17,99 €
Nora liebt die Männer. In Zürich taucht sie ins exjugoslawische Milieu ein, in Paris treibt sie sich in zwielichtigen Bars herum. Ihrer Freundin schickt sie regelmäßig Mails, in denen sie von ihrem Leben erzählt, von ausschweifenden Abenden, ihren Liebhabern für eine Nacht, dem tragischen Tod ihres Freundes, des Schriftstellers Guillaume Dustan. Aber Nora beobachtet auch die Gesellschaft, die sie umgibt, sie erlaubt sich spitzzüngige Kommentare und entwirft ein Bild ihrer Welt, die aus dem Tritt geraten ist. Hin- und hergerissen zwischen Selbstironie und Verzweiflung, versucht sie zu überleben und ihrer Angst durch Schreiben, Sex und Wodka zu entkommen. - Sandrine Fabbri, deren aus dem Französischen übersetzter Roman »Dieses endlose Schweigen« 2011 im Lenos Verlag erschien, schreibt hier erstmals in deutscher Sprache.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2014
Die Autorin
Sandrine Fabbri, geboren in Genf, war Theaterkritikerin des Journal de Genève & Gazette de Lausanne, dann Feuilletonkorrespondentin von Le Temps in Zürich. Später arbeitete sie als freischaffende Journalistin und Übersetzerin (Lukas Bärfuss, Sibylle Berg) in Zürich und Paris. Heute lebt Sandrine Fabbri in Genf. www.sandrinefabbri.com.
An Sibylle Berg
Ma chérie
Tu n’as jamais été aussi seul
Tu es couché, tu as froid et tu te demandes
Écoutant le corps, en pleine conscience, tu te demandes
Ce qui va venir
Juste après
Michel Houellebecq, Poésie
Datum: Montag, 5. Januar 2004, 01:17
Betreff: Erlöser
Ma chérie
Als ich aufgewacht bin
Das war schon gestern
Hab ich Folgendes gedacht
Zum ersten Mal in meinem Leben
Hab ich Folgendes gedacht
Welcher Mann wird mich je erlösen
Ja
Ich sag
Erlösen und nicht retten
Du weisst
Saufen ficken saufen ficken saufen
Du kennst das Lied
Man muss doch das Leben geniessen
Solange man nicht verdorben ist
Aber diesen Morgen plötzlich dieses Gefühl
Ja gestern wieder zu viel
Zu viel Alkohol
Wozu
Da ich keinen Sex gehabt hab
No Sex Last Night
Dafür zu viel Alkohol
Dann dieser Gedanke
Fulminant
Eine Verkündigung
Man
Ein Mann
Muss mich erlösen
Du denkst
Ich war noch besoffen
Vielleicht
Aber so war es
Diesen wichtigen erstaunlichen Gedanken
Hab ich sofort einem alten Freund als SMS geschickt
Kaum war die SMS gesendet
Hat es geklingelt
Also
Sonntagmorgen
Who the hell can it be
O.k.
So früh war es nicht mehr
Hatte aber noch nicht geduscht
Hab die Tür geöffnet
Und er stand da
Der Mann
Hinter einer Rose
Er
So rot wie die Rose
Ich wusste nicht
Was ich tun sollte
Ich war noch nicht geduscht
Musste bald weg mit einer Freundin
Ausstellung blabla Sonntag du weisst
Und der Mann war da
Mit seiner Rose
Möchtest du einen Kaffee
Hab ich ihn gefragt
Ach für einen Kaffee habe ich doch keine Zeit
Hab ich sofort hinzugefügt
Ach ja die Rose
Möchtest du reinkommen
Aber ich muss gleich weg
Der Erlöser
Der
Ich hatte ihn nur ein bisschen geküsst
Ein paar Tage zuvor
Ich war besoffen
Aber du
Er wohnt in Regensdorf oder Dübendorf
Weiss der Teufel wo
Brav so brav
Er hatte mich auf der Strasse gesehen
Und zu mir gesagt
Entschuldigung
Das mach ich sonst nie
Aber ich muss
Echt
Sie sind …
Soooooo schön
Könnten wir einmal einen Kaffee
So nett so brav diese Zürcher
Könnten wir einmal einen Kaffee
Warum nicht hab ich gesagt
Obwohl ich nie Kaffee trinke
Wie du weisst
Ich hab ihm meine Handynummer gegeben
Tage später
Sassen wir zusammen
In diesem spanischen Restaurant mit Maschrabîja
Du findest es so gemütlich
Aus Langeweile
Hab ich sein Gesicht gestreichelt
Mein Bein rund um sein Bein
Seine Hand unter meinem Rock
In meinem Dekolleté
Es war
Sensuell
Nichts mehr
Einfach einen Moment geniessen
Dann bin ich allein nach Hause gegangen
Und jetzt steht er da
Der aus Regensdorf oder Dübendorf
Mit seiner Rose
Und ich muss weg
Er
Ist sicher nicht
Der Erlöser
Heute ist Sonntag
Ausstellung
Oper am Abend
Hab ich gesagt
Das macht nichts
Ich geh schon
Hat der Mann aus Regensdorf oder Dübendorf erwidert
Ich wollte dir einfach die Rose geben
Was kannst du dazu sagen
Danke und tschüss
Also dann Ausstellung mit S.
Und S. sagte zu mir
Perfekt
Du gehst heute Abend in die Oper
Profitiere
Such dir dort einen, der über vierzig ist
Basta con i bambini
Such dir einen richtigen Mann
Sag mir wo die Männer sind
Die richtigen Männer
O.k. ich werde schauen
In der Oper war ich mit meinen schwulen Freunden
Zusammen haben wir auf die 40+ geglotzt
Meine Freunde waren mehr begeistert als ich
Und die Oper war zum Kotzen
Nicht das Werk, die Inszenierung
Obwohl von Klaus Michael Grüber
Ich habe ihn so geliebt
Il ritorno d’Ulisse in patria
Arme Penelope
Wieso wartet sie so brav auf ihren (?) Ulisse
Auf Ulisse wollte ich nicht mehr warten
Ich bin in der Pause weggegangen
Hab die 40+ bei Penelope gelassen
Einen Servela im Vorderen Sternen gegessen
Und bin dann in die Labor-Bar gegangen
Am Sonntag ist Schwulenabend
Du sagst
Nicht das Beste
Den Erlöser zu finden
Warte
Ich stand allein an der Bar
In der Labor-Bar
Da kam einer zu mir
Ich dachte
Der
Sicher nicht
Geduldig war er aber
Er wollte sich wirklich unterhalten
Obwohl ich am Anfang unangenehm gewesen bin
Das heisst
Total unangenehm
Dann musste ich aber gestehen
Dass er
Eigentlich
Charmant
War
Und so niedlich
Als er seine Mütze angezogen hat
Er hat mich nach Hause gebracht
Kaum waren wir bei mir
Bin ich aus seinem Auto herausgesprungen
Er hatte keine Sekunde
Mich etwas zu fragen
Jetzt sitze ich ganz blöd vor dem Computer
Und denke
Vielleicht war der
Der Erlöser
Obwohl er sicher nicht vierzig
Höchstens fünfunddreissig ist
Weiss der Teufel
Ob ich ihn je wiedersehen werde
Er weiss nur meinen Vornamen
Was kann ich tun
Nur hoffen
Dass das Schicksal ihn mir zurückschickt
Er ist verschwunden
Die Rose ist immer noch da
Schöne Nacht, du Süsse
Deine Nora
Datum: Montag, 5. Januar 2004, 10:05
Betreff: Erlöser (noch!)
Anhang: Foto Labor-Bar
Ma chérie
Das Schicksal hat angerufen
Genau
Mit Internet kann keiner mehr verschwinden
Ein Vorname eine Strasse
Und schon klingelt das Schicksal
Am Montagmorgen
Um neun Uhr
Ich war noch im Bett of course
Heute heisst das Schicksal Internet
Ob Internet der Erlöser ist
Auf jeden Fall
War er am Telefon
Er
Der Mann von gestern
Der Mann mit der Mütze
Schöne tiefe Stimme
Männlich
Bist du von der Geheimpolizei
Hab ich ihn gefragt
Warum
Dass du mich so schnell gefunden hast
Er hat gelacht
Dann war alles sehr einfach
Ja o.k. sehen wir uns morgen
Du Liebe
Was wird denn passieren
Deine Nora
Datum: Dienstag, 6. Januar 2004, 16:30
Betreff: Erlöser (Folge)
Ma chérie
Ich lief durch die Strassen
Was sag ich
Ich flog
Kopf voll mit Träumen
Heute Abend
Heute Abend werde ich ihn sehen
Den Mann mit der Mütze
Musiker waren da
Diese ethno-kitschig-unmöglichen Indianer aus Südamerika
Plötzlich hat mich ein Mann angesprochen
Typisch Golden Boy
Schön aber
Er hat gesagt
Entschuldigung
Darf ich Ihnen ein Kompliment machen
…
Ihre Strapse sind so schön
Echt
Ehrlich
Wirklich so schön
Ich habe mich bedankt
Aber du
Ich hatte gar keine Strapse
Einfach meine gewöhnlichen halterlosen Strümpfe
Auf Französisch klingt es viel besser
Bas jarretières
Die man sieht wenn ich meinen hinten geschlitzten Rock trage
Diese Zürcher sind so brav
Ich muss es wiederholen
Sie fragen dich
Ob sie dir ein Kompliment machen dürfen
In meinem Exland hast du sofort die Hand am Arsch
Was ist besser
Wo wünsch ich mir seine Hand
Ahhhhhhh heute Abend
Noch ein paar Stunden
Bis dann mein Schatz
Deine Nora
Datum: Mittwoch, 7. Januar 2004, 11:10
Betreff: Erlöser (es geht weiter)
Ma chérie
Ich war fix und fertig
Viel zu früh
Hatte eine neue Miu-Miu-Tasche gekauft
Symbolisch
Ein neuer Mann (?), eine neue Tasche (!)
Er ist auch viel zu früh angekommen
Ich habe ihn durchs Fenster gesehen
Scheisse
Im Tageslicht
Gar nicht fünfunddreissig
Höchstens dreissig
Warum wollen mich denn immer so junge Männer
Und nie ein richtiger Mann
Zu spät
Er stand da mit seiner Flasche Champagner
So niedlich
Mit seiner Mütze
Wegen deiner Schuhe
Könnte ich zum Schuhfetischisten werden
Sagte er
Ja les talons aiguilles
Bas jarretières und talons aiguilles machen immer einen grossen Effekt
Bei den Deutschsprachigen
Weil sie daran nicht so gewöhnt sind?
Etwas bewegte sich in mir
Stop stop be cool
Für einmal nicht zu viel Alkohol nicht sofort ins Bett
Zuerst sprechen
Er ist Arzt
Hat auch slawische Wurzeln
Am See haben wir gegessen
Ein Traum
Aber nein
Für einmal bleiben wir anständig
Ein bisschen Spannung
Ist nicht schlecht
Zusammen sprechen
Sich anschauen
Dann
In seinem Wagen
Hat er meine Hand genommen
Es hat gebrannt
Ich wollte nur
Meine Hand
In seiner Hand
Anständig bleiben
Spannung
Ich könnte dich entführen
Nach Basel
Zu mir
Hat er gesagt
O ja
Nein hab ich gesagt
Ich gehe nach Hause
Bin gegangen
Kaum war ich zu Hause
Hat es geklingelt
Er stand da
Vor meiner Tür
Vor mir
Eigentlich ist es schade
Hat er gesagt
Und ist verschwunden
Meine Hand brannte noch
Heute wächst es in mir
Ich muss nach Basel ich muss
Mein Körper leidet
Ich muss ihn umarmen
Sonst werde ich verrückt
Es ist stärker als ich
Es ist genau das
Wenn man sagt
Man sucht sich das fehlende Teil
Den Zwilling
Androgynie-Mythos
Androgynie-Wunsch
Der Mann ohne Eigenschaften wusste viel
Davon
Ich kann nicht mehr
Ich muss ihn anrufen
Ich habe verstanden
Was das heisst
La maladie d’amour
Mein Körper ist eine einzige Wunde
Une béance
Die wieder geschlossen werden muss
Nein
Sag nichts
Ich gehe
Ich fliege
Deine Nora
Datum: Samstag, 10. Januar 2004, 14:15
Betreff: Erlöser (jaaaaaaaa)
Ma chérie
Ja
Ich bin verschwunden
Hab den Zug genommen
Basel
Bin bis heute dortgeblieben
Jetzt leide ich schon wieder
Mein Körper kann nicht mehr allein
Als ich ihn endlich umarmen konnte
War es das Paradies
Drei Tage in seinem Bett
Jetzt wieder leiden
Bis heute Abend
Deine Nora
Datum: Sonntag, 11.Januar 2004, 12:05
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!