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Zwischen Hoffnung und Tod - die GILGAMESCH in der Klemme Die Milchstraße des Jahres 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit - scheint am Vorabend eines großen galaktischen Krieges stehen. Zwei ehemals verbündete Mächte belauern sich, und es ist offenbar nur eine Frage der Zeit, bis das Kristallimperium der Arkoniden zum Großangriff auf die Liga Freier Terraner ansetzt. In den letzten Monaten besetzten die Arkoniden den Hayok-Sternenarchipel und das kleine Imperium der Topsider in direkter Nähe Terras, es kam sogar zu einem gescheiterten Angriff auf Olymp. Zuletzt jedoch konnte vor allem die Neue USO dem Kristallimperium einige Nadelstiche versetzen und unter anderem den entführten Reginald Bull befreien. Das allerdings sind nicht alle Probleme, denen sich Perry Rhodan und die Menschheit stellen muß. Irgendwo in der Milchstraße treibt die mysteriöse Geistesmacht Morkhero Seelenquell ihr Unwesen, von der noch keiner weiß, welche Pläne sie genau verfolgt. Im Zentrum des Kristallimperiums werden derzeit große Pläne vorbereitet, wie die Einsätze von USO-Agenten bewiesen haben. Die Arkoniden wollen ihr Flottenzentralkommando verlegen, und sie bereiten die noch mysteriöse Operation Stiller Riese vor. Dafür ist die GILGAMESCH von großer Bedeutung - für sie beginnt der SCHWANENGESANG...
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 2027
Schwanengesang
Zwischen Hoffnung und Tod – die GILGAMESCH in der Klemme
von Uwe Anton
Die Milchstraße des Jahres 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit – scheint am Vorabend eines großen galaktischen Krieges zu stehen. Zwei ehemals verbündete Mächte belauern sich, und es ist offenbar nur eine Frage der Zeit, bis das Kristallimperium der Arkoniden zum Großangriff auf die Liga Freier Terraner ansetzt.
In den letzten Monaten besetzten die Arkoniden den Hayok-Sternenarchipel und das kleine Imperium der Topsider in direkter Nähe Terras, es kam sogar zu einem gescheiterten Angriff auf Olymp. Zuletzt jedoch konnte vor allem die Neue USO dem Kristallimperium einige Nadelstiche versetzen und unter anderem den entführten Reginald Bull befreien.
Das allerdings sind nicht alle Probleme, denen sich Perry Rhodan und die Menschheit stellen müssen. Irgendwo in der Milchstraße treibt die mysteriöse Geistesmacht Morkhero Seelenquell ihr Unwesen, von der noch keiner weiß, welche Pläne sie genau verfolgt.
Im Zentrum des Kristallimperiums werden derzeit große Pläne vorbereitet, wie die Einsätze von USO-Agenten bewiesen haben. Die Arkoniden wollen ihr Flottenzentralkommando verlegen, und sie bereiten die noch mysteriöse Operation Stiller Riese vor. Dafür ist die GILGAMESCH von großer Bedeutung – für sie beginnt der SCHWANENGESANG …
Him Asnas – Ein betagter USO-Spezialist geht in seinen wohl letzten Einsatz.
Corty Reiser – Hims Freund begleitet ihn ins Zentrum des Kristallimperiums.
Lar Mamiak – Der zalitische Syntron-Spezialist fühlt sich diskriminiert und schlecht behandelt.
Keuzon da Stilva – Der neue Kommandant der GILGAMESCH will rasch Erfolge sehen.
Monkey
Schwanengesang
Mein Körper hat nie gelebt, doch er wird bald sterben. Man hat mich nie geliebt, und man wird mich nicht vermissen.
Ich habe Wesen von kosmischer Bedeutung gedient. Ich habe Großes gesehen, Ereignisse überwältigender Tragweite.
Man hat meinen Körper verstümmelt, und mein Geist wurde mir genommen. Nur ein winziger Rest ist mir geblieben.
Nach einem antiken Mythos singt der Schwan vor dem Sterben. Mit alten Mythen kenne ich mich aus.
Vernehmt meinen Gesang!
1.
28. August
1303 NGZ
Yeuni-Lerigo
Als die Tür aufgestoßen wurde und die sechs Soldaten hereinstürzten, schloss Him Asnas mit einer leichten Berührung der Fingerspitze gerade den Port in seiner rechten Schulter. Schnell zog er das Bioplast darüber und schaute zu Corty Reiser.
Sein Freund nickte. Alles klar. Ich bin bereit.
Die Tür war alt, genauso alt wie die Hütte, in deren Wand sie eingelassen war, und sie verfügte über kein Schloss. Schlösser waren auf Yeuni-Lerigo überflüssig und kaum gebräuchlich, hieß es. Zumindest in diesem abgelegenen, dichtbewaldeten Teil der Agrarwelt, des vierten Planeten von Yeunis Stern weit außen am Rand von Thantur-Lok.
Und sie bestand aus Holz wie die Hütte auch. Selbst wenn sie durch ein Schloss gesichert gewesen wäre und aus einem widerstandsfähigeren Kunststoffmaterial bestanden hätte, hätte sie gegen den Einsatz der Kombistrahler keinen Schutz geboten.
Him fragte sich, ob die Waffen auf Thermo-, Desintegrator- oder Paralysatorwirkung eingestellt waren. Er vermutete das letztere. Es war nicht empfehlenswert, einen Thermostrahler in geschlossenen Räumen einzusetzen, ohne das eigene Schutzfeld aufzubauen. Außerdem wollten die Soldaten sie lebend haben.
Man hatte gleich sechs davon abgestellt, um sie zu holen. Him bereitete es etwas Sorge, dass es sich lediglich um fünf Arbtanen handelte, also um gemeine Soldaten. Immerhin hatte man ihnen einen Orbton als Befehlshaber mitgegeben, einen rangniedrigen Offizier, obwohl auch ein Arbtan im Rang eines Unteroffiziers das Kommando hätte führen können.
Eine überwältigende Bedeutung schien man ihnen also nicht beizumessen, aber zumindest eine gewisse.
Die fünf Soldaten hielten ihre Waffen auf die beiden Bewohner der Hütte gerichtet, der Orbton steckte die seine ein. Während die Arbtanen hellbraune Uniformkombinationen mit graumetallischen Schulterkragen trugen, hatte der Mondträger sich auffälliger herausgeputzt. Seine Kombination war hellrot, und blaue Seitenstreifen zierten die Hosen. Er trug schwarze, wadenhohe Stiefel. Seinen Kopf bedeckte ein grauer, halbkugelförmiger Funkhelm, über den sich zwei blaue, waagerechte Balken zogen. Eine Montur aus der glorreichen Vergangenheit des Tai Ark'Tussan, wie sie nun immer stärker in Mode kam und vor allem auf angeschlossenen Welten von immer mehr Einheiten bevorzugt wurde.
An der linken Brustseite prangte ein schwarzer Kreis mit einer gelben Mondsichel darin. Der Orbton war ein einfacher Mondträger.
Er holte einen Datenspeicher aus einer Uniformtasche, aktivierte ihn und betrachtete das Display. Er sah von Him zu Corty. »Himos?«, fragte er. »Und Cortys?«
Eine rhetorische Frage. Selbstverständlich wusste der Mondträger genau, wen er vor sich hatte.
Him spürte die kräftigende Wirkung des Medikaments, das er durch den Port direkt in die Blutbahn injiziert hatte. Er kam natürlich nur kurzfristig in ihren Genuss; irgendwann würde sie nachlassen, und dann würde er seinen wahren Zustand um so deutlicher und schmerzhafter wahrnehmen.
»Der bin ich«, sagte Him Asnas. »Und du bist?«
»Mondträger Volgathir«, entgegnete der Orbton. »Ich fordere euch auf, mich zu begleiten.«
Asnas lachte leise auf. »Du träumst. Wir gehen nirgendwo hin. Vielleicht zu dem See, der in dieser Richtung im Wald liegt.« Er zeigte durch die geöffnete Tür. »Aber heute nicht mehr. Eventuell morgen, wenn die Sonne scheint, es aber nicht zu warm ist. Wir vertragen keine Hitze mehr.«
»Ich muss darauf bestehen. Eine Alpha-Order.«
»Eine Alpha-Order?«, wiederholte Him spöttisch. »Ich dachte, die werden nur an Bord schneller Raumkreuzer ausgegeben.«
Die Geduld des niedrigrangigen Offiziers war nun erschöpft. Vor Zorn blähten seine schmalen Nasenflügel sich leicht auf. In den roten Augen funkelte es. »Auf direkte Anweisung Seiner Erhabenheit.«
Him runzelte die Stirn. »Des Imperators? Du kannst uns viel erzählen.« Er drehte den Kopf zur Seite. »Famal Gosner!«
Der Orbton streckte die Hand aus und legte sie auf Hims Schulter. »Dein Lebe wohl! kannst du dir sparen. Müssen wir Gewalt anwenden?«
»Finger weg!«, rief Corty und fuhr, so schnell er konnte, zu den Soldaten herum. »Breheb-Toor!«
Die fünf Männer zögerten. Der Befehl war klar, deutlich und militärisch exakt. Die Soldaten waren es gewohnt, Befehlen sehr schnell zu gehorchen, und schauten zu ihrem Unteroffizier. Die Waffen senkten sie allerdings nicht, und sie nahmen auch keine Haltung an.
Langsam hob Volgathir die Hand von Hims Schulter und trat einen Schritt zurück.
Asnas stand auf. Er stützte sich mit beiden Armen an den Sessellehnen ab und schob mühsam den Oberkörper hoch. Die Anstrengung ließ Adern in seinem Gesicht anschwellen. Als er sich erhoben hatte, drehte er sich, damit er sich mit einer Hand auf der Lehne stützen konnte. Seine Haltung war zwar gebeugt, und seine Knie zitterten, doch er fixierte den Mondträger mit unerbittlich scharfem Blick.
»Du trägst einen stolzen Namen, Volgathir«, sagte er. »Den von Imperatoren. Doch dein Benehmen entspricht dem eines Essoya. Statt dieser Balken sollte die grüne Blätterfrucht auf deinem Helm abgebildet sein. Was denkst du dir, mit gezogenen Waffen in das Haus ehrwürdiger Männer einzudringen, die dem Gos'Tussan fünfmal länger gedient haben, als du das weiße Licht Arkons schaust? Steckt eure Waffen weg!«
Der Mondträger nagte an seiner Unterlippe, rührte sich aber nicht.
»Du behauptest, uns auf direkte Anweisung Seiner Erhabenheit aufzusuchen. Denk scharf nach, Mondträger! Das bedeutet, dass Seine Erhabenheit uns braucht, etwas von uns will. Was wird Seine Erhabenheit wohl sagen, wenn wir Ihr berichten, wie du uns behandelt hast!«
»Ihr werdet Seine Erhabenheit bestimmt nicht zu Gesicht bekommen!«
»Was wird dein Vorgesetzter sagen?«, warf Corty ein. »So unwichtig können wir ja nicht sein, wenn man eigens ein Schiff auf diese Welt schickt, um uns zu holen. Wie wird es sich auf deine weitere Karriere auswirken, wenn in einem Bericht zu lesen ist, dass du uns verletzt abgeliefert hast?«
»Meine Befehle sind eindeutig … Notfalls haben wir euch zu paralysieren. Das Kristallimperium benötigt eure Dienste!«
»Unsere Dienste?« Him lachte wieder spöttisch. »Sieh uns doch an!«
Der Orbton schwieg.
»Aber wenn unsere Dienste benötigt werden, hat man uns auch Respekt entgegenzubringen. Also, Volgathir, wie entscheidest du dich?«
Nach einigen Sekunden nickte der Mondträger seinen Soldaten zu. »Steckt die Waffen weg!«
Him lächelte. Doch sein Blick blieb eisig kalt. »Und nun noch einmal von vorn!«
Volgathir atmete tief ein. Dann salutierte er vor seinem Gegenüber. »Ich bin Orbton Volgathir. Auf direkte Anweisung Seiner Erhabenheit fordere ich … bitte ich die beiden ehrenwerten Wissenschaftler Himos und Cortys, uns zu begleiten. Das Kristallimperium benötigt ihre Dienste.«
»Schon besser«, sagte Him. »Was verlangt das Kristallimperium von uns?«
Der Mondträger schüttelte den Kopf. »Das kann ich dem ehrwürdigen Himos nicht sagen.«
Asnas runzelte die Stirn. »Weil ich es nicht weiß. Meine Befehle lauten lediglich, Himos und Cortys unverzüglich auf die Kristallwelt zu bringen.«
Him Asnas nickte und warf Corty Reiser einen kurzen Blick zu. Die Miene seines Freundes blieb völlig ausdruckslos, doch in seinen Augen lag ein triumphierendes Leuchten.
Im nächsten Augenblick war es wieder verschwunden. Keiner der Soldaten hatte es bemerkt.
»Wir haben dem Imperium lange genug gedient«, sagte Corty. »Nun sind andere an der Reihe, ihre Pflicht zu tun.«
Volgathir drehte sich zu ihm um. »Man dient dem Imperium, solange man lebt. Und wenn sein Wohl es erfordert, stirbt man auch für das Imperium.«
»Ich nehme an, wir haben keine andere Wahl«, sagte Him.
Der Orbton legte die Hand auf den Griff des Kombistrahlers in seinem Gürtelhalfter.
»Nun gut. Wir packen unsere Sachen.«
»Unverzüglich, lautet mein Befehl.«
»Wir packen unsere Sachen! Und wir rufen Bekannte an, teilen ihnen unsere Abreise mit und machen die Hütte klar für unsere Abwesenheit.«
Der Unteroffizier nagte wieder an seiner Lippe. »Eine halbe Tonta«, sagte er schließlich.
»Eine Tonta, und ihr wartet draußen!«
»Eine halbe Tonta, und meine Männer warten draußen, aber ich bleibe bei euch.«
Him wollte den Bogen nicht überspannen. Sie mussten von Anfang an klarstellen, dass man ihnen Achtung entgegenzubringen hatte. Doch wenn der Offizier vor seinen Leuten das Gesicht verlor, machten sie sich einen Feind, der sie mit unversöhnlichem Hass verfolgen würde. Und das konnte nicht in ihrem Interesse liegen.
Er nickte und wartete, bis die Soldaten die Hütte verlassen hatten. Dann machte er sich mit Corty ans Packen.
*
Als Him fertig war, blieb er an der Tür stehen und warf einen letzten Blick in die Hütte zurück. Natürlich verspürte er nicht das geringste Bedauern, das bescheidene Heim verlassen zu müssen, bemühte sich aber, diesen Eindruck zu erwecken.
Hoffentlich reicht meine Schauspielkunst aus, dachte er.
Dann schüttelte er den Kopf, kehrte in den Wohnraum zurück und ging zur gegenüberliegenden Wand.
Sie wurde von einem großen Hologramm geschmückt. Es zeigte eine humanoide Frau mit langem, wallendem rotem Haar, die auf subtile, ja fast geheimnisvolle Weise ständig ihr Aussehen veränderte. Die Modifikationen gingen manchmal nahezu unmerklich vor sich, manchmal aber auch abrupt. Trotzdem war es so gut wie unmöglich, sie nachzuvollziehen. Man bemerkte einfach nicht bewusst, dass die Frau einem ständigen Wandel unterzogen war.
Auch das machte den Reiz – und den Wert – des Hologemäldes aus. Aber die eigentliche Faszination des Kunstwerks lag ganz woanders.
Him betrachtete das Bild kurz, ging dann zu einem Beistelltisch und legte die Hand auf einen Stab, der etwa so groß wie ein Cholitt-III-Bündel war. Das Hologramm erlosch.
Him Asnas steckte den Stab ein.
»Das willst du mitnehmen?«, fragte der Orbton.
»Sybilla«, murmelte Him. »Die weissagende Frau, die nicht zu fassen ist. Ein Meisterwerk.«
»Ein terranisches Werk«, sagte Volgathir. Aus seinem Mund klang es wie eine Verwünschung.
»Das Gebiet ist jetzt arkonidisch«, entgegnete Him. »Das hier ist Ware aus dem Hayok-Sternenarchipel.«
»Kein Arkonide, der etwas auf sich hält, würde sich so etwas an die Wand holographieren.«
»Ich kenne zahlreiche Arkoniden, die viel von sich halten, sich diese Holokunst aber nicht leisten können. Außerdem hat der Tai Moas das Arbeitszimmer seiner Residenz in Mirkandol mit einer signierten Sybilla der gleichen Serie geschmückt. Man munkelt, er schätze Symth Windsor-Barir sehr.«
»Einen terranischen Künstler?«
Him zuckte mit den Achseln.
Das Gesicht des Mondträgers verdüsterte sich. »Die Wege Seiner Erhabenheit sind unergründlich«, murmelte er.
Him humpelte zur Tür. Die Wirkung des Medikamentencocktails ließ bereits nach. Jeder Schritt bereitete ihm große Mühe.
Das Kurierschiff, mit dem Volgathir und seine Soldaten nach Yeuni-Lerigo geflogen waren, war auf einer Lichtung mitten im Wald ganz in der Nähe der versteckten Jägerhütte gelandet. Es war ein kleiner Kugelraumer, nur schwach bewaffnet, dafür aber sehr schnell.
»Offensichtlich wusstet ihr genau, wo ihr nach uns suchen musstet«, sagte Corty Reiser.
»Die natürliche Überlegenheit des Gos'Tussan beruht nicht zuletzt darauf, alles zu wissen«, entgegnete der Mondträger. Er klang zutiefst beleidigt.
Aber wo ihr uns finden könnt, dachte Him, wusstet ihr nur, weil es einem unserer Kollegen gelungen ist, irgendwo an exponiertester Stelle des Kristallimperiums manipulierte Personendateien in höchstgesicherte Syntroniken einzuspeisen. Und das Gos'Tussan weiß nicht, dass dieser Kollege ein USO-Agent ist …
»Wie lange wird der Flug dauern?«, fragte Him.
Eine rein rhetorische Frage. Yeuni-Lerigo war lediglich 57,57 Lichtjahre von Arkon entfernt. Die Beschleunigung des Kurierschiffs auf die Überlicht-Eintrittsgeschwindigkeit und das anschließende Abbremsen würden wesentlich länger dauern als der eigentliche Überlichtflug.
Der Orbton bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. »Nicht lange, Himos. Du wirst wahrscheinlich nicht einmal Zeit für ein Nickerchen haben.«
»Du wirst dich wundern«, erwiderte Him Asnas, »wo ich überall schlafen kann.«
*
Him Asnas träumte. Einen Traum, den er seit Jahrzehnten mindestens einmal in der Woche träumte.
Der Ausbilder ist alt, uralt. Mindestens 120, wenn nicht sogar 150 Terrajahre alt.
Er ist klein und schmächtig, glatzköpfig und leicht gekrümmt.
Him ist jung, groß und stark. Die Schwerkraft scheint für ihn nicht zu existieren; zumindest nimmt er sie nicht wahr. Seine Muskeln spannen sich an, ohne dass es einer Anstrengung bedarf. Seine Schritte sind leichtfüßig, er tänzelt geradezu, mühelos, anmutig. Er bewegt sich, als gäbe es keine Gravitation, kein Alter, keine Krankheit, keinen Tod.
Er ist fünfundzwanzig Jahre alt, verschwendet an diese Dinge keinen Gedanken.
Er ist unsterblich. Auf ewig jung.
Er spreizt die Arme, spannt sie an, so dass sich die Muskeln wölben, und lächelt.
Der Ausbilder lächelt ebenfalls. Während Him tänzelt, sich dreht, Pirouetten einspringt und die Arme vorschnellen lässt und wieder anwinkelt, bleibt er ganz ruhig stehen. Sein Blick ist klar und tief wie ein Bergkristallsee auf Keehí, der Prachtvollen, der Welt der Wunder und der Liebe, sein Körper so entspannt wie der eines Mausbibers, der im tiefen Schlaf, verloren in völligem Vertrauen, auf dem Rücken liegt, die Arme auf die Brust gezogen und die Beine leicht gespreizt, angewinkelt und gehoben.
Him stößt einen gellenden Kampfschrei aus, täuscht einen Schlag mit dem rechten Arm vor und tritt mit dem linken Bein zu.
Er tritt ins Leere. Der Ausbilder, uralt, hager und gebeugt, steht plötzlich nicht mehr rechts, sondern links von ihm.
Asnas schreit erneut, wirbelt mit den Armen, tänzelt mit den Beinen, schlägt und tritt aus und wirft sich mit aller Wucht nach vorn.
Und fällt ins Leere.
Er rappelt sich sofort wieder hoch. Schwerkraft existiert nicht. Nicht für ihn. Er spürt seinen Körper als Bündel von Kraft, Energie und Stärke.
Ein weiterer Kampfschrei, diesmal wütend. Er tritt so heftig zu, dass er dem Ausbilder die Knochen zerschmettern würde.
Würde er ihn nur treffen.
Er tritt ins Leere.
Verblüfft hält er inne. Der Schrei, mit dem er den nächsten Angriff einleiten wollte, erstirbt auf seinen Lippen.
»Kanth-Yrrh«, wispert der Ausbilder.
Kanth-Yrrh. Die klassische, mit den Kräften des Gegners arbeitende Verteidigung im Dagor, dem All-Kampf, der waffenlosen, angeblich vom legendären Heroen Tran-Atlan geschaffenen Kampfkunst der Arkoniden.
Kanth-Yrrh. Der Doppelbegriff dringt wie ein Hauch an Hims Ohr, wie ein leises Raunen des Windes auf dieser Welt, deren Schwerkraft seinem Körper nichts ausmacht, wie eine Botschaft aus dem Zwischenraum, der Ewigkeit der Gegenwart, in der Him Asnas für immer jung, groß und stark sein wird.
KANTH-YRRH!
Him schreit auf und setzt zu einer Finte an, die sogar seinem jungen, starken Körper alles abverlangt, reißt das linke Bein in einem schier unmöglichen Winkel hoch, dreht gleichzeitig den Oberkörper, holt mit beiden Armen aus und springt.
Was auch geschehen wird, der Ausbilder kann