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Am Rande eines Bruderkriegs - niemand kann die Entscheidungsschlacht verhindern Im Jahr 1332 NGZ sind Perry Rhodan und Atlan, Unsterbliche und ehemalige Ritter der Tiefe, noch immer im Sternenozean von J amondi unterwegs. Seite an Seite mit den menschenähnlichen Motana und dem Nomaden Rorkhete stehen sie im Kampf gegen die Usurpatoren Jamondis, die Kybb. Nach Anfangserfolgen zerplatzt die Zuversicht allerdings wie eine Seifenblase, als sie erstmals mit den Kybb-Traken konfrontiert werden. Die Motana haben den Krieg im Bewusstsein ihrer Unüberwindlichkeit aufgenommen und dabei die Gunst der Stunde genutzt - sie mussten blutig dafür bezahlen. 21 Schiffe gehen in einem einzigen Gefecht über Baikhal Cain verloren. Was sollen die verbliebenen vierzig ausrichten gegen die Armada der Kybb ? Doch noch ist der Kampf nicht verloren: Perry Rhodan hat auf Baikhal Cain die " Mediale Schildwache " aus ihrem zeitlosen Exil befreit. Sie berichtet aus ferner Vergangenheit, und ihr Bericht hat ein schreckliches Ende: Es ist DIE BLUTNACHT VON BARINX...
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Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 2249
Die Blutnacht von Barinx
Am Rand eines Bruderkriegs – niemand kann die Entscheidungsschlacht verhindern
Hubert Haensel
Im Jahr 1332 NGZ sind Perry Rhodan und Atlan, Unsterbliche und ehemalige Ritter der Tiefe, noch immer im Sternenozean von Jamondi unterwegs. Seite an Seite mit den menschenähnlichen Motana und dem Nomaden Rorkhete stehen sie im Kampf gegen die Usurpatoren Jamondis, die Kybb.
Nach Anfangserfolgen zerplatzt die Zuversicht allerdings wie eine Seifenblase, als sie erstmals mit den Kybb-Traken konfrontiert werden. Die Motana haben den Krieg im Bewusstsein ihrer Unüberwindlichkeit aufgenommen und dabei die Gunst der Stunde genutzt – sie mussten blutig dafür bezahlen.
21 Schiffe gehen in einem einzigen Gefecht über Baikhal Cain verloren. Was sollen die verbliebenen vierzig ausrichten gegen die Armada der Kybb?
Doch noch ist der Kampf nicht verloren: Perry Rhodan hat auf Baikhal Cain die »Mediale Schildwache« aus ihrem zeitlosen Exil befreit. Sie berichtet aus ferner Vergangenheit, und ihr Bericht hat ein schreckliches Ende: Es ist DIE BLUTNACHT VON BARINX ...
Lyressea – Die Schildwache sieht den Untergang kommen.
Gimgon und Jopahaim – Die beiden Schutzherren verteidigen Barinx.
Tagg Kharzani – Der Herr der Kybb geht über zu Plan B.
Gon-Orbhon – Wider Willen geht er eine unheilvolle Allianz ein.
ES
Lyressea erschrak. Mehr als eine Stunde war sie ohne Bewusstsein gewesen. Der mentale Druck war keinesfalls schwächer geworden, nur konnte sie ihn mit Hilfe des Medikaments jetzt besser ertragen.
Der Schutzherren-Porter befand sich inmitten eines Alptraumszenarios. Die Schlacht hatte sich in Dutzende Schauplätze aufgegliedert, jeder entsetzlicher als alles, was Lyressea bislang erlebt hatte.
Ortungseinblendungen zeigten das zerstörerische Netz lichtschneller Energiestrahlen, sich unaufhörlich verändernd, zuckend wie ein in Todesqualen liegendes unfassbares Geschöpf. Dazwischen die Glutbälle explodierender Schiffe. Wrackteile. Ausgeglühte Fragmente, die ebenso schnell und tödlich Schutzschirme ins Wanken brachten oder gar durchschlugen wie die gegnerischen Waffensysteme.
Befehle verhallten ungehört in den Störfronten der energetischen Entladungen. Die Zahl der verstümmelten Hilferufe schien Legion zu sein. Aber wer hätte wo helfen können?
»Wie viele ...?«
»Wir wissen es nicht«, antwortete La-gha-Rau'a. »Eine halbe Million allein auf Seiten der Strowwanischen Scharen.«
Schatten rasten heran, griffen an. Trotz der optischen Dämpfung fegte eine grelle Lichtflut durch die Zentrale des Walzenraumers. Die Meldungen überschlugen sich: Verstärkung der Abwehrfelder ... Geschütznachführung ... extremer Energiebedarf ... Weder eine Atempause noch die Zeit, sich auf die veränderte Situation einzustellen.
Die Angreifer waren aus dem Nichts gekommen und folgten unbeirrt ihrem Kurs. Um Haaresbreite war der Porter einer vernichtenden Kollision entgangen. Schon breiteten sich Glutwolken aus, die von einem Shoziden-Pulk nur verwehende Atome übrig ließen.
Das Heulen des Alarms wurde unerträglich.
Abermals fielen zwei aus dem Nichts. Nur Sekunden blieben für eine Reaktion. Der mehr als 30.000 Jahre alte Schutzherren-Porter schien von innen heraus aufbrechen zu wollen, als er mit allen Waffen zurückschlug.
Dann war da nur noch Helligkeit, das Gefühl, in der Korona einer aufflammenden Sonne zu verbrennen. Tosender Lärm durchschlug die Abschirmungen, aber schon blieb die expandierende Glut der vernichteten Gegner zurück, entlang der Flugbahn des Walzenraumers aufgerissen und verwirbelt.
Rundum brannte der Weltraum. Es gab keine Ruhe, kein Atemholen, nicht einmal Zeit zur Besinnung.
STROWWAN suchte die Entscheidung. Das Ringen zwischen ES und der negativen Superintelligenz, die den letzten Schritt ihrer Entwicklung hin zur Materiesenke vollzog, hatte sich bislang auf einer für die Milchstraßenvölker übergeordneten Ebene abgespielt. ES' Abwesenheit war das einzige Zeichen gewesen.
Aber nun hatte ES die Loyalität seiner Völker eingefordert. Weil STROWWAN Raumschiffe aufgeboten hatte, deren hoch entwickelte Paratechnik die Wende herbeiführen sollte. Sie waren im Begriff, die Scheibenwelt Wanderer aus ihrer Geborgenheit im Hyperraum herauszureißen.
Sobald das geschah, war Wanderer angreifbar geworden.
Die Schlacht tobte tagelang. Sie verbrannte alles, was Generationen aufgebaut hatten. Für sehr lange Zeit würde danach nichts mehr so sein, wie es einmal gewesen war.
Dann fiel Wanderer in den Normalraum zurück. Zu einem Zeitpunkt, als die Verteidiger beinahe schon neue Hoffnung geschöpft hätten. Das Zentrum von ES' Macht war damit direkt angreifbar geworden – die ungeheure Materialschlacht gewann noch an Heftigkeit.
Zwei Tage später schien das Ende der Kunstwelt besiegelt zu sein.
*
»Neue Schiffe! Sie fallen aus dem Hyperraum! Tausende ...!«
Lyressea fuhr herum, ihr Blick fraß sich an den Anzeigen fest, suchte die Detailscans, und ihre Augen wurden größer.
Mehr als fünftausend Raumschiffe schon. Sie waren von einer Eleganz, wie man sie sonst vergeblich suchte. Stromlinienförmig, mit Schwingen beidseits des Rumpfs. Mit sanftem Flügelschlag schienen sie durch den Raum zu gleiten. Schön, schnell und zielsicher.
Eine Flotte Bionischer Kreuzer ... Nicht einmal die Schildwachen hatten gewusst, dass sie existierte.
Diese Schiffe schienen nicht für den Weltraum gebaut zu sein. Wie ein Schwarm geschmeidiger Wasserlebewesen glitten sie Wanderer entgegen. Zugleich verwandelten sie sich in Tod und Verderben bringende Ungeheuer.
Danke, Carya!, schoss es Lyressea durch den Sinn. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie die Motana, emotionalisiert von ihren Chorälen, die Kreuzer nur mit Mentalkraft steuerten. So richtig dafür interessiert hatte sie sich nie. Vielleicht hatten ihr auch alle anderen Ereignisse nicht genügend Zeit gelassen. Jetzt bedauerte sie, dass sie die Schutzherrin Carya Andaxi nie auf Graugischt aufgesucht hatte.
Eine dreifingrige Echsenhand legte sich sanft auf ihren Arm. Im Aufschauen blickte Lyressea geradewegs in die zu schmalen Schlitzen verengten Pupillen La-gha-Rau'as.
»Wir werden es schaffen!« Die Schutzherrin züngelte erregt.
»Ich weiß nicht, ob die Motana allein in ...«
»Nicht nur die Bionischen Kreuzer!« La-gha-Rau'as Kehlsack blähte sich auf; sie ließ ein keckerndes Geräusch hören. Mit einer knappen Kopfbewegung deutete sie auf ein mehrere Meter großes Hologramm, das in der Zentralemitte entstanden war.
Das Bild zeigte etwas wie einen Berg, der sich in den Weltraum erhoben hatte. Er besaß keine regelmäßige Form. Zudem war seine schwarze Oberfläche nicht geeignet, Konturen erkennen zu lassen.
»Sie halten ebenfalls Kurs auf Ambur!«, meldete die Ortung.
»Sie?«, fragte Lyressea verwirrt.
La-gha-Rau'a züngelte erregter. »Es sind zwei.«
»Zwei was?«
»Nocturnenstöcke! Ich vermute, ES hat sie gerufen.«
Lyressea reagierte verwirrt. Vergeblich suchte sie in ihrer Erinnerung nach verschüttetem Wissen über Nocturnen. Sie stellte fest, dass sie auf Wanderer nie davon gehört hatte.
»Vor langer Zeit bin ich einem Nocturnenstock in der Galaxis Laxaron begegnet.« La-gha-Rau'a spürte wohl, dass sie eine Erklärung geben musste. »Sein Name war Antallin. Ja, Lyressea, sie sind hochintelligente Lebewesen. Für mich gehören sie zu dem Faszinierendsten, was das Universum hervorgebracht hat. Niemals hätte ich geglaubt, erneut einem Nocturnenstock zu begegnen.«
Die Schutzherrin sprach davon, dass die Nocturnen angeblich aus einer anderen Lebensform, den Vojariden, entstanden waren. Mehr als diesen Namen kannte sie aber nicht.
In ihrem ersten Lebenszyklus waren Nocturnen hauchdünne Membranen eines fünfdimensional schwingenden Quarzes. Instinktiv fanden sie sich zu gewaltigen Schwärmen zusammen und ernährten sich von der Hyperstrahlung der Sonnen. Ihre Fortbewegung ähnelte der Transition eines Raumschiffs, wobei ihre Reichweite in der Schwarmphase bis auf ein Lichtjahr beschränkt war.
Erst wenn jeder einzelne Nocturne seine maximale Größe von hundert Metern erreicht hatte, wuchsen sie in der Stockphase zusammen. Dann ließen sie sich auf Himmelskörpern nieder, wo sie während langer Zeiträume weitere Schwärme anlockten und gemeinsam zu riesigen Türmen aus dunklem Schwingquarz heranwuchsen. In dieser Phase entwickelten sie ihre Intelligenz, die sich mit zunehmender Größe steigerte.
»Die ausgewachsenen Nocturnen werden zu reifen, geistig hoch stehenden Wesen, zu wahren Philosophen sogar.« Die Schutzherrin deutete auf die Bildwiedergabe, die endlich Details zeigte.
Rings um den Stock hatten sich Nocturnenschwärme niedergelassen. Lyressea erkannte das aufgrund der eben gehörten Beschreibung. Manche Schwärme waren noch klein, in ihnen durchmaßen die Nocturnen deutlich weniger als zehn Meter, andere wirkten nahezu ausgewachsen. Es mussten Hunderte Nocturnenschwärme sein, die sich an dem Berg verankert hatten. Der zweite war noch zu weit entfernt und zeigte keine Einzelheiten.
»Wir empfangen schwer zu deutende Hyperfunksignale!«
»Wortlaut?«, fragte La-gha-Rau'a knapp.
»Eigentlich nur zwei Begriffe oder Namen: Antallin und Satrugar.«
»Also doch!«, zischte die Schutzherrin. »Meines Wissens sind Nocturnenstöcke weitgehend unbeweglich. Wenn sie ohne Unterstützung aus Laxaron gekommen sind, müssen sie für die Transitionen ungeheure Mengen ihrer Substanz geopfert haben. Ich fürchte, sie riskieren die eigene Existenz, wenn sie in diesem geschwächten Zustand eingreifen.«
»Du glaubst, sie opfern sich?«, fragte Lyressea zögernd.
La-gha-Rau'a entblößte ihr Raubtiergebiss. »Tun wir etwas anderes?«
*
Es war ein Alptraum. Eine Schlacht, die bald nur noch Verlierer kennen würde. Nach Tagen ertappte Lyressea sich bei dem Gedanken, dass es ihr egal war, wie dieser Wahnsinn endlich aufhörte – Hauptsache, er hörte auf. Sie war es leid, die aufflackernden Explosionen zu sehen. Ebenso die Wracks, in denen Verwundete einen langsamen und qualvollen Tod starben, weil ihnen niemand zu Hilfe kommen konnte. Wer es dennoch versuchte, wurde selbst verletzlich. Keine Schiffsbesatzung hatte den Versuch der Hilfeleistung überlebt.
Seit drei Tagen hatte Lyressea nicht mehr geschlafen. Kaum einer auf dem Schutzherren-Porter hatte das. Weil dann der Schrecken umso bedrohlicher wurde. Vor Erschöpfung einzuschlafen hieß, hilflos ausgeliefert zu sein und dem Gegner Handlungsfreiheit zu lassen. Wann hatte sie früher jemals in solchen Bahnen gedacht?
Lyressea wollte die Schreie der Nocturnenschwärme nicht mehr hören – die Todesschreie, die von den Hyperfunkantennen aufgefangen wurden. Ebenso die Impulse, mit denen Antallin und Satrugar ihre Schwärme lenkten. Gnadenlos fielen die jungen Nocturnen über die gegnerischen Schiffe her, deren auf fünfdimensionaler Basis arbeitende Aggregate ihnen Nahrung lieferten. Die Lenkimpulse von Satrugar und Antallin verhinderten, dass sie auch die Verbündeten von ES überfielen. Schutzschirme brachen flackernd zusammen, auf Hyperbasis arbeitende Waffensysteme versagten, Speicherbänke verglühten und zerstörten die Schiffe von innen heraus.
Zwischen Nocturnen und ihren Opfern lavierten die Bionischen Kreuzer. Ihre Zahl war zwar dezimiert, aber der Kampfeswille ihrer Besatzungen bestand ungebrochen fort.
Lyressea hätte nicht mehr zu sagen vermocht, zum wievielten Mal sie ein Aufputschmittel nahm. Ungläubig starrte sie auf die Bildwiedergabe, in der sie ein mehrere hundert Meter messendes Teilstück eines Nocturnenstocks abbrechen sah. Der Splitter löste sich weiter auf, noch bevor er seiner unkontrollierten Bewegung wegen den Angreifern gefährlich werden konnte.
Die Angreifer wissen, wie sie die Nocturnen besiegen können, durchzuckte es die Mediale Schildwache. Wir müssen sie aufhalten, oder alles war vergebens.
Die bizarren Schiffskolosse, die Wanderer aus dem Hyperraum zurückgeholt hatten, schoben sich den Nocturnenstöcken entgegen. Jeder dieser Raumer wurde von Hunderten kleiner Schiffe geschützt.
Zu spät griffen die Motana ein. Wieder splitterte ein großes Stück eines Nocturnenstocks ab und wurde in verheerenden Explosionen auseinander gerissen. Eine Glutwoge fraß die Bruchstücke.
La-gha-Rau'as Walzenraumer stand nahezu im Zentrum des Geschehens. Die Schutzherrin hatte den Nocturnen zu Hilfe kommen wollen.
Steigende Schutzschirmbelastung. Dumpf anschwellende Vibrationen. Lyressea versuchte, nicht darauf zu achten, doch immer wieder lauschte sie dem Geräuschorkan.
»Abdrehen!«, brüllte jemand. »Sofort abdrehen!«
Das galt mehreren Bionischen Kreuzern. Sie hatten den Sperrriegel durchbrochen und stürzten sich auf eines der bizarren Schiffe.
Die Motana drehten nicht ab. Sie opferten sich. Die Explosionen ihrer Kreuzer, kilometerweit auseinander liegend, schienen sich zu vereinen. Eine glühende Wunde klaffte plötzlich in der Flanke des Strowwanischen Kolosses ...
... dann schien der Weltraum selbst aufzubrechen.
*
Erleichterung wollte sich nicht einstellen. Dafür war der Preis zu hoch gewesen.
Viel zu hoch, fand Lyressea.
So recht konnte sie noch immer nicht glauben, dass die Strowwanischen Horden geschlagen waren. Obwohl deren seit einer Stunde festzustellende Absetzbewegung zur Flucht wurde.
Niemand verfolgte STROWWANS Truppen. Einen besiegten Gegner vollends zu vernichten hätte den Zielen der Schutzherren von Jamondi in jeder Hinsicht widersprochen.
»Die Scheibenwelt ist soeben im Hyperraum verschwunden!« Das war die ersehnte Meldung. Wanderer war also wieder in Sicherheit und damit auch ES. Doch an einen dauerhaften Rückzug der Angreifer glaubte Lyressea nicht. Nicht nach ihrem bisherigen Vorgehen. Zudem mahnten auch Antallin und Satrugar, dass der Feind innerhalb kürzester Zeit gegen die Hauptwelten des Ordens vorgehen würde, weil in allen Systemen die Verteidigung auf ein Minimum reduziert worden war.
Tan-Jamondi II und Parrakh! Wenn der Gegner die Dome vernichtete, beraubte er den Orden seiner Zukunft.
Die ersten Ringschiffsflotten gingen mit Kurs auf Amringhar und Jamondi in den Hyperraum. Ihnen folgte eine Schar Bionischer Kreuzer.
Auch die Nocturnenstöcke beschleunigten. Beide hatten Masse verloren, doch in Antallins Flanke klaffte die größte Wunde. Deshalb nahm der immer noch fast zwei Kilometer messende Antallin Kurs auf das vergleichsweise nahe Tan-Jamondi-System, während Satrugar die erste Transition in Richtung Amringhar einleitete.
»Wir fliegen ebenfalls nach Tan-Jamondi!«, entschied La-gha-Rau'a.
»Weil du Antallin kennst?«
»Ich bin dem Stock zu Dank verpflichtet. Er wird überrascht sein, mich in dieser Galaxis wiederzusehen.«
Lyresseas Frage blieb in den Vorbereitungen für die erste Transition unausgesprochen.
Wenig mehr als dreitausendfünfhundert Lichtjahre wurden zurückgelegt.
»Antallin benötigt ein bis zwei Stunden Ruhe vor dem nächsten Sprung«, stellte die Schutzherrin fest. »Ich werde versuchen, ihn über Funk zu kontaktieren.«
Sie irrte sich. Der Nocturnenstock beschleunigte schon wieder. Nicht einmal fünf Minuten später verschwand er erneut im Hyperraum.
»Knapp neuntausend Lichtjahre.« La-gha-Rau'as Schuppenfarbe wurde fahl. »Das hält er nicht durch. Antallin muss verrückt geworden sein.«
Vergeblich versuchte die Schutzherrin, mit Antallin zu reden. Was sie als Antwort erhielt, blieb unverständlich.
»Der Nocturnenstock weicht vom Kurs ab!«
Die dritte Transition. Auch danach kein brauchbarer Kontakt. »Wir werden ihn verlieren«, befürchtete die Schutzherrin. »Wir müssen irgendetwas tun, um ihm zu helfen! Das bin ich ihm schuldig.«
»Warum ...?«
»Nicht jetzt!« La-gha-Rau'a ließ die Kursdaten einblenden. Tan-Jamondi wanderte seitlich aus der Erfassung.
»Baikhal Cain!«, stellte Lyressea fest. »Wenn Antallin nicht weiter abweicht, fliegt er nach Baikhal Cain.«
Minuten später erfolgte die letzte Transition. Der Nocturnenstock materialisierte im fahlen Widerschein der roten Sonne. Baikhal Cain war noch fast eine Lichtstunde entfernt.
Antallin korrigierte mehrmals seinen Kurs. Und schwieg.
»Er sucht einen neuen Standort«, stellte die Schutzherrin fest. »Aber wenn er abstürzt, wird er den Planeten vernichten. Ich glaube nicht, dass er in der Lage ist, sicher zu landen. Nicht nach den Anstrengungen der letzten Zeit. Das kann er nicht schaffen.«
Lyressea dachte an die Motana. Baikhal Cain war die erste Welt, auf der sie sich angesiedelt hatten, noch vor Barinx im Ring der Neun Sonnen. Die Bevölkerung hier zählte längst mehrere Milliarden.
Eineinhalb Stunden später materialisierte ein Schutzherren-Porter. Gimgon hatte La-gha-Rau'as Hilferuf über Tan-Jamondi II empfangen und war in Begleitung mehrerer Ringschiffe abgeflogen. Houwische Diskusschiffe begleiteten ihn ebenso wie zwei Spindeln der El'vven. Weitere zehn Minuten später traf ein Pulk von Kybb-Schlachtschiffen ein, auch sie mit starken Traktorstrahlern ausgerüstet.
Baikhal Cain war schon sehr nahe. Die beiden Monde wanderten ins Bild.
Die Funkzentrale registrierte nur mehr undefinierbare Störgeräusche auf niederen Hyperfrequenzen. »Antallins Zustand gleicht einem Wachkoma«, behauptete La-gha-Rau'a. »Frage mich später!«, fügte sie hinzu, als sie Lyresseas forschenden Blick bemerkte.
Das dunkelrote, vernarbte Antlitz des Mondes Mallein zog vorbei. Die Flotte hatte den Nocturnenstock immerhin so weit abgebremst, dass die Katastrophe ausbleiben würde. Dennoch tauchte Antallin zu schnell in die Atmosphäre ein.
Eine Stadt kam in Sicht, blieb hinter den Schiffen und dem Nocturnenstock zurück. Im Anschluss dehnte sich eine endlos anmutende Ebene aus.
Antallin zog einen Schweif ionisierter Gase hinter sich her.
Dann der Aufprall, weit weniger schlimm als befürchtet. Ein Flammenregen, Rauchwolken, aufgewirbeltes Erdreich und ein dumpfes Dröhnen, das sich wie ein nicht enden wollendes Gewitter nach allen Richtungen fortpflanzte.
Das mannshohe Gras, von Büschen und Waldinseln durchsetzt, brannte wie Zunder. Antallin erinnerte an einen Stein, den jemand ins Wasser geworfen hatte und von dessen Aufschlagsort konzentrische Wellen nach außen liefen. Nur waren die Wellen eine lodernde Feuersbrunst.
Die über dem Stock schwebenden Raumschiffe stabilisierten ihn mit ihren energetischen Feldern. Erst nach Tagen stand fest, dass der schwarze Quarzberg zur Ruhe gekommen war. Er hatte sich nur wenige Meter tief in den Boden eingegraben und einen schwachen Erdwall aufgeworfen.
Auch jetzt reagierte Antallin nicht auf La-gha-Rau'as Verständigungsversuche. Schließlich stellte die Schutzherrin ihre vergeblichen Bemühungen ein und gab den Befehl zur Landung auf dem Raumhafen der nächsten Stadt, gut achthundert Kilometer entfernt.
Das war das Letzte, was sie anordnete.
»Du wolltest mir von den Nocturnen berichten«, erinnerte Lyressea, doch sie blickte in gebrochene Augen und auf einen Mund, dessen verhornte Lippen zufrieden lächelten. La-gha-Rau'a war tot.
*
In den nächsten Tagen sank der Nocturnenstock langsam, aber unaufhaltsam tiefer in die Planetenkruste ein. Begleitet von rätselhaften hyperphysikalischen Erscheinungen, die zeitweise sogar die gelandeten Raumschiffe lahm legten, reagierte Antallin zunehmend heftiger mit der Planetenmaterie.