Ostermorde im Hasenkostüm: Die Spur des Serienkillers - Elias Hartmann - E-Book

Ostermorde im Hasenkostüm: Die Spur des Serienkillers E-Book

Elias Hartmann

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Beschreibung

Stell dir vor, du lebst in einer Stadt, die jedes Jahr zu Ostern in Angst und Schrecken versetzt wird. Ein Serienmörder, der ein verstörendes Hasenkostüm trägt, sucht fünf Menschen als Opfer – Jahr für Jahr, scheinbar willkürlich, aber doch nach einem grausamen Plan. Die Polizei ist ratlos, und die Ermittlerin Lena Müller steht vor ihrem schwierigsten Fall: Sie muss nicht nur die Morde aufklären, sondern auch die Wahrheit über ein verstörendes Netzwerk ans Licht bringen, das weit über das hinausgeht, was sie sich jemals vorgestellt hätte. Während Lena und ihr Team immer tiefer in die dunklen Geheimnisse der Stadt eindringen, enthüllt sich die komplexe Vergangenheit des Täters. Traumatische Erlebnisse in seiner Kindheit und ein manipulativer Einfluss machen aus ihm eine ebenso tragische wie gefährliche Figur. Doch je näher Lena dem Mörder kommt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse. Ist der Täter wirklich allein verantwortlich, oder steckt ein größeres System dahinter? In einem spannenden Katz-und-Maus-Spiel, das sie an die Grenzen ihrer Fähigkeiten bringt, wird Lena vor Entscheidungen gestellt, die nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Moral auf die Probe stellen. Als die Wahrheit ans Licht kommt, bleibt ein letztes Rätsel ungelöst – und die Frage, ob der Horror wirklich zu Ende ist. Ein packender Thriller voller Spannung, psychologischer Tiefe und unerwarteter Wendungen, der die Leser bis zur letzten Seite in Atem hält.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Vorwort

Stell dir vor, du lebst in einer Stadt, die jedes Jahr zu Ostern in Angst und Schrecken versetzt wird. Ein Serienmörder, der ein verstörendes Hasenkostüm trägt, sucht fünf Menschen als Opfer – Jahr für Jahr, scheinbar willkürlich, aber doch nach einem grausamen Plan. Die Polizei ist ratlos, und die Ermittlerin Lena Müller steht vor ihrem schwierigsten Fall: Sie muss nicht nur die Morde aufklären, sondern auch die Wahrheit über ein verstörendes Netzwerk ans Licht bringen, das weit über das hinausgeht, was sie sich jemals vorgestellt hätte.

Während Lena und ihr Team immer tiefer in die dunklen Geheimnisse der Stadt eindringen, enthüllt sich die komplexe Vergangenheit des Täters. Traumatische Erlebnisse in seiner Kindheit und ein manipulativer Einfluss machen aus ihm eine ebenso tragische wie gefährliche Figur. Doch je näher Lena dem Mörder kommt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse. Ist der Täter wirklich allein verantwortlich, oder steckt ein größeres System dahinter?

In einem spannenden Katz-und-Maus-Spiel, das sie an die Grenzen ihrer Fähigkeiten bringt, wird Lena vor Entscheidungen gestellt, die nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Moral auf die Probe stellen. Als die Wahrheit ans Licht kommt, bleibt ein letztes Rätsel ungelöst – und die Frage, ob der Horror wirklich zu Ende ist.

Ein packender Thriller voller Spannung, psychologischer Tiefe und unerwarteter Wendungen, der die Leser bis zur letzten Seite in Atem hält.

Über den Autor / die Autorin:

Der Autor Elias Hartmann wuchs in einer kleinen Stadt auf, umgeben von Wäldern und weiten Feldern, die seine Fantasie früh anregten. Schon als Kind entwickelte er eine Faszination für Geschichten, die das Dunkle und Unbekannte beleuchten. Inspiriert von Schauergeschichten und den Erzählungen älterer Generationen begann er, selbst Geschichten zu schreiben, in denen die Abgründe der menschlichen Psyche und die Schrecken des Alltags eine zentrale Rolle spielen.

Nach der Schule verbrachte er einige Jahre damit, verschiedene Orte und Kulturen zu erkunden, immer auf der Suche nach Inspiration für seine Geschichten. Die Erfahrungen, die er dabei sammelte, fließen heute in seine Werke ein, die oft von einer intensiven Atmosphäre und psychologischer Tiefe geprägt sind.

Elias lebt heute zurückgezogen in einer kleinen Wohnung am Stadtrand, wo er sich ganz dem Schreiben widmet. Neben seiner Arbeit liebt er lange Spaziergänge in der Natur und das Erkunden verlassener Orte, die seine Fantasie anregen und oft als Kulisse für seine Geschichten dienen. Seine Bücher sind dafür bekannt, Leserinnen und Leser in verstörende, aber faszinierende Welten zu entführen und sie mit moralischen Fragen zu konfrontieren, die lange nachklingen.

Titel: Ostermorde im Hasenkostüm: Die Spur des Serienkillers

Kapitel 1: Ostern im Schatten

Der Frühling klopft an, die Sonne ballert mal härter, mal softer auf die grauen Dächer der Stadt, und eigentlich sollte jetzt alles nach Blumen, Schokohasen und bunten Eiern schreien. Aber statt gemütlichem Kaffeeklatsch und Riesen-Osterfeuer hängt ’ne fiese Spannung in der Luft, so dick, dass man sie fast mit ’nem Buttermesser zerschneiden könnte. Irgendwas stimmt nicht, und das spüren sogar die Tauben, die sonst wie bekloppt durch die Gassen flattern. Fünf Leute sind einfach weg, spurlos verschwunden, als hätte der Erdboden sie verschluckt. Keine Zeuginnen, keine Indizien, nichts als ’ne beschissene Leere. Die Stadtbullen reiben sich ratlos die Augen, drehen jeden Stein um, doch keiner scheint zu wissen, was hier abgeht.

Und dann ist da noch dieses Flüstern, dieses dumpfe Raunen in den Kneipen, in den Hinterhöfen, auf Facebook oder wo auch immer: Man habe da ’nen Typen im Hasenkostüm gesehen. Klingt erst mal wie ’n Witz, so nach dem Motto: „Haha, ein durchgeknallter Typ hüpft im Hasenplüsch durch die Gegend.“ Aber die Leute, die ihn gesehen haben, lachen nicht. Die haben Angst. Sie sagen, er schleicht nachts durch dunkle Gassen, bleibt in kaputten Straßenlaternen stehen und schaut dich an – mit ’nem starren Blick, der durch die Maske geht wie ’n Schuss Adrenalin direkt ins Herz.

Diese ganze Scheiße passiert so kurz vor Ostern, dass man fast glauben könnte, das sei ’ne kranke PR-Aktion. Bloß, das hier ist kein Kinotrailer, kein dämlicher Werbegag. Das hier ist echt, und es stinkt gewaltig zum Himmel. Während also überall bunte Eier und Schokohasen verkauft werden, hängen sich die Cops in ihren muffigen Büros an ihre Telefone, versuchen irgendjemanden zu erreichen, der auch nur ansatzweise ne Ahnung hat, was hier schiefläuft. Aber die meisten zucken nur die Schultern oder geben Binsenweisheiten von sich.

Am schlimmsten ist die Stille nach Sonnenuntergang. Fast so, als würde die ganze Stadt den Atem anhalten, weil da draußen etwas lauert, ein schwarzer Fleck im Augenwinkel, der aber plötzlich weg ist, wenn man genauer hinschaut. Ein paar Neugierige machen Selfies vor Graffitis, die auf einmal aufgetaucht sind: Ein krankes Häschen mit blutigen Augen und nem spöttischen Grinsen. Die Hashtags laufen heiß: #OsterHorror, #FünfVermisste, #Hasenmann. Doch wenn du mal genau in die Gesichter guckst, merkst du: Das ist keine Party. Die Leute haben Schiss.

Und so beginnt dieses Osterfest ganz anders als sonst. Die Polizei patrouilliert häufiger, aber das gibt den Leuten nur das Gefühl, dass die Bullen selber nicht checken, was hier abgeht. Jeder fragt sich: Wer oder was steckt hinter dem Spuk? Und warum zum Teufel gerade Ostern? In der Ferne, irgendwo in den verlassenen Hinterhöfen, raschelt es, und man könnte schwören, ein irrer Typ im Hasenpelz lacht kurz auf, bevor er wieder in der Dunkelheit verschwindet.

Alles fühlt sich an wie die Ruhe vor ’nem Sturm, der jeden Moment losbrechen kann. Und die Menschen wissen: Noch bevor das erste offizielle Osterfeuer brennt, könnte die Stadt ihr Gesicht verlieren – und fünf Familien ihre Liebsten. Der Mann im Hasenkostüm bringt das blanke Grauen, und niemand hat auch nur den leisesten Dunst, wie man diesen Albtraum stoppen soll.

Kapitel 2: Die ersten Hinweise

Detective Lena Müller steht im Flur vom Präsidium, den Pappbecher mit diesem dünnen Gebräu, das sie hier Kaffee nennen, schon halb leer. Eigentlich hat sie gar keinen Bock auf diesen Chemiecocktail, aber sie braucht das Koffein, um halbwegs klarzukommen. Ihre Augen sind rot unterlaufen, weil sie letzte Nacht kaum ein Auge zugemacht hat. Zu viele Gedanken schwirren ihr durch den Schädel, wie ein Bienenschwarm auf Speed. Jetzt ist sie offiziell für den Fall der fünf Vermissten verantwortlich – oder wie sie es selbst nennt: „Für den größten Scheißhaufen, den diese Stadt seit Ewigkeiten gesehen hat.“ In der Ecke guckt sie einer ihrer Kollegen mitleidig an, aber sie würdigt ihn keines Blickes. Sie kennt diese Blicke. Und sie hasst sie.

Lena ist noch nicht lange bei der Mordkommission, doch sie hat sich schon einen Ruf erarbeitet: stur, verbissen, manchmal zu verbissen. Die Gerüchteküche behauptet, sie hätte ’n Komplex oder so, dabei weiß niemand, was in ihrer Vergangenheit wirklich abgegangen ist. Und das soll auch so bleiben, denkt sie sich. Ihre Dämonen trägt sie gefälligst selbst mit sich rum. Der Chef hat sie eingeteilt, weil sie die Jüngste im Team ist, aber auch die Hungrigste. Passt ihr ganz gut: Lieber beschäftigt sie sich Tag und Nacht mit durchgeknallten Serienmördern, als in ihrer verdammten Ein-Zimmer-Bude zu sitzen und sich mit alten Wunden auseinanderzusetzen.

Kurz darauf sitzt sie im grell beleuchteten Vernehmungsraum, vor sich haufenweise Akten. Die ersten fünf Opfer: alle im gleichen Alter, alle zwischen zwanzig und vierzig, völlig unterschiedliche Lebensläufe. Und doch scheint es da ’ne komische gemeinsame Note zu geben, so was wie ’n roter Faden, den sie noch nicht richtig greifen kann. Eine bizarr inszenierte Szene an jedem möglichen Tatort, oder besser gesagt, an jedem Ort, an dem Leute verschwunden sind. In ’nem staubigen Hinterhof wurde zum Beispiel ’n Osterkörbchen gefunden, gefüllt mit Dreck, Glasscherben und einem Zettel, auf dem nichts weiter stand als: „Frohes Fest!“ Klingt zuerst harmlos, aber das Gruselige: Auf dem Zettel war Blut. Menschliches Blut. Von wem, weiß noch keiner.

Lena leckt sich nervös über die Lippen, kippt den Rest vom Kaffee runter und verzieht angeekelt das Gesicht. „Scheiße, ist das bitter“, flucht sie leise. Dann tippt sie auf der Tastatur rum, zieht die digitalen Fallakten hoch und checkt die Hintergrundstories der Opfer. Das erste Opfer: ein unscheinbarer Bankangestellter, dessen größtes Hobby scheinbar Netflix war. Keine Vorstrafen, keine Feinde, nichts. Das zweite Opfer: eine Studentin, die Bio studierte, irgendwie engagiert in ’nem Tierschutzverein. Klingt nicht gerade nach Heavy-Metal-Kult oder was auch immer. Das dritte: Ein Familienvater, Versicherungsvertreter, schnarchlangweiliges Leben. Vierte: ’ne Barkeeperin mit ’ner Vorliebe für psychedelische Kunst und lautes Techno-Gedröhn. Fünfte: ein Rentner, Ex-Sportlehrer, der sich nie was zu Schulden kommen ließ. Auf den ersten Blick total random. Aber irgendwas muss sie doch verbinden. Sowas wie ein blöder Zufall kann’s ja nicht sein – zumindest nicht, wenn da draußen ein durchgeknallter Typ im Hasenkostüm herumläuft und Leute wegfischt.

Ein Klopfen an der Tür. Ihr Chef, Hauptkommissar Schiller, steckt den Kopf rein, schwarzer Vollbart, buschige Augenbrauen, die jeden Moment abheben könnten. „Lena, die Spurensicherung hat grade angerufen. Sie haben da… äh… ein paar seltsame Markierungen bei einem der Tatorte gefunden. Könnte ne Art Symbol sein, keine Ahnung. Vielleicht was Okkultes oder so. Du solltest mal vorbeischauen.“ Lena seufzt. „Ja, sicher.“ Ruckzuck schnappt sie sich ihre Jacke und macht sich auf den Weg.

Der Fundort liegt in nem schäbigen Hinterhof, wie gefühlt alle Orte in dieser Stadt, wo die Sonne nicht mehr hinkommt. Dort empfängt sie ein Typ im weißen Overall, ganz CSI-Style. Er winkt sie in eine Ecke, wo die Backsteinmauer von ’nem hässlichen Graffito geziert wird. Aber das eigentliche Problem ist nicht das Graffiti selbst, sondern was direkt daneben in die Wand eingeritzt wurde: Ein auf den Kopf gestelltes Kreuz mit Hasenohren. Sieht bizarr aus, fast wie ’n verquertes Pentagramm, nur eben auf Hasen getrimmt. Daneben klebt getrocknetes Blut. Lena zieht die Augenbrauen hoch. „Das ist ja mal kranker Scheiß“, murmelt sie, während sie näher rangeht. „Wurde das schon analysiert?“Der Spurensicherer zuckt mit den Schultern. „Läuft, wir haben ne Probe genommen, schätzen mal, das kommt vom Opfer. Genaueres gibt’s später. Aber sicher ist, dass es kein Zufall ist.“„Nee, is klar“, wirft Lena spöttisch zurück. Sie macht ein paar Fotos, notiert sich das Symbol in ihrem Notizbuch und fragt sich, was zum Henker ein umgedrehtes Hasen-Kreuz zu bedeuten hat.

Später, zurück im Präsidium, hat sie alle Bilder ausgedruckt und an ihre Pinnwand geheftet. Ein Sammelsurium aus Vermisstenanzeigen, Zeugenaussagen, Handy-Fotos. Dazwischen dieses kranke Symbol. Draußen wird es langsam dunkel. Ein Schädel brummt ihr, Hunger hat sie auch, aber sie kann sich jetzt nicht vom Acker machen. Sie starrt auf die fünf Opfer, sucht zwanghaft irgendeine Gemeinsamkeit. Und dann fällt ihr was auf, was sie fast übersehen hätte: Jeder der Fünf war in den letzten Wochen in derselben Gegend unterwegs, nämlich in der Nähe eines alten Heims, das seit Jahren leersteht. Sie checkt die Handydaten, vergleicht Standorte und sieht: Alle fünf waren innerhalb weniger Tage an derselben Bushaltestelle. Zufall? Wohl kaum.„Vielleicht haben die sich gekannt oder wenigstens getroffen“, murmelt sie. Sie notiert sich die Adresse vom Heim, will am nächsten Tag direkt vorbeifahren.

Aber da ist noch was anderes, was ihr Gedankenkarussell antreibt – ihre ganz persönlichen Dämonen, die sie jede Nacht heimsuchen. Bilder von früher, von ihrer eigenen beschissenen Kindheit, die sie lieber löschen würde wie ’ne unliebsame Datei aufm PC. Doch genau diese Vergangenheit motiviert sie, nicht lockerzulassen. Sie weiß, wie’s sich anfühlt, wenn niemand dir glaubt, wenn jeder denkt, du spinnst. Und jetzt hat sie die Chance, Licht ins Dunkel zu bringen, für diese fünf Verschwundenen und für die, die sie lieben.

Gerade als sie ihren Rechner runterfahren will, springt ihr Posteingang auf. Ein anonymes Mailkonto, Betreff: „Hast du schon mein Körbchen gefunden?“ Lena’s Puls geht hoch. Sie öffnet die Mail, und ihr Herz hämmert wie verrückt. Da steht nur ein einziger Satz: „Bald ist Ostern – und ich habe noch viel vor.“ Unten ein Bild angehängt, total pixelig, aber erkennbar: Ein Typ im Hasenkostüm, der grinst, oder zumindest wirkt es so durch diese düstere, verschmierte Maske. Lena schaut sich das Foto an und spürt, wie der Schweiß ihren Nacken runterläuft. Dieser Mörder, dieser Freak, spielt mit ihr. Er weiß, dass sie dran ist.

Kurz überlegt sie, das Ganze sofort an Schiller oder Tom, ihren Kollegen, weiterzugeben. Aber irgendwas hält sie zurück. Sie liest den Satz immer und immer wieder, spürt diesen eiskalten Schauder. „Bald ist Ostern – und ich habe noch viel vor.“ Scheiße, was will er noch alles abziehen? Und wie zum Teufel hängt das mit diesen seltsamen Symbolen zusammen? Lena packt ihre Sachen, lässt das Büro hinter sich. In der Tiefgarage startet sie den Wagen, und während sie Richtung Zuhause düst, klammert sie sich ans Lenkrad, als wär’s ihr letzter Halt in einer Welt, die jeden Moment aus den Fugen gerät.

Noch ahnt sie nicht, dass dies erst der Anfang von einem verdammt dunklen Trip ist – einem Trip, der sie tiefer in ihre eigene verkorkste Seele blicken lässt, als sie es je gewollt hätte. Und irgendwo da draußen in der Schwärze der Nacht, womöglich in einem gottverlassenen Hinterhof, steht ein Mann in einem Hasenkostüm, vielleicht jetzt gerade in diesem Augenblick, und lauscht auf die Sirenen, die immer wieder durchs Dunkel heulen. Vielleicht lacht er leise, während er sich ausmalt, was er am nächsten Tag für die Stadt und für Detective Lena Müller geplant hat. Fest steht: Die Zeichen sind eindeutig, und die Jagd hat gerade erst begonnen.

Kapitel 3: Kindheitsschreie

Max war immer schon der Junge, den keiner so richtig bemerkt hat. Der, der in der hintersten Ecke des Klassenzimmers saß, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, damit man nicht sah, dass seine Augen gerötet waren vom vielen nächtlichen Heulen. Das war zu einer Zeit, in der Ostern für ihn nicht das kleinste Bisschen Spaß bedeutete, weil es bei ihm zu Hause keine Schokoeier, kein Familienfrühstück und kein liebevolles Getue gab. Ostern war nur ein weiteres Wochenende, an dem sein Vater wieder einmal zu tief ins Glas schaute und dann komplett ausflippte.

Wenn die Sonne hinter den grauen Häuserblocks unterging und in Max’ Zuhause das Licht ausging, hörte man nur noch sein Herz klopfen. Er lag in seinem klapprigen Kinderbett, starrte auf die schäbige Raufasertapete, aus der er mit den Fingernägeln kleine Fetzen rauskratzte, damit er sich irgendwie ablenken konnte. Im Nebenzimmer polterte sein Vater herum, schrie rum, manchmal flogen Flaschen gegen die Wand, dann wieder hörte man ein dumpfes „Aua!“ von seiner Mutter. Max wusste längst, wie es ablief. Er hielt sich die Ohren zu und versuchte, an etwas Schönes zu denken, vielleicht an die eine Gute-Nacht-Geschichte, die er mal von seiner Oma gehört hatte, als er noch sehr klein war. Aber im Grunde genommen lebte er in einer Welt, in der jede Nacht Dunkelheit bedeutete.

Und dann war da dieser eine Osterfeiertag – Max war vielleicht sieben oder acht, so genau wusste er das später nicht mehr. Irgendwer hatte ihm so einen kitschigen Hasenanzug geschenkt, aus billigen Stoffresten zusammengenäht, die Ohren hingen schon halb ab. Dennoch hatte Max dieses Teil geliebt, weil es das Einzige war, das aussah wie etwas, das man sonst nur in fröhlichen Familien sah. Er zog es an, hüpfte im Wohnzimmer rum und freute sich für einen kurzen Moment, dass er mal aussah wie andere Kinder zu Ostern. Aber dann kam sein Vater rein, lallend, mit ner Fahne, die das ganze Zimmer füllte. „Zieh das Scheißding aus, du Spasti!“, brüllte er und riss dem Jungen den Anzug vom Leib. Max kippte um und stieß sich den Kopf an der Tischkante, Blut tropfte ihm übers Gesicht. Seine Mutter stand daneben und tat nichts – gar nichts. Das war der Moment, in dem irgendwas in Max‘ Kopf brach. Er heulte nicht, er schrie nicht, er war einfach nur starr.

In den Tagen danach hatte er wieder und wieder diesen Traum, in dem er durch einen düsteren Wald lief, im Hasenkostüm, blutend, während das Klopfen eines unsichtbaren Herzens immer lauter wurde. Er wachte oft schweißgebadet auf, sein Kinderzimmer kam ihm vor wie ’ne Zelle. Und so begann eine der unzähligen Nächte, in denen Max sich ganz alleine fühlte, als würde ihm die ganze Welt den Rücken kehren.

Über die Jahre wurden diese verstörenden Erfahrungen zu einer Art Fundament für seine Psyche. Er wurde in der Schule noch stiller, mied Blickkontakt, reagierte extrem gereizt, wenn ihn jemand auf Hasen oder Ostern ansprach. Die Lehrer*innen merkten zwar, dass etwas nicht stimmte, aber niemand hatte den Mumm, genauer nachzufragen. Sein Vater war stadtbekannt für seine Jähzornigkeit, also ließ man die Familie lieber in Ruhe. Unter der Oberfläche tobte in Max ein Sturm, angefacht von Angst, Hass, Scham und dem unbändigen Wunsch, irgendwas zurückzuzahlen – wem auch immer.

Während Max in seinen dunklen Erinnerungen gefangen war, entwickelte Detective Lena Müller auf der anderen Seite der Stadt gerade ihre ganz eigene Lebensgeschichte. Denn während Max zwischen Kälte und Schlägen aufwuchs, hatte Lena es auch nicht gerade leichter. Sie war das Sandwich-Kind in einer Großfamilie mit zu vielen Mäulern und zu wenig Geld. Ihr Vater war Taxifahrer, der sich abends gerne mal drei, vier, fünf Bier reinzog, bevor er nach Hause kam. Bei ihm war es zwar selten die Faust, die flog, dafür war es umso öfter seine verlogene Zunge, die sie fertigmachte. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“, schnauzte er, wenn Lena ihre eigenen Wege ging. Und Lena, die schon als Teenager den Traum hatte, Polizistin zu werden, ließ sich das nicht gefallen. Sie stritt zurück, knallhart und laut. Wie oft sie dann aus dem Haus stürmte, die Tür so laut zuknallte, dass die Nachbarn schraken, konnte man nicht mehr zählen.

Irgendwann riss sie mit 18 komplett aus, schnappte sich ihren kleinen Rucksack, zog in eine winzige Abstellkammer in der Stadt und schlug sich durch. Dass sie es zur Kripo geschafft hat, war ein reines Wunder. Sie hatte eisernen Willen und biss sich durch die Polizeischule wie eine Löwin im Käfig. Trotzdem blieben die Narben ihrer Vergangenheit. Gerade an Feiertagen, egal ob Weihnachten oder Ostern, wenn alle Welt so tut, als sei Friede, Freude, Eierkuchen, spürte sie eine bestimmte Zerrissenheit in sich. Ihr fiel auf, wie oft gerade die heilige Familienidylle nur ne Fassade war.

Jetzt, als erwachsene Frau, sitzt sie nach Feierabend zu Hause auf ihrer abgewetzten Couch. Der Fernseher läuft ohne Ton, damit sie wenigstens ein wenig Ablenkung hat, während sie sich Akten reinzieht. In ihrer winzigen Küche stapelt sich das benutzte Geschirr. Zwischen Pizzaschachteln und Red-Bull-Dosen liegt ihr Notizbuch, irgendwo rutscht ihr Diensthandy herunter und klingelt dumpf. Lena hat Kopfschmerzen, fühlt sich ausgelaugt und allein. Aber sie weiß, dass diese Stadt sie braucht. Und sie kann sich nicht leisten, schwach zu sein.

Während sie sich über die alten Polizeiberichte und die Spurensicherungsergebnisse hermacht, denkt sie an Max, natürlich ohne zu wissen, dass er Max heißt oder was er in seiner Kindheit erlebt hat. Für sie ist er nur „der Unbekannte“, dieser Killer in dem Hasenkostüm. Sie fragt sich, was für eine Art Mensch – oder Monster – man sein muss, um so etwas durchzuziehen: Jahr für Jahr dieselbe Routine, immer zu Ostern fünf Menschen zu töten. Ob er selbst ein Fan von Ostern war? Oder ob dieses Fest in seiner Birne irgendwas total anderes bedeutet? Lena hat schon einige Psychopathen gesehen, aber das hier, das ist eine völlig neue Liga.

Fast zur gleichen Zeit liegt Max in seiner abgedunkelten Bruchbude, vielleicht in nem heruntergekommenen Teil der Stadt, den keiner freiwillig betritt, wenn’s draußen dunkel wird. Jedes Mal, wenn es wieder Frühling wird, wenn die Tage länger werden und in den Supermärkten die Osterdeko auftaucht, wird sein Herzschlag schneller. Er erinnert sich zurück an dieses blutige Hasenkostüm aus seiner Kindheit. Er spürt wieder die Ohrfeigen, die Schreie, das höhnische Lachen seines Vaters. Und in seinen Tagträumen sieht er wieder diesen kleinen Jungen in ihm, der sich wünscht, dass irgendjemand ihn rettet. Doch niemand kam. Also hat er irgendwann beschlossen, selbst die Rolle des Hasen zu übernehmen – nur diesmal nicht als Opfer, sondern als Jäger.

Eine junge Mutter, die sich gerade am Fenster ihrer bröckeligen Wohnung mit dem Baby im Arm ein wenig Frischluft gönnt, meint, unten auf der Straße etwas Weißes vorbeihuschen zu sehen. Sie streckt den Hals raus, kneift die Augen zusammen, aber da ist nichts mehr. Es war wohl nur ein Schatten. Oder? Sie schüttelt sich, zieht das Kind näher an sich. Irgendwie fühlt sich alles unsicher an in diesen Tagen. Kein Wunder: Die Gerüchte über den „Hasenmann“ und die fünf Verschwundenen gehen durch alle Medien. Wer weiß, ob der Wahnsinn vielleicht schon auf sie selbst lauert?

Währenddessen greift Max in seiner Wohnung nach einer ramponierten Schuhschachtel, die er sorgfältig mit Klebeband umwickelt. Drin liegen Fotos, jede Menge Zeitungsausschnitte, alte Polaroids von sich selbst als Kind. Ganz oben drauf ein vergilbtes Bild, das ihn in diesem schäbigen Hasenkostüm zeigt, das sein Vater ihm vom Leib gerissen hat. Er schaut in dieses Foto, seine Augen füllen sich mit Tränen, die er aber sofort wegwischt. Denn Mitleid mit sich selbst kann er sich nicht mehr leisten. Nicht nach all dem, was passiert ist. Nicht nach all dem, was er noch vorhat.

Lena hingegen klappt das Notizbuch zu, während ihr Handy vibriert. Eine kurze Nachricht vom Revier: „Lena, hast du zufällig Infos zu dem Symbol? Ich glaub, wir haben’s schon mal in ’nem alten Fall gesehen.“ Sie runzelt die Stirn, tippelt hektisch auf dem Display. „Bin dran, melde mich morgen.“ Dann lässt sie sich seufzend zurückfallen. Ihr Puls rast, und sie spürt, dass der Druck immer größer wird. Und ganz unbewusst denkt sie an ihre eigene Kindheit, fragt sich, was geschehen wäre, wenn sie nicht damals diesen Ausbruch gewagt hätte. Ob sie jetzt womöglich auf der anderen Seite stehen würde? Alsjenige, die im Hasenkostüm rumrennt und Menschen wehtut? Dieser Gedanke jagt ihr einen Schauer über den Rücken, sie verflucht ihn sofort. Niemals, sagt sie sich, niemals würde sie sowas abziehen.

Doch die Nacht ist lang. Und während die Glocken mancher Kirche bereits den nächsten Morgen ankündigen, sind Max und Lena jeder für sich in ihrer privaten Hölle gefangen. Er, der kleine Junge mit den glühenden Rachefantasien. Sie, die toughe Polizistin, die gegen ihre eigene Vergangenheit ankämpft. Beide wissen noch nicht, dass ihre Wege sich bald kreuzen werden – unheilvoll, unerbittlich. Und dass das, was in Max‘ Kindheit geschah, wie eine finstere Saat aufgeht, die Ostern in dieser Stadt zu einem Albtraum machen wird, von dem sich keiner so schnell erholen kann.

Kapitel 4: Hasenkostüm und Alpträume

Max haust irgendwo am Rand der Stadt, in so ’ner heruntergekommenen Bude, wo die Tapeten sich ablösen und die Heizung kaum funktioniert. Die meisten Leute checken nicht mal, dass hier jemand wohnt. Er hat’s so eingerichtet, dass es aussieht wie ein verlassener Schuppen, mit Brettern vorm Fenster und kaputten Mülltonnen vor der Tür. Doch drinnen ist es – sagen wir mal – ne andere Welt. Wenn du reinkämst, würdest du wahrscheinlich erst mal stutzen, weil überall Hasenfiguren, Hasenmasken, Zeichnungen von kruden Hoppelviechern rumstehen und -hängen, als hätte Max sich ne komplette Bunny-Ausstellung geklaut. Die Scheiße ist, keiner kriegt’s je zu Gesicht, weil Max keinen reinlässt. Er lebt unter dem Radar, wie ’ne Ratte im Keller, unauffällig, still und irgendwo tief in seinem Kopf gefangen.

Wenn nachts die Stadt pennt und nur die Straßenlaternen ihr mattes Licht über die leeren Gassen werfen, dann erwacht sein Kopf zum Leben. Das Klappern der Heizungsrohre wird für ihn zu Flüstern, Stimmen, die ihn an irgendeinen Dreck aus der Kindheit erinnern. Er stößt dann leise Flüche aus und hält sich die Ohren zu, aber die Stimmen werden lauter und lauter. Sie nennen ihn „Hasenjunge“, sie lachen ihn aus und gleichzeitig flehen sie ihn an. „Komm zu uns, Max“, hauchen sie. Und jedes Mal, wenn er kurz vorm Einschlafen ist, reißen sie ihn wieder raus, als würde jemand von hinten an seinen Haaren ziehen.

Seine Träume sind nicht besser. Da taucht immer wieder dieses alte, beschissene Hasenkostüm auf, das sein Vater ihm damals vom Leib gerissen hat. Nur, dass es jetzt plötzlich intakt zu sein scheint – weich, plüschig, beinahe gemütlich. Gleichzeitig tropft Blut von den Ohren, und die Augen… in diesen Träumen haben die Hasenaugen so was wie ’nen höhnischen Glanz. Max weiß nie, ob er grad das Tier ist oder das Tier ihn frisst. Er rennt durch dunkle Flure, Wände tropfen rot, hinten hört man Türen knallen, und irgendwo hallt das Echo eines Kinderschreis. Dann wieder das Lachen – erst klingt’s wie sein Vater, dann klingt’s wie er selbst. Manchmal wacht er schreiend auf und merkt erst, dass sein Herz rast, wenn er den kalten Schweiß auf der Stirn spürt.

Am schlimmsten ist das Gefühl, dass seine Träume mit diesen Morden zu tun haben. Er hat keine Ahnung, wann und wie das angefangen hat, aber plötzlich erkennt er in den Zeitungsberichten über die vermissten Leute Details, die eins zu eins in seine Albträume passen. Zum Beispiel diese Stelle mit dem umgedrehten Hasensymbol, das irgendwo an die Wand geschmiert wurde – in seinen Träumen malt er genau so ein Zeichen mit seinem eigenen Blut an irgendwelche Tapeten. Oder wenn sie in den Medien davon berichten, dass jemand ein seltsames Osterkörbchen mit Glassplittern fand, dann fällt ihm ein, dass er in der letzten Nacht von Splittern geträumt hat, die aus Eiern herausplatzten wie scharfe Klingen. Das macht ihn irre. Er fragt sich ernsthaft, ob er gerade spinnt oder ob er tatsächlich Dinge tut, während er schläft.

Im Hausflur läuft er manchmal an nem ranzigen Spiegel vorbei, so nem alten Teil, das niemand abmontiert hat. Dann starrt er kurz in sein eigenes Gesicht. Seine Augen sind blutunterlaufen, die Wangen eingefallen, als hätte er seit Ewigkeiten keinen erholsamen Schlaf mehr bekommen (Spoiler: hat er auch nicht). Manchmal zuckt dann ein Lächeln über seine Lippen, so ne Art unkontrolliertes Zucken, als würde sein Körper ohne ihn entscheiden, dass er jetzt lachen muss. Manchmal tritt er in Zeitlupe näher an den Spiegel, hebt seine Hand, als wollte er das Spiegelbild berühren, und murmelt etwas, das nur er versteht: „Hase. Hase. Hase.“ Dann zuckt er zusammen, schreckt zurück und zieht sich mit klopfendem Herzen in sein Zimmer zurück.

In seinem Schlafzimmer – wenn man das so nennen kann – hängt an der Wand dieses neue Hasenkostüm, das er sich irgendwann selbst zusammengesucht hat. Kein billiges, schlecht vernähtes Teil mehr, sondern eines, das erschreckend echt wirkt, fast schon professionell. Die Stoffaugen sind leer, aber Max schwört Stein und Bein, dass sie ihn manchmal beobachten, wenn er den Raum betritt. „Du musst das tun, Max“, flüstert was in seinem Kopf. „Die Welt wird nur verstehen, wenn du’s durchziehst…“ Klar, es sind Halluzinationen, oder was auch immer. Aber er ist sich nicht mal sicher, ob es wirklich nur Halluzinationen sind oder ob sein Unterbewusstsein ihm ’n Wink gibt, was er wirklich will.

Er hält sich oft stundenlang in diesem Raum auf, starrt das Kostüm an, und in seinen Gedanken vermischen sich Traum und Realität. Dann poppt plötzlich ein Bild von einer der vermissten Personen in seinem Kopf auf. Und er fragt sich: „Was war da los? War ich das? Hab ich das getan oder ist das ein Traumfetzen?“ Und die Grenze zwischen Wahn und Realität verwischt so krass, dass er sich manchmal buchstäblich in die Wange beißen muss, nur um diesen Schmerz zu spüren und zu checken: „Okay, ich bin grad wach, das hier passiert wirklich.“

Gleichzeitig registriert er ganz genau, was die Medien über den ominösen Hasenmann erzählen. Er beobachtet jede Schlagzeile, speichert Screenshots, druckt Zeitungsartikel aus und tackert sie in sein kleines Buch – ’ne Art Chronik aus Albtraum und Wirklichkeit, in der er versucht, irgendeinen Sinn zu sehen. „Fünf vermisste Personen pro Jahr, immer zu Ostern“, stand in einer Boulevardzeitung. Daneben ’n reißerisches Foto von nem Häschen, Blutspritzer auf ’nem Ei – alles nur Symbolik. Aber Max spürt jeden einzelnen Buchstaben wie ’nen Faustschlag in seine Eingeweide.

Er denkt an seine Kindheit, an den Tag, als sein Vater ihn fertig gemacht hat, als Mutter weggeschaut hat. Und dann denkt er daran, wie es wär, wenn er endlich Rache nehmen könnte. Nicht unbedingt an seinem Vater persönlich – der ist längst weg, keine Ahnung, ob er verreckt ist oder in ner anderen Stadt säuft –, sondern an der ganzen Welt, die ihm damals nicht geholfen hat. In seinem Kopf wird Ostern zu so ’nem Symbol. Eigentlich soll’s Freude sein, Familie, Kuschelzeit, bunte Eier und so. Aber für Max bedeutet Ostern Pein, Gewalt, Verlassenheit. Und jedes Jahr, wenn Ostern kommt, zieht sich was in ihm zusammen. So als wär’s wieder dieses Kind, das aufm Boden kauert, während über ihm die Gewalt tobt.

Und irgendwo da draußen, in denselben Straßen, läuft Detective Lena Müller rum, die von Max’ Existenz nur vage Ahnung hat. Sie weiß von ’nem Killer, der sich wahrscheinlich in ’nem Hasenkostüm versteckt, sie hat Indizien, sie sieht Bilder aus den Tatorten – aber sie hat keinen blassen Schimmer, wer er wirklich ist oder was ihn antreibt. Max bleibt im Dunkeln, wahrt seine Anonymität, wechselt irgendwelche Wohnungen oder taucht komplett ab, wenn er das Gefühl hat, jemand kommt ihm zu nah.

Dann sitzt er nachts in dieser stickigen Einraumwohnung und zieht das Hasenkostüm über. Er streckt seinen Kopf durch die Kapuze, richtet die Ohren auf und lässt das Gefühl von damals hochkriechen: den Schmerz, den Hass, diese verfluchte Ohnmacht. Doch jetzt ist er nicht mehr ohnmächtig, denkt er. Jetzt hat er die Kontrolle. Das Kostüm verleiht ihm etwas, das er sonst nie hatte: Macht. Er fühlt sich beinahe übermenschlich, wenn er’s trägt, auch wenn das natürlich komplett irre ist. Trotzdem kann er da nicht raus – wie ’n Drogensüchtiger braucht er diesen Kick.

In seinen Träumen sind diese Bilder fast schon eine Dauerschleife: Ein Wald voller kreischender Hasen, blutige Pfotenabdrücke im Schlamm, Lachen, das ihn zu verspotten scheint. Er läuft durch dichten Nebel, bis er zu einer Lichtung kommt, wo die vermissten Menschen stehen – bleiche Gesichter, leere Augen. Sie murmeln irgendwas Unverständliches, zeigen auf ihn, als würden sie ihn anklagen. Dann taucht das Symbol auf, das an der Backsteinmauer eingeritzt war, dieses umgedrehte Hasenkreuz. Plötzlich driftet die Szene ab, wird laut, schrill, und Max schreit in seinen Träumen, brüllend, bis er wach wird.

Jedes Mal, wenn er die Augen aufschlägt, braucht er ein paar Sekunden, um zu begreifen, wo er ist. Er jappst nach Luft, sein Herz hämmert. Dann realisiert er, dass dieser Traum nicht nur ein Traum ist, sondern irgendwie verwoben mit dem, was draußen in der Realität passiert. Und in dem Moment überkommt ihn ’ne Gänsehaut, so heftig, dass ihm fast schlecht wird. Er versucht, sich einzureden, dass das alles nur Zufall ist, dass er gar nicht derjenige sein kann, der diese Leute verschwinden lässt. Doch tief drinnen, in einer staubigen Ecke seines Verstands, fragt er sich, ob er nicht doch irgendeine Art von doppelt-verrückter Marionette seiner eigenen Gedanken ist.

Tagsüber verschwindet Max meist irgendwo. Vielleicht an irgendwelchen verfallenen Orten, alten Spielplätzen oder Friedhöfen. Er sammelt Indizien, die ihn an seine Kindheit erinnern, oder er macht Fotos mit seinem Handy, die er später in einer Art kranken Collage an die Wand pinnt. Er meidet Kontakt zu Menschen – er redet kaum, wenn er mal beim Späti um die Ecke ne Cola kauft. Und wenn er in der U-Bahn sitzt, dann starrt er auf seine Schuhe und hofft, dass ihn keiner anspricht. Manchmal bricht er in leeren Wohnungen ein, nur um sich umzuschauen. Er sucht dieses Gefühl von Macht, dass er tun und lassen kann, was er will, ohne erwischt zu werden.