Parzival - Wolfram von Eschenbach - E-Book

Parzival E-Book

Wolfram von Eschenbach

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

mehrbuch-Weltliteratur! eBooks, die nie in Vergessenheit geraten sollten. Wolfram von Eschenbach erzählt im Parzival aus dem frühen Mittelalter. Bevölkert wird diese uns ferne Welt von schönen und mutigen Rittern, die sich für die Liebe edler Damen in Kämpfe stürzen und dabei ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen können: ihren Gegner mit der Lanze vom Pferd zu werfen. Parzival ist der prächtigste Ritter seiner Zeit. Mit seiner Schönheit nimmt er jeden für sich ein, er ist mutig und im Zweikampf unbesiegt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 941

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis
Parzival
I. Belakane.
II. Herzeleide.
III. Gurnemans.
IV. Kondwiramur.
V. Anfortas.
VI. Artus.
VII. Obilot.
VIII. Antikonie.
IX. Trevrezent.
X. Orgeluse.
XI. Arnive.
XII. Cidegast.
XIII. Klinschor.
XIV. Gramoflanz.
XV. Feirefiss.
XVI. Loherangrin.
Titurel
I. Sigune und Schionatulander.
II. Gardevias.
Einleitung.
§1. Wolframs Heimat.
§2. Stand.
§3. Vermögen.
§4. Wolfram und Walther.
§5. Wolframs Nachbarschaft.
§6. Eheliches Leben.
§7. Wolframs Werke.
§8. Wolfram und Gottfried.
§9. Kiot.
§10. Flegetanis.
§11. Mythus vom Gral.
§12. Deutung des Gralsmythus.
§13. Anklänge an deutsche Mythen.
§14. Die Chronik von Anjou.
§15. Parzivals Jugendgeschichte.
§16. Parzival als Peredur.
§17. Kritik des Mabinogi.
§18. Ursprung und Fortbildung.
§19. Templerorden.
§20. Loherangrin.
§21. Klinschor.
§22. Priester Johannes.
§23. Verchristlichung der Sage.
§24. Der jüngere Titurel.
§25. Albrecht und Kiot.
Fußnoten.

I. Belakane.

Inhalt

In der Einleitung wird die Treue gegen Gott und Menschen der Untreue und dem Zweifel entgegengesetzt; dann gewarnt vor dem Vertrauen zu dem Unstäten. Auch die Frauen sollten ihre Gunst nur dem Getreuen zuwenden, sie selbst nur durch ihre Treue, nicht durch äußere Schönheit des Lobs der Männer theilhaftig werden. So bricht der Dichter seine Betrachtungen ab, verspricht seinen Zuhörern ein mannigfaltiges Gedicht von großem Umfange und geht nach dem Lobe seines noch ungeborenen Helden zu der Geschichte seines Vaters über. Gahmuret, der jüngere Sohn Gandeins, Königs von Anschau (Anjou), daher er auch Anschewein (Anjevin) heißt, will nach dem Tode seines Vaters nicht Ingesinde seines Bruders Galoes sein, dem nach dem Erstgeburtsrecht die Krone zugefallen war. Entschloßen, keinem andern zu dienen als der auf Erden die höchste Macht besäße, begiebt er sich, von der Mutter, dem Bruder und einer Freundin stattlich ausgerüstet, nur von edeln Kinden (Pagen), Knappen und Hausgesinde begleitet, in den Dienst des Baruchs (Kalifen) von Baldag (Bagdad), der mit zweien babylonischen Brüdern, Pompejus und Ipomidon, im Kriege begriffen ist. Seines Vaters Wappen, den Panther, hat er mit dem Anker vertauscht. Nachdem er sich hier und in vielen andern Ländern versucht, verschlägt ihn der Sturm in den Hafen von Patelamunt, wo Belakane, die Königin von Zaßamank im Mohrenlande, der Ermordung Eisenharts beschuldigt, von zweien Heeren, einem christlichen und einem heidnischen, belagert wird. Der Mohrenkönig Eisenhart von Aßagog hatte im Minnedienst Belakanens auf ihren Befehl und zum Beweise seiner Ergebenheit und Kühnheit die Rüstung weggegeben. Als er nun bloß auf Abenteuer ausritt, ward er von seinem Nebenbuhler Prothißilas, einem Fürsten Belakanens, in der Tjost, dem ritterlichen Zweikampf, erschlagen, und Belakanen traf der Verdacht, ihn verrathen zu haben. Der Schottenkönig Friedebrand, dessen Oheim Tankanis des Erschlagenen Vater war, zog, seinen Mord zu rächen, mit vier Genoßen über Meer, und bestürmte Patelamunt vor acht Thoren, während die andern acht der Mohr Raßalig von Aßagog, ein Vasall Eisenharts, bedrängte. Friedebrand selber war mit Morholden, der aus Gottfried von Straßburgs Tristan bekannt ist, wieder heimgezogen, um sein eigen Land gegen die Verwandten Hernants, den er Herlindens wegen erschlagen hatte, zu schirmen; sein Heer aber bedroht noch Patelamunt. Die Belagerer führen einen durchstochenen Ritter in der Fahne, die Belagerten das Bild ihrer Königin, welche zwei Finger der rechten Hand zum Eide ausgestreckt hält, daß sie an Eisenharts Tode unschuldig sei. Sich zur Rache anzuspornen, haben die Belagerer die gebalsamte Leiche Eisenharts nebst dessen kostbarer Rüstung unter einem prächtigen Gezelte vor der Stadt aufgestellt. So stehen die Dinge, als Gahmuret anlangt und der Königin, die ihm trotz ihrer Schwärze gefällt, seine Dienste widmet. Am Morgen reitet er zuerst in das Christenheer, besiegt und fängt dessen Anführer, die Herzoge Heuteger von Schottland und Gaschier von Normandie, entweicht aber vor Kaileten, den er an dem Strauß auf dem Helm und dem Sarapandratest (Tête de serpent) am Schilde als seinen Muhmensohn erkennt. Doch will auch dieser nicht mit ihm streiten, als er von Heuteger seinen Namen erfährt. Von da reitet er zu den Mohren, deren Fürsten Raßalig er gleichfalls gefangen nimmt. Da hiemit der Krieg entschieden ist, kehrt er in die Stadt zurück, wo ihn die Königin entwappnet, und sogleich in ihr Schlafgemach führt. So wird er König der Mohrenreiche Zaßamank und Aßagog. Gahmuret giebt seine Gefangenen und seinen Neffen Killirjakak von Champagne, den die Städter früher gefangen hatten, frei, belehnt seine Fürsten, und schenkt seinem Wirthe das von Prothißilas hinterlaßene Herzogtum. Eisenharts Leiche wird zur Erde bestattet, sein prächtiges Gezelt erhält Gahmuret, und die kostbare Rüstung, welche Raßalig, um sie dem Lande zu erhalten, seinem neuen Könige gleichfalls erbeten hatte, verspricht Heuteger von seinem Herren Friedebrand zu erwerben und ins Mohrenland zurückzuschicken. Die christlichen Fürsten fahren heim, Gahmuret bleibt zurück, sehnt sich aber bald, zumal er keine Ritterschaft findet, wieder nach der Christenheit. Heimlich schifft er sich ein und hinterläßt der Königin einen Brief, der ihr den Grund seiner Flucht meldet und für das Kind, das sie von ihm trägt, sein Geschlechtsregister ausführlich mittheilt. Jenes kommt wie eine Elster schwarz und weiß gescheckt zur Welt und wird Feirefiss Anschewein genannt. Gahmuret begegnet unterwegs noch dem Schiffe, das Eisenharts kostbare Rüstung zurückbringt. Er läßt sie sich aushändigen und fährt gen Sevilla.

[1]Wem Zweifel an dem Herzen nagt,1

Dem ist der Seele Ruh versagt.

Geziert ist und zugleich entstellt,

Wo Unlautres sich gesellt

5Zu des kühnen Mannes Preis

Wie bei der Elster Schwarz zu Weiß.

Doch oft gelangt er noch zum Heil,

Denn beide haben an ihm Theil,

Der Himmel und der Hölle Schlund.

10Wer Untreu hegt in Herzensgrund,

Wird schwarzer Farbe ganz und gar

Und trägt sich nach der finstern Schar;

Doch fest hält an der blanken

Der mit stätigen Gedanken.

15Dieses flüchtge Gleichniss,

Den Blöden ists zu schnell gewiss,

Sie faßen nicht der Lehre Sinn.

Es huscht im Saus vor ihnen hin

Wie ein brünstiger Hase.

20Zinn verlöthet hinterm Glase

Täuscht wie des Blinden Traumgesicht.

Sie weigern flüchtgen Anblick nicht;

Doch beständig kann nicht sein

Dieser trübe, leichte Schein,

25Seine Freud ist kurz fürwahr.

Wer rauft mich, wo mir niemals Haar

Wuchs, in hohler Hand so bloß?

Der hat zu nahe Griffe los.

Schrei ich doch auf vor solcher Noth,

So ist mein Verstand wohl unbedroht.

[2]Wie werd ich Treue finden,

Wo sie sicher muß verschwinden

Wie das Feuer in dem Bronnen,

Wie der Thau vor der Sonnen?

5Auch kannt ich nie so weisen Mann,

Der nicht gern Kunde hätt empfahn,

Wie hienach zu leben frommt

Und was daraus für Lehre kommt.

So beschieden wird er nie verzagen

10Bald zu fliehen, bald zu jagen,

Nun zu weichen, nun zu kehren,

Jetzt zu tadeln, jetzt zu ehren.

Wer mit dem allen umgehen kann,

An dem hat Weisheit wohlgethan,

15Der sich nicht versitzet noch vergeht

Und sonst auch wohl Bescheid versteht.

Des wandelbaren Freundes Sinn

Führt zum Höllenfeuer hin,

Verhagelt hoher Ehren Glanz.

20Seine Treue war so kurz von Schwanz,

Daß sie kaum den dritten Stich vergalt,

Wenn sie von Bremsen litt im Wald.

Aber nicht allein den Mann

Gehn alle diese Lehren an;

25Dieß Ziel steck ich den Frauen:

Die meinem Rath will trauen,

Die wisse wohl, wohin sie kehre

Ihren Preis und ihre Ehre

Und welchem Mann sie sei bereit

Ihrer Lieb und Würdigkeit,

[3]Auf daß sie nicht gereue

Ihrer Keuschheit, ihrer Treue.

Von Gott erfleh ich gutem Weibe,

Daß sie dem Maß getreu verbleibe.

5Aus Scham fließt alle gute Sitte:

Dieß Heil ists, das ich ihr erbitte;

Die Falsche lohnt nur falscher Preis.

Wie lange währt ein dünnes Eis,

Wenn des Augustmonds Sonne schien?

10So fährt auch bald ihr Lob dahin.

Viel Schöne preist die weite Welt;

Ist deren Herz nicht wohlbestellt,

Die lob ich, wie ich loben wollt

Ein blaues Glas, gefaßt in Gold.

15Des Missgriff auch ist nicht gering,

Der in den schlechten Messing

Verwirkt den köstlichen Rubin,

All seines Glückes Vollgewinn:

Dem gleich ich rechten Frauenmuth.

20Die weiblich denkt und weiblich thut,

Nach deren Aussehn frag ich nicht,

Noch ob ihr Herzensdach besticht:

Ist sie innerhalb der Brust bewahrt,

Bleibt volles Lob ihr ungespart.

25Sollt ich euch nun Weib und Mann

So gründlich schildern als ichs kann,

So würd uns Zeit und Weile theuer;

Hört lieber dieses Abenteuer.

Es weiß von Lieb und Leide

Und lehrt sie kennen beide;

[4]Freud und Angst sind auch dabei.

Und wären hier statt meiner drei,

Deren Jeder Kunst besäße,

Daß man meiner Kunst vergäße,

5Es brauchte doch manch seltnen Fund,

Thäten euch die dreie kund,

Was ich euch künden will allein;

Ihre Mühe sollte sauer sein.

Die Märe, die ich erneue,

10Meldet von großer Treue,

Von Weibes rechter Weiblichkeit,

Von echten Mannes Mannheit,

Die nie vor hartem Stein sich bog.

Sein Herz ihn nie darum betrog,

15Er Stahl! wo er zum Streite kam,

Daß seine Hand nicht siegreich nahm

Manchen rühmlichen Preis.

Er kühner Mann, versucht und weis

(Der Held ists, den ich grüße),

20In der Frauen Augen süße,

Und doch der Frauenherzen Sucht,

Im Unglück sichre Zuflucht!

Den ich hiezu mir auserkoren,

Im Gedicht ist er noch ungeboren,

25Den diese Aventüre meint

Und was von Wunder drin erscheint.

Noch pflegt man, wie man sonst gepflegt,

Wo man welsch Gerichte hegt;

So hälts wohl auch bei uns ein Strich,

Ihr werdets wißen ohne mich.

[5]Wer je da herscht' im Lande,

Der gebot wohl ohne Schande,

Es ist die Wahrheit sonder Wahn,

Der ältre Bruder sollt empfahn

5Des Vaters Erbschaft allzumal.

Das schuf den jüngern Söhnen Qual,

Denn ihnen nahm des Vaters Tod

Die Rechte, die sein Leben bot.

Das Land war allen sonst gemein;

10Der ältre hat es jetzt allein.

Das rieth jedoch ein weiser Mann,

Daß Alter Gut sollt empfahn.

Jugend hat viel Würdigkeit,

Das Alter Seufzen nur und Leid.

15Es ist wohl nichts so trübgemuth

Als Alter bei der Armut.

Könge, Grafen, Herzogen,

Das sag ich euch für ungelogen,

Daß die des Guts enterbet sind

20Bis auf das älteste Kind,

Das ist gar ein seltsam Ding.

Der fromme, kühne Jüngling,

Gachmuret der Weigand

Verlor so Burgen auch und Land,

25Wo sein Vater einst mit Fug

Scepter und Krone trug

In königlicher Herlichkeit,

Bis ihn dahin nahm Ritterstreit.

Sie klagten ihn im Lande sehr.

Ohne Makel Treu und Ehr

[6]Bracht er bis auf seinen Tod.

Alsbald der ältre Sohn entbot

Des Landes Fürsten her zu sich.

Sie kamen alle ritterlich,

5Denn große Lehen sonder Wahn

Sollten sie von ihm empfahn.

Da sie zu Hof gekommen,

Eines Jeden Recht vernommen

War, daß sie die Lehn empfingen,

10Nun höret, was sie da begingen.

Wie ihre Treue rieth den Biedern,

Das Volk zumal, die Hoh'n und Niedern,

Bescheiden haben sie gebeten,

Daß der König Gahmureten

15Die Brudertreu bewährte

Und sich selber damit ehrte,

Daß er ihn nicht ganz verstieße

Und ihm in seinem Lande ließe

Einen Edelsitz, nur daß er hätte2

20Seiner Freiheit eine Stätte,

Darauf sein Name möchte ruhn.

Der König wollt es gerne thun:

»Ihr wißt mit Maßen zu begehren,

Ich will euch das und mehr gewähren.

25Was nennt ihr nicht den Bruder mein

Gachmuret Anschewein?

Anschau heißet dieß mein Land:

Wir beide sein davon genannt.«

Also sprach der König hehr.

»Mein Bruder wiße, daß er mehr

[7]Stäter Hülfe bei mir finde,

Als ich sagen könnte so geschwinde.

Er soll mein Ingesinde sein.

Ich laß euch nicht im Zweifel sein,

5Ob uns dieselbe Mutter trug.

Er hat wenig, ich genug:

Drum soll ihm spenden meine Hand,

Daß nicht mein Heil dafür zu Pfand

Steh vor dem, der nimmt und giebt,

10Beides ganz wie ihm geliebt.«

Als die Fürsten all umher

Vernahmen, daß der König hehr

Dem Bruder ganzer Treue pflag,

Das war den Herrn ein lieber Tag;

15Auch dankt' es ihm ein Jeder sehr.

Da säumte Gahmuret nicht mehr

Zu reden, wie das Herz ihm sann.

Zum König hub er gütlich an:

»Herr und lieber Bruder mein,

20Wollt ich Ingesinde sein

Eines Mannes auf der Welt,

So wärs hier wohl um mich bestellt.

Nun meßet daran meinen Preis,

Seid ihr doch getreu und weis,

25Und rathet nach der Dinge Stand;

Darnach geht hülfreich mir zur Hand.

Ein Harnisch nur gehört mir an;

Hätt ich mehr darin gethan,

Das in der Ferne Lob mir brächte,

So hofft ich, daß man mein gedächte.«

[8]Gachmuret sprach weiter: »Noch

Sechszehn Knappen hab ich doch,

Davon ich sechs geharnischt finde.

Gebt ihr mir dazu vier Kinde

5Von guter Zucht, von hoher Art,

So wird an ihnen nichts gespart,

Das ich erwerben mag mit Händen.

Ich will mich in die Fremde wenden.

Ich hab auch früher Land durchfahren.

10Wenn das Glück mich will bewahren,

So erwerb ich guten Weibes Gruß.

Wenn ich dafür ihr dienen muß

Und ich dessen würdig bin,

So räth mir Herz und bester Sinn,

15Daß ich der rechten Treue pflege.

Gott leite mich des Heiles Wege!

Wir fuhren einst gesellt umher

(Damals trug die Krone hehr

Noch unser Vater Gandein),

20Wir litten Kummer viel und Pein

Manchmal um ein liebes Lieb.

Ihr wart ein Ritter und ein Dieb,

Ihr konntet dienen, konntet hehlen;

Ach, könnt auch ich nun Minne stehlen;

25Weh mir, hätt ich Eure Kunst

Und bei der Schönen wahre Gunst!«

Mit Seufzen sprach der König da:

»O weh, daß ich dich jemals sah,

Da du so mit leichtem Scherz

Mir zerschnitten hast das Herz

[9]Und zerschneiden wirst im Scheiden.

Mein Vater hat uns beiden

Hinterlaßen Gut genug:

Dir sei daran der gleiche Fug.

5Ich bin dir von Herzen hold:

Licht Gesteine, rothes Gold,

Rosse, Waffen, Volk, Gewand,

Des nimm so viel von meiner Hand,

Daß du nach deinem Willen fährst

10Und deine milde Hand bewährst.

Deine Tapferkeit ist auserkoren:

Wärst du von Gilstram geboren

Oder kämst von Rankulat3 daher,

Lieber könnt ich nimmermehr

15Dich haben, als ich dich gewann:

Du bist mein Bruder sonder Wahn.«

»Herr, mich zu loben ist euch noth,

Da eure Zucht es euch gebot.

Nun sollt ihr mir auch Hülfe leihn.

20Wollt Ihr und auch die Mutter mein

Mir geben eures fahrenden Gutes,

So steig ich aufwärts frohes Muthes.

Empor ist meines Herzens Streben:

Warum hat es dieses Leben,

25Daß so mir schwillt die linke Brust?

Wohin, ach, jagt mich ihr Gelust?

Ich wills erfahren, wenn ich kann;

Nun naht der Abschied mir heran.«

Der König Alles ihm gewährte,

Er gab ihm mehr als er begehrte:

[10]Fünf Rosse schön und auserkannt,

Die Besten in des Königs Land,

Stark, kühn und rasch von Feuer;

Viel Goldgefäße theuer

5Und manchen Kloß von Golde schwer.

So milde war der König hehr,

Er füllt' ihm des vier Reiseschreine;

Darein auch muste viel Gesteine.

Da sie gefüllet lagen,

10Knappen, die des pflagen,

Waren wohl bekleidet und beritten.

Sie weinten laut mit Jammerssitten,

Als er vor seine Mutter ging,

Und sie herzend ihn umfing.

15»Fils dü Roi Gandein,

Willst du nicht länger bei mir sein?«

Sprach das weibliche Weib.

»O weh, es trug dich doch mein Leib!

Du bist auch König Gandeins Kind.

20Ist Gott, daß er mir hülfe, blind

Oder ließ sein Ohr ertauben,

Daß er mir nicht will glauben?

Soll ich noch neuen Kummer haben?

Meines Herzens Lust hab ich begraben

25Und die Süße meiner Augen:

Will er noch mehr mir rauben?

Der doch stäts gerecht gerichtet,

So ist das all erdichtet

Was sie von seiner Hülse sagen,

Da er so gar mich läßt verzagen.«

[11]»Frau,« sprach der junge Anschewein,

»Gott tröst euch um den Vater mein:

Wir beide sollen um ihn klagen.

Laßt euch von mir Niemanden sagen,

5Was euch Sorge schüf und Leid.

Ich fahr um höhre Würdigkeit

Nach Ritterschaft in fremdes Land:

So ist es, Frau, um mich bewandt.«

Da sprach zu ihm die Königin:

10»Hast du Dienst und Herz und Sinn

Gewandt auf hoher Minne Lohn,

So verschmähe, lieber Sohn.

Nicht mein Gut zu dieser Reise.

Deine Kämmerlinge weise

15Her, daß sie empfahn von mir

Schwerer Reiseschreine vier,

Breite Zeuge drin von Seiden,

Ganze, die noch zu verschneiden,

Und theuern Samt zu manchem Kleid.

20Süßer Mann, laß mich die Zeit

Wißen, wann du wiederkehrst,

Daß du meine Freuden mehrst.«

»Frau, das ist mir unbekannt;

Ich weiß auch nicht voraus das Land.

25Doch wo ich sei zu jeder Zeit,

Ihr habt nach eurer Würdigkeit

Rittersehre mir bezeigt.

Auch der König war mir so geneigt,

Daß ich viel Dank ihm schuldig bin.

Ich weiß, daß Ihr ihn, Königin,

[12]Darum noch mehr in Zukunft liebt,

Was immer sich mit mir begiebt.«

Wie uns die Aventüre sagt,

So ward dem Degen unverzagt

5Von Liebeswegen zugesandt,

Und weil er edeln Fraun bekannt,

Ein Kleinod tausend Marken werth.

Wenn heut ein Jude Pfand begehrt,

Er würd es gern dafür empfangen

10Und weitre Bürgschaft nicht verlangen.

Das sandt ihm eine Freundin.

Ihm brachte stäts sein Dienst Gewinn,

Der Frauen Gruß und ihre Minne;

Er ward doch selten Trostes inne.

15Urlaub nahm der Weigand.

Mutter, Bruder, beider Land

Sein Auge nimmer wiedersah;

Daran doch Manchem Leid geschah.

Die ihm je gefällig waren,

20Bis er heute sollte fahren,

Und wars mit noch so kleinen Dingen,

Groß war der Dank, den sie empfingen;

Mehr als genug gedaucht' es sie.

Sich merken ließ der Höfische nie,

25Daß sie ihm nur sein Recht gegeben;

Sein Sinn war ebner noch als eben.

Wer selber sagt, wie werth er sei,

Da steht Unglaube Jedem frei:

Zuschauer solltens melden

Und die gesehn den Helden,

[13]Wenn er in der Fremde wäre,

So fände Glauben wohl die Märe.

Gachmuret ohn Unterlaß

Blickte nach dem rechten Maß

5Unverlockt von anderm Ziel;

Seines Rühmens war nicht viel.

Große Ehre must er leidend leiden,

Uebermuth wollt er meiden.

Doch wähnte der Gefüge,

10Daß Niemand Krone trüge,

Wärs König, Kaiser, Kaiserin,

In dessen Dienst er dürfe ziehn,

Er hätte denn die höchste Macht,

Die je auf Erden ward erdacht:

15Der Will in seinem Herzen lag.

Ihm ward gesagt, zu Baldag

Wär ein so gewaltger Mann,

Daß ihm des Erdreichs unterthan

Zwei Drittel wären oder mehr.

20Er war im Heidentum so hehr,

Daß er des Baruchs Namen trug.

Seine Herschaft nahm so hohen Flug,

Mancher König war sein Mann,

Mit gekröntem Leib ihm unterthan.

25Des Baruchs Amt besteht noch heut:

Wie man Christenrecht uns beut

Zu Rom, die wir die Tauf empfingen,

Die Heiden so nach Baldag gingen,

Ihr Pabstrecht nahmen und gedachten

Schier unfehlbar sei's zu achten.

[14]Der Baruch pflegt der Sünden

Ihnen Ablaß zu verkünden.

Brüdern zwen von Babylon,4

Pompejus und Ipomidon,

5Denen nahm der Baruch Ninive,

Das ihrer Vordern war von je:

Sie thaten starken Widerstand.

Da kam der Anschewein ins Land:

Dem wurde bald der Baruch hold.

10Für Dienste nahm von ihm den Sold

Gachmuret der werthe Mann.

Nun verzeiht ihm, daß er dort gewann

Ander Wappen, als Gandein

Ihm einst verliehn, der Vater sein.

15Der Herr trug mit bescheidnen Sitten

Auf seine Kouvertür geschnitten

Anker von lichtem Härmelin:5

Diesen ähnlich führt' er ihn

Auf dem Schild und all der Tracht.

20Grüner noch als ein Smaragd

War sein Reitzeug und Gewand,

Das ganz aus Achmardi bestand:

So heißt ein Zeug von Seiden,

Daraus der Held ließ schneiden

25Korsett und Wappenrock6 gesamt,

Denn es ist beßer als der Samt;

Anker von Harm daraus genäht,

Viel goldne Fäden drum gedreht.

Seine Anker hatten niemals Land

Gefaßt an eines Ufers Rand,

[15]Sie wurden nie in Grund geschlagen.

Der Degen mußte weiter tragen

In manches Land, der werthe Gast,

Diese wappenliche Last

5Und die ankergleichen Zeichen,

Weil es nirgend in den Reichen

Ihn nur zu kurzer Ruh gelitten.

Wieviel er Länder durchritten

Und in Schiffen hab umfahren?

10Sollt ich schwörend mich verwahren,

So sagt' ich euch auf meinen Eid

Und ritterliche Sicherheit,

Nur was die Aventüre spricht,

Denn weitre Zeugen hab ich nicht.

15Sie sagt, daß seiner Mannheit Kraft

Den Preis nahm in der Heidenschaft,

In Persien und in Marokko.

Seine Hand erwarb auch anderswo,

In Aleppo und Damaskus auch,

20Und wo nur Ritterspiel Gebrauch,

In Arabien und rings umher,

Daß im Turniere Niemand mehr

Mit ihm zu streiten mocht heran:

So war der Ruf, den er gewann.

25Sein Herz rang nach dem höchsten Lob:

Aller Andern That zerstob,

Vor seiner ganz vernichtet.

So wurde stäts berichtet,

Wer gegen ihn zu streiten kam.

Zu Baldag man es auch vernahm.

[16]Aufwärts strebt' er sonder Wank.

Von dannen gegen Zaßamank

Fuhr er, in das Königreich.

Da klagte Freund und Feind zugleich

5Eisenharten, der das Leben

Einem Weibe dienend hingegeben.

Dazu zwang ihn Belakane,

Die reine, wohlgethane.

Weil sie ihm niemals Minne bot,

10Lag er um ihre Minne todt.

Da rächten ihn die Freunde bald

Offen und im Hinterhalt:

Die Frau bedrängt' ihr mächtig Heer.

Sie stellte kräftig sich zur Wehr,

15Als Gahmuret kam in ihr Land,

Das der Schotte Friedebrand

Von den Schiffen aus verbrannte,

Eh er hinweg sich wandte.

Nun hört von unsers Ritters Fahrt.

20Vom Sturm er her verschlagen ward;

Er büßt' es mit dem Leben fast.

Vor der Königin Palast

Kam er gesegelt in den Hafen,

Wo ihn viel Gafferblicke trafen.

25Nun sah er um sich: dort im Feld

War aufgeschlagen manch Gezelt

Rings um die Stadt bis zu dem Meere:

Da lagen zwei gewaltge Heere.

Er fragte nach der Märe,

Wem Burg und Herschaft wäre;

[17]Vernommen hatt ers nie bis heute,

Noch Einer seiner Schiffleute.

Sie thaten seinen Boten kund,

Es wäre Patelamunt.

5Das entboten sie ihm minniglich,

Bei ihren Göttern flehentlich

Um Hülf ihn bittend: die wär Noth:

Sie rängen nur noch um den Tod.

Als der junge Anschewein

10Vernahm von ihres Kummers Pein,

Da bot er seinen Dienst um Gut,

Wie es oft ein Ritter thut,

Daß er wißen möcht um was

Er dulden sollte Feindeshaß.

15Da sprach aus Einem Munde

Der Sieche, der Gesunde,

Es sollt ihm unverweigert sein,

All ihr Gold und ihr Gestein:

Darüber möcht er schalten

20Und froh bei ihnen alten.

Doch bedurft er nicht des Soldes:

Arabischen Goldes

Hat er manchen Knollen mitgebracht.

Leute finster wie die Nacht

Waren die von Zaßamank:

25Bei denen ward die Zeit ihm lang.

Doch ließ er Herberg nehmen:

Da müsten sie sich schämen,

Wenn sie ihm nicht die beste gaben.

Noch immer in den Fenstern lagen

[18]Mägdelein und Frauen:

Sie musten Alles schauen,

Seine Knappen, sein Gewaffen

Wie das bestellt war und beschaffen.

5Sie sahn, es trug der Degen mild

Auf einem hermelinen Schild

Wer weiß wie manchen Zobelbalg.

Das Wappenbild dem Marschalk

Der Königin ein Anker schien.

10Gar unverdroßen blickt' er hin:

Da musten ihm die Augen sagen,

Er habe schon gesehn vor Tagen

Diesen Ritter oder seinen Schein.

Zu Alexandrien must es sein,

15Als der Baruch lag davor:

Da that es Niemand ihm zuvor.

So fuhr der Hochgemuthe

In die Stadt mit Volk und Gute;

Zehn Säumer ließ ers faßen;

20Die keuchten durch die Gaßen,

Und zwanzig Knappen ritten nach.

Sein Volk voraus zu reiten pflag:

Lakaien, Köche, Küchenjungen,

Die kamen vorn einher gesprungen.

25Stolz war sein Ingesinde:

Zwölf hochgeborner Kinde

Hinter seinen Knappen ritten

Mit guter Zucht und süßen Sitten:

Darunter waren Sarazenen.

Acht Rosse zog man hinter denen

[19]An den Zäumen, allzumal

Verdeckt mit gutem Zindal;

Das neunte seinen Sattel trug.

Seinen Schild, der euch bekannt genug,

5Führt' ein muntrer Knapp herbei.

Nach diesem ritten in der Reih

Posauner, die man auch bedarf.

Ein Tambour schritt und schlug und warf

Seine Trommel hoch empor.

10Dem Herren kam es spärlich vor,

Ritten Flötenspieler nicht dabei

Und der guten Fiedler drei.

Sie eilten alle nicht zu sehr.

Er selbst ritt hinter ihnen her.

15Den Schiffmann zu der linken Hand,

Den weisen, weithin wohlbekannt.

Soviel Volks auch war darinnen,

Mohren und Möhrinnen

Waren beide, Weib und Mann.

20Auch sah der Degen wohlgethan

Viel Schilde da zerbrochen

Und von Speren ganz durchstochen.

Man sah sie aufgehangen

An Wand und Thüren prangen.

25Sie hatten Angst und Jammer da.

In die Fenster, kühlen Lüften nah,

War gebettet manchem Wunden:

Hätt er den Arzt gefunden,

So konnt er doch nicht mehr genesen.

Die waren vor dem Feind gewesen.

[20]So ergeht es uns, die ungern fliehn.

Sich entgegen sah er Rosse ziehn

Durchstochen und zerhauen;

Auch viel dunkelfarbge Frauen

5Zu beiden Seiten neben sich:

Ihr Schein der Rabenschwärze glich.

Gar freundlich nahm ihn auf sein Wirth,

Der bald noch mehr sich freuen wird.

Er war ein kraftreicher Mann:

10Mit seiner Hand hatt er gethan

Manchen Stich und manchen Schlag,

Da er einer Pforte hütend pflag.

Viel Ritter, die er bei ihm fand,

Hängten die Hände in ein Band,

15Die Häupter voller Schrunden.

So stands mit ihren Wunden,

Sie übten dennoch Ritterschaft;

Unverkürzt war ihre Kraft.

Sein Wirth, der Burggraf der Stadt,

20Den Gast mit holden Worten bat,

Sich für daheim zu halten

Und nach freier Lust zu schalten

Ueber sein Gut und über ihn.

Er führt' ihn seinem Weibe hin,

25Die Gachmureten küsste,

Wars auch nicht sein Gelüste.

Dann ging es in den Speisesaal.

Als sie gegeßen allzumal,

Da ging der Marschall hin zuhand,

Wo er die Königstochter fand

[21]Und heischte großes Botenbrot.

Er sprach: »Herrin, unsre Noth

Ist mit Freuden nun zergangen.

Der hier gastlich ward empfangen,

5Der Ritter ist so kühn im Streit,

Wir müßen danken allezeit

Den Göttern, die ihn hergebracht,

Daß sie uns Rettung zugedacht.«

»Nun sag mir bei der Treue dein,

10Wer der Ritter möge sein?«

»Frau, es ist ein stolzer Degen,

Dem einst der Baruch Gold ließ wägen,

Ein Anschewein von hoher Art.

Avoi! wie wenig er sich spart,

15Wenn er daher sprengt zu dem Streit!

Wie behende kann er jederzeit

Weichen und vorwärts dringen

Und Feinden Schaden bringen.

Ich sah ihn kämpfen gar verwegen,

20Als von Babylon die Degen

Alexandrien entsetzen sollten

Und den Baruch treiben wollten

Mit Gewalt aus dem Feld.

Wie Manchen hat er da gefällt

25Bei des Heeres Niederlage!

Wohl beging an diesem Tage

Der edle Held so kühne That,

Sie musten fliehn, es blieb kein Rath.

Auch rühmten Alle so den Mann,

Man erkannte leicht daran,

[22]Daß ihm ob manchen Landen

Der Preis wird zugestanden.«

»So sieh mir zu und säume nicht,

Daß er herkommt und mich spricht.

5Wir haben Frieden diesen Tag,

Daß er herauf wohl reiten mag

Zu mir; oder soll ich hin?

Er ist andrer Farbe denn ich bin:

O weh, verdrießt ihn das auch nicht?

10Hätt ich darüber nur Bericht!

Wenn mirs die Meinen riethen,

Wollt ich ihm Ehre bieten.

Geruht er, mir zu nahen,

Wie soll ich ihn empfahen?

15Ist er so wohl geboren,

Daß mein Kuss nicht sei verloren?«

»Er ist von königlichem Blut,

Ich bürg euch, Frau, mit Leib und Gut.

Frau, euern Fürsten will ich sagen,

20Daß sie reiche Kleider tragen

Und vor euch stehn nach Hofessitten,

Wenn wir kommen hergeritten;

Das sagt auch euern Fraun zumal.

Nun eil ich wieder hin zu Thal

25Und bring euch her den Degen werth;

Keiner süßen Tugend er entbehrt.«

Das Alles fiel auf guten Grund:

Der Marschall that behend ihm kund

Wes die Herrin ihn gebeten.

Schnell wurden Gachmureten

[23]Reiche Kleider hingetragen:

Die zog er an; ich hörte sagen,

Daß sie gar köstlich wären;

Seine Anker drauf, die schweren,

5Aus arabschem Golde fein:

Also wollt er, sollt es sein.

Da bestieg der Minne süßer Lohn

Ein Ross, darauf vor Babylon

Ein Ritter ihn bestand im Streit:

10Er stach ihn ab, das war dem leid.

Ob sein Wirth auch mit ihm war?

Er und seiner Ritter Schar:

Ja gewiss, des sind sie froh.

Sie ritten miteinander so

15Und stiegen ab vor dem Saal.

Da war der Ritter große Zahl:

Die musten wohlgekleidet sein.

Seine Kinde liefen mit ihm ein

Und gaben sich je zwei die Hand.

20Ihr Herr auch manche Frau da fand,

Die wonniglich gekleidet ging.

Die reiche Königin empfing

Durch ihre Augen hohe Pein,

Als sie ersah den Anschewein.

25Sein Antlitz war so minniglich:

Ihr Herz erschloß er völlig sich,

Ob es ihr lieb war oder leid;

Sonst schloß es ihre Weiblichkeit.

Ein wenig trat sie ihm entgegen

Und ließ sich küssen von dem Degen.

[24]Sie nahm ihn selber bei der Hand.

Sie setzten sich zum Feind gewandt

In eines Fensters Ecke

Aus gesteppter Sammetdecke,

5Die über weichen Kissen lag.

Ist etwas lichter, denn der Tag,

Dem glich nicht viel die Königin.

Sie hatte weiblichen Sinn;

Sonst war die tadellose

10Ungleich der thau'gen Rose:

Schwarze Farbe von ihr schien,

Die Kron ein lichter Rubin,

Daß man ihr Haupt durchscheinen sah.

Zum Gaste sprach die Wirthin da,

15Er war ihr sehr willkommen.

»Viel hab ich, Herr, vernommen,

Wie ritterlich und kühn ihr seid.

Bei eurer Zucht, sei euch nicht leid,

Daß ich euch den Kummer klage,

20Den ich nah am Herzen trage.«

»Meine Hülfe bleibt euch unversagt.

Frau, was euch kümmert oder plagt,

Mag das wenden meine Hand,

Sei sie zu euerm Dienst verwandt.

25Ich bin nur der Eine Mann:

Wird euch was zu leid gethan,

So halt ich meinen Schild entgegen;

Doch macht den Feind das nicht verlegen.

Da hub ein Fürst mit Züchten an:

»Fehlt' uns nicht ein Hauptmann,

[25]So wollten wir den Feind nicht sparen.

Denn Friedebrand ist heimgefahren,

Er befreit nun dort sein eigen Land:

Ein König Namens Hernant,

5Den er Herlindens halb erschlug,

Des Freunde thun ihm Leid genug;

Sie wollen es ihm nicht erlaßen:

Doch hat er Helden hier gelaßen:

Den Herzogen Heuteger,

10Des kühne That schon viel Beschwer

Uns schuf, und seine Ritterschaft:

Ihr Streit hat Kunst genug und Kraft.

So hat auch manchen Söldner hier

Der Normanne Gaschier,

15Der versuchte Degen hehr.

Noch hat hier der Ritter mehr

Kailet von Hoskurast,

Manchen zornigen Gast.

Die alle bracht in dieses Land

20Der Schottenkönig Friedebrand

Und die vier Genoßen sein;

Mancher Söldner zog mit ihnen ein.

Gegen Westen dort am Meer

Lagert Eisenhartens Heer:

25Ihre Augen trocknen nimmer sich.

Nicht geheim noch öffentlich

Hat man sie anders je gesehn

Als jämmerlich in Klage stehn.

Ihr Herz zerströmt sich so in Güßen,

Weil ihr Herr im Zweikampf enden müßen.«

[26]Da sprach zu seiner Wirthin

Der Gast mit höflichem Sinn:

»Geruhet doch und sagt mir an,

Wie dieser Haß sich entspann.

5Was ziehn sie euch mit Macht entgegen?

Ihr habt so manchen kühnen Degen:

Mich jammert, sind sie so beladen

Mit Feindeshaß zu ihrem Schaden.«

»Vernehmt es, Herr, da ihrs begehrt.

10Mir dient' ein Ritter, der war werth,

Aller Tugend blühend Reis.

Mannhaft war der Held und weis,

Der Treue wohlgediehne Frucht,

Seine Zucht ging über alle Zucht.

15Er war noch keuscher als ein Weib,

Kraft und Kühnheit trug sein Leib.

Kein Ritter über allem Land

War auch noch je so milder Hand

(Wer weiß, was nach uns soll geschehn?

20Da mögen andre Leute spähn).

Er war zu falscher That ein Thor,

Gleich mir von schwarzer Farb ein Mohr.

Sein Vater hieß Tankaneis:

Der König trug auch hohen Preis;

25Mein Freund hieß selber Eisenhart.

Meine Weibheit war nicht wohlbewahrt,

Mir dient' er doch um Minnelohn,

Daß er den Wunsch nicht trug davon:

Das muß ich ewig nun beklagen.

Ich ließ ihn, wähnen sie, erschlagen.

[27]Verrathes bin ich unerfahren,

Wie mich des zeihen seine Scharen.

Mehr als sie selber liebt ich ihn,

Des ich nicht ohne Zeugen bin:

5Damit bewähr ich es wohl noch.

Die rechte Wahrheit wißen doch

Meine Götter und die seinen.

Wie mußt ich um ihn weinen!

So zog ich mit verschämter Strenge

10Seinen Lohn, mein Leid auch, in die Länge.

»Mein Dienst erwarb im Rittertum

Dem Helden oftmals hohen Ruhm.

Ich versucht' ihn, ob er Freund zu sein

Verstünde: bald wohl sah ichs ein.

15Er gab um mich den Harnisch hin,

Der unter jenem Baldachin7

Nun steht (das herliche Gezelt

Brachten Schotten auf dieß Feld).

Als des der Degen ledig ward,

20Da hat er sich nicht viel gespart,

Weil ihn des Lebens schier verdroß:

Manch Abenteuer sucht' er bloß.

Da es also mit uns stand,

Ein Fürst, Prothißilas genannt,

25Mein Höfling und mein Unterthan,

Der unerschrockenste Mann,

Ritt auf Abenteuer aus

Und fand des Schadens viel im Strauß.

Dort im Wald von Aßagog

Eine Tjost ihn nicht um Tod betrog,8

[28]Die er that auf einen kühnen Mann,

Der auch sein Ende da gewann.

Das war mein Freund Eisenhart.

Mit einem Sper durchstochen ward

5Jedweder durch Schild und Leib.

Das klag ich noch, ich armes Weib:

Der beiden Tod mich ewig müht,

Auf meiner Treue Jammer blüht.

»Ich vermählte nie mich einem Mann.«

10Gachmuret erwog und sann,

Obwohl sie eine Heidin wär,

Weiblichen Sinnes sei doch mehr

Nie in ein Frauenherz gekommen.

Statt Taufe müß ihr Keusche frommen,

15Der Regen auch, der sie begoß,

Von ihren Augen strömt' und floß

Ihr auf den Zobel, auf die Brust.

Trauern nur war ihr Gelust,

Dazu jammerhaftes Klagen.

20Da hub sie wieder an zu sagen:

»Nun kam mich suchen über Meer

Der Schottenkönig und sein Heer:

Der war seines Oheims Sohn.

Sie konnten mir nichts Schlimmres drohn,

25Als mir schon geschehen war

An Eisenharten, glaubt fürwahr.«

Viel Seufzer sie entschickte,

Zwischen Thränen manchmal blickte

Sie beschämt und scheu hinan

Zu Gachmureten: da begann

[29]Ihr Aug dem Herzen zu vertraun,

Der Degen wäre schön zu schaun.

Sie war auch eine Kennerin

Lichter Farbe: früherhin

5Sah sie schon viel lichte Heiden.

Da erwuchs zwischen beiden

Getreuer Minne mehr und mehr:

Sie blickte hin, er blickte her.

Schenken hieß sie nun den Wein;

10Dürfte sie, sie ließ' es sein.

Gern säh sie, wenn es unterblieb,

Weil es die Ritter stäts vertrieb,

Die gerne sprachen mit den Fraun.

Doch wars sein Leben, sie zu schaun;

15Auch hatt er ihr den Sinn gegeben,

Sein Leben war der Frauen Leben.

Da erhob er sich und sprach:

»Frau, ich schaff euch Ungemach.

Zu lange hab ich hier geseßen;

20Da war ich klugen Sinns vergeßen.

Ich dien euch gern; doch ist mir leid,

Daß eure Noth so groß und breit.

Frau, gebietet über mich:

Wohin ihr wollt, dahin will ich.

25Ich dien euch immer, wo ich kann.«

»Ich seh euch,« sprach sie, »dafür an.«

Alles thut der Burggraf nun,

Sein Wirth, was er vermag zu thun,

Ihm zu kürzen Zeit und Stunde.

Er frug mit höfschem Munde:

[30]Ob er spazieren wolle reiten?

»So seht ihr auch, wo wir streiten

Und wie die Pforten stehn in Hut.«

Gahmuret der Degen gut

5Sprach, er wünsche wohl zu sehn,

Wo ihr Kampfspiel war geschehn.

Hinunter mit ihm ritten

Viel Degen edler Sitten,

Hier der Junge, dort der Greise.

10Sie führten ihn im Kreise

Wohl vor sechszehn Pforten,

Und beschieden ihn mit Worten,

Daß keine je verschloßen ward,

»Seit sie rächten Eisenhart

15An uns mit Zorn. Mit gleicher Macht

Stritten wir fast Tag und Nacht:

Sie blieben offen all die Zeit.

Vor acht Pforten giebt uns Streit

Des getreuen Eisenhartens Bann:

20Sie haben Schadens viel gethan.

Wie sie nach Rache dürsten,

Diese wohlgebornen Fürsten

In des Königs Bann von Aßagog!«

Vor jeglicher Pforte flog

25Eine lichte Fahn ob kühner Schar,

Drauf ein durchstochner Ritter war,

Weil Eisenhart so zu sterben kam,

Den nun sein Volk zum Wappen nahm.

»Wir haben andern Brauch dagegen,

Womit wir sie zu trösten pflegen:

[31]Unsre Fahne wird daran erkannt,

Daß zwei Finger ihrer Hand

Die Fürstin bietet zu dem Eid,

Ihr sei noch nie geschehn so leid,

5Als durch Eisenhartens Tod;

Der schuf ihr bittre Herzensnoth.

So von des Krieges Anbeginn

Belakane stand die Königin

In einem weißen Sammetfeld

10In schwarzen Farben ausgestellt,

Seit wir des Feinds Panier erschaut

(Ihre Treue wird im Jammer laut):

So steht sie ob den Thürmen hoch.

Von den andern acht bedrängt uns noch

15Friedebrands des Schotten Heer,

Die Getauften von über Meer.

»Ein Fürst behütet jedes Thor;

Oftmals zieht er auch davor

In den Streit mit dem Panier.

20Gaschier, dem Normann, nahmen wir

Einen Grafen ab im Feld:

Der bietet hohes Lösegeld.

Ein Schwestersohn ists von Kailet:

Was uns der nun Böses thät,

25Muste dieser stäts entgelten.

Doch solch Glück kommt uns selten.

Grünes Angers wenig, Sandes

Wohl an dreißig Ritte Landes

Ist zu den Zelten von dem Graben:

Da sieht man sie zum Kampfspiel traben.

[32]So gab sein Wirth ihm Bericht:

»Ein Ritter unterläßt das nicht,

Er kommt hervor und tiostiert.

Wenn der seinen Dienst verliert

5Bei jener, die ihn hergeschickt,

Was hilft ihm dann, wie frech er blickt?

Das ist der stolze Heuteger.

Ich darf wohl sagen, seit das Heer

Uns der Feinde hält umseßen,

10Daß der Held vermeßen

Allmorgentlich bereit erschien

Vor der Pforte bei dem Baldachin;

Auch weiß ich, daß der kühne Mann

Manches Kleinod hat verthan,9

15Wenn er uns durch die Schilde stach,

Das man für kostbar ansprach,

Wenn es die Knappen ausgebrochen;

Er hat uns Manchen abgestochen.

Der Held läßt sich gerne schauen;

20Ihn loben auch unsre Frauen.

Wen Frauen loben, wird bekannt,

Er hat den Ruhm an der Hand

Und seines Herzens Wonne.«

Nun hatte müd die Sonne

25Eingestellt den Strahlenschein:

Des Lustritts must ein Ende sein.

Der Gast ritt heim mit seinem Wirth;

Das Mal bereit er finden wird.

Ich muß von ihrer Speise sagen:

Die ward mit Anstand aufgetragen:

[33]Man diente ihnen ritterlich.

Mit Gefolge kam und stellte sich

Die Königin vor seinen Tisch:

Hier stand der Reiher, dort der Fisch.

5Sie war herabgefahren,

Um selber zu gewahren,

Ob man fleißig pfläge sein.

Mit Jungfraun kam sie, nicht allein.

Sie kniete nieder (ihm wars leid):

10Mit eigner Hand zerschnitt die Maid

Dem Ritter seine Speise so.

Die Frau war ihres Gastes froh.

Da bot sie ihm sein Trinken dar

Und pflag sein gut; wohl nahm er wahr

15Ihr Geberden wie ihr Wort.

Unten an dem Tische dort

Saß ihm mancher Spielmann

Und gegenüber sein Kaplan.

Beschämt empor zur Herrin sah

20Der Degen: schüchtern sprach er da:

»So hofft ichs nicht zu finden hier,

Wie Ihr es, Frau, erbietet mir,

Mit also hohen Ehren:

Wenn ich euch dürfte lehren,

25So hätt ich nur von euch begehrt

Eine Pflege, der ich wäre werth:

Dann kamt ihr nicht herabgeritten.

Darf ich, Königin, euch bitten,

So laßt mich in der Maße leben:

Zu viel Ehre habt ihr mir gegeben.«

[34]Sie wollt auch das nicht laßen,

Seine Kinde, die dort saßen,

Bat sie freundlich: »Eßet doch.«

So ehrte sie den Fremdling noch.

5Die Herrlein alle, wie es schien,

Waren hold der Königin.

Noch eins die Herrin nicht vergaß:

Sie ging auch, wo der Wirth saß

Und sein Weib die Burggräfin.

10Den Becher hob die Königin

Und sprach: »Laß dir befohlen sein

Unsern Gast: die Ehr ist dein.

Ich bitt euch beide höchlich drum.«

So nahm sie Urlaub, wiederum,

15Ging sie hin zu ihrem Gast.

Schon trug sein Herz der Minne Last;

Ein Gleiches ihr von ihm geschah,

Ihr Herz, ihr Auge sagt' es ja:

Die mustens mit ihr eingestehn.

20Mit Züchten sprach die Herrin schön:

»Gebietet, Herr: was ihr begehrt,

Das schaff ich, denn ihr seid es werth;

Und laßt mich Urlaub haben:

Wenn sie euch fleißig laben,

25So bin ich ihnen herzlich hold.«

Ihre Leuchter waren Gold:

Vier Kerzen trug man drauf entbrannt.

Hin ritt sie, wo sie Ruhe fand.

Sie saßen auch nicht länger so;

Der Held war traurig und doch froh.

[35]Ihn freute, daß man Ehr ihm bot;

Doch zwang ihn wieder andre Noth:

Das war die strenge Minne,

Die da neiget hohe Sinne.

5Die Wirthin kam zu ihrer Ruh;

Viel Zeit gehörte nicht dazu.

Man bettete dem kühnen Mann;

Das ward mit allem Fleiß gethan.

Der Wirth sprach zu seinem Gast:

10»Schlafet nun in guter Rast

Und ruht die Nacht: das ist euch Noth.«

Den Platz zu räumen gebot

Der Wirth dem Ingesinde.

Des Gastes edle Kinde,

15Ihr Bett rings um das seine lag,

Ihr Haupt daran, wie er es pflag.

Da standen Kerzen schön und groß

Und brannten hell. Den Held verdroß,

Daß so lang war die Nacht.

20Ihn bracht oft in Ohnmacht

Diese schwarze Möhrin,

Des Mohrenlandes Königin.

Er wand sich oft wie Weidenholz;

Da erkrachten ihm die Glieder stolz.

25Minn und Kampf war sein Begehren;

Nun wünscht, man mög es ihm gewähren.

Sein Herz von lauten Stößen scholl,

Weil es nach Ritterthaten schwoll.

Das begann dem kühnen Recken

Beide Brüste weit zu strecken

[36]Wie die Sehne streckt die Armbrust;

Zu heftig war da sein Gelust.

Der Herr ohn alles Schlafen lag,

Bis er grauen sah den Tag.

5Der gab noch keinen lichten Schein,

Da stellte sein Kaplan sich ein

Zur Messe nach des Herrn Gebot:

Er sang sie ihm zugleich und Gott.

Den Harnisch trug man ihm zuhand:

10Hin ritt er, wo er Tjoste fand.

Der Degen säumte sich nicht lang:

Das Ross, darauf er schnell sich schwang,

Das konnte ruckweis springen

Und geschwinde vorwärts dringen,

15Bekehrig wenn mans rückwärts zog.

Seinen Anker auf dem Helme hoch

Man zum Thore führen sah.

Weib und Mann gestand ihm da,

Kein schönrer sei in allen Reichen:

20Ihm sollten ihre Götter gleichen.

Man trug ihm manchen starken Sper;

Wie der Held gerüstet wär?

Von Eisen trug sein Ross ein Dach,

Das gab vor Schlägen ihm Gemach.

25Eine andre Decke überzog

Es leicht, weil sie nur wenig wog;

Die war ganz von grünem Samt.

Korsett und Wappenrock gesamt

War auch ein grüner Achmardi;

In Arabien wirkt man die.

[37]Lug will mir nicht geziemen;

Seine Schildriemen

Waren unverblichne Borten

Mit Gestein aller Orten

5Besetzt, das war theuer.

Geläutert in Feuer

War sein Schild von rothem Gold.

Sein Dienst erwarb der Minne Sold,

Weil scharfer Streit nur Spiel ihm schien.

10Am Fenster lag die Königin;

Der Frauen saßen da noch mehr.

Nun seht, da hielt auch Heuteger,

Der hier oft den Preis genommen.

Als der den Herrn sah kommen

15Galoppierend auf sich an,

Gedacht er: »Wie oder wann

Kam der Franzos in dieses Land?

Wer hat den Stolzen hergesandt?

Schiene der mir ein Mohr,

20So wär mein bester Sinn ein Thor.«

Die das Springen doch nicht ließen,

Mit Sporen sie die Rosse stießen

Aus dem Galopp in die Rabbin.10

Voll Ritterkraft Jedweder schien,

25Als sie der Tjost sich nicht entzogen.

Die Splitter in die Lüfte flogen

Vom Sper des stolzen Heuteger;

Auch fällt' ihn seines Gegners Wehr

Auf das Gras hinters Ross,

Was ihn als ungewohnt verdroß.

[38]Er ritt auf ihn und trat ihn nieder;

Zwar erholt' er oft sich wieder

Und zeigte sich zu wehren Lust;

Doch steckt' im Arm, ihm unbewust,

5Schon ihm Gachmuretens Lanze:

Der erheischte da Fianze.11

Seinen Meister hatt er funden.

»Wer hat mich überwunden?«

Also sprach der kühne Mann.

10Alsbald hub der Sieger an:

»Ich bin Gachmuret Anschewein.«

Er sprach: »Meine Sicherheit sei dein.«12

Er nahm sie an und sandt ihn ein.13

Da must er hochgepriesen sein

15Von den Fraun, die es gesehen haben.

Von dort begann heranzutraben

Der Normanne Gaschier,

Der starke Degen stolz und zier,

Der versuchte Lanzenbrecher.

20Gachmuret der Unbillsrächer

Hielt schon zur zweiten Tjost bereit.

Seinem Spere war das Eisen breit,

Der Schaft stark und feste.

Da wägten diese Gäste

25Ungleich Gewicht einander zu.

Darnieder lag Gaschier im Nu,

Mit dem Pferde gefallen

Und den Gewaffen allen.

Gezwungen gab er Sicherheit,

Ob es ihm lieb war oder leid.

[39]Gachmuret der Weigand

Sprach: »Mir sichert eure Hand;

Doch that sie mannliche Wehr.

Nun reitet zu der Schotten Heer

5Und bittet, daß sie uns mit Streit

Verschonen: sind sie des bereit,

So kommt mir nach in die Stadt.«

Was er gebot oder bat,

Das war allzumal vollbracht:

10Vom Streite ließ der Schotten Macht.

Da kam geritten Kailet.

Vor dem entwich Gachmuret,

Denn er war seiner Muhme Sohn:

Er spart' ihm gerne Spott und Hohn.

15Der Spanier rief ihm nach genug.

Einen Strauß er auf dem Helme trug;

Gekleidet war derselbe Mann,

Soviel ich euch berichten kann,

In Pfellelseide weit und lang.

20Das Gefilde von dem Helden klang:

Seine Schellen gaben Töne.

Diese Blum an Mannesschöne!

Er behielt den Preis der Schönheit,

Nur nicht vor zwein nach seiner Zeit:

25Beaukorps, Lotens Kind,

Und Parzival, die hier nicht sind:

Sie waren jetzt noch ungeboren

Und wurden dann für schön erkoren.

Gaschier ihn mit dem Zaume nahm:

»Eure Wildheit wird wohl zahm,

[40]Das sag ich bei der Treue mein,

Besteht ihr dort den Anschewein,

Der meine Sicherheit schon hat:

Merket, Herr, meinen Rath

5Und thut, wie ich gebeten.

Ich verhieß Gachmureten,

Ihn Kampfs mit euch zu überheben;

Drauf hab ich ihm die Hand gegeben.

Nun laßt den Ehrgeiz mir zu lieb:

10Er zeigt euch Kraft in Stich und Hieb.«

Da sprach der König Kailet:

»Ist das mein Vetter Gachmuret,

Fils dü Roi Gandein?

Mit dem laß ich mein Streiten sein.

15Laßt mir den Zaum.«   »Es soll geschehn,

Hat mein Aug erst ersehn

Euer unbedecktes Haupt;

Meins hat er schier Gehörs beraubt.«

Den Helm er gleich sich niederband;

20Gachmuret doch Streit noch fand.

Es war schier halber Morgen.

Den Städtern schwanden Sorgen,

Da sie diesen Kampf gesehn.

Ruhig konnten sie nun gehn

25Hinter ihrer Mauer Zinnen.

Er war ein Netz für sie da innen:

Was drunter kam, das war beschlagen.

Ein ander Ross, hört ich sagen,

Bestieg alsbald der werthe Held:

Das flog und rührte das Feld

[41]Kunstrecht nach jeder Seite,

Kühn, wo es galt im Streite,

Geschickt und besonnen.

Was er darauf begonnen?

5Das rechn ich ihm für Großthat an.

Hin ritt er, wo ihn Mohren sahn.

Die lagen dort mit ihrem Heer

Gegen Westen bei dem Meer.

Ein Fürst war Raßalig genannt,

10Der jeden Tag sich unterstand,

Von Aßagog der reichste Held

(Sein Geschlecht das nicht in Frage stellt:

Das war von königlicher Art),

Er hob sich immer auf die Fahrt

15Und tiostierte vor der Stadt.

Jetzt machte seine Kräfte matt

Unser Held von Anschau.

Das beklagte eine schwarze Frau

(Die hatt ihn dahin gesandt),

20Daß ihn da Jemand überwand.

Ein Knapp bot ungebeten

Seinem Herren, Gachmureten,

Einen Sper mit einem Schaft von Rohr:

Damit stach er den Mohr

25Hinters Ross auf den Grieß,

Wo er ihn nur liegen ließ,

Bis ihm gesichert war der Frieden.

Hiemit war der Krieg entschieden,

Und ihm erworben großer Preis.

Acht Fahnen sah der Degen weis

[42]Feindlich fliegen nach der Stadt,

Die er zurück zu senden bat

Den kühnen sieglosen Mann.

Er gebot ihm alsdann

5Ihm zu folgen, ritt' er ein;

Das that er, denn es muste sein.

Gaschier auch säumte nicht zu kommen.

Als von dem der Wirth vernommen,

Sein Gast sei weiter noch hinaus –

10Daß er nicht Eisen wie ein Strauß

Verschlang und Kieselsteine,

Das macht', er fand da keine.

Sein Zorn erhob Gebrülle

Wie der Löw aus Zornesfülle.

15Er riß sich aus die Haare:

»Nun hab ich meine Jahre

Zu eitel Thorheit verwandt.

Die Götter hatten mir gesandt

Einen kühnen werthen Gast:

20Ueberlädt sich der mit Streites Last,

So werd ich Werthen nie mehr werth.

Was taugt mir Schild nun und Schwert?

Ein Schimpf ists, mahnt man mich daran.«

Von den Seinen stob er da hindann

25Zum Thor mit Spornschlägen.

Ihm kam ein Knapp entgegen,

Der trug einen gemalten Schild,

Ein durchstochner Mann im Wappenbild,

Gewirkt in Eisenhartens Land.

Einen Helm auch trug er in der Hand

[43]Und ein Schwert, das Raßalig,

Der kühne, bracht in diesen Krieg;

Nun must er von ihm scheiden,

Dieser kühne Fürst der Heiden,

5Der sich weites Lob erworben.

Ist er ungetauft gestorben

So erbarme sein sich bald,

Der aller Wunder hat Gewalt.

Da der Burggraf das ersah,

10Nie freut' er sich wohl mehr als da.

Als er die Wappen hatt erkannt,

Kam er vor das Thor gerannt:

Seinen Gast sah er da halten,

Den jungen, noch nicht alten,

15Als harrt' er einer weitern Tjost.

Da nahm ihn Lachfilirost,

Sein Wirth, und griff ihm nach dem Zügel;

Er stach heut keinen mehr vom Bügel.

Lachfilirost Schachtelakunt

20Sprach: »Lieber Herr, macht mir kund,

Ward besiegt von eurer Hand

Raßalig? So ist dieß Land

Vor Kampf gesichert immerdar:

Ihm folgt der Mohren ganze Schar

25Im Lehn des treuen Eisenhart,

Davon so viel uns Schade ward:

Zu End ist unsre Noth und Pein.

Ein zornger Gott gab ihnen ein

Uns heimzusuchen mit dem Heer:

Darnieder liegt nun ihre Wehr.«

[44]Er führt' ihn wider Willen mit.

Die Königin ihm entgegen ritt:

Seinen Zaum ergriff sie mit der Hand

Und entstrickt' ihm des Visieres Band.

5Der Wirth must ihn ihr laßen;

Seine Knappen nicht vergaßen,

Sie ritten ihrem Herren nach.

Da führte durch die Stadt gemach

Ihren Gast die weise Königin,

10Dem erstritten war des Siegs Gewinn.

Ab saß sie, da sie dauchte Zeit:

»Weh, wie getreu ihr Knappen seid!

Ihr sorgt wohl, ihr verlört den Mann:

Ihm wird schon ohn euch Dienst gethan.

15Nehmt sein Ross und führt es hin:

Sein Geselle ich hier bin.«

Viel Fraun er auf dem Saale fand;

Entwappnet mit schwarzer Hand

Ward er von der Königin.

20Von dem besten Zobel schien

Die Decke und das Bette weich:

Da erwies sie ihm sogleich

Eine heimliche Ehre.

Zeugen waren da nicht mehre.

25Die Jungfraun gingen vor die Thür

Und schoben Riegel dafür.

Da nahm des Landes Königin

Süßer Minne Hochgewinn,

Und Gachmuret ihr Herzenstraut;

Sie waren ungleich doch von Haut.

[45]Den Göttern opferten zumal

Die von der Stadt. Was befahl

Der Held dem kühnen Raßalig,

Eh er schied aus dem Krieg?

5Das leistet' er in Treue;

Doch wuchs sein Leid aufs Neue

Um seinen Herren Eisenhart.

Als des der Burggraf inne ward,

Kam er herbei. Da hob sich Schall:

10Die Fürsten nahten allzumal

Aus der Königin Land von Zaßamank

Und sagten ihm des Preises Dank,

Den er erworben hatt im Feld.

Vierundzwanzig gefällt

15Hatt er hier vom Sattelbogen,

Der Meisten Rosse fortgezogen;

Gefangener Fürsten waren drei:

Viel Ritter ritten auch herbei

Mit ihnen vor den Königssaal.

20Geruhet und gespeist zumal

Und wonniglich herausstaffiert,

Mit Kleidern herlich geziert,

War des höchsten Wirthes Leib.

Einst hieß sie Magd, nun war sie Weib.

25Die ihn nun vorführt' an der Hand

Und sprach: »Mein Leben und mein Land

Sind diesem Ritter unterthan,

Gönnt Feindeshaß ihm Theil daran.«

Nun folgten Alle Gachmureten;

Sie thaten gern was er gebeten.

[46]»Herr Raßalig, nun kommt heran,

Meines Weibes Kuss sollt ihr empfahn.

Thut Ihr ein Gleiches, Herr Gaschier.«

Auch Heutegern den Schotten zier

5Bat er sie küssen an den Mund;

Der war von seiner Tjost noch wund.

Sich zu setzen, bat er Jeden;

Er stand zu sinnigen Reden.

»Ich säh auch gern den Neffen mein,

10Könnt es mit dessen Hulden sein,

Der ihn hier gefangen hat.

Die Sippe giebt mir keinen Rath

Als schnell ihn frei zu machen.«

Belakanen sah man lachen:

15Sie befahl ihn herzubringen.

Dort eilte vorzudringen

Der minnigliche beau Comte,

Von Ritterschaft nicht unverschont;

Er hatt im Streite viel gethan.

20Gaschier der Normann

Bracht ihn: gar höfisch that er;

Ein Franzose war sein Vater,

Er selbst Kailetens Schwestersohn;

Seine Fahrt geschah um Minnelohn.

25Er hieß Killirjakag;

Schön war er wie ein Mann nur mag.

Kaum hatt ihn Gachmuret erkannt

(In ihrem Antlitz Sippe stand,

Sie sahen sehr einander gleich),

Er bat die Königin sogleich,

[47]Daß sie ihn küsse und umarme;

»Nun komm auch her in meine Arme.«

Da küsste selber ihn der Wirth.

Das Wiedersehn sie freuen wird.

5Gachmuret hub wieder an:

»Weh, du junger süßer Mann,

Was sollte hier dein schwacher Leib?

Sag an, gebot dir das ein Weib?«

»Herr, die gebieten wenig mir.

10Mich hat mein Vetter Gaschier

Hergebracht, er weiß wohl wie.

Ich halt ihm tausend Ritter hie,

Denn ich steh ihm gerne dienstlich bei.

Gen Rouen in der Normandei

15Kam ich zur Versammlung.

Ich brachte manchen Helden jung

Aus der Champagne mit mir hin.

Nun hat der Schade Kunst und Sinn

Verwandt, ihn zu beschweren;

20Ihr wollt euch selbst denn ehren:

Um meinetwillen gebt ihn frei,

Daß seine Pein gesänftet sei.«

»Den Rath behalte nur bei dir.

Geh du hin und Herr Gaschier

25Und bringet mir Kaileten her.«

Sie erfüllten gerne sein Begehr

Und brachten ihn wie er gebeten.

Da ward auch er von Gahmureten

Minniglich empfangen

Und zu öfterm Mal umfangen

[48]Von der reichen Königin;

Sie küsst' ihn auch mit holdem Sinn.

Mit Ehren durfte sie das schon:

Er war ihres Mannes Muhmensohn

5Und von Geschlecht ein König hehr.

Lachend sprach der Wirth noch mehr:

»Gott weiß, Herr Kailet,

Nähm ich euch nun ab Toled

Und euer Land zu Spanien

10Für den König von Gaskanien,

Der oft euch drängt mit Zornbegier,

Untreue wäre das von mir,

Denn Ihr seid meiner Muhme Kind.

Die besten Helden mit euch sind,

15In Ritterschaft erfahren:

Wer zwang euch her zu fahren?«

Da sprach der stolze Degen jung:

»Mir entbot mein Vetter Schiltung,

Weil Friedbrand seine Tochter hat,

20Ich sollt ihm dienen, wär sein Rath.

Seines Weibes wegen hat der hier

Nur alleine von mir

Sechstausend Ritter auserkannt;

Wehrlich ist der Degen Hand.

25Noch bracht ich ihm der Ritter mehr;

Ein Theil fuhr wieder über Meer.

Hier stritten für die Schotten

Viel wehrlicher Rotten.

Ihm kamen von Grünlanden14

Helden, die im Streite standen,

[49]Zwei Könige mit großer Kraft:

Eine Flut der Ritterschaft

Brachten sie auf manchem Kiel;

Ihre Rotte mir gar wohl gefiel.

5Hier war auch Morhold für ihn;

Dessen Kampf hat Kunst und Sinn.

»Diese sind nun heimgekehrt.

Wie jetzt die Königin begehrt,

So thu ich mit den Meinen.

10Ihrem Dienst will ich mich einen;

Des Dienstes danktest Du mir nicht,

Denn schon aus Sippe wär er Pflicht.

Die verwognen Helden sind nun deine:

Wären sie getauft wie meine

15Und ihnen an der Haut auch gleich,

Kein gekrönter König wär so reich,

Dem sie nicht drohten Streits genug.

Mich wundert was dich her verschlug

Und wie's geschah: das sage mir.«

20»Ich kam gestern, heute bin ich hier

Herr geworden übers Land.

Mich fing die Königin bei der Hand;

Da wehrt' ich mich mit Minne:

So riethen mir die Sinne.«

25»Wohl hat dir deine süße Wehr

Bezwungen hier und dort das Heer.«

»Du meinst wohl, weil ich dir entrann?

Du riefst mich ja so heftig an:

Was wolltest Du von mir erzwingen?

Laß mich also mit dir dingen.«

[50]»Ich erkannte nicht den Anker dein:

Meiner Muhme Mann Gandein

Führt' ihn niemals mit sich aus.«

»Doch ich erkannte deinen Strauß,

5Im Schild ein Sarapandratest;15

Dein Strauß stand hoch und ohne Nest.

»Ich sah gar wohl an Mann und Ross,

Daß dich die Sicherheit verdroß,

Die zwei Helden mir gelobt:

10Die hatten erst sich wohl erprobt.«

»Wie ihnen wär auch mir geschehn.

Dem Teufel selbst müst ich gestehn,

Werd ich auch seiner nimmer froh:

Hätt er den Preis erworben so,

15Wie du an freveln Händen, traun,

Für Zucker äßen ihn die Fraun.«

»Dein Mund des Lobs zuviel mir spricht.«

»Nicht doch, schmeicheln kann ich nicht;

Nimm anders meiner Hülfe wahr.«

20Sie riefen Raßaligen dar.

Mit Züchten sprach da Kailet:

»Euch hat mein Vetter Gachmuret

Mit seiner Hand gefangen.«

»Ja Herr, so ists ergangen.

25Ich hab ihn wohl dafür erkannt,

Daß nun Aßagog das Land

Treu in seinem Dienst verharrt,

Da unser König Eisenhart

Dort nicht sollte Krone tragen.

Er ward in ihrem Dienst erschlagen,

[51]Die sich euerm Vetter hat ergeben:

Ihre Minne kostet' ihm das Leben;

Die Rache hat mein Kuss verschworen.

Ich habe Herrn und Freund verloren.

5Will nun eurer Muhme Kind

Thun was Ritterpflichten sind,

Daß er uns will entschädgen sein,

So falt ich ihm die Hände mein.

So hat er Reichtum und Preis

10Und was sich nur von Tankaneis

Auf Eisenhart vererbet hat,

Der gebalsamt steht an jener Statt.

Seine Wunden sah ich jeden Tag,

Seit dieser Sper sein Herz zerbrach.«

15Den zog er aus dem Busen sein

Hervor an seidner Schnur so fein,

Und wieder sahen ihn die Degen

Ihn an bloße Brust sich legen.

»Es ist jetzt frühe noch am Tag:

20Will mein Herr Killirjakag

Im Heere meine Botschaft melden,

So folgen ihm hieher die Helden.«

Ein Ringlein schickt' er seinen Scharen,

Die nach der Hölle farbig waren:

25Die Fürsten kamen allzumal

Durch die Stadt in den Saal.

Da lieh mit Fahnen seine Hand

Den Fürsten Aßagog das Land.

Jeglichen freute wohl sein Stück;

Der beste Theil blieb doch zurück

[52]Ihrem Herren, Gachmureten.

Die Ersten waren abgetreten:

Nun kamen die von Zaßamank

Mit Gepränge zum Empfang:

5Sie erhielten nach der Frau Beschluß

Von ihm ihr Land und des Genuß,

Ein Jeglicher sein Gebiet.

Die Armut ihren Herren mied.

Nun hatte Prothißilas,

10Der auch einst Fürstenrang besaß,

Hinterlaßen ein Herzogtum:

Das lieh er dem, der hohen Ruhm

Oft mit seiner Hand erjagt

(Nie war er vor dem Streit verzagt):

15Lachfilirost Schachtelakunt

Nahm es mit Fahnen gleich zur Stund.

Von Aßagog die Fürsten hehr

Nahmen den Schotten Heuteger

Und Gaschiern den Normann

20Und traten vor den Herrn heran:

Der gab sie frei wie sie gebeten;

Das dankten alle Gachmureten.

Heutegern, den Schotten,

Baten sie sonder Spotten:

25»Laßt unserm Herrn das Prachtgezelt

Seiner Kühnheit zum Vergelt.

Es raubt uns Eisenhartens Leben,

Daß unsres Landes Zier gegeben,

Sein Harnisch, wurde Friedebrand.

Seine Freude stand zu Pfand;

[53]Er selber leider liegt hier todt;

Unvergoltner Dienst schuf ihm die Noth.«

Die Welt nicht beßre Wehr besaß:

Der Helm war von Adamas,

5Dicht und großer Härte,

Der beste Streitgefährte.

Da gelobte Heuteger,

Wenn er daheim in Schottland war,

Wollt ers erbitten von dem Herrn

10Und wiedersenden dann von fern.16

Das verhieß er frei und ohne Zwang.

Zum König Urlaub bittend drang

Nun der edeln Fürsten Zahl:

Also räumten sie den Saal.

15Wie verwüstet war sein Land,

Doch konnte Gachmuretens Hand

Schwenken solcher Gabe Sold,

Als trügen alle Bäume Gold.

Große Gabe ward vertheilt.

20Freund' und Mannen unverweilt

Nahmen hin des Helden Gut;

Da war der Köngin wohl zu Muth.

Zu Stande kam die Hochzeit

Nun nach manchem harten Streit.

25Doch ward er so geschlichtet,

Ich hab es nicht erdichtet:

Man sagte mir, daß Eisenhart

Königlich bestattet ward

Von Freund und Mannen insgemein.

Der Zins, den sein Land ihm ein

[54]Trug in einem Jahre,

Ward erlegt bei seiner Bahre;

Das thaten sie aus freiem Muth.

Gachmuret das große Gut

5Seine Holden ließ behalten;

Sie mochten drüber schalten.

Am Morgen vor der Veste

Schieden aus dem Land die Gäste.

Sich trennten, die da waren,

10Und führten viel der Bahren.

Der Herbergen stand das Feld

Entblößt bis auf des Königs Zelt;

Das hieß er auch zu Schiffe tragen.

Seinem Volke ließ er sagen,

15Er brächt es nur gen Aßagog:

Mit der Red er sie betrog.

Diesen kühnen stolzen Mann

Fiel nun bald das Heimweh an.

Seine Freude war der Sorgen Pfand,

20Als er nicht mehr zu kämpfen fand.

Jedoch war ihm das schwarze Weib

Lieber als sein eigner Leib.

Nie war ein Weib so rein wie sie:

Vergeßen mocht ihr Herz es nie:

25Keuschheit und zarte Weiblichkeit

War ihr das wertheste Geleit.

Aus Sevilla der Stadt

War geboren, den er bat,

Daß er mit ihm enteile.

Er hatt ihn manche Meile

[55]Gefahren schon, ihn auch zuvor

Hieher gebracht; er war kein Mohr.

Der Steurer sprach, der weise:

»Hehlt es vor ihnen leise,

5Die so schwarze Haut hier tragen.

Meine Schiffe können jagen:

Nimmer holen sie uns ein,

Wir wollen bald von dannen sein.«

Er ließ sein Gold zu Schiffe tragen.

10Nun muß ich euch von Scheiden sagen.

Bei Nacht fuhr ab der werthe Mann;

Das ward verstohlen gethan.

Als er entrann vom Weibe,

Trug sie schon im Mutterleibe

15Ein zwölf Wochen altes Kind.

Ihn entführte rasch der Wind.

Die Frau in ihrem Beutel fand

Einen Brief von ihres Mannes Hand.

Auf Französisch, das sie konnte,

20Zu sagen ihr die Schrift begonnte:

»Hier entbeut ein Lieb dem andern Lieb:

Wohl bin ich dieser Fahrt ein Dieb;

Ich muß sie Jammer fürchtend stehlen.

Ich kann dir, Frau, nicht verhehlen,

25Wär dein Glaube gleich dem meinen,

Immer müst' ich um dich weinen;

Und hab schon immer nach dir Pein.

Wird unser beider Kindelein