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Zwischenstopp der SOL - Besuch auf der Station des Einsamen In folgerichtiger Anwendung seiner durch die BASIS-Expedition erworbenen Erkenntnisse und Einblicke in die kosmische Bestimmung der Menschheit gründete Perry Rhodan Anfang des Jahres 3588, das gleichzeitig zum Jahr 1 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung (NGZ) wurde, die Kosmische Hanse, eine mächtige Organisation, deren Einfluss inzwischen weit in das bekannte Universum hineinreicht. Gegenwärtig schreibt man das Jahr 425 NGZ, und die Hanse, die neben dem interstellaren Handel auch der kosmischen Verteidigung dient, fand sich schon mehrmals schweren Anschlägen der Superintelligenz Seth-Apophis ausgesetzt. Um mit Hilfe weiterer Erkenntnisse gegen künftige Anschläge besser gewappnet zu sein, hat Perry Rhodan nach seiner Rückkehr von Khrat eine großangelegte Expedition zum galaktischen Kugelsternhaufen M 3 gestartet, weil er dort die Porleyter, die Vorläufer der Ritter der Tiefe, zu finden hofft. Von dieser Expedition wird in Kürze weiteres zu berichten sein. Jetzt wechseln wir jedoch den Schauplatz und blenden um zu Atlan, der mit der SOL den Rückflug zur Erde angetreten hat. Durch besondere Umstände kommt es zu einem Zwischenstopp der SOL. Ort dieses Zwischenstopps ist GESILS PUNKT ...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2012
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Nr. 1066
Gesils Punkt
Zwischenstopp der SOL – Besuch auf der Station des Einsamen
von Ernst Vlcek
In folgerichtiger Anwendung seiner durch die BASIS-Expedition erworbenen Erkenntnisse und Einblicke in die kosmische Bestimmung der Menschheit gründete Perry Rhodan Anfang des Jahres 3588, das gleichzeitig zum Jahr 1 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung (NGZ) wurde, die Kosmische Hanse, eine mächtige Organisation, deren Einfluss inzwischen weit in das bekannte Universum hineinreicht.
Gegenwärtig schreibt man das Jahr 425 NGZ, und die Hanse, die neben dem interstellaren Handel auch der kosmischen Verteidigung dient, fand sich schon mehrmals schweren Anschlägen der Superintelligenz Seth-Apophis ausgesetzt.
Um mit Hilfe weiterer Erkenntnisse gegen künftige Anschläge besser gewappnet zu sein, hat Perry Rhodan nach seiner Rückkehr von Khrat eine großangelegte Expedition zum galaktischen Kugelsternhaufen M 3 gestartet, weil er dort die Porleyter, die Vorläufer der Ritter der Tiefe, zu finden hofft.
Von dieser Expedition wird in Kürze weiteres zu berichten sein. Jetzt wechseln wir jedoch den Schauplatz und blenden um zu Atlan, der mit der SOL den Rückflug zur Erde angetreten hat.
Die Hauptpersonen des Romans
Gesil – Die mysteriöse Fremde macht den Männern der SOL zu schaffen.
Atlan – Auch der Arkonide kann sich Gesils Einfluss nicht entziehen.
Melborn – Gesils Favorit.
Parabus – Ein Beauftragter der Kosmokraten.
Scriveer
1.
»Gesil ist aus ihrer Unterkunft verschwunden«, sagte Tanwalzen, kaum dass die Bildsprechverbindung hergestellt war.
»Und?«, fragte Atlan.
»Was und?«, sagte Tanwalzen gereizt. »Sie befindet sich nicht in ihrer Kabine, und wir wissen nicht, wo sie ist.«
»Das gibt es nicht«, behauptete Atlan. »Gesil ist nicht irgendwer. Sie kann nicht einfach in der Versenkung verschwinden. Sie hinterlässt überall ihre Spuren in den Bewusstseinen der Leute, deren Weg sie kreuzt. Es muss doch Zeugen geben, denen sich Gesil durch die Vision von schwarzen Flammen bemerkbar gemacht hat.«
»Eben nicht«, erwiderte Tanwalzen. »Ich habe Erkundigungen eingezogen. Gesil scheint es darauf angelegt zu haben, nicht entdeckt zu werden. Es ist auf der SOL nun wirklich nicht schwer, unterzutauchen.«
»Aber warum sollte Gesil das wollen?« Atlan erwartete darauf keine Antwort. Die Frage war nur Ausdruck seiner Verwunderung, denn er hatte das Gefühl, dass er einen recht guten Kontakt zu Gesil geschaffen hatte und ihr Vertrauen genoss. Andererseits hatte er keinen Zugang zu ihrem Wesen gefunden, sie blieb unnahbar, eine Unberührbare geradezu. So schwer zu verstehen wäre es also gar nicht, wenn sie die Einsamkeit suchte. Sie war an Bord ein Fremdkörper, vor dem jedermann scheute – und gleichermaßen angezogen wurde. Niemand konnte sich ihrer Faszination entziehen. Aber keiner wagte es, sich ihr menschlich zu nähern. Gesil blieb ein Rätsel. Auch für Atlan.
»Durchkämmt das ganze Schiff«, ordnete Atlan an. »Den Mittelteil ebenso wie die SOL-Zelle Eins. Auch die weniger frequentierten Sektionen.«
Das war vor fast drei Monaten gewesen, bald nachdem die Buhrlos die SOL verlassen hatten, um eine Reise durch die Unendlichkeit des Alls anzutreten ... einem ungewissen Schicksal, aber vielleicht auch einer neuen Bestimmung entgegen.
Nach zwei Tagen vergeblichen Suchens war Gesil plötzlich wieder aufgetaucht. Sie stand unvermittelt vor einem der Betschiden, die man von Chircool mitgenommen hatte. Der Betschide war völlig verstört geflüchtet, als er mit dem Phänomen der schwarzen Flammen konfrontiert worden war.
Gesil hatte keine Rechenschaft für ihr Verschwinden abgelegt und auch nicht verraten, wo sie sich während dieser zwei Tage aufgehalten hatte.
Es war nicht so, dass sie die Antworten auf Fragen verweigerte. Sie wirkte nur so entrückt und abwesend, als könne sie die Fragen gar nicht hören. Und sie wirkte irritiert. Dann sah sie Atlan geradewegs an und sagte zusammenhanglos: »Es ist so ganz anders, als es mir vorschwebt ...«
Sie verstummte und schwieg daraufhin für lange Zeit. Sie war wieder völlig in sich gekehrt und beantwortete keine von Atlans Fragen mehr.
Sie beherrschte damals Interkosmo schon ganz gut und machte auch weiterhin gute Fortschritte bei der Hypnoschulung.
Atlan ließ sie daraufhin beobachten. Aber allmählich ließ die Aufmerksamkeit nach – oder aber Gesil blendete ihre Bewacher –, so dass sie noch einige Male ungehindert verschwinden konnte.
Die Spur führte zu den Lagerräumen der SZ-1. Aber es kam nicht heraus, was Gesil dort zu suchen hatte. Das heißt, es gab keine Beweise für irgendwelche Aktivitäten, aber ein Verdacht kristallisierte sich allmählich heraus.
Gesils Exkursionen zu den Lagerräumen der SZ-1 wurden nicht publik gemacht, aber das nährte nur die Gerüchte, die zu den verrücktesten Spekulationen Anlass gaben. Dadurch verdichtete sich die Aura des Geheimnisvollen, die Gesil umgab, nur noch mehr. Auf Männer wirkte sie dadurch noch faszinierender. Die Frauen an Bord konnten dazu nur die Köpfe schütteln und mitunter auch giftige Bemerkungen von sich geben, aber verstehen konnten sie nicht, was die Männer an dieser Frau fanden. Atlan hatte da schon mehr Verständnis – er war selbst ein Betroffener.
Gesil verdreht dir den Kopf, kommentierte sein Logiksektor.
»Stimmt«, konnte der Arkonide dazu nur sagen. In Gedanken fügte er hinzu: Aber auf eine Art, wie ich sie bisher noch nicht kannte.
Als an diesem 15. Juni 4012 Bordzeit wiederum die Meldung eintraf, dass Gesil aus ihrer Kabine verschwunden war, ohne dass jemand sagen konnte, wohin, war Atlan nicht mehr überrascht.
Er wusste, wo er nach ihr suchen musste, und machte sich auf den Weg zu den Lagerräumen der SZ-1.
Dort traf er zu seinem Erstaunen auf einen bewaffneten Wachtposten.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Atlan.
»Der High Sideryt hat befohlen, dass die Lagerräume mit den Spoodies bewacht werden sollen«, sagte der Wachtposten. »Alle Zugänge sind besetzt.«
»Hast du Gesil gesehen?«, fragte Atlan.
»Nein. Keine schwarze Flamme wollte mich verzehren – nichts.«
Atlan machte einen Rundgang und befragte auch andere Posten. Aber keiner hatte ein Lebenszeichen von Gesil bemerkt. Danach erst begab er sich in die Sperrzone mit den drei Lagerräumen, in denen die Spoodies von Spoodie-Schlacke untergebracht waren.
Hier reihte sich Behälter an Behälter. Jeder enthielt Tausende der intelligenzfördernden Winzlinge. Hier lagerten Millionen und aber Millionen Spoodies. Eine kostbare Fracht. Atlans Geschenk für Perry Rhodan und die Menschen der Milchstraße.
Atlan traf Gesil im zweiten Lagerraum.
Sie stand nur da und starrte von einer Galerie auf einen der Behälter hinab, der geöffnet war.
Atlan betrachtete sie eine Weile von der Seite. Sie trug eine grüne Bordkombination, die ihr gut stand. Ihr Profil ließ eine hohe Stirn erkennen, eine sanft geschwungene Nase und einen sinnlichen Mund, der leicht geöffnet war. Das lange, schwarze Haar hatte sie aus dem Gesicht gekämmt. So wie sie dastand, bot sie den Anblick einer schönen, wohlgeformten dreißigjährigen Frau in stolzer, aber unentschlossener Haltung. Für einen Unbefangenen, der nichts weiter über sie wusste, mochte sie eine zwar reizvolle, aber nichtsdestotrotz durchschnittliche Erscheinung sein.
Erst als sie den Kopf in Atlans Richtung drehte und ihn aus ihren dunklen Augen anblickte – eigentlich durch ihn hindurchsah –, da wurde das ganze Spektrum ihrer Ungewöhnlichkeit schlagartig deutlich.
Atlan versuchte nicht erst, sich der Kraft ihrer Augen zu entziehen, und er ließ die Aura ihrer starken Persönlichkeit auf sich einwirken.
In seinem Geist schienen schwarze Flammen zu lodern. Dieses dunkle Feuer war ein Signal voller Widersprüchlichkeiten. Angst war gepaart mit Furchtlosigkeit, Macht mit Ohnmacht, Wissen mit Ratlosigkeit. Hinter den dunklen, unergründlichen Augen schien ein verwirrter Geist zu liegen, der aber in gleichem Maße zielstrebig wie irrend war ...
Wie oft Atlan diese Erfahrung auch schon gemacht hatte, sie war für ihn immer wieder neu. In manchen Augenblicken war ihm, als kenne er diese Frau schon ewig, so vertraut war sie ihm. Dann wiederum kehrte sie Seiten hervor, die er an ihr noch nicht entdeckt hatte, die er bei keiner Frau bemerkt hatte, und das machte sie ihm so fremd.
»Wir können gehen«, sagte Gesil und stieg zu ihm herab.
»Bist du denn schon fertig?«, fragte Atlan. »Ich will dich nicht stören.«
»Wobei willst du mich nicht stören?«
»Das könntest eigentlich nur du mir sagen.«
Sie lachte.
»Das mag ich so an dir, Atlan. Was du sagst, ist nicht immer sinnvoll, aber stets voll hintergründigem Witz.«
Atlan hatte das Gefühl, dass sie sich über ihn lustig machte. Dabei war er sicher, dass sie weder Spott noch Zynismus kannte. Sie hatte auch keinen Sinn für Humor, und wenn sie lachte, so wie eben, dann tat sie es meist zu den unpassendsten Gelegenheiten. Sie hatte das Lachen so gelernt wie Interkosmo. Ihr Lachen war angelernt wie die Sprache, und sie glaubte, es sei ein Hilfsmittel zur besonderen Betonung von Worten.
»Ich wollte eigentlich nicht scherzen«, sagte Atlan streng. »Ich muss ernsthaft mit dir reden.«
»Ich unterhalte mich gerne mit dir«, sagte sie heiter und hakte sich bei ihm unter.
Atlan betrachtete sie von der Seite. Der Ausdruck ihres Gesichts sprach ihren Worten Hohn. Es wirkte angespannt, und um ihre Mundwinkel zuckte es. Er glaubte, ihre innere Unsicherheit fast körperlich zu spüren.
»Warum bist du so verstört?«, fragte er.
Sie antwortete nicht, sie hatte sich wieder völlig abgekapselt.
Schon oft war Atlan der Verdacht gekommen, dass sie manisch-depressiv sei. Doch ihr Zustand hatte mit dieser Art des Irreseins nichts zu tun.
Gesil war ein Rätsel.
Und sie war die Trägerin eines Geheimnisses, zu dem sie den Zugang verloren zu haben schien.
*
»Warum hast du die Lagerräume mit den Spoodies aufgesucht, Gesil?«, fragte Atlan.
»Muss das einen besonderen Grund haben?«, fragte sie zurück.
»Du warst nicht das erste Mal dort«, sagte Atlan. »Was hat dich immer wieder zu den Spoodies gezogen?«
»Sie sind ein Bezugspunkt zu meinem früheren Leben«, antwortete Gesil und sah ihn geradewegs an. Atlan versuchte sich den schwarzen Flammen zu entziehen, die aus ihren Augen nach ihm züngelten. »Sie stammen von demselben Ort wie ich.«
»Welchen Ort meinst du?«
»Spoodie-Schlacke natürlich«, sagte sie, ohne zu zögern.
»Das ist die Bezeichnung, die wir dem Asteroiden gegeben haben«, sagte Atlan. »Aber ich entsinne mich, dass du früher einen anderen Namen genannt hast, als du noch nicht Interkosmo beherrschtest.«
»Was war das für ein Name?«, fragte Gesil.
Atlan seufzte. Es war immer dasselbe, ihre Gespräche bewegten sich im Kreis. Anstatt ihm Antworten auf die Fragen zu geben, kehrte sie die Fragen einfach um. Aber er verzweifelte deshalb nicht. Für ihn war dieses Frage- und Antwortspiel ein Experiment. Anfangs hatte es Gesil zugelassen, dass er einige Fachleute hinzuzog. Doch als diese zu stark an der Schutzhülle kratzten, in die sie ihre Persönlichkeit hüllte, da verlangte sie ihre Entfernung – und schwieg solange, bis sich Atlan mit ihr unter vier Augen unterhielt.
Die Sitzungen fanden immer in demselben Untersuchungsraum statt. Atlan ersparte sich längst die Mühe, technische Hilfsmittel einzusetzen. Statt dessen hatte er ein anderes Arrangement getroffen. Er verteilte wie zufällig verschiedene Gegenstände im Raum, deren Position genau festgelegt war. Nach den Sitzungen lagen die meisten Gegenstände nicht mehr an ihrem Platz, manche von ihnen waren einfach vertauscht, andere wieder scheinbar verschwunden, bis man sie an den unmöglichsten Orten versteckt fand.
Dies schien Beweis genug zu sein, dass Gesil über telekinetische Fähigkeiten verfügte. Aber wenn Atlan sie darauf ansprach und eine Demonstration dieser Fähigkeiten verlangte, versagte Gesil – zumindest stellte sie es so dar, als könne sie Materie nicht gewollt kraft ihres Geistes bewegen.
In seinen Notizen hatte Atlan den Begriff »zeitweilig-periodische Pariaamnesie«, geprägt und noch ein Dutzend ähnlicher Bezeichnungen angefügt, die alle Gesils Unfähigkeit benennen sollten, paranormale Phänomene bewusst herbeizuführen. Atlan wollte mit diesen Wortschöpfungen nicht einen Namen für Gesils offenbares geistiges Gebrechen finden. Es war viel mehr eine Spielerei, die in ihm Assoziationen wecken sollte, von denen er sich wiederum tiefere Erkenntnisse erhoffte. Aber das führte zu nichts. Er tappte weiterhin im dunkeln.
»Was war das für ein Name, mit dem du Spoodie-Schlacke in deiner Sprache bedacht hast?«, präzisierte Atlan seine Frage, als Gesils Schweigen andauerte.
Ihr Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Aus den Augenwinkeln sah Atlan, wie der kleine Glaswürfel vom Rand seines Tisches fortschwebte, kurz in der Luft hing und dann wieder an seinen Platz zurückkehrte.
»Spoodie-Schlacke ist Spoodie-Schlacke«, sagte Gesil. »Ich verstehe diese Frage nicht.«
»Als wir uns zum ersten Mal begegneten«, erklärte Atlan geduldig, »da konnten wir uns nicht miteinander verständigen, weil wir jeder eine andere Sprache sprachen. Ich Interkosmo und Krandhorjan – und du ...?«
»Wir konnten uns sehr wohl verständigen«, erwiderte Gesil. »Ich fand schnell heraus, dass du kein Feind warst.«
»Aber du sprachst eine andere Sprache als ich.«
»Das vielleicht, aber ...«
»Lenke nicht ab, Gesil! Welche Sprache war das?«
»Wie soll ich dir das in Interkosmo erklären?«
»Erkläre es mir in jener Sprache. Sprich in dieser Sprache.«
Gesil machte den Eindruck vollster Konzentration. Atlan ließ sie nicht aus den Augen, aber als er ihrem Blick begegnete, wendete er sich doch rasch ab, um nicht von schwarzen Flammen in seinem Bewusstsein abgelenkt zu werden.
Ein splitterndes Geräusch ließ ihn zusammenfahren. Als er zum Tischrand blickte, war der Glaswürfel verschwunden. Er lag in Scherben auf dem Boden.
»Warum tust du das, Gesil!«, sagte er scharf. »Wenn ich mich darum bemühe, das Rätsel deiner Herkunft zu ergründen, dann geschieht das auch zu deinem Besten.«
»Aber ich habe dir gesagt, woher ich stamme. Aus Varnhagher-Ghynnst!«
»Aus Varnhagher-Ghynnst«, wiederholte er sarkastisch. »Und welchem Volk gehörst du an? Wo sind deine Artgenossen zu Hause? Welche Welt ist deine Heimat? In welcher Galaxis liegt dein Heimatplanet? Wie heißt die Sonne des Systems, in dem du geboren wurdest? In welcher Sprache hast du mich bei unserer ersten Begegnung angesprochen?«
»Muss ich das denn – einem Volk angehören? Artgenossen haben?«, fragte sie nachdenklich. »Warum forscht du denn nach Namen, die doch von keinerlei Bedeutung sind.«
»O doch, Namen sind von großer Bedeutung«, sagte Atlan ärgerlich. »Sie könnten uns helfen, das dich umgebende Geheimnis zu ergründen. Gesil, erinnere dich!«
Sie murmelte irgend etwas, das Atlan nicht verstand. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass sie in ihrer Sprache gesprochen hatte.
»Wiederhole es!«, forderte Atlan sie auf.
Sie sah ihn verwundert an und meinte: »Ich sagte bloß: ›Die Form eines Dinges ist ohne Belang, es kommt auf seine wahre Natur an. Etwas mit tausend Namen hat nicht auch tausend Gesichter.‹«
»Das klingt gut«, sagte Atlan sarkastisch. »Aber ich möchte es in deiner Sprache hören.«
»Warum? Dadurch würde sich doch sein Inhalt nicht verändern?«
»Tu mir bitte den Gefallen und wiederhole das Zitat, oder was immer es auch ist, in deiner Sprache«, bat Atlan.
»Wie du wünschst«, sagte Gesil verständnislos. Und sie wiederholte das Gesagte in Interkosmo und fügte hinzu: »Dies und nichts anderes habe ich gesagt.«
Atlan gab es auf. Er war in seiner Enttäuschung geneigt, ihr zu glauben, dass sie mit dem Erlernen des Interkosmo den Gebrauch ihrer Muttersprache verlernt hatte. Zumindest schien sie vergessen zu haben, sie bewusst zu gebrauchen. Vielleicht war es die Philosophie ihres Volkes, dass es genügte, jedem Ding nur einen Namen zu geben. Da sie die Dinge jetzt in Interkosmo benannte, wurde das unbrauchbar gewordene Vokabular automatisch aus ihrem Gedächtnis gelöscht. So einfach mochte das sein. War es das? Handelte es sich um eine aktual-progressive Amnesie oder Verdrängung?
Er hatte es versäumt, Gesils Sprache aufzuzeichnen. Es hatte dafür keine Veranlassung gegeben, denn sie lernte Interkosmo so verblüffend schnell unter dem Hypnoschuler, dass kein Translator benötigt wurde. Jetzt sah es Atlan als nicht wieder gutzumachende Unterlassungssünde an.
Gesil trug alle Antworten in sich, aber er hatte noch nicht den Schlüssel zu ihnen gefunden. Fragte sich nur, ob es einen solchen überhaupt gab. Die Spoodies mochten ein solcher Schlüssel sein.
»Kehren wir zum Ausgangspunkt zurück«, sagte Atlan. »Was hat dich zu den Spoodies hingezogen?«
»Neugierde?«, fragte sie mit großen, unschuldigen Augen.
»Sieh mich nicht so an«, bat Atlan. »Ich könnte mir vorstellen, dass die Spoodies für dich eine besondere Bedeutung haben, deren du dich aber nicht mehr entsinnst. Und du suchst die Lagerräume auf, um durch den Anblick der Spoodies die verloren gegangene Erinnerung zurückzuerhalten. Ist es so?«
»Wenn du wirklich meinst«, sagte sie unsicher.