Nur noch eine Folge! - Michael Mittermeier - E-Book
SONDERANGEBOT

Nur noch eine Folge! E-Book

Michael Mittermeier

0,0
12,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Von »Lassie« bis zu »Game of Thrones« – die lustigsten Geschichten über unsere Lieblingsserien. Was haben wir nur für ein Glück, dass die Pandemie 2020 über uns gekommen ist! Fünfzig Jahre früher – und wir hätten nur zwei Fernsehprogramme gehabt! Wir wären uns alle gegenseitig an die Gurgel gegangen – denn wie hätten wir die vielen Abende verbracht? Ohne Markus Lanz, ohne »Die Höhle der Löwen« und ohne »The Crown«? In seinem ersten Soloprogramm »Zapped« rauschte Michael Mittermeier vor 25 Jahren nur so durch die Kanäle. Er zerlegte wie kein anderer die Fernsehlandschaft, egal ob Werbespot, Serie, Kriminalsendung oder tierischer Hauptdarsteller. Aber es ist viel passiert zwischen »MacGyver« und dem »Bachelor«. Heute blickt er auf fünfzig Jahre Fernsehen zurück. Seine früheste Erinnerung: auf dem Töpfchen sitzen und das Sandmännchen schauen. (Ein Beweis für seine Fähigkeit zum Multitasking.). Und dann ging es richtig los: von der »Biene Maja« über das »Raumschiff Enterprise« bis zu »Game of Thrones«. In diesem Buch erinnert er an seine persönlichen Helden, erzählt, wie es ist, mit seiner Tochter Fernsehen zu schauen, und zeigt, wie sich Serien verändert haben und warum wir immer noch eine weitere Folge sehen wollen. Sein persönliches TV-Kompendium ist ein saulustiger Rückblick auf unvergessliche Momente der Fernsehgeschichte. Der TV-Junkie ist zurück und zündet das mediale Lagerfeuer wieder an … »Wie Michael Mittermeier das Fernsehprogramm beobachtet und daraus Comedy macht, ist einfach genial.« Rudi Carrell über Zapped!, 1998

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 200

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Michael Mittermeier

Nur noch eine Folge!

Fernsehen von A bis Zapped!

Kurzübersicht

Buch lesen

Titelseite

Inhaltsverzeichnis

Über Michael Mittermeier

Über dieses Buch

Impressum

Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

Inhaltsverzeichnis

Motto

Was bisher geschah …

Aktenzeichen XY löst True Crime

Am Anfang war das Bild … und Jerry Lewis

AOK-Auslandskrankenschein mit Kiffergarantie

Auswanderer treffen Sisyphus

Avatar und die Schlümpfe

Bachelor im Dschungel

Batman in Legoland

Biene Maja spinnt

Bitte melde dich, sonst … halt nicht

Bonanza und der Rinderwahnsinn

Columbo hat eine Frage

The Crown vs. Familie Feuerstein

Dark in der Matrix

Darth Vader privat auf KiKA

Fernsehverbot bis zum Zombieschluss

Fun Freitag mit Tutti-Frutti-Fruchteinlage

Game of Thrones oder das Spiel der Tintenfische

Godzilla vs. Kong

Holzdeckenlamellenerotik im Stroh

Inspektor Derrick und Klein Harry

Königsdealer & Die Heiligen Vier Königinnen

Lassie und das pupsende Eichhörnchen

MacGyver zwischen Waschmaschine und G-Punkt

Michel aus Lönneberga in Guantánamo

MTV hat ein Arschgeweih

o.b. für Männer

Obsession smells like teen spirit

Pippi Langstrumpf, Greta und die Piraten der Karibik

Resilient Evil

Robin Williams R. I. P.

Star Trek, Spock und der kleine Michl

Tatort Til Schweiger

Traumhochzeit im Reality-Land

Vorsicht, Falle!

Wetten, dass … ich es schaffe, Tom Cruise von der Wettpatencouch zu vertreiben?

Winnetou und die Apachen-Blauhelmtruppe

Yesflix, Halleluja und die kleine Torte

ZAPPED

DANK

Inhaltsverzeichnis

»Fernsehen ist zu schön, um wahr zu sein!«

Michael M.

Inhaltsverzeichnis

Was bisher geschah …

Manchmal denke ich mir, wenn ich als Kind schon gewusst hätte, was so alles auf mich zukommen wird, dann wäre ich lieber daheimgeblieben und hätte weiter ferngesehen …

Es ist viel passiert zwischen Lassie und dem Bachelor und zwischen den Drombuschs und Game of Thrones. Manche fragen sich jetzt, welches Königshaus ist denn Drombusch? Ein lang verschollenes. Als vor ewigen Zeiten Deutschland in Westeros und Osteros geteilt war und noch nicht über 16 Königslande verstreut, saßen auf dem Eisernen Thron der Fernsehunterhaltung Familien wie Diese Drombuschs. Nicht allein. Um die Pole Position kämpften in erbarmungslosen Quotenschlachten auch Königshäuser wie Die Schwarzwaldklinik oder ein wettsüchtiger Moderations-Rauschgoldengel.

Der Gap zwischen altem Fernsehen und neuem Fernsehen ist beachtlich. Beginnen wir das Game of Drombuschs und vergleichen die Sendungen mal: Die komplexe Handlung von Game of Thrones (acht Staffeln, 73 Folgen, aber eine – die letzte – müssen wir leider abziehen, weil sie unterirdisch war, Genre: Fantasy) zusammengefasst: Tod, Macht, Gewalt, Kleinwüchsiger, Drachen, Gemetzel, Intrigen, Sex, Untote, Inzest, Vernichtung, Vergewaltigung, Erniedrigung. In wechselnder Abfolge. Eine Mischung aus Herr der Ringe, Grimms Märchen und CDU-Parteitag. Man wurde immer wieder überrascht. Eine typische Frage beim Gucken war: »Oh, was macht denn der Kleinwüchsige da mit dem Drachen?«

Die Handlung von Diese Drombuschs (sechs Staffeln, 39 Folgen, Genre: Family) zusammengefasst: Als sich Familie Drombusch beim Umzug in ein neues Haus finanziell übernimmt und Vater Siegfried stirbt, geht seine Frau Vera bis an den Rand ihrer Kräfte, um die Familie zusammenzuhalten. Plus Günter Strack. Ab und an brannte eine Glühbirne durch. Das klingt nicht übermäßig spannend. War es auch nicht. War auch nie eingeplant. Langsamkeit und Normalität waren das erklärte Ziel guter deutscher Serien. Okay, ein Drache hätte dem Ganzen gutgetan. Wie in der Lindenstraße: Else, die Mutter der Hausdrachen – Haus Kling. Seifenoper is coming.

Man sieht: Die Welt hat sich verändert. Und das Fernsehen auch. Ich war lange auf Entzug, hatte mich irgendwann selbst in die Zappy-fort-Klinik eingeliefert, aber jetzt bin ich zurück. Einmal TV-Junkie, immer TV-Junkie. Ich bin ein echter Fernseh-Native! Auch wenn sich die Droge Fernsehen verändert hat. Früher war das gutes altes Fernsehkiffen. Zum Beispiel echtes Waltons-Gras aus Waltons Mountain in Jefferson County. The best. Einmal gezogen – dann gute Nacht, John-Boy. Fernsehen heute ist dagegen Crystal Meth. Synthetisch hergestellt, mit heftiger Wirkung von Zahn- bis Synapsenausfall. Auch ist die Auswahl ein klein wenig größer geworden. Alles ist möglich. Chemielehrer schulen um zu Drogenkoch, jeder zweite Küchenchef wird Fernsehkoch, und geistig tätowierte Solariums-Nacktmulle tindern sich durch die Reality-Sendelandschaft. Es werden mehr Leute gecastet, als es freie Plätze gibt auf dem Traumschiff der Unterhaltung. Auf dem Oberdeck der MS Astor hält Kapitän Silbereisen den Gästen persönlich die Augen zu, wenn man gerade mal wieder an der RTL2-Insel vorbeifährt, auf dem grade Adam seine Eva sucht. Darauf einen Apfel!

Und dann kam: Das Jahr 2020 – Die überleben wollen … Fernsehen wurde als nationales Lagerfeuer wieder so wichtig wie früher. Wir hatten so Glück! Man stelle sich vor, die Pandemie und das dazugehörige Lockdown-Tetris hätten 1980 stattgefunden. Mit zwei Fernsehprogrammen! Wir wären jetzt alle tot! Uns würde es nicht mehr geben! Wir hätten uns alle gegenseitig umgebracht. Vielleicht hätten wir Deutschen auch mal wieder Österreich annektiert, nur so aus Spaß, weil uns langweilig gewesen wäre. Ich weiß nämlich noch sehr gut, wie das war – ich bin aufgewachsen mit zwei Fernsehsendern, dem ZDF und der ARD. Bei uns im Süden Deutschlands gab es noch illegale ausländische Substanzen wie ORF. Das war quasi LSD mit Dialekt.

Wie oft habe ich in letzter Zeit Sätze gehört wie: »Ich schaue doch kein lineares Fernsehen mehr, ich habe Netflix, Amazon Prime Video, Disney+, Apple TV+, Sky, Magenta TV, RTL+, YouTube Premium und zappe nur noch gute Serien und coole Dokus.« Klar, und dann noch manchmal Kunstfilme auf Arte in französischer Sprache mit kyrillischen Untertiteln. Baise-moi! Oder englisch: Fuck you! Quatsch! In jedem von uns schlummert doch tief drinnen dieser Hang zum Trivialen, diese Sehnsucht nach dem Paralysieren der rationalen Gehirnhälfte. The Great Brain Escape. Eskapismus tut gut! Mit Tutti Frutti in eine imaginäre bessere Wirklichkeit, quasi der Obst-Veggie-Day, den die Grünen immer haben wollten. Gut, Alice Person-of-Color – formerly known as Schwarzer – hatte da noch Einwände: Sie mochte die Kirsche in Nachbars Fernsehgarten nicht. Aber diese fruchtige Sendung sollte auch nie der Information dienen – wer eine gehaltvolle Reportage sehen wollte, schaltete einfach Die Sendung mit der Maus ein! Und wer was wissen wollte über das Geflecht zwischen Wirtschaft und Politik, der fuhr und fährt bestens mit einer Staffel Sopranos.

Was macht die Faszination aus, mit der wir fernsehen oder streamen? Warum lieben wir die Geschichten so, die wir dort sehen? Als Kinder genauso wie als Erwachsene? Die Serien versetzen uns in eine andere Welt. Unsere Helden tun Dinge, die wir nie könnten oder dürften. Sie erleben für uns die Abenteuer und Geschichten, von denen wir nur zu träumen wagen. Für nur kurze Zeit weg von der Realität und vom Alltag – ZAPP –, und schon reiten wir mit Winnetou und Old Shatterhand durch die Prärie – ZAPP –, schwingen uns mit Tarzan durch den Dschungel – ZAPP –, treiben Sport mit The Nordic Walking Dead – ZAPP – oder fliegen mit Raumschiff Enterprise durchs All, immer auf der Suche nach Erlebnissen, die uns zum Lachen, Weinen, Staunen oder zum Mitfiebern bringen. Und jedem, der sich abfällig über die Qualität des Fernsehprogramms äußert, entgegne ich ein Zitat des Ersten Offiziers Spock auf der Brücke der Enterprise, aus der Folge Kampf um Organia: »Nicht einmal die Götter wurden über Nacht erschaffen. Seien wir doch zufrieden mit dem, was wir haben.«

Dieses Buch ist mein persönliches Alphabet, meine Highlights, mein Eiserner Thron der Fernsehunterhaltung. Lasst euch entführen in meine wunderbare Welt des Fernsehens und genießt den Rausch der Kanäle …

+++

»Der Fernsehraum, unendliche Frequenzweiten. Wir schreiben das Jahr 2022. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Mittermeier, das mit seiner 001 Mann starken Besatzung 55 Jahre lang unterwegs ist, um neue Flimmerwelten zu erforschen, das Leben und neue Sender. Viele Lichttasten von der Fernbedienung entfernt, dringt Mittermeier in Detailgalaxien vor, die keine Sau zuvor gesehen hat!«

Inhaltsverzeichnis

Aktenzeichen XY löst True Crime

Aktenzeichen XY … ungelöst war die einzige brutale Sendung, die ich als kleines Kind sehen durfte. Da wurde erschossen, erdrosselt, erschlagen, erstochen, ausgeraubt. Heute frage ich mich, ob mich meine Eltern mit gutem Grund vor die Glotze geschoben haben: »Vielleicht erkennt der Bub ja mal jemanden! Dann kriegen wir die Belohnung!«

Die Set-ups bei Aktenzeichen XY … ungelöst waren legendär. Eine bedeutungsschwangere Stimme ertönte und ließ keinen Funken Hoffnung aufkommen: »Sonntag, 4. Juni, 17 Uhr 56. In München verabschiedet sich Michael M. von seiner Ehefrau, um zur Arbeit zu fahren. Auch er bemerkt nichts …«

Man wusste sofort: Der wird nie ankommen. Wieder ein Komiker weniger. Aber warum eigentlich immer dieser Satz: »Er bemerkt nichts …«? Was wäre denn passiert, wenn er mal was bemerkt hätte? »Schatz, ich glaube, ich fahre heute nicht los, denn sonst bin ich nachher bei Aktenzeichen XY!«

Und über allem wachte Eduard Zimmermann, der dunkle Zeremonienmeister, der Dark Lord des gepflegten Verbrechens. Er saß dreißig Jahre lang im selben Anzug und mit derselben Hornbrille an seinem Schreib- und Verbrechersuchtisch. Bewegungslos wie sein eigener Kreideumriss. Die Titelmusik kam dreißig Jahre lang von derselben Bontempi-Orgel. Bei Eduards letzter Folge am 24. Oktober1997 sah Aktenzeichen XY noch genauso aus wie dreißig Jahre zuvor. Ich habe lange gedacht, dass sie vielleicht Folgen für ein Jahr gedreht haben und diese seither einfach wiederholen. Es wäre nicht aufgefallen.

Mit Aktenzeichen ward das Genre True Crime 1967 in Deutschland geboren und ist heute weltweit beliebt auf hippen Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime Video. Es gibt natürlich auch Leute, die sagen, True Crime – das war doch so was wie ehedem Tine Wittler, wenn sie eine Wohnung renovierte. Oder Alfons Schuhbeck, wenn er ohne Ingwer kocht. Oder wenn Carsten Maschmeyer in der Höhle der Löwen von einem ehrlichen Geschäft spricht.

Seit Aktenzeichen XY galt der alte Spruch nicht mehr: »Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.« Nun hieß es: »Die Axt in der Hausfrau erfordert den Zimmermann.« Es ist bis heute niemandem außer ihm gelungen, mit einer ähnlichen Vehemenz minimalistisch-kriminalistisch in die Kamera zu sprechen. Besonders ins Gedächtnis gebrannt hat sich mir zum Beispiel: »Die Kripo Bergisch-Gladbach hat sich, wie man so sagt, seit einem halben Jahr die Zähne ausgebissen.« Ein Zahnarzt war mit einem Seil ermordet worden. Skandal! Das Zahnpasta-Watergate: Colgate! (Auf dieses Wortspiel bin ich stolz!) Neben True-Crime-Ede bestand das Kernkompetenzteam der Sendung aus Peter Nidetzky aus Österreich und Konrad Toenz aus der Schweiz. Dank ihnen wehte internationales Flair durch deutsch-schwedische Wohnzimmergardinen.

Irgendwann gelang es Zimmermann tatsächlich, seine Tochter als Co-Moderatorin in die Sendung einzuschleusen. Ede, der Pate des gepflegten Verbrechens, gab ihr seine Anweisungen, ohne emotional zu werden: »Bitte, Sabine …« Und Sabine gab uns dann – »Danke« – den jeweiligen Zwischenstand: »Über fünfzig Anrufer haben Angaben zur Herkunft des Seiles gemacht.«

Ganze Seilschaften haben sich telefonisch eingeschaltet, wenn die Herrin der Leitungen offenbarte: »Die Telefone sind, wie Sie wissen, bis 24 Uhr besetzt.« Dieser Satz hat mich immer etwas verwirrt: Was ist, wenn ich nachts um Viertel nach zwölf in einer Kneipe sitze und den brutalen Raubmörder aufgrund des Phantombilds erkenne – muss ich dann bis zur nächsten Sendung warten?

Das Schönste bei Aktenzeichen XY waren die Szenen, in denen die Leiche von ahnungslosen Passanten gefunden wurde. Dargeboten von Deutschlands Schauspielelite. Meistens in Klamotten, in denen sich selbst die Zeugen Jehovas geschämt hätten. Meine Vermutung war: Der Sponsor von Aktenzeichen XY ist die Caritas-Altkleidersammlung. Die Entdeckung der Leiche spielte sich immer nach gleichem Muster ab: Torsten B. liegt am Boden, zehn Messerstiche, überall Blut, eine Riesenlache. Abgemurkst, als hätte er sich mit dem Abou-Chaker-Clan um den Behindertenparkplatz vor der Shisha-Bar gestritten. Da kommt zufällig ein unbeteiligter Schauspieler vorbei, oft auffällig unauffällig pfeifend. Der Oscar-Anwärter sieht die von Stichwunden übersäte, blutüberströmte Leiche, bleibt ruckartig stehen, guckt, überlegt, guckt noch mal, und dann folgt immer der Master-Satz: »Oh, da stimmt doch was nicht!« Killer! Das war Extremnaturalismus im Fernsehen, die reine Lehre vom Method-Acting. Übrigens nicht zu verwechseln mit Meth-Acting – das bedeutet nur Agieren auf Droge.

Was mich bis heute wundert: Ist eigentlich jemandem mal aufgefallen, dass niemals ein Österreicher die Leiche finden durfte – obwohl es eine Eurovision-Sendung war? Das blieb Deutschen vorbehalten. Die Produzenten hatten wahrscheinlich Angst vor spontaner ungebremster Emotionalität, die die deutschen Fernsehzuschauer überfordern würde. Österreicher, speziell die Wiener, sind ja generell etwas morbider drauf. Leichen, Tod und Verwesung gehören dort zur Alltagsfolklore. Gut, Österreicher sind Menschen, die Mozartkugeln schnupfen … Lass da mal einen Wiener die Leiche XY finden: Der bleibt nicht unauffällig ruhig. Das gäbe pures Crystal-Method-Acting! Er würde die niedergemetzelte Leiche erblicken, sich wie ein Schnitzel auf Meerrettich freuen und überschwänglich rufen: »Jo, bist du deppat! A Leich! Oida! Des is a echte Leich! Super! Is des a schöne Leich! Des is a Hetz! Leck mi am Oasch! Leichwand! Mogst an Kaffee?«

Diese Frage ist austrianischer Krimistandard. Ich schau sehr gerne den Österreich-Tatort, weil er lässiger ist als die deutsche Version, und warte immer auf diese eine Szene: Die beiden Ösi-Ermittler Neuhauser und Krassnitzer erscheinen in der Wohnung des Ermordeten. Aus dem Zimmer, in dem die Leiche liegt, kommt ein Typ in Testzentrum-Kleidung, der Leichen-Checker. Dann folgt stets der Standarddialog. Der Kommissar fragt: »Und?«

»Die Leiche ist seit ungefähr zwanzig Stunden tot, so wie es aussieht, wurde er mit einer gusseisernen Mozartkugel erschlagen, aber Näheres wird dann erst die Obduktion ergeben.«

»Mogst an Kaffee?«

»Jo!«

Beide gehen ab. I love it!

Für mich ist Eduard Zimmermann der unangefochtene König des Genres, er würde auch heute noch auf dem hohen Thron von True Crime sitzen. Bestes Beispiel sind die Hit-Doku-True-Crime-Serien von Netflix: die ungeklärten Morde an den Rappern Tupac Shakur und Notorious B. I. G. – Freunde, ich bin sicher, Ede hätte den Fall gelöst! Yo, Zimmer the man! »Crime ain’t nothin’ but a E thang, Baby!« An seinem Stehpult hätte er mit der Bedingungslosigkeit seiner Aussagen den Tätern ihre Chancenlosigkeit aufgezeigt: »Tupac Shakur, meine Damen und Herren, ist am Abend des 7. September 1996 vor dem MGM Hotel in Las Vegas erschossen worden. Auch er bemerkte nichts … Wenn Sie etwas gesehen haben, rufen Sie an – aber bitte noch vor zwölf!«

Dann hätten die Leitungen geglüht zwischen Las Vegas und Passau.

»Grüß Gott, Helmut Ganghuber mein Name. Folgendes: Ich war zur besagten Zeit im Auto vor dem MGM Hotel Dingolfing, mit meiner Frau, der Hilde, und ich bin sicher, einen von den South Side Crips erkannt zu haben. So ein Hunds-Crippy.«

Eduard Zimmermann: »Ja, und in diesem Zusammenhang wird nach zwei verdächtigen Personen gefahndet: einem Herrn Pumpgun CK und seinem Arbeitskollegen Icefucker TJ. Auch bekannt als Fürst Pückler ICE-T. Dazu schalten wir nun zu Konrad Toenz in die Schweiz. Konrad Toenz …«

Konrad Toenz: »DanKche! Grüezi! Wir haben soeben aus dem Emmental erfahren, dass sich der Notorious BiKchie Smalls und der TupaKch ShaKchur tatsächlich getroffen haben bei einem Fondue – mit Beef! Wortspiel, ha! Wir haben dann sofort unseren Spezialschnüffelhund darauf angesetzt, den Snoop Dog. Es wurden wohl große Mengen Marihuana und Ricola konsumiert.«

Eduard Zimmermann: »Danke in die Schweiz, und jetzt zu Peter Nidetzky in Wien. Peter Nidetzky, was gibt es Neues?«

Peter Nidetzky: »Wuascht! Hauptsach a Leich! Es gibt immer wos Neis. Nice! Mögts an Kaffee?«

Vor Kurzem hätte ich übrigens fast die Hoffnungen meiner Eltern erfüllt. Ich habe tatsächlich jemanden erkannt bei Aktenzeichen XY … ungelöst. Ich war ganz aufgeregt und habe laut gerufen: »Ich kenn die! Ich kenn die!« Leider wurde nichts aus der Belohnung, ich hab ich nur die Leiche erkannt. Es war eine befreundete Schauspielerin, die so unauffällig überzeugend die Leiche spielte, dass sie dafür eine Nominierung beim Deutschen Fernsehpreis verdient gehabt hätte. Wäre eine schöne neue Kategorie: »Beste XY-Leichendarstellerin«.

Hätte eh nichts genutzt: Es war nämlich schon nach 24 Uhr!

Inhaltsverzeichnis

Am Anfang war das Bild … und Jerry Lewis

In meiner Kindheit engagierte man keinen Babysitter, sondern kaufte sich einen Fernseher. Meine Ur-TV-Erinnerung ist, dass ich im Wohnzimmer meiner Großeltern auf einem Töpfchen vor dem Fernseher sitze, gebannt auf die Mattscheibe blicke und quasi nebenbei meine Geschäfte erledige. Da sag noch einer, Männer könnten kein Multitasking! Ich weiß nicht, ob meine Eltern spezielle Gründe hatten, mich als Topfkindpflanze vor den Fernseher zu setzen. Sollten die bewegten Bilder mir helfen? Oder sollte ich einfach nur meine schon damals große Klappe halten?

»Der Michl schreit!«

»Hol den Topf und mach die Glotze an!«

Aber eines hätte ich mir damals auf dem Töpfchen nicht gedacht: dass ich Menschen, die im Fernseher leben, mal auch in echt treffen würde. Der erste Komiker, der mich als kleines Kind zum Lachen gebracht hat, war Jerry Lewis. Noch bevor ich überhaupt Worte verstanden habe. Er hatte eine eigene universelle Humorsprache. Sein Gesicht und sein Körper waren wie gelebte Sprechblasen. Er hat mich auf eine Reise mitgenommen in seine Welt, und die war schrill, schräg, dreist, hyperaktiv, außer Kontrolle, liebevoll und saulustig. Meine Eltern haben mir oft erzählt, dass ich anders durchs Haus gelaufen bin, wenn ich gerade einen Jerry-Lewis-Film angeguckt hatte – ich habe seine Mimik und Körpersprache imitiert. Bis heute lebt ein kleiner Jerry in mir. Wie ein Alien, und wenn ich auf die Bühne gehe, darf er raus zum Spielen. Obwohl Jerry Lewis in seinen Filmen meist den Loser dargestellt hat, war er mein Held. Er spielte den sympathischen, trotteligen Verlierer, der gegen die Tücken des Alltags kämpft. Wir haben uns alle in ihm wiedererkannt, mit ihm gelitten und gelacht. Schnitt. 2005 hielt ich die Laudatio auf ihn, als er die Goldene Kamera für sein Lebenswerk erhielt. Danach sagte er zu mir: »Du bist verrückt! Und sehr lustig.« Ein Ritterschlag. Anlässlich seines achtzigsten Geburtstags durfte ich im Jahr 2006 zusammen mit ihm eine Geburtstagssendung fürs ZDF machen. Er hatte sich mich als Gastgeber gewünscht. Wow, was war ich stolz, hingerissen und glücklich! Und ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie großartig und fast unwirklich diese Tage waren. Ich hatte die Hosen so voll – und dann: Michl sitzt seinem großen Idol Jerry Lewis – dem King of Comedy – eine Stunde lang gegenüber, quatscht mit ihm über sein Leben und hat Spaß mit ihm. Unglaublich. Ich habe ihn erlebt als einen Achtzigjährigen voller Humor und Warmherzigkeit, der immer noch das verschmitzte Kind in seinen Augen hatte, gepaart mit der Erfahrung von über siebzig Jahren Showbusiness. Jerry hat sich auf mich eingelassen, mich ernst genommen und liebevoll auf Augenhöhe behandelt. Mein größter Wunsch war, dass ich ihn mindestens einmal in der Sendung zum Lachen bringe. Und zwar richtig, so wie ich damals gelacht habe, als ich fast vom Topf gefallen wäre vor Freude. Und ich habe es geschafft! Ehrlich gesagt: eher aus Versehen. Jerry musste jahrelang wegen einer schweren Krankheit heftigste Medikamente nehmen, es gibt schreckliche Fotos von ihm, sein ganzer Körper aufgeschwemmt, sein Kopf hochrot und aufgeblasen. Und ich fand, er ähnelte Bildern von William Shatner alias Captain Kirk, der oft sehr aufgedunsen wirkte in den 2000ern. Ich habe die Szene dramatisch aufgebaut: »Das muss eine sehr schwere Zeit für dich gewesen sein«, habe ein schlimmes Bild von ihm mit aufgedunsenem Gesicht auf dem Screen gezeigt und gesagt: »Oh my God! You look terrible, like the late William Shatner!« Und dann ist das Lachen wie ein Tsunami aus ihm rausgebrochen. Eigentlich wollte ich nur sagen: »Du siehst aus wie William Shatner in seiner Spätphase« – aber wörtlich übersetzt hatte ich gesagt: »Du siehst aus wie der verstorbene William Shatner.« Der aber noch lebte. Das fand Jerry in dieser Kombination so lustig, dass er sich kaum mehr eingekriegt hat. Ich konnte ihm so wenigstens einmal einen Lacher zurückgeben, für all die Male, die er mich zum Lachen gebracht hat!

Jerry, ich hoffe, du bringst gerade da oben im Himmel die Engel zum Lachen. Wenn ich jetzt ein Töpfchen hätte, würde ich mich draufsetzen und einen Jerry-Film anschauen.

Inhaltsverzeichnis

AOK-Auslandskrankenschein mit Kiffergarantie

Hat die Fernsehwerbung jemals die Realität abgebildet? Ich sag’s mal so: Die Grenzen des im Alltag Machbaren wurden dort öfter gedehnt als die Bedeutung des Versprechens »Die Rente ist sicher«.

Oft werde ich missverstanden: Tief in mir drin liebe ich deutsche Fernsehwerbung! Wirklich. Und vor allen Dingen liebe ich unrealistische Fernsehwerbung. Magic!

Um den unrealistischsten Spot aller Zeiten zu erkunden, betreten wir nun das realste Paralleluniversum, das man sich vorstellen kann: die Welt der AOK. Wer nicht weiß, wer oder was die AOK ist, der führt ein glückliches, gesundes Leben, also einfach, ohne zu googeln, weiterlesen! Alle anderen verbinden sie mit dem Satz: »Wir hätten für Sie einen Kernspin-Termin in fünf Monaten.«

»Mein Arzt hat gesagt, dass ich nur noch etwa vier Monate habe.«

»Dann passt’s ja.«

Mein Kontakt mit der AOK begann früh. An dem Tag, an dem ich mich an der Uni eingeschrieben habe, wurde ich sofort von AOK-Leuten angequatscht – den Allgemeinen Orts Koberern. Das war nicht anders als bei anderen Sekten, die damals eine gesunde Zukunft versprachen. Da gab’s zum einen die Zeugen Jehovas, die sind sogar an die Haustür gekommen. Wenn man ihnen Haschkekse gegeben hat, sind sie zwei Tage mit Gott geflogen – »all along the watchtower«. Zum anderen die Scientologen. Die haben einen an der Uni immer angesprochen mit der Frage: »Hallo, weißt du eigentlich, dass du nur zehn Prozent deines Gehirns nutzt?« Meine Standardantwort: »Ja, das weiß ich, aber warum du nicht mal die?« Damit war die Diskussion sofort beendet.

Die AOK hingegen appellierte nicht nur ans Gehirn. Ihr Slogan war: »Die volle Leistung. Das Extra mit Herz.« Nur so richtig schlimm am Herzen sollte man es aber bei der AOK-Unterschrift nicht haben, das verkürzt die Lebenszeitanwartschaft immens.

»AOK-Auslandskrankenschein – last minute am Flughafen« ist ein Klassiker des surrealen Neorealismus. Im Folgenden schildere ich diesen alten AOK-Werbespot im Detail, um zu zeigen, warum die Spitzenplatzierung auf der Liste der unrealistischsten Spots mehr als begründet ist. Und wer genau aufpasst, wird sofort erkennen, an welcher Stelle dieser Spot die Wirklichkeit verlässt.

Die Szene: Man sieht eine attraktive junge Frau, sie packt gerade ihren Koffer. Es pressiert, sie will in den Urlaub fliegen, ihr Flugzeug geht in Kürze. Da ruft die Mutter an – perfektes Mütter-Timing: »Tochter, hast du auch deinen warmen Pullover dabei?«

»Mama!«

»Hast du auch deine Unterwäsche dabei?«

»Jaa, Mama! Bin ich Paris Hilton?«

Dann fährt die Mutter ihr größtes Geschütz auf. »Tochter, hast du auch deinen Auslandskrankenschein?«

BÄM! Die Tochter erstarrt, gerät ins Schwitzen und stammelt: »Ööh, ja, nein, äh, nein …«

Sie legt auf und wählt sofort die Nummer der AOK. AUSWENDIG! Und das ist noch nicht der unrealistische Teil! Die AOK-Werber toppen die Situation noch. Denn in der nächsten Szene sieht man sie am Flughafen, und da kommt ihr auch schon ein netter Herr-Kaiser-Lookalike entgegen und überreicht ihr am Flugsteig mit einem Lächeln ihren Auslandskrankenschein.

An der Stelle ist es für mich gekippt. Hat schon mal jemand mit der AOK telefoniert? Wenn man da anruft, ist man schon froh, wenn man überhaupt durchkommt und es nicht heißt: »Für indisch drücken Sie bitte die Sechs!« Und wie realistisch ist die Situation am Flughafen: Soll da tatsächlich 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ein einsamer AOK-Vertreter apathisch auf einem Klappstuhl in der Ecke sitzen, auf dem Schoß einen Haufen Auslandskrankenscheine, die er wie seinen Augapfel hütet? Und wenn ein Notfallanruf kommt, sprintet er wie eine verfolgte Gazelle zum Abflugsteig und überreicht dann mit großer Geste den fehlenden Auslandskrankenschein? Oder haben die ein AOK-eigenes S. W. A. T.-Team, das ausrückt, um am Flughafen Bedürftige mit Auslandskrankenscheinen zu munitionieren? Das A-OK-Team. Leute – vergesst es!

Interessanter wäre ja die Frage: Wie kommen AOK-Werbemenschen auf so einen Werbespot? Meine Theorie: Die kiffen zu viel! Wahrscheinlich sitzen sie einmal pro Woche an einem Besprechungstisch und rauchen die Grasvorräte auf, die Xavier N. zurückgelassen hat. Ein tiefer Lungenzug, und schon beginnt die Kopfreise: »Hey, ich habe da eine super Idee! Ein Auslandskrankenschein erscheint last minute am Flughafen! Cool, oder?« Der Werberudelführer ist zugedröhnt-fasziniert: »Wow! Abgefahren! Genial. Glaubst du, das würde in echt funktionieren?«

»Nein, aber ist doch eine super Idee!«

»Stimmt!«

Lass die mal noch härtere Drogen nehmen, dann wird wohl die Relativitätstheorie umgeschrieben werden müssen. Wie hat es Albert Einstein schon gesagt: »Fantasie ist wichtiger als Wissen.« Also ich weiß zumindest, dass die AOK-Werbebuben nie zugekokst American-Express-Werbung schauen sollten. Bei Amex geht immer alles. Man befindet sich tief im Dschungel am Amazonas und kämpft gerade mit einem Krokodil. Plötzlich fällt dem Protagonisten aus Versehen die