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Hilfe für die Lokale Gruppe - und die Suche nach der Gründermutter Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Der Kampf gegen TRAITOR wird an vielen Fronten und von vielen Lebewesen geführt: In fernster Vergangenheit sucht Perry Rhodan nach dem Geheimnis der "Retroversion", in Hangay selbst setzt sich Atlan auf die Fährte der Mächtigen innerhalb der Kolonne. Währenddessen hält Reginald Bull das Solsystem... und Perry Rhodans Sohn Kantiran setzt eine Kursänderung jener Organisation durch, die sich die Stabilität der Universalen Schneise zum Ziel gesetzt hat. So kommt es zum AUFBRUCH DER FRIEDENSFAHRER...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 2426
Aufbruch der Friedensfahrer
Hilfe für die Lokale Gruppe – und die Suche nach der Gründermutter
Uwe Anton
Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.
Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.
Der Kampf gegen TRAITOR wird an vielen Fronten und von vielen Lebewesen geführt: In fernster Vergangenheit sucht Perry Rhodan nach dem Geheimnis der »Retroversion«, in Hangay selbst setzt sich Atlan auf die Fährte der Mächtigen innerhalb der Kolonne.
Währenddessen hält Reginald Bull das Solsystem … und Perry Rhodans Sohn Kantiran setzt eine Kursänderung jener Organisation durch, die sich die Stabilität der Universalen Schneise zum Ziel gesetzt hat. So kommt es zum AUFBRUCH DER FRIEDENSFAHRER …
Kantiran Rhodan – Perry Rhodans Sohn agiert als Garant der Friedensfahrer und folgt seiner Neugierde auf den verbotenen Mond.
Cosmuel Cain – Die Terranerin mit dem Cyno-Erbe begleitet ihren Geliebten und zweifelt gelegentlich seine Entscheidungen an.
Injata N’tuvage –
Luna
2. Juli 1346 NGZ
Reginald Bull brachte Kantiran keine besondere Zuneigung entgegen. Respekt ja, aber kaum Sympathie. Der junge Mann hatte einiges erreicht für sein Alter. Doch das war zu erwarten gewesen, schließlich war er Perry Rhodans Sohn.
Aber er war Kantiran, und Bull war es einfach nicht gelungen, eine engere Beziehung zu ihm aufzubauen. Umgekehrt galt das sicher genauso, da machte Bull sich nichts vor. Für ihn war Kantiran der Friedensfahrer, und für den jungen Mann war er der Verteidigungsminister der LFT.
Nicht Onkel Bully. Oder wenigstens Onkel Reginald.
Wie es für Perrys Sohn Michael gegolten hätte, besser bekannt als Roi Danton, dessen Leiche ausgerechnet Kantiran vor wenigen Tagen zur Erde gebracht hatte.
Bull spürte, dass er unwillkürlich mit den Zähnen knirschte. Nicht Mikes Leiche, rief er sich zum wiederholten Male in Erinnerung zurück. Mahnte er sich. Sondern den Leichnam des Dualen Kapitäns Dantyren, den die Terminale Kolonne TRAITOR auf für uns ungeklärte Weise aus Mikes Körper geklont oder sonstwie hergestellt hat.
Mikelebt, sagte sich Bull. Was ich da gesehen habe, war nicht er oder ein Teil seines Körpers, sondern eine Schimäre aus einer Schreckenskammer der Kolonne, ein furchtbares Zerrbild, das bei normalen Menschen nur Ekel und Abscheu hervorrufen kann.
Am 28. Juni war Kantiran im Solsystem gewesen und hatte den Körper übergeben. Einen Tag später war er wieder aufgebrochen.
Sie hatten sich knapp verpasst; Reginald war erst einen Tag darauf, am 30. Juni 1346 NGZ, wieder zu Hause eingetroffen.
Bull wurde unwillkürlich neidisch, wenn er überlegte, unter welchen Bedingungen Kantirans Flug stattgefunden hatte. Er und seine Freundin, die Cyno Cosmuel Kain, hatten am 21. Juni Cala Impex, den Stützpunktmond der Friedensfahrer im Halo von Hangay, in Richtung Erde verlassen. Mit einem Überlicht-Faktor von 120 Millionen waren sie lediglich eine Woche später via BACKDOOR-Transmitter im Solsystem eingetroffen.
Eine Woche von Hangay zur Milchstraße, dachte Bull. Was würde ich dafür geben, an die Technik der Friedensfahrer heranzukommen! Aber sie werden sie uns nicht zur Verfügung stellen …
»Sie kommen«, riss eine Stimme Reginald Bull aus seinen Gedanken. Sie gehörte einem der Adjutanten, die ihn auf Schritt und Tritt umschwirrten. Es waren fünf pro Schicht, und da sie – im Gegensatz zu ihm, diesen Eindruck hatte er zumindest – gelegentlich auch schlafen mussten, hatte er es an manchen Tagen mit 15 von ihnen zu tun. Dennoch kannte er jeden Einzelnen zumindest namentlich, obwohl er sonst kaum etwas von ihnen wusste.
Dieser Mitarbeiter hieß Jeronimo Voss, war Abkömmling einer uralten Dynastie von Mathematikern, die sich bis ins 20. Jahrhundert alter Zeitrechnung zurückführen ließ, und eigentlich nur rein zufällig in den gehobenen Ministerialdienst geraten.
Bull räusperte sich und rief sich zur Ordnung. »Danke, Jeronimo. Kriegen wir ein Holo hin?«
Wieso war er nur dermaßen angespannt, wenn er es mit Kantiran zu tun hatte?
Weil die Arkonidin Ascari da Vivo die Existenz von Perrys Sohn verheimlicht hatte und den Jungen in ihrem Sinn erziehen ließ – gedacht als Waffe gegen Perry und die Menschheit? Nein … denn diese Waffe war ihr förmlich in den Händen explodiert … als Kantiran seine Herkunft erfuhr.
Seitdem war er ruhelos gewesen, unstet, ein Getriebener, erst Sternenbastard, dann Sternenvagabund und jetzt … immer noch ein Fremder, dem man nicht trauen konnte. Nicht völlig. Nicht so wie …
»Schon da, Reginald.«
Bull schüttelte sich unwillkürlich. Die Stimme des Adjutanten kam ihm vor wie ein Störenfried, der sein sorgsam errichtetes Gedankengebäude einzureißen drohte. Eine lächerliche Auffassung, das war ihm selbst klar. Als Verteidigungsminister der LFT hatte er genug zu tun, ohne sich über Kantiran Rhodan den Kopf zerbrechen zu müssen. Doch wenn er an den jungen Halbterraner dachte, sah er Dantyrens Leichnam vor sich – und war in Gedanken wieder bei Mike.
Er lebt. Und das ist nicht nur eine Hoffnung, sondern eine Tatsache.
Er schaute zu dem Holo, das Jeronimo generiert hatte. Es zeigte einen rot leuchtenden Ring mit einem Durchmesser von einigen hundert Kilometern, in dessen Innerem violettes Fluten und Wallen herrschte.
MOTRANS-1. Die im Luna-Orbit stationierte Mobile Transmitter-Plattform, die – genau wie MOTRANS-OC1 bis MOTRANS-OC3 des KombiTrans-Geschwaders – mit einer 1000 Meter durchmessenden Projektorkugel für die Erstellungen eines Situationstransmitters ausgestattet war. Kombiniert mit einer im TERRANOVA-Schirm geschalteten kleinen Strukturlücke war so bei genauer Abstimmung von Koordinaten und Zeitpunkt ein nahezu beliebiger Aus- und Einflug hinter den Rücken der rings um das Solsystem versammelten Chaos-Geschwader möglich. Das Tele-Transportfeld auf Halbraumbasis entstand in einer Distanz von bis zu 1000 Kilometern, und die Reichweite des Halbraumtunnels betrug bis zu 2500 Lichtjahre.
Sechs Objekte flogen aus dem violetten Wabern, das Bull an das des Linearraums erinnerte. Eines davon erkannte er in der Vergrößerung sofort als OREON-Kapsel, Kantirans THEREME. Die anderen fünf waren jeweils ebenfalls tropfenförmig und hatten eine größte Länge von 240 und einen maximalen Durchmesser von 110 Metern.
Die OREON-Transporter, von denen Kantiran gesprochen hat, wurde Reginald klar. Er hält Wort.
Aber was hatte er anderes erwartet? Kantiran war zwar nicht Mike, doch immer noch Perrys Sohn.
»Ein freundlicher Spruch zur Begrüßung«, wies er Jeronimo Voss an. »Die übliche Routine. Holt sie per Richtfunkstrahl herein, und zwar so schnell wie möglich. Ich kann es kaum erwarten, mit … dem Friedensfahrer zu sprechen.«
Im nächsten Moment bereute er seine Wortwahl. Wieso brachte er Kantiran Rhodan eine dermaßen große unterschwellige Feindseligkeit entgegen?
Er beschloss, sich später den Kopf darüber zu zerbrechen. Wichtig war jetzt erst einmal, was der Friedensfahrer zu sagen hatte.
*
»Kantiran«, sagte Reginald und ließ den Blick einen Moment auf Rhodans Sohn verweilen. Er hatte wasserblaue Augen, war dunkelhaarig, schlank und groß, vielleicht einen Meter und neunzig, und sehnig.
Jemand schien ein unsichtbares Messer in Reginalds Herz zu stoßen und genüsslich herumzudrehen.
Das ist nicht fair, wurde Bull klar. Wie sehr hätte ich mich gefreut, Mike jetzt hier vor mir zu sehen … stattdessen ist es bloß Kantiran, der Sternen…vagabund.
Verdammt, weshalb machte er sich etwas vor? Natürlich war Kantiran nicht mehr der, der er einmal gewesen war, doch für ihn, für Mikes Patenonkel, würde er wohl noch für lange Zeit der Bastard bleiben.
Perrys Bastard.
Er wusste, seine Einstellung war ungerecht, aber er konnte nicht verhindern, dass sich dieser Gedanke einschlich.
Warum konnte er jetzt nicht Mikes Hand schütteln?
Es wird nicht mehr lange dauern, sagte er sich.
Er konnte sich tausendmal einreden, wie falsch dieses Denken war, doch er konnte einfach nicht aus seiner Haut. Mike war ihm ans Herz gewachsen, Kantiran war ihm gleichgültig. Mike gehörte zur Familie, die er, Reginald, nie gehabt hatte, Kantiran war ein Verbündeter.
Er musste sich zwingen, den Blick von Perrys jüngstem Sohn abzuwenden und dessen Begleiterin anzusehen.
Cosmuel Kain.
Sie war jung, so herrlich jung, jung wie Kantiran. Die beiden passten perfekt zusammen. Cosmuel war knapp über 40 Jahre alt und sah verdammt gut aus. Vielleicht einen Meter achtzig groß und schlank. Ihre Augen waren hellgrün und von leuchtendem Glanz, und ein weißblonder, schulterlang geschnittener Schopf umrahmte ein klassisch schönes Gesicht mit spitzer Nase und schmalem Kinn. Ihr Pony fiel bis zu den Brauen, an der linken Seite waren die Haare über dem Ohr zu einem seitlich abstehenden Zopf gebunden. Über der Lippe links saß ein kleines, herzförmiges Muttermal.
Die Cyno.
Bull räusperte sich. Mein Gott, was haben wir in unserer Geschichte schon mit den Cynos zu tun gehabt.
Richtige Cynos konnten durch Paramodulation jede beliebige Gestalt annehmen. Dabei handelte es sich um eine pseudomaterielle Projektion. Ihre Ursprungsgestalt schien ihnen selbst nicht genau bekannt zu sein. Sie vermieden den Gedanken daran, da ihre Urgestalt für sie unwirklich war. Und alle Cynos waren parapsychisch begabt.
Ein Cyno konnte sich in seiner jeweiligen Gestalt auch mit einem Nichtcyno als Partner fortpflanzen. Dabei entstanden Halbcynos, die ebenfalls imstande waren, ihr Cyno-Erbe weiterzugeben. Und solch eine Halbcyno war Cosmuel …
Die Cynos hatten in der Milchstraße vor einer Million Jahren ihr Heimliches Imperium aufgebaut und auf die Rückkehr des Schwarms gewartet, dessen Beherrscher sie einst gewesen waren. Sie hatten bei dessen Ankunft eine wichtige Rolle gespielt, doch dann war es jahrtausendelang um sie still geworden. Erst in letzter Zeit waren die Terraner immer wieder auf ihre Spuren oder die ihrer Abkömmlinge gestoßen.
Reginald glaubte nicht, dass es sich dabei nur um einen Zufall handelte.
»Du hast deine Ankunft für diesen Tag avisiert, Garant«, sagte er zu Kantiran, um ein Gespräch in Gang zu bringen. »Ich hoffe, die Friedensfahrer kommen auch ohne dich aus.«
Kantiran bedachte ihn mit einem Blick, der seinem eigenen vielleicht nicht ganz unähnlich war. Mit dem eines Wissenschaftlers, der eine gesunde sechsbeinige Spinne betrachtete.
Reiß dich zusammen, dachte Reginald. Es fehlt nicht mehr viel, und wir betrachten uns mit dem Blick, den Fran zeigt, wenn sie solch eine Spinne im Keller unseres Bungalows am Goshun-See entdeckt. Du bist zu dick, du polterst gern, du fährst oft aus der Haut, aber du bist kein Idiot. Ein Trottel hätte es selbst als Perrys bester Freund niemals bis zum Verteidigungsminister der LFT gebracht.
»Patron Chyndor leitet von Rosella Rosado aus die Gesamtorganisation«, erwiderte Kantiran. »Allerdings glaube ich nicht, dass dich das besonders interessiert.«
Jetzt reicht’s. Kantiran ist nicht Mike. Selbst wenn ich es kaum erwarten kann, Mike wiederzusehen … Kantiran kann nichts für seine Herkunft. Und vielleicht ist Kantiran als Friedensfahrer das Beste, was uns passieren konnte.
»Du bist sehr schnell wieder aufgebrochen, nachdem du die Leiche des geklonten Duals abgeliefert hast.«
Kantiran nickte. Er wirkte nicht im Geringsten betroffen.
Warum auch? Er hatte kein besonderes emotionales Verhältnis zu seinem Halbbruder Mike – oder Roi Danton. Natürlich nicht. Er kannte ihn praktisch gar nicht. Daher war Reginald ziemlich überrascht, als der junge Rhodan fragte: »Gibt es Neuigkeiten? Über Roi? Und Dantyren?«
Reginald schüttelte den Kopf. Immerhin ist er an Mikes Schicksal und weiteren Untersuchungsergebnissen des Dual-Leichnams interessiert.
Was für ein Trost …
»Wir sind zum Bahnhof Southside geflogen«, fuhr Kantiran fort.
Schnell. Zu schnell und zu sachlich. Roi Danton interessierte ihn offensichtlich doch nicht die Bohne.
»Du hast so etwas verlauten lassen …«
»Um fünf jeweils mit fünf Androiden bemannte OREON-Transporter abzuholen, von denen inzwischen eine ganze Reihe im Bereich der Lokalen Galaxiengruppe zusammengezogen worden sind.«
»Zu welchem Zweck?«
»Eins nach dem anderen«, sagte Kantiran. »Ich habe wichtige Informationen für dich und die LFT.«
»Welche?«
»Unter anderem haben wir über den Bahnhof Qoor Neues über die Haluter erfahren. Nachdem sie vom Jiapho-Duo zum Zhaklaan-Trio gesprungen sind, nahmen sie Kontakt mit jenem Teil des KombiTrans-Geschwaders auf, der in der Satellitengalaxis Qoor einen Brückenkopf-Stützpunkt errichtet hat. Unter anderem bestehen Kontakte zu den Dinath im Fantamagula-System. Und erste Kontingente der Haluter sind bereits unterwegs nach Andromeda und Pinwheel, mit einem Teil der Strukturbrenner-Torpedos im Gepäck.«
Bull nickte. »Sehr gute Nachrichten.«
Seine Adjutanten würden Kantiran bis ins letzte Detail ausfragen. Jede Information war für das Gesamtbild wichtig, auch wenn Reginald in erster Linie das Sonnensystem und die heimatliche Milchstraße gegen die Traitanks zu verteidigen hatte.
»Roi lebt«, wechselte er abrupt das Thema, wie getrieben von einem kleinen Teufelchen, das ihm permanent etwas einzuflüstern versuchte.
»Die Suche nach ihm bleibt dir überlassen«, erwiderte Kantiran achselzuckend – und fast beiläufig. »Wir müssen uns anderen Dingen widmen.«
Bull runzelte die Stirn. »Weiterhin für den Frieden einzutreten, ohne gegen den Aggressor vorzugehen«, sagte er schärfer, als er es beabsichtigt hatte.
Kantiran lächelte schwach und ließ den nicht nur unterschwelligen Vorwurf an sich abprallen. »Du irrst dich, Verteidigungsminister«, erwiderte er. »Meine Aufgabe – und die der Friedensfahrer – ist es von nun an vielmehr, im Bereich der gesamten Lokalen Gruppe die Möglichkeiten unserer OREON-Transporter und -Kapseln zu nutzen.«
Reginald runzelte die Stirn. »Also das Sammeln von Informationen in großem Maßstab.«
Die Friedensfahrer hatten sich dem Motto verschrieben: Nur beobachten, auf keinen Fall eingreifen. Auch wenn Bull verstand, warum sie so vorgingen – um nicht zwischen den gnadenlosen Mühlsteinen von Ordnung und Chaos zerrieben zu werden – und die Organisation die restriktive Handhabung dieses Leitspruchs ein wenig gelockert hatte, trieb ihn der Gedanke, welche Möglichkeiten den Verteidigern der Milchstraße damit verloren gingen, fast in den Wahnsinn.
»Nein«, widersprach der junge Halbarkonide. »Nicht ganz.«
»Soll das heißen … die Friedensfahrer wollen aktiv werden? Konkret eingreifen?«
»Wie man es nimmt.«
Bull zögerte einen Moment. »Warum auf einmal?«
Kantiran zuckte erneut mit den Achseln.
»Habt ihr etwa umgedacht?«, fragte der Verteidigungsminister. Und endlich begriffen, dass das gesamte Konzept der Friedensfahrer eigentlich hirnrissig ist?, fügte er in Gedanken hinzu.
»Wir Friedensfahrer«, sagte Kantiran bedächtig, »wollen die Ressourcen-Galaxien rings um Hangay mit den Strukturbrenner-Torpedos beliefern.«
»Das ist gut. So könnt ihr jeweils vor Ort der Terminalen Kolonne Sand ins Getriebe streuen und in allen Ressourcen-Galaxien die Tätigkeit der Kolonnen-MASCHINEN lahmlegen, um Kabinett-Bildungen zu unterbinden, soweit das möglich ist.«
»Denn was nutzt es«, setzte Kantiran Bullys Gedanken fort und sah ihn dabei geradeheraus an, »wenn in der Milchstraße für den Augenblick keine Kabinette mehr gebildet werden, dafür aber in den Galaxien ringsum der Feldzug TRAITORS nach Plan fortgeführt wird?«
Luna
2. Juli 1346 NGZ
»Kannst du diese Entscheidung allein treffen, Kantiran?«, fragte Bull. »Müsstest du nicht erst nach Rosella Rosado fliegen und dich mit deinen Kollegen beraten? Selbst wenn man dich zum Garanten gewählt hat …«
Der junge Halbarkonide zögerte einen Moment. Cosmuel, die auf dem Sessel neben ihm Platz genommen hatte, griff mit ihrer linken nach seiner rechten Hand, sagte jedoch nichts.
Wie zwei Turteltauben, dachte Bull. Oder wie zwei verwirrte junge Leute, die sich gegenseitig Mut machen müssen.
Kantiran blickte ihn fast trotzig an. »Ein Flug zur Galaxis Altasinth würde zu lange dauern, befürchte ich. Wir dürfen den Zeitfaktor nicht vergessen. Hier in der Milchstraße sind wir fast vor Ort, Altasinth befindet sich etwa vierzig Millionen Lichtjahre entfernt.«
Bull nickte. Die Basis der Friedensfahrer lag nach seinen Informationen in einer Galaxis im Virgo-Haufen. In den terranischen Sternenkatalogen war sie als VCC 1507 bekannt, eine Balkenspiralgalaxis mit etwa 100 Milliarden Sonnen. Obwohl sie genau in der universalen Schneise lag, würde ein Flug selbst mit der überlegenen Technik der Friedensfahrer wohl mehrere Wochen dauern. Rosella Rosado selbst befand sich im galaktischen Zentrumsbereich von Altasinth.
»Ja, das wäre wohl ziemlich kontraproduktiv«, stimmte er dem jungen Rhodan zu.
Cosmuels Reaktion hatte ihm einiges verraten. Kantiran war tatsächlich über seinen Schatten gesprungen und hatte die Hilfsaktion für die Galaxien der Lokalen Gruppe eigenmächtig beschlossen.