Nur der Name ist gewöhnlich - Peter Müller - E-Book

Nur der Name ist gewöhnlich E-Book

Peter Müller

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Beschreibung

Peter Müller blickt zurück auf ein Leben voller Berg- und Talfahrten, auf eine ganz außergewöhnliche Biografie. Nach abgeschlossener Schule, Lehre und Wehrdienst, findet er zum Kampfsport. Wie besessen betreibt er Karate und Taekwondo, eröffnet seine eigene Sportschule und nimmt an internationalen Meisterschaften teil. Mit der Kampfkunst und dem Gefühl der Stärke beginnt auch der Weg in die Kriminalität und ins Milieu. Was mit vereinzelten Schlägereien begann, führt bald zu Zuhälterei und Schutzgelderpressung. Ein geplanter Raubüberfall scheitert und bringt "Karate-Peter" zum ersten Mal ins Gefängnis.

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Hab’ im Leben viel erlebt

immer nur nach vorn gestrebt,

ein Raub hab’ ich begangen

sieben Jahre eingefangen,

dann mit Kokain gedealt

nochmals sieben Jahr verspielt,

auch Cannabis hat ich als Ware

das brachte nochmals fast sechs Jahre

hab’ Bordsteinschwalben laufen lassen

dabei war ich nicht zu fassen,

man konnte vieles nicht beweisen

auf meinen kriminellen Reisen,

ein Dutzend Jahre hab’ gesessen

in vielen Knästen rund um Hessen,

habe mich zurückgezogen

mein Leben völlig umgebogen,

doch jeder Polizeibericht

hängt mir nach und glaubt mir nicht…

Peter Müller

Peter Müller

NUR DER NAME IST GEWÖHNLICH

Die Karriere des »Karate Peter«

Peter Müller, Nur der Name ist gewöhnlich

© 2012 B3 Verlags und Vertriebs GmbH, Markgrafenstraße 12, 60487 Frankfurt am Main

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Kopien, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Weitere Titel des B3 Verlages unter www.bedrei.de

Lektorat: Janine Bach, Text at Work

Umschlag: Bayerl & Ost, Frankfurt am Main

Printed in Germany

ISBN 978-3-943758-32-0

eISBN 978-3-943758-33-7

Inhalt

Vorwort

Kindheit und Schulzeit

Bundeswehr

Immer Ärger mit den Frauen

Das erste Ding

Im Sturm mit Deep Purple

Security mit Köpfchen

Mobiler Laufsteg

Kopfgeld

Amsterdam

Back in Rhein-Main – unverhofft kommt oft

Kokain – das Geschäft mit dem weißen Stoff

Auch Dealer brauchen mal Pause

Knast, die Dritte

Die Versuchung der Freiheit

Knastgedichte

Wieder draußen – nach dem Deal ist vor dem Deal

Ibiza by Bike

Abgezockt

Homegrow

Big Brother is watching you

Mit Achtzeilern kann man auch Geld machen

Bope’s Birth

Bope rockt die Festivals

Magic Mushrooms

Pleiten, Pech und Pannen

Bope’s Planet

Ende-Gelände

Bope’s Garten

Geldeintreiben mit links

Spice ist auch keine Lösung

Vom Täter zum Opfer

Haschte gekifft?

Eine Handvoll Knast

Undichte Stelle

Luxusknast

Weihnachtliche Überraschung

Alte neue Freiheit

Des Schicksals Strich durch die Rechnung

Reha

Talfahrt

Psychiatrie statt Knast

Plädoyer

Vorwort

Einige Dinge, die ich getan habe, werden sicherlich den einen oder anderen abstoßen und schockieren. Ich habe dennoch versucht, nichts im Nachhinein zu beschönigen oder zu verharmlosen, sondern es so zu beschreiben, wie es war und wie ich mich damals gefühlt habe. Ich finde es echt peinlich, wenn Leute sich hinter Ausreden und hohlen Entschuldigungen verkriechen – ich habe gewusst, was ich tue und ich wusste auch, wenn es gegen das Gesetz verstieß.

Ich möchte auch nicht meine Eltern für verpasste Chancen und eine ungerechte Gesellschaft verantwortlich machen. Das ist mir zu billig. Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber wenn man ehrlich ist, sind in dem Moment, wenn es darum geht etwas zu tun – oder es eben nicht zu tun – ganz andere Dinge ausschlaggebend. Meistens geht es nur darum, Macht und Stärke zu zeigen, und es geht in erster Linie um richtig Kohle.

Ich habe für vieles, das in diesem Buch beschriebenen ist, mit Haft, Schmerzen, Trennungen und Geld bezahlt. Das war der Preis für manch coole Zeit, in der ich die Taschen voller Scheine und viel Spaß hatte. Wenn mich einer fragt, ob es sich gelohnt hat? Nun, wer kann das für sein eigenes Leben schon beantworten? Einiges würde ich nicht mehr machen – bei anderen Sachen frage ich mich, wo eigentlich der Fehler liegt, beim Gesetz oder bei mir?

Aber darüber soll sich jeder selbst seine Gedanken machen. Ich will nicht jammern und über die Obrigkeit schimpfen, ich sage jetzt erst einmal, was Sache war.

Kindheit und Schulzeit

Am 26. Oktober 1954 krabbelte ich unter dem Sternzeichen Skorpion in diese Welt.

Hätte ich damals schon gewusst, was alles auf mich zukommt, ich wäre direkt zurückgekrabbelt! Ich erlebte meine Kindheit und meine Jugend in Harheim, einem idyllischen Vorort von Frankfurt am Main. Im Alter von acht oder neun Jahren badete ich im Sommer in einer Plastikwanne im Garten meines Elternhauses. Ich hatte eine Blase an der Ferse meines linken Fußes, die sich durch das Wasser öffnete. Nach dem Wasserbad tollte ich im Garten herum, wobei Schmutz in die offene Blase geriet. Das Resultat war eine Blutvergiftung mit Knochenfraß. Ich wurde mehrfach operiert, was damals sehr teuer war. Meine Eltern investierten 15.000 Mark in private Chefarztbehandlungen. Diese Summe in den 60er-Jahren – das war ein kleines Vermögen. Ich durfte daraufhin keinen Mannschaftssport betreiben, weil mein Körper noch nicht ausgewachsen und die Gefahr eines Rückschlages zu groß gewesen wäre.

Meine Mutter hatte alle Hände voll zu tun mit mir und es dauerte nicht lange, bis ich ihr den nächsten Kummer bereitete. Eines Sommers spielte ich mit einem befreundeten Brüderpaar im Garten. Walter, einer der Brüder, nahm eine Bohnenstange wie einen Speer zur Hand und warf sie in Richtung seines Bruders Hans-Jürgen. Ungünstig war nur, dass ich genau dazwischen stand: Die Bohnenstange traf mich genau zwischen meinen Augen, brach ab, ein Stück blieb stecken. Ich rannte weinend zu meiner Mutter, die mich umgehend ins Krankenhaus fuhr, wo die Verletzung genäht wurde. Bei der Aktion hätte ich auch leicht ein Auge verlieren können. So hatte ich mal wieder Glück gehabt.

Das Krankenhaus war in meiner Kindheit kein Neuland für mich, ich war oft zu Behandlungen dort. Einmal brach ich mir den Arm beim Rollschuhlaufen, ein anderes Mal beim Schulsport, dann trug ich beim Spielen ein Loch im Kopf davon. Fast ertrunken wäre ich bei dem Versuch, mit einem selbstgebauten Floß aus Ölfässern, Seilen und Holzplanken mit ein paar Kumpels den Eschbach hinunterzuschippern. Es klappte alles ganz wunderbar – bis das Floß sank.

Ich war eben schon in meiner Kindheit ein Wildfang.

Ich beendete meine Schulzeit mit mittelmäßigem Schulabschluss und machte eine Lehre als Spengler und Installateur, die ich im Februar 1973 mit Gesellenprüfung abschloss.

Bundeswehr

Gleich nach der Lehrzeit wurde ich in die Bundeswehrkaserne Spilburg nach Wetzlar eingezogen. Schon gleich zu Beginn meiner Grundausbildung legte ich mich kräftig mit meinen übergeordneten Befehlsgebern an. Befehle entgegen nehmen und dann Marsch-Marsch, das war nie mein Ding. Eines Abends, ich war Panzer-Grenadier und für die Abmeldung der Stube verantwortlich, kam der UVW, der diensthabende Unteroffizier der Wache, in unsere Stube. Ich stand total besoffen mit dem Schiffchen quer auf dem Kopf wie Napoleon vor ihm und lallte nur. Meine Kollegen lagen hackedicht auf ihren Betten und lachten sich schlapp. Die Bude sah aus wie Sau, Bierflaschen lagen umgestürzt auf dem Tisch, und die Brühe tropfte auf den Boden. Der Unteroffizier brüllte mich an, woraufhin ich ihm eine deftige Ohrfeige verpasste und er aus dem Zimmer stürmte. Einige Minuten später kam der OVW, der Offizier der Wache – ein Major – und machte voll auf ganz, ganz wichtig. Ihm habe ich direkt die Mütze vom Kopf geschlagen, worauf er mir sagte, ich sei festgenommen und müsste mit zur Wache kommen. Ich machte noch Palaver, weil ich, wenn schon festgenommen, dann aber nur in Handschellen abgeführt werden wollte. Der schlaue Major hatte keine bei sich, und es dauerte seine Zeit, bis ich mich dann endlich entschloss, auch ohne Handschellen mitzukommen. Am nächsten Morgen musste ich zum Rapport beim Spieß, der mich dermaßen anschrie, dass ihm fast die Adern geplatzt wären.

Nach dem Vorfall hatte ich vonseiten der Befehlsgewalt nichts mehr zu lachen. Ich wurde zu allen möglichen Wochenenddiensten eingeteilt und war in den ersten drei Monaten meiner Wehrpflicht fast nie zuhause. Die Zeit bei der Bundeswehr war hart, aber sie war auch lustig. Die Bundeswehr machte aus verweichlichten Teenagern richtige Männer und verlässliche Kameraden. Ich erinnere mich gerne an diese Zeit zurück, meine Kumpels und ich hatten viel Spaß zusammen. 1974 verließ ich nach fünfzehn Monaten als Gefreiter die Bundeswehr.

Immer Ärger mit den Frauen

1974 meldete ich mich in der Sportschule Dome in Frankfurt zu einem Karate-Kurs an. Dieser Sport blieb für lange Zeit meine Leidenschaft. Ich trainierte 3-4-mal die Woche und war phasenweise wie besessen. Der Kampfsport war für mich der Weg, wie ich mich gegenüber anderen, oder stärkeren, behaupten konnte. Inzwischen bin ich Träger des 3. Dan Karate, des 1. Dan Taekwondo und des 1. Dan Jiu Jitsu. Der Sport machte mich sehr viel ruhiger und gelassener. Manch brenzlige Situation habe ich dann eher durch ein Schulterklopfen und ein Glas Bier gelöst.

1977 heiratete ich meine damalige Freundin Lydia, und im gleichen Jahr eröffnete ich mein eigenes Kampfsportstudio in Bad Vilbel.

Karateshow in Vada – Italien, 1986

Auf einer Party lernte ich einen Repräsentanten der HMI, einer Abteilung der Hamburg-Mannheimer-Versicherung, kennen. Manfred, so war sein Name, rekrutierte mich ein paar Tage später in einem Gespräch als neuen Mitarbeiter. Nach einer Wochenendschulung hatte ich den nötigen Stoff intus, um selbst Verträge abschließen und Provisionen einstreichen zu können. Zu dieser Zeit arbeitete ich noch hauptberuflich als Installateur, doch diese Arbeit gab ich nach den ersten Provisionsauszahlungen sehr schnell auf.

Ich verdiente mit den Versicherungen gutes Geld und die Sportschule warf auch einiges ab. Zum ersten Mal hatte ich satt Kohle in der Tasche und das gefiel mir. Mit dem Zaster kamen dann Diskotheken, Nachtleben und auch andere Mädels. In einer Disco lernte ich Carina kennen. Sie kam aus Weimar und war ein Jahr vorher mit ihrer Mutter aus der DDR ausgereist. Kein leichtes Unterfangen damals – die Mauer stand ja noch. Sie wohnte in Offenbach und arbeitete als Zahnarzthelferin. Sie war ein richtig hübsches Mädel, und wir hatten eine nette Bettgeschichte miteinander. Nach einigen Monaten wollte ich die Sache beenden. Schließlich war ich verheiratet und wollte meine Ehe nicht weiterhin durch die Fremd-Fickerei aufs Spiel setzen. Ich machte am Telefon Schluss, aber Carina überredete mich zu einem letzten Treffen, das ich ihr einfach nicht abschlagen konnte. Es war ein abgekartetes Spiel: Während ich mit ihr zusammen war, informierte eine Freundin von Carina meine damalige Ehefrau über meinen Fehltritt.

Am frühen Abend des nächsten Tages stand ich auf der Matte meines Studios und trainierte meine Schüler. Mein Schwager Claus bat mich von der Matte und sagte mir, ich solle nach Hause fahren, Lydia, meine Ehefrau, würde gerade mit ihren Eltern ihre Sachen aus der Wohnung räumen, sie würde sich von mir trennen. Ich raste sofort nach Hause. Es war jedoch niemand mehr in der Wohnung. Lydia hatte nur einen Teil ihrer Kleidung und ein paar persönliche Gegenstände mitgenommen. Als sie kurz später kam, um den Rest ihrer Sachen abzuholen, unterhielten wir uns unter vier Augen, aber ich konnte sie nicht zum Bleiben überreden. Sie wollte erst etwas Abstand gewinnen.

Der Auszug meiner Frau sollte nicht die einzige Katastrophe bleiben, die an diesem Tag über mich kam: Ich fuhr zur Sportschule zurück und wurde dort schon von Ilona erwartet, einer anderen Maus, die ich einige Wochen zuvor in einer Disco kennengelernt hatte. Wir waren ein paarmal übereinander hergefallen. Sie teilte mir ihre Schwangerschaft unter meiner Mitwirkung mit.

Das waren einige ganz schöne Brocken, die ich zu verdauen hatte, zu viele für einen Tag. An diesem Abend gab ich mir so richtig die Kanne und verbrachte die Nacht in meinem Bett lediglich mit einem Mantel zugedeckt – Lydia hatte auch die Bettdecken mitgenommen. Diese Ereignisse haben mich völlig aus meinem bisherigen Leben geworfen.

Wenig später lernte ich Gunther in einer Diskothek kennen. Er war Zuhälter und hatte mehrere Mädels am Laufen. Von ihm ließ ich mir alles über das Milieu und den Umgang mit Huren erklären. Carina wollte trotz aller Vorfälle unbedingt fest mit mir zusammen sein, sie hatte sich in mich verliebt und wollte für eine feste Beziehung zu mir alles tun. Ich sah es pragmatisch: Sie hatte meine Ehe zerstört, jetzt konnte sie einiges wieder gutmachen. „Wenn du für mich anschaffen gehst, sind wir beide fest zusammen“, war mein Angebot, das sie mir nicht abschlug. Ein Bordell in der Taunusstraße war ab sofort ihr neuer Arbeitsplatz.

Ich war neu in dem Gewerbe und musste vieles lernen. Unter „Zuhälter“ stellen sich die meisten ja einen Schläger vor, der ständig seine Mädels erpresst und allen anderen aufs Maul haut. Dabei ist das alles viel komplizierter: Für die Hure ist man die einzige Bezugsperson, zu der sie eine Art Bindung hat – die „zu einem hält“. Das bedeutet aber auch, dass der Zuhälter diese Beziehung möglichst „normal“ gestalten muss: Er muss sein Mädel auf Händen tragen, sie ausführen und natürlich auch mit ihr ins Bett gehen. Wenn die Hure sich nicht mehr entsprechend hofiert sieht, sucht sie sich einen anderen – und dann beginnt der Stress. Nicht selten wird dieser Stress von den Huren bewusst provoziert, um zu sehen, was passiert. Es ist fast wie Fremdgehen.

Wenn man sich einige Zeit im Milieu bewegt, lernt man viele Mädels kennen. Das eine oder andere Mädel hatte Interesse und zeigte dies mit Geld – oder anderen Geschenken. Es ist fast so, dass die Hure sich ihren Zuhälter kauft. Und auch später ist es ihr wahnsinnig wichtig, dass ihr Macker den teuersten Wagen, die dickste Uhr und die neusten Klamotten trägt. Je goldbehangener der Lude, umso stolzer die Nutten. Ich hatte bald drei Huren am Laufen und dadurch auch eine Menge Stress. Die Hühner wollten ausgeführt werden, mal zum Shoppen, mal in ein Restaurant oder in die Disco. Mit Carina wohnte ich zusammen. Es lief eigentlich ganz gut mit uns beiden.

1978 wurde meine Tochter Claudia geboren, mit deren Mutter Ilona ich aber nicht zusammen lebte. Ich sah meine Tochter kurz nach ihrer Geburt und dann erst wieder im Alter von vier oder fünf Jahren. 1982 hatte ich wieder geheiratet und meine Frau Carmen brachte ebenfalls eine Tochter mit in die Ehe. Alle zwei Wochen kam meine Tochter über das Wochenende bei uns zu Besuch und wir unternahmen etwas zusammen. Inzwischen ist sie eine hübsche, intelligente Frau, steht beruflich mit beiden Beinen im Leben und weiß, was sie will. Ich bin stolz auf sie. Wir halten Kontakt.

Das erste Ding

Im Umfeld der Puffs, Bars und Bordelle sind natürlich viele krumme Gestalten unterwegs. 1979 lernte ich einen Tschechen kennen, und wir freundeten uns an. Seine damalige Freundin ging auch dem horizontalen Gewerbe nach. Eines Tages erzählte er mir, er hätte in der Spielbank in Wiesbaden einen Typen gesehen, der so gestopft sei, dass er sich, nachdem er 100.000 Mark auf einen Schlag am Roulettetisch verloren hatte, ganz cool mit einem Streichholz seine Zigarre anzündete, ohne auch nur ein bisschen zu zittern. Hammerreich musste der Typ sein oder total abgebrüht.

Wir beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen und observierten ihn. Wie sich herausstellte, war der Kerl wirklich steinreich. Irgendwann kam der Entschluss, ihn zu überfallen und ihm seine Kohle zu rauben.

Wir wussten, wo er wohnte, und so versteckten wir uns neben den Toren zu seinem Anwesen. Der Plan war, ihn bei seiner Ankunft zu schnappen, mit ihm ins Haus zu gehen, alles abzuräumen und schnellstens wieder zu verschwinden.

Das Ende vom Lied ist, dass dieser Überfall total daneben ging: Zwei meiner Mittäter wurden angeschossen – der Typ war ein passionierter Jäger mit Waffenschein und hatte immer eine Pistole im Fahrzeug. Er fackelte nicht lange. Sobald er uns sah, wir waren ja maskiert, fing er auch schon gleich an zu schießen. Mich traf keine Kugel, aber eine ging so nah an meinem Ohr vorbei, dass ich noch Wochen danach ein Rauschen im Trommelfell hörte. Ich fand Paul, einer meiner Kumpels und Mittäter, auf dem Weg zu unserem in einem Feldweg geparkten Auto. Er lag mit einem Lungensteckschuss am Boden. Ich hob ihn auf und trug ihn bis zu unserem Wagen, dort setzte ich ihn auf den Beifahrersitz. Ich eilte nochmals in Richtung des Überfalles, um nach Frank, dem anderen Kumpel, zu suchen. Er war nirgendwo zu finden. Am Tatort liefen in der Zwischenzeit eine ganze Menge Wachleute umher, die zum Teil Gewehre bei sich trugen. Es war Zeit, den Abflug zu machen.

Ich eilte zum Fahrzeug zurück. Paul ging es dreckig, er musste schnellstens in ein Krankenhaus. Ich startete unseren Alfa Romeo, fuhr los und blieb nach wenigen Metern im Schlamm stecken. Kurz vorm Durchdrehen stieg ich aus dem Auto, drückte mit dem rechten Schulterblatt den Wagen soweit nach oben, dass sich der linke Vorder- und Hinterreifen ein Stück vom Boden anhoben. Anschließend gelang es mir tatsächlich, den Wagen nach vorne zu bewegen, um endlich losfahren zu können. Paul japste, er würde sterben. Mit Worten und mancher Backpfeife hielt ich ihn vom Einschlafen ab. Wäre er eingeschlafen, wäre er wahrscheinlich nie wieder aufgewacht. Ich beschloss, ihn in die Uniklinik nach Frankfurt zu fahren. In Sachsenhausen wollte ich sein Mädel mit ins Fahrzeug holen. Sie sollte ihn dann in der Uniklinik abliefern, sodass ich mit nichts in Verbindung zu bringen wäre. Pauls Zustand verschlechterte sich während der Fahrt jedoch dermaßen, dass ich ihn sofort zur Klinik bringen musste. Dort angekommen schulterte ich Paul und trug ihn hinein. Eine Schwester fragte mich, was denn los sei. Ich schrie sie an: „Schnell einen Arzt, der Mann ist im Bahnhofsviertel beraubt und angeschossen worden, schnell einen Arzt.“ Ich sprach mit Paul, er war schon ganz schwach, aber er konnte mich hören. „Hey Paul, alles wird gut, halte aber den Mund, sage, du wärst im Bahnhofsviertel beraubt und angeschossen worden, o. k.“ Paul nickte mir zu. Da kam auch schon die Schwester mit einem Arzt angerannt. Ich sagte: „Schussverletzung“, drehte mich um und lief Richtung Ausgang. Der Arzt wollte wissen, wo ich denn hinwolle. „Ich habe noch ein zweites Opfer dieses Überfalls im Auto, das hole ich schnell“, nuschelte ich und war weg.

Wie ich später erfuhr, wurde mein anderer Komplize Frank mit einer Schussverletzung in der Nähe des Tatortes aufgefunden und unter Polizeibewachung ins Krankenhaus gebracht. Es sagte aus, die Polizisten hätten ihm bei der Festnahme mit Schlägen auf die Schusswunde ein Geständnis und die Namen seiner Komplizen abgepresst. Seit diesem Vorfall hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihm. Mit Verrätern spreche ich nicht.

Mir war klar, dass ich ganz große Scheiße am Hals hatte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich weder, was mit Frank geschehen war, noch, dass er uns verraten hatte. Aber mir war klar, dass ich erstmal von der Bildfläche verschwinden musste. Zunächst verkroch ich mich bei einem meiner leichten Mädels in Mannheim. Dann versteckte ich mich in der Wohnung von Ilona, der Mutter meiner Tochter. Die beiden waren verreist. Inzwischen verkündeten sämtliche Zeitungen im Frankfurter Raum „Karate-Peters Flucht“.

Es kam, wie es kommen musste: Nach einigen Wochen Versteckspiel stand eines Tages ein Sondereinsatzkommando im Wohnzimmer. Wie man das aus Filmen kennt, hatten sie die Tür eingetreten und mich im Unterhemd beim Essen überrascht. Sie warfen mich auf den Boden und verpackten mich für den Transport sicher mit Hand- und Fußfesseln. Im Polizeipräsidium das Übliche: Man nahm meine Fingerabdrücke, notierte Gewicht, Größe und besondere Merkmale wie Tätowierungen und lichtete mich ab. So landete ich also zum ersten Mal in meinem Leben in einem Gefängnis zur Untersuchungshaft.

Die U-Haft verbrachte ich in Mainz und Koblenz. Vom Landgericht Mainz wurde ich schließlich wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Zur Strafverbüßung wurde ich in die JVA Schwalmstadt in Hessen verlegt. Dort verblieb ich zunächst für knapp 2 Jahre auf einer Zelle mit sechs weiteren schweren Jungs. Eine Doppelzelle bekam man dort nur, wenn man homosexuell war.

Als ich in Schwalmstadt das erste Mal in der Freistunde war, dachte ich, ich sei im gemischten Vollzug gelandet. Da gab es eine Babsi: langes schwarzes Haar, geschminktes Gesicht, kurzer Rock, Pumps, Top und Täschchen in der Hand. Natürlich war Babsi ein Typ, – und es gab viele „Babsis“ in Schwalmstadt. Einige schafften an. Für ’ne Bombe (ein Glas Kaffee) oder ein paar Koffer (Zigarettentabak) konnte man sich einen blasen lassen oder das Teil von hinten versenken. Aber das war echt nicht mein Ding, lieber holte ich mir selber einen runter.

Nach einigen Ausgängen und Urlauben wurde ich nach Frankfurt in den offenen Vollzug verlegt. Während der Haft war meine erste Ehe geschieden worden, mein Karate-Studio hatte ich an die Sportschule Dome verkauft. Aber ich war noch immer mit Carina, meiner ersten Freundin im horizontalen Gewerbe, fest zusammen, hatte stets Kohle in der Tasche und ein cooles Auto unterm Arsch. Im offenen Vollzug konnte ich unter der Woche stundenweise raus und alle zwei Wochen zum Wochenende auf Urlaub.

Nach einem Jahr Innen-Funktion durfte ich mir eine Arbeitsstelle draußen suchen. Ich nahm einen Job als Auslieferungsfahrer für eine Frankfurter Metzgerei an und belieferte Imbissbuden und Werkskantinen. Eines Tages bekam ich Streit mit dem Chef, einem Kleingeist. Er denunzierte mich bei der Anstaltsleitung als Zuhälter. So wurde ich wegen des Verdachtes der Zuhälterei in den geschlossenen Vollzug nach Schwalmstadt abgeschoben. Nach langem Kampf – es gab ja nicht eine Anzeige wegen des Vorwurfes – konnte ich dort wieder auf Urlaub und etwa ein Jahr später wieder in den offenen Vollzug.

Im Sturm mit Deep Purple

Während meines ersten Aufenthaltes im offenen Vollzug lernte ich in einer Diskothek im Taunus meine zweite Ehefrau Carmen kennen. Wir heirateten 1982 noch während meiner Haft. Die Zuhälterei betrieb ich dennoch weiter. Mit Carmen hatte ich meine schönste Zeit, ich war sehr verliebt und fühlte mich echt wohl. Nach meiner Haftentlassung im Dezember 1983 kaufte ich mich wieder in mein ehemaliges Sportstudio als Teilhaber ein. Mit meinem damaligen Partner gründete ich 1984 die E.I.K.O. Germany, die Europäische-Internationale-Kampfsport-Organisation, und wurde deren erster Präsident. Die E.I.K.O. Germany machte sich in der Szene schnell einen Namen, und so richteten wir Hessen-, Deutsche und Europameisterschaften mit mehreren hundert Kämpfern aus.