Perry Rhodan 1850: Traumtod - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 1850: Traumtod E-Book

Ernst Vlcek

0,0

Beschreibung

Ausblick in eine nahe Zukunft - in eine Galaxis ohne Menschheit Im Jahr 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, das dem Jahr 4875 unserer Zeit entspricht, steht die Milchstraße vor einer ihrer größten Bewährungsproben: Mit einer gigantischen Flotte, die weit über 200.000 Raumschiffe umfasst, haben die sogenannten Tolkander milliardenfachen Tod über insgesamt 52 bewohnte Planeten der Milchstraße gebracht. Auf diesen Welten wurde alles intelligente Leben ausgelöscht. Und es ist damit zu rechnen, dass dieser Massentod erst der Anfang einer ungeheuerlichen Entwicklung war. Auf 52 Welten verbreiten nämlich seitdem Wesen, die sich offensichtlich selbst als "Philosophen" bezeichnen, ihre Lehren von Tod und Untergang. Während sich die Bewohner der Milchstraße auf eine Konfrontation vorbereiten, bei der sie offenbar so gut wie keine Chance haben, sind drei Menschen von der Erde in unbekannten Regionen des Universums unterwegs. Alaska Saedelaere verschlug es zuletzt in einen merkwürdigen Mikrokosmos; Perry Rhodan und Reginald Bull haben in der Galaxis Plantagoo mysteriöse Verbindungen zu den Ereignissen in der Heimat aufgefunden. Wie das alles zusammenhängen mag, kann derzeit noch keiner der Beteiligten erahnen. Den Aktivatorträgern auf der Erde eröffnet sich darüber hinaus der Blick in den TRAUMTOD …

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 1850

Traumtod

Ausblick in eine nahe Zukunft – in eine Galaxis ohne Menschheit

von Ernst Vlcek

Im Jahr 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, das dem Jahr 4875 unserer Zeit entspricht, steht die Milchstraße vor einer ihrer größten Bewährungsproben: Mit einer gigantischen Flotte, die weit über 200.000 Raumschiffe umfasst, haben die sogenannten Tolkander milliardenfachen Tod über insgesamt 52 bewohnte Planeten der Milchstraße gebracht. Auf diesen Welten wurde alles intelligente Leben ausgelöscht.

Und es ist damit zu rechnen, dass dieser Massentod erst der Anfang einer ungeheuerlichen Entwicklung war. Auf 52 Welten verbreiten nämlich seitdem Wesen, die sich offensichtlich selbst als »Philosophen« bezeichnen, ihre Lehren von Tod und Untergang.

Während sich die Bewohner der Milchstraße auf eine Konfrontation vorbereiten, bei der sie offenbar so gut wie keine Chance haben, sind drei Menschen von der Erde in unbekannten Regionen des Universums unterwegs. Alaska Saedelaere verschlug es zuletzt in einen merkwürdigen Mikrokosmos; Perry Rhodan und Reginald Bull haben in der Galaxis Plantagoo mysteriöse Verbindungen zu den Ereignissen in der Heimat aufgefunden.

Wie das alles zusammenhängen mag, kann derzeit noch keiner der Beteiligten erahnen. Den Aktivatorträgern auf der Erde eröffnet sich darüber hinaus der Blick in den TRAUMTOD …

Die Hauptpersonen des Romans

Norman Erengast – Der letzte Terraner besucht seine Heimatwelt.

Yamo Dormat – Der letzte Haluter will Rache für sein Volk.

Grek-27 – Ein Maahk an Bord eines Haluter-Raumschiffes.

Elebor – Der Posbi überlebte den Untergang seiner Heimat.

Atlan

Wo, Suchender, findest du Hilfe?

Die irdischen Religionen verheißen sehr viel über ein Leben nach dem Tode oder über Reinkarnation.

Du sollst nach diesem höchsten Ziel streben und dieses körperliche Leben als Prüfung ansehen für den Einzug ins Paradies oder dafür, dass du wiedergeboren wirst.

Diese Art des Strebens nach Höherem wird jedoch zur Farce, wenn keiner da ist, der dich zum Erreichen des höchsten aller Ziele hinführt.

Alles graue Theorie …

Alles leere Versprechen …

Denn keiner der unzähligen terranischen Propheten gibt dir das Rezept dafür, wie du die angestrebte Erfüllung auf Wunsch erreichen kannst.

Ja, die meisten terranischen Propheten gehen sogar so weit, es dir zu verbieten, aus eigener Hand in das Leben nach dem Tode einzutreten oder einen der Deinen in die höhere Daseinsform zu überführen.

Sie verschließen dir und den Deinen die Tür zum vorzeitigen Eintritt ins Paradies, indem sie dich zwingen, das körperliche Sein bis zum natürlichen Tod zu ertragen.

Wo ist die helfende Hand, die dich dahin geleitet?

Ich reiche sie dir.

Gib mir deine Hand, Irrender, du verzweifelt Suchender, und ich führe dich durch eine Schule des Sterbens.

Ich zeige dir den Weg hin in die Gefilde Goeddas.

(Aus den Lehren von Dreur, dem Philosophen von Terra)

1.

Norman Erengast: Dezember 1291 NGZ

»Ich, Norman Erengast, bin der letzte Terraner.«

So sagte er sich laut vor, um das Unfassbare aus seinem eigenen Mund zu hören.

Die Menschheit war ausgelöscht.

Es gab wohl noch Menschen, aber keine richtige Menschheit mehr. Keine auf der Erde.

Milliarden und aber Milliarden Terrastämmige lebten über die Milchstraße verteilt. Norman Erengast war einer von ihnen. Ein echter Terraner sogar! Auch wenn es die nach all den Ereignissen der letzten Jahrtausende gar nicht mehr geben konnte.

Es hatte den Einzelgänger wie ein Keulenschlag getroffen. Er hatte es zuerst einfach nicht wahrhaben wollen, dass irgendeine Macht des Universums die Menschheit von der galaktischen Bühne gefegt haben könnte.

Es hatte ganz harmlos angefangen …

*

Nach seiner Rückkehr in die Milchstraße nahm Norman Erengast Kurs auf Snagos Werft. Der zweite Planet der gelben Sonne Eutitta, 4566 Lichtjahre in Richtung galaktische Peripherie von Sol entfernt, besaß Mars-Charakter. Er verdankte seinen Namen der Tatsache, dass der Raumschiffshändler Snago Pourapoy auf der Welt sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Von Snago hatte Norman damals seine 30 Meter durchmessende Space-Jet gekauft, zusammen mit seinem Roboter Oswald. Er flog den Werftplaneten an, um die Jet überholen zu lassen.

Die DISSENTER, wie Norman die Jet getauft hatte, war eigentlich noch ganz gut in Schuss. Aber nach fünf Jahren und nach zahlreichen zurückgelegten Lichtjahren, konnte eine Generalüberholung nicht schaden.

Im Eutitta-System angekommen, funkte Norman Snagos Werft an. Er bekam keine Antwort. Es herrschte völlige Funkstille.

Norman flog den zweiten Planeten an und landete auf dem kleinen Raumhafen aus glasiertem Wüstensand, nahe dem Berg aus Raumschiffswracks, der Snago als Ersatzteillager diente. Auf dem Landefeld waren einige Beiboote verschiedener Herkunft und ein VESTA-Kreuzer, Snagos Privatraumer, geparkt.

Nichts rührte sich. Nicht einmal einige der insektoiden Eingeborenen, die Snago so gerne als billige Hilfskräfte missbrauchte, waren zu sehen. Und noch immer antwortete ihm niemand auf seine Anrufe.

Norman stieg mit Oswald aus. In der dünnen, aber ansonsten gut verträglichen Atmosphäre benötigte Norman lediglich einen Atemfilter. Oswald garantierte ihm, dass die Atmosphäre wie ehedem bar jeglicher Krankheitserreger war.

Zusammen mit dem Roboter schritt der Terraner auf das nahe Hauptgebäude zu, das zwischen zwei großen, hässlichen Werfthallen eingebettet war.

Auf dem Weg dorthin stolperten sie über die Leichen zweier Eutittar. Sie mussten schon einige Zeit tot sein, denn von den Insektoiden waren nur noch die Exoskelette aus Chitin übrig. Die Haltung, die sie im Tode einnahmen, ließ darauf schließen, dass sie sich mit ihren Speeren gegenseitig aufgespießt hatten.

Auf den Stufen zum Eingang des Hauptgebäudes fand Norman ein menschliches Skelett. In den Büros, durch die er auf dem Weg zum Chefzimmer kam, traf Norman auf weitere Skelette. Aus der Verteilung der Knochenhaufen schien es Norman, als seien Snagos Leute während der Arbeit vom Tode überrascht worden.

Es war eine unheimliche Situation. Norman war vorher noch nie mit etwas ähnlich Mysteriösem konfrontiert worden.

Was war passiert?

Oswald sprach die Vermutung aus, dass die Werft einem Überfall von Piraten zum Opfer gefallen sei. Dagegen sprach jedoch, dass es keinerlei Anzeichen für Plünderung gab. Piraten hätten sich zumindest Snagos VESTA-Raumer und die Beiboote geschnappt. Aber es fehlte offensichtlich nichts.

Noch etwas entdeckte Norman, was nicht die Handschrift von Plünderern trug. Sämtliche Syntronanlagen waren zerstört, das gesamte Netz zusammengebrochen. Die Anlagen standen zwar unter Energie, aber sie funktionierten nicht.

Im Chefzimmer bot sich Norman ein Bild, an das er sich fast schon gewöhnt hatte. Der Zentralsyntron war kaputt. Vor dem Panoramafenster des großen, fast luxuriös zu nennenden Büros lagen die Skelette von vier Menschen.

Norman schauderte. Er hatte plötzlich den Wunsch, einfach davonzulaufen. Aber er hätte dennoch zu gerne erfahren, was hier vorgefallen war.

Oswald machte ihn auf das defekte Überwachungssystem aufmerksam. Der Roboter versicherte, dass er die Aufnahmen lesen und wiedergeben könnte.

»Okay«, sagte Norman Erengast mit rauer Stimme. Ihn fröstelte vor dem Unerklärlichen. »Nimm die Datenträger an dich! Und dann nichts wie weg von hier.«

Eine Stunde später befand sich die DISSENTER Lichtjahre vom Eutitta-System entfernt. Erst als sie weit genug aus der möglichen Gefahrenzone waren, ließ Norman sich die Aufnahmen des Überwachungssystems von Oswald vorspielen.

Die letzten Aufnahmen stammten vom 25. September 1289 NGZ, waren somit über zwei Jahre alt. Sie endeten um 21.33 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt musste das gesamte Syntronnetz zusammengebrochen sein.

Norman ließ die Aufnahmen um eine Stunde zurückspulen. Dann sah er die ersten Bilder. Sie waren in gesplittetem Screen aufgenommen, das heißt, es wurden mehrere Szenen von verschiedenen Orten der Werft gleichzeitig projiziert.

In einer Szene war zu sehen, wie zwei insektoide Eingeborene nahe dem Berg aus Raumschiffswracks einander gegenüberstanden. Ihre Chitinpanzer schimmerten im Licht der Scheinwerfer bronzen. Die Eutittar waren schlank und über zweieinhalb Meter groß. Sie besaßen vier Extremitätenpaare; zwei davon benutzten sie zur Fortbewegung, die beiden anderen waren als Handlungsarme ausgebildet. Mit den beiden oberen Armen hielten sie ihre Speere – und rammten sie gleich darauf mit den Spitzen in den Boden.

Danach traten sie unbewaffnet aufeinander zu; einer schlug jeweils mit den vier Greifwerkzeugen in einer komplizierten Abfolge auf die des anderen. Dieses Ritual dauerte zwei volle Minuten lang – es wirkte feierlich und in keiner Weise aggressiv. Dann traten sie zurück, ergriffen ihre Speere, brachten sie in Anschlag und rannten aufeinander los. Sie spießten sich gegenseitig auf … Norman hatte ihre Leichen gesehen.

In verschiedenen Werftsektionen, über die die Überwachungskameras hinwegschwenkten, mussten sich ähnlich Rituale abgespielt haben. Denn überall lagen Paare von Eingeborenen in tödlicher Umarmung, die sich gegenseitig aufgespießt hatten.

Die Menschen, die bei Snago beschäftigt waren – insgesamt etwa zwanzig an der Zahl – schienen von den Ritualen der Eutittar völlig unbeeindruckt zu sein. Nichts wies darauf hin, dass sie davon angesteckt worden waren und miteinander ähnlich umgehen wollten.

Die Leute in den verschiedenen Abteilungen gingen keinerlei sinnvoller Tätigkeit nach. Die meisten saßen herum, als würden sie meditieren. Anderen war eine gewisse Anspannung anzumerken, eine Erwartungshaltung geradezu. Als würden sie darauf warten, dass das, was schließlich eingetreten war, über sie kommen möge. Ihnen war keine Angst anzumerken, sie schienen das, worauf sie warteten, herbeizusehnen.

Manche schienen den Zeitpunkt nicht mehr erwarten zu können. Sie konnten nicht ruhig bleiben, marschierten nervös auf und ab. Ihre Blicke wanderten unruhig umher, richteten sich zum Himmel und ins Nichts – oder in unergründliche Fernen.

Als versuchten sie, etwas zu erkennen und zu identifizieren, was unsichtbar um sie war …

Wenn sie einander auf ihren Wanderungen begegneten, kam es gelegentlich zu kurzen Gesprächen.

»Warum werden wir nicht endlich erlöst? Das Ereignis müsste doch längst schon eingetreten sein.«

»Geduld, Geduld! Du darfst nicht zweifeln. Sei stark und gelassen, dann wirst du es um so besser genießen können, wenn es soweit ist.«

»Und wenn der Philosoph uns narrt und alles nur leere Versprechungen waren?«

»Wenn du so denkst, dann hast du seine Lehren nicht verstanden.«

Norman Erengast konzentrierte sich auf den Bildausschnitt, der Snago Pourapoys Büro zeigte. Der Händler stand mit zwei Frauen und einem Mann am Panoramafenster. Aber die vier Menschen vergeudeten keinen Blick auf die Aussicht. Sie bildeten einen Kreis; die Augen hatten sie geschlossen. So drehten sie sich langsam, wiegten dabei die Körper sanft, wie nach einer unhörbaren Melodie.

Norman Erengast wurde bei diesem Anblick fast übel. Denn er kannte das Ergebnis dessen, was die Bewohner von Snagos Werft erwarteten. Dennoch konnte er seine Blicke nicht von der Szene losreißen.

Die eingeblendete Uhr sprang auf 21.33. Die Körper der vier Menschen im Kreis wurden heftig durchgeschüttelt. Das Bild begann zu flimmern, dann herrschte nur noch Schwärze. Das war der Zeitpunkt, da alles Leben auf Snagos Werft ausgelöscht und alle Hightech zerstört wurde.

*

Norman Erengast verstand das alles nicht. Was auf Snagos Werft passiert war, musste doch – nach immerhin zwei Jahren – allgemein bekannt geworden sein. Spätestens dann, wenn einer von Snagos vielen Kunden Kontakt zu ihm hätte aufnehmen wollen. Aber nichts auf dem Planeten wies darauf hin, dass nach dem allgemeinen Sterben jemand am Schauplatz des Geschehens gewesen war.

»Was zermarterst du dir unnötig das Gehirn, Norman?«, wies ihn sein Roboter zurecht. »Nimm einfach Kontakt mit einem terranischen Stützpunkt auf und erstatte Meldung!«

Aber das klappte nicht; Norman bekam mit keinem der angerufenen Notfalldienste Kontakt. Ein Gefühl der Beklemmung beschlich ihn. Er begann zu ahnen, dass der Vorfall auf Snagos Werft schwerwiegendere Auswirkungen hatte, als er sich vorstellen konnte.

Als er versuchte, sich durch einen der terranischen Nachrichtensender über die galaktische Gesamtlage zu informieren, erlitt er ebenfalls Schiffbruch. Es war nicht möglich, eine terranische Station zu empfangen.

Die Beklemmung wurde zur Panik. Norman war drauf und dran, die Kontrolle über sich zu verlieren. Das alles konnte einfach nicht wahr sein!

Nach einiger Zeit bekam Norman einen arkonidischen Staatssender rein. Im ersten Moment war er erleichtert. Aber der Inhalt der empfangenen Sendung war dazu angetan, ihn an den Rand des Irrsinns zu treiben.

Der Empfang war gut. Das Bild zeigte einen Arkoniden in Uniform, der auf Arkonidisch sprach, was vom Translator des Empfängers automatisch ins Interkosmo übersetzt wurde. Der arkonidische Militär sagte:

»… wurde das Bittgesuch der Bettler aus der Eastside mit aller Deutlichkeit und Schärfe vom Kristallimperium abgewiesen. Es geht nicht an, dass die Blues ihr Fähnchen nach dem Wind drehen. Auch Tellerköpfe sollten etwas Rückgrat zeigen. Früher haben sie sich an die Terraner geklammert, und jetzt, da die Liga Freier Terraner durch die Tolkander ausradiert wurde, kriechen sie vor dem Kristallimperium zu Kreuze. Ein aufrechter Arkonide kann dabei nur Abscheu empfinden …«

Norman hörte nicht mehr hin. In seinem Geist hämmerte unentwegt das Fragment einer Aussage: … die Liga Freier Terraner durch die Tolkander ausradiert …

War das die Antwort auf die Frage, warum keine der terranischen TV-Stationen mehr sendete? Wie war das »Ausradieren« zu verstehen? Als Schwächung, Zersplitterung oder gar als völlige Vernichtung?

Keine Terraner mehr, keine Menschheit? Und wer waren Tolkander? Was war in den fünf Jahren seiner Abwesenheit in der Milchstraße passiert?

Als die Orter in wenigen Lichtjahren Entfernung permanent Hyperraum-Strukturerschütterungen registrierten, die auf starken Raumschiffsverkehr hinwiesen, nahm Norman mit der DISSENTER Kurs dorthin.

»Bin ich der letzte Terraner, Oswald?«, fragte Norman seinen Roboter.

»Was kümmert's dich?«, antwortete der Roboter. »Du hast die Menschen noch nie gemocht, Norman. Andernfalls hättest du, der du dich selbst als größten lebenden Menschenverächter siehst, ihnen nicht den Rücken gekehrt. Also was kümmert's dich, ob sie ausgerottet wurden oder nicht?«

»Es ist was anderes, den Menschen aus dem Weg zu gehen, als die Gewissheit zu haben, dass es sie nicht mehr gibt!« Norman machte eine Geste der Hilflosigkeit. »Sag mir, dass ich das bloß träume! Sag, dass die Erde nicht tot ist und Terrania noch immer von pulsierendem Leben überquillt! Sag es!«

»Ich werde mich hüten«, widersetzte sich Oswald. »Alles deutet darauf hin, dass es keine Menschheit mehr gibt. Also finde dich damit ab, dass du einer der letzten Terraner bist.«

»Sei still!«

»Aber du musst der Wahrheit …«

»Maul halten!«

Diesmal gehorchte der Roboter. Er war zwar auf Widerspruch programmiert, aber dennoch so, dass er einem wiederholten Befehl nachkam. Das hing auch mit der Stimmmodulation seines Befehlsgebers zusammen. Oswalds sensible Sensoren registrierten es, wenn Norman seine Worte ernst meinte.

Während der kurzen Überlicht-Etappe platzte Norman fast der Kopf vor widerstreitenden Gefühlen und durcheinanderrasenden Gedanken. Er verstand selbst kaum, dass ihm das alles so sehr zusetzte. Natürlich war es nicht wünschenswert, dass der Menschheit etwas zustieß. Aber es ging ihm über Gebühr nahe.

Dabei hatte er die Menschen nie gemocht oder gebraucht – er war ihnen stets aus dem Wege gegangen. Das hatte schließlich dazu geführt, dass er im August 1286 NGZ in die Tiefen des Alls geflogen war. Wohin, war ihm egal gewesen, nur fort aus der Milchstraße und weg von den Menschen.

Die Möglichkeit für diesen Ausstieg hatte er durch den Tod seiner Eltern bekommen. Die Eltern – der Vater ein Tyrann, die Mutter eine kuschende, liebende Dienerin, deren Zuneigung Norman schon immer lästig gewesen war und ihm mit den Jahren immer widerwärtiger wurde – hatten ihm und seinem Bruder Alexander zu gleichen Teilen ein kleines Vermögen hinterlassen. Normans Erbteil hatte für eine fernflugtaugliche Space-Jet gereicht: einen gebrauchten Diskus mit dreißig Metern Durchmesser, aber noch recht gut in Schuss.

Er hatte die Jet auf den Namen DISSENTER getauft und war auf und davon.

Die fünf Jahre Einsamkeit hatte Norman genossen. Der Roboter Oswald, den Snago ihm geschenkt hatte, war ein ausreichender Dialogpartner gewesen. Oswald war nicht den Menschen nachgebaut, sondern sah aus wie eine eineinhalb Meter große Spindel. Das war sein zusätzliches Plus, denn den Anblick eines Roboters von humanoider Form hätte Norman auf Dauer nicht ertragen.

Wenn Norman ein Menschenfeind war, so hieß das deshalb nicht, dass er Fremdwesen freundlicher gesinnt war; solche waren für ihn außerhalb jedweder Wertigkeit.

In der Tat war er auf seinem Fernflug so gut wie allen Kontakten mit intelligenten Fremdwesen aus dem Wege gegangen. Zweimal hätte er die Möglichkeit gehabt, fremde Raumfahrer kennenzulernen. Er hatte diese Chancen nicht genützt und hatte sich beide Male ohne Identifizierung rasch aus dem Staub gemacht.

Es gab bei Fremdwesen Ausnahmen, wie etwa die Haluter, vor denen er eine gewisse Hochachtung hatte. Aber er meinte die Haluter der Vergangenheit, die wild und kämpferisch gewesen waren und ihre angeborene Aggressivität voll ausgelebt hatten.

In der Gegenwart konnten höchstens die einst so degenerierten Arkoniden seine Anerkennung genießen. Die Arkoniden waren längst wieder aus dem Dämmerschlaf der Dekadenz erwacht und hatten zu einem neuerlichen Sturm auf die Milchstraße angesetzt. Sie erkannten rechtzeitig, dass die Evolution nur für die Starken einen Platz an der Spitze vorgesehen hatte.

Den Arkoniden, zwar humanoid, aber keine Menschen im ursprünglichen Sinn des Wortes, gehörte die Zukunft. Da war sich Norman ganz sicher, und darum verehrte er sie insgeheim.

Aber insgesamt war sich Norman Erengast selbst genug.