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Durch die Schattenschleuse - Reginald Bull geht auf Erkundung Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Wenn TRAITOR all seine Mittel einsetzt, kann dies das Ende für das gesamte Solsystem bedeuten. Aus diesem Grund unterbreitet die Superintelligenz ES der Menschheit ein Angebot: Alle Menschen, die dies wünschen, können in ein weit entferntes, sicheres Refugium flüchten und somit gerettet werden. Gemeint ist das sogenannte Stardust-System, das für die Terraner geradezu paradiesische Lebensbedingungen bietet. Der Weg dorthin führt über die Teletrans-Weiche in DIE IMMATERIELLE STADT...
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Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 2437
Die immaterielle Stadt
Durch die Schattenschleuse – Reginald Bull geht auf Erkundung
Uwe Anton
Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.
Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.
Wenn TRAITOR all seine Mittel einsetzt, kann dies das Ende für das gesamte Solsystem bedeuten. Aus diesem Grund unterbreitet die Superintelligenz ES der Menschheit ein Angebot: Alle Menschen, die dies wünschen, können in ein weit entferntes, sicheres Refugium flüchten und somit gerettet werden.
Gemeint ist das sogenannte Stardust-System, das für die Terraner geradezu paradiesische Lebensbedingungen bietet. Der Weg dorthin führt über die Teletrans-Weiche in DIE IMMATERIELLE STADT …
Homer G. Adams – Der älteste der Aktivatorträger steht vor einer ungeahnten Herausforderung.
Lotho Keraete – Der Bote der Superintelligenz ES überbringt verwirrende Botschaften.
Reginald Bull – Der Verteidigungsminister der Erde geht höchstpersönlich auf eine gefährliche Expedition.
Dr. Baldwin Carapol – Der Wissenschaftler bewegt sich in einer irreal wirkenden Stadt.
Marc London –
Solsystem
18. August 1346 NGZ
8.30 Uhr Terrania-Standardzeit
Der SKARABÄUS trieb wie ein toter Käfer im Leerraum. Homer G. Adams konnte nur hoffen, dass seine Besatzung nicht ebenfalls tot war.
Der Residenz-Minister für Wirtschaft, Finanzen und Strukturwandel blickte auf das Hologramm in der Zentrale von PRAETORIA. Es zeigte, wie ein Traktorstrahl das Kleinraumschiff erfasste und wie es langsam in Richtung eines Hangars gezogen wurde.
»Kein Grund zur Besorgnis«, sagte nun Oberstleutnant Forrest Pasteur, der Stellvertretende Kommandant. »Lotho Keraete hat vorausgesagt, dass beim Durchgang durch die Teletrans-Weiche Strangeness-Phänomene auftreten. Wir müssen damit rechnen, dass die Besatzung nicht handlungsfähig ist.«
Adams nickte geistesabwesend. Ja, das hatte der Bote von ES behauptet. Aber erzählen konnte man viel.
Er brannte darauf, endlich zu erfahren, ob sich Reginald Bull an Bord des kleinen Schiffs aufhielt. Ihm behagte es nicht, dass er plötzlich den Oberbefehl über das Solsystem hatte; als ob er nicht genug mit den wirtschaftlichen Problemen zu tun hätte. Reginald wurde gebraucht und nicht in irgendwelchen Fernen Stätten, die die Superintelligenz eigenmächtig als neue Heimat der Menschheit vorgesehen hatte.
»Es ist der SKARABÄUS SK-PRAE-013«, sagte Pasteur. »Eine der Einheiten, die als leere Hülle angedockt waren.«
Adams warf einen Blick auf die anderen Holos. Keinerlei Aktivität vor der Teletrans-Weiche, die ins Stardust-System führte.
»Energieabschirmung um den Hangar!«, befahl er.
»Steht selbstverständlich schon, Homer.«
Adams ignorierte den süffisanten Unterton. An Bord von PRAETORIA war er von erstklassigen Fachleuten umgeben, die genau wussten, was sie taten. Er war zu lange aus der Übung, was solche Planungen betraf, und hatte sich in den letzten Jahrhunderten zu sehr mit Finanzen beschäftigt.
Lapidare Anweisungen dieser Art konnte er sich also sparen.
Auf einem anderen Holo beobachtete er, wie einige Männer in schweren Schutzanzügen – wahrscheinlich LFT-Agenten – in den Hangar eindrangen. Ihre Individualschirme waren hochgeschaltet, sie trugen die Waffen schussbereit in den Händen.
Und noch immer keine erkennbare Aktivität im SKARABÄUS.
Die Helmkameras der Einsatzkräfte übertrugen zwölf Bilder, die sich prinzipiell deckten. Die Agenten rückten vor, in den Holos wurde der SKARABÄUS größer. Ein Agent öffnete das Schott mit einem Handrad.
Das Innere des SKARABÄUS. Robust anmutende Technik in der Zentrale. Der Träger der Kamera drehte sich um die eigene Achse. Acht Personen, die in breiten Sesseln zu schlafen schienen. Weitere TLD-Agenten, die in ihren Raumanzügen zu ihnen vordrangen.
In der Zentrale von PRAETORIA erklang eine Stimme, verstärkt von einem Akustikfeld. »An Bord befindet sich die Standardbesatzung … acht Terraner … alle sind wohlauf. Sie stehen unter einem Strangeness-Schock.«
Adams atmete auf. Der Besatzung des SKARABÄUS SK-PRAE-013 war also nichts zugestoßen. In einigen Stunden würden die Männer und Frauen ansprechbar sein.
Die Erleichterung wich einem leichten Zorn, als der Agent die Namen der Besatzungsmitglieder bekannt gab. Natürlich war Reginald Bull nicht an Bord.
Adams hatte auch nur halbherzig damit gerechnet. Dazu kannte er seinen alten Wegbegleiter zu gut. Bully hatte Blut geleckt. Falls es in diesem Stardust-System tatsächlich etwas zu entdecken gab, wollte er es entdecken, und vielleicht hoffte er sogar darauf, ES in die Suppe spucken zu können.
In dem Holo beobachtete er die Einsatzkräfte dabei, wie sie die Instrumente und Konsolen untersuchten.
»Fast alle Hyperkristalle im SKARABÄUS sind durchgebrannt, deflagriert oder – in einigen wenigen Fällen – explodiert«, sagte der LFT-Agent, der das Kommando hatte.
Adams runzelte die Stirn. In dieser Hinsicht schien Lotho Keraete, der Bote der Superintelligenz ES, die Wahrheit gesagt zu haben. Immerhin war damit nun endgültig erwiesen, dass die Teletrans-Weiche funktionierte.
Der Residenz-Minister wandte sich an Pasteur. »Ich nehme an, deine Leute haben Anweisung, sämtliche Datenträger auszubauen und zur Untersuchung und Auswertung nach PRAETORIA zu bringen?«
»Natürlich!«
»Gut. Stell auf der Grundlage der technischen Informationen, die die SK-PRAE-013 bringt, weitere zehn SKARABÄEN als Verstärkung bereit. Sofern möglich, lässt du sie mit Hawk-I-Konvertern ausstatten, bei denen die Hyperkristalle ausgebaut wurden. Dann stehen uns nach dem Wiedereinbau überlichttaugliche Schiffe im Stardust-System zur Verfügung.«
»Problematisch ist vielleicht, dass die Hawk-Linearkonverter an sich als Austauschaggregate konzipiert sind und deshalb kein schneller Hyperkristall-Austausch möglich ist.« Der Stellvertretende Kommandant PRAETORIAS schaute kritisch. »Zumindest sind für den späteren Einbau Kristalle in spezieller Bearbeitung und Form nötig.«
»Unseren Wissenschaftlern wird schon etwas einfallen«, sagte Adams grantig. »Vielleicht war es keine so gute Idee, mit Reginald und Dr. Carapol die politische und wissenschaftliche Führung des Solsystems auf die Reise zu schicken. Aber diese Entscheidung habe ja nicht ich getroffen.«
Forrest Pasteur bedachte ihn mit einem fragenden Blick. Adams ging nicht darauf ein.
»Und ich vermute, dass sich im Schiff ein leicht auffindbarer Datenträger befindet, der alle wichtigen Informationen enthält«, sagte er. »Informier mich bitte, sobald ihr ihn ausgewertet habt. Bis dahin … Auf mich wartet jede Menge Arbeit. Ich bin in meinem Quartier.« Er drehte sich um und ging zum Zentraleschott.
Er musste in der Tat über ein gewaltiges Problem nachdenken. Vor zwei Tagen hatte er Reginald gefragt, was die Umsiedlung der Menschheit ins Stardust-System kosten sollte. Bully hatte nicht verstanden, dass es sich dabei eher um eine rhetorische Frage handelte.
Sie würde genau genommen gar nichts kosten, da im Stardust-System die heimatliche Währung ihre Gültigkeit verlieren würde. Alles musste aus eigener Kraft geschaffen werden; es gab kein »Kaufen« mehr. Und die Siedler waren auf Almosen der Superintelligenz angewiesen, etwa in Form von Hyperkristallen, die laut Lotho Keraete im Stardust-System reichlich vorhanden sein sollten.
Diese Aussicht passte ganz und gar nicht in Homers Weltbild. Zumindest gefiel sie ihm nicht besonders.
12.10 Uhr
Gralgase Soling machte einen souveränen, aber auch jovialen Eindruck. Zumindest verstand er zu reden und zeigte nicht die geringste Scheu vor einem Menschen, der rund 3000 Jahre älter war als er.
»Nein«, sagte er und fuhr sich durch seine implantierte silberweiße Gesichtsbehaarung, die einem aktuellen regionalen Modeschrei entsprach, »nach allem, was wir wissen, besteht im Stardust-System keinerlei Gefahr für Leib und Leben. Zumindest haben wir kein einziges Anzeichen dafür gefunden. Ganz im Gegenteil, alles …«
»Soso«, unterbrach Adams den Strangeness-Scout und Kommandanten des SKARABÄUS SK-PRAE-013. Damit hatte er nicht gerechnet. Wenn ES der Menschheit schon eine neue Heimat bot, würde er sie eher den Gefilden des Paradieses als denen der Hölle nachempfinden. »Und Reginald Bull hat sich entschieden, die Erst-Erforschung des Systems persönlich zu leiten?«
»Ja. Schließlich war er ja mal Befehlshaber der EXPLORER-Flotte und …«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Adams. Er hätte Bull bedeutend lieber als Rückkehrer an Bord der SK-PRAE-013 gesehen statt der acht Boten. »Das sieht ihm selbstredend ähnlich.«
Wäre es nach Adams gegangen, hätte Bull lediglich ein kompetentes Suchkommando ins Stardust-System geschickt, statt mit eigener Beteiligung zu fliegen, mitsamt dem Mutanten Marc London, dem Wissenschaftler Baldwin Carapol und seiner Frau Fran Imith.
»Wir sind natürlich viel zu früh durch die Weiche zurückgekehrt, um dir wirklich relevante Informationen geben zu können, doch …«
Adams nickte, hörte aber nur noch mit halbem Ohr hin. Von Soling würde er nichts erfahren, was er nicht aufgrund der Auswertung des Datenträgers des SKARABÄUS bereits wusste.
Seine Gedanken schweiften kurz ab.
Das Angebot von Lotho Keraete, das Bull erst ins Stardust-System geführt hatte, klang auf den ersten Blick verlockend. Die Superintelligenz ES hatte beschlossen, die Menschheit – oder zumindest einen Teil von ihr – zu sich zu holen, in die Fernen Stätten.
Deshalb hatte ES bis zum 13. November 1346 NGZ die Teletrans-Weiche ins Stardust-System geöffnet – damit sich die Menschheit über die Weiche in Sicherheit bringen konnte. Wobei dieser Begriff wohl nicht nur allein die Bewohner des Solsystems umfasste, sondern auch die übrigen Siedlungswelten der LFT. Adams fragte sich allerdings, wie das funktionieren sollte.
»Wie gesagt, keinerlei Ureinwohner, paradiesische Welten …«
Nach Ablauf der Frist würde die Teletrans-Weiche erlöschen und nie wieder geöffnet werden, da die entsprechende Technologie ES nur einmal zur Verfügung stand. Adams mochte solche nur kurzfristig und lediglich einmal verfügbaren Technologien nicht. Zum einen kamen sie ihm unglaubwürdig vor, zum anderen rochen sie verdächtig nach Erpressung.
Und das Angebot selbst kam in seinen Augen einem schlechten Scherz gleich.
Glaubte Keraete ernsthaft, die Terraner würden ihre Heimat, um die sie gegen die Terminale Kolonne TRAITOR so hart gekämpft hatten, so einfach preisgeben? Den Schwanz einziehen, alles zurücklassen und das Solsystem samt Nukleus und allem, was damit für den Kampf gegen die Negasphäre Hangay zusammenhing, an die Kolonne verschenken?
Was für ein absurder Gedanke!
Und der Nukleus selbst … Er musste so bald wie möglich jemanden hinschicken, der ihn mit Fawn Suzukes Hilfe nach dessen Meinung über den Exodus befragte. Aber er bezweifelte, dass sich das Geisteswesen in irgendeiner Hinsicht äußern würde.
Ganz allmählich wurde Adams ein weiterer Aspekt der Teletrans-Weiche klar. Obwohl über die Vorgänge standardmäßig Geheimhaltung verhängt worden war – die Kunde von dem Sternentor, das in ein unbekanntes, zum Exodus bestimmtes Paradies führte, würde bald an die Öffentlichkeit gelangen. Von Anfang an hatte Lotho Keraete jegliche Verschwiegenheit sabotiert. Er hatte schon bei seiner Ankunft, in einem Hangar von PRAETORIA, die Katze aus dem Sack gelassen, öffentlich verkündet, wieso er ins Solsystem gekommen war, ohne jede Rücksicht auf irgendein Protokoll. Zu viele Leute wussten Bescheid, und irgendwer redete immer.
»Natürlich haben wir noch keine Hyperkristalle gefunden, aber der Verteidigungsminister hat ja noch nicht suchen können …«
Sobald Reginald aus dem Stardust-System zurückgekehrt war, mussten sie vor die Presse treten und die Sache publik machen. Adams wagte sich kaum auszumalen, was dann los sein würde. Eins ließ sich im Vorfeld schon absehen: Keraete würde gewiss nicht die gesamte Menschheit zur Auswanderung bewegen. Aber einige Ausreisewillige würden sich finden, und denen würde die Regierung notgedrungen eine Reisemöglichkeit verschaffen müssen.
Und wenn es ganz schlimm kam, mussten sie angesichts des Trommelfeuers auf den Kristallschirm, das die Terminale Kolonne immer wieder aufleben ließ, durchaus mit einigen Hunderttausenden oder gar Millionen Terranern rechnen, die diesen bequemen Ausweg wählen würden. Die ständigen Attacken betrafen ja nicht nur pure Waffenwirkung, es kamen immer wieder andere Prinzipien zum Einsatz.
»Ich glaube also, dass der Vorschlag der Superintelligenz eine interessante Alternative darstellt …«
Adams überlegte, ob von der LFT-Flotte organisierte Sammeltransporte eine Möglichkeit waren, wie immer das technisch zu handhaben wäre. Die rechtliche Seite regelte das Auswanderungsgesetz der LFT, das für die Gründung von Kolonien finanzielle, technische und militärische Hilfe vorsah.
»Dieses System ist wirklich …«
»Ich danke dir, Gralgase.« Adams stand auf, ein eindeutiger Fingerzeig darauf, dass das Gespräch beendet war. Einer seiner Adjutanten bugsierte den überraschten Strangeness-Scout hinaus.
Adams seufzte und ließ sich wieder in den Sessel sinken. Das Kabinett wollte er vorerst außen vor lassen; jetzt waren schnelle Entscheidungen gefragt. Er schaltete eine Holo-Verbindung zu Forrest Pasteur.
»Leite bitte alles in die Wege«, sagte er. »Der technische Planungsstab von PRAETORIA und der LFT-Administration sowie der Flotte wird ab sofort Lösungen zur Auswanderungsproblematik entwickeln. Bitte in Zusammenarbeit mit NATHAN und den Luna-Werften und vorerst auf der Grundlage der Daten, die SK-PRAE-013 ins Solsystem gebracht hat. Umfassende Lösungen.«
»Verstanden«, antwortete der Oberstleutnant.
Fragt sich nur, dachte Homer G. Adams, wie man die Kosten in Grenzen hält, denn es ist keine Investition, die irgendwann Gewinne bringt. Vielmehr wird alles, was durch die Teletrans-Weiche verschwindet, dem Wirtschaftskreislauf Solsystem unwiederbringlich entzogen.
Für den Politiker Adams war das eine Notwendigkeit, für den Humanisten eine klare Sache, für den Ökonomen jedoch war es ein rotes Tuch. Lotho Keraete hatte ihnen einen wahren Bärendienst erwiesen.
Er musste dringend neue Strategien entwickeln. Nur … welche?
»Da meine Anwesenheit in PRAETORIA offensichtlich nicht mehr sinnvoll ist …«
»Wie meinst du das?«, fragte Pasteur.
»Wer weiß schon, wann Reginald Bull sich wieder die Ehre gibt?«, sagte Adams. »Auf ihn zu warten ist sinnlos, und auf mich wartet ein Berg von Arbeit. Ich habe keine Minute zu verschenken. Bereite einen Käfigtransmitter vor, ich werde in die Solare Residenz zurückkehren. Meine Anwesenheit hier ist nicht länger erforderlich.«
»Verstanden«, sagte Forrest Pasteur. »Ich schicke dir jemanden, der dich zum Transmitter führt.«
»Und jemand soll alles, was sich in meinem Quartier befindet, in die Residenz bringen. Sofort!«
»Natürlich, Homer.«
Täuschte Adams sich, oder stand in Pasteurs Blick ein wenig Erleichterung, dass er PRAETORIA endlich verließ?
12.58 Uhr
Als Adams in der Residenz aus dem Transmitterkäfig trat und Bullys Adjutanten Jeronimo Voss vor sich sah, wusste er sofort, dass etwas geschehen war.
»Homer«, sagte der begnadete Mathematiker, »wir haben soeben via USO-Relaisfunkkette eine Nachricht an den Verteidigungsminister erhalten, die …«
Adams zog die Brauen hoch. Red schneller!, hieß das.
»… Roi Danton hat nicht nur die Gefangenschaft der Terminalen Kolonne überlebt, sondern ihm ist darüber hinaus die Flucht gelungen!«
Homer G. Adams hatte das Gefühl, dass er kurz taumelte. »Was?«, sagte er, während er sich um sein Gleichgewicht bemühte.
Voss nickte. »Danton wird derzeit nach Quinto-Center geflogen und soll dann möglichst schnell nach Terra verschifft werden.«
Adams versuchte, sich keine Regung anmerken zu lassen, wusste aber, dass es ihm nicht gelungen war. Perrys Sohn … der lange vermisste Mike … Diese Nachricht war so unglaublich positiv, erfreulich, euphorisierend, dass er um ein Haar Keraete und den Exodus vergessen hätte …
»Mit seinem Eintreffen auf der Erde ist voraussichtlich in der kommenden Woche zu rechnen.«
»Einzelheiten«, forderte Homer, während er sich noch bemühte, sich wieder in die Gewalt zu bekommen. Roi Danton – Mike Rhodan –, den er schon gekannt hatte, als sich der Säugling noch in die Windeln geschissen hatte. Was würde Perry jetzt sagen, wäre er hier?
»Übermittelt wurden nur diese paar Grundinformationen … aber sie sind gesichert.«
Homer empfand eine betäubende Freude. Dass der von Atlan getötete Dual Dantyren nicht identisch mit einer Hälfte von Mike war, dass Perrys Sohn noch lebte, war die erste gute Nachricht gewesen. Und nun das!
»Keine Party«, sagte Homer.
»Wie bitte?«, fragte der Adjutant.
»Es wird gewiss keine Party geben, bevor Roi sicher angekommen ist.«
»Natürlich nicht …«
»Leite alles Nötige in die Wege.«
»Verstanden, Homer.«
Die gefährliche Suchaktion, die Reginald Bull nach dem Bekanntwerden von Dantons Schicksal galaxisweit ausgelöst hatte, konnte damit abgebrochen werden.
Nun galt es, draußen in der Galaxis die Agenten und Flotteneinheiten der LFT vor unnötigen Risiken zu schützen.
Welches Wissen über die Terminale Kolonne wird Roi Danton aus seiner Gefangenschaft mitbringen?, fragte sich Adams, während er sich auf den Weg zu seinem Büro machte. Aber wichtig ist nur eins: Mike lebt und ist auf dem Weg zu uns. Was würde Perry jetzt sagen?
17.19 Uhr
Gut viereinhalb Stunden später erlebte Homer G. Adams die zweite Überraschung des Tages, wenngleich sie keineswegs so bedeutend wie die erste und gewissermaßen vorhersehbar gewesen war.
Lotho Keraete wünschte ihn zu sprechen.
Seit der Ankunft des Boten von ES hatte Adams ihn unter Leitung von Bulls Adjutanten durch den TLD rund um die Uhr beschatten lassen. Er war über jeden Schritt informiert, den der Mann aus Metall in Terrania getan hatte.