Perry Rhodan 2015: Mein Freund, der Tod - Hubert Haensel - E-Book

Perry Rhodan 2015: Mein Freund, der Tod E-Book

Hubert Haensel

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Beschreibung

Gefangen im Kristallimperium - er soll Terra verraten Auf der Erde und den Tausenden von Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit. In den letzten Jahren haben die Spannungen zugenommen, vor allem durch das aggressiv auftretende Kristallimperium. Einige zehntausend Kampfraumschiffe besetzten das kleine Sternenreich der Topsider und gliederten es ins Imperium ein. Dabei wurde Reginald Bull, Perry Rhodans Weggefährte seit den Tagen der Dritten Macht, gefangengenommen. Perry Rhodan weiß, daß er gegen das Machtstreben der Arkoniden etwas unternehmen muß. Allerdings wird zur selben Zeit die mysteriöse Geistesmacht Morkhero Seelenquell in der Galaxis aktiv, über deren Absichten man bislang noch nichts weiß. Auf dem mit psionischen Teilchen aufgeladenen Planeten Morbienne III kommt es zur direkten Konfrontation zwischen den Menschen und Morkhero. Zur selben Zeit nimmt die Neue USO unter Kommando des Oxtorners Monkey verstärkt den Untergrundkampf gegen das Kristallimperium auf. USO-Spezialisten finden heraus, wo Reginald Bull gefangengehalten wird, und starten eine Aktion, die den Residenz-Minister befreien soll. Bully kämpft währenddessen auf Arkon ums geistige und körperliche Überlegen. Er wartet auf das Ende - und er nennt es MEIN FREUND, DER TOD...

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Nr. 2015

Mein Freund, der Tod

Gefangen im Kristallimperium – er soll Terra verraten

von Hubert Haensel

Auf der Erde und den Tausenden von Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit. In den letzten Jahren haben die Spannungen zugenommen, vor allem durch das aggressiv auftretende Kristallimperium.

Einige zehntausend Kampfraumschiffe besetzten das kleine Sternenreich der Topsider und gliederten es ins Imperium ein. Dabei wurde Reginald Bull, Perry Rhodans Weggefährte seit den Tagen der Dritten Macht, gefangengenommen. Als eine starke arkonidische Raumflotte allerdings Olymp angreifen wollte, wurde sie zum Opfer der neuesten Geheimwaffe der Terraner: Die Aagenfelt-Barriere half, den Arkoniden eine vernichtende Niederlage beizufügen.

Perry Rhodan weiß, dass er gegen das Machtstreben der Arkoniden etwas unternehmen muss. Allerdings wird zur selben Zeit die mysteriöse Geistesmacht Morkhero Seelenquell in der Galaxis aktiv, über deren Absichten man bislang noch nichts weiß. Auf dem mit psionischen Teilchen aufgeladenen Planeten Morbienne III kommt es zur direkten Konfrontation zwischen den Menschen und Morkhero.

Zur selben Zeit nimmt die Neue USO unter dem Kommando des Oxtorners Monkey verstärkt den Untergrundkampf gegen das Kristallimperium auf. USO-Spezialisten finden heraus, wo Reginald Bull gefangen gehalten wird, und starten eine Aktion, die den Residenz-Minister befreien soll.

Bully kämpft währenddessen auf Arkon ums geistige und körperliche Überleben. Er wartet auf das Ende – und er nennt es MEIN FREUND, DER TOD …

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Der Terraner ringt im Hochsicherheitsgefängnis mit dem Tod.

Endra da Kimbarley – Die Chefin des Golkana-Gefängnisses wird von einer Attacke überrascht.

Yomanril – Der Verhörspezialist will Bully wichtige Geheimnisse entreißen.

Monkey – Der Oxtorner startet mit der Neuen USO ein heikles Kommandounternehmen.

Roi Danton

Prolog

»Verfluchter Terraner!« Hasserfüllt stieß Endra da Kimbarley die Worte hervor.

Wahrscheinlich sah sie erbärmlich aus, mit dunkel geränderten Augen und stierem Blick. Sie hatte in der letzten Nacht nicht geschlafen und zu allem Überfluss versucht, ihren Hass auf die Welt in einem Übermaß an Alkohol zu ertränken. Der Albdruck war danach nur schlimmer geworden.

Sie vermisste Arbtan, den Harshan-Magnopardh, ihre Raubkatze, deren gekrümmte Fangzähne wie blitzende Dolche gewesen waren. Geblieben waren ein Blutbad in ihrer Suite und der metallisch ekelerregende Gestank des Kadavers, der ihre Magennerven rebellieren ließ.

Selten zuvor hatte sie einen Mann so sehr geliebt wie Akellm. Und nie war ihr Sturz so tief gewesen.

Alles nur Lüge. Akellm hatte sie ausgenutzt, um an den Terraner heranzukommen. Er hatte sie sogar im Tod belogen: Nicht er war am Ziel des Karaketta-Rennens tödlich verunglückt, sondern ein anderer – das wusste sie inzwischen –, während Akellm in ihre Suite über dem Golkana-Gefängnis eingedrungen war, vermutlich um den Terraner zu befreien. Das hatte er allerdings nicht geschafft.

Reginald Bull. Der Name hatte sie bis vor wenigen Tagen kaum interessiert. Er war ein Gefangener, mehr nicht. Residenz-Minister für Liga-Verteidigung. Ein Geheimnisträger.

Endra da Kimbarleys hellrote Augen glühten, als sie sich mit zitternden Händen in den Überwachungskreislauf des Gefängnisses einschaltete. Augenblicke später hatte sie den Terraner in seiner Zelle auf dem Schirm.

1.

… sekundenlang schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf die dezente Hintergrundmusik, die eine Saite in meinem Innern mitschwingen ließ. »Five hundred miles away from home«. Nur noch wenige Tage vor dem Start zur ersten Mondlandung, hätte ich Bobby Bares sonorer Stimme endlos lauschen können.

Sehnsucht und Abenteuerlust hielten mich im Griff. Gedankenverloren hatte ich meinen Kognakschwenker mit beiden Händen bewegt, nun kippte ich den spanischen Brandy und ignorierte, dass die Freunde mich amüsiert musterten. Sollten sie ruhig lästern, auch ihre Nerven waren zum Zerreißen angespannt.

»Einmal Mond und zurück«, sagte ich sehnsuchtsvoll und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Die Sterne werden uns gehören!«

Die Musik endete in einem schrillen Crescendo. Stille folgte. Eine unheimliche, atemraubende Ruhe. Nur mein eigenes hastiges, rasselndes Atmen war zu vernehmen.

Filmriss!

Die Zeit schien stillzustehen. Ich starrte über den Tisch hinweg auf die leeren Plätze, auf denen vor Sekunden meine Freunde gesessen hatten, Astronauten der U.S. Space Force wie ich, ausgebildet, den Mond zu erobern.

Sie waren verschwunden, als hätten sie nie existiert. Nur ihre halb geleerten Gläser standen noch da. Daneben lag das Foto, das Clark G. Flipper und seine Frau auf den Bahamas zeigte. In den höchsten Tönen hatte Flipp von den Flitterwochen geschwärmt, von der himmlischen Ruhe unter Palmen, dem sanften Meeresrauschen und dem warmen Wind …

Das durfte nicht vorbei sein – niemals! Vielleicht, wenn ich die Augen schloss, sie so fest zudrückte, dass es fast schon schmerzte …

Stimmen … das Lachen einer Frau im Hintergrund an der Bar … und die Musikbox plärrte los, dröhnte Bill Haleys »Rock around the clock« in nahezu unerträglicher Lautstärke. Perry Rhodan bedachte mich mit einem forschenden Blick, und Flipper begann schallend zu lachen. Ich war verärgert, als ich wiederholte: »Die Sterne werden uns gehören! Wir müssen nur daran glauben!«

Unter meiner Schädeldecke dröhnte und hämmerte es rhythmisch. Die laute Musik, dazu das heisere Summen des Ventilators, der Küchendüfte und kalten, abgestandenen Zigarrenrauch verwirbelte und mir ins Gesicht blies; die Freunde, die sich vorbeugten und hastig auf mich einredeten, als wäre keine Zeit mehr zu verlieren. Ihre Stimmen wurden dumpf und unverständlich, und ihre Gesichter verzerrten sich zu Karikaturen, als hätte ich nach durchzechter Nacht mit zitternder Hand versucht, sie aus dem Gedächtnis zu skizzieren – das alles verwischte zu einem Wirbel der Empfindungen, einem Sog, der mich mitzureißen drohte.

Heiß stieg es in meinem Magen auf, erreichte die Speiseröhre, quoll pulsierend höher …

Einatmen! Die Luft anhalten! Vergeblich stemmte ich mich gegen das würgende Gefühl und den bitteren Geschmack, der mir Tränen in die Augen trieb. Das alles erschien wie ein böser Traum. Meine Rechte verkrampfte sich um den Kognakschwenker, die Finger krallten sich in das Glas, das knirschend zerbrach. Splitter stachen in die Handfläche und die Fingerkuppen. Das lärmende Dröhnen überschlug sich, vermischt mit dem Pochen des Pulsschlags in meinen Schläfen.

Abrupt herrschte Stille. Eine wohltuende Oase nahezu völliger Lautlosigkeit, irgendwo, auf jeden Fall nicht mehr im »White Horse House«, in dem wir Mondfahrer einige unserer letzten Abende verbracht hatten. Die Anspannung fiel von mir ab. Ich fühlte, wie sich die verkrampften Muskeln zu lösen begannen.

Immer noch würgte mich der Geschmack von Galle. Ein Rinnsal tropfte aus dem Mundwinkel übers Kinn. Ich wollte es ignorieren, mich von dem kühlen Untergrund hochstemmen, auf dem ich halb zusammengekauert lag, aber ich schaffte nicht mehr, als mich schwerfällig auf den Rücken zu wälzen. Jeder Quadratzentimeter meines Körpers schmerzte; lediglich eine kleine Stelle unter dem linken Schulterblatt schien davon ausgenommen zu sein.

Die wirren Gedanken nährten Zweifel. Mein Gott, so besoffen konnte ich am vorigen Abend gar nicht gewesen sein, denn ich entsann mich düster, was ich getrunken hatte: zwei Brandy, eine Cola und einen Tequila-Sunrise mit dem Versuch, die verheißungsvoll lächelnde Bedienung näher an mich heranzuziehen.

Gestern …?

Ich starrte hinauf zu der stählernen Decke, die massig und bedrohlich über mir hing, so hoch, dass ich sie selbst mit ausgestreckten Armen nie würde berühren können.

Gestern – das lag so verdammt weit zurück, dass es mir fast schon wie aus einem anderen Leben erschien, einem besseren Leben auf jeden Fall.

Andere Erinnerungsfetzen flammten vor meinem inneren Auge auf wie Blitze in finsterer Nacht. Dabei wollte ich diese Szenen nicht sehen. Mit aller Kraft sträubte ich mich dagegen, müde, erschöpft und innerlich bebend.

Die Bilder waren hartnäckiger. Quälend langsam stiegen sie aus dem Unterbewusstsein empor und erinnerten mich daran, dass es eine andere Zeit gegeben hatte …

Echsenaugen fixierten mich. Xerkran-Par, Gouberneur von Topsid, verzog die verhornten Lippen seiner weit vorspringenden Mundpartie zu einer herausfordernden Geste.

»Deine Delegation, Reginald Bull, mag aus Vertretern der terranischen Hochfinanz bestehen, aber das Angebot, das du Topsid unterbreitest, ist lächerlich. Ich muss nicht daran erinnern, dass unsere vierundzwanzig Welten von der gewaltigen Liga Freier Terraner umschlossen sind. Gewisse Ausgleichszahlungen …«

Völlig überraschend war die 17. Imperiumsflotte von Arkon über Topsid hereingebrochen. Raumsoldaten und Kampfroboter überall … unser vergeblicher Fluchtversuch … dann meine Verhaftung; Trennung von den anderen Mitgliedern der Wirtschaftsdelegation; Transport nach Arkon I …

Seither fand ich keine Ruhe. Alles hatten die Arkoniden mir abgenommen. Ohne die hilfreichen technischen Spielereien fühlte ich mich wie nackt. Dass ich einmal mein Chronometer vermissen würde, hätte ich nie für möglich gehalten. Nicht nur Außenstehende hätten es gerne gewusst, auch ich selbst fragte mich hin und wieder, was für einen potentiell Unsterblichen Zeit wirklich bedeutete.

Fröstelnd wälzte ich mich auf die Seite und stemmte mich auf dem Unterarm hoch, verharrte schwer atmend eine Weile auf den Knien, bevor ich schwankend zu der Pritsche mit dem dünnen Bettzeug hinübertaumelte. Wieso ich nicht dort, sondern auf dem kalten, rauen Boden die Nacht verbracht hatte – ich wusste es nicht. Nur vage entsann ich mich an das letzte Verhör, an die Schmerzen und den Zynismus der Arkoniden.

Was ich als Nacht definierte, war die unregelmäßige Spanne zwischen erschöpftem Einschlafen und qualvollem Aufwachen. Dazwischen tobten Albträume.

Ächzend kippte ich vornüber auf die Pritsche. Eine bleierne Müdigkeit steckte mir in den Gliedern. Selbst der Aktivator schaffte es nicht mehr, das Schlafdefizit und andere Mangelerscheinungen auszugleichen.

Meine Tage erschöpften sich in endlosen Verhören. Ohne die Aussicht, dass es irgendwann besser werden würde. Die Gesichter der Fragesteller wechselten – nur mein Schweigen blieb. Hartnäckig. Erhaben und stolz.

Obwohl ich ruhig und gleichmäßig zu atmen versuchte, rebellierte mein Magen. Ich würgte, spuckte einen winzigen Rest von Galle und verkrallte die Finger im Bettzeug. Meine rechte Hand blutete. Hatte ich wirklich versucht, mir das Leben zu nehmen, wie es mir jäh durch den Sinn schoss?

Aber das war Unsinn, verrückt. So etwas würde ich nie tun.

Stöhnend vergrub ich das Gesicht in der Decke und versuchte krampfhaft, die verschütteten Gedanken auszugraben.

Waren da nicht Schritte? Ich lauschte.

Nichts außer meinen eigenen krampfhaften Atemzügen war zu hören. Und bei jedem Ausatmen ein gequältes Husten. Ich sollte versuchen, wenigstens eine oder zwei Stunden lang halbwegs ruhig zu schlafen, denn bald würden die Wärter wieder erscheinen und mich zum nächsten Verhör abholen.

Chancen, irgendwann diesem Gefängnis zu entfliehen, sah ich nicht. Am wahrscheinlichsten erschien mir, dass man mich eines Tages in einer Kiste hinaustragen würde. Die Arkoniden erwarteten Staatsgeheimnisse von mir, doch selbst wenn ich alles verriet, was sie hören wollten, würden ihre Fragen nie enden.

Darauf hoffen, dass sie mich eines Tages als großzügige Geste der Versöhnung freiließen? Das würden niemals geschehen.

Mein eigenes stockendes Kichern überraschte mich. Bully als Graf von Monte Christo. Das war Galgenhumor – aber immerhin. Hundert Jahre in diesem lausigen Verlies. Zweihundert Jahre? Ich konnte warten, ganz im Gegensatz zu meinen Wärtern, an denen der Zahn der Zeit fraß. Alle würde ich überleben.

Mein Kichern wurde zum heiseren Lachen. Das war ein Witz, der mir gefiel. Ich lachte, bis ich krampfhaft nach Luft rang.

Wieder hallten Schritte. Die Zellenwand öffnete sich. Vier Kampfroboter stampften herein, archaische, zweieinhalb Meter große und tonnenschwere Kolosse. Ihre rot, gelb und grün funkelnden Sehzellen fixierten mich.

Die Belustigung verflog. Dennoch versuchte ich ein Grinsen, als ich mich halb aufrichtete und mich bemühte, den Blick auf den beiden Offizieren zu halten, die nach den Kampfrobotern eintraten.

Meine Kehle war ausgedörrt. Es fiel mir schwer, das bisschen Speichel zu schlucken, das sich im Mund gesammelt hatte. Aber anders konnte ich meiner Stimme keinen einigermaßen festen Klang geben.

»Endlich eine Ehreneskorte, wie es sich geziemt, Mivado«, stieß ich hervor.

Beide Männer waren Adlige. Entsprechend fiel meine Beleidigung aus. Der Mivado-Ring war eine arkonidische Verbrecherorganisation: Mord, Erpressung und Rauschgifthandel unter dem Deckmantel solider Geschäftstätigkeit.

Der stämmigere Offizier kam schnaubend auf mich zu und zerrte den Elektrostock vom Gürtel. Lediglich ein scharfer Befehl hielt ihn davon ab, auf mich einzuschlagen. »Er ist nur ein Terraner!«

»Was ist das?« Wütend zerrte der Kommandierende mich hoch und hielt mir mit der anderen Hand ein gerade mal fünfzehn Zentimeter langes Stück Metall vors Gesicht. Getrocknetes Blut bedeckte die Oberfläche.

»Ich weiß nicht.«

Die Hand packte fester zu. »Es fällt dir wieder ein, Terraner. Ganz bestimmt. Alles wird dir wieder einfallen.« So nahe war sein Gesicht vor meinem, dass ich seinen heißen Atem spürte.

Im nächsten Moment stieß er mich nach vorne. So schnell, dass ich nicht Schritt halten konnte. Ich stolperte, versuchte vergeblich, den Sturz abzufangen, und fiel schwer vor die Kampfroboter. Eine unnachgiebige Greifklaue schloss sich um meinen Oberarm und riss mich hoch.

»Den Dolch behalte ich!«, rief der Mann. »Muss viel Arbeit gekostet haben.«

O ja, es war ein Dolch. Ich entsann mich. Ich hatte ein Teil des Essbestecks zurechtgebogen und mir beim Versuch, eine Spitze einzuschleifen, die Hand zerschnitten. Aber ich würde es wieder versuchen. Sooft ich Gelegenheit dazu erhielt. Irgendwann musste ich mir den Weg freikämpfen.

*

Es war wie immer: mit Nachdruck gestellte ewig gleiche Fragen. Ich schwieg und biss mir lieber die Lippen blutig, als irgendwelche militärischen Geheimnisse preiszugeben.

Schwärze ringsum. Und ein seltsamer Hall, der vermuten ließ, dass dies eine größere Halle war. Wo ich mich befand, wusste ich nicht, nicht einmal, ob sich Zuschauergalerien ringsum erhoben und einige hundert Augenpaare just in diesem Moment auf mich gerichtet waren. Oder saß ich in einer Art Arena, nur durch Energiefelder von einer Horde Raubtiere getrennt? Alles war möglich, und das war das Schlimme daran.

Ich zählte die Sekunden, ertappte mich, dass ich Zahlen vergaß, und begann von neuem. Die Schwärze barg tausend Fratzen, und alle entsprangen nur meiner eigenen Vorstellungskraft. Je länger ein Verhör dauerte, desto schrecklicher wurden die Kreaturen des eigenen Ich, vor denen nicht einmal die Mentalstabilisierung schützte. Der winzige operative Eingriff im Hirnrindenbereich hatte mich schon vor langer Zeit unempfindlich gegen paramentale Beeinflussung gemacht. Deshalb kamen die Arkoniden weder mit Hypnostrahlern noch mit Drogen an mein Wissen heran.

Aus weit aufgerissenen Augen starrte ich in die Finsternis, wartete auf die stroboskopartigen Blitze, die sich tief in meine Sehnerven einbrannten. Dies war eine subtile Methode, Gefangene zum Reden zu bewegen. Anfangs hatte ich versucht, die Augen zu schließen, aber jedes Mal rasten Elektroschocks bis zur Grenze des Erträglichen durch meinen Körper. Deshalb hielt ich die Lider über lange Zeit krampfhaft weit aufgerissen.

Die tobende Helligkeit ließ auf sich warten. Erst lief es mir eisig den Rücken hinunter, dann brach mir der Schweiß aus allen Poren. Ich atmete hastiger, begann zu keuchen. Nicht die Augen schließen, auch wenn der Schweiß wie Feuer brannte. Weiter als zuvor riss ich die Lider auf und wusste zugleich, dass meine Peiniger genau das erreichen wollten.

Bebend wartete ich auf den nächsten quälenden Blitz, auf die nächste Frage, deren Lautstärke mein Trommelfell zu zerreißen drohte. Mein angespanntes Warten hatte fast schon Ähnlichkeit mit Entzugserscheinungen.

Wie viel Zeit war vergangen? Nur Sekunden oder schon Minuten? Ich schaffte es nicht, mich darauf zu konzentrieren. Aber wieso wartete ich auf etwas, das ich nie wieder erleben wollte?

Sie sind dir überlegen, Bully. Entsetzt schob ich den Gedanken von mir. Sie sind gewiefte Psychotaktiker. Aber du musst die Herausforderung annehmen. Schließlich hast du dich nie vor irgendetwas gedrückt.

Ein lauter werdendes Gurgeln dringt in mein Bewusstsein vor. Ich kann es nicht einordnen und beginne erst allmählich zu begreifen, dass ich selbst dieses Gurgeln ausstoße.

Mein Oberkörper pendelt. Ich bekomme die Muskeln nicht mehr unter Kontrolle, versuche krampfhaft, die Augen offenzuhalten.

Diesmal haben die Arkoniden Probleme. Ihre Technik versagt. Andernfalls hätten sie längst wieder mit der Befragung begonnen. Ich würde gerne laut und spöttisch lachen, aber nur ein heiseres Husten dringt über meine Lippen.

Ich muss mich ablenken. Nicht daran denken, was hier geschieht. Das alles betrifft mich nicht, es ist nicht Wirklichkeit, ein böser Traum wie vieles in letzter Zeit.

Name?

Ich bin Reginald Bull.

Geboren?

Ja.

Ich möchte mich ausschütten vor Lachen, möchte Imperator Bostichs dummes Gesicht sehen, wenn ich so antworte. Soll er ruhig versuchen, den Willen eines Terraners zu brechen; er wird auf Granit beißen.

Nicht die Augen schließen! Sie warten nur darauf.

Die Sterne werden uns gehören! Uns, den Terranern. – Wir sind stark genug, uns allen entgegenzustellen, die glauben, ihre Herrschaft mit Gewalt ausdehnen zu müssen. Unsere Schiffe sind schlagkräftig, und die Fortschritte auf dem Gebiet der Hyperraum-Blockade …

Nein! Nicht in diese Richtung denken! Beschränke dich aufs Zählen, das ist unverfänglich.

Aus der Schwärze tauchen Raumschiffe auf. Kugelförmig, aber mit Ringwulst und die obere Halbkugel mit Aufbauten übersät, fast pilzförmig. Achthundert Meter durchmessen die Schiffe der hochmodernen WÄCHTER-Klasse.