Oben und Unten - Stefan Frings - E-Book

Oben und Unten E-Book

Stefan Frings

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Beschreibung

Die Hauptdarsteller – er Oben und sie Unten – auf der Bühne als in den Strukturen des Oben und Unten gefangen, kommunizieren im Spiel der Kräfte mit- und gegeneinander. Unten strebt nach oben. Oben hält sich an den Konventionen (Drehbuch) fest und geht unter, sobald zwischen den Zeilen zu gegebener Zeit Untens Erkenntnis aufscheint. Unten aber verliert auf ihre Weise. Die Bühnenbauer zurren die Strukturen fest und beenden (eben zu gegebener Zeit) das Spiel. Und wir - die Zuschauer und Konsumenten -, die das Unternehmen finanzieren, werden – wie die durch die Texte stolpernden Hauptdarsteller – zu Störfaktoren der Arbeit, sobald das Budget verbraucht ist. Meine Texte, so stelle ich nun selbst nach Jahren erstaunt fest, sind Liebeserklärungen an das Leben; in der Hoffnung, es möge durch unsere Liebe seine adäquate Gestalt finden – in einer toleranten und von Zwängen befreiten menschlichen Gesellschaft, die gleichsam der gesamten Natur, deren Teil wir Menschen nur sind, ihren angemessenen Raum für Entwicklung bzw. Lebendigkeit zubilligt.

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Oben und Unten

Theaterstück

in sieben Akten

für sieben Rollen und Publikum

mit Auf- und Abbau

von

Stefan Frings

für meine Eltern,

die mir das Leben schenkten

und mich das Laufen lehrten

für Janine,

die mich zu leben

und das große Trotzdem lehrte

für Almut und Paula.

Sie geben mir die Struktur

auf dem Rücken dieses Büchleins

Figuren

Handwerker bzw. Bühnenbauer:

Josip (Aufbau, pausierend; Abbau, verkündet das Ende)

Enni (Aufbau, Gerüstbau; Abbau, entfernt die Tücher)

Leo (Aufbau, Bodenleger; Abbau, ermahnt zum Papieraufheben, hilft in den Mantel)

Tommi (Aufbau, Kulissentacker; Abbau, rückt die Stühle zurecht)

Alex (Aufbau, trägt die Boxen; Ende, saugt Staub)

Hauptdarsteller:

Oben - männliche Stimme (von oben vom Gerüst her durch die Lautsprecher)

Unten - Darstellerin (auf der Bühne)

Die Bühne

Schwarzes Tuch in Falten über den Boden gelegt, so dick, daß unhörbar leise gegangen werden kann. Graues Tuch als Hintergrund, in Falten gelegt, könnte eine Felswand darstellen. „Oben“ steht auf einem Gerüst, nur die Beine und Füße sind sichtbar. „Oben“ spricht vom Blatt lesend seinen Text. Auch „Unten“ hat ihren Text zur Stelle - lose Blätter, die auf dem Boden liegen; sie geht zu ihnen hin und schaut darin nach, wenn sie es braucht (auch wenn sie es nicht braucht). Sie ist fast ständig in Bewegung. Kleidung schwarz oder weiß.

Vorbemerkung zur Regie

Die Darsteller der Rahmenhandlung (Auf- und Abbau) in Clownmasken und Arbeitsanzügen. Sie - als vermeintlich wichtigere Personen (Bühnenarbeiter) - machen sich zum Narren (wie wir, als Arbeitende, im richtigen Leben). Die Hauptdarsteller (vermeintlich nur dem Spiel sich hingebend, nicht dem Ernst der Arbeit untergeordnet) sind karg auszustatten; hier tritt der Mensch in den Vordergrund - nur im „Spiel“.

Statt Eintrittskarten werden Clownsnasen an die Zuschauer ausgegeben, die sie bei der Eintrittskontrolle aufsetzen und so sich zum Narren machen. Sie sind die Konsumenten der Arbeitsprodukte (wie im richtigen Leben, nach der Arbeit, wo wir als König Kunde uns in unsere Arbeitgeber verwandeln); die Realität ist verrückter als das Theater; es gibt kein richtiges Leben im falschen (Adorno).

Inhaltsverzeichnis

Oben und Unten 1

für meine Eltern, 2

Figuren 3

Die Bühne 4

Vorbemerkung zur Regie 5

Erster Akt: Aufbau 8

„Damit wir spielen können...“ 9

Zweiter Akt: Oben und Unten 14

„Du mußt weitermachen...“ 15

Dritter Akt: Innen 18

„Ich will zu Dir!“ 19

Vierter Akt: Außen 22

„… gute Gründe“ 23

Fünfter Akt: Zwischenräume 26

„Grammatik nennt man das.“ 27

Sechster Akt: Auflösung 33

Umstrukturierung 34

Siebter Akt: Abbau 37

„... Papier in die Mülleimer...“ 38

Nachtrag 40

Impressum 41

Rückentext 42

Erster Akt: Aufbau

*

Unsere

tägliche Struktur

gebt uns heute

*

„Damit wir spielen können...“

Auf der Bühne arbeiten Handwerker. Tommi befestigt mit einem Tacker das graue Tuch an der Rückwand, legt es in Falten. Enni arbeitet links auf der Bühne an dem Gerüst mit einem Schraubenschlüssel. Leo legt das schwarze Tuch auf dem Bühnenboden aus. Alex trägt nacheinander zwei Lautsprecherboxen auf die Bühne, verlegt die Kabel und richtet die Lautsprecher aus. Josip sitzt vorn am Bühnenrand, trinkt Bier und ißt sein Pausenbrot. Neben ihm steht ein Gettoblaster. Es tönt Musik daraus, ein Rap mit dem stets sich wiederholenden Liedtext: „Wollt ihr fleißige Handwerker sehn, dann müßt ihr ins Theater gehn“ - dazu die entsprechende bekannte Melodie. Alle bewegen sich und arbeiten mehr oder weniger im Takt der Musik. Josip, der gerade Pause macht, läßt seine Beine im Takt baumeln. Die Hauptdarstellerin Unten -U- kommt in Straßenkleidung auf die Bühne. Sie hält Zettel in der Hand und studiert ihren Text, den sie sich mit angedeuteten Gesten vorspricht. Es stört sie offensichtlich der Lärm. Sie geht zu Josip und befielt ihm mit eindeutiger Geste, die Musik abzuschalten. Josip schaut verdutzt, legt sein Brot aus der Hand und schaltet das Gerät ab. Sie fragt ihn unvermittelt freundlich: 

 

U: Josip, was machst du hier ?

 

Josip beißt noch einmal vom Butterbrot ab und antwortet kauend.

 

Josip: Arbeiten, Hauptdarstellerin.

 

U: Aber du sitzt hier, Josip.

 

Josip: Ich mache gerade eine Pause.

 

U: So, eine Pause!?

 

Josip: Ich mach das immer so!

 

Sie wendet sich der Frau am Gerüst zu.

 

U: Enni - was tust Du hier?

 

Enni: Das Gerüst muß halten, Hauptdarstellerin. Ich ziehe die Schrauben nach.

 

Jetzt geht sie zu dem mit dem Tacker zur Rückwand hin. Auf halbem Weg hält sie inne, wendet und geht nochmals zu Josip.

 

U: Wie kannst du Pause machen Josip, wenn alle arbeiten?

 

Josip: Einer muß immer Pause machen, Hauptdarstellerin, damit die Arbeit weitergeht, nachher macht Tommi die Pause weiter.

 

Josip deutet auf den mit dem Tacker.

 

Jetzt geht U zu dem, der das Tuch auf den Boden legt.

 

U: Leo, was machst du?

 

Leo: Ich lege ein Tuch über den Boden, Hauptdarstellerin; damit er anders aussieht!

 

U: Warum soll er anders aussehen?

 

Leo: So steht es im Drehbuch.

 

Jetzt geht sie zu dem, der mit dem Tacker die Rückwand bearbeitet.

 

U: Warum die Falten, Tommi?

 

Tommi: Das ist eine Felswand, Hauptdarstellerin.

 

Sie geht drei Schritte rückwärts, um die Felswand zu betrachten, und stößt fast mit dem, der die Boxen ausrichtet zusammen.

 

Sie: Huch Alex! - Was sollen denn die hier?

 

Sie deutet auf den Lautsprecher, den Alex trägt.

 

Alex: Die sollen hier stehen, damit das Publikum seine Stimme sieht, Hauptdarstellerin.

 

Er deutet nach oben zum Gerüst. Sie schaut hoch.

 

Dann geht sie wieder zu Josip.

 

U: Sie arbeiten gut, Josip.

 

Josip: Damit du nachher spielen kannst.

 

U: Dafür ist die Arbeit!?

 

Josip kaut auf seinem zähen Brot in zu vollem Mund.

 

Josip: Und nachher beseitigen wir alles wieder, - und dann bauen wir wieder alles auf.

 

U: Damit wir spielen können!