Operative Planung - Jürgen Weber - E-Book

Operative Planung E-Book

Jürgen Weber

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Beschreibung

Die Operative Planung nimmt auch mehrere Jahre nach Beginn der Diskussion um ihre inhaltliche Weiterentwicklung einen zentralen Platz in der Arbeit der meisten Controller und Manager ein. Dabei ist der gesamte Prozess häufig historisch gewachsen - mit allen Vor- und Nachteilen. Wesentliche Parameter wie die Planungsrichtung oder die Verknüpfung der Budgets mit den Anreizsystemen sind dabei häufig in der Kritik: Die Operative Planung hat es bis heute nicht geschafft, alle betroffenen Personen von ihrer uneingeschränkten Eignung zu überzeugen. Zu groß sind mehrheitlich die damit verbundenen Misstöne aus den alljährlichen Budgetverhandlungsrunden. Hier setzt der Advanced Controlling-Band 71 an: Er beleuchtet systematisch die unterschiedlichen Aspekte, die es bei Veränderungen an einem bestehenden Planungssystem zu beachten gilt. Dies beginnt mit den Aufgaben, welche die Operative Planung erfüllen soll, über den zeitlichen Ablauf, den gewählten Steuerungsanspruch der Unternehmensleitung bis hin zur Verhandlung der Budgets.

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Inhalt

Vorwort

1 Einleitung

2 Die operative Planung – eine Bestandsaufnahme

Charakteristika der Planung

Ebenen der Planung

Kennzeichen der operativen Planung

3 Planungsfunktionen – die übergeordneten Ziele der Planung

Funktionsüberblick

Mögliche Funktionskonflikte

4 Planungsrichtung und Steuerungstiefe – die Umsetzung der Planungsfunktionen

Planungsrichtung als Ausdruck der Zielverbindlichkeit

Steuerungstiefe als Ausdruck operativer Nähe

Kongruenz zwischen Planungsrichtung und Steuerungstiefe

Einfluss der Planungsrichtung auf die Qualität der Budgetierung

5 Anreizsysteme und Unternehmenskultur – der unsichtbare Rahmen für die operative Planung

Beeinflussung des Akteursverhaltens durch Anreize

Gestaltung der Führungs- und Vertrauenskultur

6 Mit fünf Schritten zum Planungserfolg

Bestimmen Sie die Ziele der Planung

7 Zusammenfassung

8 Literaturverzeichnis

In eigener Sache

1. Auflage 2009

Bibliografische Information

der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

Printed in the Federal Republic of Germany

Gedruckt auf säurefreiem Papier.

Satz Kühn & Weyh, Freiburg

Druck und Bindung CPI – Ebner & Spiegel GmbH, Ulm

Umschlaggestaltung init GmbH, Bielefeld

ISBN: 978-3-527-50480-0

mobi ISBN: 978-3-527-66656-0

ePub ISBN: 978-3-527-66657-7

Vorwort

Liebe Leser,

(Die operative) Planung ist historisch betrachtet der Auslöser des Controllings und die Existenzberechtigung der Controller. Planung bildet das Rückgrat der Unternehmensführung. Manager sind bei der Planung auf die Unterstützung der Controller angewiesen, und sei es nur insofern, als diese für das komplexe System der Teilplanungen prozessual verantwortlich sind. Planung zieht Kontrolle nach sich, sonst lenkt sie das Verhalten ebenso wenig, wie sie ein Lernen aus Abweichungen ermöglicht. Auch hier sind Controller maßgeblich involviert. Kontrolle wie Planung schließlich generieren einen erheblichen Informationsbedarf, für dessen Deckung Controller die hauptsächliche Verantwortung tragen. Damit ist Planung die Kernfunktion der Controller.

Trotz dieser Bedeutung sind sie aber nicht wirklich mit der Planung zufrieden, ebenso wenig übrigens wie ihre Manager. Wie die Ergebnisse des WHU-Controllerpanels zeigen, sehen Controller für die Planung einen erheblichen Verbesserungsbedarf. An dieser Einschätzung hat sich über die Jahre nichts geändert – trotz aller Bemühungen eines Better, Advanced oder sogar Beyond Budgeting und trotz der erheblichen Veränderungsintensität, die der Planung zuteil wird. Man hat – zumindest in Großunternehmen – den Eindruck, dass der aus dem Fußball entlehnte Spruch gilt: Nach dem Planungsprojekt ist vor dem Planungsprojekt.

Wir wollen in diesem AC-Band eine Lanze dafür brechen, die permanente Änderung an der Planung nicht als ein Zeichen von Konzeptlosigkeit zu deuten, sondern als notwendige Folge der Komplexität der Planungsfunktionen. Selten ist man sich in der Praxis bewusst, dass die jährliche operative Planung drei ganz unterschiedlichen Aufgaben folgen soll, der Prognose, der Koordination und der Motivation, die sich oftmals konfliktär verhalten. Richtet man sich zu stark auf eine dieser Funktionen aus, leiden unter Umständen die anderen beiden. Will man alle drei in gleicher Weise erfüllen, sind deshalb häufige Änderungen der Planung unausweichlich.

Der vorliegende AC-Band basiert – wie schon viele vor ihm – auf den Erfahrungen des CCM, in dem zwölf Unternehmen, davon zehn DAX 30, seit Jahren eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Der Band berichtet über einen entsprechenden Benchmarking-Prozess, der allen Beteiligten vielfältige neue Eindrücke vermittelt hat, von denen die meisten auch die derzeitige Krisensituation und die dort für die Planung geltenden Ausnahmebedingungen überstehen werden. Wir hoffen, dass einige davon auch in Ihrem Unternehmen hilfreich sein werden.

Viel Spaß beim Lesen!

Ihr Jürgen Weber

1

Einleitung

Die operative Planung oder Budgetierung ist die »Lebensader« vieler Unternehmen, in deren Rahmen der Handlungsspielraum für das folgende Jahr abgesteckt wird. So etabliert sie ist, Kritik an der operativen Planung oder Budgetierung ist nach wie vor an der Tagesordnung. Grund genug, mit dem vorliegenden AC-Band den Planungsprozess zu durchleuchten, Erfolgsfaktoren aufzuzeigen und konkrete Handlungsempfehlungen aus den Erfahrungen einer mehrjährigen empirischen Untersuchung abzuleiten.

Gleichzeitig können erste Einblicke in die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in der operativen Planung und Budgetierung gewährt werden. Denn soviel steht jetzt schon fest: Gerade in der operativen Planung verfügen Unternehmen über ein umfangreiches Maßnahmenbündel, um schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können. Damit soll Ihnen ermöglicht werden, die operative Planung und Budgetierung im eigenen Unternehmen zu hinterfragen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.

Die Planungsfunktionen geben dabei die grundsätzliche Zielrichtung vor, die mit der operativen Planung und Budgetierung erreicht werden soll. Sie wird auf Top-Level-Ebene festgelegt und beschreibt die »Marschroute« für die Ausgestaltung des Planungsprozesses. Zur Umsetzung bieten sich dem Management drei wesentliche Stellhebel: die Planungsrichtung (Top-down vs. Bottom-up), die Steuerungstiefe (Detailgrad) sowie die Incentivierung (formell und informell). Die Darstellung von möglichen Konfliktpotenzialen ermöglicht es, weitreichende Konsequenzen von Entscheidungen absehen zu können und Konkfliktherde bereits im Vorhinein erkennen zu können.

Die Steuerungstiefe und Planungsrichtung sind mit einem stark variierenden Einfluss und Aufwand auf die einzelnen Prozessschritte verbunden. Dies betrifft die Erstellung von Prämissen und Zielwerten genauso wie die Ausplanung, Verhandlung und Genehmigung. Die Führungs- und Vertrauenskultur bildet den »unsichtbaren Rahmen« der operativen Planung und Budgetierung, der für die Gestaltung, Durchführung und letztlich den Erfolg wesentlich ist, aber bislang oftmals wenig Beachtung gefunden hat.

Gemeinsam mit insgesamt zwölf Unternehmen, die zum DAX 30 zählen beziehungsweise eine vergleichbare Aufstellung mit privater Eigentümerstruktur haben, wurde aus diesem Grund im Center for Controlling & Management eine Untersuchung durchgeführt. Ziel war es, ein fundiertes Verständnis über Anwendungen, Probleme, aber auch Änderungstrends zu erlangen. Befragt wurden mehrere Ansprechpartner je Unternehmen, darunter jeweils auch die Leiter des zentralen Controllings.

Im folgenden Kapitel wollen wir zunächst das zugrunde gelegte Verständnis der operativen Planung und Budgetierung aufzeigen und Einschätzungen des operativen Planungsprozesses aus der Praxis vorstellen. Daran schließt sich das dritte Kapitel mit der Darstellung unterschiedlicher möglicher Planungsfunktionen an. Die praktische Umsetzung in Bezug auf Planungsrichtung und Steuerungstiefe wird in Kapitel 4 thematisiert. Kapitel 5 stellt den unsichtbaren Rahmen der operativen Planung dar: die betrieblichen Anreizsysteme und die Unternehmenskultur. Den Abschluss des vorliegenden Bandes bilden fünf praktische Schritte, die ein Unternehmen zu nachhaltigem Planungserfolg führen, sowie eine kurze Zusammenfassung.

2

Die operative Planung – eine Bestandsaufnahme

Planung und Controlling sind zweifelsohne untrennbar miteinander verbunden. Veränderungsdruck aus dem Unternehmensumfeld und wachsende Komplexität wurden zunehmend weniger beherrschbar und eine Führung »auf Zuruf« für Manager nicht mehr möglich (vergleiche Weber 2008a, S. 34). Durch die Planung entstand die Möglichkeit, die Unternehmensbereiche zu koordinieren und die Unternehmensentwicklung zu prognostizieren. Damit war die Planung die Lösung für die Herausforderung der Unternehmenssteuerung und wurde zum »Rückgrat der Führung« (vergleiche Weber/Schäffer 2008, S. 246).

Mittlerweile ist für das Gros der Unternehmen ein Agieren ohne Planung undenkbar. Damit wird auch die bedeutsame Rolle des Controllers in der Unternehmenssteuerung offensichtlich, nimmt er doch damals wie heute wesentliche und gleichzeitig sehr unterschiedliche Funktionen in der Planung wahr (vergleiche Weber 2008a, S. 33 f.).

Charakteristika der Planung

Grundsätzlich wird mit der Planung das Ziel verfolgt, das zukünftige Geschehen des Unternehmens zu gestalten. Kennzeichnend für die Planung ist dabei, dass es sich um einen bewussten geistigen Prozess handelt (vergleiche Küpper 2005, S. 81 ff.). Das Management ist bei der Unternehmenssteuerung mit einer Vielzahl möglicher Handlungsalternativen konfrontiert. Durch das Planen wird diese Komplexität reduziert und ein Wille für die (Weiter-)Entwicklung des Unternehmens in der Zukunft gebildet.

»Planung führt zu Plänen« (Weber/Schäffer 2008, S. 242) – ein weiteres zentrales Charakteristikum, das den klaren Handlungsbezug der Unternehmensplanung unterstreicht. Um den gebildeten Willen durchzusetzen, werden die Erwartungen verdichtet und in Plänen formuliert. Durch Pläne werden also zukünftige Handlungen festgelegt und koordiniert – damit grenzt sich die Planung auch von der reinen Prognose ab. Kennzeichnend für die Planung ist schließlich auch ihr Prozesscharakter, das heißt der wiederholte Ablauf von der Willensbildung zur Willensdurchsetzung durch Pläne (vergleiche zur Unternehmensplanung: Küpper 2005, S. 81 ff.; Weber/Schäffer 2008, S. 241 f.).

Ebenen der Planung

Die Unternehmensplanung wird in ihrer Anwendung durch den Planungshorizont differenziert (vergleiche Abbildung 1).

Abbildung 1: Überblick über den typischen Aufbau der Unternehmensplanung

(Quelle: Weber 2008b, S. 224)

Eine Langfristplanung beziehungsweise strategische Planung setzt den Rahmen für weitere Teilplanungen. Während die strategische Planung in der Unternehmenspraxis durchaus einen Zeitraum von zehn Jahren umfassen kann, ist eine Mittelfristplanung – man spricht bisweilen auch von einer taktischen Planung – oft auf einen Zeithorizont von zwei bis vier Jahren beschränkt. Sie stellt mit einer stärkeren Verwendung von monetären Größen vielfach die Schnittstelle zur operativen Planung beziehungsweise Budgetierung dar (vergleiche Weber/Schäffer 2008, S. 246 f.; Küpper 2005, S. 86 f.; Weber 2008b, S. 223 f.). Neben den drei Ebenen der laufenden, periodenbezogenen Planung steht die Investitionsplanung; diese wird idealerweise von der strategischen Planung angestoßen und in die beiden anderen Planungsebenen eingebunden.

Kennzeichen der operativen Planung

Operative Planung als jährlicher Prozess

Charakteristisch für die operative Planung ist der Zeitbezug, in dem üblicherweise das gesamte kommende Geschäftsjahr geplant wird. Das in der strategischen und taktischen Planung zugrunde liegende umfassende Unternehmensziel wird durch die operative Planung jährlich auf die einzelnen Bereiche und Stellen heruntergebrochen. In ihrer Gestaltung ist die operative Planung deutlich handlungsorientierter als die anderen Planungsebenen, da durch die Verwendung monetärer Plangrößen präzise und eindeutige Vorgaben für untere Hierarchiebereiche formuliert werden (vergleiche Weber/Schäffer 2008, S. 273 f.).

Teilweise wird die Budgetierung als spezielle Kategorie der operativen Planung gesehen. Das Budget gibt einen monetären Handlungsrahmen für einen einzelnen Verantwortungsbereich vor. Dieses so genannte Formalziel, wie beispielsweise ein Kosten- oder Investitionsvolumen, überlässt dem Bereichsverantwortlichen einen gewissen Handlungsspielraum, bindet ihn aber in seinen zukünftigen Entscheidungen gegebenenfalls auch an enge Grenzen (vergleiche Küpper 2005, S. 336 ff.). Leicht nachvollziehbar wird somit die wörtliche Übersetzung des französischen Wortes Budget, da eine »kleine Geldbörse« den Besitzer zu einer eigenständigen Auswahl sinnvoller Maßnahmen zwingt (vergleiche Escofier 2000, S. 85).

Das klassische Budget wird auch als Bindeglied zwischen der Lang- beziehungsweise Mittelfristplanung und der operativen Planung gesehen (vergleiche Küpper 2005, S. 336 ff.). Auf Basis des Budgets lässt sich eine Sachzielplanung, zum Beispiel in Form einer Produktionsoder Beschaffungsplanung, durchführen. Dieser Teil der operativen Planung bezieht sich also auf die physischen Ausprägungen der Wertschöpfung; im Gegensatz zum Budget werden mit der Sachzielplanung auch Maßnahmen ausgeplant (vergleiche Weber/Schäffer 2008, S. 274).

Da die monetären und die physischen Aspekte der operativen Planung mehr und mehr parallel bearbeitet werden, verwischt die strikte Trennung; die Begriffe operative Planung und Budgetierung werden dementsprechend im Folgenden synonym verwendet.

In jüngster Zeit wird vermehrt der Ansatz des »Beyond Budgeting« diskutiert (vergleiche dazu grundsätzlich: Hope/Fraser 2003). In dieser alternativen Budgetierungsform wird auf das klassische Budget verzichtet. Beyond Budgeting-Unternehmen führen eine Selbstabstimmung im Sinne einer marktähnlichen Koordination durch. Wesentlich ist dabei die Orientierung der Unternehmenseinheiten an den externen Wettbewerbern; dieser Vergleich ersetzt damit die klassischen absoluten Zielwerte (vergleiche Weber/Schäffer 2008, S. 283 f.).

Eine erfolgreiche Implementierung hängt dabei wesentlich von den Kontextfaktoren des Unternehmens ab. Demnach stößt das Konzept des Beyond Budgetings besonders bei steigender Komplexität des Unternehmens an seine Grenzen (vergleiche Weber/Linder 2008, S. 47 ff.). In der Tat konnte sich dieser Ansatz (bisher) nur in sehr wenigen Fällen in der Unternehmenspraxis durchsetzen (vergleiche Leyk/Kopp 2004, S. 48).

Darüber hinaus wird auch das Konzept des Better Budgeting als Weiterentwicklung der klassischen Budgetierung diskutiert. Dabei wird – im Unterschied zum Beyond Budgeting – grundsätzlich am Prinzip der Budgets festgehalten. Jedoch soll durch eine deutlichere Orientierung an relativen, vom Markt abgeleiteten Zielen, einem höheren Neuplanungsanteil als Gegensatz zur Planfortschreibung sowie durch eine Vereinfachung des Budgetierungsprozesses eine höhere Zufriedenheit der Manager und Controller erzielt werden (vergleiche Weber/Linder 2008, S. 21).

Operative Planung als Kernarbeitsfeld des Controllers

Die zu Beginn erwähnte Bedeutung der Planung für das Controlling lässt die Vermutung zu, dass die zeitliche Inanspruchnahme der Controller durch Planungsaufgaben erheblich ist. Wie Abbildung 2 zeigt, lässt sich diese Annahme durch eine aktuelle Untersuchung zur Controllerpraxis in Deutschland stützen (vergleiche Weber 2008a, S. 14): Neben der Informationsversorgung in Form der Berichterstattung (22,3 %) verwendet der Controller in der Tat die meiste Zeit für Planungsaufgaben. Dabei stellt die operative Planung (17,6 %) den weitaus größeren Zeitbedarf gegenüber der strategischen Planung (8,0 %) dar.

Abbildung 2: Von Controllern wahrgenommene Aufgabenfelder und die damit verbundene zeitliche Inanspruchnahme

(Quelle: Weber 2008a, S. 14)

Für die Controller lassen sich – auch bei sehr unterschiedlicher Ausgestaltung der operativen Planung in den Unternehmen – typische Aufgabenmuster erkennen: Üblicherweise erstellen sie den Zeitplan der Unternehmensplanung und kontrollieren damit auch die Termineinhaltung der Unternehmenseinheiten, die ihre Planungsaktivitäten dahingehend abstimmen. Ebenfalls werden Planungsprämissen durch das Controlling zu Planungsbeginn zusammengefasst und den Planenden zur Verfügung gestellt.

Neben diesen unterstützenden Aktivitäten in Form eines Planungsmanagements nimmt der Controller aber auch die Rolle des »Sparringspartners« im Planungsprozess ein: Der Controller prüft, ob die Planaufstellung auf den unterschiedlichen Unternehmensebenen plausibel ist und ob das zentralseitig erwartete Planniveau eingehalten wurde. Ebenso gewährleistet der Controller, dass die Einzelpläne zusammenpassen und in einen Gesamtplan überführt werden können. Der Controller muss damit auch in der Lage sein, unterschiedliche Einschätzungen und divergierende Vorstellungen unterschiedlicher Stellen in Einklang zu bringen – hier ist also seine Fähigkeit als Moderator gefragt.

Durch diese wesentlichen Aufgaben im jährlichen Planungsprozess erhält der Controller eine bedeutende Rolle im Unternehmen. Im Gegenzug werden klare Anforderungen an ihn gestellt: Controller müssen über gute Geschäftskenntnisse verfügen, um den angesprochenen Aufgaben, insbesondere des kritischen Counterparts beziehungsweise des Moderators, glaubhaft gerecht zu werden. Auch muss sich der Controller seines Einflusses und seiner Verantwortung während des Planungsprozesses bewusst sein: Weder ein überzogenes Kritikverhalten noch ein zu unkritisches Mitarbeiten an den Planinhalten, die durch Manager und Verantwortliche erstellt wurden, können letztendlich zu einer erfolgreichen Planung führen (vergleiche Weber/Schäffer 2008, S. 291 f.).

Operative Planung mit erheblichem Ressourcenbedarf

Ein bedeutender Teil der Personalressourcen wird durch die Aktivitäten in der jährlichen Planungsphase gebunden – nicht nur in der Unternehmenszentrale. Die Frage nach der genauen Quantifizierung des Aufwands ist demnach von besonderem Interesse.

Eine Umfrage der Hackett-Group aus dem Jahr 2005 zeigt, dass der Zeitbedarf großer (europäischer) Unternehmen für die gesamte jährliche Kurz- und Mittelfristplanung bei durchschnittlich 7 Monaten liegt. Das Zeitfenster für die operative Planung alleine liegt dabei im Durchschnitt bei 4 Monaten, wobei 36% der befragten Unternehmen nur maximal 3 Monate und 37% länger als 4 Monate benötigen (vergleiche Hackett-Group 2005).

Horváth & Partners weisen 2006 ebenfalls eine durchschnittliche Dauer von rund 4 Monaten für die operative Planung aus (vergleiche Leyk et al. 2006) und stellen ferner fest, dass sogar 75% bis 95% der gesamten Planungszeit auf die operative Planung verwendet wird (vergleiche Kopp/Leyk 2004, S. 4 f.). Schließlich ergab das WHU-Controllerpanel 2008, dass der Zeitbedarf für die Budgetierung mit der Größe des Unternehmens deutlich zunimmt (vergleiche Weber 2008a, S. 39). Die operative Planung bindet somit ganz erheblich die Ressource Personal im Unternehmen – die Ausgestaltung der Budgetierung ist damit ein wesentlicher Kostentreiber.

Warum Planung und vor allem Budgetierung so zeitintensiv sind, lässt sich auf drei Aspekte zurückführen. Zum einen ist die Budgetierung traditionell durch einen hohen Detaillierungsgrad gekennzeichnet. Einzelne Kostenstellen werden bis auf Sachkontenebene differenziert abgestimmt und ausgeplant. Im Einzelfall wird dieses Ausplanungsverfahren auf unterster Ebene sogar mehrmals durchlaufen. So können als zweiter Grund für den hohen Aufwand der Budgetierung die wiederholten Planungsaktivitäten gesehen werden. Die durchschnittliche Anzahl von Planungsrunden bis zur endgültigen Planverabschiedung wird in Studien mit 2,8 bis 3,9 angegeben (vergleiche Pricewaterhouse-Coopers 2006; Hackett-Group 2005). Schließlich führt jeder dieser Prozesse der Budgetfestlegung zu intensiven Verhandlungen zwischen zwei oder mehr Parteien. Auch wenn der Controller hier moderierend Einfluss nimmt, haben diese Aushandlungsprozesse zwischen den Verantwortlichen einen erheblichen Zeitbedarf (vergleiche Rickards 2008).

Operative Planung mit geringer Zufriedenheit

Seit Jahrzehnten ist die Planung und insbesondere die Budgetierung als wesentliches Element der Führung etabliert und stellt den »Dreh- und Angelpunkt« vieler Führungssysteme dar (vergleiche Greiner 2006, S. 12). Dennoch ist die operative Planung seit vielen Jahren einer »Dauerkritik« ausgesetzt (vergleiche Gleich et al. 2006, S. 5) und hat es nicht geschafft, Controller und Manager von ihrer uneingeschränkten Eignung zu überzeugen.

Gründe für eine geringe Zufriedenheit sind vor allem der erhebliche Aufwand durch die bereits geschilderte Bindung von Personal- und Sachressourcen, aber auch die erzeugte Komplexität durch die hohe Detaillierung der Budgetierung. Zudem wird angemerkt, dass die Budgetierung zu wenig mit strategischen Zielen verknüpft und zu wenig am Markt orientiert sei, dass sie zu sehr auf finanzielle Zielgrößen ausgerichtet und grundsätzlich zu inflexibel sei (vergleiche Weber/Schäffer 2008, S. 283). So verwundert es nicht, dass eine Studie von PricewaterhouseCoopers (2006) zeigt, dass lediglich 14% der befragten deutschen Unternehmen mit allen Gestaltungsdimensionen der Budgetierung zufrieden sind.

Häufig äußerten Unternehmensvertreter die Meinung, dass teilweise eine deutliche Unzufriedenheit vorherrscht (dieses und die nachfolgenden Zitate stammen aus den verschiedenen Interviews unserer Befragung):

»Die Manager in den dezentralen Einheiten sind eher unzufrieden – und so hundertprozentig zufrieden ist unser Konzernvorstand auch nicht«

Die konzeptionelle Gestaltung des Budgetierungsprozesses kann dabei als ein Aufwandstreiber gesehen werden:

»Das Frustrationsniveau ist hoch, weil die Bereiche zunächst mal zwei, drei Monate ein bestimmtes Niveau ausplanen. […] – der Anspruchsgrad des Konzerns ist klar. Aber im Sinne von Entscheidungstheorie […] ist jeder der Auffassung: ›Reicht ja, wenn mein Nachbar die Ziele holt. Vielleicht geht es bei mir nur mit einem normalen Maß voran.‹ Was dazu führt, dass jeder Normalmaß fährt. Und anschließend sind alle unzufrieden, dass dann der gesamte Konzern, wie so bei der Wasserstandsanzeige, in toto nach oben gefahren wird. Und das ist dann schließlich mit unheimlich viel Detailarbeit in den Bereichen verbunden. Das führt zu einer sehr großen Ressourcenbeanspruchung.«

Ebenso sind Verantwortliche mit dem Detailgrad der Budgetierung, der sich im Unternehmen über die Jahre entwickelt hat, nicht zufrieden:

»Nur einmal ein Beispiel: Im Land gibt es das Ganze in wirklichen Orgien, […] die planen nachher in 375.000 Plankonstruktionen, was absurd ist und was von uns nicht erwünscht ist. […] Das führt zum größten Aufwand und auch zur größten Verärgerung bei uns im Planungsprozess.«

Schließlich werden nicht nur Ressourcenbindung oder Detailgrad als Inputfaktoren der operativen Planung, sondern auch das Ergebnis der Budgetierung selbst kritisch kommentiert:

»Die Zielvorstellung der Geschäftsführung und die Bottom-up ermittelten Werte liegen einfach zu weit auseinander.«

Dennoch herrscht in den Unternehmen die Meinung vor, dass bei aller bestehenden Kritik und vielen offenen Fragen zur aktuellen Ausgestaltung der Budgetierung keine Alternative besteht:

»Wenn man in den Konzern hinein hört, dann hört man die Statements: ›Warum planen wir überhaupt? Macht das überhaupt Sinn? Warum so detailliert?‹ Aber wenn man das hinterfragt und sich mit den Kollegen zusammensetzt und fragt: ›Könnt ihr denn wirklich auf die Planung verzichten?‹ − gerade mit dem Controlling, mit dem Management – dann kommt eigentlich immer heraus, das braucht man schon, um richtig zu steuern.«

Ohne Planung und Budgets wird auch zukünftig bei den meisten Unternehmen eine effektive Unternehmenssteuerung nicht möglich sein. Die Mehrheit der Unternehmen wird also auch in Zukunft eine (wie auch immer geartete) Form von Planung verwenden.

Steigender Veränderungsdruck

Mit Blick auf das Umfeld von Unternehmen lassen sich deutliche Veränderungen in den letzten Jahren feststellen. Dass davon auch die operative Planung nicht unbeeinflusst bleibt, liegt auf der Hand. So ist der Einfluss der Kapitalmärkte in den letzten Jahren zunehmend stärker geworden. Auch für deutsche Unternehmen gilt mittlerweile, dass der Finanzmarkt detaillierte und zuverlässige Prognosen erwartet (vergleiche Hoefle et al. 2008). Dazu bemerkt ein Verantwortlicher im Unternehmen:

»Es ist sicherlich so, dass wir keine wirtschaftlichen Entscheidungen treffen sollten, um Quartalszahlen oder um gute Quartalsergebnisse zu erzielen. Nur, wir müssen mit der Realität leben, wir sind nun mal kapitalmarktgetrieben. Wir buhlen um das Geld von Investoren und sind da irgendwie Sklave der Analysten.«

Ein Controllingleiter eines anderen Unternehmens äußert sich ähnlich:

»Also Budgetierung wird sehr stark durch die Kapitalmarktorientierung geprägt … und auf der Konzernebene gibt es schließlich ein Ziel, das sich ganz klar auch am Kapitalmarkt ausrichtet.«

»Je stärker wir kapitalmarktgetrieben sind, desto stärker geht es eigentlich darum, im Vorfeld eine Erwartungshaltung vom Kapitalmarkt aufzugreifen und daraus die Ambition abzuleiten und sich gegenseitig auch zu bedingen. Und dann geht es eigentlich letzten Endes nur darum, sicherzustellen, dass jeder weiß, was er machen muss, um das Ziel zu erreichen.«

Deutlich dynamischere Wettbewerbsspielregeln nennen Controller und Manager der von uns befragten Unternehmen als eine weitere wesentliche zukünftige Veränderung in ihrem Umfeld. Die Vorhersehbarkeit hat sich durch die Globalisierung und die Technologiedynamik weiter vermindert. Damit nimmt die Herausforderung für die Unternehmen und ihre Controller zu, die Planung besser und individueller an die jeweiligen Veränderungen des Geschäfts anzupassen.

Für die Budgetierung bedeutet dies, auf Veränderungen schnell und flexibel zu reagieren. Brüche in der Marktentwicklung oder Verhaltensänderungen der Wettbewerber sind frühzeitig zu antizipieren. Ebenso sind der Nutzen aus neuen Technologien beziehungsweise Prozessen oder auch volkswirtschaftliche Veränderungen wie Währungskrisen rechtzeitig im Planungsprozess zu berücksichtigen (vergleiche Hoefle et al. 2008). In der momentanen Finanzkrise agieren Controller tatsächlich dynamisch und sind damit beschäftigt, die Planung zu aktualisieren, ganz neue Szenarien für das nächste Jahr zu entwickeln oder konkrete Cost-Saving- oder Cost-Cutting-Projekte zu planen (vergleiche Weber 2008c).

Schließlich sieht sich auch das Management der von uns befragten Unternehmen in den letzten Jahren mit einer gänzlich veränderten Verantwortungssituation konfrontiert. Anforderungen an Prozesssicherheit, Prognose oder Risikoberichterstattung in Form einer »Corporate Governance« haben einen deutlichen Einfluss darauf, wie die Budgetierung im Unternehmen nun ausgerichtet wird. Gut nachvollziehbar wird dies durch die Aussage eines Controllingleiters:

»Sie können ja als Vorstand nicht sagen, im Prinzip ist da zwar irgendwas dezentral geschehen […], sondern der Vorstand muss sich hier der Frage stellen, was habt Ihr getan, damit ein Vorfall eben nicht entsteht. Und deswegen wird meines Erachtens nicht nur bei uns, sondern generell eine ganz klare Tendenz entstehen, Dinge in stärkerem Maße zu zentralisieren, Prozesse zentral zu steuern.«

»Was Sie in den ganzen Compliance- und Governance-Diskussionen sehen, ist, dass die Zentrale auch immer stärker für das in Verantwortung genommen wird, was dezentral geschieht. Also wird es auch ganz natürlich eine Bewegung geben, wenn ich dafür verantwortlich bin, wenn ich dafür persönlich hafte, im Extremfall, muss ich auch möglichst viel Durchgriff darauf haben. Ich muss stärker als in der Vergangenheit sicherstellen, dass das was ich will, auch wirklich geschieht […]. Sie müssen sagen, ich habe Prozesse ›in place‹, die zumindest bestmöglich sicherstellen, dass das gewünschte Ergebnis erreicht wird.«

Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass nicht nur die oftmals geäußerte Unzufriedenheit mit dem Budgetierungsprozess, sondern auch die deutlich veränderten Rahmenbedingungen zu einem Veränderungsdruck auf die operative Planung führen. Die Unternehmensführung stellt mittlerweile höhere Anforderungen an die Prognosegenauigkeit, die Flexibilität, die Steuerungsrelevanz sowie die Sicherheit der Planungsabläufe. Jedes Unternehmen muss dabei für seinen eigenen Kontext die richtige Lösung – von den Eckpunkten bis zur Prozessausgestaltung im Detail – (immer wieder neu) finden.

3

Planungsfunktionen – die übergeordneten Ziele der Planung

Funktionsüberblick

Wie im vorangegangenen Kapitel bereits gezeigt, besitzt die Budgetierung für die Unternehmen einen herausragenden Stellenwert. Dieser äußert sich unter anderem in der hohen inhaltlichen Bedeutung der Budgetierung. Mit der Budgetierung können die Funktionen Koordination, Motivation und Prognose erreicht werden. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Existenz des Unternehmens (vergleiche Abbildung 3).

Abbildung 3: Funktionen der Budgetierung

Die bewusste Auseinandersetzung mit diesen drei Funktionen ist aus zwei Gründen wesentlich. Erstens hängt von der Auswahl einer Funktion oder der Kombination mehrerer Funktionen die Ausgestaltung weiterer Bestandteile des Budgetierungsprozesses ab. Zum Zweiten können je nach Kombination Konflikte zwischen den Funktionen drohen. Stellt man sich den Budgetierungsprozess als Haus vor, so bilden diese Funktionen das Dach als übergeordneten Zweck und Ziel der Budgetierung. Dieses Dach ruht auf den Säulen Planungsrichtung, Steuerungstiefe sowie Anreizsysteme und Kultur und wird durch diese gestützt (vergleiche Abbildung 4).

Abbildung 4: Das »Haus« der Budgetierung mit Fokus auf ihre Funktionen

Wir wollen im Folgenden ausgehend vom Dach über die Säulen schrittweise alle relevanten Aspekte der Budgetierung skizzieren und Ihnen abschließend konkrete Handlungsempfehlungen geben, mit denen Sie das Haus für Ihr Unternehmen so gestalten können, dass Sie sich darin »wohlfühlen«. Insofern werden in den kommenden Abschnitten zunächst die Budgetierungsfunktionen Koordination, Prognose und Motivation vorgestellt.

Die Koordinationsfunktion

Die erste wesentliche Funktion der Budgetierung stellt die Koordinationsfunktion dar. Eine Übertragung und Fixierung von Kosten- und Leistungsbeziehungen in Budgets soll sicherstellen, dass die Aktivitäten der Funktionalbereiche und Unternehmenseinheiten aufeinander abgestimmt sind. Die Zielerreichung der Koordinationsfunktion ist dann besonders hoch, wenn die Allokation der dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Ressourcen (Investitionsmittel et cetera) möglichst optimal ist und zudem keine Über- oder Unterauslastungen der Teilbereiche entstehen. Die Koordinationsfunktion muss also beispielsweise die Produktions- mit der Absatzplanung in einer Weise abstimmen, dass Fehlmengen oder Überproduktionen minimiert werden.

Eine derartige Koordination optimiert die Zusammenarbeit und operationalisiert die Gesamtziele der Unternehmung innerhalb der Teilbereiche. Doch ist die Budgetierung nicht nur auf die Koordination von Einzelbereichen innerhalb des Unternehmens beschränkt. Sie leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Prognose zukünftiger Entwicklungen.

Die Prognosefunktion

Die Prognosefunktion der Budgetierung trägt wesentlich dazu bei, zukünftige Entwicklungen durch Antizipation in Form eines Jahresbudgets zu prognostizieren. Dabei ist die Zielerreichung dieser Funktion besonders hoch, wenn die Planwerte aus dem Budget mit den Istwerten am Ende des Geschäftsjahres übereinstimmen.

Die Prognose dient somit auch als »Orientierungsfunktion« für die Unternehmensleitung und unterstützt sie bei der Auswahl von Handlungsalternativen. Gleichzeitig richten sich Prognosen auch an externe Adressaten. So gewinnt der Kapitalmarkt bei Unternehmen aufgrund eines steigenden Finanzierungsbedarfs durch Eigenkapital zunehmend an Bedeutung, wodurch die Reportingpflichten, beispielsweise bei Quartalsberichten, steigen. Viele Unternehmen und auch der Kapitalmarkt sehen dabei eine Übererfüllung des Budgets als weniger problematisch (beziehungsweise als positiver) an als eine Untererfüllung. Wir werden im Folgenden noch einige Argumente beleuchten, warum eine solche Asymmetrie für Unternehmen durchaus negative Konsequenzen haben kann. Zunächst wird jedoch skizziert, wie diese Problematik mit der dritten Funktion der Budgetierung, der Motivationsfunktion, zusammenhängt.

Die Motivationsfunktion

Unter der Motivationsfunktion der Budgetierung wird allgemein die Möglichkeit verstanden, über Vorgaben von zu erreichenden Zielen für das laufende Geschäftsjahr das Verhalten der beteiligten Akteure (also aller beteiligten Mitarbeiter) zu beeinflussen. In einem Unternehmen ist es unerlässlich und von fundamentaler Bedeutung, auf die Motivationswirkung von Steuerungsinstrumenten zu achten. Im Kontext der Budgetierung ist die Zielerreichung dieser Funktion dann optimal, wenn die individuelle Leistung der Mitarbeiter durch eine Kombination geeigneter (finanzieller) Incentives mit anspruchsvollen Zielen (»stretch goals«) maximiert wird. Da sich Akteure in der unternehmerischen Realität jedoch nicht zwangsläufig konform zu den Unternehmenszielen verhalten, sondern möglicherweise ihren eigenen Nutzen (zum Beispiel im Sinne des Bonus durch Budgeterfüllung) auf Kosten des Gesamtunternehmens maximieren, besitzt diese Funktion ein großes Konfliktpotenzial.

Mögliche Funktionskonflikte

Die drei skizzierten Funktionen der Budgetierung stehen nicht in einem harmonischen Verhältnis zueinander. Wie bereits angedeutet, weist insbesondere die Motivationsfunktion ein hohes Konfliktpotenzial sowohl zur Koordinationsals auch zur Prognosefunktion auf (vergleiche Abbildung 5). Diese Spannungen mindern die Effizienz der Budgetierung und führen in der Praxis zu großer Unzufriedenheit in der Zeit-, Kostenwie auch der Qualitätsdimension (vergleiche hierzu beispielsweise die Studie von Herbert/Maras 2006).

Abbildung 5: Konfliktpotenziale zwischen den Funktionen der Budgetierung

(Quelle: in Anlehnung an Weber 2008b, S. 225)

Die auftretenden Konflikte sollen im Folgenden gemeinsam mit konkreten Handlungsempfehlungen zur Abschwächung beziehungsweise Behebung derselben diskutiert werden.

Konflikte zwischen Motivation und Prognose

Motivation und Prognose stehen bei der Budgetierung in einem Spannungsfeld: Es ist häufig zu beobachten, dass innerhalb von Unternehmen konservative Budgets aufgestellt werden, die Puffer auf Kosten- und Umsatzseite enthalten. Hintergrund und Motivation dieser Tätigkeit ist die Überlegung, dass durch diesen Puffer (oftmals auch als »Slack« bezeichnet) ein »Sicherheitspolster« eingebaut wird. Negative Plan-Ist-Abweichungen werden somit prinzipiell unwahrscheinlicher, weil man über Handlungsspielraum verfügt, gleichzeitig steigt in dieser Hinsicht die Prognosegenauigkeit. Denn damit können interne und externe Unsicherheiten und Schocks zu einem gewissen Grad abgefedert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Kapitalmarkt als Hauptadressat externer Prognosen asymmetrisch bezüglich der Nichterfüllung von Budgets verhält: Während eine Übererfüllung des Budgets eher positive Reaktionen hervorruft (und eine nichtantizipierte Übererfüllung zu steigenden Aktienkursen führen kann), wird eine nichtantizipierte Untererfüllung im Allgemeinen mit drastischen Kursverlusten abgestraft.

Obwohl eine Pufferbildung unter Berücksichtigung dieses Verhaltens rational und nachvollziehbar ist, ist diese aus motivationstheoretischer Sicht abzulehnen. Mit ambitionierten (das heißt pufferfreien und schwer zu erreichenden) Vorgaben soll dabei ja gerade sichergestellt werden, dass alle Mitarbeiter zu maximaler Leistung angereizt werden. Hoch gesteckte Ziele werden also in manchen Fällen zugunsten einer besseren Prognosefähigkeit geopfert, weil schwer zu erreichende Ziele mit höherer Unsicherheit behaftet und somit unerwünscht für die Prognosequalität sind. Gleiches gilt auch umgekehrt: Werden zu hohe monetäre Anreize gesetzt, drängen Verantwortliche aus dezentralen Einheiten möglicherweise auf stark konservative Pläne – und übertreffen diese dann enorm. So werden zwar bestehende Geschäftspotenziale ausgeschöpft, die Verlässlichkeit der Prognosen sinkt jedoch beträchtlich.

Konflikte zwischen Motivation und Koordination

Die Motivationsfunktion verursacht nicht nur Konflikte mit der Prognosefunktion, sondern steht auch mit der Koordinationsfunktion in einem gegensätzlichen Verhältnis: Während für eine effiziente Koordination möglichst realistische Annahmen bezüglich zukünftiger Entwicklungen unerlässlich sind, ist die Motivationswirkung von Zielen auf Mitarbeiter dann optimal, wenn diese ambitioniert und somit nicht zwangsläufig beziehungsweise nicht immer zu erreichen sind. Zu ambitionierte Vorgaben führen hingegen zu einer erschwerten Abstimmung zwischen Funktional- und Teilbereichen, da deren Koordination sehr umfangreich und zeitaufwändig ist, oder wie es ein Vertreter aus der Praxis pointiert formulierte: »Wenn Sie die Motivation überziehen, kann ihre Wirkung kippen – bei zu hohen ›stretch goals‹ fliegt Ihnen der Produktionsablauf um die Ohren«.

Als weitere bestehende Ursache für einen Konflikt zwischen Motivation und Koordination wird die Incentivierung auf Basis unterschiedlicher, unabgestimmter Ziele (beispielsweise Umsatz vs. Kosten) genannt. Konzentrieren sich die Akteure zu sehr auf ihre eigenen Ziele, stimmen sie sich nicht mehr genug mit anderen Bereichen ab und beeinträchtigen damit die Koordination.

Konflikte zwischen Prognose und Koordination

Das Zusammenspiel von Prognose- und Koordinationsfunktion weist ebenfalls Konfliktpotenzial auf, jedoch ist dieses in der Regel eher gering, teilweise auch so schwach ausgeprägt, dass es im unternehmerischen Alltag praktisch keine Auswirkungen besitzt. Die Gefahr besteht hierbei darin, dass die bereits erwähnten Puffer in den Prognosen zu einer Fehlkoordination aufgrund von Unterauslastungen führen. Je realistischer die Prognose jedoch durchgeführt wird, desto geringer wiegt dieses Problem. Ein weiterer möglicher Konflikt liegt in dem Zeitablauf der Budgetierung begründet. Eine sinnvolle Koordination von Unternehmenseinheiten benötigt jedoch Zeit, da für ein fundiertes Verständnis über Abhängigkeiten zwischen den Teileinheiten lokales Know-how eingebunden werden muss. Dies verlängert den Budgetierungsprozess tendenziell. Die Prognosegenauigkeit hängt jedoch maßgeblich davon ab, ob die Prognosen bereits früh (zum Beispiel im Juli) oder erst später (zum Beispiel im November) erstellt werden. Insofern ergibt sich auch hier ein Trade-off zwischen besserer Prognosegenauigkeit und Koordination.

Konfliktmanagement im »magischen Dreieck« der Budgetierungsfunktionen

Die vorangegangenen Ausführungen machen deutlich, dass eine simultane Erfüllung aller Budgetierungsfunktionen schwierig beziehungsweise unmöglich zu erreichen ist. Dieser Versuch gleicht vielmehr einer Bewegung innerhalb eines »magischen Dreiecks«: In einem solchen ist es zwar möglich, sich zwischen den Polen zu bewegen, nicht jedoch überall gleichzeitig zu sein.

Um eine solche Fehlgewichtung zu vermeiden, sollten Sie zunächst einmal aktiv reflektieren, welche Zwecke und Funktionen Sie in Ihrem Unternehmen mit der Budgetierung aktuell vorrangig verfolgen. Nicht in jedem Fall ist dabei die Verfolgung mehrerer Funktionen nachteilig. Es kann bei einzelnen Unternehmen je nach Historie und Unternehmenskultur vielmehr durchaus sinnvoll sein, alle drei Funktionen gleichzeitig anzustreben. In jedem Fall ist es aber erforderlich, ein Gespür dafür zu entwickeln, ob und welche Funktionskonflikte in Ihrer Budgetierung existieren und in welchem Ausmaß diese die Effizienz des Prozesses beeinträchtigen. Wie bereits skizziert, sind ernsthafte Probleme dabei umso häufiger zu erwarten, je stärker die Budgetierungsfunktionen in Ihrem Unternehmen gleichgewichtet sind (in der Mitte des Dreiecks ist man im wahrsten Sinne »stuck in the middle« und erfüllt keine der Funktionen richtig gut). Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass viele Unternehmen vor derartigen Herausforderungen stehen, da sie eine Gleichgewichtung der Budgetierungsfunktionen anstreben. Versuchen Sie daher in Ihrem Unternehmen ein Bewusstsein für das Spannungsfeld der Budgetierungsfunktionen zu schaffen.

Bei stark ausgeprägten Spannungen zwischen den Funktionen erweist sich häufig nur die Entkopplung einer Funktion aus dem Budgetierungsprozess als sinnvoll. Etablieren Sie beispielsweise einen Forecast, der von der Prognosefunktion entkoppelt ist und vollständig isoliert von der Budgetierung aufgestellt wird. Dabei ist zu beachten, dass dieser weder in direkter noch in indirekter Weise mit der Incentivierung, die ein Instrument der Motivationsfunktion darstellt, verknüpft sein darf, zum Beispiel darüber, dass der Forecast den Aufsatzpunkt für das Budget des nächsten Jahres darstellt, da dadurch die verzerrende Wirkung in den Forecast ausstrahlt. Diese strikte Trennung ist in der unternehmerischen Realität durchaus vorhanden und wird von Praktikern folgendermaßen kommentiert:

»Ein Budget ist immer nur das, was die Mitarbeiter machen sollen, und das mögen sie nicht. Ein Forecast jedoch zeigt, was die Mitarbeiter erreichen können. Das sind zwei Welten.«

Da die Motivationsfunktion in der Budgetierung das größte Konfliktpotenzial aufweist, wird in der Praxis häufig versucht, gerade diesen Aspekt mit anderen Mitteln zu erreichen. Wir werden in Kapitel 5 noch ausführlich auf verschiedene Arten von Anreizschemata und Incentivierung und weitere damit verbundene negative Konsequenzen zurückkommen.

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Planungsrichtung und Steuerungstiefe – die Umsetzung der Planungsfunktionen

Nachdem mit den drei bereits diskutierten Funktionen das Dach der Budgetierung vorgestellt wurde, sollen im Folgenden deren Fundamente diskutiert werden. Hier sind zunächst die Planungsrichtung und Steuerungstiefe zu nennen, die jeweils einen wichtigen Stellhebel im Budgetierungsprozess darstellen und den Steuerungsanspruch der Zentrale widerspiegeln (vergleiche Abbildung 6).

Abbildung 6: Das »Haus« der Budgetierung mit Fokus auf Planungsrichtung und Steuerungstiefe

Planungsrichtung als Ausdruck der Zielverbindlichkeit

Die Planungsrichtung kann anhand unterschiedlicher Kriterien bestimmt werden (beispielsweise der Einbindung der Ebenen, der zeitlichen Anordnung des Prozessablaufs, des technischen Meldewegs et cetera) und ist daher nicht immer eindeutig. Unseren Erfahrungen zufolge hat sich jedoch die Definition der Planungsrichtung anhand der Verbindlichkeit zentralseitiger Zielvorgaben am Planungsbeginn als besonders sinnvoll herausgestellt. Die Verbindlichkeit der Zielvorgaben bestimmt das Ausmaß der Freiheitsgrade für die dezentralen Einheiten in wesentlichen Planergebnissen und spiegelt die Härte des zentralseitigen Steuerungsanspruchs wider. Bei hoher Verbindlichkeit sind wesentliche Planergebnisse – außer in Ausnahmefällen – unabänderlich festgelegt.

Bei geringerer Verbindlichkeit bilden die Zielwerte der Zentrale zunehmend nur noch Orientierungspunkte, die im Prozess der Plan-Konkretisierung diskutiert und verhandelt werden können. Im Extremfall ist der Prozess durch Zielwerte ohne Verbindlichkeit beziehungsweise durch das Fehlen explizit vorgegebener Zielwerte gekennzeichnet. Die Zielwerte entwickeln sich in diesem Fall sukzessive im Planungsprozess und sind annähernd identisch mit den finalen Planwerten. Im Wesentlichen lassen sich dabei die drei generischen Typen »Top-down«, »Bottom-up« und »Gegenstromverfahren« unterscheiden (vergleiche hierzu Weber/Schäffer 2008).

Top-down-Planung

Die Top-down-Planung, auch als retrograde Planung bezeichnet, vollzieht ausgehend von der Unternehmensspitze (also der Geschäftsführung oder dem Vorstand) eine Ableitung von Budgetvorgaben durch die Hierarchie nach unten. Die von der Unternehmensleitung vorgegebenen Ergebnisse werden in den nachfolgenden Planungsstufen in Teilpläne heruntergebrochen, präzisiert und dienen wiederum als Vorgabe für nachfolgende Planungsebenen (vergleiche Abbildung 7). Wesentliches Kennzeichen von Top-down-Vorgaben ist die hohe Konsistenz von Teilplänen und Zielen des Gesamtunternehmens (definiert durch die Zentrale) und die dadurch mögliche fokussierte Ausrichtung. Mögliche Risiken liegen hingegen in der Gefahr unrealistischer zentralseitiger Zielvorgaben, welche dann durch die gesamte Organisation dekliniert werden, verbunden mit der Nebenwirkung einer verminderten Motivation in dezentralen Einheiten.

Abbildung 7: Schematische Darstellung der Top-down-Planung

Bottom-up-Planung

Die Bottom-up-Planung, auch als progressive Planung bezeichnet, stellt den Gegenpol zu Top-down dar und beginnt auf der untersten Planungsebene. Von dort ausgehend werden Teilpläne jeweils an die nächste übergeordnete Ebene weitergeleitet, wo sie auf ein höheres Niveau aggregiert werden (vergleiche Abbildung 8). Wesentliches Merkmal ist die hohe Einbindung von operativ Beteiligten, die aufgrund ihrer fundierten Marktkenntnis eine hohe Qualität der Pläne sicherstellen sollen. Ein hohes Risiko liegt bei der Bottom-up-Planung in ihrer geringen inhaltlichen Plausibilisierungs-/Steuerungsmöglichkeit sowie fehlenden Eingriffsmöglichkeiten der Zentrale (die im Wesentlichen als Koordinator dezentral gebildeter Ziel-/Planwerte fungiert), der Tendenz zu mangelnder Konsistenz der Einzelpläne sowie einem zeitintensiven Abstimmungs- und Überprüfungsprozess.

Abbildung 8: Schematische Darstellung der Bottom-up-Planung

Gegenstromverfahren

Die Planungsrichtung Gegenstrom versucht, die dargestellten Risiken durch eine Kombination der beiden anderen Verfahren zu reduzieren. Ein Rahmenplan mit begrenzten zentralseitigen Vorgaben dient als Basis der Ableitung und Ausplanung in den untergeordneten Organisationsebenen. Nach Abschluss werden je Hierarchieebene Machbarkeitsprüfungen der Vorgaben durchgeführt sowie Korrekturen vorgenommen (vergleiche Abbildung 9). Jedoch ergeben sich auch beim Gegenstromverfahren Risiken, die insbesondere in Verhandlungsmarathons und vielen Anpassungsrunden liegen können.

Abbildung 9: Schematische Darstellung des Gegenstromverfahrens

Steuerungstiefe als Ausdruck operativer Nähe

Die Steuerungstiefe steht in engem Verhältnis zur Planungsrichtung und setzt ebenfalls an den Zielvorgaben an. Während die Planungsrichtung die Verbindlichkeit des zentralseitigen Steuerungsanspruchs im Planungsprozess prägt, bestimmt die Steuerungstiefe ergänzend, wie tief dieser Steuerungsanspruch mit Blick auf Inhalt und Detaillierung reicht. Der Begriff der Steuerungstiefe steht insofern für den Grad der Absicht der Zentrale, Einblick und Eingriffsmöglichkeiten in die Geschäftstätigkeit der dezentralen Einheiten zu erhalten.

Als Ergebnis legt die Steuerungstiefe der Zentrale somit die Autonomie und Freiheitsgrade der dezentralen Einheiten in der weiteren Ausplanung von Zielvorgaben und der Wahl von Wegen zur Zielerreichung fest. Bei der Steuerungstiefe lassen sich die drei Varianten »Operative Steuerung«, »Strategische Steuerung« sowie »Strategische Steuerung mit operativen Eingriffen« unterscheiden.

Operative Steuerung

Die operative Steuerung ist durch eine große Anzahl von Zielvorgaben auf operativer Ebene und insgesamt eine hohe Detaillierung charakterisiert. Die Zentrale legt übergreifende Ziele fest, bricht diese herunter und definiert Umsetzungswege. Ein Beispiel für eine stark ausgeprägte Steuerungstiefe wäre, dass die Zentrale nicht nur Ziele für Gesamtumsatz und Gesamtergebnis eines Bereichs vorgibt, sondern außerdem Umsatz- und Ergebnisziele für einzelne Regionen des Bereichs definiert.

Strategische Steuerung

Die strategische Steuerung stellt den Gegenpol zu der operativen Steuerung dar und ist durch eine sehr geringe Anzahl von Zielvorgaben mit geringer bis mittlerer Detaillierung gekennzeichnet. Die Zentrale fokussiert sich hierbei auf die Gesamtsteuerung über »klassische« und nicht-operative beziehungsweise finanzielle Größen, welche in einem übergreifenden Zusammenhang zu den Zielsetzungen des Gesamtunternehmens stehen.

Strategische Steuerung mit operativen Eingriffen

Ähnlich wie das Gegenstromverfahren bei der Planungsrichtung ist die strategische Steuerung mit operativen Eingriffen die mittlere Variante der Steuerungstiefe. Diese ist gekennzeichnet durch eine mäßige Anzahl von Zielvorgaben mit niedrigem bis mittlerem Anteil operativer Größen und schwankender Detaillierung (zumeist im mittleren Bereich). Die Zentrale verfolgt grundsätzlich ein strategisches Steuerungsverständnis, greift aber selektiv in operative (Engpass-)Themen ein.

Kongruenz zwischen Planungsrichtung und Steuerungstiefe

Sowohl die Planungsrichtung als auch die Steuerungstiefe stellen zwei bedeutende Säulen der Budgetierung dar. Diese müssen jedoch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. In der Tat ist es nicht so, dass jede Planungsrichtung mit jeder Steuerungstiefe kombinierbar ist. Prinzipiell ist eine Top-down-Steuerung zwar mit jeder Steuerungstiefe kompatibel wie auch eine strategische Steuerung mit jeder Planungsrichtung funktioniert, jedoch wird eine operative Steuerung seitens der Zentrale mit steigender Einbindung der operativen Ebenen in den Zielvorgabeprozess zunehmend schwieriger, da nicht einerseits hoch detaillierte Vorgaben der Zentrale vorgegeben werden können und diese andererseits keine Verbindlichkeit besitzen und die operativen Einheiten eine neue Planung für sich erstellen.

Die folgende Matrix (vergleiche Abbildung 10) veranschaulicht problemlose Kombinationen, potenziell problembehaftete Kombinationen und zu vermeidende Kombinationen. Achten Sie daher darauf, dass sich diese beiden wichtigen Säulen der Budgetierung jederzeit »im grünen Bereich« befinden.

Abbildung 10: Planungsrichtung-Steuerungstiefe-Matrix

Einfluss der Planungsrichtung auf die Qualität der Budgetierung

Schematischer Budgetierungsprozess und Einbindung der Zentrale je Planungsrichtung

Die im vorangegangenen Kapitel vorgestellten Gestaltungsparameter haben Auswirkungen auf den weiteren Prozessverlauf. Um dies zu verdeutlichen, wird zunächst ein schematischer Budgetierungsprozess vorgestellt. Dieser unterteilt sich in die vier Teilschritte »Aufstellung der Prämissen und Ermittlung der Zielwerte«, »Ausplanung«, »Konsolidierung und Plausibilisierung« sowie »Verhandlung und Genehmigung«. Je nach Planungsrichtung ist die Zentrale in unterschiedlichem Maße bei der Ausführung dieser Schritte involviert (vergleiche Abbildung 11).

Abbildung 11: Schematischer Budgetierungsprozess und Einbindung der Zentrale

Aufstellung der Prämissen und Ermittlung der Zielwerte

Die Aufstellung der Prämissen und vor allem die Ermittlung der Zielwerte ist üblicherweise ein Prozessschritt, der maßgeblich durch die Zentrale vorangetrieben wird. Lediglich im Bottom-up-Planungsprozess werden die Zielwerte nicht durch die Zentrale gesetzt, sondern von den dezentralen Einheiten erarbeitet. Unter Prämissen werden allgemeingültige Rahmenvorgaben beziehungsweise Sachverhalte verstanden, die zentralseitig als wichtig erachtet werden. Beispiele hierfür sind Kosten für Rohstoffe, die auf dem internationalen Markt zu einheitlichen Konditionen eingekauft werden, oder Währungen im globalen (intra-company) Zahlungsverkehr. Die Prämissen sind meist für alle lokalen Einheiten identisch. Zielwerte hingegen sind zentralseitig für den Planungsprozess vorgegebene Werte, die am Ende des Planungsprozesses als Ergebnis festgeschrieben werden sollen; für jede zentrale Plangröße stellen sie daher ein Anspruchsniveau dar. Wenn im weiteren Planungsprozess keine Ziel-Plan-Abweichungen auftreten, stellen diese Eingaben auch gleichzeitig das Ergebnis des Planungsprozesses dar.

Ausplanung

Die Ausplanung stellt den zweiten Schritt im Budgetierungsprozess dar und umfasst jene Aktivitäten, die für die faktische Erstellung von Plänen und Budgets erforderlich sind. Somit stellt die Ausplanung den Kern des Planungsprozesses unter Berücksichtigung von Zielwerten und Prämissen des vorhergehenden Prozessschrittes dar. Die Beteiligung der Zentrale bei der Ausplanung variiert je nach Planungsrichtung erheblich, ist jedoch absolut betrachtet eher als gering einzustufen. Da zum Beispiel in einem Bottom-up-Prozess kaum verbindliche Zielwerte vorgegeben werden, ist der Einfluss der Zentrale auf die Ausplanung der dezentralen Einheiten gering. Im Gegenstromverfahren sind demgegenüber mehrere Abstimmungsrunden unter Einbindung der Zentrale nötig.

Konsolidierung und Plausibilisierung

Insbesondere bei stark dezentral organisierten Unternehmen und großen Unterschieden in den internen Leistungserstellungsprozessen sind die Budgets nach der Ausplanung noch nicht vollständig aufeinander abgestimmt und konsistent. Die Konsolidierung und Plausibilisierung dieser Budgets durch höher gelagerte Ebenen sind daher in einem weiteren Schritt erforderlich. Gleichzeitig kann hierbei auch ein Vergleich mit Budgetzahlen des Vorjahres sowie externen Benchmarks erfolgen. Sind im Prozess Ziel-Plan-Abweichungen zwischen der Zentrale und den dezentralen Einheiten aufgetreten, so hat die Zentrale nun die Möglichkeit, Feedback und Korrekturbedarfe an die dezentralen Einheiten weiterzugeben.

Verhandlung und Genehmigung

Der letzte Prozessschritt umfasst finale Abstimmungsrunden zwischen den beteiligten Einheiten. Hier können weitere Anpassungen erforderlich werden, die in der Phase der Konsolidierung und Plausibilisierung entweder als nicht notwendig erachtet oder nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten.

Fassen wir zusammen: Bei der Top-down-Planungsrichtung ist die Zentrale vor allem bei der Erstellung der Prämissen und Ermittlung der Zielwerte sowie der abschließenden Konsolidierung stark involviert. Bei der Planungsrichtung des Gegenstromsverfahrens lässt sich kein klarer Fokus ableiten – der Einsatz der Zentrale ist hier kontinuierlich hoch. Bei der Bottom-up-Planungsrichtung hingegen nimmt mit dem Verlauf des jährlichen Planungsprozesses die Arbeitsintensität in der Zentrale zu, da sie vor allem mit der Ermittlung von Zielwerten weit weniger stark beschäftigt ist als bei den anderen Planungsrichtungen.

Zeiteffizienz und Planungsrichtung

Für eine zeiteffiziente Budgetierung ist die Ausplanung von besonders großer Bedeutung, da diese in hohem Maße durch die Planungsrichtung gestaltbar ist und sich der Aufwand bei den verbleidenden Prozessschritten je Planungsrichtungen kaum unterscheidet. Für die Ausplanung gilt prinzipiell: Je größer die Top-down-Orientierung, desto geringer fällt der Zeitbedarf des Planungsprozesses aus.

Ein Grund dafür ist, dass bei dieser Planungsrichtung durch die strikte Vorgabe von Budgetzielen für die untergeordneten Hierarchieebenen ein klarer Rahmen vorgegeben wird. Dadurch müssen die beteiligten Einheiten nicht mehr erarbeiten, wie hoch das Budget im kommenden Geschäftsjahr ausfallen wird, sondern nur noch, wie sie zu den bereits vorgegebenen Werten gelangen wollen. Infolgedessen reduzieren sich im weiteren Prozessablauf auch Abstimmungsrunden und Verhandlung auf ein Minimum und somit auch der Zeitbedarf. Bezogen auf den Vergleich der drei Planungsalternativen lässt sich anfügen, dass in sehr großen Unternehmen mit vielen Hierarchiestufen unseren Erfahrungen nach das Gegenstromverfahren noch ineffizienter sein kann als ein Bottom-up-Prozess.

Die hohe Anzahl von Hierarchieebenen ist dafür verantwortlich, dass Ziele in einer Vielzahl von Abstimmungsrunden so lange kaskadiert werden, bis ein Konsens erzielt wurde. Der Aufwand (und gegebenenfalls Frust) während der mehrfachen Aus- und Neuplanung auf den untersten Ebenen wächst erheblich, wenn die auf unteren Hierarchieebenen ermittelten Werte durch höhere Instanzen nicht akzeptiert und überschrieben werden.

Neben den hohen personellen Ressourcen, die ein zeitintensiver Budgetierungsprozess im Allgemeinen bindet, ist oftmals auch das Ergebnis aufgrund mangelnder Aktualität unbefriedigend. Der Faktor Zeit besitzt somit eine unmittelbare Wirkung auf die Qualität der Budgets.

Budgetabweichungen je Planungsrichtung

Die Treffgenauigkeit der Planung am Ende des Geschäftsjahres stellt ein weiteres zentrales Qualitätsmerkmal des Budgetierungsprozesses dar, insbesondere für die Erfüllung der Planungsfunktionen Koordination und Prognose. Bei den Budgetabweichungen, die zu einer verminderten Treffgenauigkeit führen können, ist zwischen Ziel-Plan-Abweichungen und Plan-Ist-Abweichungen zu unterscheiden. Ziel-Plan-Abweichungen entstehen aus Differenzen zwischen den ex ante formulierten Zielen der Zentrale und den ausgeplanten Budgets der beteiligten Teileinheiten. Plan-Ist-Abweichungen ergeben sich aus der Differenz zwischen den in der Budgetierung verabschiedeten Werten und den Realisationen am Ende des Geschäftsjahres. Die Planungsrichtung im Unternehmen besitzt auch auf diese Faktoren einen maßgeblichen Einfluss. Diese werden im Folgenden knapp dargestellt und um generelle Ansatzpunkte zur Reduktion von Abweichungen ergänzt.

Ziel-Plan-Abweichungen

Ziel-Plan-Abweichungen sind insbesondere bei Unternehmen mit Gegenstromverfahren problematisch: Durch die Tatsache, dass weder die Vorgaben der Zentrale noch die Planungen der Teileinheiten komplett übernommen werden, ergibt sich fast zwangsläufig eine Tendenz zu einem »Planungsabrieb« der ursprünglichen Ziele während der Verhandlungsrunden. Im Gegensatz hierzu gilt für die Planungsrichtung Top-down, dass die Ziele durch ihren hohen Verbindlichkeitsgrad einen deutlich geringeren Spielraum für Anpassungen in Verhandlungen erlauben, die Ziel-Plan-Abweichungen daher minimal werden. Für die Planungsrichtung Bottom-up gilt, dass durch fehlende Vorgaben seitens der Zentrale die Planungen der beteiligten Einheiten nahezu identisch mit den finalen Plänen sind. Jedoch werden die geringen Ziel-Plan-Abweichungen bei dieser Planungsrichtung in besonderem Maße mit den bereits diskutierten »Nebenwirkungen« dysfunktionalen Verhaltens wie Slack-Bildung erkauft, da ein regulierender Kontrollmechanismus seitens der Zentrale fehlt.

Plan-Ist-Abweichungen

Bei Plan-Ist-Abweichungen ist grundsätzlich zwischen zwei Formen von Abweichungen zu unterscheiden: Zunächst existieren solche Abweichungen, die während des Budgetierungsprozesses, also vor dem laufenden Geschäftsjahr nicht antizipierbar waren, zum Beispiel durch externe unvorhergesehene Veränderungen von Rohstoffpreisen und Marktsituationen oder interne Restrukturierungen und Portfolioeffekte. Diese treten unabhängig von der Wahl einer bestimmten Planungsrichtung auf und sind nicht beeinflussbar. Andererseits gibt es auch solche Abweichungen, die aufgrund eines anderen Prozessdesigns hätten verhindert werden können. Diese werden im Folgenden diskutiert.

Prozessbedingte Gefahren von Plan-Ist-Abweichungen sind vor allem bei den Planungsrichtungen Bottom-up und Top-down relevant. Bei Bottom-up-Prozessen treten Abweichungen häufig deshalb auf, weil die Budgetverantwortlichen durch die Verknüpfung ihrer monetären Incentivierung mit den Budgets (extrem) pessimistische Prognosen abgeben, um am Jahresende ein besseres Ergebnis erzielt zu haben als prognostiziert, oder, wie es ein Praktiker zusammenfasste:

»Am Anfang des Jahres haben alle die schwarzen Brillen auf. Diese hellen sich im Laufe des Jahres dann mehr und mehr auf«.

Bei Top-down besteht die Gefahr, dass die Zentrale unabhängig von dem dezentralen Know-how der beteiligten Einheiten und somit abgekoppelt von den Marktentwicklungen an der Basis unrealistische Ziele festlegt, die nicht eingehalten werden können. Für beide Probleme bietet das Gegenstromverfahren eine Lösung an, weil im Vergleich zu Bottom-up ein Kontrollmechanismus vorliegt, um zu pessimistische Planungen abfangen zu können, und im Vergleich zu Top-down die Möglichkeit besteht, stärker dezentrales Know-how in die Planerstellung einzubeziehen und diese somit realistischer zu gestalten.

Generelle Ansatzpunkte zur Reduzierung von Abweichungen

Wir möchten Ihnen nun drei Ansätze vorstellen, mit denen Sie Ziel-Plan-Abweichungen und Plan-Ist-Abweichungen reduzieren können. Diese umfassen die operative Nähe der Zentrale, ein Bündel aus proaktiven Gegenmaßnahmen sowie die genaue Kenntnis der Incentivierungswirkung. Letztere ist dabei so komplex und wichtig, dass sie Grundlage eines eigenen Kapitels bildet (Kapitel 5). Die aufgeführten Ansatzpunkte verstehen sich in ihrer Auflistung als Eskalationsstufen (Abbildung 12). Dies bedeutet, dass bei ausbleibendem Erfolg der vorangegangenen Maßnahme die nächsthöhere eingesetzt werden kann: Eine große operative Nähe der Zentrale reicht in der Regel aus, um realistische Budgetvorgaben und eine effektive Kontrolle zu gewährleisten. Sollte dies nicht der Fall sein, sind proaktive Gegenmaßnahmen notwendig, um die Zentrale in die Position zu versetzen, stärkeren Einfluss auf Details zu nehmen (was natürlich voraussetzt, dass diese Details inhaltlich durchdrungen wurden). Sollte diese Maßnahme ebenfalls nicht zum gewünschten Erfolg führen, ist über eine grundsätzliche Neuausrichtung der Incentivierungsfunktion nachzudenken, die für einen Großteil des dysfunktionalen Verhaltens im Unternehmen verantwortlich ist – natürlich kann es unternehmensindividuell aber auch durchaus sinnvoll sein, eine andere Reihenfolge zu wählen.

Abbildung 12: Maßnahmen zur Reduktion von Budgetabweichungen

Operative Nähe der Zentrale

Eine große operative Nähe der Zentrale ist der erste Schritt zum Management von Budgetabweichungen. Durch ein gesteigertes Wissen über die operative Geschäftstätigkeit der Teileinheiten ist die Zentrale in der Lage, realistische Zielwerte vorzugeben. Zudem kann sie auch auf einer informellen Basis vermitteln, dass sie ein kompetenter Diskussionspartner ist.

Gleichzeitig erhöhen realistische Zielvorgaben durch die Zentrale auch deren Akzeptanz in den Teileinheiten, die ihrerseits damit rechnen müssen, dass Puffer in den Budgets erkannt werden. Die Zentrale kann die vorgelegten Pläne der Teileinheiten angemessen prüfen und das Verhalten der dezentralen Akteure einschätzen und bewerten. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Sie in Ihrer Zentrale ein hinreichendes Verständnis der operativen Prozesse entwickeln.

Proaktive Gegenmaßnahmen

Ist eine große operative Nähe in der Zentrale nicht ausreichend, um Abweichungen auf ein akzeptables Maß zu reduzieren, sind proaktive Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Verwenden Sie in Ihrem Unternehmen ein Gegenstromverfahren, so verschafft eine deutlichere und verbindliche Kommunikation von Zielvorgaben zunächst eine bessere Ausgangsbasis für Diskussionen. Hierdurch werden die Zielvorgaben der Zentrale zunächst zum Maßstab und »Anker« für weitere Verhandlungen und führen zu einer aktiveren Rolle der Zentrale.

Die Beweislast, dass Budgetvorgaben nicht einhaltbar sind, wird zugunsten der Zentrale umgedreht: Jetzt müssen die Teileinheiten argumentieren, warum Ziele nicht erreichbar sind beziehungsweise am Ende des Geschäftsjahres Abweichungen aufgetreten sind. Ein aktives Hinterfragen der Budgets der Teileinheiten führt mittelfristig zu einem kontinuierlichen Dialog, verbunden mit der direkten Aufdeckung unrealistischer Planwerte und nicht- oder überambitionierter Ansätze sowie der Information über mögliche Folgen nachhaltig abweichender Planwerte.