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Kampf in der Skapalm-Bark - die Unterdrückten beginnen ihren Aufstand Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Perry Rhodan ist mit dem Spezialraumschiff JULES VERNE über 20 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit der Milchstraße gereist, die damals Phariske-Erigon hieß, um die Menschheit in der Gegenwart zu retten. Atlan begibt sich indessen auf eine gefährliche Fahrt nach Hangay, an den Brennpunkt des Geschehens. Innerhalb der Kolonne steigern sich aber ebenfalls die Aktivitäten: beispielsweise an Bord der Skapalm-Bark DERUFUS - Roi Danton gelingt es dank der Bestie Ganymed, sich zumindest Bewegungsfreiheit zu verschaffen; doch ihm auf den Spuren ist bereits die ARMEE DER MIKRO-BESTIEN...
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 2415
Armee der Mikro-Bestien
Kampf in der Skapalm-Bark – die Unterdrückten beginnen ihren Aufstand
Hubert Haensel
Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.
Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.
Perry Rhodan ist mit dem Spezialraumschiff JULES VERNE über 20 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit der Milchstraße gereist, die damals Phariske-Erigon hieß, um die Menschheit in der Gegenwart zu retten. Atlan begibt sich indessen auf eine gefährliche Fahrt nach Hangay, an den Brennpunkt des Geschehens.
Innerhalb der Kolonne steigern sich aber ebenfalls die Aktivitäten: beispielsweise an Bord der Skapalm-Bark DERUFUS – Roi Danton gelingt es dank der Bestie Ganymed, sich zumindest Bewegungsfreiheit zu verschaffen; doch ihm auf den Spuren ist bereits die ARMEE DER MIKRO-BESTIEN …
Roi Danton – Der Unsterbliche hofft auf eine Rückkehr zu den Seinen.
Ganymed – Die Makro-Bestie sehnt sich nach der Freiheit, die sie nie kannte.
Rorian Omokra – Der Hoch-Medokogh der DERUFUS hat mehr als nur ein Problem gleichzeitig zu behandeln.
Senego Trainz –
Sein Leben begann von einem Sekundenbruchteil zum nächsten. Wie dutzende Male vorher. Nur mit dem Unterschied, dass er diesmal seine armselig gewordene Existenz festhalten wollte – mit aller Kraft, deren er fähig war –, wie sich ein Ertrinkender an einen rettenden Ast klammerte, und er würde gewiss nicht mehr loslassen.
Die feuchte Wärme des Konservierungsfluids hüllte Roi Danton in schläfrige Geborgenheit. Ohne sich dessen überhaupt bewusst zu werden, dämmerte er wieder hinüber in jene wohlige Schwerelosigkeit, die seit geraumer Zeit seine Existenz bestimmte.
Seine Freiheit drohte abermals zu enden, ehe sie richtig beginnen konnte. Sie geriet zu stets denselben Empfindungen, angefangen bei jähem Erkennen, über Furcht und Trauer hin zu Hass, grenzenlosem Hass auf etwas, das er nicht richtig einzuschätzen vermochte.
Im letzten Moment setzte sich der Terraner dagegen zur Wehr. Ein halb ersticktes Gurgeln kam aus seinem Mund, während die ihn umgebende Flüssigkeit langsam abtropfte.
Panik stieg in Perry Rhodans Sohn auf. Alles in ihm drängte plötzlich danach, tief einzuatmen und seine Lunge endlich wieder aus eigener Kraft mit würziger Luft zu füllen. Mit jeder Faser des geschundenen Körpers zu spüren, dass er immer noch ein Mensch war und keineswegs eine tumbe, konservierte Kopiervorlage aus Fleisch und Blut, Sehnen und Knochen. Niemand, den man erst dann für wenige Stunden aus dem Stasisdämmer holte, wenn man ein weiteres Ebenbild von ihm anfertigen wollte – einen neuen Roi Danton, der anschließend bebend seiner zynischen Bestimmung harrte: auseinandergeschnitten und mit der Hälfte einer anderen Intelligenz zusammengeschweißt zu werden. Beinahe so, als reparierten die Anatomen der Terminalen Kolonne TRAITOR eine kaputte Puppe …
… eine Puppe?
Wirre Szenen stiegen in ihm auf.
Er hörte Suzan weinen, seine Zwillingsschwester. Er sah die Tränen über ihre Wangen rinnen und den Rotz unter ihrer Nase hängen, als sich ihre Miene trotzig verzerrte. »Ver…schwinde!« Suzans Stimme war kaum verständlich. Doch ihr Blick loderte so wütend, dass Roi das Lachen auf den Lippen gefror.
Mit beiden Händen hielt er ihre lausige Stoffpuppe umklammert. Die Puppe war mit weißer, luftiger, nach Desinfektion riechender Watte vollgestopft und weiß Gott kein positronisches Spielzeug, dessen Bioplasmaüberzug programmgemäß einen realen Alterungsprozess simulierte.
Suzan, entsann sich Roi Danton, hatte anfangs mit einer solchen Biopuppe gespielt, sie aber weggesperrt, als das Puppengesicht runzlig geworden war. Aus Furcht vor Krankheit und Alter hatte seine Schwester so reagiert. Dabei hätte das verarbeitete Zellgewebe zwanzig, vielleicht sogar dreißig Neustarts standgehalten, bevor es den Weg in die Müllverwertung antreten musste. Eine heile, wenngleich eine falsche Welt? Einfach nur Irrsinn!
Die Erinnerung ließ ihn frösteln … Er, Michael Rhodan – keine Ahnung, wie alt Suzan und er damals gewesen waren –, hatte nicht einmal sehr heftig zugepackt, als er Suzans Ersatz-Stoffpuppe an sich genommen hatte. Eigentlich war er sich nur bewusst, die Puppe an ihren beiden Armen hochgehalten zu haben, aber dann, als seine Schwester wütend ebenfalls danach gegriffen hatte, war es passiert. Zwei Hälften hielt er in Händen und starrte sie verwirrt an. An der einen Seite hing noch der Kopf, und aus beiden Fetzen quoll das Füllmaterial hervor.
Suzan schrie ihn an, sie würde das Onkel Bully sagen. Oder, weit besser: Gucky!
»Gucky wird mit dir genau das machen, was du mit Mirona gemacht hast! Du bist böse, Michael, böse und nicht mehr mein Bruder …«
Mirona! Suzan hatte sich nie davon abbringen lassen, dieses verletzliche Stoffding Mirona zu nennen. Obwohl Atlan, wenn er zu Besuch kam, jedes Mal das Gesicht verzog und die Lippen zusammenpresste. Damals, als Kind, hatte Michael Rhodan das nicht verstanden, doch heute, als Roi Danton … Diese Überlegung wühlte ihn auf. Heute war er selbst wie jene Puppe: innerlich zerrissen, langsam ausblutend …
Nein, nicht er, das betraf nur seine Kopie. Er selbst lebte, solange der Aktivatorchip unter seinem linken Schlüsselbein arbeitete.
In Gedanken ließ er Mirona fallen, mit einem tobenden Gefühl, als hätte er sich an ihr die Finger verbrannt. Der Schmerz verschleierte seinen Blick mit Tränen.
Lag das tatsächlich zweieinhalb Jahrtausende zurück?
Roi Danton krümmte sich zusammen, die Hände abgespreizt, als wolle er nie wieder etwas anfassen, weil an diesen Fingern Blut klebte – sein Blut, das Blut seiner missbrauchten Kopie.
Jedes Duplikat war irgendwie er selbst!
Jede von ihm angefertigte Kopie lebte und litt – sie war nicht nur wie er, sie war er! –, und er selbst wiegte sich demnach nur in trügerischer Sicherheit.
Roi Danton schaffte es, den grausamen Gedanken, er würde irgendwann zu einem Dual der Kolonne werden, für kurze Zeit zu verdrängen. Aber das Entsetzen kehrte hartnäckig zurück, weil es sich längst in ihm eingenistet hatte. Dagegen halfen weder seine Erfahrung noch der Aktivator und schon gar nicht der Versuch, zu verstehen, was sich hinter alldem verbarg. Ein Mensch würde das vielleicht nie erfassen können, weil seine Ethik auf völlig anderen Werten aufbaute.
Wie durch Nebelschleier hindurch sah er Mironas Überreste den Boden berühren. Die Hälfte mit dem Kopf schien sich aufzubäumen, sie überschlug sich, blieb auf der Seite liegen, und dann starrten ihn die Puppenaugen an, während das Gesicht in sich zusammenfiel und die Füllung mit dem letzten Rest den Boden bedeckender schlieriger Flüssigkeit abgesaugt wurde.
Roi Danton blinzelte verwirrt. Das war die einzige Bewegung, zu der er wirklich fähig war. Er registrierte flackernden Widerschein vor sich, wenngleich verzerrt wie in Tausenden Facetten. Das zäh abtropfende Konservierungsfluid verwischte seine Umgebung.
Ein bebender Atemzug brachte ihn vollends zur Besinnung. Eben noch war er in seinen Gedanken weit fort gewesen – in einer besseren Welt und in einer lebenswerteren Zeit. Er hatte Zuflucht in seiner Kindheit gesucht.
Donnergrollen schaukelte sich zu einer Reihe berstender Geräusche auf. Danton glaubte, das Aufleuchten greller Explosionen wahrzunehmen. Schatten huschten vorbei.
Draußen tobte ein erbitterter Kampf. Aber dennoch war das nicht mehr als ein obskures Schattenspiel. Dumpfes Gebrüll drang in Roi Dantons Abgeschiedenheit vor und übertönte das Gurgeln des abfließenden Fluids.
Etwas klatschte von außen gegen die Wand. Er glaubte, das verzerrte Gesicht eines Kolonnen-Anatomen zu sehen, das schier platt gedrückt wurde und in einer blutigen Spur wegrutschte.
Danton musste sich bemerkbar machen und irgendwie diesen verdammten Konservierungstank verlassen … Aber der Mikro-Laser hatte vorhin schon den Geist aufgegeben – er fragte sich, wann dieses Vorhin gewesen sein mochte: vor einer halben Stunde oder einer, vor einem Tag oder mehr?
Wieder krachte etwas gegen die Wand, die dem Aufprall standhielt. Roi Danton blinzelte mehrmals, und endlich sah er deutlicher, was außerhalb des Tanks geschah.
Zwei Roboter schienen geradezu auseinanderzubrechen, als hinter ihnen ein monströser Schemen aufwuchs; der Schrott wirbelte nach allen Seiten. Mit Leichtigkeit riss die Gestalt einen Robotertorso hoch und schleuderte ihn davon. Weitere Explosionen begleiteten den Aufprall, und in dem irrlichternden Funkenregen glaubte Roi Danton, Anatomen fliehen zu sehen.
Die Schatten verschwammen. Es wurde ruhiger. Schließlich kaum mehr Geräusche, nur von irgendwoher ein verhaltenes Wimmern.
Niemand beantwortete Roi Dantons hilfloses Krächzen.
Eine Woge der Übelkeit schüttelte ihn.
Augenblicke später – oder waren Minuten vergangen, womöglich eine noch längere Zeitspanne? – registrierte er die stärkenden Impulse des Aktivatorchips. Irgendwie musste er sich bewegt haben. Jedenfalls hatte er sich mehrere Versorgungsschläuche abgerissen. Blut rann über beide Handrücken, tropfte von den Fingern herab und vermischte sich mit den letzten Lachen der Konservierungsflüssigkeit.
*
Nur wenige Geräusche drangen von außen in seine Einsamkeit. Roi Danton glaubte, das Knistern und Prasseln um sich greifender Flammen zu hören, aber er vernahm keinen Kampflärm mehr und keine Stimmen.
Er schüttelte die letzte Benommenheit ab und redete sich ein, dass erst zwei, höchstens drei Minuten seit seinem Erwachen vergangen sein mochten.
Seine aufflackernde Hoffnung konnte nur Selbstbetrug sein. Weder ein USO-Kommando noch eine Einsatztruppe der LFT hatten die Skapalm-Bark geentert, das würde auch nie geschehen. Schon, weil niemand wissen konnte, dass Roi noch lebte. Atlan hatte den Dual Dantyren im Zweikampf getötet und damit das, was bis zu diesem Moment als Synonym für Danton stand.
Zweifelte jemand daran?
Vielleicht.
Die Tatsache, dass sich sein Aktivatorchip nicht in der umfassenden Erscheinung einer immateriellen Spiralgalaxis aufgelöst und den Tod eines potenziell Unsterblichen verkündet hatte, besagte für sich allein noch wenig. Äußere Einflüsse oder eine Manipulation seitens der Kolonnen-Anatomen mochten das verhindert haben – ein Dutzend halbwegs plausibler Erklärungen war denkbar.
Nur Perry Rhodan, davon war Danton überzeugt, würde die Hoffnung nicht aufgeben. Und mit Perry vielleicht eine Handvoll Vertrauter, ihren eigenen Zweifeln zum Trotz. Weil nicht sein durfte, dass Rhodan wieder eines seiner Kinder verlor?
Dantons Gedanken sprangen hektisch von einem Erinnerungsfetzen zum nächsten. Er ließ das zu, um sich abzulenken, um sich nicht den Tatsachen stellen zu müssen. Trotzdem fröstelte er und fragte sich, ob er sich jemals mehr würde wünschen können als ein Ende dieses Albtraums.
Um seine Gedanken zu konzentrieren, fokussierte er sie auf eine Frage: Was hatte er zuletzt erreicht?
Ich habe die Makro-Bestie aus ihrer Lethargie aufgeschreckt! Ich habe es geschafft, mich Ganymed mit dem Mikro-Laser verständlich zu machen …
Aber darüber hinaus?
Die neuerliche Stille quälte Danton und ließ ihn erkennen, wie schnell eine trügerische Hoffnung verging.
Ganymed hatte seine Morsezeichen verstanden und begriffen, dass er von den Kolonnen-Anatomen als Versuchsobjekt benutzt wurde. Aber warum kam die Makro-Bestie nicht, um ihn zu befreien?
Außerhalb von Dantons Konservierungstank erstarrte die Welt in einer von trübem Dunst durchwobenen Stasis. Die im Magazin arbeitenden Kolonnen-Anatomen schienen tot zu sein. Oder sie waren geflohen. Warum sonst, fragte sich der Terraner, kam niemand, um nach ihm zu sehen?
Er hätte voraussehen müssen, dass die Makro-Bestie in blinder Mordgier eine Spur des Todes durch die Bark zog. Vielleicht, um mit einem Beiboot zu fliehen, trotz des Risikos, letztlich in einer Geschützsalve zu verglühen. Oder um ihrem Hass freien Lauf zu lassen. Ganymeds Schicksal würde sich über kurz oder lang zwischen Energieschirmen vollenden, die nicht einmal eine Bestie überwinden konnte.
Danton zitterte. Ihm war klar, dass er diese neue Runde seines Überlebenskampfs verloren hatte. Schnell würden andere Anatomen kommen und eine weitere Kopie von ihm anfertigen, den nächsten halben Dantyren, der eine herausragende Position in der Kolonne einnehmen sollte.
Was für ein Hohn!
Er schaffte es nicht, den Kopf zu drehen.
Regungslos lag Roi Danton auf dem feuchten Boden. Sein Blick verlor sich im Nichts.
Ihm war klar, dass er kämpfen musste. Irgendwie jedenfalls.
Weil er nicht Gefangener der Kolonne bleiben wollte. Die Vorstellung entsetzte ihn, dass er im Tiefschlaf womöglich Jahrhunderttausende überdauern und erst in ferner Zukunft wieder geweckt werden würde, in einer Zeit, in der es keine Menschen mehr gab, keine Sterneninseln namens Hangay, Milchstraße, Andromeda, sondern nur noch die Negasphäre und ihre entsetzlichen Auswirkungen als ein Bollwerk der Chaosmächte.
Er war dann vielleicht immer noch Ressource für die Erschaffung eines Duals. Eine Ressource, deren Geist längst an der Grenze des Wahnsinns balancierte.
Wie sehr er jetzt schon diese verdammte Stille hasste!
In dem Moment durchbrach etwas die Wandung des Konservierungstanks.
Roi Danton wurde von der aufplatzenden Wand zur Seite gedrückt. Ein Hagel von Bruchstücken ging über ihm nieder, aber zugleich fiel ein Schatten über ihn. Riesige Hände packten zu und bewahrten ihn vor Verletzungen.
*
Einige Sekunden, mehr nahm das alles nicht in Anspruch. Ich war nicht der spontane Sofortumschalter wie Perry, jedenfalls nicht in dieser Situation, die seit geraumer Zeit an meinem Selbstverständnis zehrte. Entsetzen, Panik und Resignation – unglaublich nahe lagen diese Emotionen für mich beieinander, vor allem hatten sie etwas Lähmendes, dem ich mich nur sporadisch entziehen konnte.
Die Luft wurde mir aus der Lunge gepresst, als zwei monströse Pranken meinen Leib umschlossen und mich in die Höhe zerrten. Ein massiger Arm zuckte haarscharf über mich hinweg und fegte die Überreste des Konservierungstanks beiseite, während mich gleichzeitig eine weitere Hand – jeder der gespreizten Finger schien so dick wie mein Unterarm zu sein – schützte.
Meine Umgebung blieb ein Konglomerat düsterer Eindrücke und wirbelte viel zu schnell an mir vorbei. Ich wurde gegen einen massigen Brustkorb gedrückt und schrammte über schwarzbraune schrundige Haut, deren Unebenheiten mir Gesicht und Hände aufschürften. Sofort schmeckte ich Blut auf den Lippen und spürte es warm über meine linke Schläfe rinnen, aber vielleicht waren das nur Überreste des Konservierungsfluids.
Ganymed hatte mich aus dem Tank befreit. Obwohl ich herzlich wenig erkennen konnte, zweifelte ich nicht daran, dass es Ganymed war. Die Makro-Bestie hatte also reagiert und mich nicht zurückgelassen, und nun presste sie mich schützend an sich, wie es eine Mutter mit ihrem Kleinkind getan hätte; dieser Vergleich war plötzlich da und fraß sich in meinen Gedanken fest.
Über Wochen hinweg hatte ich der Makro-Bestie mit dem winzigen Laser Morsezeichen geschickt. Aber nun …
… wir begegneten uns zum ersten Mal sozusagen hautnah. Zu nahe! Falls Ganymed noch fester zupackte, würde er mir das Rückgrat brechen.
Tränen verschleierten meinen Blick. Ich rang nach Luft, glaubte ersticken zu müssen, zumal die Bestie eine beklemmende Ausdünstung verströmte. Salmiak, Blutgeruch und ein fauliges Aroma – dieses Odeur hatte etwas Betäubendes, war wie der Geruch des Todes.
Einen Herzschlag lang schien sich alles in gleißender Helligkeit aufzulösen. Sengende Hitze fauchte heran, die mir vollends den Atem raubte. Ich röchelte nur noch und fragte mich, wie lange die Kolonnen-Anatomen wohl brauchten, um das Genetische Magazin mithilfe ihrer Roboter zu stürmen.
Ganymeds schneller Lauf schüttelte mich durch, und während sein Aufschrei beinahe meine Trommelfelle zerriss, hatte ich das Gefühl, dass sich mein Magen umstülpte. Die Makro-Bestie tobte durch einen Feuersturm.
Ich weiß nicht, ob ich ebenfalls schrie, aber ich glaube dennoch, dass ich mein Entsetzen genauso hinausbrüllte, wie ich versuchte, die Bestie zu beeinflussen. Beides war sinnlos. Ich erkannte es nur nicht, weil Dantyren in meinen Gedanken Gestalt annahm und mich ablenkte … weil Yrendir versuchte, mich zu beherrschen … weil die riesenhafte kristalline Gestalt des Antakur von Bitveit nach mir griff.
Dantyren …! Ich glaubte, einen zwingenden Ruf zu vernehmen. Aber ich war nicht Dantyren – ich nicht! Und meine Kopie lebte nicht mehr. Ihr war die Kralle des Laboraten eingepflanzt worden, und …
Woher wusste ich, dass ich selbst keine Kralle im Schädel trug? Viel zu lange hatte ich im Tiefschlaf gelegen, ohne wahrzunehmen, was um mich herum und vor allem mit mir geschah. Vielleicht war ich längst ebenfalls eine Marionette, als billiges Werkzeug der Chaosmächte dazu ausersehen, die Milchstraße zu Fall zu bringen. Ließ man mich gewähren, um mich in falscher Sicherheit zu wiegen?
Abrupt endete die wilde Bewegung der Bestie, wenngleich mein Empfinden blieb, in einem rasenden Wirbel gefangen zu sein.
Die Umklammerung lockerte sich. Ich konnte wieder freier atmen und sog die heiße Luft in mich hinein. Beißender Rauch, Ozon … Ich spürte den Sog der Luftumwälzung, und auf meiner Zunge brannten Chemikalien in aerosoler Zerstäubung. Sie verrieten mir, dass automatische Löschsysteme arbeiteten.
Ein dumpfes Grollen hing über mir, als ich auf die Beine gestellt wurde. Ich schwankte und hatte den Eindruck, dass sich der Boden unter mir aufwölbte. Vornübergebeugt stützte ich die Hände auf meinen Oberschenkeln ab; zu mehr war ich noch nicht in der Lage. Mein Blick schweifte in die Runde.