Notärztin Andrea Bergen 1249 - Liz Klessinger - E-Book

Notärztin Andrea Bergen 1249 E-Book

Liz Klessinger

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Beschreibung

Seit Tagen schon wacht Tobias Imhof bei seiner Frau und seinem kleinen Sohn, die nach ihrer Meningokokken-Infektion ins künstliche Koma versetzt worden sind. Nichts erinnert mehr an die vitale, lebensfrohe Maren, und auch der vier Monate alte Leon ist nicht wiederzuerkennen: Seine runden Pausbäckchen sind eingefallen, die rosige Babyhaut ist blass und blau geädert. Zischend hebt und senkt sich Leons schmale Brust unter den Stößen des Beatmungsgerätes, und der Anblick des hilflosen Säuglings treibt Tobias heiße Tränen in die Augen. Nein, er will und kann nicht glauben, dass er Leon und Maren jeden Moment zu verlieren droht! Doch die Ärzte des Elisabeth-Krankenhauses haben ihn längst auf das Schlimmste vorbereitet. In diesen Schicksalsstunden, in denen Tobias zu verzweifeln droht, wächst mit einem Mal in ihm ein Hoffnungsschimmer, und gegen jede Vernunft schließt er einen Handel mit Gott und allen Engeln, um die zu retten, die er liebt...

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Cover

Impressum

Endlich seid ihr bei mir!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / NotarYES

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-8387-5766-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die junge Maren Imhof und ihr erst vier Monate alter Sohn Leon haben sich mit Meningokokken-Meningitis infiziert, der gefährlichsten Form der Hirnhautentzündung, und mussten bereits vor Tagen ins künstliche Koma versetzt werden! Obwohl wir den aggressiven Bakterien sofort mit hochdosierten Antibiotika zu Leibe gerückt sind, haben sich die Blutwerte der beiden Patienten bisher nicht gebessert. Vor allem der kleine Leon befindet sich nach einer Sepsis in einem besorgniserregenden Zustand – und wir müssen auf das Schlimmste gefasst sein …

Tobias Imhof, Leons Vater, geht durch die Hölle! Keine Sekunde weicht er vom Bett seiner Lieben – und die Angst um ihr Leben bringt ihn fast um den Verstand. Jetzt hat er beschlossen, selbst aktiv zu werden. Doch sein Plan wirkt verrückt, ja aberwitzig. Und er ist gefährlich – sehr gefährlich …

»Du kleiner Racker!« Tobias Imhof hielt seinen Sohn im Arm und rieb mit seiner Nase über die Stupsnase des Babys. Leon gluckste, und Tobias lachte ihn an.

»Das gefällt dir, kleiner Mann, was?« Er wiederholte das Spiel, wieder und wieder rieb er mit seiner Nase über Leons, der jedes Mal vor Freude juchzte.

Maren schüttelte lächelnd den Kopf. Sie stand vor der Garderobe im Flur und hielt Tobias’ Mantel im Arm.

»Ihr seid mir zwei Schmusekater, der eine schlimmer als der andere.«

»Hast du gehört, was die Mama gesagt hat?« Tobias grinste seinen Sohn an und kitzelte ihn weiter an der Nase, während Leon vor Begeisterung quiekte. »Dabei liebt die Mama es genauso wie du, wenn ich mit ihr schmuse.«

Nun musste auch Maren Imhof lachen. »Leider kommen Papa und Mama kaum noch dazu, weil die Mama entweder schläft oder Leon mit Schmusen dran ist.«

»Oh, oh«, sagte Tobias lächelnd zu Leon. »Die Mama beschwert sich, dass sie zu wenig Liebe bekommt.« Er blickte Maren an. »Das werden wir doch gleich mal ändern.« Während er Leon im rechten Arm hielt, zog er sie mit dem linken zu sich heran und gab ihr einen zärtlichen Kuss. »Dann weiß ich ja, was ich heute Abend zu tun habe.« Er grinste sie an, und Maren lachte.

»Hoffentlich schläft unser Sohn auch tief und fest, wenn du heute Abend zur Tat schreitest.«

»Klar schläft der! Wir Männer halten schließlich zusammen. Nicht wahr, Leon?«

Der Kleine gluckste wieder und griff in die Haare seines Vaters.

»So war das nun nicht gemeint«, stöhnte Tobias mit gesenktem Kopf, während er versuchte, sein Haar aus der kleinen Faust zu befreiten.

»Komm, mein Kleiner, nun lass schon los! Papi muss zur Arbeit.«

Doch Leon hielt die Haarsträhne eisern umklammert.

»Dafür, dass er erst vier Monate alt ist, hat er ganz schön Kraft«, stöhnte Tobias.

Maren hängte den Mantel wieder an die Garderobe.

»Nun halt mal still«, forderte sie ihren Mann lachend auf, während sie versuchte, Leons Klammergriff zu lösen.

»Au! Ihr reißt mir ja das Haar aus!«, rief Tobias. Leon kreischte vor Vergnügen und zerrte heftig an Tobias Haaren.

Schließlich hatte Maren es geschafft, seine kleine Faust zu lösen. Sie nahm das Baby auf den Arm, und Tobias atmete auf.

»Ganz schön stark, der Kleine«, sagte er anerkennend und strich Leon über die Wange.

Maren nahm Tobias’ Mantel und gab ihn ihrem Mann. »Du musst dich beeilen, sonst kommst du zu spät.«

Tobias nahm seinen Schlüsselbund vom Haken, gab Maren und Leon einen Kuss und ging aus der Tür. Auf der Ablage unter der Garderobe lag noch die Box mit dem Brot, das Maren ihm geschmiert hatte. Schnell öffnete sie die Haustür.

»Tobias, dein Brot!«, rief sie in den Hausflur.

Eilig lief Tobias die Treppe von der Tiefgarage zum Erdgeschoss hoch.

»Wo hab ich nur meinen Kopf?« Er gab Maren einen Kuss auf die Wange. »Heute Abend wird es wahrscheinlich etwas später, warte nicht auf mich!«

»Dann wird’s wohl wieder nichts mit der Liebe«, frotzelte Maren.

Tobias hielt auf dem Treppenabsatz an und warf ihr eine Kusshand zu.

»Bis heute Abend! Und grüß Kirsten von mir!«, rief er und lief die Treppe zur Tiefgarage hinunter.

»So ist das mit euch Männern.« Maren schmunzelte und sah Leon an, der an seiner Faust lutschte. »Erst versprecht ihr uns den Himmel auf Erden, dann sitzen wir zu Hause und warten auf euch.«

Sie legte Leon auf seine Krabbeldecke und gab ihm eine Rassel in die Hand, die er neugierig untersuchte. Dann packte Maren die Wickeltasche, machte ein Fläschchen mit Tee fertig und gurtete Leon in seinem Kindersitz an.

»Jetzt besuchen wir erst die Omi und dann meine Freundin Kirsten. Die ist nämlich schon ganz neugierig auf dich.«

Maren freute sich auf den Besuch bei ihrer Mutter. Dann würde sie in Ruhe frühstücken können, während ihre Mutter ihr den Kleinen abnahm. Christa Römer war Lehrerin und erst im letzten Sommer pensioniert worden. Sie genoss es, endlich Zeit für ihre Tochter und ihren Enkel zu haben. Auch Tobias verstand sich sehr gut mit seiner Schwiegermutter. Christa drängte sich nicht auf, dafür hatte sie zu viele eigenen Interessen, aber sie war immer da, wenn die frischgebackenen Eltern sie brauchten. Leon fühlte sich von Anfang an bei seiner Omi geborgen, sodass Maren und Tobias ihn beruhigt in Christas Obhut lassen konnten.

Als Maren bei ihrer Mutter klingelte, nahm Christa Römer ihr sofort den Kindersitz ab.

»Da ist ja mein süßer Fratz«, begrüßte sie strahlend ihren Enkel. »Die Omi hat schon auf dich gewartet. Jetzt wird erst einmal gefrühstückt.«

»Werde ich auch noch begrüßt?« Maren musste lachen.

»Ach so, hallo, Maren!« Christa drückte sie an sich. Dann nahm sie Leon aus dem Kindersitz und ging mit ihm in die Küche. In der gemütlichen Sitzecke hatte sie bereits den Tisch gedeckt.

»Schenkst du dir selber Kaffee ein?«, bat sie ihre Tochter, während sie mit ihrem Enkel schmuste.

»Möchtest du auch eine Tasse?«

»Nein, danke, sonst wirft er sie mir wieder um.« Christa hielt Leons Hand fest, mit der er nach ihrer Halskette greifen wollte. »Nicht wahr, du kleiner Schatz, du greifst dir alles, was nicht niet- und nagelfest ist.«

»Habt ihr früher eigentlich auch so einen Wirbel um mich gemacht?« Maren nahm einen Schluck Kaffee und sah ihre Mutter schmunzelnd an.

»Dein Vater war völlig vernarrt in dich«, antwortete Christa Römer, während sie ihren Enkel anstrahlte. »Wehe, jemand anders hat dich angefasst, wenn er in der Nähe war! Du warst immer sein Muckel, so hat er dich genannt.« Sie sah Leon an. »Schade, dass dein Opa dich nicht mehr kennengelernt hat! Er ist vor drei Jahren gestorben, und er wäre bestimmt sehr stolz auf dich gewesen.«

»Papa wäre genau so verrückt nach ihm gewesen wie Tobias«, sagte Maren. »Der hat nämlich nur noch Augen für seinen Sohn. Mich beachtet er kaum noch.« Sie biss herzhaft in ihr Käsebrötchen.

»Das kommt dir nur so vor«, meinte ihre Mutter. »Außerdem kannst du froh sein, dass Tobias sich so viel mit seinem Sohn beschäftigt. Da gibt es ganz andere Väter.«

»Wir sind ja auch sehr glücklich, aber die Zeit der trauten Zweisamkeit ist vorbei.«

Christa Römer setzte Leon auf ihren Schoß und gab ihm einen Plastiklöffel in die Hand. »Dafür habt ihr nun einen wunderbaren Sohn.«

»Ich wollte mich auch nicht beschweren«, erwiderte Maren. »Es ist nur eine ganz schöne Umstellung, wenn sich plötzlich alles um ein Baby dreht.«

Ihre Mutter seufzte. »Du wirst dich wundern, wie schnell sie groß werden.«

Nach dem Frühstück stillte Maren ihren Sohn im Wohnzimmer. Er trank mit gierigen Schlucken und schlief noch während des Trinkens ein.

»Ich werde jetzt zu Kirsten fahren«, sagte Maren leise zu ihrer Mutter. »Sie hat mich eingeladen, weil sie endlich Leon sehen will.«

»Grüß Sie von mir!«, sagte Christa erfreut. »Ich würde mich freuen, sie mal wiederzusehen.«

»Wir werden bald wieder zusammen laufen. Kirstens Meniskus ist nach der OP gut verheilt.«

»Wolltest du heute Nachmittag nicht auch laufen?«

»Stimmt! Du meine Güte, in letzter Zeit bin ich total vergesslich!«

»Das ist normal nach einer Geburt, das liegt am Schlafmangel und an den Hormonen«, beruhigte Christa sie. »Dann komme ich so gegen vier Uhr vorbei, es ist ja nur ein Katzensprung zu euch.« Sie herzte ihren Enkel noch einmal und verabschiedete sich dann von beiden.

Gemächlich fuhr Maren über die Landstraße in das kleine Dorf, in dem ihre Freundin Kirsten Mohr wohnte. Sie hatten sich vor Jahren bei einem Stadtlauf kennengelernt, Kirsten war genauso eine begeisterte Läuferin wie sie. Durch ihren Sport und ihren Beruf war Kirsten sehr eingespannt, sodass sie wenig Freizeit hatte. Daher freute sich Maren umso mehr, dass sie es endlich geschafft hatten, sich zu verabreden.

Als sie vor Kirstens Haus hielt, kam ihre Freundin aus dem Garten gehumpelt.

»Da bist du ja endlich!«, rief Kirsten ihr entgegen und umarmte sie vor Freude.

»Schön, dich wiederzusehen!« Maren strahlte ihre Freundin an. Dann holte sie den Kindersitz mit Leon darin aus dem Auto. »Und das ist der Mann, der schuld ist, dass ich letztes Jahr keinen Marathon laufen konnte«, sagte sie heiter.

»Ist der süß!«, rief Kirsten aus und strich Leon über die Pausbäckchen. Dann lachte sie. »Er sieht genauso aus wie Tobias, er ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Aber komm, ich habe für uns im Garten gedeckt. Es ist zwar erst Mittag, doch wir können ja trotzdem Kuchen essen.«

»Kuchen geht immer«, sagte Maren entschlossen und folgte Kirsten auf die Terrasse. »Sag mal, du humpelst aber noch ganz schön.«

»Eigentlich gar nicht mehr«, sagte Kirsten verärgert, »aber ich habe es gestern mit dem Training übertrieben. Deshalb tut mir heute das Knie höllisch weh. Eine Erkältung habe ich auch im Anmarsch. Ich fühle mich, als hätte mich ein D-Zug überrollt.«

Sie ließ sich in den Korbsessel fallen und atmete tief aus. Maren fand, ihre Freundin sah sehr blass aus. Trotz ihrer Fröhlichkeit wirkte sie müde.

»Dann halten wir jetzt besser Abstand«, entschied Maren. »Ich bin wirklich nicht zimperlich, aber eine Erkältung kann ich überhaupt nicht gebrauchen. In ein paar Wochen ist der Köln-Marathon, da muss ich fit sein.«

»Das ist schon verrückt, letztes Jahr konntest du nicht mitmachen, weil du mit Leon schwanger warst, und dieses Jahr kann ich nicht mitmachen, weil ich verletzt bin. Ob wir es jemals schaffen, gemeinsam zu laufen?« Kirsten seufzte und rieb sich über ihre müden Augen.

»Ganz bestimmt«, tröstete Maren sie. »Nächstes Jahr treten wir gemeinsam an.«

»Hoffentlich bin ich dann nicht schwanger!«

»Was?!«, rief Maren. »Gibt es etwa einen Mann in deinem Leben?«

Kirsten brachte ein Lächeln zustande und erzählte ihrer Freundin ausführlich von ihrer neuen Liebe. Dabei geriet sie immer wieder ins Stocken, weil sie so Kopf- und Rückenschmerzen hatte. Schließlich gab sie es auf.

»Maren, es tut mir wirklich sehr leid, aber ich kann mich kaum noch aufrecht halten. Mir tut jeder Knochen weh, mein Kopf dröhnt, und ich könnte umfallen vor Müdigkeit. Außerdem ist mein Nacken so steif, dass ich kaum noch den Kopf bewegen kann. Vermutlich bin ich völlig verspannt, weil ich zu viel trainiert habe.«

»Du siehst wirklich nicht besonders fit aus«, meinte Maren mitleidig. »Mach dir keine Sorgen, Kirsten, dann sehen wir uns eben ein anderes Mal. Wichtig ist jetzt, dass du schnell wieder auf die Beine kommst. Schließlich brauche ich jemanden, der mich in Köln anfeuert.«

»Dafür hast du doch genug Leute«, machte Kirsten einen müden Scherz.

»Aber keine Freundin, die weiß, wie ich mich fühle«, antwortete Maren.

Sie trug ihrer Freundin noch das Geschirr in die Küche und hob den Kindersitz mit Leon darin hoch.

»Ich winke dir nur zu, sonst stecken Leon und ich uns auch noch an.« Sie winkte Kirsten und sah ihr besorgt hinterher, als sie mit schleppenden Schritten ins Haus ging.

***

»Jedes Jahr das gleiche Gleiche.« Kopfschüttelnd zeigte der Rettungssanitäter Ewald Miehlke seinem Kollegen die Boulevardzeitung. »Sobald die Grippewelle losgeht, behaupten sie, der Impfstoff geht aus.«

»Die leben nun mal von ihren Schlagzeilen«, antwortete der Fahrer Jupp Diederichs und stand vom Tisch im Bereitschaftsraum auf, um sich eine Tasse Kaffee einzuschenken. »Je reißerischer die sind, desto mehr Leute kaufen die Zeitung.«

»Aber die müssten doch merken, dass so eine Schlagzeile ihnen nur Angst machen soll.« Ewald Miehlke stand auf und holte sich eine Tasse aus dem Oberschrank. Er hielt sie seinem Kollegen hin, der ihm Kaffee einschenkte.

»Sei froh, dass sie so etwas schreiben«, entgegnete Jupp Diederichs. »Jetzt lassen sich vermutlich viel mehr Leute gegen Grippe impfen. Und das verhindert die weitere Ausbreitung.«

»Das hast du aber schön gesagt«, zog ihn sein Kollege auf.

»Ich bin nun mal ein Mann mit Bildung«, konterte Jupp Diederichs und grinste.

Ewald Miehlke musste lachen. »Die beziehst du aber auch nur aus der Zeitung.« Er wedelte mit dem Boulevardblatt.

Dann ging die Tür auf.

»Einsatz im Seniorenzentrum, vermutlich eine Grippekranke«, rief die Notärztin Andrea Bergen ihnen zu und verschwand schon wieder. Ewald Miehlke und Jupp Diederichs griffen sich ihre orangefarbenen Jacken und liefen zum Rettungswagen. Andrea Bergen folgte ihnen mit dem Arztkoffer in der Hand. Mit hohem Tempo fuhr Jupp Diederichs los.

»Ich verstehe wirklich nicht, warum Senioren nicht alle gegen Grippe geimpft werden«, ärgerte sich die Notärztin. »Sie gehören zur größten Risikogruppe. Wenn es sie erwischt, kann es richtig schlimm werden.«

»In der Zeitung stand, dass jedes Jahr in Deutschland achttausend Menschen an Grippe sterben«, warf Ewald Miehlke ein.

»In manchen Jahren sollen es sogar bis zu zwanzigtausend sein, die bei uns an Influenza sterben«, ergänzte Andrea Bergen. »Dabei könnte man sich mit einer einfachen Impfung vor der Ansteckung schützen.«

Sie hatten das Seniorenzentrum erreicht. Andrea griff ihren Arztkoffer und sprang aus dem Rettungswagen, Miehlke und Diederichs holten die Trage hinten aus dem Wagen und folgten ihr.

Die Heimleiterin Ulrike Kemal begrüßte sie eilig und führte sie in ein Seniorenzimmer im Erdgeschoss.

»Frau Schmitt, die Notärztin ist da«, sagte sie mit lauter Stimme.

Andrea sah auf den ersten Blick, dass die alte Dame fieberte, ihre Augen glänzten, das Haar war verschwitzt, ihr Gesicht gerötet.

»Frau Schmitt, wir kennen uns«, sagte Andrea mit erhobener Stimme. »Ich habe sie schon ein paar Mal untersucht.«

»Das weiß ich doch, Frau Doktor«, sagte Luise Schmitt mit brüchiger Stimme. »Das war wegen meines Zuckers, aber jetzt fühle ich mich ganz elend. Alles tut weh, mein Kopf, Arme und Beine, der Rücken. Und Schnupfen habe ich auch.«

Andrea begann mit der Untersuchung. Sie schob das Nachthemd der alten Dame hoch und horchte mit dem Stethoskop den Brustkorb ab.

»Ihr Atem rasselt ganz schön.« Andrea zeigte auf den Brustkorb. »Sie haben eine schwere Bronchitis.«

»Frau Schmitt hat über neununddreißig Fieber«, informierte Ulrike Kemal die Notärztin. »Heute Morgen fing es schlagartig an.«

»Das ist typisch für eine Influenza«, antwortete Andrea und sah die Patientin an. »Haben Sie heute schon etwas gegessen?«

Luise Schmitt schüttelte den Kopf. »Ich kriege keinen Bissen runter.«

»Und getrunken haben Sie bestimmt auch wenig?«, vermutete Andrea.

Ertappt sah die alte Dame zur Heimleiterin. »Einen Becher Tee habe ich heute Morgen getrunken. Mehr habe ich nicht geschafft.«

»Mit dem Trinken tut Frau Schmitt sich schwer«, sagte Ulrike Kemal freundlich und trat an das Bett der alten Dame. »Nicht wahr, Frau Schmitt? Wir kämpfen um jede Tasse.«

»Trinken ist aber sehr wichtig«, antwortete Andrea. »In Ihrem Alter und bei einer Infektion kann Ihr Körper schnell austrocknen.«

Während sie die Kranke untersucht hatte, hatte Miehlke ihr bereits einen venösen Zugang in der Armbeuge gelegt und hängte die Infusion mit der Glukoselösung an. Danach spritzte Andrea ihr Neuraminidase-Hemmer, die die Verbreitung der Grippeviren eindämmen sollten.