Perry Rhodan 2018: Der Untergang der Krone - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 2018: Der Untergang der Krone E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Als die Kym-Jorier starben - das Schicksal einer Galaxis Wohl kaum ein Raumschiff ist mit derart viel Mythen verbunden wie die SOL. Mit ihr startete Perry Rhodan von der Erde im Mahlstrom der Sterne, um über vierzig Jahre hinweg die Rückkehr in die heimatliche Milchstraße zu finden. Mit ihr irrte Atlan durch das Universum. Als "Fliegender Holländer" der terranischen Raumfahrt tauchte das hantelförmige Raumschiff immer wieder in der Geschichte der Menschheit auf. Zuletzt hatte Shabazza das Raumschiff in seiner Gewalt. In der Kosmischen Fabrik MATERIA wurde die SOL umgestaltet, vergrößert und mit einer Carithülle umgeben. Auf dem Planeten Century I in der Galaxis DaGlausch konnte Perry Rhodan sein uraltes Raumschiff zurückerobern, um es erneut in den Dienst der Menschheit zu stellen. Doch jetzt ist die SOL so weit von dieser Menschheit entfernt wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Sie wurde 18 Millionen Jahre in die Vergangenheit geschleudert. Dort, in der gigantischen Kugelgalaxis Segafrendo, soll ihre Besatzung einen mysteriösen Auftrag der Superintelligenz ES erfüllen. Gelingt dies nicht, so lautet die Prophezeiung, droht das Ende der Menschheit. Die Besatzungsmitglieder der SOL sind in fernen Zeiten gestrandet. Atlan und seine Begleiter müssen in dieser Vergangenheit nach Informationen suchen. Auf dem Planeten Orllyndie erfahren sie die Geschichte einer Galaxis und über den UNTERGANG DER KRONE...

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Nr. 2018

Der Untergang der Krone

Als die Kym-Jorier starben – das Schicksal einer Galaxis

von Ernst Vlcek

Wohl kaum ein Raumschiff ist mit derart viel Mythen verbunden wie die SOL. Mit ihr startete Perry Rhodan von der Erde im Mahlstrom der Sterne, um über vierzig Jahre hinweg den Rückweg in die heimatliche Milchstraße zu finden. Mit ihr irrte Atlan durch das Universum. Als »Fliegender Holländer« der terranischen Raumfahrt tauchte das hantelförmige Raumschiff immer wieder in der Geschichte der Menschheit auf.

Zuletzt hatte Shabazza das Raumschiff in seiner Gewalt. In der Kosmischen Fabrik MATERIA wurde die SOL umgestaltet, vergrößert und mit einer Carithülle umgeben. Auf dem Planeten Century I in der Galaxis DaGlausch konnte Perry Rhodan sein uraltes Raumschiff zurückerobern, um es erneut in den Dienst der Menschheit zu stellen.

Doch jetzt ist die SOL so weit von dieser Menschheit entfernt wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Sie wurde 18 Millionen Jahre in die Vergangenheit geschleudert. Dort, in der gigantischen Kugelgalaxis Segafrendo, soll ihre Besatzung einen mysteriösen Auftrag der Superintelligenz ES erfüllen. Gelingt dies nicht, so lautet die Prophezeiung, droht das Ende der Menschheit.

Die Besatzungsmitglieder der SOL sind in fernen Zeiten gestrandet. Atlan und seine Begleiter müssen in dieser Vergangenheit nach Informationen suchen. Auf dem Planeten Orllyndie erfahren sie die Geschichte einer Galaxis und alles über den UNTERGANG DER KRONE …

Die Hauptpersonen des Romans

Myles Kantor – Der Aktivatorträger erfährt die Geschichte eines tausendjährigen Krieges.

Uba-Ayotar – Ein Mönch wird Zeuge bei der Geburt der Sphärenrosen.

Sorrmo und Koridecc – Zwei alte Wesenheiten entschließen sich für ein Zusammengehen.

Ralljar – Ein Pflanzenvater lässt die Sphärenrosen entstehen.

Shuagagoo

Prolog

Die SOL stand zehn Kilometer über Pur Straviente, der Hauptstadt des Planeten Orllyndie, in einer schwerelosen Parkposition.

Bordzeit: 944.8741.86-30. Segaf. Dieses seltsame Datum schrieb man in der Galaxis Segafrendo – 18 Millionen Jahre vor der Zeit der Besatzungsmitglieder.

Die Superintelligenz ES hatte ihnen den Auftrag gegeben, von Auroch-Maxo-55 einen Kym-Jorier zu bergen. Sie hatten nur noch 22 Tage – das waren 70 Seg – Zeit, diese Forderung zu erfüllen, andernfalls es das Ende der Menschheit bedeuten würde.

Und sie hatten keine Ahnung, wie sie ihren Auftrag erledigen sollten.

»Schöne Bescherung«, sagte Tangens der Falke zu sich selbst. Wie konnte ES so etwas Unmögliches verlangen, ohne ihnen wenigstens nähere Details zu verraten?

Von La-Pharoke, dem tharoidonischen Prinzipal der Galaktischen Krone, hatten sie immerhin erfahren, dass es sich bei Kym-Joriern um schmetterlingsähnliche Tiere handelte. Doch der Haken dabei: Kym-Jorier galten als ausgestorben. Der letzte dieser Schmetterlinge – der absolut letzte seiner Art – war angeblich vor Jahrhunderten auf Orllyndie gesichtet worden.

Sie hielten sich zwar auf diesem Planeten auf, aber selbst in der an Tieren reichen Welt des Pflanzenvaters Arystes gab es keine Kym-Jorier mehr.

Tangens der Falke hatte zumindest die Chance, geschichtliche Hintergrunddaten über die Galaxis Segafrendo zu erfahren. Die Schatztaucher der SOL hatten nämlich von ihrem Besuch auf Pragaend, der in Trümmern liegenden Welt der Kosmologen, drei Datenträger mitgebracht.

Tangens war nun, in Zusammenarbeit mit dem Bordgehirn SENECA, damit beschäftigt, eine Möglichkeit zu erarbeiten, diese Datenträger lesen zu können. Wenn das gelang, erfuhren sie vielleicht mehr über die Kym-Jorier – und vor allem über Auroch-Maxo-55.

Die serimerischen Datenträger besaßen zwar ein Format, das SENECA unbekannt war. Doch immerhin wurde auf Orllyndie ein ähnliches Datenformat benutzt. La-Pharoke stellte ihnen einen entsprechenden, holofähigen Multimedia-Projektor zur Verfügung. Und SENECA war gerade dabei, diesen auf Kompatibilität mit den Datenträgern und diese auf ihre Inhalte und Verwendbarkeit zu prüfen.

»Das Dateiformat der serimerischen Datenträger ist mit dem tharoidonischen Projektor kompatibel«, meldete SENECA gerade. »Die Datenträger sind in brauchbarem Zustand. Ich werde eine letzte Feinabstimmung vornehmen und die Datenträger für die Wiedergabe aufbereiten.«

»Bingo!«, rief Tangens und schnalzte mit den Fingern.

Als er jedoch Atlan und Ronald Tekener zu erreichen versuchte, um sie über diese Neuigkeiten zu informieren, erfuhr er, dass die beiden Unsterblichen bei La-Pharoke in Pur Straviente waren, um weitere Informationen zu beschaffen.

Aber wenigstens war Myles Kantor an Bord. Tangens erreichte ihn auf der Medostation, wo er Dao-Lin-H'ay einen Krankenbesuch abstattete.

»Ich glaube, wir haben es, Myles«, eröffnete ihm Tangens. »SENECA ist dabei, die Datenträger mit dem Multimedia-Projektor abzustimmen.«

»Bin schon unterwegs«, sagte Myles Kantor knapp.

Als der terranische Chefwissenschaftler eintraf, hatte SENECA bereits alle Vorbereitungen für eine Vorführung getroffen.

Myles Kantor und Tangens der Falke erlebten in der Folge eine gleichermaßen großartige wie tragische kosmische Geschichte. Es war die Geschichte der Superintelligenz ESTARTU und ihrer Galaxis Segafrendo – in Teilen aufgezeichnet, in anderen hochgerechnet und in manchen Bereichen aus uralten Quellen hergeleitet. Manche Inhalte waren auch nur Spekulationen.

1.

Genesis

Avy-Sonder war dazu auserkoren worden, die kosmische Erscheinung zu untersuchen. Dies war eine besondere Ehre für ihn. Selbst wenn er bei diesem Unternehmen sein Leben hätte geben müssen, hätte er es sich dennoch nicht nehmen lassen, das Wagnis einzugehen.

Die kosmische Wolke war plötzlich und ohne jegliche Vorzeichen jenseits des 67. Planeten materialisiert. Dort schwebte sie nun bewegungslos und ohne jede Eigendynamik.

Der gesamte Sternensektor war sofort zum Sperrgebiet erklärt worden. Die Wissenschaftler beobachteten die Wolke aus der Distanz, untersuchten sie aus der Ferne nach allen Regeln der Kunst. Aber sie erhielten keine zufriedenstellenden Ergebnisse, die ihren Wissensdurst gestillt hätten.

Die kosmische Wolke hatte einen Durchmesser von 66 Lichtsekunden und bestand aus Myriaden feinster Partikel von nur geringer Dichte. Ihre Gesamtmasse war lediglich die eines größeren Asteroiden. Das einzig Hervorstechende an ihr war ein hohes Potenzial an ultrahochfrequenter Hyperstrahlung.

Die Wissenschaftler versuchten durch vorsichtigen Strahlenbeschuss, die kosmische Erscheinung zu einer Art Reaktion zu provozieren. Doch alle diese Versuche scheiterten: Die Wolke blieb in Form und Ausdehnung unverändert und änderte auch nicht ihr Emissionsspektrum.

Es hätte weitere Methoden gegeben, der Natur der kosmischen Wolke auf den Grund zu gehen. Doch diese erschienen den Wissenschaftlern zu drastisch. Sie wollten weder Teile der Wolke zerstören noch ihre Gesamterscheinung verändern. Die Rautak waren ein überaus friedliebendes Volk, und darum widerstrebte es ihnen, Manipulationen an der kosmischen Wolke vorzunehmen, die nicht mehr rückgängig zu machen gewesen wären.

Die rautakischen Wissenschaftler des Auroch-Maxo-Systems sahen als letzten Ausweg, einen Erkunder in die Wolke hineinzuschicken, um sie auf diese Weise an Ort und Stelle zu analysieren. Diese Ehre wurde Avy-Sonder zuteil.

Er wurde mit einem Raumanzug ausgerüstet, der mit einer umfangreichen Gerätschaft ausgestattet war. Und nachdem die Techniker seine Ausrüstung gewissenhaft überprüft hatten, wurde er per Teleport zu den Ausläufern der Wolke transferiert.

Als Avy-Sonder so nahe an diesem kosmischen Phänomen materialisierte, bot sich ihm ein überwältigender Anblick. Die mächtige Staubwolke, die aus der Ferne wie zu Bewegungslosigkeit erstarrt gewirkt hatte, war in ständiger Bewegung.

Die Myriaden winziger Partikel tanzten einen beständigen Reigen. Es war wie das ewige Spiel des Meeres, wenn sich die Partikel zu gigantischen Wogen auftürmten, um dann in rollender Gischt zusammenzubrechen. Es war wie das Spiel des Windes mit dem Wüstensand, der in rasender Eile Düne um Düne aufbaute, nur um sie wieder zu untergraben, auszuhöhlen und zu verblasen.

Fontänen aus flirrendem kosmischem Staub, in dem sich das Licht der fernen Sonne vielfach brach, schossen empor, wurden zu Spiralen gedreht, stoben wieder auseinander und wurden aufs neue zu weiteren bizarren Gebilden geformt, die sich erneut verflüchtigten, nur um sich dann wiederum neu zu formieren.

Es war wie ein Schauspiel vom ewigen Werden und Vergehen und permanenter Wiedergeburt.

Es ist das Schauspiel vom endgültigen Vergehen, drangen da fremde Gedanken in Avy-Sonders Geist. Gebt mir Asyl und gewährt mir die Gunst, in eurer Nähe auf das Ende zu warten! Mehr will Sorrmo nicht.

Avy-Sonder war starr vor Überraschung. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er war außerstande zu begreifen, was hier vor sich ging. Und er bekam nicht sofort mit, als die Bodenstation ihn anrief.

»Gys-Troker an Avy-Sonder!«, plärrte eine Stimme aufgeregt in seinem Helmempfänger. »Was geht dort oben vor? Wir haben von dir heftige, jedoch geordnete psionische Eruptionen empfangen. Was hat das zu bedeuten?«

»Nichts weiter«, sagte Avy-Sonder mit einer Ruhe, die seiner völligen Irritation entsprang. »Etwas aus der kosmischen Wolke hat sich mir telepathisch mitgeteilt. Ein Wesen, das sich Sorrmo nennt, bittet uns um Asyl und möchte im Bereich des Auroch-Maxo-Systems auf seinen Tod warten.«

»Bist du übergeschnappt, Avy-Sonder?«, fragte Gys-Troker von der Bodenstation an. »Was redest du da für konfuses Zeug?«

»Entschuldige«, sagte Avy-Sonder schuldbewusst. »Nicht irgendwer aus der Wolke hat Gedankenkontakt zu mir aufgenommen. Es war die kosmische Wolke selbst. Sie versteht sich insgesamt als Sorrmo. Es scheint sich um eine überaus höfliche und friedvolle Wesenheit zu handeln.«

Seinen Worten folgte ein langes Schweigen, in dem sich Gys-Troker offenbar mit den Projektleitern und Wissenschaftlern beriet. Schließlich meldete sich Gys-Troker wieder.

»Wenn du nicht phantasierst, Avy-Sonder, und deine Angaben den Tatsachen entsprechen, dann bitte Sorrmo doch, uns mehr über sich zu erzählen.«

»Das brauche ich erst gar nicht«, antwortete Avy-Sonder. »Sorrmo hat mir ihre Geschichte von sich aus erzählt. Wollt ihr sie hören?«

»Wie kommst du denn darauf? Jetzt mach schon endlich, Avy-Sonder!«

*

Ihre Anfänge liegen schon sehr weit zurück.

Sorrmo weiß nicht mehr, welchen Intelligenzen sie entsprungen ist, wie sie geworden ist, was sie ist. Das liegt alles schon so weit zurück, dass sie die Erinnerung daran verloren hat. Aber der eigentliche Grund für den Verlust ihrer Erinnerung liegt nicht an der langen Zeitspanne. Sorrmo hat das Wissen um ihre Entstehung in Wirklichkeit unbewusst verdrängt. Es ist im Grunde genommen auch egal, woher sie kommt, dafür weiß sie um so besser, wohin sie geht.

Vor ihr liegt das Nichts.

Sorrmo hat erkennen müssen, dass sie keine Zukunft hat. Die kosmische Wolke, die ihr Körper ist, der Träger ihres mächtigen Geistes, wird irgendwann diffundieren und sich im All verflüchtigen. Und das wird das Ende von Sorrmo sein.

Sorrmo hat alle Hoffnung fahrenlassen, sie ist auf einer langen vergeblichen Wanderung mutlos geworden. Nun sieht sie keine andere Möglichkeit mehr als die Selbstaufgabe.

Hinter Sorrmo liegt eine lange Wanderschaft, in der sie von Sterneninsel zu Sterneninsel gezogen ist. Immer auf der Suche nach einem Ort des Friedens und der Ordnung. Einem Ort, an dem sie Erfüllung finden, einem Platz, an dem sie keimen könnte.

Aber eine solche Stätte hat sie nirgendwo gefunden.

Am Anfang ihrer Reise war Sorrmo noch voller Zuversicht und Hoffnung gewesen, einen geeigneten Ort zum Keimen zu finden. Denn der Kosmos ist weit und vielfältig, und sie war sicher gewesen, dass sich in dieser schier grenzenlosen Weite auch für sie die richtigen Gegebenheiten finden würden.

Denn nur darin liegt der Sinn ihres Lebens: an einem geeigneten Ort zu keimen und eine Insel des Friedens zu schaffen. Und Sorrmo hat lange an ihre Existenzberechtigung geglaubt.

Doch je länger ihre vergebliche Suche gedauert hat, desto größer sind ihre Zweifel geworden. Und sie hat sich zu fragen begonnen, ob sie wirklich so einmalig in diesem Universum ist, dass es für sie keine Entsprechung gibt, an der sie sich verwirklichen könnte.

Sorrmo ist hunderttausend Jahre oder mehr unterwegs. Aber wohin sie auch gekommen ist, überall ist sie auf negative Erscheinungen gestoßen, auf Tod und Vernichtung und Chaos. Nirgendwo ein Ort, der richtig zum Keimen gewesen wäre.

Und nun ist sie nach Segafrendo gekommen. Auch in dieser Riesengalaxis herrschen dieselben ungeeigneten Bedingungen wie in den anderen Sterneninseln, in denen sie gewesen ist. Und hier ist ihre Willenskraft endgültig erloschen. Sie will nicht mehr umherirren, sie hat nicht mehr den Mut, nicht mehr die Kraft, sich noch einmal gegen ihr Schicksal aufzubäumen.

Hier, im Auroch-Maxo-System, hat sie endlich einen Platz der Stille und des Friedens gefunden, an dem sie ihr Leben ausklingen lassen will – sofern die Rautak ihr Asyl gewähren.

Mehr als das können die Rautak aber nicht für sie tun, denn Sorrmo brauchte mehr als nur den beengten Raum eines kleinen galaktischen Sektors, um erblühen zu können. Sorrmo brauchte ein großes kosmisches Feld, um ihre Saat zu streuen, auf dass sie grenzenlos keimen könnte …

*

Avy-Sonder war wie alle Rautak in kosmischem Denken nicht besonders bewandert. Aber er war intelligent und einfühlsam genug, um zu erkennen, welche kosmische Tragödie sich vor den Augen seines Volkes anzubahnen begann. Die ganze Tragweite konnte er freilich nicht erkennen, denn dafür lief der Prozess des Vergehens, der mit Sorrmo passierte, viel zu langsam ab.

Während Avy-Sonders gesamter Lebensspanne waren an Sorrmo praktisch keine Veränderungen zu bemerken. Auch die nächste und die übernächste Generation von Rautak merkte die Wandlung an Sorrmos Zustand nicht.

Zur Zeit des Lyv-Okelo schien Sorrmo immer noch unverändert an ihrem Platz weit außerhalb des Auroch-Maxo-Systems zu schweben.

Sorrmo war inzwischen zu einem festen Bestandteil des Lebens der Rautak geworden. Die intelligente Sporenwolke war aus ihrem Leben nicht mehr fortzudenken. Sie war zu ihrem Ratgeber und Orakel geworden, und wann immer weitreichende Entscheidungen für das Volk zu treffen waren, wandten sich die eigens dafür ausgebildeten Sorrmo-Sprecher um Hilfe an die Sporenwolke.

Lyv-Okelo war einer dieser Sorrmo-Sprecher. Er selbst hatte noch nie Gelegenheit gehabt, sich um Rat an die Sporenwolke zu wenden. Mit den kleinen Alltagsproblemen der Rautak belästigte man Sorrmo nämlich besser nicht. Denn die Sporenwolke war eine Wesenheit, die in höheren Sphären schwebte und sich vom Leben der Rautak schon sehr weit entfernt hatte. Die meisten der Probleme von körpergebundenen Individuen waren für Sorrmo unverständlich geworden.

Umgekehrt verhielt es sich ähnlich. Auch Lyv-Okelo und die anderen Sorrmo-Sprecher konnten Sorrmos Nöte kaum nachvollziehen: dass sie nämlich zum Erlöschen verurteilt war, weil sie nicht die rechten Bedingungen gefunden hatte, um keimen zu können.

Aus der Warte der Sorrmo-Sprecher sah es so aus, als würde die Sporenwolke bis in alle Ewigkeit Bestand haben. Doch dann stellte Lyv-Okelo eine vergleichende Untersuchung an. Er holte das Material aus dem Archiv, das Avy-Sonder einst darin deponiert hatte, und verglich es mit den neuesten Daten von Sorrmo.

Und dabei erlebte er einen Schock!

Wo Avy-Sonder Springfluten von ekstatisch wirbelnden Partikeln gesehen hatte, boten sich dem Auge Lyv-Okelos nur gemächlich treibende Sporenschwärme, die das Gemüt des Betrachters beruhigten, aber seine Sinne auch einschläferten. Wo Avy-Sonder einst die Masse eines gewaltigen Asteroiden geortet hatte, stellte Lyv-Okelo einen Masseschwund von zig Tonnen fest. Auch das Volumen der Sporenwolke war drastisch geschrumpft, nur die Dichte war geblieben.

Das war das einzig Erfreuliche an den Messungen. Denn die beständige Dichte kündete immerhin davon, dass Sorrmo nach wie vor in der Lage war, die Wolke mit ihrer geistigen Kapazität in ihrer annähernden Kugelform zusammenzuhalten.

Aber wie lange noch?

Die Hochrechnungen gaben Sorrmo nach rautakischen Begriffen eine lange Lebensdauer. Sie würde, wenn sich kein drastischer Wandel einstellte, noch viele rautakische Generationen lang Bestand haben. Doch für Sorrmo selbst mochten dies bloß wenige Augenblicke sein.

Lyv-Okelo starb, und ihm folgten viele weitere Generationen von Sorrmo-Sprechern, ohne dass es an der Existenz der Sporenwolke drastische Veränderungen gab. Es konnte nur der normale vorausberechnete Masseverlust und Verfall an Sorrmo diagnostiziert werden.

Aber zehn oder zwanzig Generationen nach Lyv-Okelo passierte es.

Es war zur Zeit von Alei-Gynosa, dass es zu einem neuerlichen kosmischen Phänomen kam und Sorrmo eine zerstörerische Initialzündung erhielt.

Denn da erschien wie aus dem Nichts der Koridecc-Schmetterling.

*

Alei-Gynosa tat gerade Dienst auf Station Sorrmo-7, als Alarm gegeben wurde.

Ein unbekanntes Objekt war geortet worden, das geradewegs auf das Auroch-Maxo-System zuhielt. Noch war es so weit entfernt, dass man es mit freiem Auge nicht erkennen konnte. Doch die eingehenden Ortungsdaten sprachen von einem riesigen Gebilde, das fast die Größe von Sorrmo erreichte.

»Was kann das sein?«, sprach Alei-Gynosa in Panik seine Gedanken laut aus.

Es war in der Vergangenheit schon passiert, dass Angehörige fremder Völker gekommen waren, um das kosmische Wunder dieser Sporenwolke zu schauen, manche davon auch mit finsteren Absichten. Sorrmo hatte solche Situationen stets geregelt; wenn es sein musste, auch indem sie Störenfriede mit Nachdruck befriedete.

Aber noch nie hatte sich so etwas Gewaltiges wie dieses unbekannte Gebilde in diesen Sternensektor verirrt. Und es bewegte sich unglaublich schnell heran. Alei-Gynosa konnte bereits die Form eines Schmetterlings erkennen, obwohl es immer noch sehr weit entfernt war.

»Was bei allen Sternen ist das?«, entfuhr es ihm. »Droht von ihm Gefahr?«

Und diesmal antwortete Sorrmo, obwohl Alei-Gynosa keines der Kommunikationsgeräte benutzt hatte, mit denen die Sorrmo-Sprecher üblicherweise mit der Sporenwolke Kontakt aufnahmen.

Sorrmo teilte ihm auf telepathische Weise mit: