Perry Rhodan 2205: Das Blut der Veronis - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 2205: Das Blut der Veronis E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Im Heiligen Berg von Baikhal Cain - die Suche nach Opalen bringt den Tod In der von Menschen und zahlreichen anderen Völkern bewohnten Milchstraße entwickelt sich im September 1331 Neuer Galaktischer Zeit eine kritische Situation: Hyperstürme machen die überlichtschnelle Raumfahrt zu einer höchst riskanten Angelegenheit, und in verschiedenen Sektoren der Galaxis bilden sich fürchterliche Sternenbeben aus. Als in direkter Nähe des Hayok-Sternenarchipels ein ganzer Kugelsternhaufen buchstäblich aus dem Nichts erscheint, ahnen Perry Rhodan und seine Freunde in der Liga Freier Terraner, dass dies alles nur ein Anfang ist. Und als Lotho Keraete auftaucht, der Bote der Superintelligenz ES, und den Sternenozean von Jamondi erwähnt, wird die Ahnung zur Gewissheit. Gemeinsam mit Lotho Keraete brechen Perry Rhodan und Atlan, der Arkonide, zu einer Expedition in den unbekannten Kugelsternhaufen auf. Doch ihr Flug scheitert, und die drei Männer landen auf Baikhal Cain. Dort treffen sie im Heiligen Berg auf DAS BLUT DER VERONIS...

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Seitenzahl: 139

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Nr. 2205

Das Blut der Veronis

Im Heiligen Berg von Baikhal Cain – die Suche nach Opalen bringt den Tod

Ernst Vlcek

In der von Menschen und zahlreichen anderen Völkern bewohnten Milchstraße entwickelt sich im September 1331 Neuer Galaktischer Zeit eine kritische Situation: Hyperstürme machen die überlichtschnelle Raumfahrt zu einer höchst riskanten Angelegenheit, und in verschiedenen Sektoren der Galaxis bilden sich fürchterliche Sternenbeben aus.

Als in direkter Nähe des Hayok-Sternenarchipels ein ganzer Kugelsternhaufen buchstäblich aus dem Nichts erscheint, ahnen Perry Rhodan und seine Freunde in der Liga Freier Terraner, dass dies alles nur ein Anfang ist. Und als Lotho Keraete auftaucht, der Bote der Superintelligenz ES, und den Sternenozean von Jamondi erwähnt, wird die Ahnung zur Gewissheit.

Gemeinsam mit Lotho Keraete brechen Perry Rhodan und Atlan, der Arkonide, zu einer Expedition in den unbekannten Kugelsternhaufen auf. Doch ihr Flug scheitert, und die drei Männer landen auf Baikhal Cain.

Dort treffen sie im Heiligen Berg auf DAS BLUT DER VERONIS ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner findet sich als Gefangener in einem Bergwerk wieder.

Atlan – Der Arkonide findet sich mit dem Ende seiner Freiheit nicht ab.

Raphid-Kybb-Karter – Der igelartige Direktor der Minen gehört zum Volk der Kybb-Cranar.

Jadyel

Prolog

Raphid-Kybb-Karter

Raphid-Kybb-Karter schäumte vor Wut. »Die da oben«, schimpfte er, »richten es sich, wie sie es brauchen!«

Der Zorn wallte stärker in ihm auf. Er spürte, dass er die Beherrschung zu verlieren drohte. Es war ihm egal. Er wollte sich nicht zügeln; er brauchte ein Ventil für seine Gefühle.

Einst hatte er seinen linken Arm gegeben, um die militärische Laufbahn einschlagen zu können. Für seine Karriere hatte er auch noch den rechten geopfert.

Die oberen Extremitäten eines Kybb-Cranar waren für ihn ohnehin nur unzureichende Anhängsel – ungelenke Stummel mit ungeschickten Fingern. Gegen seinen Traum von Macht und Ruhm und von Triumphen als Flottenkommandant oder Gouverneur eines Sonnensystems hatte er sie bereitwillig eingetauscht.

Jetzt war er mit seinen zwei metallenen Prothesen selbst in seinem Volk eine exotische Erscheinung. Doch was hatte ihm das gebracht?

Seine Laufbahn endete hier, als Direktor der Mine im so genannten Heiligen Berg von Baikhal Cain. Sie hatten ihn unter Tage abgeschoben, und hier würde er darben, bis seine Arme rosteten.

Oder bis er es »denen da oben« zeigte. Dabei hatte er insbesondere eine Person im Auge: Famah-Kybb-Cepra, den Gouverneur von Baikhal Cain.

Seinen Leuten gegenüber sprach Karter jedoch nur von »denen da oben«. Seine Vertrauten wie Algho-Kybb-Rasta und Peer-Kybb-Kalla wussten schon, wen er meinte. Die anderen ging es nichts an. Es reichte, wenn er ihren Hass auf »die da oben« schürte. Eines Tages würde ihre aufgestaute Wut ihm von Nutzen sein. Raphid-Kybb-Karter dachte nicht daran, bis ans Ende seiner Tage den Sklavenhalter zu spielen.

Seine Stunde würde schlagen. Früher oder später.

»Die da oben«, erregte sich Raphid-Kybb-Karter weiter, »legen willkürlich Förderquoten fest, ohne sich zu überlegen, wie wir das schaffen sollen.«

Seine rot getönten Rückenstachel hatten sich aufgestellt.

Der Gouverneur hatte ihm befohlen, die Förderquote des Schaumopals um ein Viertel zu erhöhen. Einfach so! Ohne ihn zu fragen, wie das möglich sein sollte!

Der Gouverneur hatte ja keine Ahnung, was die Ausführung bedeuten würde. Er gab einfach seine Befehle. Die Konsequenzen scherten ihn nicht. Raphid-Kybb-Karters kleine schwarze Augen verengten sich. Er mahlte knirschend mit den spitzen Zähnen. Sein Magen rebellierte gurgelnd. Das war immer so, wenn sein Zorn ihn übermannte.

»Wir können die Förderquote nur steigern, wenn wir noch mehr Motana-Sklaven beschaffen«, gab Peer-Kybb-Kalla zu bedenken. »Soll ich Befehl zur Jagd auf sie geben, Direktor?«

Raphid-Kybb-Karter unterdrückte den Impuls, seinen Stellvertreter mit der in seinem linken Arm integrierten Neuropeitsche zu züchtigen. Es hätte seinen Zorn besänftigt, aber Karter hielt nichts davon, sich vor Untergebenen gehen zu lassen.

»Nein, keine zusätzliche Sklavenjagd«, sagte Raphid-Kybb-Karter ruhig. »Wir werden es auch so schaffen.«

Er musste versuchen, die Motana zu größerer Leistung anzuspornen. Dafür war ihm jedes Mittel recht. Er hatte keine Skrupel, die Eingeborenen härter anzupacken, sie falls nötig zu foltern.

Er bezweifelte jedoch, dass Folter in diesem Fall zielführend wäre. Die Motana-Sklaven waren Todgeweihte, und das wussten sie. Körperlich war ihnen kaum beizukommen. Man musste versuchen, ihren Geist zu brechen.

Wie auch immer, Raphid-Kybb-Karter würde die verlangte Quote liefern. Er konnte sich Famah-Kybb-Cepras Befehlen nicht widersetzen. Der Gouverneur wartete wohl nur darauf, ihm etwas anhängen zu können. Karter empfand diese Behandlung als Demütigung. Eines Tages würde er das Famah-Kybb-Cepra heimzahlen.

Algho-Kybb-Rasta meldete: »Die neue Ladung Sklaven ist eingetroffen.«

Raphid-Kybb-Karter nickte. »Ich werde sie mir vornehmen.«

1.

Perry Rhodan

Es war nur ein Traum. Die Aufarbeitung dessen, was er erlebt hatte. Das war ihm sofort klar. Nur dass er diesmal alles aus einer verzerrten Perspektive sah; die Bilder gaben ihren Sinn nicht ohne weiteres preis.

Wieder wandelte die große, blauhäutige Unbekannte über eine Landschaft aus Eis. Sie war so groß, schlank und kahlköpfig wie in seiner ersten Vision. Nur, diesmal lockte sie ihn. Komm, folge mir!, schienen ihre eisgrauen Augen zu signalisieren. Sie war wunderschön. Ihre silbernen Fingernägel funkelten wie Edelstein.

Er verstand die Botschaft nicht. Wohin wollte die Unbekannte ihn einladen?

Gerade als sie sich ihm direkt zuwandte und er glaubte, kurz vor dem Verstehen zu sein – da barst das Bild wie ein splitternder Spiegel.

Ein Fremder auf einem Prallfeld-Hovertrike preschte heran. Er hatte eine gedrungene Gestalt, als stamme er von einer Hochschwerkraftwelt. Seine dunkle, ledrige Haut war an den sichtbaren Stellen der Halspartie und an den Unterarmen von Tätowierungen übersät. Eine der Tätowierungen machte sich selbständig und wurde zum Sternenozean von Jamondi. Durch dieses Meer aus Sternen fuhr der unglaublich kompakt wirkende Fremde mit dem eigenwilligen »Orangenhelm«.

Der Fremde wendete sein Trike. Er ließ das Pulsator-Triebwerk aufheulen und fuhr geradewegs auf ihn, den Träumenden, zu. Die Prallfeldprojektoren konnten die Unebenheiten des Bodens nur unvollkommen ausgleichen. Das Trike schaukelte, als gleite es über Wellen.

Die Blicke der schmalen, katzenhaften Augen des Fremden bohrten sich wie Nadelspitzen in den Träumenden. Sie schienen ihn durchdringen zu wollen. Der breite Mund des Fremden war ein schmaler, ausdrucksloser Schlitz. Nur die Augen sprachen, aber der Träumende verstand ihre Botschaft nicht.

Der Fremde kam rasch näher, bis er das ganze Blickfeld ausfüllte.

Der Träumende rief dem Fremden etwas zu, aber der hörte nicht auf ihn. Er fuhr einfach über ihn hinweg – durch ihn hindurch. Und damit löste sich das Bild in nichts auf.

Perry Rhodan kam zu sich. Die Betäubung klang langsam ab, seine Arme und Beine belebten sich prickelnd. Am Hals spürte er ein Brennen und Stechen, als sei er in Nesseln gewickelt. Obwohl Rhodan die Augen offen hatte, sah er nichts. Um ihn war nur nebeliges Einerlei, verschwommene Bewegung.

Rhodan tastete um sich. »Atlan? Atlan, bist du in der Nähe?«, wollte er fragen. Aber in der Stille, in der ansonsten nur das gedämpfte Summen eines Antriebs zu hören war, vernahm er nur ein Krächzen. Seine eigene heisere Stimme klang ihm fremd in den Ohren. Es kam keine Antwort.

Der Halsring!

Rhodan tastete mit klammen Fingern nach dem metallenen Kragen, den die Stacheligen ihm verpasst hatten. Er trug ihn immer noch. Rhodan befühlte mit den Fingerspitzen die raue Oberfläche. Und erinnerte sich wieder der Spritze, die sich in seinen Hals gebohrt hatte. Danach war nur noch Schwärze gewesen – und der Traum.

Wer waren die Fremden, die sie aus Gleitern paralysiert und dann, zusammen mit anderen Humanoiden, auf die Ladefläche eines Gleiters verfrachtet hatten? Sie waren Wesen wie ihnen auf Baikhal Cain noch nicht begegnet. Rhodan hatte während der Paralyse nur kurze Momentaufnahmen gesehen. Die Wesen waren klein, bestimmt nicht größer als 1,60 Meter, und korpulent. Sie hatten spitze Gesichter, kurze Beine und Rückenstacheln. Ja, daran erinnerte er sich genau, ihre nackten Rücken waren voller Stacheln gewesen. Sie hatten ihn an Igel erinnert.

Was haben sie mit uns vor?

Er fuhr sich übers Kinn und wurde sich wieder bewusst, dass er einen Bart trug. Sie hatten sich sieben Wochen lang nicht rasiert, teils weil es keine Gelegenheit gab, teils weil sie es nicht für nötig befunden hatten. So lange waren sie bereits auf dieser Welt.

Rhodan lag weich. Er ertastete um und unter sich in derben Stoff und raues Leder gehüllte Körper, die sich allmählich zu regen begannen. Sein Blick klärte sich. Es waren Humanoide, sehr menschenähnlich. Ihre Gesichter waren glatt, als hätten sie keinen Bartwuchs.

Das scheint der markanteste Unterschied, dachte er.

Rhodan lag mitten unter den Leibern auf dem Gleiter, der durch einen Schacht nach unten glitt. Die Wände des Schachts bestanden aus grob behauenem Fels. Alle paar Meter waren Positionslichter angebracht, die einen fahlen Lichtschein verbreiteten. Wasser rann an ihnen herab.

Rhodan blickte sich in den Reihen von Körpern nach Atlan um, konnte ihn jedoch nirgendwo entdecken. Da spürte er eine Berührung an der Schulter.

»Perry, bist du das?«, vernahm er Atlans Stimme hinter sich.

»Ja«, brachte Rhodan mit Mühe hervor. Er drehte sich um und sah in Atlans Gesicht. Die geröteten Augen des Arkoniden waren blicklos. »Was ist mit dir, Atlan? Kannst du nicht sehen?«

»Das wird schon wieder. Wo sind wir?«

Atlan hielt ihn immer noch fest. Wie ein Blinder, der Halt suchte.

»Wir sinken mit dem Gleiter in einem Schacht in die Tiefe«, sagte Rhodan. »Keine Ahnung, wie lange schon. Zusammen mit dem Haufen verwilderter Gestalten.«

»Es sind Naturburschen, die einen strengen Geruch an sich haben.«

Jetzt wurde sich auch Rhodan des herben Schweißgeruchs bewusst, der von den reglosen Gestalten ausging. Seine Sinne kehrten allmählich wieder zurück.

»Was ist mit deinen Augen? Siehst du wieder?«, wollte Rhodan wissen. Er hoffte, dass das Betäubungsmittel das Augenlicht des Arkoniden nicht dauerhaft beeinträchtigt hatte.

»Um mich ist noch alles verschwommen. Aber es wird besser. Ich sehe sogar schon deine Narbe am Nasenflügel.« Atlan feixte. »Nur in größerer Entfernung ist alles wie in Nebel gehüllt.«

»Der weiße Bart steht dir nicht schlecht, Arkonide«, spöttelte Rhodan. »Schon lange nicht mehr hast du einen getragen.«

»Ich bin nicht weiß, sondern hellblond«, berichtigte Atlan träge.

Rhodan fuhr unbeirrbar fort: »Er macht dich älter, aber du wirkst auch weiser. Irgendwie erinnerst du mich an ES, wenn er sich uns als Methusalem gezeigt hat. Ehrlich.«

Der Scherz kam nicht an. Atlan verzog keine Miene.

»Wir sind vor etwas mehr als drei Stunden paralysiert worden. Unsere Betäubung hat zwei Stunden und ...«

»Das möchte ich nicht so genau wissen«, unterbrach ihn Rhodan. »Sagt dir dein Logiksektor auch, was uns erwartet?«

»Nein.« Atlan griff sich an den Hals. »Aber diese Halskrausen behagen mir nicht. Wir müssen sie unbedingt loswerden.«

Der Gleiter tauchte aus dem Schacht in eine größere Halle ein, die wie aus Fels gewachsen war. An der nassen Felsdecke waren vereinzelt Licht angebracht. Atlan schloss geblendet die Augen.

»Ich glaube, wir sind am Ziel«, sagte Rhodan.

Der Gleiter kam zum Stillstand. Die Ladefläche neigte sich. Jetzt konnte Rhodan erkennen, dass überall auf dem Boden weitere verwilderte Gestalten in verschiedenen Stadien der Paralyse kauerten. Die Neigung der Ladefläche des Gleiters war bereits so stark, dass sie ins Rutschen kamen. Rhodan fand nirgendwo Halt und wurde von den anderen mitgerissen. Sie fielen nicht tief, höchstens zwei Meter, und landeten weich auf Körpern.

Vereinzelt war Stöhnen und Wimmern zu hören. Die Betroffenen verstummten rasch wieder. Eine beklemmende Stille kehrte ein. Die meisten Gestalten rings um ihn regten sich bereits, aber niemand sprach. Es schien gerade so, als hätten sich die Gefangenen in ihr Schicksal ergeben – wie immer dieses auch aussehen mochte.

Atlans weißblonder Bart stach Rhodan ins Auge.

Der Arkonide stand, hinter Rhodan, als Einziger aufrecht. Sein Blick war schon wieder klar. Atlan deutete auf die um ihn kauernden Humanoiden und sagte: »Sie tragen solche Halsringe wie wir.« Er zerrte vergeblich an seinem. »Damit können uns unsere Häscher sicher kontrollieren.«

»Ich fürchte nur, wir können nichts dagegen tun ...«

»Wir sollten trotzdem zuallererst versuchen, diese Dinger abzukriegen.« Atlan blickte sich in dem weitläufigen Gewölbe um, das bar jeglicher technischer Einrichtung war. »Irgendwo hier unten wird sich doch brauchbares Werkzeug finden.«

Es war typisch Atlan, dass er trotz der aussichtslosen Lage seine Zuversicht nicht verlor. Rhodan widersprach ihm nicht, aber er war der Meinung, dass sie erst einmal abwarten sollten. Sie wussten nicht, was ihnen bevorstand. Das in Erfahrung zu bringen erschien ihm der logische erste Schritt.

»Jene, die uns gefangen genommen haben, hielten uns offenbar für Einheimische«, sagte Rhodan.

»Unsere Waffen sind weg«, stellte Atlan plötzlich fest. Er tastete sich ab und blickte sich suchend um.

Sie hatten von den Vay Shessod Waffen erstanden, Messer und primitive Gewehre. Rhodan erinnerte sich daran, dass manche der Humanoiden mit Pfeil und Bogen bewaffnet gewesen waren. Die waren ebenfalls nirgendwo zu sehen.

»Die Stacheligen müssen uns alle während der Bewusstlosigkeit entwaffnet haben«, stellte Rhodan fest.

»Wir müssen uns wieder bewaffnen«, sagte Atlan. Er blickte sich um.

Die Gefangenen wirkten in der Mehrzahl jung, machten aber einen niedergeschlagenen Eindruck. Selbst jene Humanoiden, die sich inzwischen einigermaßen erholt hatten, wirkten, als ob sie den Lebensmut verloren hätten.

Atlan fuhr fort: »Was sind das für erbarmungswürdige Gestalten? Ihre Körpersprache sagt mir, dass sie wissen, was sie erwartet. Und das scheint nichts Gutes zu sein.«

»Fragen wir sie!«

»Moment!«, sagte Atlan und entledigte sich des Obergewandes. Seine blaue Kombination kam zum Vorschein. »Sie sollen sehen, dass wir nicht zu ihnen gehören.«

Rhodan nickte und tat es ihm gleich.

*

Der Mann, dem sich Atlan zuerst zuwandte, war jung und wirkte sehr kräftig. Er trug ein einteiliges, ärmelloses Gewand, das ihm bis zu den Knien reichte und in der Taille mit einer derben, hanfartigen Kordel zusammengebunden war. Er hatte dunkles, kurz geschorenes Haar, volle Lippen und eine breite Nase. Sein Gesicht war glatt, wie das aller anderen. Er sah Atlan aus dunkelbraunen Augen abgestumpft entgegen.

»Mein Name ist Atlan«, stellte sich der Arkonide auf Jamisch vor. »Ich stamme nicht von Baikhal Cain und bin hier fremd. Kannst du mir sagen, warum wir betäubt und gefangen genommen wurden?«

Der junge Mann schloss die Augen und wiegte den Oberkörper. Dabei summte er mit geschlossenen Lippen vor sich hin. Es war eine traurige Melodie. Es klang, als wolle er auf diese Weise seinen Schmerz und seine Hoffnungslosigkeit ausdrücken. Einige andere stimmten ein.

Atlan wandte sich mit derselben Frage an einen anderen Humanoiden. Die Reaktion war die gleiche. Auch dieser Mann schloss die Augen und begann eine traurige Melodie zu summen.

Von da und dort erklangen, mit Grabesstimme geflüstert, einzelne Worte, die in melodischem Singsang vorgetragen wurden. Es handelte sich dabei eindeutig um Begriffe aus dem Jamischen. Die Humanoiden mussten Atlan also verstanden haben. Sie hörten ihm nur nicht zu.

Stattdessen beklagten sie mit verhaltenen Gesängen ihr grausames Schicksal, riefen singend einen Namen, der wie »Jopahaim« klang, und baten ihn um Beistand ... verabschiedeten sich von ihren Angehörigen ... bedauerten ihr nahes Ende.

Niemand antwortete auf Atlans Frage.

Perry Rhodan wandte sich einem älteren Mann mit helleren Haaren zu. Sein scharf geschnittenes Gesicht wirkte verkniffen. Er fragte ihn: »Willst du mir sagen, wo wir hier sind und was wir zu erwarten haben?«

Aber auch dieser Mann schloss die Augen und begann, mit trauriger Stimme auf Jamisch in sich hineinzusingen.

»Einst durchstreiften wir den Sternenozean ... jetzt sind wir gefangen im Heiligen Berg ... wir rufen Jopahaim, er stehe uns bei ...«

»Ihr seid keine Motana«, vernahm Rhodan da eine melodische Stimme aus dem Hintergrund.

Der Terraner begab sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Dabei musste er kauernden Gestalten ausweichen oder über liegende hinwegsteigen. Vor ihm erhob sich ein Mann, der ihm aus dunklen, wachen Augen entgegenblickte. Er stand aufrecht. Aber auch er strotzte nicht gerade vor Tatendrang, die Hoffnungslosigkeit war ihm ins Gesicht geschrieben.

»Nein, mein Freund Atlan und ich sind keine Motana«, sagte Rhodan, als er ihn erreichte.

Der Mann war nicht viel kleiner als Rhodan und trug eine Art lederne Weste, die über der haarlosen, gebräunten Brust zusammengeschnürt war. Dazu lange Lederhosen mit leer wirkenden Taschen, unter denen Sandalen hervorsahen. Er hielt einen verschnürten Beutel in der Hand, den er schnell wegsteckte, als Rhodan darauf sah.

»Wir stammen nicht einmal aus dem Sternenozean von Jamondi«, sagte Rhodan. »Wir kommen aus einer Galaxis, die hinter der Barriere liegt. Mein Name ist Rhodan.«

»Ich heiße Jadyel«, sagte der Motana sichtlich verwirrt.

Rhodan merkte, dass Jadyel mit seiner Angabe nichts anfangen konnte. Hatten die Motana keine Vorstellung davon, was außerhalb ihres Sternenozeans liegen mochte? Es war jedoch nicht der Moment, um dies zu vertiefen.

»Jadyel, kannst du mir sagen, wo wir uns befinden?«, fragte er.

Der Motana machte eine umfassende Bewegung. »Wir sind hier im Heiligen Berg. In der Gewalt der Kybb-Cranar.«