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Er trägt ein Permit - er ist ein Bevollmächtigter der Ewigen Krieger Seit den Anfängen der Dritten Macht kennen sich Reginald Bull, der rothaarige Terraner, mit dem Perry Rhodan den ersten Flug zum Mond unternahm, und Gucky, der kleine Mausbiber, den die Terraner auf dem Planeten Tramp in jenen Jahren als "Blinden Passagier" an Bord nahmen. Im Jahr 445 Neuer Galaktischer Zeitrechnung sind jene Ereignisse längst Vergangenheit und für die meisten Terraner halb vergessen. Gucky ist als Gänger des Netzes im Bereich der Mächtigkeitsballung Estartu unterwegs und hat sich mit seinem Netzgängerschiff dem friedlichen Kampf gegen die Ewigen Krieger verschrieben. Reginald Bull, der Toshin, ist der Organisation der Netzgänger nicht beigetreten, leistet ihr aber stets wertvolle Hilfsdienste. Selten genug gehen die alten Freunde gemeinsam in den Einsatz; vor allem in den letzten Jahren geschah dies immer seltener. Doch ihr letzter Einsatz im Nordsektor von Absantha-Gom war erfolgreich genug. Vor allem fanden die ungleichen Gefährten etwas heraus, das auch für die heimatliche Milchstraße bedeutsam genug sein kann: eine Verbindung zwischen den katzenartigen Kartanin in der Galaxis Pinwheel und der Mächtigkeitsballung der verschollenen Superintelligenz ESTARTU. Doch jetzt blendet die Handlung erst einmal zu Alaska Saedelaere um. Er, der von den Vertretern der Philosophie des Permanenten Konfliktes als sogenannter Gorim gehasst und verfolgt wird, lebt gefährlich. Zu oft bewegt er sich mitten unter seinen eingeschworenen Gegnern. So geschieht es dem Terraner auch diesmal - beim VORSTOSS IN DEN DUNKLEN HIMMEL ...
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Nr. 1307
Vorstoß in den Dunklen Himmel
Er trägt ein Permit – er ist ein Bevollmächtigter der Ewigen Krieger
von Ernst Vlcek
Auf Terra und in der Menschheitsgalaxie schreibt man den Dezember des Jahres 445 NGZ. Somit sind seit den dramatischen Ereignissen, die zum Aufbruch der Vironauten, zur Verbannung der Ritter der Tiefe durch die Kosmokraten und zum Erscheinen der beiden Sothos aus der Mächtigkeitsballung ESTARTU führten, rund 16 Jahre vergangen.
Vieles ist seither geschehen: Die Lehre des Permanenten Konflikts und der Kriegerkult haben in der Galaxis ihren Einzug gehalten – Sotho Tyg Ian hat nachhaltig dafür gesorgt. Glücklicherweise hat der Sotho den Widerstand der Galaktiker nicht brechen können – und daher besteht Hoffnung, dass sich die Situation in der Milchstraße eines Tages zum Besseren wenden möge.
Auch in ESTARTU selbst, dem Reich der 12 Galaxien, wo die Ewigen Krieger seit Jahrtausenden ihre Herrschaft ausüben, regt sich immer noch Widerstand. Vor allem sind die Gänger des Netzes aktiv, zu denen neben anderen prominenten Galaktikern auch Perry Rhodan samt Frau und Tochter gehören – sowie Alaska Saedelaere.
Er, der von den Vertretern der Philosophie des Permanenten Konflikts als »Gorim« gehasst und verfolgt wird, lebt gefährlich, denn er bewegt sich oft mitten unter seinen eingeschworenen Gegnern.
Alaska Saedelaere und Testare – Partner einer unfreiwilligen Symbiose.
Voso Mii – Ein verstümmelter Ophaler.
Lainish – Anführer der Hatuatano.
Lobad – Ein Querione.
Jennifer Thyron und Demeter
Wenn Voso Mii den Meistersingern lauschte, dann konnte er vergessen ...
... vergessen, dass er ein Ausgestoßener war, ein Verbannter, ein von Ijarkor Gebrandmarkter, ein Toshin mit dem roten Mal. Ein Ophaler ohne Stimme, ein Krüppel.
Unter dem Tremolo der Meistersinger wurde er zu einem der Ihren. Zu einem Ophaler von solcher Stimmgewalt, dass der Ewige Krieger Granjcar ihn von Mardakaan in die Galaxis Absantha-Gom berief und ihn mit einer ehrenvollen Aufgabe bedachte.
Es ging um einen Streit, der schon seit Jahrtausenden zwischen Granjcar und dem Krieger Ayanneh von Absantha-Shad wogte. Das Streitobjekt war ohne besondere Bedeutung, der Streit selbst keine wirklich ernste Sache. Es war eine reine Prestigeangelegenheit, von beiden Kriegsherren der ESTARTU bewusst hochstilisiert.
»Gib mir Entscheidungshilfe!«, sang Granjcar mit eindringlicher, über die Ebenen von Eklitt hallender Stimme – und Voso Mii fühlte sich selbst angesprochen. »Sage mir, wessen Planet dies ist, von wem er verwaltet werden soll. Wer von uns beiden – Ayanneh oder ich – wurde von ESTARTU dazu bestimmt, Eklitt, das Tor zum Dunklen Himmel, mit seinem Kriegerstempel zu versehen? Gib du mir diese Entscheidungshilfe, denn ESTARTU schweigt.«
Die Stimme durchdrang Voso Mii und ließ ihn wachsen. Er war nicht mehr der kleine Gauner ohne Stimme, nicht mehr der Schieber, Kuppler und Beutejäger, der sein Dasein in den biokinetischen Halden des psionischen und hyperstrahlenden Kriegermülls fristete. Er wurde selbst zum Müllschiffer, zum Frachter, der Granjcars Abfälle auf dieser unbedeutenden Welt entlud.
»Höre!« Das Wort drang in Voso Miis Geist und erfüllte ihn. Er konnte nicht mehr singen, aber er hatte ein sensibilisiertes Gehör und Gefühlsempfinden. Und der Gesang der Meistersinger drang wie das Machtwort des Ewigen Kriegers Granjcar in ihn ein und machte ihn zum Strategen. »Höre mein Problem, Voso ...«
Eklitt war ein lebloser Gesteinsklumpen, eine Welt ohne Leben, einziger Planet einer rötlich blinzelnden Sonne. Dieses Ein-Planeten-System lag tief im Überlappungsbereich der beiden Galaxien Absantha-Gom und Absantha-Shad, direkt an der Grenze des Dunklen Himmels, dem unmittelbaren Hoheitsgebiet der Superintelligenz ESTARTU. Die Sonne und ihr Trabant waren zwar, gemessen an der Fluchtgeschwindigkeit, Bestandteil der Galaxis Absantha-Shad, würden demnach also dem Krieger Ayanneh gehören.
Andererseits aber waren sie ihren Koordinaten nach bereits tiefer in der Galaxis Absantha-Gom, und sie lagen auf der dieser Galaxis zugekehrten Seite des Dunklen Himmels.
»Ayanneh macht mir diese Welt streitig, nur weil sie in grauer Vorzeit zu Absantha-Shad gehört hat«, führte Granjcar weiter aus. »Doch es zählt nur das Heute. Eklitt befindet sich tief in meinem Einflussbereich, es ist meine Welt. Da ich jene peripheren Sterne, die jenseits des Dunklen Himmels in Absantha-Shad übergreifen, dem Krieger Ayanneh überlasse, verlange ich, dass er seinerseits ebenso verfährt. Das ist das Problem, Voso. Wie ist es zu lösen?«
Und Voso stimmte seinen Gesang an. Er sang so schön und eindringlich, so temperamentvoll und einschmeichelnd, wie nie zuvor ein Ophaler gesungen hatte.
»Ehrenwerter Krieger Granjcar«, sang Voso Mii. »Du solltest nicht wirklich mit dem Krieger Ayanneh um etwas streiten, das für dich ohne jeglichen materiellen Wert ist. Zeige ihm vielmehr, was dieser hässliche Gesteinsbrocken dir wirklich bedeutet ... mache ihn zu deiner Müllhalde. Wirf auf Eklitt alle Abfallprodukte ab, die sich in deinem Kriegerreich angesammelt haben, deponiere hier alles, was dir lästig geworden ist ... und dann mag der Krieger Ayanneh Eklitt verwalten, wenn es ihn unbedingt danach gelüstet!«
Was für eine weise Entscheidung! Der Krieger Granjcar war von diesem Rat dermaßen begeistert, und es erheiterte ihn gleichermaßen, dass er dem Krieger Ayanneh eins auswischen konnte, dass er ein donnerndes Gelächter anstimmte ...
Und das Publikum dieser geschlossenen Vorstellung stimmte begeistert in das Gelächter ein.
Diese Passage wurde von den Meistersingern so pointiert dargebracht, dass selbst das grandiose Finale daneben verblasste, wiewohl der folgende Kanon ein eindrucksvolles Bild der abschließenden Geschehnisse und des Schlussgags vermittelte.
Es war schon köstlich mitzuerleben, wie Granjcar die Abfallprodukte aus Technik und Naturwissenschaften über Eklitt ablud, den ganzen trostlosen Planeten zu einer Müllhalde machte. Und es riss das Publikum förmlich zu Begeisterungsstürmen hin, als die Meistersinger es Ayanneh seinem Kriegerkollegen gleichtun und ihn in Windeseile seinen eigenen Müll über Eklitt ausschütten ließen.
Was keiner der beiden Ewigen Krieger jedoch bedacht hatte, war die Tatsache, dass die Abfallprodukte die Digger aus ganz ESTARTU anlockten, die sich aus dem biologischen, psionischen und hyperphysikalischen Müll alles Brauchbare holten und daraus das Fundament für eine eigene, eigenwillige Zivilisation schufen ...
Eklitt, die Unglaubliche, das Tor zum Dunklen Himmel, war erschaffen ...
Der Gesang der Meistersinger klang allmählich aus, Voso Mii fand in die Wirklichkeit zurück. Und die Wirklichkeit sah für ihn recht trostlos aus.
Er hatte eine Wette und dabei fast alle seine Ersparnisse verloren. Seine Chance, sich freizukaufen und zu seinen Artgenossen nach Siom Som zurückkehren zu können, war in unerreichbare Ferne gerückt. Verdammtes Toshin-Mal! Er hätte es sich aus dem Schädel gerissen, wenn das nicht seinen Tod zur Folge gehabt hätte. Er hatte vor Jahren einmal zugesehen, wie es einem Leidensgenossen ergangen war, der sich das Mal hatte herausoperieren lassen.
Welche Chance hatte er nun noch, von einem Toshin zu einem freien Mann zu werden? Dabei war sein Coup eine todsichere Sache gewesen. Sein Roboter hätte den Kampf eigentlich nicht verlieren können. Er war die größte und mächtigste Kriegsmaschine gewesen, die auf Eklitt je gebaut worden war ... zu groß, wie sich letztlich herausstellte, und zu schwer, zugegeben! Aber wie hatten die Orbitalen Ayannehs sich das zunutze machen können? Diese überheblichen Kümmerer, die in ihren Mistkarren im Orbit kreuzten, hatten doch keine Ahnung von den Oberflächenverhältnissen. Darum hatte Voso Mii der Bedingung zugestimmt, dass der Kampf des Gigant-Roboters gegen den Schwarm der Robot-Mücken im polaren Eismeer stattfinden sollte. Wie konnte Voso denn ahnen, dass dahinter eine gemeine Hinterlist steckte! Dass die Mücken den Giganten gar nicht angriffen, sondern einfach das Feuer auf die Eisdecke zu seinen Füßen konzentrierten.
Als Voso die Falle erkannte, war es bereits zu spät. Die Eisdecke barst unter dem Gewicht des Giganten, und die bodenständigen Granjcarer hatten damit ihre bitterste Niederlage hinnehmen müssen.
Für Voso war das auch eine arge persönliche Schlappe. Nicht nur, dass er, statt sein Vermögen zu verdoppeln, alles verloren hatte und sich nun von dem Toshin-Mal nicht freikaufen konnte. Ebenso schlimm war es, dass er seinen guten Namen, den Ruf als untrüglicher Instinktspürer verloren hatte. Wer würde ihm nun, nach diesem beschämenden Desaster, noch das Vertrauen schenken?
»Voso, da ist jemand, der sich mit dir unterhalten möchte«, flüsterte ihm einer der Meistersinger nach der Vorstellung spöttisch zu. »Vielleicht möchte er, dass du für ihn einen Kampf inszenierst ...«
Ja, recht so, ätze nur meine offenen Wunden, dachte Voso Mii verbittert.
*
Voso Mii machte noch rasch Maske. Er verhängte das Toshin-Mal mit einem dunklen Schleier und schminkte die verstümmelte Organrose seines Gesichts. Wenn seine Kunden über seinen Makel auch Bescheid wussten, so mussten sie ihn nicht auch noch optisch wahrnehmen können.
Wehmütig betrachtete er sein verstümmeltes Singorgan am Halsansatz: ein hässlicher Kropf mit Schlitzen, aus denen man die Membrane entfernt hatte. Voso Mii stülpte eine Sprechmaske darüber, die ihm eine einigermaßen melodiöse Stimme verlieh.
Derart gerüstet, betrat er tentakelschwingend den Kontaktraum seines Vermittlungsbüros. Dort stand ein haarloser Zwerg mit dem Rücken zu ihm und starrte durch das Fenster auf die bewegte biokinetische Landschaft: An diesem Tag bot sie sich als bis zum Horizont reichende Wüste dar, Düne reihte sich an Düne.
Der haarlose Zwerg war ein Zweiarm-Zweibeiner, jedoch war von seinem einen Arm nur noch ein Stummel übrig. Er drehte sich nach Voso Mii um, als er dessen Schritte hörte, und zeigte ein Gesicht mit einer knöchernen, ausladenden Augenbrauenwulst. Seine Nase war flach und breit, der dünnlippige Mund reichte fast von einem Gehörorgan zum anderen. Für Voso Mii waren das keine besonderen Merkmale, und der Zwerg hätte auf ihn einen durchschnittlichen, harmlosen Eindruck gemacht, wäre da nicht der Shant gewesen, den er trug.
»Ah, sieh an, ein Humanoider!«, rief der Ophaler aus und neigte leicht den Kopf. »Was verschafft mir die hohe Ehre deines Besuchs?«
»Ich schätze es gar nicht, mit diesem Gorim-Ausdruck bedacht zu werden«, sagte der Zwerg in kultiviertem Sothalk. »Es könnte dir übel ergehen, wenn du solche Beschimpfungen nicht unterlässt.« Er hob den Armstummel der Linken und deutete drohend auf Voso Mii. »Du glaubst, dass du eine Pechsträhne hast. Aber ich könnte dafür sorgen, dass du dir wünschst, nie geboren zu sein. Obendrein könnte dir noch ein lukratives Geschäft verloren gehen.«
Voso Mii starrte auf den Armstummel, und er hatte den Eindruck, dass es eine unsichtbare Verlängerung mit einer Hand gab, von der einer der Finger auf ihn wies. Was verbarg der Besucher in seiner Hand, dass er sie unsichtbar machte?
»Verzeih mir, Fremder«, sagte Voso Mii unterwürfig. »Aber ich wollte dich nicht einen Gorim schimpfen. Ich mache da sehr feine Unterschiede zwischen den echten Gorims, den Gängern des Netzes und Feinden der ESTARTU und den Vironauten aus der Mächtigkeitsballung ES, die man einst fälschlich als Gorims bezeichnete. Der Ausdruck ›Humanoide‹ stammt von diesen Vironauten, die man nunmehr als unsere Verbündeten ansehen kann. Wie soll ich dich also nennen? Was kann ich für dich tun?«
»Ich bleibe solange ein Fremder für dich, bis wir ins Geschäft gekommen sind«, sagte der Besucher und suchte sich unter dem halben Dutzend exotischer Sitzgelegenheiten eine, die ihm einigermaßen körpergerecht erschien. »Du hattest mit deinem letzten Coup kein Glück, Voso. Ich möchte dir dennoch eine Chance geben und deine Vermittlerdienste in Anspruch nehmen. Wenn du den Anforderungen entsprichst, dann sollst du reichlich belohnt werden. Ich bin in der Lage, dir jeden Wunsch zu erfüllen.«
»So hört man sonst nur einen Ewigen Krieger sprechen«, sagte Voso Mii verblüfft, dann überkam ihn die Wut. Sein Besucher war sicher ein Bote der Orbitalen Ayannehs, der kam, um ihn zu verhöhnen! In seinem Zorn riss sich Voso Mii den Schleier vom Toshin-Mal und rief: »Sei's drum! Dann befreie mich von diesem Schandfleck.«
»Wenn das alles ist!«, sagte der Besucher heiter und ohne die geringste Überraschung beim Anblick von Vosos Toshin-Mal. »Dann wollen wir als Belohnung für deine Dienste die Aufhebung des Kriegerbanns aushandeln. Ich brauche deine Vermittlerdienste. Wenn ich mit deiner Leistung zufrieden bin, dann befreie ich dich vom Toshin-Mal und garantiere dir, dass du deine Singstimme zurückbekommst.«
»Ist das ein übler Scherz?«, fragte Voso ungläubig.
»Ich scherze nie«, sagte der Besucher, und sein breiter Mund bildete dabei einen geraden Strich. »Ich habe die Macht, dir zu helfen. Aber verlange nicht, dass ich dir diese Macht demonstriere.«
»Nein, gewiss nicht«, versicherte Voso und streckte abwehrend alle sechs Armtentakel von sich. »Sage mir nur, was du begehrst, und ich werde es für dich erledigen.«
»Ich suche Kämpfer«, sagte der Besucher schlicht.
»Die kannst du haben. Wie viele brauchst du? Hundert? Tausend? Ich kann für dich eine ganze Armee auf die Beine stellen. Brauche nur wahllos jeden zweiten Eklitter herauszunehmen und bin sicher, dass er in jedem Krieg seinen Mann stellt ...«
Voso verstummte, als er sah, wie sein Besucher den kahlen Kopf schüttelte.
»Ich brauche keine Armee«, sagte er. »Es genügen so viele, wie ich Finger an den Händen habe.« Er streckte Voso die Rechte und den linken Armstummel entgegen, und wieder hatte Voso den Eindruck, dass da eine Hand war, er sah im Geiste förmlich die fünf gespreizten Finger vor sich. Der Zwerg fuhr fort: »Ich brauche nicht mehr Leute. Aber es muss sich um erprobte Kämpfer handeln. Die mit jeder Situation fertig werden. Die es mit jedem Gegner aufnehmen. Die weder Ewigen Krieger noch Sotho fürchten!«
Voso Mii schreckte leicht zurück.
»Was hast du vor?«
»Nur so eine Redewendung«, beruhigte ihn der Besucher und hob den einen Mundwinkel leicht zu einem schiefen Lächeln. »Aber es ist etwas Wahres dran. Die Leute, die ich brauche, müssten selbst mutig genug sein, es mit einem Krieger aufzunehmen.«
»Solche Kerle gibt es nicht viele, nicht einmal auf Eklitt«, gestand Voso.
»Soll ich das so verstehen, dass du dich außerstande siehst, mir eine solche Kampftruppe zu vermitteln?«, fragte der Besucher und erhob sich.
»Mit keinem Wort habe ich das gesagt!«, rief Voso aus. »Es wird schwierig sein, das wohl, aber ich schaffe es. Mein Wort darauf!«
»Also gut«, sagte der Besucher. »Ich verlasse mich auf dich. Lasse dir bei deiner Auswahl Zeit. Ich komme wieder, wenn ich die Kämpfer brauche. Und ich begnüge mich auch mit weniger, wenn sie nur den Anforderungen entsprechen.«
»Und welchen Einfluss hat die Anzahl auf meine Belohnung?«, wollte Voso wissen.
»Du bekommst deine Freiheit in jedem Fall – nicht für Quantität, sondern für Qualität!« Der Zwerg wandte sich ab und stieß dabei mit der unsichtbaren Linken gegen die Lehne des Stuhles, auf dem er gesessen hatte, was ein metallisches Geräusch verursachte. Er drehte sich noch einmal nach Voso Mii um.
»Nicht, dass es eine Rolle spielt – aber durch welches Verbrechen wurdest du zum Toshin?«, fragte er.
»Mein Vergehen war gering genug«, antwortete Voso Mii. »Ich habe auf Mardakaan bei einem Spiel des Lebens einen Kandidaten unterstützt, der die Prüfungen aus eigener Kraft nicht geschafft hätte. Das haben auch schon andere Ophaler getan, sogar auf höhere Weisung, aber mich hat man erwischt. Offensichtlich sollte ich als abschreckendes Beispiel dienen. Man stellte mich vor die Wahl, entweder die Verbannung in die Orphischen Labyrinthe zu wählen, oder mich als Toshin brandmarken zu lassen ...«
»Schade, dass du die erste Möglichkeit nicht gewählt hast«, sagte der Zwerg im Weggehen. »Dann hätte ich deine Bekanntschaft vielleicht schon früher gemacht ...«
»Warst du einer der Labyrinth-Jäger des Kriegers Yarun?«, rief Voso dem Zwerg nach, aber er erhielt keine Antwort mehr.
Er blickte durch das Fenster ins Freie, in der Hoffnung, seinen Besucher noch einmal zu sehen zu bekommen. Aber draußen türmten sich die mutierten Biomassen nun zu bizarren Gebilden und hatten sich über dem Straßentunnel aus Formenergie geschlossen.
Voso Mii dachte über das Gespräch nach. Es erschien ihm wie ein Traum. War es möglich, dass er eine reelle Chance bekommen würde? Er wollte sich nicht auf das Wort eines Unbekannten verlassen. Vielleicht handelte es sich nur um einen Scherzbold, den ihm einer seiner unzähligen Feinde geschickt hatte – der verlorene Kampf hatte ihm jede Menge davon beschert. Aber er wollte die geringe Chance nützen und an dem Auftrag arbeiten.
Ihm fielen auf Anhieb ein Dutzend Namen ein, die sich als Kandidaten eigneten. Von denen jeder ein Kämpfer war, wie sein Auftraggeber sie sich wünschte.
Voso rief im Singspielhaus an und bekam Bildverbindung mit Galmoll, dem Ersten Meistersinger.
»Galmoll, ich habe eine zweite Chance zur Heimkehr bekommen«, berichtete er aufgeregt. »Natürlich nehme ich euch mit. Das setze ich durch.«
»Hat dir das etwa der Zwerg-Gavvron versprochen, der unter dem Publikum war?«, erkundigte sich der Meistersinger mit vibrierender Bassstimme.
»In der Tat«, bestätigte Voso. »Was stört dich daran?«
»Allerhand«, sagte Galmoll. »Meine Truppe konnte ihn zwar nicht hypnosuggestiv beeinflussen, aber während der Schlussszene mit den Orbitalen hat er von sich aus das Bild Balmeghs entstehen lassen, dieses Ober-Orbit-Banditen!«