Orpheus in der Unterwelt - Niklas Widbjörn - E-Book

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Niklas Widbjörn

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Beschreibung

Orpheus, der Liebling der Götter mit der wunderbaren Stimme, steigt in die Unterwelt hinab, um seine geliebte Eurydice aus dem Reich der Toten zurück ins Leben zu holen.... 

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Niklas Widbjörn

Orpheus in der Unterwelt

Teil 1: O Chrónos pernáei ...

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

O Chrónos pernáei ...

Es heißt immer, die Zeit wäre wie ein Strom und wir treiben in ihm.

Doch das gilt nur für die Menschen, denen wir begegnen. Wir sehen wie alle, die an uns vorbeitreiben, einen kurzen Moment oder länger unser Blickfeld streifen. Sie wachsen und blühen wie Flieder, der im Frühling verblüht, wenn der Sommer noch nicht ganz da ist. Sie begegnen uns für eine kurze oder lange Zeit und wir schicken ihnen sentimentale Gedanken nach und beneiden sie im stillen, weil wir uns für einen kurzen Moment so lebendig gefühlt haben bei ihrem Anblick. Wir sitzen in den Vorzimmern ihrer Seele und baumeln mit den Beinen.

Und während wir die anderen an uns vorbeiziehen sehen, nehmen wir uns selbst Felsen wahr. Ein Fels, der stark und massiv im Strom liegt, um den die Zeit herum fließt und dem sie nichts anhaben kann. Für uns selbst bewegen sich nur die anderen. Sie treiben vorbei, begegnen uns flüchtig, wachsen heran, blühen auf, vergehen und erlöschen. Wir selber glauben von uns, dass wir uns gegen die Zeit stemmen und bleiben, wer wir sind, bis wir am Ende unser Spiegelbild im Wasser sehen und uns wundern, wie unser Haar so grau und unsere Augen so müde geworden sind. Der Strom der Zeit schleift uns ab, bis aus dem Fels, der wir glaubten zu sein, Sandkörner werden, die an fremde Ufer seltsamer Länder gespült werden. Wir werden zu einem Strand, an dem sehnsüchtige Menschen aufs Meer schauen und hoffen, im Schreien der Möwen eine Bedeutung zu finden.

Wir hoffen, dass das Meer uns bemerkt, wenn es unsere Füße umspült. Dass wir Teil einer Geschichte sind. Dass unser Leben eine Bedeutung hat. Doch die Fußspuren, die wir im Sand hinterlassen, werden von der nächsten Welle fortgewaschen und verschwinden im tiefen Blau der Ozeane, wo Wale nach verborgenen Schätzen in die stillen, tiefen Gründe dunklen Wassers tauchen. Das Meer bemerkt uns nicht. Vielleicht glaubt es selbst, dass es unsterblich ist. Bis es am Ende aller Zeiten still verdampft, wenn selbst die Sonne stirbt.

Wir alle glauben, wir haben unendlich viel Zeit. Eine niemals endende Spanne an Dasein und ewige Jugend. Und während wir im Herbst, wenn der Rauhreif die Heide in einen stillen Kristallgarten verwandelt, die Gänse beobachten, wie sie vor dem Winter in einen ewigen Frühling entfliehen, dann ertappen wir uns dabei, wie wir unsere Sehnsucht nach irgendetwas Mehr mit auf ihre Reise schicken. Insgeheim beneiden wir die Getriebenen, die an fremden Orten nach Glück und Erfüllung suchen, während wir träge und schwer daliegen und uns vom Leben umspülen lassen. Wir stehen da, schauen ihnen nach und werden älter und älter.

Wir denken, die Zeit kann uns nichts anhaben und die, die sich bewegen, sind die einzigen, die wirklich leben. Doch vielleicht empfinden sie selbst sich ja auch als Felsen im Fluss der Zeit und beneiden insgeheim uns, wie wir sie.

Doch was ist mit den Sehnsüchtigen und Verlassenen? Den Gebrochenen und Wehmütigen? Mit denen, deren Herzen von Sehnsucht und Bedauern erfüllt sind? Denen, die das Gefühl haben, etwas, das sie einen Moment auf ihrer Reise durchs Leben begleitet hat, verloren zu haben? Was ist mit den Suchenden, die jeden Tag und jede Stunde, in der sie die Leere in ihren Herzen und Seelen nicht füllen können, merken, wie ihnen die Zeit davonläuft? Sie stemmen sich gegen den Mahlstrom des Vergehens und Vergessens, werden darin aufgerieben und zermahlen und verbringen alle Zeit, die ihnen bleibt mit einer Suche von der sie nicht wissen, ob sie jemals endet.

Die Zeit vergeht ... und was bleibt?