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Nie mehr sprachlos
»Hätte ich doch nur … gesagt!«: Ob bei der Projektpräsentation, in der Gehaltsverhandlung oder der politischen Diskussion im Freundeskreis: Immer wieder wirst du unterbrochen, mit kritischen Fragen konfrontiert – und ärgerst dich im Nachhinein, nicht anders reagiert, besser argumentiert, schlagfertiger gekontert zu haben? In ihrem neuen Buch teilt Kommunikationsexpertin und SPIEGEL-Bestsellerautorin Tijen Onaran wertvolle Strategien und leicht umsetzbare Tipps, um in Zukunft besser für herausfordernde Gesprächssituationen gewappnet zu sein. Inspiriert von den Höhen und Tiefen ihres eigenen Werdegangs zeigt sie,
• warum die innere Stimme so wichtig ist und wie wir sie effektiv stärken,
• wie sich selbstbewusstes, charismatisches Auftreten gezielt trainieren lässt,
• und wie wir dank der richtigen Vorbereitung in Gesprächen überzeugen, ohne laut zu werden.
Der unentbehrliche Begleiter für alle, die ihre Stimme erheben und für ihre Ziele einstehen wollen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 281
Veröffentlichungsjahr: 2025
Buch
»Hätte ich doch nur … gesagt!«: Ob in der Gehaltsverhandlung mit der Chefin, der Auseinandersetzung mit dem Partner oder der politischen Debatte beim Familienessen: Immer wieder findest du dich in unangenehmen Situationen wieder, wirst mit kritischen Kommentaren oder Fragen konfrontiert – und ärgerst dich im Nachhinein, nicht anders reagiert, besser argumentiert, schlagfertiger widersprochen zu haben?
In ihrem neuen Buch teilt Unternehmerin, Speakerin und Kommunikationsexpertin Tijen Onaran wertvolle Strategien und leicht umsetzbare Tipps, um in Zukunft für schwierige Gesprächssituationen gewappnet zu sein. Inspiriert von den Ups und Downs ihres eigenen bewegten Werdegangs zeigt sie, wie wir im Beruf, in sozialen Situationen oder im digitalen Raum selbstbewusst unsere Stimme erheben, Konflikte lösen und für uns und unsere Ziele einstehen. Das Must-read für alle, die ab sofort Klartext sprechen wollen.
Autorin
Tijen Onaran, geboren 1985, ist Unternehmerin, Speakerin, Autorin und eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität und Female Empowerment geht, sowie eine der prominentesten Stimmen der deutschen Wirtschaft. Sie wurde vom Manager Magazin zu den 100 einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft gewählt, ist Trägerin des »Made in Baden Award« und gehört zu den Top-Influencer*innen auf LinkedIn. In ihrem Video-Podcast MUT diskutiert sie mit Gästen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft über die Zukunft unseres Landes. Zuletzt erschienen von ihr bei Goldmann die SPIEGEL-Bestseller Be Your Own F*cking Hero und Nur wer sichtbar ist, findet auch statt. Ihr Motto: »Diversität ist kein Trend. Diversität ist der Grundstein für den Erfolg eines Unternehmens!«
Außerdem von Tijen Onaran im Programm
Nur wer sichtbar ist, findet auch statt
Die Netzwerkbibel
Be Your Own F*cking Hero
Be Your Own F*cking Hero – das Workbook
TIJENONARAN
NUR WER’S RICHTIG SAGT, KOMMT ANS ZIEL
Schlagfertig kontern, klug argumentieren, selbstbewusst auftreten
Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
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Originalausgabe Oktober 2025
Copyright © 2025: Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR.)
Redaktion: Martha Wilhelm, Hamburg
Umschlag: Uno Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: Daniel Sommer
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
EB ∙ CF
ISBN 978-3-641-33608-0V001
www.goldmann-verlag.de
Für Dich, Papa – Deine Worte wirken bis heute.
INHALT
Vorwort: Warum dieses Buch geschrieben werden musste
Ein Gespräch mit meinem Vater und seine Folgen: Machen statt Meckern
Mein Ziel mit diesem Buch
Deine Kommunikationsreise beginnt jetzt
Kapitel 1: Wie Kommunikation funktioniert – und warum sie doch oft scheitertGrundlagen, Modelle und Missverständnisse
Vor dem Reden kommt das Beobachten
Kommunikation ist mehr als Reden
Keine Kommunikation ohne Interpretation
Körpersprache, Stimme und Haltung – oder: Die Macht des Unausgesprochenen
Reden ist nicht gleich Wirken
Toolbox: Impulse und Übungen
Kapitel 2: Wie du mit dir sprichst, bestimmt, wie andere dich hörenInnere Sicherheit und Selbstbild als Basis
Du bist nicht, was du glaubst. Du bist, was du zulässt
Die ewige Kritikerin im Kopf
Weniger Bescheidenheit, mehr Selbstwert
Innere Stärke gibt dir äußere Sicherheit
Toolbox: Deine innere Stimme stärken
Kapitel 3: Wie du Räume betrittst und Eindruck hinterlässtAuthentisch wirken – in jeder Situation
Sorry, aber ich sage nicht mehr ständig sorry!
Nervös? Gut so. Warum Lampenfieber dich besser macht
Charisma: Wirkung beginnt, wenn du den Raum betrittst
Kritik aushalten – nicht jeder Pfeil trifft!
Perfektion macht müde – Echtheit macht mutig
Toolbox: Die 3 – 2 – 1-Präsenz-Technik und Kritik antizipieren & entkräften
Kapitel 4: Mit Worten überzeugen – ohne laut zu werdenRhetorik, Argumentation und Gesprächsführung
Der Flohmarkt und der Ankereffekt
Was ich von Politikerreden gelernt habe
Merkel vs. Trump: Zwei Welten der politischen Kommunikation
Dein Standpunkt braucht kein Megafon, nur Klarheit
Argumentieren ohne Angriffsmodus
Fallstricke, Denkfehler und Manipulation
Toolbox: Argumentations-Dreiklang, Verhandlungsoptionen-Map und Positionskaskade
Kapitel 5: So wirst du schlagfertigStark bleiben – auch bei Gegenwind
Ihre Strumpfhose war der Hingucker
Schlagfertigkeit ist keine Gabe, sondern Training
Die größten Schlagfertigkeitskiller und wie du sie loswirst
Der wahre Grund, aus dem dir manchmal nichts einfällt
Die fünf goldenen Schlagfertigkeitsregeln
Auch dein Blick kann schlagfertig sein
Nachricht an alle Introvertierten: Man kann auch leise ziemlich schlagfertig sein!
Toolbox: Deine Schlagfertigkeits-Tools
Kapitel 6: Die Besonderheiten der digitalen KommunikationSouverän, schlagfertig und authentisch in Zeiten von KI
Grundlagen der digitalen Kommunikation: How to E-Mail im Jahr 2025
Digitale Schlagfertigkeit: Strategien gegen Hate, Trolle und Ironie
Authentische Sichtbarkeit vs. Selbstdarstellung: Online-Kommunikation und Image
Was bleibt von dir – wenn alles KI sein kann?
Toolbox: Digitale Kommunikations-Tools
Kapitel 7: Die Macht der Sprache – und wie du sie nutztMuster erkennen, Sprache verändern
Die Macht der Sprache und wie sie unser Denken und Handeln prägt
Schlagfertigkeit war schon immer eine Frage der Macht
Sprache als Mittel zum Aufstieg
Sprache als Karrieretool: Gesprächsmacht durch bewusste Wahrnehmung
Strategische Kommunikation in Hierarchien: Sprache gezielt einsetzen
Wenn Sprache entscheidet: Verhandeln als Machtpraxis
Sprache als Werkzeug der Veränderung
Toolbox: Denkimpulse und Reflexionsübungen
Epilog: Was ich mir früher gewünscht hätte – und was ich heute weitergebeNeun Sätze, die mein Leben verändert haben
1. »What you’re not changing, you’re choosing«
2. »Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul«
3. »Die Mädchen, denen früher gesagt wurde, sie seien zu sensibel, sind heute die Frauen, die der Welt zeigen, wie kraftvoll Empathie ist«
4. »If you focus on shit, shit grows, if you focus on yourself, you grow«
5. »Mach dich nie abhängig von einem Mann«
6. »Macht nichts, mach weiter, mein Schatz!«
7. »Be your own fucking hero«
8. »Frauen, die Frauen unterstützen, verändern nicht nur ihr eigenes Leben, sie verändern die Welt!«
9. »Wer nicht fragt, hat schon ein Nein kassiert«
Schluss: Und jetzt du!Welche drei Dinge willst du morgen ausprobieren? Was sagst du das nächste Mal, wenn jemand dich unterbricht?
Deine Aufgaben für morgen
Ein letztes Geheimnis
Register
VORWORT
Warum dieses Buch geschrieben werden musste
Was unterscheidet Menschen, die mit wenigen Worten viel bewegen, von denen, die in Gesprächen untergehen? Was macht eine Aussage klar, ein Auftreten souverän, eine Reaktion schlagfertig? Und warum sagen wir so oft nicht das, was wir eigentlich sagen wollen?
Sprache war immer mein Schlüssel zur Welt. Und sie kann auch deiner sein. Dieses Buch beinhaltet all das, was ich über Kommunikation, Auftreten und Wirkung gelernt habe – in der Praxis, in Gesprächen, aus Fehlern und Erfolgen. Es ist kein Regelwerk, sondern ein Werkzeugkasten mit vielen erprobten Tools und persönlichen Geschichten. Kein Sprachtraining, sondern ein Begleiter auf deinem Weg zu mehr Klarheit, Wirkung und Selbstsicherheit. Ob du introvertiert oder extrovertiert bist, ob unsicher oder meinungsstark, ob du gerade am Anfang stehst oder die Vorstandsebene erreicht hast – jede und jeder von uns hat eine Sprache und eine eigene Stimme. Es kommt darauf an, ob und wie wir sie einsetzen.
Ein Gespräch mit meinem Vater und seine Folgen: Machen statt Meckern
Es gibt Gespräche, die dich prägen. Gespräche, die bleiben. Gespräche, deren Wirkung sich erst Jahre später in vollem Umfang zeigt. Ein solches habe ich mit meinem Vater geführt. Ohne dieses Gespräch gäbe es dieses Buch nicht. Und ohne dieses Gespräch wäre ich heute nicht da, wo ich bin.
Wie theatralisch kann ein Einstieg in ein Buch sein? Sehr.
Tatsächlich hat mir dieses Gespräch einen Gedanken eingepflanzt, der heute meine innere Haltung und mein berufliches Tun gleichermaßen prägt: »Nicht meckern, machen.«
Dieser Satz von meinem Vater hat alles verändert. Warum, wieso, weshalb, erzähle ich dir jetzt.
Dazu zoomen wir uns gemeinsam zurück in meine Schulzeit – ich bin 17 und kurz davor, mein Abitur zu machen. Eine fleißige Schülerin war ich nie, ich sag’s gleich. Aber diskutieren konnte ich. Zumindest in meinem Kopf.
So auch an diesem Tag. Es war ein Nachmittag und ich saß mit meinen Mitschülerinnen zusammen. Es ging um die nächste Urlaubsdestination. Wer wohin fahren würde respektive wollte. Skifahren, Wandern, Strand, Meer – es war alles dabei. Je länger diskutiert wurde, desto stiller wurde ich. Ich wusste ja, welches Urlaubsziel auf mich im Sommer wartete: der Marktplatz in Karlsruhe. Es ist ein schöner Platz. Mit einer Pyramide, die das Grabmal des Stadtgründers Karl Wilhelm von Baden-Durlach ist.
Herrlich – ich wollte immer schon mal ein Buch mit einem historischen Überbau beginnen, der unerwartet und entspannt um die Ecke kommt. Geschafft, würde ich sagen. Es sind ja bekanntlich die kleinen Freuden im Leben.
Zurück zur Diskussion an meiner Schule. Wir saßen also da und alle erzählten von Urlauben, Meerblick, Hotels und Zimmergrößen. Aus diesen Erzählungen entspann sich eine Diskussion über die Preise und die Ausstattung der Hotels und in mir regte sich das Bedürfnis, zumindest einmal kurz den Aspekt einzubringen, dass ich auch gern einen solchen Urlaub erleben würde. Plus: Ich wollte die Gruppe unbedingt darauf aufmerksam machen, dass in den Urlaub zu fahren überhaupt nicht selbstverständlich ist. Aber ich traute mich nicht.
Eigentlich hätte ich etwas sagen müssen. Nicht weil ich als absolute Weltverbesserin oder Besserwisserin rüberkommen wollte, sondern um eine andere Perspektive einzubringen.
Aber ich schwieg. Was ich sagen wollte, wusste ich genau, hatte es glasklar im Kopf, aber ich brachte kein Wort hervor.
Warum? Aus Angst? Vielleicht.
Oder weil ich dachte, das, was ich zu sagen hätte, sei eh nicht so bedeutend?
Jedenfalls ließ mir das hinterher keine Ruhe.
Am Abend saß mein Vater vor dem Fernseher, und ich erzählte ihm, was ich in der Schule erlebt hatte. Gespräche zwischen meinem Vater und mir liefen meist so ab, dass er Vorabendserien auf irgendeinem türkischen Sender schaute und dann meist auf einen deutschen Kanal wechselte, um irgendein Fußballspiel zu schauen und dieses live zu kommentieren. Ich saß oft daneben und erzählte – meist seine Hand im Blick, die mit der Fernbedienung verwachsen schien. Aus heutiger Perspektive muss ich sagen: Mein Vater hat trotzdem alles gehört und wahrgenommen, obwohl er seine Augen nicht vom Bildschirm lassen konnte. Er war das personifizierte Multitasking.
Jedenfalls erzählte ich, wie über die Urlaubsorte diskutiert worden und was mir dabei durch den Kopf gegangen war. Ich erzählte auch, dass ich all das, was ich ihm jetzt schilderte, nicht ausgesprochen hatte. Nichts davon. Nada.
Als ich irgendwann fertig war, schaute er mich an und fragte: »Warum hast du nichts gesagt, mein Schatz?« Ich erzählte von der Angst, nicht mithalten zu können, aber auch davon, wie gern ich doch eine andere Perspektive in die Diskussion eingebracht hätte.
Plötzlich sagte er: »Du hast eine Stimme, also nutze sie. Du regst dich jetzt seit einer Stunde darüber auf, dass niemand in der Runde auf die Idee gekommen ist, mal zu hinterfragen, ob alle so tolle Urlaube erlebt haben oder überhaupt erleben können. Klar kannst du dich weiterhin darüber aufregen, du kannst aber auch deine Rolle, deine Aufgabe, auf Dinge aufmerksam zu machen, die anderen nicht in den Sinn kommen, als Privileg sehen. Nicht meckern, sondern machen. Du bist nicht die anderen und das ist auch gut so. Sei stolz auf deine Herkunft, auf das, was du in Gesprächen mit unserer Familie in der Türkei erlebst und siehst. Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, dass die anderen aus deiner Schule genau diese Perspektive spannend finden könnten?«
Das saß.
In seinen Worten waren so viele Botschaften drin:
»Du hast eine Stimme, also nutze sie.«»Deine Perspektive ist ein Privileg.«»Das, was du erlebst, erleben die anderen nicht – teile es!«»Nicht meckern, sondern machen.«Nicht meckern, sondern machen. Gerade dieser Satz meines Vaters hat so viel für mich verändert. Und er erinnert mich an eine andere Weisheit, die mich seit dieser Zeit intensiv begleitet. Es ist ein einfacher Dreiklang, der es aber in sich hat: »Ideen, Taten, Erfolge.« Denn: Erst braucht es die Idee, dann die Handlung und dann kommt der Erfolg. Und dabei geht es bei Erfolg nicht immer darum, dass alles super wird, sondern dass das, was ich mir in den Kopf gesetzt habe, zur Realität wird.
Du kannst die brillantesten Ideen haben, die klügsten Gedanken im Kopf wälzen – aber ohne Taten bleiben sie genau das: Gedanken. Und ohne Taten kann es keine Erfolge geben. Erst wenn du den Mut findest, zu sprechen, wenn du deine Ideen in Worte fasst und sie in die Welt bringst, können daraus Erfolge entstehen.
Die Weisheit stammt übrigens von jemandem, der mir viel bedeutet – umso schöner, dass er es jetzt in dieses Buch geschafft hat.
Klarheit beginnt im Kopf
Eine Stimme haben und die eigene Stimme nutzen: Das ist einfacher gesagt als getan. Wann sage ich etwas, wann nicht? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um meine Perspektive zu teilen – und wann wäre es besser, zu schweigen? Wie bewahre ich Haltung? Warum schaffe ich es nicht, meine Meinung selbstbewusst zu vertreten? Was hält mich davon ab? Fragen, die mich seit diesem Tag an meiner Schule begleiten. Klarheit darüber zu erlangen, ist ein Prozess. Und der beginnt nicht beim Sprechen, sondern beim Denken.
Wie oft habe ich als Jugendliche und auch noch als junge Frau gedacht: Jetzt hättest du dich einbringen können. Da hättest du doch endlich was sagen müssen. Du hast doch gute Argumente gehabt!
Wie oft bin ich, nachdem ich im Kreis von Freunden oder später auch im Kreis von Kollegen eine Diskussion gehabt hatte, die Diskussion später im Kopf nochmal durchgegangen, habe mir gute Antworten und Argumente zurechtgelegt, habe gedanklich nochmal ganze Dialoge neu formuliert? In meiner Gedankenwelt war ich schlagfertig, prägnant, charmant und scharfsinnig und immer auf den Punkt. Klar.
Doch die Realität war: Schweigen. Sprachlosigkeit. Viele Diskussionen, viele Gesprächsrunden verliefen ohne nennenswerte Beiträge von mir. Viele vertane Chancen. Ich nahm es in Kauf, dass niemand in der Runde von meinen Argumenten wusste. Niemand in der Runde ahnte auch nur, was ich zu sagen hatte.
Während die anderen diskutierten, blieb ich sprachlos.
Natürlich gilt: Man muss nicht zu allem seinen Senf dazugeben. Nicht-Kommunikation ist auch Kommunikation. Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat den Satz geprägt: »Man kann nicht nicht kommunizieren.« Manchmal reicht das sicher auch.
Aber Hand aufs Herz, ist es nicht viel schöner, dich einzubringen, wenn du dich einbringen willst? Ist es nicht genial, so selbstsicher zu sein, dass du im richtigen Moment deine Stimme nutzt und die Kommunikation am Ende auch Mittel zum Zweck ist – beispielsweise um eine Idee, die dir ewig im Kopf herumschwirrt, endlich umzusetzen oder um den Job, den du ewig haben wolltest, zu bekommen?
Ist es nicht ein wunderbares Gefühl, für sich selbst einzustehen und endlich so zu kommunizieren, wie es am besten zu dir oder zu mir (und eben nicht zu anderen) passt? Das stärkt uns doch, das sind Momente, in denen wir uns selbst spüren – und uns bewusst darüber werden, zu was wir alles in der Lage sind.
Phrasen führen am Ziel vorbei
Sprechen heißt nicht, so wie andere zu sprechen. Sprechen heißt, authentisch zu sprechen, heißt: beim Sprechen du selbst zu sein. Ich kann Sprachbausteine auswendig lernen, die mir beispielsweise in beruflichen Situationen helfen, ein kommunikatives Programm abzuspulen.
»Lasst uns gemeinsam über den Tellerrand schauen!«
»Wir machen Fortschritte in die richtige Richtung!«
Phrasen eben, die oft und gern verwendet werden, aber wenig konkreten Inhalt liefern. Sie klingen bedeutend – enthalten allerdings weder nützliche Informationen noch klare Positionen. Deshalb fühlst du dich damit auch nicht wirklich wohl und sicher. Doch es sind gerade Sicherheit, Vertrauen und der Glaube daran, dass ich das, was ich sage, auch wirklich bin, die eine gute, klare und authentische Kommunikation ausmachen.
Kommunikation ist kein Selbstzweck. Sie ist Mittel, um Ideen umzusetzen, Beziehungen zu gestalten, Konflikte zu klären, Entscheidungen herbeizuführen. Sprache kann verbinden – oder spalten. Sie kann überzeugen – oder verunsichern.
Gerade deshalb braucht es ein Bewusstsein dafür, wie du sprichst. Phrasen helfen nicht weiter. Auswendig gelernte Sätze erzeugen keine Verbindung. Es braucht Authentizität, Klarheit, Selbstsicherheit. Und die beginnt mit der Klarheit im Kopf: Was ist mein Ziel? Was will ich sagen? Und was soll beim Gegenüber ankommen?
!Die entscheidende Frage lautet also: Wie gewinne ich die Sicherheit und die Souveränität, so zu kommunizieren, dass es zu mir passt?
Mein Ziel mit diesem Buch
Ich will, dass wir reden. Nicht nur miteinander, sondern auch über uns selbst.
Ich will, dass wir Sprachlosigkeit überwinden. Dass wir lernen, unsere Stimme zu nutzen, auch wenn es schwerfällt. Dass wir Wege finden, uns selbst treu zu bleiben und dennoch wirksam zu kommunizieren. In Gesprächen mit Vorgesetzten genauso wie am Familientisch. In Konflikten genauso wie auf der Bühne.
!Sprachlosigkeit gilt es zu überwinden – denn Sprache hilft dir, deine Ziele zu erreichen.
Meckern ist einfach. Das kann jede und jeder. Machen ist wesentlich anspruchsvoller. Es bedeutet nicht nur, etwas anzupacken, sondern auch, sich intensiv mit sich selbst auseinanderzusetzen – gerade dann, wenn ich an meinem Auftreten, der Wirkung meiner Worte und an deren Einfluss arbeiten möchte. Ich erlebe das jeden Tag. Für mich ist das Auftreten, das Sprechen vor Menschen, das Auf-Menschen-Eingehen Alltag. Dabei erlebe ich oft, wie schwer es für viele ist, für sich selbst einzustehen, eben ihre Stimme zum Klingen zu bringen.
Dafür gibt es Techniken, Werkzeuge und Strategien. In diesem Buch teile ich meine Erfahrungen, meine Gedanken, meine Methoden. Ich erzähle, was mir dabei geholfen hat, in Gesprächen, auf der Bühne und in vielen anderen Situationen klar und sicher zu werden. Und ich zeige, warum Kommunikation mehr ist als Rhetorik: nämlich ein Ausdruck von Haltung.
Was dich im Buch erwartet
In diesem Buch findest du keine Patentrezepte – dafür aber viele erprobte Wege, wie du deine Kommunikation reflektieren und mit einfachen Übungen sowie praktischen Tools verbessern kannst. Es geht darum, deine eigene Sprache zu finden, deine Stimme zu nutzen und deine Haltung zu zeigen. Du lernst, wie Kommunikation funktioniert – und woran sie oft scheitert. Du bekommst Impulse, wie du innere Sicherheit aufbaust, souverän auftrittst, klug argumentierst, fair verhandelst und schlagfertig reagierst. Und du wirst verstehen, wie viel Macht Sprache hat – und wie du verantwortungsvoll damit umgehst. All das mit einem Ziel: dass du in entscheidenden Momenten nicht nur sprichst, sondern wirklich ankommst. Denn:
Nur wer’s richtig sagt, kommt ans Ziel.
Der Titel dieses Buchs ist kein Versprechen, sondern eine Einladung. Eine Einladung, sich mit der eigenen Sprache auseinanderzusetzen. Zu lernen, wie du deine Worte wählst – nicht angepasst, aber wirksam. Nicht glattgebügelt, sondern klar. Denn Sprache ist kein festes Regelwerk. Sie ist dein persönliches Ausdrucksmittel.
Du wirst beim Lesen merken: Es geht nicht um perfekte Formulierungen. Es geht um Haltung, Reflexion, Wirkung. Und darum, wie du mit deinen Worten genau das erreichst, was dir wichtig ist.
Nicht zuletzt gibt es in diesem Buch viele Tijen-Momente. Ich erzähle, was ich erlebt, wie ich Fehler gemacht, was ich daraus gelernt habe und wie meine ganz persönliche Kommunikationsreise verlaufen ist, seit jenem Abend, an dem mein Vater gesagt hat, ich solle meine Worte wirken lassen, sie einsetzen und ihnen Raum geben. Sprache war für mich als Kind und Jugendliche mit Migrationsgeschichte entscheidend, um einen Aufstieg zu schaffen – auch deshalb ist mir dieses Thema so wichtig.
Sprache ist der Schlüssel zum Verstand und zum Herzen der Menschen.
Und Sprache ist das Mittel, um gehört zu werden.
Deine Kommunikationsreise beginnt jetzt
Wenn du in diesem Buch liest, bist du schon unterwegs. Deine Kommunikationsreise hat begonnen. Vielleicht hast du bereits die ersten Schritte gemacht. Vielleicht bist du schon mitten auf dem Weg und auf der Suche nach dem nächsten Wegweiser. Vielleicht bist du aber auch immer wieder sprachlos, obwohl du eigentlich viel zu sagen hättest.
Ich lade dich ein, diesen Weg mit mir zu gehen. Ich will dir zeigen, dass du sprechen kannst. Dass du mit deinen Worten etwas bewirken kannst. Dass du die Sprache finden kannst, die zu dir passt.
Mein Buch will dich an die Hand nehmen. Ich will dich an die Hand nehmen. Das Leben hat es so gewollt, dass ich sehr viele Rede- und Sprechsituationen durchlebt habe, in denen es darauf angekommen ist, was und wie ich etwas zu sagen hatte. Ich will dir zeigen, wie man so etwas meistert. Denn das Tückische ist: Du kannst auf vieles noch so gut vorbereitet sein – irgendjemand hat doch einen Angriff gegen dich auf Lager, mit dem du nicht gerechnet hast. Aber auch das lässt sich meistern.
Ich will dir zeigen, wie deine Worte etwas bewirken und wie du den Worten anderer etwas entgegensetzen kannst. Ganz gleich, ob im Privaten, im Job, ob in der Alltagssituation, im Zwiegespräch, in der Gruppe, ob im Kleinen oder auf der großen Bühne.
Auf dieser Reise wird es immer Hürden und Klippen geben, die du überwinden musst. Aber am Ende bist du diejenige oder derjenige, die oder der spricht. Finden wir also Antworten auf die Frage, wie es uns gelingt, ins Sprechen zu kommen.
Wie schaffen wir es, zu uns zu stehen und unsere Stimme zu nutzen?
Und vor allem: Wie nehmen wir uns selbst die Angst vor dem Sprechen?
Ich verspreche dir dabei zwei Dinge:
Erstens die Erkenntnis, dass deine Worte kraft- und wertvoll sind – ob leise oder laut, ob blumig oder sachlich, ob im Kleinen oder Großen. Und zweitens: Du kannst reden.
Es wird nicht immer leicht. Aber es lohnt sich. Denn Sprache ist der Schlüssel – zu echten Verbindungen, zu deinen Zielen und zu dem Menschen, der du wirklich bist.
Auf dich und deine Stimme!
Deine
Tijen
KAPITEL 1
Wie Kommunikation funktioniert – und warum sie doch oft scheitert
Grundlagen, Modelle und Missverständnisse
Wenn mich Menschen fragen, warum ich so gut frei sprechen kann, dann erzähle ich von meiner Superpower: Beobachten.
Das habe ich schon als Kind geliebt. Manchmal saß ich stundenlang am Fenster und habe einfach Menschen auf der Straße beobachtet, wie sie miteinander gesprochen, wild gestikuliert haben oder ineinander verschlungen waren. Das ist bis heute so. Ich bin meist die Erste, der auffällt, wie Menschen im Raum stehen, was sie tun, bevor sie zum Reden ansetzen.
Es gibt einiges, was außerhalb meines Talentbereichs liegt, aber eine Sache liebe und kann ich wirklich: den Raum lesen.1 Also die Stimmung und die Menschen in einem Raum wahrnehmen und erfassen, was unausgesprochen mitschwingt. Viele unterschätzen diese Fähigkeit, wenn es darum geht, gut zu sprechen. Und sind sie einmal im Redefluss, blenden sie die Reaktion des Gegenübers aus oder anders: können das Gegenüber gar nicht lesen. Dabei bin ich der festen Überzeugung: Je besser du andere lesen kannst, desto besser kannst du selbst kommunizieren.
Vor dem Reden kommt das Beobachten
Aus genau diesem Grund liebe ich es auch, in einem Café zu sitzen und einfach nur das Kommen und Gehen zu beobachten. Wie betreten Menschen einen Raum? Wo setzen sie sich hin, wenn es noch freie Plätze gibt? Gute Kommunikation beginnt vor dem Sprechen. Und ist übrigens auch die Basis für die besten Verbindungen – und all die anderen wichtigen Dinge im Leben, um die es ja eigentlich geht.
Ich werde es nie vergessen: Vor einiger Zeit las ich einen Artikel über eine Managerin, deren Lebens- und Karriereweg ich total spannend fand. Ich wollte mit ihr in Kontakt treten – mit ihr kommunizieren – und schrieb sie per Mail an. Wir verabredeten uns zu einem, wie es so schön heißt, Videocall. Das Kennenlernen lief gut und beim Abgleich unserer Terminkalender für ein Treffen fiel uns auf, dass wir ein paar Wochen später auf derselben Veranstaltung sein würden. Wir verabredeten, dass wir uns dort dann Zeit nehmen würden für das persönliche Kennenlernen. Gastgeber der Veranstaltung war ein Magazin, das regelmäßig die einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft zusammenbringt. Zugegeben: Auch nach vielen Jahren in der deutschen Wirtschaft fühle ich mich auf solchen Veranstaltungen immer noch wie ein Alien. Das hat aber mehr mit mir als mit den anderen zu tun. Es ist eine Mischung aus Imposter-Phänomen (das sogenannte Hochstapler-Syndrom, das besonders unter Frauen ausgeprägt ist und besagt, dass die Betroffenen das Gefühl haben, ihren Erfolg nicht zu verdienen und schon gar nicht so begabt zu sein wie die anderen) und dem Gefühl, dass viele medienwirksame Veranstaltungen wie ein Schauspiel sind, bei dem jeder und jede irgendeine Rolle spielt.
Jedenfalls war ich früher da als gedacht, gehörte zu den Ersten vor der Fotowand und wurde mit anderen Wirtschaftsfrauen abgebildet – und während ich in meiner Posing-Rolle war (ist ja nicht so, als könnte ich das nicht …), beobachtete ich, wie besagte Managerin, mit der ich ein paar Tage zuvor den Videocall gehabt hatte, den Raum betrat.
Ich sah es sofort. Und ich fühlte es sofort. Sie betrat den Raum und fühlte sich merklich unwohl. Ihr Blick: suchend und fragend.
Der Raum hatte sich zwischenzeitlich gefüllt und alle standen in Gruppen zusammen. Jede und jeder von uns kennt diese Momente, in denen wir einen Raum betreten, und alle sind in tiefe Gespräche verwickelt – es erfordert so viel Mut, sich einfach irgendwo dazuzustellen!
Ich fühlte das Unwohlsein der Managerin über den ganzen Raum hinweg. Kurzum beschloss ich, die Fotosession zu verlassen, und ging quer durch den Raum, um ihr Hallo zu sagen.
»Hi – ich bin Tijen und ich glaube, du bist mein Date heute, oder?« Zugegeben: Besonders kreativ war ich nicht, aber ich wollte ihr das Unwohlsein nehmen und ihr irgendwie ein Mini-Lächeln ins Gesicht zaubern. Es funktionierte. Sie lachte und sagte: »Genau – fehlt nur noch die Rose in der Hand.«
Wir kamen sofort ins Gespräch und knüpften da an, wo wir beim Videocall aufgehört hatten. Nach und nach kamen andere Managerinnen dazu – ich kannte bereits einige, da das nicht das erste Treffen war, an dem ich teilnahm. Mein neuer Kontakt, besagte Managerin, war zum ersten Mal dabei, sodass ich ihr viele Anwesende vorstellen konnte. Das freute mich ehrlich. Denn ich erinnerte mich an all die Situationen, in denen ich in ihrer Position gewesen war und niemanden kannte und mir so sehr eine Verbündete an die Seite gewünscht hätte.
Heute sind wir befreundet. Das Ganze ist jetzt einige Zeit her und ich erinnere mich an einen Abend, an dem wir unser Kennenlernen nochmal haben Revue passieren lassen. Sie erzählte mir von dem Event aus ihrer Perspektive und wie unwohl sie sich gefühlt habe, als sie in den Raum kam. Heute weiß ich, dass sie solche Veranstaltungen generell meidet, weil sie kein Fan von Gruppenversammlungen ist und damals nicht viele im Raum kannte. Außer eben mich. Sie erzählte mir, dass sie so glücklich gewesen sei, als sie mich gesehen habe, und noch glücklicher darüber, dass wir gemeinsam die für sie so unangenehme Situation gemeistert hätten. Heute haben wir eine enge Verbindung und kommunizieren fast jeden Tag.
Ich erzähle diese Geschichte nicht, weil ich zeigen will, was für ein großherziger Mensch ich bin. Sondern vielmehr deshalb, weil diese Situation anschaulich zeigt, warum mir das Beobachten so wichtig ist. Ich habe gesehen und gefühlt, wie es ihr erging, als sie den Raum betrat. Ich kannte das Gefühl und genau deshalb konnte ich so reagieren, so kommunizieren und ein gutes Gefühl bei ihr hinterlassen.
!Vor jeder Kommunikation kommt das Beobachten. Die besten Kommunikatorinnen und Kommunikatoren sind die, die am besten beobachten können.
Wer beobachtet, kommuniziert. Wenn du also zu denen gehörst, die von sich selbst sagen, dass sie eher introvertiert sind – eher beobachten und nicht gern lossprechen –, dann kann ich nur sagen: Jackpot! Kommunizieren heißt: spüren, was die oder der andere will, fühlt und denkt. Wenn du dazu in der Lage bist, hast du die beste Voraussetzung für deine Kommunikationsreise!
Kommunikation ist mehr als Reden
Dieser Einstieg macht eines hoffentlich mehr als deutlich: Kommunikation ist so viel mehr als nur die »richtige« Verwendung von Worten bzw. Sprache. Es geht nie nur darum, etwas Passendes zu sagen. Kommunikation will etwas im Gegenüber auslösen und findet stets auf mehreren Ebenen statt. Da gibt es zum einen das, was gesagt wird, und zum anderen das, was gemeint wird. Schon allein dazwischen können Welten liegen!
Dazu nur ein kleines Beispiel aus dem Leben: In vielen Gesprächen, insbesondere im Arbeitskontext, greifen Menschen – und da muss ich mir leider auch an die eigene Nase fassen, weil ich das lange selbst gemacht habe – auf das kleine Wörtchen »man« zurück. Was zunächst harmlos wirkt, passiert, denke ich, aufgrund von innerer Unsicherheit oder aufgrund eines Bedürfnisses nach Distanz. Es wird gesagt: »Man müsste mal …«, »Man könnte ja …«, statt klar zu benennen, was »man« selbst meint oder fühlt. Rückblickend fällt mir auf, dass ich mir damit unbewusst Spielraum verschaffen wollte – vielleicht auch, um Angreifbarkeit zu vermeiden oder mich weniger exponiert zu fühlen.
Zum ersten Mal richtig wahrgenommen habe ich diese Sprechweise während der Zeit, in der ich als Jugendliche bei Yves Rocher gejobbt habe. Meine damalige Chefin sagte häufig Sätze wie: »Man müsste das mal putzen.« Ich habe mich damals immer gefragt: »Bin ich jetzt mit diesem ›man‹ gemeint?« (Was – große Überraschung – meist der Fall war.)
Das Ironische an dieser Geschichte ist, dass ich genau diese Sprachform später, als ich selbst in der Führungsrolle war, übernommen habe. Dieses »man« wirkt objektiv, ist aber letzten Endes unklar.
Heute ist mir das viel stärker bewusst und ich bemühe mich darum, in der Ich-Perspektive zu sprechen: »Ich finde, wir sollten …«, »Ich sehe das so …« Das ist nicht nur ehrlicher, sondern auch kommunikativer. Denn: Wer sich zeigt, ermöglicht Beziehung. Und wer Verantwortung für seine Worte übernimmt, gewinnt an Klarheit und Wirkung – aber dazu später noch mehr.
Zu diesem Unterschied zwischen dem Gesagten und dem Gemeinten kommt das, was beim Gegenüber ankommt – was nochmal etwas vollkommen anderes sein kann. Und schließlich ist da noch das, was unausgesprochen mitschwingt.
Kommunikation findet aber auch jenseits von alledem statt: im Tonfall, in der Mimik, der Gestik, der Körperhaltung. Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick hat es, wie bereits erwähnt, so auf den Punkt gebracht: »Man kann nicht nicht kommunizieren.« Ob wir sprechen oder schweigen – immer senden wir zahlreiche Signale aus. Auch unsere Verhaltensweisen und sogar unsere Kleidung kommuniziert. Sie sagt etwas über uns aus, teilt aber auch etwas über unsere Einstellung zu anderen mit – Respekt beispielsweise, indem wir uns für einen besonderen Anlass viel Mühe bei der Auswahl unserer Kleidung geben. Sie kann zeigen, ob wir offen sind oder verschlossen, konformistisch oder rebellisch, humorvoll oder konservativ-streng, extrovertiert, sinnlich, verspielt oder minimalistisch-schlicht. Die Möglichkeiten sind schier unendlich.
Aber nicht nur Kleidung spricht. Lippenstift auch.
Ich habe generell eine Schwäche für Farben und ihre Wirkung. Und manchmal auch für Symbole. Vor allem, wenn sie etwas in mir auslösen. Ich erinnere mich gut an eine Delegationsreise in die USA – mit 47 beeindruckenden Frauen aus verschiedenen Ländern. Dort fiel mir eine Teilnehmerin auf, die jeden Tag roten Lippenstift trug. Jeden. Einzelnen. Tag.
Ich war fasziniert von ihrer Ausstrahlung. Irgendwann dachte ich: Warum eigentlich nicht? Ich probierte es selbst aus – erst einfach so, ohne großen Plan. Und stellte fest: Ich mochte mich damit. Ich fühlte mich mehr bei mir.
Seitdem begleitet mich der rote Lippenstift und wurde sogar zu meinem Markenzeichen. Allerdings eines, das durchaus polarisierte. Das ging dann so weit, dass ich am Ende meinen eigenen Lippenstift herausbrachte – mit dem Namen Red Tijen. (Die ganze Geschichte dazu findest du in meinem Buch Be your own fucking hero.)
Inzwischen trage ich nicht mehr jeden Tag roten Lippenstift, aber immer dann, wenn ich mich danach fühle oder ihn »brauche«. Wenn ich beispielsweise einen wichtigen Vortrag halte oder um in einem anderen Kontext sichtbar zu sein. Wenn ich Farbe bekennen will.
Kleidung und Farbe können zu einem Ausdruck von Zugehörigkeit, von Abgrenzung oder von Haltung werden. Farben wirken. Farben sprechen. Und manchmal können sie dazu dienen, ein politisches Statement zu setzen. Wusstest du, dass der rote Lippenstift ein Symbol der Suffragettenbewegung in den USA war?
1912 gingen Frauen in New York auf die Straße, um für das Frauenwahlrecht zu kämpfen – und als Erkennungszeichen trugen sie demonstrativ roten Lippenstift. Rot als Zeichen für Mut, Rebellion und Selbstbestimmung. Damals galt Lippenrot als unanständig. Als moralisch verwerflich. Und genau deshalb war es das perfekte Symbol für die Bewegung: sichtbar, provokant, nicht zu übersehen. Eine Uniform des Widerstands – ein Schlag mitten ins Gesicht der Konventionen.
Bis heute wird Kleidung in der Politik bewusst eingesetzt. Als beispielsweise zahlreiche weibliche Abgeordnete der Demokratischen Partei im Kongress anlässlich der Rede zur Lage der Nation von Donald Trump im Jahr 2019 weiße Kleidung trugen, war das kein Zufall und hatte ebenfalls mit den Suffragetten zu tun. Mit der Farbwahl erinnerten sie an die bei ihren offiziellen Auftritten weiß gekleideten Aktivistinnen, als sie vor mehr als 100 Jahren in den USA das volle Wahlrecht für Frauen erkämpften. Die weiße Farbe steht seither für Emanzipation und wurde zu einem Zeichen für Reinheit, Unschuld und moralische Integrität.
!Kleidung ist Kommunikation. Farben erzählen Geschichten. Und manchmal reicht ein Lippenstift, um eine politische Haltung zum Ausdruck zu bringen!
Wir kommunizieren also verbal und nonverbal. Und genau da beginnt oft das Missverständnis: Wir achten häufig zu viel auf unsere Worte – und zu wenig auf das, was wir sonst noch sagen. Es kann aber auch umgekehrt sein! Wenn jemand sich nicht einer Situation entsprechend kleidet, aber dennoch kluge Dinge zu sagen hat, kann die Wirkung des Gesagten in eine völlig andere Richtung gehen als intendiert.
Um systematisch zu verstehen, wie Kommunikation (verbal und nonverbal) funktioniert, und auch, warum sie häufig scheitert, lohnt sich ein kurzer Blick in die Wissenschaft. Keine Sorge, es wird jetzt nicht knochentrocken – die Grundlagen genügen.
Das Sender-Empfänger-Modell wurde in den 1940er-Jahren von Claude E. Shannon und Warren Weaver entwickelt.
Die Darstellung des klassischen Sender-Empfänger-Modells (nach Shannon und Weaver) macht es deutlich: Kommunikation besteht aus mehreren Elementen. Eine codierte
