwestfälischen Heimat, genauer gesagt in Paderborn, bildet den Rahmen für Ereignisse, die keine der handelnden Personen je wieder vergessen wird. Noch ein Hinweis: No Sex heißt nicht, dass es nicht heiß hergeht, nur zum Höhepunkt mag irgendwie keiner kommen.

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NO SEX

 

von

Fabian Schäfer

Impressum

Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency

EPUB ISBN 978-3-95865-676-5

MOBI ISBN 978-3-95865-677-2

© 110th / Chichili Agency 2015

Urheberrechtshinweis:

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

WIDMUNG

NO SEX widme ich allen Leserinnen und Lesern, für die das Thema zurzeit im wahren Leben eine bittere (oder vielleicht auch angenehme?) Realität ist.

Vorwort

Liebe Leserin, Lieber Leser,

Mit NO SEX werden sie gemeinsam mit den Protagonisten 24 Stunden in (relativer) Echtzeit erleben. Ein Klassentreffen in meiner ostwestfälischen Heimat, genauer gesagt in Paderborn, bildet den Rahmen für Ereignisse, die keine der handelnden Personen je wieder vergessen wird. (Sie hoffentlich auch nicht!) Noch ein Hinweis: NO SEX heißt nicht, dass es nicht heiß hergeht, nur zum Höhepunkt mag irgendwie keiner kommen.

Wer schon mal etwas von mir gelesen hat, weiß, dass ich zur Übertreibung neige. Glauben Sie mir, ansonsten bin ich ein ganz umgänglicher Typ. Aber ein bisschen auf die Sahne zu hauen erhöht ja schließlich auch den Spaßfaktor beim Lesen. Trotzdem weise ich vorsorglich darauf hin, dass alle handelnden Personen in diesem Buch frei erfunden sind, dass selbstverständlich auch die Handlung ganz und gar meiner Phantasie entspringt. (Parallelen, die Sie womöglich im Abgleich mit Ihren eigenen Erfahrungen auf Klassentreffen bei der Lektüre feststellen, wären daher auch rein zufällig). Die namentlich genannten Straßen und Lokalitäten in Paderborn gibt es allerdings wirklich.

Genug der Vorrede, rein ins Vergnügen!

Mit mindestens einem zwinkernden Auge

Ihr Fabian Schäfer

Inhalt

Teil I: Die Anreise (Samstag 7 Uhr bis Samstag 19 Uhr)

Teil II: Das Klassentreffen (Samstag 19 Uhr bis Sonntag 5 Uhr)

Teil III: Finale (Sonntag 5 Uhr bis Sonntag 7 Uhr)

Teil I Die Anreise

Beate und Marko (Samstag 7 Uhr)

Beate konnte sich nicht entscheiden, was sie mehr ärgerte. Die Erkenntnis, dass Marko auch nach 16 Jahren ihrer Ehe nicht begreifen wollte, dass sie kein Morgensex-Typ war oder seine feuchte Zunge an ihrem Hals, die zeigte, dass er immer noch eine gänzlich andere Vorstellung von Erotik hatte als seine Ehefrau. Diese Gedanken schossen ihr durch den Kopf, seit vor wenigen Augenblicken sein immer noch einwandfrei funktionierender Glücksspender vorsichtig an ihren gut trainierten Pobacken angeklopft hatte und sie dadurch aus angenehmsten Träumen geweckt worden war.

Sie drehte sich auf den Bauch und gab einen tiefen Seufzer von sich, der eigentlich zeigen sollte, dass sie noch ein wenig schlafen wollte. Marko verstand dieses Signal jedoch als Aufforderung zum Weitermachen und fuhr mit seiner linken Hand langsam auf ihrem Rückgrat entlang während er weiterhin versuchte, sein Glied in Stellung zu bringen.

Sie hatte es sich über die Jahre angewöhnt, in Abständen von ein bis zwei Wochen, seinem Drängen nachzugeben. Marko war schon während ihrer gemeinsamen Schulzeit total verschossen gewesen. Sie war damals unendlich in Paul verliebt. Paul war extrem intelligent, der Rebell der Klasse und hatte schon früh gegen das Schulsystem, die Atomkraftwerke, den Lobbyismus und unzählige andere gesellschaftlichen Verhältnisse protestiert. 1990 hatten sie beide das Abitur in Paderborn gemacht. Im Jahr zuvor war Paul der einzige der Klasse, der die Wiedervereinigungseuphorie von Politik und Medien nicht geteilt hatte. Im Gegenteil sah er darin vor allem eine Einverleibung der DDR im Interesse der westdeutschen Großkonzerne. Sie teilte damals Pauls Meinung und das Ergebnis ihrer höchstpersönlichen Vereinigung waren alsbald die Zwillinge Jan und Josef, die neun Monate später geboren wurden.

Marko hatte sich nie ganz damit abgefunden, dass er Beate nicht bekommen konnte. Er tröstete sich mit diversen Freundinnen, verlor aber sein wirkliches Ziel nie aus den Augen. Natürlich hatte Paul den Wehrdienst verweigert, während Marko in Hannover seine vom Staat geforderte Pflicht erfüllte.

Beate und Paul begannen im Sommer 1990 in Berlin ihre Studiengänge, obwohl die Zwillinge im Herbst erwartet wurden. Es passte einfach zu ihrer aufmüpfigen Grundeinstellung, sorglos und hochschwanger aus dem provinziellen Mief in Ostwestfalen auszubrechen, dachte Beate wehmütig, während Marko mit seinen Fingern an ihrem Kitzler vergeblich versuchte, sie in Stimmung zu bringen.

Der letzte Sex zwischen ihnen war schon überdurchschnittlich lange her, und auf Markos miese Laune, die unweigerlich folgen würde, wenn sie seinem Drängen nicht nachgab, hatte sie an diesem Morgen einfach keine Lust. Also drehte sie sich zu ihm um und begann mechanisch damit, seinen Penis manuell zu bearbeiten. Marko legte sich auf den Rücken, stellte seine eigenen Bemühungen an ihrem Körper ein und stöhnte zufrieden, während ihre Gedanken wieder in die Vergangenheit schweiften.

Paul trug sich in Berlin für Philosophie und Politik ein, während sie ihr Ausnahmetalent im Erlernen von Sprachen mit einem Studiengang in Russisch und Japanisch auslebte. Um die Zwillinge kümmerten sie sich in den ersten zwei Jahren gemeinsam. Auch fanden sie in ihrer Wohngemeinschaft zwei Studienfreundinnen, die ganz vernarrt in Jan und Josef waren. Durch ihren selbstlosen Einsatz verschafften sie Beate die nötige Zeit, um einigermaßen regelmäßig in der Uni sein zu können.

Eines morgens war Paul verschwunden. Er tauchte auch nicht wieder auf. Beate wurde durch diese plötzliche Flucht eine Weile völlig aus der Bahn geworfen. Ihre Zwillinge gaben ihr zwar einen gewissen Halt, ihr Studium ließ sie aber völlig schleifen. Sie erfuhr erst Jahre danach, dass Paul bei irgendeinem Guru in Indien gewesen war und später mit einer anderen Frau in Deutschland ein neues Leben begonnen hatte. Marko hatte sie nichts davon erzählt und Alimente hatte sie nie eingefordert, dafür war sie zu stolz gewesen.

Ein Aufschrei neben ihr riss sie aus ihren Gedanken. Offensichtlich hatte sie Markos voll durchblutete empfindlichste Stelle etwas zu heftig bearbeitet. Sie küsste ihn lustlos, stöhnte dazu aber ein wenig und begann in einem langsamen Rhythmus erneut mit ihrer Tätigkeit zwischen seinen Oberschenkeln. Er war offensichtlich zufrieden, denn er begann wieder im Takt ihrer Handbewegungen heftig zu atmen.

Einige Monate, nachdem Paul verschwunden war und sie sich mit dem einen oder anderen Abenteuer über den Trennungsschmerz hinweg getröstet hatte, tauchte Marko plötzlich in der Uni auf. Er hatte sich für Mathe und Biologie eingeschrieben und machte nie einen Hehl daraus, dass er allein wegen ihr nach Berlin gekommen war. Seine Hartnäckigkeit hatte ihr imponiert. Marko verliebte sich schnell in Jan und Josef, und schließlich gab sie seinem Werben nach. Sie bezogen gemeinsam eine Wohnung und heirateten, noch bevor Marko seine erste Stelle als Lehrer an einem Gymnasium am Stadtrand von Berlin angetreten hatte.

Es folgte der Bau eines Einfamilienhauses in einer Neubausiedlung und ein finanziell gesichertes Leben, welches Beate noch wenige Jahre zuvor verachtet hätte. Ihr Studium hatte sie nicht mehr abgeschlossen. Vielmehr ging sie für einige Jahre völlig in der Konzentration auf ihre Zwillinge auf. Marko akzeptierte ihren Entschluss, keine weiteren Kinder bekommen zu wollen. Zu tief saß in ihr lange Zeit die Enttäuschung über Pauls Verschwinden.

Erst als Jan und Josef längst in der Pubertät waren und ihre Ehe in eine ernste Krise geriet, entschlossen sie sich, doch noch ein gemeinsames Kind zu bekommen, um noch einmal ganz von vorne anzufangen. Chantal wurde vor drei Jahren geboren und sorgte dafür, dass sie sich für eine Weile wieder einander annäherten. Diesen Rettungsversuch bereute sie mittlerweile. Sie musste sich eingestehen, dass sie Paul immer noch vermisste. Allerdings war sie klug genug, Marko nie davon zu erzählen.

Markos Atmung wurde immer heftiger und auch lautstärker. Er ermunterte sie, indem er sein Becken entgegen ihren Handbewegungen auf und ab schob und mit beiden Händen ihre kleinen Brüste massierte.

Sie hoffte inständig, dass er endlich kommen würde und steigerte noch einmal das Tempo, als eine Kinderstimme von draußen nach ihnen rief: „Mama, Papa, aufstehen!“

Chantal riss die Schlafzimmertür auf und stürmte in einem rosafarbenen Nachtkleidchen herein. Mit leuchtenden Augen sprang sie aufs Ehebett und kroch unter die Decke ihres Vaters, während seine Frau die Hand von seinem kurz vor der Ejakulation stehenden Geschlechtsteil nahm. Er seufzte tief, was seine Tochter als Begeisterung für ihr Erscheinen auffasste, während Beate erleichtert die Gelegenheit nutzte, sich ins Bad zu verdrücken.

Zwanzig Minuten später saßen sie gemeinsam am Frühstückstisch. Marko war zwar mächtig frustriert, bemühte sich aber, sich nichts anmerken zu lassen, wenigstens seiner Tochter gegenüber. Während er mit Chantal herumalberte, stieg in ihm langsam die Vorfreude auf das Wiedersehen mit den alten Schulkameraden auf. Nach dem Frühstück würden sie sich mit ihrem Audi A4 Touring auf den Weg nach Paderborn machen. Er rechnete mit rund drei Stunden Fahrtzeit. Chantal wollten sie zu seinen Eltern bringen, die in Detmold lebten, was zum Glück auf dem Weg lag. Danach würden sie ihr Zimmer im Arosa Hotel im Zentrum Paderborns beziehen, wo auch die Feier stattfinden sollte. Um die Zwillinge mussten sie sich nicht mehr kümmern. Sie waren längst aus dem Haus und studierten gemeinsam BWL in Köln.

Er liebte Beate immer noch abgöttisch, auch wenn er sich bis heute nicht sicher sein konnte, ob er nur ein Lückenbüßer für sie war. Er schloss nicht aus, dass er Paul nie ganz aus ihren Gedanken hatte verbannen können. Aber er hatte schon zu Beginn ihrer Beziehung beschlossen, sie nie darauf anzusprechen. Letztlich hatte er die Frau bekommen, die er schon zu Schulzeiten begehrte und Paul war weit weg…

Nina (Samstag 8 Uhr)

Als Nina vom schrillen Ton ihres Weckers aus einem tiefen Schlaf aufschreckte, galt ihr erster Gedanke Marko, in den sie zwar jahrelang verliebt gewesen war, der aber nur Augen für Beate gehabt hatte. Marko war nach ihrer Erinnerung der einzige Junge gewesen, den sie damals nicht bekommen hatte. Diese sexuelle Niederlage hatte sie bis heute nicht völlig überwunden, auch wenn ihr das selbst manchmal lächerlich vorkam.

Ihr zweiter Gedanke galt Toni, der sie vor gut zwanzig Jahren entjungfert hatte. Toni war damals ein Typ mit langen blonden Haaren, den sie in jeder Hofpause anhimmelte. Er nahm sie aber erst wahr, als er in der elften Klasse sitzenblieb und somit in ihre Klassenstufe rutschte. Er rauchte trotz Verbots auf dem Schulhof und hatte ständig wechselnde Partnerinnen an seiner Seite. In regelmäßigen Abständen mussten Tonis verlassene Gespielinnen von ihren Freundinnen getröstet werden. Dieses Trauerspiel, welches niemandem entgehen konnte, hielt Nina aber nicht von ihrer Schwärmerei für diesen in ihren Augen absolut begehrenswerten Mann ab. Sie musste einen Augenblick über ihre damalige Unerfahrenheit schmunzeln.

Nina war schon in der Unterstufe Klassensprecherin gewesen und behielt diesen Vertrauensbeweis ihrer Mitschüler bis zum Abschluss. Sie hatte das Treffen zum zwanzigjährigen Abitur zusammen mit ihrer auch heute noch besten Freundin Biggi ausgeheckt. Die beiden hatten mit viel Freude die Organisation übernommen. Trotz ihrer intensiven beruflichen Verpflichtungen, hatten sie die Zeit gefunden, unzählige Telefonate zu führen und Recherchen anzustellen, um möglichst alle Ehemaligen ihrer Abiturklasse in ganz Deutschland aufzuspüren.

Nina hatte nie geheiratet und auch keine Kinder bekommen. Dafür liebte sie ihre Freiheit viel zu sehr. Der Preis dafür war der Umstand, dass es bis heute keinen Partner in ihrem Leben gab, mit dem eine Beziehung länger als einige Monate angehalten hatte. Das bedeutete aber nicht, dass sie sexuell frustriert war. Ganz im Gegenteil konnte sie sich, mit ihrem von regelmäßigen Besuchen im Fitnessstudio wohlgeformten Körper, vor Angeboten aus der Männerwelt kaum retten. Im letzten Jahr hatte sie sich zusätzlich die Brüste straffen und auch an einigen anderen Körperstellen chirurgisch nachhelfen lassen. Mit Anfang vierzig war es nach ihrer Meinung an der Zeit gewesen, obwohl ihre ständig wechselnden Partner ihr immer wieder versichert hatten, wie fantastisch sie aussähe.

Als Führungskraft in einer weltweit agierenden Werbeagentur mit Sitz in München hatte sie einen ihren Talenten entsprechenden Berufsweg eingeschlagen. Die Welt lag ihr zu Füßen, zumindest in finanzieller Hinsicht. Sie bewohnte in Bogenhausen eine Penthousewohnung mit knapp 200 Quadratmetern, die sie sich als Altersvorsorge zugelegt hatte.

Mit der Fernbedienung, die auf dem Nachttisch neben ihrem Kingsize-Bett immer griffbereit lag, startete sie eine CD mit einer Sammlung von Titeln der Neuen Deutschen Welle, die sie schon in den letzten Wochen während der Organisation des Klassentreffens permanent gehört hatte. Die Musik erinnerte sie an die, aus ihrer heutigen Sicht, völlig unbeschwerten Zeiten der Oberstufe in Paderborn.

Der ICE in die alte Heimat nach Ostwestfalen würde erst um kurz nach 11 Uhr vom Münchner Hauptbahnhof abfahren. Genügend Zeit um sich noch einmal umzudrehen und in Erinnerungen an die alte Schulzeit zu schwelgen. Eine Weile dachte sie an verschiedene Freundinnen aus der guten alten Zeit. Sie hatte bestimmt mehrere dutzend Telefonate geführt. Geschichten von damals wurden aufgewärmt. Nur eine Handvoll der rund 60 Eingeladenen hatte kein Interesse an dem Treffen gezeigt. Wieder musste sie an Toni denken. Das machte sie irgendwie scharf. Sie hatte das Glück gehabt, ihren ersten Geschlechtsverkehr mit ihm als einem recht erfahrenen Partner gehabt zu haben. Ihre Eltern waren damals übers Wochenende verreist. Diese Gelegenheit wollte sie sich nicht entgehen lassen. Toni hatte gut zwei Wochen vorher mit seiner aktuellen Flamme Schluss gemacht und sich plötzlich für sie interessiert. Zunächst konnte sie ihr Glück gar nicht fassen. Sie trafen sich bei ihm zuhause und hörten den ganzen Abend Musik, ohne dass er irgendeinen Annäherungsversuch unternommen hätte. Ziemlich enttäuscht war sie am späten Abend mit ihrem Fahrrad nach hause gefahren. Ihr Verlangen nach ihm wurde dadurch aber nur noch größer.

Wenige Tage später kam dann eine weitere Gelegenheit. Sie hatte sich bereits alles in Gedanken ausgemalt. Die Erinnerung an das, was damals passierte, erregte sie noch mehr. Sie öffnete die Schublade ihres Nachttisches und griff nach „Gummi-Günter“, ihrem treuen und allzeit bereiten Gefährten aus dem Material, der ihm seinen Beinamen gegeben hatte. Dieser hatte ihr in einsamen Nächten auf Geschäftsreisen schon oft treue Dienste geleistet und dabei nie versagt.

Während sie sich in die total verliebte Nina zurückversetzte, die innerlich völlig aufgewühlt auf die Antwort ihres so lange vergeblich Angehimmelten wartete, stellte sie den lila gefärbten künstlichen Penis zunächst auf die langsamste Stufe und ließ den rotierenden Pinguin, der am Schaft angebracht war, langsam ihre erogenste Stelle bearbeiten.

Selbstverständlich nahm Toni damals ihre Einladung an. Sie hatte zwei Flaschen Champagner gekauft. An Taschengeld mangelte es ihr nie, denn ihr Vater besaß eine Möbelhauskette und vergötterte seine einzige Tochter. Während sie sich an den ersten Kuss von Toni erinnerte, stellte sie die Vibration des emsigen Dildos spontan zwei Stufen höher. Sie stöhnte noch lustvoller, als sie regelrecht Tonis geübte Finger an ihren Brustwarzen und wenig später an der Stelle spürte, an der sich der Pinguin alle mechanische Mühe gab.

Sie hatte Toni gänzlich die Initiative überlassen und dabei keinerlei Angst oder Scham empfunden, obwohl es die erste sexuelle Erfahrung für sie gewesen war. Dabei genoss sie jeden Augenblick. Letztlich konnte sie es kaum noch erwarten, dass er zum entscheidenden Angriff überging. Sie ließ ihren künstlichen Glücksspender die Rolle von Tonis steinhartem Geschlechtsteil übernehmen und forderte ihn beim Eindringen in ihre erwartungsvolle Lusthöhle noch einmal zu erhöhtem Tempo auf, indem sie Günters Rhythmus wieder eine Stufe anhob.

Realität und Erinnerung verschwommen dermaßen ineinander, dass sie für einige Augenblicke glaubte, wieder in ihrem Mädchenzimmer zu sein. Sie hielt es vor Erregung kaum noch aus und spürte, dass sie in wenigen Augenblicken zum Höhepunkt kommen würde. Genau wie damals, als Toni es schaffte, ihren allerersten Geschlechtsverkehr zu einem für sie immer prägenden, positiven Erlebnis zu machen.

Das Telefon neben ihrem Bett klingelte. Für einige Sekunden versuchte sie, das störende Geräusch zu ignorieren. „Gummi-Günter“ blieb gänzlich unirritiert und verrichtete weiter seine Arbeit. Schließlich sprang der Anrufbeantworter an, und kurz danach hörte sie eine vertraute Stimme: „Hey, junge Frau, aufstehen, der große Tag ist endlich da!“ Biggi hatte in den letzten Wochen fast jeden Tag mit ihr telefoniert, um Details abzustimmen und sich gegenseitig über den Stand der Zu- und Absagen zu informieren.

Nina seufzte und war für einen Augenblick enttäuscht. Sie entließ Günter aus seinen Diensten. Während sie sich innerlich damit tröstete, dass es an diesem Abend womöglich einen realen Ersatz für ihren künstlichen Freund geben könnte, nahm sie den Hörer ab…

Cindy und Rudi (Samstag 9 Uhr)

Rudi hatte bereits die Tageszeitung lustlos durchgeblättert. Dazu gab es eine Kanne Kaffee in der Morgensonne auf der Terrasse seines schicken Einfamilienhauses in einem Dorf bei Jena.

Der einzige Artikel, der ihn wirklich interessierte, war die Kritik an einem Roman eines vielversprechenden Nachwuchsautors in dieser Wochenendausgabe. Der Verfasser der Kritik war er selbst, und er hatte ausnahmsweise nicht an Lob gespart. Auch heute genoss er es noch, jedes einzelne gedruckte Wort aus seiner eigenen Feder zu lesen. Zwar lagen einige unvollendete Manuskripte in der Schreibtischschublade seines Büros der Redaktion in der Jenaer Innenstadt. Den Mut, seine halbherzigen Schreibversuche einem Verlag anzubieten, hatte er aber nie aufgebracht. Er beschränkte sich bis heute lieber darauf, über das zu schreiben, was andere publiziert hatten und ließ zumeist kein gutes Haar daran.

Das relative Desinteresse am Inhalt der Zeitung war allerdings in erster Linie darauf zurückzuführen, dass er schon seit dem Erhalt der Einladung zum Klassentreffen ständig an Ramona denken musste. Mit seiner ersten großen Liebe war er im Alter von 16 zusammengekommen. Sie war bis zu diesem Tag seine Traumfrau mit ihren langen roten Haaren und den schon früh entwickelten großen Brüsten. Den ersten Sex ihres Lebens hatten sie wenige Monate nach dem Beginn ihrer Beziehung gehabt. Diese leidenschaftliche Verbindung hielt bis zum Abitur und auch noch in den ersten Monaten seiner Bundeswehrzeit.

Sie hatten beide gleichermaßen unter der zwangsläufigen Wochenendbeziehung gelitten. Er hatte sich durch die Erfahrungen im Grundwehrdienst sehr verändert, wurde reifer und auch innerlich härter. Ramona spürte das und entfremdete sich von ihm, bis sie schließlich ein Verhältnis mit einem anderen jungen Mann aus Paderborn begann. Sie war in ihrer Heimatstadt geblieben und hatte eine Lehre als Kindergärtnerin begonnen. Die Trennung von Ramona hatte ihn tief getroffen, vor allem die Tatsache, dass sie ihn wegen eines anderen Mannes verlassen hatte. Umso mehr wunderte er sich darüber, dass er von einer Vorfreude auf das Wiedersehen mit seiner Jugendliebe erfüllt war, die ihm schon ein wenig unheimlich war.

Nach der Bundeswehrzeit hatte er Journalismus studiert und dabei auch Ariane kennengelernt, die seine erste Ehefrau werden sollte. Diese schenkte ihm zwei Söhne, für die er noch ein Weile Unterhalt zahlen muss. Zu seinem finanziellen Glück wird es aber für ein Studium bei beiden Jungs nicht reichen. Vom ersten Tag der Beziehung mit seiner Kommilitonin an der Uni Münster hatte er sich bemüht, ihr jeden Wunsch von den wohlgeformten Lippen abzulesen. Harmoniesüchtig, wie er nun einmal war, ertrug er es auch für einige Jahre, dass Ariane es mit der Treue nicht so genau nahm. Trotzdem heirateten sie noch vor der Geburt ihres ersten Sohnes kurz vor dem Examen kirchlich.

In Münster fand er dann auch seine erste Stelle in der Lokalredaktion der örtlichen Tageszeitung und war grundsätzlich mit seinem Leben zufrieden. Einige Jahre nachdem ihr zweites Kind geboren war, begann Ariane ein Verhältnis mit dem Vater eines Kindergartenfreundes ihrer Söhne. Sie hatte auf ihre durchaus mögliche berufliche Laufbahn als Pädagogin zugunsten der Kinder verzichtet, was sie später bitter bereute. Die Tatsache, dass Rudi bei seiner Zeitung über Jahre nicht über eine Position in der Lokalredaktion hinaus kam, förderte nicht gerade Arianes Respekt für ihn. Ein weiterer Knackpunkt in ihrer Ehe bildete ihre Erfahrung, dass Rudi ihre Seitensprünge mit Verständnis quittierte.

Ariane beschloss schließlich, einen zweiten Versuch in ihrem Leben zu starten und verließ Rudi zusammen mit ihren gemeinsamen Kindern. Für einige Jahre erging sich Rudi in Selbstmitleid und hatte von der holden Weiblichkeit gestrichen die Nase voll.

Die Wende in seinem Leben brachte ein Ostseeurlaub vor drei Jahren. Beim Sundowner in einer Strand-Bar bei Warnemünde lernte er Cindy kennen. Sie führte einen Friseursalon in Jena und beeindruckte ihn durch ihre Unbekümmertheit und ihren Tatendrang. Cindy hatte kein Interesse an Kindern und daher jeglichen Nachwuchs erfolgreich zu verhindern gewusst. Noch am gleichen Abend schliefen sie miteinander. Ihr schlanker Körper, die Tattoos auf ihren Schulterblättern, an beiden Oberarmen und nicht zuletzt das dezente Arschgeweih hatten ihn von Anfang an nicht gestört. Vielmehr musste er nach einer durchvögelten Nacht zugeben, dass diese Hautbemalungen ihn eher erregten als abstießen. Das hätte er sich früher nie träumen lassen.

Sie trafen sich nach dem Urlaub für einige Wochenenden abwechselnd in Münster und Jena, bis sie ihn schließlich aufforderte, zu ihr zu ziehen. Ihr Friseursalon lief einigermaßen gut. In Münster, wo er eigentlich nur aus Bequemlichkeit geblieben war, hielt in nichts, obwohl er mittlerweile in die Kulturredaktion aufgestiegen war. Durch Cindys persönliche Beziehungen (der Chefredakteur der Jenaer Zeitung kam regelmäßig in ihren Salon und hatte auch ein kurzes Verhältnis mit ihr gehabt) bekam er kurzfristig eine Anstellung. Das kleine aber feine Einfamilienhaus, in dem sie jetzt wohnten, finanzierten sie zusammen ohne große Probleme.

Das anfängliche Feuer in ihrer Beziehung hielt sich nur gut ein Jahr. Der Alltag hatte längst Einzug gehalten, was sich auch darin zeigte, dass ihr Sexualleben ziemlich eingeschlafen war. Das lag aber weniger an Cindy als vielmehr an ihm. Wenn es überhaupt zum Sex zwischen ihnen kam, hatte sie zuvor die Initiative ergriffen. Der letzte Annäherungsversuch von ihr lag schon einige Wochen zurück, was ihn aber nicht im mindesten störte. Stattdessen onanierte er in den letzten Wochen immer häufiger in Erinnerung an seine ersten körperlichen Experimente mit Ramona.

Ein sportlicher Typ war er noch nie gewesen. Die langen Tage in der Redaktion versüßte er sich mit Unmengen von Fastfood, das er sich regelmäßig aus dem um die Ecke liegenden Schnellrestaurant besorgte. Die Folge dieses ungesunden Genusses war ein mächtiger Bauch, dessen Umfang er nur in sporadischen Diätversuchen in immer länger werdenden Abständen um einige Zentimeter reduzierte. Cindy gefiel das ganz und gar nicht. Sie selbst hielt ihren Körper durch eine gesunde Ernährung in Form. Für Sport hatte sie aber auch nichts übrig.

Cindy schlief noch, was ihn einigermaßen wunderte, denn normalerweise war sie um diese Zeit schon in ihrem Salon. Das Unternehmen lief jedoch recht gut, sodass sie sich als Inhaberin ab und zu die Freiheit nahm, auch mal die eine oder andere Stunde später aufzustehen. Trotzdem erfüllte ihn eine unangenehme Vorahnung, deren Grund er sich nicht erklären konnte. Es sollte sich in Kürze zeigen, dass er seine zweite Frau besser kannte, als er es sich eingestehen wollte.

Cindy erwachte mit einem Gefühl der gespannten Vorfreude. Heute würde sie Rudis alte Klassenkameraden kennenlernen. Diesen Entschluss hatte sie schon vor Monaten gefasst, und zwar in dem Augenblick, als die Einladung für sein zwanzigjähriges Abi-Treffen in Paderborn mit der Post eintraf. Rudi war vor Begeisterung völlig ausgeflippt, und sie fragte sich, auf wen er sich wohl so sehr freute. Die Vermutung lag für sie auf der Hand, dass es sich um eine alte Flamme handeln musste, die er unbedingt wiedersehen wollte. Immerhin war sie selbst ja auch keine Klosterschülerin gewesen.

Mit einem siegesgewissen Lächeln stieg sie aus dem Bett, ging rüber ins Badezimmer und duschte ausgiebig. Beim Abtrocknen betrachtete sie sich zufrieden im Spiegel. Ein flacher Bauch, lange blonde Haare mit roten Strähnen, die sie persönlich für besonders schick hielt, lange künstliche Fingernägel mit in mehreren Farben lackierten Spitzen und künstlich leicht vergrößerte Brüste, so konnte sie sich als Achtunddreißigjährige durchaus sehen lassen. Vor allem heute Abend bei Rudis Schulkameraden, die ja alle einige Jahre älter sein mussten als sie selbst.

Nachdem sie sich eingecremt und parfümiert hatte, zog sie einen Tanga an, verzichtete auf einen BH und streifte sich ein Neglige über, auf das Rudi in der ersten Phase ihrer Beziehung besonders gestanden hatte. Mit bester Laune ging sie daraufhin hinaus auf die Terrasse zu ihrem Mann.

„Guten morgen, mein Schatz“, säuselte sie, setzte sich auf seinen Schoß und küsste ihn leidenschaftlich.

Rudi traute seinen Augen nicht, als er seine Frau durch die Terrassentür kommen sah. So hatte sie sich ihm schon lange nicht mehr präsentiert. Die hohen Hecken, die ihr Grundstück vor neugierigen Blicken der Nachbarn schützten, sorgten dafür, dass er der einzige war, der diesen Anblick genießen durfte. Trotzdem hatte er das Gefühl, dass Cindy etwas im Schilde führte, das ihm gar nicht gefallen würde.

Er selbst trug nur einen Bademantel, der verrutschte, als sie sich auf seine Oberschenkel setzte. Ihr fester Hintern fand sofort Kontakt zu seinem in diesem Augenblick noch schlaff herunter hängenden Geschlechtsorgan. Das änderte sich aber schlagartig, als sie ihre Zunge in seinen Mund schob.

Seine Verwirrung steigerte sich noch mehr, als sie nach einigen Minuten langsam vor ihm auf die Knie sank und seinen mittlerweile mächtig erstarkten Schwanz in den Mund nahm. Er genoss ihre orale Zuwendung durchaus, jedoch schossen ihm dabei Bilder von Ramona durch den Kopf. Gleichzeitig konnte er sich aber nicht völlig entspannen, irgendetwas stimmte hier nicht.

„Baby, was ist denn mit dir los?“, fragte er sie und bemühte sich gleichzeitig, ein lautes Stöhnen zu unterdrücken. Die Hecken waren zwar undurchsichtig aber keineswegs schalldicht.

„Ich bin einfach nur scharf auf dich“, hauchte sie zwischen intensiven Zungenbewegungen an der Stelle, die sie als seine Erogenste kannte.

Für einige Sekunden genoss er ihre Aktivitäten, doch seine Neugier auf das, was Cindy damit bezweckte, war größer als die Freuden, die er hätte genießen können. Er ergriff mit beiden Händen ihren Kopf und schob ihn von seinem offensichtlich sehr erfreuten Geschlechtsteil weg. Dann schaute er ihr tief in die grünen Augen. „Cindy, was ist los?“

Sie seufzte tief, zögerte noch einen Augenblick und ließ dann die Katze aus dem Sack. „Ich habe mir überlegt, dass ich heute mit nach Paderborn komme.“ Dabei setzte sie ihr schönstes Lächeln auf und kraulte dabei seine Hoden mit den Spitzen ihrer langen Fingernägel…

Ramona (Samstag 10 Uhr)

Um 11.21 Uhr würde der Regionalexpress in Richtung Hamburg vom Kieler Hauptbahnhof abfahren. Ramona hatte bereits ausgiebig gefrühstückt und stand nun nackt vor dem Spiegel in ihrem Zweizimmerapartment, das sich nur fünf Minuten vom Bahnhof entfernt befand. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit nahm sie sich ausgiebig Zeit für die Gesichtspflege. Sie schminkte sich in farblicher Abstimmung zu ihren feuerroten Haaren, die sie aus reiner Bequemlichkeit seit vielen Jahren sehr kurz geschnitten trug.

Mit dem Anblick ihrer Körperfülle konnte sie nicht zufrieden sein. Sie hatte es jedoch längst aufgegeben, mit sich deswegen hart ins Gericht zu gehen. Seit sie mit Anfang zwanzig eine Fehlgeburt hatte, gab es nur noch sporadische Diätversuche. Ihr fehlte dazu auch die grundlegende Motivation, nachdem Gerhard, der Vater ihres nie geborenen Kindes, sie wenige Monate nach dem Drama verlassen hatte. Die Ärzte hatten ihr mitteilen müssen, dass sie keine Kinder mehr bekommen würde, womit Gerhard überhaupt nicht klar kam. Dass Ramona unter diesem endgültigen Urteil mindestens genauso litt wie er, spielte für ihn keine Rolle. Er fand in Paderborn eine neue Partnerin, während sie ihre Heimatstadt verließ und ein neues Leben in Kiel begann. Sie wollte damals einfach nur weit weg vom Ort der schlimmsten Erfahrung, die sie in ihrem noch jungen Leben gemacht hatte. Dass es sie dabei schließlich in den hohen Norden verschlug, war reiner Zufall. Sie nahm das erstbeste Stellenangebot an, dass sie über eine überregionale Ausschreibung erhielt.

Trotz eines überdurchschnittlich guten Notendurchschnittes beim Abitur, entschied sie sich für eine Lehre als Kindergärtnerin. Sie fühlte sich besonders wegen der Gewissheit, dass sie selbst nie eigenen Nachwuchs würde bekommen können, bestärkt in ihrer Berufswahl. Im Umgang mit den Kleinkindern anderer Mütter fand sie ihre Erfüllung und einen einigermaßen adäquaten Ersatz für das, was ihr für immer verwehrt blieb.

Obwohl sie bis heute Single geblieben war, konnte sie sich über ein mangelndes Sexualleben nicht beschweren. Über die Jahre hatte sie sich einen kleinen Kreis von Freundinnen aufgebaut, mit denen sie an den Wochenenden durch die Kieler Kneipen zog. Gleichzeitig fand sie schnell Anschluss, indem sie in einen örtlichen Kegelclub eintrat. Die Mädels reisten einmal pro Jahr für ein langes Wochenende nach Mallorca oder in Sporthotels irgendwo in Deutschland, in denen sie regelmäßig auf gleichgesinnte Männerrunden aus Fußball- oder Tennisclubs trafen. Diese Jungs lebten die vorübergehende Trennung von ihren Partnerinnen, die natürlich zuhause bleiben mussten, mit Ramona und ihren Freundinnen gerne aus.

Sie musste plötzlich lächeln, als ihr die eine oder andere amüsante Bettgeschichte durch den Kopf ging, während sie ein den spätsommerlichen Temperaturen angemessenes Kleid aus ihrem gut gefüllten Schrank auswählte. Es kaschierte ihre Rundungen an Bauch und Hüfte und gewährte durch einen gewagten Ausschnitt tiefe Einblicke in ihr Dekollete. Für einen Augenblick verließ sie jedoch der Mut, sodass sie ein buntes Halstuch dazu auswählte, welches ihren mächtigen Busen vorerst wieder einigermaßen bedeckte.

Bester Stimmung verließ sie wenige Minuten später ihre Wohnung. Mit einem kleinen Rollkoffer, den sie schon am Tag zuvor gepackt hatte, am langen Arm ging sie runter zum Hauptbahnhof. Im italienischen Schnellrestaurant, welches sich unmittelbar an das Bahnhofsgebäude anschloss, bestellte sie die Tagespizza und ein Glas Chianti. Dann setzte sie sich zum Essen hinaus in die Sonne auf die Terrasse, die bis ans Ufer der Innenförde reichte.

Während sie ihre Mahlzeit genoss, fragte sie sich, ob sie heute auch Rudi, ihre Jugendliebe, wiedersehen würde. Sie hatte jahrelang keinen Gedanken an ihn verschwendet, aber die Einladung zum Abi-Treffen hatte dazu geführt, dass die alten Erinnerungen in ihr wieder aufgefrischt wurden. Mein Gott, wie verliebt sie in Rudi gewesen war, als sie damals mit 17 die ersten sexuellen Erfahrungen miteinander gemacht hatten. Rudi wurde aber unmittelbar nach dem Abitur zur Bundeswehr eingezogen und veränderte sich dadurch völlig. Da sie sich nur noch am Wochenende sahen, bemerkte sie sehr bald, dass aus dem noch ein wenig kindlichen Abiturienten langsam ein erwachsener Mann wurde. Diese Veränderung gefiel ihr jedoch überhaupt nicht. Und so hatte sie ihn einige Monate später für Gerhard verlassen. Und Gerhard hatte sie wiederum eiskalt sitzen lassen. Nicht zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass das Schicksal ihr genau das gegeben hatte, was sie verdiente.

Für einige Sekunden musste sie mit den Tränen kämpfen, die in ihr unvermittelt aufstiegen. Sie schüttelte sich und nahm noch einen tiefen Schluck aus ihrem Rotweinglas, um sich dann sehr schnell wieder zu beruhigen.

Ein Blick auf ihre Armbanduhr zeigte, dass sie immer noch über eine halbe Stunde Zeit hatte, bis ihr Zug abfuhr. Das Ticket hatte sie schon vor Wochen im Internet gekauft, sodass sie sich noch ein zweites Glas Rotwein von der Theke im Innern des Restaurants holte. Während sie das rege Treiben der Touristen um sie herum beobachtete und es sich durch den Alkohol schon ein wenig in ihrem Kopf drehte, entspannte sie sich völlig.

Wie wäre ihr Leben wohl verlaufen, wenn sie damals mit Rudi zusammen geblieben wäre? Was er wohl in diesem Augenblick trieb? Was war aus ihm geworden? Inständig hoffte sie, dass sie ihn heute Abend wiedersehen würde. Als sie nun aufstand, um in Ruhe zum entsprechenden Bahnsteig zu gehen, fragte sie sich nicht einmal, warum sie so intensiv an einen Mann dachte, den sie fast zwanzig Jahre nicht mehr gesehen und außerdem für einen anderen verlassen hatte…

Toni (Samstag 11 Uhr)

Wenn Toni jemals besonders motiviert war, dann an diesem Morgen. Entgegen seiner Gewohnheit wachte er lange vor dem Klingeln des Weckers auf, den er für zwölf Uhr gestellt hatte. Die Vorfreude auf das Klassentreffen am Abend in seiner alten Heimatstadt Paderborn hatte schon seit Monaten dazu geführt, dass er seinen eintönigen Job als Möbelpacker besser ertrug als in den vergangenen Jahren. Heute Abend würde er Nina wiedersehen, die er auf einer Party vor über 20 Jahren entjungfert hatte. Auch Biggi, die schon mit 15 keine Kostverächterin gewesen war, und mit der er es auf einer Klassenfahrt in die Toskana getrieben hatte, würde er in wenigen Stunden treffen.

Toni sprang voller Elan aus dem Bett und legte auf dem uralten Plattenspieler in seinem spärlich möblierten Wohnzimmer eine LP von Judas Priest auf. Für die Band wäre er damals in der Schulzeit gestorben. Er drehte den Lautstärkeregler auf das Maximum. Luftgitarre spielend und laut mitsingend stürmte er ins winzige Bad seiner ziemlich beengten Zweizimmerwohnung am Stadtrand von Essen. Unter der Dusche spielte er eine Weile an sich selbst herum, während sich abwechselnd die damaligen Nummern mit Nina und Biggi vor seinem geistigen Auge abspielten. Doch das war nicht dasselbe, wie es in „echt“ stattgefunden hatte. Zudem brannte das Shampoo in seinen Augen und löste einen unangenehmen Juckreiz aus. Sein bestes Stück würde sich wohl noch bis zum Klassentreffen gedulden müssen.

Während er ausgiebig an seinem klapprigen Küchentisch frühstückte, blätterte er in einem vergilbten Fotoalbum aus der Schulzeit und versuchte sich dabei an die Namen weiterer Mitschüler zu erinnern, die er auf den Fotos entdeckte. Dies gelang ihm nur sporadisch, lag aber wohl auch daran, dass er erst zwei Jahre vor der Abiturprüfung, die er nicht bestand, als Sitzenbleiber dazu gekommen war. Somit war er zwei Jahre älter als die meisten seiner Mitschüler, denn er hatte schon einmal in der Unterstufe eine Klasse wiederholt. Dieser Altersunterschied hatte damals den Vorteil, dass seine Chancen bei den Mädels deutlich besser waren, als die seiner jüngeren männlichen Konkurrenten. Die Mädchen fühlten sich damals in ihrer überwiegenden Mehrheit eher zu älteren Jungs hingezogen.

An Kalle konnte er sich gut erinnern. Der Kerl hatte nichts anderes als Fußball im Kopf und redete den ganzen Tag nur von seinem Verein, Borussia Dortmund. Es gab durchaus Mädels, die an Kalle interessiert waren, aber der schnallte das einfach nicht. Erst kurz vor dem Abi bei einer Party in irgendeinem Dorf in der Nähe Paderborns hatte es dann Jule, ein echtes Mauerblümchen, geschafft, ihm zu zeigen, wie es zwischen Mann und Frau auch gehen kann. Die beiden turtelten eine Weile miteinander, aber soweit er sich erinnerte, hielt das nicht lange an. Fußball und seine Kumpels waren Kalle dann doch wichtiger gewesen. Bei dem Gedanken musste Toni grinsen und zündete sich bereits die dritte Zigarette nach dem Frühstück an.

Der Qualm konnte niemanden stören, denn zu einer ernsten Beziehung hatte er es nie gebracht, weshalb er auch an diesem Samstagmorgen allein in seiner Bude saß. Einen Augenblick musste er an seinen Sohn denken, der längst erwachsen war und eine eigene Familie gegründet hatte. Die Beziehung mit dessen Mutter hielt nur ein oder zwei Jahre. Danach bestand der einzige Kontakt zwischen ihnen in Form seiner monatlichen Überweisung für den Unterhalt auf ihr Konto. Da der Trennungsgrund eine Affäre mit einer ihrer besten Freundinnen gewesen war, während seine Frau hochschwanger zuhause lag, kam es auch nicht zu einer einvernehmlichen Auseinandersetzung. Sie setzte durch, dass er seinen Sohn nur in großen Abständen sehen durfte. Das bedrückte ihn aber nicht allzu lange. Er war viel zu sehr mit seinem eigenen Leben und zahlreichen weiteren Eroberungen beschäftigt gewesen. Der Kontakt zu seinem Sohn schlief irgendwann vollständig ein, auch deshalb, weil seine Mutter mit ihm irgendwo nach Bayern gezogen war.

Erst in den letzten Jahren bedauerte Toni ab und an diesen Verlauf seines Lebens. Vor allem dann, wenn er am Wochenende nach der üblichen Sauftour mit dröhnendem Schädel aufwachte und sich allein über den öden Sonntag quälen musste. Sein Körper war zwar durch die schwere Arbeit muskelbepackt, der Rücken schmerzte aber schon in wachsendem Ausmaß. Auch sein ehemaliger Waschbrettbauch hatte sich in eine ansehnliche Wanne verwandelt. In die Bierflasche hatte er seit der Jugend jedenfalls noch nie gespuckt. Daher fiel es ihm in letzter Zeit nicht mehr ganz so leicht wie früher, eine Bettgenossin zu finden.

Dass es nie zu einer echten Beziehung gelangt hatte, lag auch daran, dass er die Woche über in ganz Deutschland unterwegs war, um Möbel in Wohnungen fremder Leute zu wuchten. Mit seinen Kollegen verstand er sich bestens. Am Wochenende ließ er mit ihnen die Sau raus und hatte gleichzeitig seinen Geschlechtstrieb nie in den Griff bekommen. Immer wenn eine seiner spontanen Gespielinnen ernsthaftes Interesse an einer längerfristigen Fortsetzung des Wochenendabenteuers zeigte, machte sein Jagdinstinkt alle zarten Ansätze innerhalb weniger Wochen zunichte.

Irgendwann fasste er mal gegenüber einem seiner Kumpels seine Einstellung in dem lapidaren Satz zusammen: „Ein Mann muss tun, was ein Mann eben tun muss.“ Sein Kumpel verstand ihn, die ungezählten Frauen in seinem Leben aber nicht.

Nach der fünften Zigarette packte Toni das Fotoalbum wieder in das klapprige Regal, das er vor einer halben Ewigkeit von einem schwedischen Möbelhaus erstanden hatte. Eine Sporttasche mit Wechselklamotten hatte er bereits gestern gepackt. Das Hotel im Zentrum von Paderborn hatte er schon vor Monaten gebucht. Obwohl er nur rund 90 Minuten Zugfahrt vor sich hatte, verließ er bereits eine Stunde, nachdem er aufgestanden war, seine Wohnung.

Er wollte den Tag in seiner alten Heimatstadt verbringen und in der einen oder anderen Kneipe, die er damals mit seinen Schulkameraden unsicher gemacht hatte, schon mal ein wenig vorglühen…

Paul (Samstag 12 Uhr)

„Paul, bist du endlich soweit? Charlotte kommt noch zu spät zu ihrer Tennisstunde.“ Nicht zum ersten Mal dachte er an diesem Morgen darüber nach, auf welche Weise er seine Frau Wilma möglichst schmerzvoll ins Jenseits befördern könnte. Sie stand unten am Treppenabsatz ihres Einfamilienhauses in einer Neubausiedlung in Schloss Neuhaus bei Paderborn.

„Ja doch, ich bin gleich soweit“, rief er genervt und daher in der Tonlage aggressiver, als er es eigentlich gewollt hatte. Während er sich auf der Kante des in den letzten Monaten allein zum reinen Schlafvorgang genutzten Ehebettes setzte, um seine dunklen Strümpfe anzuziehen, verfluchte er seinen nicht unerheblichen Wohlstandsbauch, der es ihm schwer machte, an seine Füße heran zu kommen.

„Es wird wirklich höchste Zeit“, setzte Wilma noch einmal nach.

„Bleib ruhig, Papa“, rief seine dreizehnjährige Tochter aus ihrem Zimmer, das unmittelbar an das elterliche Schlafzimmer anschloss. „Ich habe sowieso keine Lust zum Training.“

Wilma war bereits wieder in ihrer Küche verschwunden, wo sie geräuschvoll die Reste des gemeinsamen Mittagessens vom überdimensionalen Esstisch abräumte und bekam somit den Protest ihrer Tochter nicht mit.

„Lass das bloß nicht deine Mutter hören“, kommentierte er Charlottes Einwurf, während er den Ledergürtel seiner Jeans schloss und dabei verzweifelt feststellen musste, dass wieder ein Loch mehr nötig war. Als sie wenige Minuten später die Treppe herunterkamen, Charlotte in ihrem weißen Tennisdress, er mit einem am Kragen weit geöffneten karierten uralten Wollhemd, bekam er einen weiteren Auftrag seiner Frau.