Perry Rhodan 1822: Die neue Haut - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 1822: Die neue Haut E-Book

Ernst Vlcek

0,0

Beschreibung

Auf Kummerogs Spur - Atlan fällt eine Entscheidung Die Situation in der Milchstraße ist zum Jahresbeginn 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ziemlich angespannt. Mysteriöse Igelschiffe kreuzen in der Galaxis; sie haben schon mehrere Planeten besetzt und komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Das in sich zerstrittene Galaktikum weiß keine Lösung, ist derzeit auch zu weit von einer Einigung entfernt: Misstrauen herrscht zwischen den großen Machtblöcken der Galaxis. Zudem ist in direkter Nachbarschaft der Erde eine fremde Kultur aufgetaucht - auf Trokan, dem "zweiten Mars". Im Schutze eines Zeitrafferfeldes, das 250 Millionen Jahre in nicht einmal 70 Real-Jahren ablaufen ließ, entwickelte sich die Zivilisation der Herreach. Kein Mensch in der Milchstraße weiß Bescheid, wo Perry Rhodan sowie seine Freunde Reginald Bull und Alaska Saedelaere sind; sie verschwanden im Pilzdom auf Trokan und tauchten bisher nicht wieder auf. Während es Alaska in die Galaxis Bröhnder verschlagen hat, sind Rhodan und Bull in Plantagoo unterwegs. In der Zwischenzeit spitzt sich die Situation in der Milchstraße zu. Zu den bisherigen Flotten gesellen sich neue Raumschiffe, und diese starten eine Großoffensive. Und auf Camelot entwickelt sich DIE NEUE HAUT …

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 1822

Die neue Haut

Auf Kummerogs Spur – Atlan fällt eine Entscheidung

von Ernst Vlcek

Die Situation in der Milchstraße ist zum Jahresbeginn 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ziemlich angespannt. Mysteriöse Igelschiffe kreuzen in der Galaxis; sie haben schon mehrere Planeten besetzt und komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Das in sich zerstrittene Galaktikum weiß keine Lösung, ist derzeit auch zu weit von einer Einigung entfernt: Misstrauen herrscht zwischen den großen Machtblöcken der Galaxis.

Zudem ist in direkter Nachbarschaft der Erde eine fremde Kultur aufgetaucht – auf Trokan, dem »zweiten Mars«. Im Schutze eines Zeitrafferfeldes, das 250 Millionen Jahre in nicht einmal 70 Real-Jahren ablaufen ließ, entwickelte sich die Zivilisation der Herreach.

Kein Mensch in der Milchstraße weiß Bescheid, wo Perry Rhodan sowie seine Freunde Reginald Bull und Alaska Saedelaere sind; sie verschwanden im Pilzdom auf Trokan und tauchten bisher nicht wieder auf. Während es Alaska in die Galaxis Bröhnder verschlagen hat, sind Rhodan und Bull in Plantagoo unterwegs. In der Zwischenzeit spitzt sich die Situation in der Milchstraße zu. Zu den bisherigen Flotten gesellen sich neue Raumschiffe, und diese starten eine Großoffensive. Und auf Camelot entwickelt sich DIE NEUE HAUT …

Die Hauptpersonen des Romans

Kummerog – Der Mutant der Cantrell verfolgt nach wie vor heimtückische Pläne.

Bruno Drenderbaum – Der ehemalige Assistent des LFT-Kommissars steht unter Kummerogs Einfluss.

Dorothea Ringent – Eine Bewohnerin Camelots riskiert viel für ihren Vater.

Atlan – Der Arkonide setzt sich auf die Spur Kummerogs.

David Golgar

Dialog 1

Wenn Bruno Drenderbaum und Kummerog unter sich waren, dann unterhielten sie sich in der Sprache Bröhn, die Drenderbaum von Kummerogs Haut, deren Träger er war, gelernt hatte. Drenderbaum stand in mentalem Kontakt zur Haut. Sie hatte ihm auf diese Weise etliches aus Kummerogs Lebensgeschichte verraten. Dennoch gab es viele Punkte, die noch ungeklärt waren. Da Drenderbaum Kummerog über die Maßen verehrte, ihm sogar hörig war, beschäftigte er sich viel mit dessen Vergangenheit und Zukunft.

»Hast du denn keine tiefere Beziehung zu den Herreach von Trokan, Kummerog?«

»Warum sollte ich eine solche haben?«

»Nun, es sind doch deine Geschöpfe. Du hast sie quasi erschaffen. Sie sind auf Basis der Zellstrukturen und Gene dieser abgetrennten Hand im Zeitrafferfeld während der 250 Millionen Relativ-Jahre entstanden. Das muss man sich vorstellen: 250 Millionen Jahre Entwicklung in nur 66 Standardjahren! Kummerog, du bist der Stammvater der Herreach. Ihr Gott! Du hast ihre Zivilisation einzig darauf hingesteuert, dir zu dienen – das Tor für dich nach Trokan zu öffnen. Dieser Bezug hat doch Gewicht. Du kannst stolz darauf sein, ein ganzes Volk erschaffen zu haben.«

»Die Herreach waren ein Zufallsprodukt – und nur Mittel zum Zweck. Ich brauchte sie lediglich, damit sie das Tor zu meinem Gefängnis von außen öffneten. Das ist geschehen, wenn auch nicht ganz nach Plan. Warum sollte ich jetzt noch einen Gedanken an sie verschwenden? Ich muss an meine Zukunft denken.«

»Auch die Aussichten für die Zukunft sehen nicht schlecht aus. Du hast es als einziges Wesen geschafft, unbemerkt nach Camelot zu gelangen und dir hier eine Basis zu schaffen. MitDorothea Ringent hast du zudem eine willfährige Dienerin. Sie wird alles für dich tun, um ihren Vater Rudy vor Leid zu bewahren.«

»Die Katze ist doch nur ein kleiner Fisch. Ich bräuchte einen Draht zu jemand Mächtigerem – zu einem Zellaktivatorträger etwa. Im Moment geht mir alles zu schleppend voran. Wir müssen die Entwicklung beschleunigen.«

»Ich weiß, dass du daran arbeitest, Kummerog. Und du schaffst das. Wann bist du bereit für den großen Coup?«

»Das wird einige Zeit dauern. Ich brauche noch sehr viel Aufbaustoffe.«

1.

Der Entschluss, Thea nachzuspionieren, fiel Corben Matala nicht leicht. Aber er musste es tun. Es geschah, wie er seinem Gewissen gegenüber begründete, nur zu ihrem Besten.

Irgend etwas stimmte nicht mit Dorothea Ringent, soviel war klar. Und das schon seit einiger Zeit. Corben, der Thea verehrte, wenn auch sehr still und unaufdringlich, spürte das förmlich mit jeder Faser seines Körpers. Das sagte ihm auch sein Verstand. Sie war unglücklich. Irgend etwas bedrückte sie. Sie wollte sich ihm jedoch nicht anvertrauen.

Er hatte sie mehrfach darauf angesprochen und ihr seine Hilfe angeboten. Aber sie hatte ihn jedes Mal abgekanzelt, ihre Probleme verleugnet.

Und dann wurde das mit den übermäßigen Nahrungszuweisungen ruchbar.

Thea forderte für ihren Vater plötzlich die zehnfachen Essensrationen an. Bald hatte sich das im Werk herumgesprochen, und man begann, Thea damit aufzuziehen.

»Wie ist es möglich, dass ein alter, bescheidener Mann plötzlich einen Appetit für zehn entwickelt?«, fragte man sie.

Und: »Macht dein Vater gar eine Ertruser-Kur?«

Oder: »Hat dein Vater etwa eine ganze Kompanie übriggebliebener Freifahrer bei sich aufgenommen?«

Ihr Vater Rudy war ein solcher Freifahrer, der einst in der Wildnis von Phönix zurückgeblieben war, als fast alle anderen abzogen. Das lag nun schon weit mehr als 100 Jahre zurück.

Die Zellaktivatorträger hatten Rudolf Ringent mit seiner Tochter in der Wildnis aufgestöbert, nachdem sie diese verwaiste Welt in Besitz genommen hatten und im Jahre '41 den Kontinent Bonin inspizierten. Während Thea von Reginald Bull in die Zivilisation geholt wurde, stellte man dem geistig verwirrten Alten in den Bergen ein Heim zur Verfügung, wo er seinen Lebensabend verbringen konnte.

Der Gedanke, dass weitere in der Wildnis versprengte Freifahrer zu Rudy gestoßen sein könnten, war also nicht zu abwegig. Andererseits aber auch, nach so langer Zeit, höchst unwahrscheinlich.

Es gab eine andere Vermutung, die weitaus realistischer klang. Demnach unterhielt Rudy in seiner Einsiedelei eine Art Zoo, und er brauchte die angeforderte Nahrung, um sie an wilde Tiere und fleischfressende Pflanzen zu verfüttern. Corben schloss sich dieser Meinung an. Thea hatte ihn zwei- oder dreimal zu ihrem Vater mitgenommen, und er kannte die Schrullen des betagten Rudy.

Eine davon war, dass er so tat, als lebe er immer noch in der Zeit der Freifahrer und des Monos. In einer Zeit, in der Camelot noch Phönix hieß und die Milchstraße in den Chronopulswall gehüllt war.

Corben kannte auch Rudys Verbundenheit mit der Natur. Warum sollte aus dem einstigen Jäger nicht ein Wildhüter geworden sein?

»Verfüttert dein Alter den Nahrungsüberschuss an die Raubtiere von Camelot?«, fragte man Thea auch.

Thea bestätigte diese Gerüchte weder, noch widersprach sie ihnen. Sie ließ alles offen; es schien ihr ziemlich egal zu sein, was die anderen glaubten. Oder wollte sie die Leute mit ihrem eisernen Schweigen auf eine falsche Spur führen?

»Na, wenn das so ist, dann verzieht dein Vater die Tierwelt von Bonin zu richtigen Feinschmeckern. Das ist nicht gerade ein ruchloses Verbrechen, aber wäre es nicht sinnvoller, die Speisereste von ganz Camelot anzufordern und diese zu verfüttern? Ha, ha!«

Thea konnte verständlicherweise nicht mitlachen, wenn die anderen sie auf diese Weise aufzogen. Sie versuchte, gute Miene zu machen. Aber Corben merkte ihr an, dass diese Sache für sie einen ernsten – wenn nicht gar bedrohlichen – Hintergrund hatte. Er wartete eine Gelegenheit ab, um sie wieder einmal unter vier Augen auf ihre Probleme anzusprechen.

»Thea, willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?«, begann er. »Ich bin dein Freund, vergiss das nicht. Was es auch ist, du kannst dich mir anvertrauen.«

»Ich habe keine Probleme, Corby«, versuchte sie ihm einzureden. »Es ist nur so, dass mich diese dummen Sprüche einfach nerven.«

»Du bist selbst schuld daran«, entgegnete Corben mit vorsichtigem Vorwurf. »Mit deiner Geheimniskrämerei nährst du ja nur die Gerüchteküche. Warum sagst du nicht einfach, was wirklich dahintersteckt? Sag es wenigstens mir. Ich möchte dir helfen.«

Thea sah ihn lange an. Er merkte, dass sie um eine Entscheidung mit sich rang. Als sie dann sprach, da klang es irgendwie erleichtert – und offen und aufrichtig:

»Was ich tue, das tue ich nur, um Rudy zu schützen. Glaubst du mir das, Corby?«

»Natürlich glaube ich dir«, sagte Corben. Er spürte, dass Thea knapp davor war, sich ihm anzuvertrauen. »Und ich werde alles tun, um dir beizustehen.«

»Das ist lieb von dir, Corby«, sagte sie bewegt.

In diesem Moment schien es noch, als wolle sie sich Corben völlig überlassen. Aber schon im nächsten hatte sie wieder einen Schutzwall um sich aufgebaut.

»Ich weiß deine Fürsorge wirklich zu schätzen. Es ist nur …« Sie hielt inne. »Ich möchte Rudy nicht dem Gespött der anderen aussetzen. Wenn sie sich irgend etwas aus den Fingern saugen und ihre Witze darüber reißen, spielt das keine Rolle. Aber niemand soll die Wahrheit erfahren und sich darüber lustig machen können.«

»Ich kann Geheimnisse für mich behalten«, versicherte Corben.

»Du weißt, dass Rudy in seiner Eigenwelt lebt, Corby«, sagte sie, und Corben nickte wissend; das bedurfte keiner weiteren Erklärungen. »In jüngster Zeit hat er zudem Existenzängste entwickelt. Die vielen Hiobsbotschaften aus der Milchstraße über fremde Invasoren und so, die interpretiert er auf seine Weise. Er glaubt fest daran, dass Monos zum Vernichtungsschlag gegen Camelot beziehungsweise Phönix ausholen will. Und für solch eine Eventualität will er vorsorgen. Darum hortet er Lebensmittel. Für den Fall nämlich, dass er vor den Cantaro wieder in die Wildnis fliehen muss. Ist das nicht verrückt? Ich kann ihm das nicht ausreden. Aber vielleicht gibt es einen Weg, ihn in die Realität zurückzuholen. Ich habe einen Hypnoschuler angefordert. So kann ich Rudy vorsichtig in die Geschichte der Post-Monos-Ära einführen. Was hältst du davon, Corby?«

»Ich weiß nicht, ob ein Hypnoschuler da hilft«, sagte Corben.

»Aber einen Versuch ist es allemal wert«, beharrte Thea. Sie kam wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. »Ich möchte nicht, dass mich die anderen mit der Wahrheit aufziehen. Da ist es mir schon lieber, dass sie alle möglichen Vermutungen anstellen. Du wirst die Sache mit dem Hamstern der Lebensmittel doch für dich behalten, Corby, nicht wahr?«

»Gewiss«, versprach er mit belegter Stimme. »Kann ich dir sonst irgendwie helfen?«

»Das tust du allein mit deinem Verständnis. Mehr verlange ich nicht. Danke, Corby.«

Corben glaubte das mit dem Hamstern von Lebensmitteln nicht. Das wäre jedenfalls kein Grund gewesen, dermaßen ängstlich, bedrückt und verzweifelt zu sein. Thea sagte ihm nicht die Wahrheit, und das deprimierte ihn. Er war enttäuscht, dass sie sich ihm, der sich als ihren besten Freund sah, nicht anvertraute.

Er konnte alles ertragen. Dass Thea ihm nicht dieselbe Zuneigung entgegenbrachte wie er ihr. Dass sie seine Liebe aus irgendeinem Grund nicht erwidern konnte. Dafür hatte er Verständnis, denn solche Gefühle ließen sich nicht erzwingen.

Aber es schmerzte ihn, dass Thea ihm nicht ihr Vertrauen schenkte. Das war wie eine Verweigerung der Freundschaft!

Er wollte ihr jedoch zugute halten, dass sie durch irgendwelche Umstände dazu gezwungen wurde, ihn zu belügen. Diese wollte er herausfinden. Nur zu ihrem eigenen Wohle. Das war er ihr schuldig. Darum beschloss er, ihr nachzuspionieren.

*

Vor zwei Wochen war Corben Matala ihr zum ersten Mal in die Berge nachgeflogen. Das Haus ihres Vaters lag etwa zweihundert Höhenmeter oberhalb des Grüngürtels. In einer karstigen Gegend, in der es aus Futtermangel kaum Raubtiere gab und wo die fleischfressenden Pflanzen keinen Nährboden fanden. Trotzdem war das Gelände mit dem einfachen Fertighaus zusätzlich durch einen Energiezaun gesichert. Denn die Flora dieser Welt war überaus erfinderisch, wenn es darum ging, sich an potentielle Beute heranzumachen.

Thea war mit einem Werkschweber hingeflogen. Corben ließ eine halbe Stunde verstreichen, bevor er ihr folgte. Da er ihr Ziel kannte, brauchte er sie nicht zu verfolgen und somit nicht zu riskieren, dass sie ihn entdeckte.

Er landete auf einem dem Grundstück gegenüberliegenden Bergplateau in zwei Kilometer Entfernung, das durch eine Felserhebung geschützt war. Er hatte eine umfangreiche Jagdausrüstung mitgenommen, für den unwahrscheinlichen Fall, dass er entdeckt wurde und Rede und Antwort stehen musste. Corben suchte sich einen Platz, von dem aus er einen guten Überblick über das gesamte Gelände hatte. Nur was möglicherweise hinter dem Haus geschah, das konnte er logischerweise nicht sehen.

Theas Schweber war vor dem Haus geparkt. Daneben ein Shift, aus dem ein Modula-Roboter Pakete lud und ins Haus trug: die nächste Lebensmittellieferung. Rudy Ringent stand am Eingang des Hauses und zählte vermutlich die Pakete. Nachdem der Modula mit seiner Arbeit fertig war und der Shift wieder abflog, kehrte Rudy ins Haus zurück.

Danach ließen sich weder Thea noch ihr Vater im Freien blicken. Es vergingen einige Stunden, bis jemand aus dem Haus kam. Es war wieder Rudy. Er hatte einen prall gefüllten Rucksack geschultert und war mit einem Teleskopstock ausgerüstet.

Thea erschien hinter ihm in der Tür. Rudy drehte sich im Gehen um und winkte ihr. Thea winkte zurück. Dann verschaffte sich Rudy mit einer Fernsteuerung eine Strukturlücke im Energiezaun, trat hindurch und machte sich an den Abstieg. Er verschwand somit aus Corbens Sichtfeld.

Corben war klar, dass der Alte wieder eine seiner Touren in die geliebte Wildnis machte. Trug er im Rucksack Nahrungsmittel als Futter oder Lockmittel für das Wild?

Thea kehrte ins Haus zurück und tauchte in den Stunden bis zur Dämmerung nicht wieder auf.

Als Ceres untergegangen war und von den beiden Monden Charon und Styx abgelöst wurde, flog Corben ins Werk zurück. Es war nicht gut, wenn er zur selben Zeit und solange wie Thea abwesend war. Irgend jemandem konnte das auffallen; er könnte falsche Schlüsse daraus ziehen. Corben musste an alles denken.

Später in der Nacht flog er noch einmal zu seinem Beobachtungsposten. In seinem Kopf hatte sich ein Gedanke festgefressen, der ihn nicht mehr loslassen wollte: Was tat Thea allein in dieser Einsiedelei? Was hatte sie dort zu schaffen, wenn ihr Vater gar nicht anwesend war? War sie am Ende gar nicht allein? Hatte sie vielleicht einen geheimen Liebhaber, mit dem sie sich bei ihrem Vater traf? Und Rudy fortschickte, um für einige Stunden mit ihrem Geliebten ungestört zu sein?

Nicht dass das Corben etwas anging, aber er hätte in diesem Fall wenigstens gewusst, woran er war. Auch wenn es ihn geschmerzt hätte, Theas Heimlichtuerei hätte damit wenigstens eine Erklärung gefunden.

Andererseits war Theas bedrückte Stimmung nicht mit einem Geliebten in Einklang zu bringen. Sie hätte lebensfroh und glücklich sein müssen, nicht ängstlich und verzweifelt.

In dieser Nacht bekam Corben keine neuen Erkenntnisse mehr. Das Haus lag im Dunkeln. Durch das Nachtsichtglas stellte er jedoch fest, dass in allen Räumen Licht brannte und nur die Fenster abgedunkelt waren.

Corben kehrte unzufrieden und mit verstärkter Ungewissheit heim.

Drei Tage später erhielt Thea im Werk einen Anruf ihres Vaters. Früher hatte Rudy sie nie an ihrer Arbeitsstätte angerufen. Erst in letzter Zeit häuften sich seine Anrufe. Sie bat Corben, der ihr Vorgesetzter war, ihr für den Rest dieses Tages und auch für morgen frei zu geben. Es gab keinen Grund, ihr diese Bitte auszuschlagen, aber er fragte:

»Ist etwas mit Rudy nicht in Ordnung?«

»Nichts weiter. Nur einer seiner Paranoia-Anfälle«, sagte sie.

Es sollte unbeschwert klingen, aber Corben glaubte, unterschwellige Besorgnis herauszuhören.

Kaum war Thea abgeflogen, flog er zu seinem Beobachtungsposten hinaus. Diesmal packte er zu seiner Jagdausrüstung einen Minispion. Als Corben Stellung bezog, war Theas Schweber noch nicht gelandet. Sie traf erst eine halbe Stunde später ein. Das konnte nur bedeuten, dass sie argwöhnisch geworden war und nach eventuellen Verfolgern Ausschau gehalten hatte.

Corben wurde ganz heiß bei dem Gedanken, dass Thea ihn entdeckt haben könnte. Er schickte die Mikrosonde aus und verfolgte deren Flug auf dem Display der Fernsteuerung, während er gleichzeitig auf dem Bildkubus beobachtete, wie Thea ihren Vater begrüßte, der aus dem Haus gerannt kam.

Rudy wirkte ziemlich aufgeregt und sprach gestikulierend auf sie ein. Thea konnte ihn kaum beruhigen. Corben versuchte, über das Richtmikrophon der Sonde ihr Gespräch aufzunehmen. Aber dafür war die Entfernung noch zu groß. Und dann verschwanden die beiden im Haus.

Corben ließ die Sonde aus sicherer Distanz das Haus umschwärmen; er wollte nicht riskieren, dass sie entdeckt wurde – alles andere als das! Corben hielt die Sonde stets außerhalb des Energiezaunes, so dass sie auf keinen Fall als Energiequelle ausgemacht werden konnte. Er kannte sich in diesen Dingen aus; schließlich war er Mikromechaniker, der zusammen mit den Siganesen am Sicherheitssystem des Ceres-Systems mitgearbeitet hatte – wie Thea unter seiner Leitung übrigens auch.

Diese Vorsichtsmaßnahme hatte aber für Corben den Nachteil, dass er keine zufriedenstellenden Ortungsergebnisse erhielt. Es war ihm auch nicht möglich, im Infrarotbereich die Anzahl der im Haus befindlichen Personen als Wärmequellen zu bestimmen. Er konnte nicht einmal Theas und Rudys Anwesenheit auf diese Weise beweisen, obwohl er wusste, dass sie im Haus waren.

Thea blieb nicht lange. Nur etwa eine halbe Stunde. Als sie das Haus verließ, wirkte sie noch niedergeschlagener als bei ihrer Ankunft. Rudy begleitete sie zum Schweber, den Arm um ihre Schulter gelegt, tröstend auf sie einredend.

»… nicht weggehen, Marga …« Das waren die ersten Worte, die Corben über seinen Minispion empfing. Rudy nannte Thea in seiner Verwirrung Marga, nach seiner verstorbenen Frau. »… dir die Sache über den Kopf … dich an Roi Danton … verrate nichts über …«

Thea verabschiedete sich mit einem Kuss von ihrem Vater und bestieg den Schweber. Aber sie startete nicht sofort. Erschöpft legte sie ihren Kopf auf das Armaturenbrett. Erst als ihr Vater sie von außerhalb anrief, straffte sie sich, winkte ihm mit gequältem Lächeln zu und startete.

Corben wusste nicht, was er von dieser Szene halten sollte. Er war nur überzeugt, dass viel mehr dahintersteckte, als er sich in seiner bescheidenen Phantasie ausmalen konnte.