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Der Flug der RICHARD BURTON - ein ENTDECKER im Hypersturm Die Situation zwischen den Sternen der Milchstraße ist im September 1331 Neuer Galaktischer Zeit äußerst angespannt. Während Hyperstürme die interstellare Raumfahrt zu einer höchst riskanten Angelegenheit machen, spitzt sich die politische Lage zu. Das Kristallimperium der Arkoniden und die Liga Freier Terraner stehen sich schwer bewaffnet gegenüber. Zum wiederholten Mal scheint ein interstellarer Krieg zu drohen. In dieser Zeit verschwindet Perry Rhodan zusammen mit Atlan, dem uralten Arkoniden, im geheimnisvollen Sternenozean von Jamondi. Seither sind die Männer verschollen. Auf der Erde und den anderen Planeten der bewohnten Milchstraße schlägt mittlerweile die Veränderung der so genannten Hyperimpedanz zu: Geräte, die auf der Verwendung fünfdimensionaler Energien beruhen, versagen komplett; es droht ein totales Chaos. In diesen dunkeln Stunden halten aber die Terraner zusammen, besinnen sich auf ihre Stärken. Nur der Flug zu den Sternen, vor kurzer Zeit noch ein leichtes, wird zu einer mühsamen Angelegenheit. Das bemerken die Besatzungsmitglieder der RICHARD BURTON bei ihrem Einsatz AM STERNENRIFF...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 2214
Am Sternenriff
Der Flug der RICHARD BURTON – ein ENTDECKER im Hyperraum
Hubert Haensel
Die Situation zwischen den Sternen der Milchstraße ist im September 1331 Neuer Galaktischer Zeit äußerst angespannt. Während Hyperstürme die interstellare Raumfahrt zu einer höchst riskanten Angelegenheit machen, spitzt sich die politische Lage zu.
Das Kristallimperium der Arkoniden und die Liga Freier Terraner stehen sich schwer bewaffnet gegenüber. Zum wiederholten Mal scheint ein interstellarer Krieg zu drohen. In dieser Zeit verschwindet Perry Rhodan zusammen mit Atlan, dem uralten Arkoniden, im geheimnisvollen Sternenozean von Jamondi. Seither sind die Männer verschollen.
Auf der Erde und den anderen Planeten der bewohnten Milchstraße schlägt mittlerweile die Veränderung der so genannten Hyperimpedanz zu: Geräte, die auf der Verwendung fünfdimensionaler Energien beruhen, versagen komplett; es droht ein totales Chaos. In diesen dunklen Stunden halten aber die Terraner zusammen, besinnen sich auf ihre Stärken.
Nur der Flug zu den Sternen, vor kurzer Zeit noch ein Leichtes, wird zu einer mühsamen Angelegenheit. Das bemerken die Besatzungsmitglieder der RICHARD BURTON bei ihrem Einsatz AM STERNENRIFF ...
Julian Tifflor – Der Residenz-Minister bricht mit der RICHARD BURTON zum Pfeifennebel auf.
Lester Truyen – Der Techniker hat eigentlich Besseres zu tun, als zu den Sternen zu reisen.
Ranjif Pragesh
Störungen zerrissen die Bildwiedergabe. Sekundenlang schien das Holo in einem Funkenregen zu zerstieben, bevor es sich von neuem stabilisierte. Der Schädel des Sprechers wurde zu einem entsetzlich verzerrten Albtraum, seine Stimme war ein einziger verstümmelter Missklang: »... Forschungskorvette THUMPER ... extremes Potenzial energeti... nicht aufzuhalten ...«
Die Übertragung brach fast völlig zusammen. Nur noch Knistern und Prasseln erfüllten die Funkzentrale.
»Eingang über diverse Hyperfunkrelais!«, meldete jemand. »Zuletzt Jupiter-Außen. Die Laufzeit ...«
»... annähernd zwei Tage!«, vollendete eine Technikerin. »Ich habe die Aufprägung entschlüsselt. Der Notruf wurde vor 43 Stunden abgestrahlt.«
Erneut bauten sich holografische Fragmente auf. Zu erkennen war inmitten wirbelnder Nebelschleier jedoch denkbar wenig.
»... heftigste Beben ... wissen nicht, was geschieht ... Ausfall der Schirme ... es ist die Hölle!«
*
Lester Truyen schreckte auf, als seine Hand gegen den Schutzhelm stieß. Er war unkonzentriert. Nur für wenige Augenblicke hatte er sich in Gedanken treiben lassen.
Unwillig kniff er die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Er spürte eine eigenartige Benommenheit – und dieses Prickeln im Magen und der Druck hinter den Schläfen würden wohl noch eine Zeit lang anhalten. Er atmete hastiger. Als müsste ich nachvollziehen, wie sich Li'an fühlt. Fauchend stieß er den Atem aus und registrierte überrascht, dass die Luft von der Sichtscheibe zurückflutete. Der Anzug, den er trug, war eben kein SERUN.
Zwei oder drei Tage noch, danach wird die Welt für uns anders sein ...
Er vermisste das Head-up-Display mit allen Feinheiten. Stattdessen hielt er ein flaches Messgerät in der Linken, und eine lausige Holomembran gab Auskunft über Materialbeschaffenheit und Dichteschwankungen des Prüfobjekts.
Ganz langsam schwebte Truyen in der Hohlkugel empor. Neben ihm arbeitete noch ein halbes Dutzend Maschinisten. Dass er selbst diese Art der Prüfung als steinzeitlich empfand, war unerheblich. »Ich verlange exakte Ergebnisse!« Nun, da er darüber nachdachte, dröhnte Torde Molms Stimme wieder in seinen Gedanken. »Unsere Sicherheit hängt davon ab! Sobald der geringste Zweifel aufkommt, erwarte ich einen weiteren Scandurchgang!«
Fünfzig Meter durchmaß die evakuierte Hohlkugel. Truyens Blick schweifte hinüber zu dem Reaktorkern, den Kraftfelder im Zentrum justierten: Ynkonit, mit Hyperkristallfolien beschichtet. Jede nur einen hundertstel Millimeter dick. Siebenundzwanzig Schichten.
Drei identische Kugelkammern bildeten das Herz des Hawk-Lineartriebwerks. Schon beim Anlaufen der Kompensationskonverter, also noch im Drosselmodus, rotierten die Kugeln mit 100 Umdrehungen in der Sekunde, jede um eine andere Raumachse. Aber erst im Aktivmodus mit maximal 2500 Umdrehungen wurde das Halbraumfeld aufgebaut, das den Überlichtflug ermöglichte.
»He, Lester!« Ein überraschter Ausruf im Helmfunk schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. »Schläfst du?«
»Ich ...?«
»Schon in Ordnung, ich kann's ja verstehen. Ich löse dich ab. – Halt deine Position!«
Lediglich Sekunden vergingen, bis ihm jemand auf die Schulter klopfte. Lester Truyen erkannte Corben in der Düsternis, die nur vom Flimmern der Hyperkristallfolien erhellt wurde.
»Übergabe wird vollzogen.« Corben nahm ihm das Messgerät ab und ließ die Speicherung ablaufen. »Ansatzpunkt in Ordnung! Keine Differenzen!« Im nächsten Moment krachte sein Helm gegen den von Truyen. Er fragte ohne aktiven Funk: »Wie geht es Li'an? Ist es schon so weit?«
»Verlauf programmgemäß, hoffe ich doch ...« Lester Truyen hatte noch mehr sagen wollen, aber da war der flüchtige Helmkontakt schon wieder beendet. Corben wusste noch nichts von der implantierten Mikrooptik, die rechtzeitig mit der Aufzeichnung beginnen sollte. Diese Art der Dokumentation wurde als überaus eindrucksvoll gepriesen.
Morgen, gerade noch rechtzeitig, endete sein Dienst auf der RICHARD BURTON. Lester verließ die Kugelhohlkammer mit gemischten Gefühlen.
*
»Die THUMPER ...« Julian Tifflor ließ die Daten des Speicherwürfels durchlaufen, den ihm die Ordonnanz übergeben hatte. Er kniff die Brauen zusammen und taxierte den wartenden Mann. »Die Daten wurden überprüft?«
»Selbstverständlich, Sir.«
Ein Zucken um Tiffs Mundwinkel war seine einzige Reaktion auf die ungewohnt förmliche Anrede. Die Zeiten ändern sich wieder, dachte er.
Fast erschien es ihm, als hätte die einschneidende Erhöhung der Hyperimpedanz nicht nur das technische Umfeld, sondern auch viele Menschen verändert. Manche schienen nach einem neuen Umgang miteinander zu suchen. Und kaum änderte sich die Struktur an Bord der Schiffe, kam ein neues Verhalten vieler Menschen auf.
Unwichtig. Er wischte die Überlegung beiseite. »Die THUMPER wurde in der Großregion des Pfeifennebels stationiert«, stellte er fest.
»Das sind nur fünfhundert Lichtjahre, Sir.«
Tief atmete der Residenz-Minister für Liga-Außenpolitik ein. Zumindest das »Sir« könnten sie bleiben lassen, dachte er, auch wenn die Dienstränge nötig geworden sind. Er hatte die Ellbogen aufgestützt, die Hände verschränkt und das Kinn auf den abgespreizten Daumen aufgestützt. So fixierte er die pseudoholografische Sternkarte an der Stirnwand des Büros. »Verdammt nahe«, murmelte er.
»Die zweite Meldung ...«
»Fragment trifft wohl eher zu«, unterbrach er.
»Die Wiederherstellung des Wortlauts ist jedenfalls eindeutig. Die Rekapitulation stammt vom biopositronischen Segment LAOTSES, mit Bestätigung von NATHAN, Sir.«
Julian Tifflor hatte das untrügliche Gefühl, dass die Ordonnanz ihn zum Handeln drängen wollte. Natürlich wäre es einfach gewesen, mehrere Raumschiffe an den neuen Brennpunkt zu schicken ... und wenig später sogar eine kleine Flotte ... Aber wie viele Schiffe waren schon in der Lage, den Flug durchzustehen?
»Ich brauche eine Konferenz im engen Kreis!«, sagte Tifflor.
»Homer G. Adams und Maurenzi Curtiz?«
»Nur die beiden – in dreißig Minuten.«
Das Fehlen jeder Nachricht aus dem Sektor Hayok setzte ihm zu. Reginald Bull hatte das Kommando über PRAETORIA übernommen. Tiff hoffte, dass es Bully mittlerweile gelungen sein mochte, Perry Rhodan und Atlan zurückzuholen. Erneut widmete er sich den Aufzeichnungen des Speicherwürfels.
Zwei Hyperfunksprüche. Beide über unterschiedliche Relaisstrecken gelaufen und dennoch nahezu eine Ewigkeit lang unterwegs. Es war gelungen, den verstümmelten Text weitgehend wiederherzustellen.
»... Forschungskorvette THUMPER, Kommandant Browner. Ich melde eine sprunghaft angestiegene Zunahme der Raumbeben im gesamten Bereich des Pfeifennebels. Die gravomechanischen Impulse erreichen nahe dem Epizentrum Werte von über 70.000 Gravos. Wir ziehen uns weiter zurück, da mit höheren Spitzenbelastungen zu rechnen ist. Neueste Messungen ergeben eine Geschwindigkeit der Stoßfronten von einhundert Licht ...«
*
»... verzeichnen heftigste Beben mit Stärken um 90.000 Gravos. Wir wissen nicht, was geschieht und was der Auslöser ist, aber wir müssen damit rechnen, dass unsere Absorber überlastet werden. Die Raum-Zeit-Struktur scheint aufzureißen. Ausfall der Schirmfelder! Der Weltraum brennt. Das ist unser optischer Eindruck. Gehen auf Fluchtgeschwindigkeit! Das sieht nicht nur aus wie die Hölle – es ist die Hölle!«
Die Stille nach dem dramatischen Aufschrei war bedrückend. »Mehr nicht?«, fragte Homer G. Adams endlich.
»Mir genügt es«, stellte Maurenzi Curtiz fest.
»Was sich da abzuspielen scheint, erinnert fatal an den Sternenozean von Jamondi«, sagte Julian Tifflor. »Als stünde in unmittelbarer Nähe des Pfeifennebels die Materialisation eines zweiten Hyperkokons bevor. Die Beben begannen vor rund sechs Wochen, also zeitgleich mit den Ereignissen im Hayok-Archipel.«
»Mit welchen Auswirkungen auf das Solsystem müssen wir rechnen?«, wollte Adams wissen.
Der Erste Terraner zuckte mit den Achseln. »Alle einsatzbereiten Spezialschiffe sind seit Wochen vor Ort. Ohne ihre Ergebnisse lassen sich Vorhersagen nur schwer treffen.«
»Das beantwortet meine Frage nicht«, drängte Adams. »Ist unser Wiederaufbau gefährdet?«
»Solange ein Hyperfunkspruch Tage für wenige hundert Lichtjahre benötigt und ...« Julian Tifflor schien seine Entscheidung schon getroffen zu haben. »Uns fehlen wichtige Informationen. Ohne GALORS ...«
»Momentan interessiert mich das Galaktische Ortungssystem nicht mehr als eine Hand voll Galax, Tiff. Im solnahen Bereich besteht ein sehr dichtes eigenes Relaissystem. Sind wir nicht in der Lage, es richtig zu nutzen?« Adams' Frage klang schneidend.
»Bis heute liegen keine Meldungen über die Situation im Kristallimperium vor.« Curtiz wiederholte, was schon jeden von ihnen schlaflose Stunden gekostet hatte. »Wir wissen nichts von der Hundertsonnenwelt und haben keine Ahnung, was im Gebiet der Akonen geschieht. Außerdem gab es Raumbeben im Sektor Tzyriigüü nahe Gatas.«
»Mehr als fünf Lichtjahre Hyperfunkreichweite haben unsere Satelliten nicht mehr«, erinnerte Tifflor. »Aber auch das nur, weil wir die teils sehr alten positronischen Relais reaktivieren konnten – zumindest all jene, die über Mini-Reaktoren versorgt werden. Wir benötigen Neubauten in hoher Stückzahl.«
»Unsere Kapazitäten sind mit der Umrüstung der Raumschiffe ausgelastet«, widersprach Adams. »Was ist wichtiger?«
Die Unruhe nagte in ihm. Lester Truyen versuchte zu schlafen, schaffte es aber nicht. Innerlich aufgewühlt, ertappte er sich in Minutenabständen beim Blick auf die Zeitanzeige. Viel zu langsam quälte sich der 13. Oktober seinem Ende entgegen.
Nach einer halben Stunde hielt Truyen es nicht mehr aus. Minutenlang stand er unter der Wasserdusche und ließ sich anschließend von stimulierenden Energiefeldern durchkneten.
Als er seine Kabine wieder verließ, war er in Gedanken bei Li'an in Terrania. Er glaubte, ihr Parfum zu riechen und ihr volles Haar im Wind wehen zu sehen, ein pastellfarbener Hauch, in dem er oft seine Hände vergrub ...
»Träumst du mit offenen Augen?« Die spöttische Stimme erschreckte ihn. Lester war im Hauptkorridor stehen geblieben, hatte die Arme angewinkelt und starrte auf seine gespreizten Finger. Als hätte ich ... Er schluckte schwer. Als hätte ich Li'an wirklich im Arm gehalten. Es wird Zeit, dass ich das Schiff verlasse.
»Du fühlst dich nicht wohl?« Der Spott in Regines Stimme war deutlicher Besorgnis gewichen. »Soll ich einen Medoroboter anfordern?«
»Bloß nicht! Ich bin schon wieder in Ordnung.«
Regine Mayden gehörte zum Nug-Team. Aber nicht deshalb kannte er sie, sondern weil sie ein Verhältnis mit Corben hatte.
»Wir sind alle überarbeitet«, stellte sie fest. »Die letzten Wochen haben unsere Reserven aufgezehrt. Wenn wir nicht bald Ruhe bekommen ...« Sie stockte, weil er die Mundwinkel verzog.
»Eine Woche noch, äußerstenfalls zwei«, erinnerte er, »dann wird die RICHARD BURTON die Werft verlassen.«
Die Frau nickte schwer. »Danach wird es für uns erst richtig hart werden, irgendwo da draußen, zwischen den Hyperstürmen.«
»Das Ziel ist noch nicht bekannt?«
»Der Kommandant schweigt dazu. Wenn du mich fragst, Lester, da ist was ganz Dickes im Busch.«
Sie ging weiter. Truyen war das Flugziel egal. Morgen Mittag würde er von Bord gehen und endlich den Zubringer nach Terrania besteigen.
*
»Wieder in Ordnung, Lester?«, fragte Oberstleutnant Torde Molm, der Chefingenieur Triebwerke und Bordmaschinen.
»Voll einsatzfähig«, bestätigte Lester Truyen. »Ich habe noch fünf Stunden Dienst, anschließend geht es in den wohlverdienten Urlaub.«
»Du wirst einiges versäumen.«
»Die Arme bis zu den Schultern triefend von Hydrauliköl ...?« Lester Truyen grinste breit.
»Glaubt ihr Maschinisten wirklich, die Welt geht unter, nur weil einige Aggregate gegen älteren Bautypen ausgewechselt wurden?«
»Das Schiff ist mittlerweile ein fliegendes Museum«, behauptete Truyen.
»Hauptsache, es fliegt!« Der Oberstleutnant schmunzelte. »Und das wird es, dafür sorge ich.«
»Natürlich. Wäre ja auch gelacht, wenn es anders wäre.« Truyen machte auf dem Absatz kehrt.
»Lester!« Torde Molms Ruf erreichte ihn unter dem Schott.
Fragend wandte sich Truyen um.
»Viel Glück in Terrania!«
»Danke. Wird schon schief gehen.«
Glaubte er das selbst? Er redete es sich zumindest ein. Obwohl seine innere Unruhe und die wachsende Unkonzentriertheit dagegen sprachen.
Beinahe hätte er sich verlaufen. Im letzten Moment entsann er sich noch, dass der Antigravschacht mit der blauen Markierung zur Energieversorgung der Defensivsysteme führte. Also dreißig Meter zurück.
Seit der Erhöhung der Hyperimpedanz hatte er sich angewöhnt, den Kontrollanzeigen nicht mehr blind zu vertrauen. Erst als er mit der ausgestreckten Hand das schwache Zugfeld registrierte, schwang er sich in den abwärts gepolten Schachtbereich.
Die RICHARD BURTON war ein Koloss. In den ersten Tagen an Bord hätte Lester Truyen beinahe befürchtet, von der gewaltigen Masse erdrückt zu werden. Mehr als 620 Millionen Tonnen. Trotz der großzügig wirkenden Räumlichkeiten war ihm das Atmen schwer gefallen.
1800 Meter durchmaß der Raumer der SATURN-Klasse. Die Bezeichnung war einprägsamer als der Bandwurm ENTDECKER Typ II. Wie Spielzeuge nahmen sich dagegen die Kreuzer aus, auf denen er bislang gearbeitet hatte.
Die Veränderung der hyperphysikalischen Konstanten wirbelte alles durcheinander. Vor vier Wochen hatte Lester überraschend den Auftrag erhalten, gemeinsam mit einem Heer von Technikern die großen Pötte schnell wieder einsatzfähig zu machen.
Es wurde ein Wettlauf gegen die Zeit.
Von einer Stunde zur anderen hatte er Terrania verlassen müssen und kaum Zeit gefunden, das Nötigste einzupacken und sich von Li'an zu verabschieden. Der Handelshafen Point Surfat war nahezu stillgelegt worden, die LFT hatte fast alle dort beschäftigten Arbeitskräfte abgezogen.
Wenigstens der Urlaub ist mir erhalten geblieben. Das hatte Lester sich zusichern lassen. Andernfalls ... Nein, er wusste nicht, was er andernfalls unternommen hätte.
Im raschen Wechsel von Licht und Schatten glitten die Decks vorbei. 360 Decks ordneten das Innenleben ... 1800 Meter durchmaß der stählerne Gigant, mit angeflanschten Ringwulstmodulen sogar 2160 Meter. Das war ein Gebirge aus rötlich blauem Ynkonit. Niemand konnte ein Schiff dieser Größe wirklich überblicken, solange er nicht einige Kilometer entfernt stand. In größerer Nähe kamen diese verdammten Nackenschmerzen.
Lester mochte die großen Schiffe nicht. Zu unpersönlich, fand er. 1500 Personen Stammbesatzung, aufgeteilt in Mehrschichtbetrieb, und für jeden von ihnen konnte es nur eine Maxime geben: optimal funktionieren!
Er erlebte seit vier Wochen hautnah mit, was die Technik eines solchen Raumriesen aus den Menschen machte. Sie waren zu Maschinen geworden, deren Horizont sich immer weiter einengte. Zielerreichung unter extremen Bedingungen nannte das die Flottenleitung. Die Beibootbesatzungen eingerechnet, lebten und arbeiteten 7100 Männer und Frauen an Bord. Die RICHARD BURTON war zu ihrer zweiten Heimat geworden.
Diese Menschen werden nicht nur über Jahre hinweg in der künstlichen Atmosphäre und in den sterilen Räumen leben, dachte Lester bitter, sie sind das Schiff. Er selbst hätte das keinesfalls lange ausgehalten. Schon jetzt sehnte er sich in die abwechslungsreiche Umgebung von Point Surfat zurück, von wo aus er jeden Morgen die Sonne hatte aufgehen sehen. Auf dem Handelsraumhafen hatte er noch den Wind im Gesicht gespürt und eine Luft ohne künstliche Aromazusätze eingeatmet.
Er verließ den Antigravschacht – und blieb allein. Das war es, was er an den großen Schiffen nicht mochte: die Einsamkeit, die ihm wie ein Alb im Nacken saß. Man konnte stundenlang über die Decks spazieren und begegnete dennoch keinem Menschen.
Lester grinste, als er die Schwebeoptik dicht unter der Decke entdeckte. Längst nicht alle ursprünglich syntrongesteuerten Allgemeinfunktionen waren schon erneuert worden; die frei projizierbaren Optik- und Akustikfelder gehörten vorerst der Vergangenheit an.
Unwichtig.
Augenblicke später erreichte er den Zugang zur Energieversorgung. Eine andere Welt empfing ihn, die er so nie gekannt hatte. Sie war lauter geworden. Selbst in früher wartungsfreien Bereichen wimmelte es jetzt von Technikern. Ihre Stimmen bildeten eine unruhige Kulisse. Dazu das Prasseln hochgespannter Entladungen. Lichtbogen flackerten im Hintergrund der ausgedehnten Halle – und jeder Blitz wurde von einem dumpfen Wummern begleitet.
Ein beißender Geruch ließ Truyen flacher atmen. Das war Ozon, vermischt mit den Ausdünstungen verschiedener Legierungen. Er glaubte nicht, dass er sich das nur einbildete.