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Im Herzen der Liga Freier Terraner - die Welt der Mikrotechniker wird zum Angriffsziel Auf der Erde schreibt man den Herbst 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Menschen haben Teile der Milchstraße besiedelt, Tausende von Welten zählen sich zur Liga Freier Terraner. Man treibt Handel mit anderen Völkern der Milchstraße, es herrscht weitestgehend Frieden zwischen den Sternen. Doch wirklich frei sind die Menschen nicht. Sie stehen - wie alle anderen Bewohner der Galaxis auch - unter der Herrschaft des Atopischen Tribunals. Die sogenannten Atopischen Richter behaupten, nur sie und ihre militärische Macht könnten den Frieden in der Milchstraße sichern. Wollen Perry Rhodan und seine Gefährten gegen diese Macht vorgehen, müssen sie herausfinden, woher die Richter überhaupt kommen. Ihr Ursprung liegt in den Jenzeitigen Landen, in einer Region des Universums, über die bislang niemand etwas weiß. Auf dem Weg dorthin kommt es zu einem Unfall, der Perry Rhodan in die Vergangenheit der Milchstraße verschlägt, mehr als 20 Millionen Jahre vor seiner Geburt. Im Gegenzug dringen die kriegerischen Tiuphoren aus dieser Epoche in die Gegenwart ein. Und so erscheinen nun STERNSPRINGER ÜBER SWOOFON ...
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Veröffentlichungsjahr: 2015
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Nr. 2807
Sternspringer über Swoofon
Im Herzen der Liga Freier Terraner – die Welt der Mikrotechniker wird zum Angriffsziel
Leo Lukas
Auf der Erde schreibt man den Herbst 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Menschen haben Teile der Milchstraße besiedelt, Tausende von Welten zählen sich zur Liga Freier Terraner. Man treibt Handel mit anderen Völkern der Milchstraße, es herrscht weitestgehend Frieden zwischen den Sternen.
Doch wirklich frei sind die Menschen nicht. Sie stehen – wie alle anderen Bewohner der Galaxis auch – unter der Herrschaft des Atopischen Tribunals. Die sogenannten Atopischen Richter behaupten, nur sie und ihre militärische Macht könnten den Frieden in der Milchstraße sichern.
Wollen Perry Rhodan und seine Gefährten gegen diese Macht vorgehen, müssen sie herausfinden, woher die Richter überhaupt kommen. Ihr Ursprung liegt in den Jenzeitigen Landen, in einer Region des Universums, über die bislang niemand etwas weiß.
Auf dem Weg dorthin kommt es zu einem Unfall, der Perry Rhodan in die Vergangenheit der Milchstraße verschlägt, mehr als 20 Millionen Jahre vor seiner Geburt. Im Gegenzug dringen die kriegerischen Tiuphoren aus dieser Epoche in die Gegenwart ein. Und so erscheinen nun STERNSPRINGER ÜBER SWOOFON ...
Accoshai – Der Tomcca-Caradocc dieser Epoche leitet seine erste Kampagne.
Merve Löwengart – Die Urbanrätin stürzt sich in ein verwegenes Abenteuer.
Appac Cengerroy – Der onryonische Kommandant sucht nach Unterstützung.
Injel Harrfog und Barynan Daegem – Die Xenopsychologen suchen nach neuen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.
Swolcadiu Khessner – Der Swoon treibt ein Geheimprojekt voran.
Pino Gunnyveda
Auf der Mauer, da tanzte ein Ei,
Fiel hinunter und brach entzwei.
Nicht Kavallerie, nicht Infanterie
Konnten es heilen. Aus und vorbei!
(Altterranischer Kinderreim)
Prolog
Die Herzkönigin
»So sehr ich diesen gesegneten Zustand und das Leben an mir liebe«, sagte Toccyn Xo, »so sehr vermisse ich meine Brünne.«
»Wie auch nicht.« Accoshai vollführte eine bestätigende und zugleich besänftigende Abfolge schneller Arm- und Beinbewegungen. »Wer einmal inhörig war, wird sich immer nach dem Conmentum des Kriegsornats sehnen. Das liegt ...«
»... in unserer Natur. Ich weiß.«
»Eben. Genauso wie die Fortpflanzung. Um das Unbegrenzte Imperium von Tiu zu bevölkern.«
»Ja. Sicher.«
Ihre Stimme klang nicht sonderlich gefestigt. Ihre Körpersprache irritierte ihn noch mehr.
»Primärgeborene müssen ausgetragen werden«, sagte er.
»Banal.«
»Gewiss, aber ...«
»Lahm. Erschreckend defensiv!«
Das letzte Wort spuckte sie förmlich aus. »Es tut mir weh, wenn du dich so plump auf mein aktuelles Niveau herabzulassen versuchst. Ich bin beeinträchtigt, aber keineswegs dauerhaft behindert!«
Er schaffte es, sich zu beherrschen und weder zurückzuzucken noch sie körperlich zu attackieren. Toccyn war seine Gefährtin.
Sie hatten Seite an Seite gekämpft, in mehreren erfolgreichen Kampagnen. Wertvoll originelle Komponenten hatten sie in das Sextadim-Banner der XOINATIU eingefügt.
Und gemeinsam, nach reiflicher Überlegung, hatten sie sich dazu entschlossen, ein Kind zu zeugen.
Instinktiv wusste Accoshai freilich auch, dass er Toccyn in diesem, von Emotionen verseuchten Moment besser nicht daran erinnerte. Oder daran, dass sie ausgiebig gewarnt worden waren, welche Verwerfungen in einer Beziehung die Brutpflege mit sich bringen konnte.
Tiuphoren kamen als Zwitter zum Weltlicht. Danach wurden sie in einer Körpertasche weiter gehegt und gepflegt.
Von wem, davon erst wurde ihr Geschlecht bestimmt: Väter trugen stets männliche Sekundärgeborene aus. Bei Müttern entfalteten sich, gleichfalls unweigerlich, weibliche Nachkommen.
»Ich weiß genau, was du denkst«, sagte Toccyn Xo. »Wir haben uns für eine Tochter entschieden.«
»Weil wir hofften – und nach wie vor hoffen –, dass sie nach dir gerät.«
Sie hatte sogar direkt gebeten, das Kind austragen zu dürfen. Er hätte auch gegen einen Sohn nichts einzuwenden gehabt. Die damit verbundene Zusatzbelastung hätte er gerne auf sich genommen.
Aber das brachte er lieber nicht zur Sprache. Accoshai spürte schon länger, dass er auf einem trügerischen Grat tanzte.
Er wusste bloß nicht, warum eigentlich.
Wer das Kind bei sich barg, eng am Leib, dessen oder deren Hormonausschüttung veränderte sich. Natürlich. Wie sonst sollte der Austausch stattfinden als über Empathie und Pheromone?
»Dein Zustand dauert nicht ewig«, sagte Accoshai. »Er ist zeitlich begrenzt. Bald ...«
»Ha!«
So heftig spie sie den Laut aus, dass saure Flocken seine Gesichtshaut beregneten. Abermals musste Accoshai seine ganze Willenskraft aufwenden, um die störrische Partnerin nicht zu züchtigen.
»Ich rieche das Kriegsbukett an dir«, stieß sie anklagend aus, ehe er beschwichtigen konnte. »Du gierst nach dem Kampf!«
Innerlich fluchte Accoshai.
*
Er hatte sich, bevor er zu ihr gegangen war, reinigen lassen. Mehrfach, mit allen Mitteln, die seiner Hautflora gerade noch keinen irreparablen Schaden zufügten.
Trotzdem ...
»Wir nähern uns dem Primärziel«, sagte er flach. »Das Sterngewerk heizt sich und uns auf.«
»Euch! Die ihr euch zum nächsten Kampf rüstet. Aber ich ...« Plötzlich versiegte Toccyns Stimme in wässrig blubberndes, depressives Flüstern. »Ich bin nicht dabei.«
»Doch. Im Geiste.«
»Pah!«
Ansatzlos versetzte Accoshai ihr einen Hieb gegen den linken Oberschenkel; einen perfekt gezielten Schlag mit der Handkante, der schwächere Muskeln auf Tage gelähmt hätte.
Sofort erwiderte sie die Einladung. Toccyn startete eine Gegenattacke, die er nur mit Mühe blockierte.
Sie kämpften. Hart.
Fair und perfide. Tänzerisch. Elegant.
Gnadenlos. Nach tiuphorischer Art.
Selbstverständlich schützten sie dabei ihr noch nicht zu Ende geborenes Kind. Die Tochter, für die sie nach wie vor keinen Namen hatten.
»Xravvyd!«, keuchte Accoshai, während er einen Tritt gegen die Schläfe seiner Geliebten anbrachte. »Nach deiner Großmutter!«
»Vor der ich mich von klein auf geekelt habe.« Toccyn deutete einen Schlag auf seinen Unterleib an.
Was er als Finte erkannte, ignorierte und seinerseits einen Gegenangriff aufbaute. Bevor er jedoch in die Grundstellung gehen konnte, hatte sie ihm schon die Füße weggefegt, ihn mit derselben Wucht umgedreht und in einen Würgegriff genommen.
»Blurconoi, nach der legendären Caradocc!«
»Nur über meine Leiche.«
»Pfff.«
»Töte mich.«
»Nichts leichter als das.«
Sie hatte recht. Er lag unter ihr, ohne Bewegungsspielraum, tödlich verwundbar an mehreren ungeschützten Stellen.
»Ich gebe auf!«, quetschte er hervor. »Diese Runde geht an dich.«
»Hast du dich zurückgehalten?« Spielerisch stupste sie mit zwei spitzen Fingern an einen der Nervenknotenpunkte an seinem Hals.
»Willst du mich beleidigen?«
»Nein.«
»Nein«, beantwortete er seinerseits die Frage und gab somit das Kompliment zurück. »Ich tat mein Bestes. Vergeblich. Du bist immer noch erfahrener und tödlicher im Nahkampf als ich.«
»Vergiss das nie!«
»Wie könnte ich?«
»Ich mag dich, Accoshai.« Sie lockerte den Griff, jedoch nur ein wenig. »Zwing mich nicht, dich zu verabscheuen.«
»Niemals.«
»Hoffentlich«, hauchte sie ihm ins Hörorgan. »Sonst ... Kopf ab! Wisse, dass ich dich erbarmungslos töte, sobald du dich nicht mehr wehrhaft zeigst.«
Das war eine gängige Formel unter Tiuphoren.
»Wir werden immer kämpfen«, ergänzte Accoshai trotz seiner Atemnot und bekräftigte den heiligen Eid: »Immer. Deshalb lieben wir einander.«
»Bloß deshalb? Ha!«
Toccyn Xo löste ihre Körperspannung. Aus dem Fesselgriff wurde eine Umarmung ... und mehr.
*
Mehrere Hundert Thihaccs später, zurück in der Zentrale, ließ Accoshai sich von den Wissenschaftlern auf den neuesten Stand bringen.
Ihre bald nach dem Transfer durch den Zeitriss aufgestellten Hypothesen verfestigten sich mehr und mehr. Die XOINATIU, die MIDOXAI und die PRUITENTIU waren in ferner Zukunft herausgekommen; in einer Epoche mit einem deutlich erhöhten hyperphysikalischem Widerstand.
Darauf waren einerseits die Schäden zurückzuführen, welche die drei Sterngewerke und ihre insgesamt 84 Großbeiboote unmittelbar nach der Ankunft in dieser Zeit erlitten hatten. Andererseits lag darin auch der Grund, warum es mit normalen Reparaturen und dem Austausch kaputtgegangener Aggregate nicht getan war.
»Nach wie vor funktioniert unsere Technologie nur sehr eingeschränkt«, fasste Paxa Hunycc zusammen. »Wir müssen großmaßstäblich umrüsten, an allen Ecken und Enden, und erleiden dabei immer wieder Rückschläge.«
Accoshai überflog die Anzeigen der Instrumente. »Deswegen sind wir immer noch in Schleichfahrt unterwegs?«
Der Wissenschaftssprecher bejahte. »Vor allem das beschleunigte Ausbrennen der Hyperkristalle bereitet uns große Probleme.«
Ihr Flug zum erwählten Zielort dauerte bereits unverhältnismäßig lange, obwohl die Distanz unter 6000 Lichtjahre betrug. Aber sie brachten bloß kurze Hypersprünge zustande, und selbst dabei ließ die Sprunggenauigkeit zu wünschen übrig. Mehrfach hatten die Sterngewerke einander verloren und nur mühsam wieder zusammengefunden.
Auch die Ortung war in der Reichweite erheblich begrenzt. Accoshai fühlte sich nachgerade selbst verstümmelt, physisch wie psychisch.
Tiuphorische Aktoren waren hochkomplexe Transitionstriebwerke. Früher, bei der gewohnten Hyperimpedanz, hatten die Sterngewerke wahlweise pentadimensionale oder sextadimensionale Einzelsprünge über bis zu 77.000 Lichtjahre zurückzulegen vermocht.
Davon konnten sie momentan nur träumen.
*
Wenigstens den Kontakt zu ihren Sextadim-Bannern hatten sie mittlerweile stabilisiert, berichtete Paxa Hunycc. »Obgleich der Verschleiß an Tiucui-Schwingquarzen weiterhin um einiges schneller vonstattengeht.«
»Ihr müsst möglichst rasch eine Methode für deren Wiederaufbereitung entwickeln. Es ist keineswegs gesagt, dass es in diesem Äon überhaupt noch Tiucui-Fundstätten gibt.«
»Das ist uns wohl bewusst.« Der Leitende Techniker nahm eine lauernde Kampfhaltung ein. »Glaube mir, Tomcca-Caradocc: Wir alle haben ebenso unter der Trennung gelitten wie du.«
Mit Schaudern erinnerte Accoshai sich an die Phase nach dem Austritt aus dem Zeitriss. Sie hatten das ehedem allgegenwärtige Banner ihres Sterngewerks nicht mehr gespürt und befürchtet, es verloren zu haben.
Alles war leer gewesen. Das ewige Hintergrundrauschen der gefangenen Bewusstseine, die Qual des in der Banner-Matrix konservierten Restlebens hatte auf einmal gefehlt.
Für Accoshai war das schlimmer gewesen, als hätte man ihm das Herz herausgerissen. Ohne die Verbindung zu den gebannten Geistern der Besiegten, zum vergangenen Ruhm, wäre beinahe der Rhythmus seines eigenen Lebens verstummt.
Ohne ihre Sextadim-Banner entbehrten Tiuphoren jeglichen Existenzzweck. Accoshai hätte seine noch nicht sekundärgeborene Tochter in der Körpertasche ihrer Mutter getötet, ehe er sie einem derart sinnlosen Leben ausgesetzt hätte.
Aber dazu war es zum Glück nicht gekommen. »Ich weiß, dass ihr und eure Kollegen auf MIDOXAI und PRUITENTIU euer Bestes gebt«, sagte er versöhnlich. »Helfen euch die Daten weiter, die wir uns kürzlich beschafft haben, bei den Bewohnern des Systems der von ihnen ›Boscyks Stern‹ genannten Sonne?«
»Das erbeutete Material war informativ, was die allgemeinen Verhältnisse in der Jetztzeit dieser Galaxis betrifft. Inzwischen haben wir es durch die Auswertung aufgefangener Hyperfunksprüche verifiziert und ergänzt. In wissenschaftlich-technischer Hinsicht ist es jedoch bei Weitem nicht ausreichend.«
»Die maßgeblichen Mächte dieser Epoche wären wenig wert, nicht zuletzt auch als Gegner, würden sie ihre technologischen Grundlagen nicht oder kaum verschlüsselt quer durch die Gegend funken.«
»Keine Sorge.« Paxa Hunycc hechelte zuversichtlich. »Diesbezüglich kann ich dich beruhigen. Die galaktische Situation ist mindestens so verworren wie zu unserer Zeit. An ernst zu nehmenden Feinden besteht kein Mangel, und sie pflegen gleichermaßen strikte Geheimhaltung.«
»Wir steuern also das richtige Ziel an.«
»Mit stotternden Maschinen und stolpernd wie waidwunde Tiere, aber ... ja. Wir brauchen dringend fundierte, aktuell gültige, technische Daten, und dort«, der Wissenschaftler deutete auf eine schematische Holodarstellung, »werden wir sie nach deinem Beschluss auch bekommen.«
»Ich nehme an, ihr habt bereits konkrete Erwartungen, was uns dort«, Accoshai wiederholte die Geste, »erwartet?«
»Allerdings.«
*
Das Zentralgestirn des Systems, eine unspektakuläre, gelbe Sonne, wurde von den Einheimischen Swaft genannt. Sie hatte nur drei Planeten: innen eine Hitzewelt namens Tawanter, außen den ebenfalls lebensfeindlichen Gasriesen Swettor.
Dazwischen lag Swoofon, eine aride Welt mit dünner Atmosphäre. Die Schwerkraft betrug etwas mehr als ein Viertel der Gravitation, welche auf tiuphorischen Sterngewerken herrschte, die mittlere Taglänge bloß 18 Stunden.
»Die meisten Ansiedlungen wie auch Produktions- und Forschungsstätten sind entlang des Äquators aufgefädelt«, sagte Paxa Hunycc. »Und zwar überwiegend subplanetar.«
»Das kommt uns entgegen, oder etwa nicht?«
Die Tiuphoren bevorzugten an Bord ihrer fliegenden Festungen eine labyrinthische, dreidimensional verwinkelte Architektur. Sich in scheinbar unübersichtlich angelegten Stollen und Schächten zu orientieren, waren sie von klein auf gewöhnt.
Der Kaninchenbau
Einige Tage davor
Zum wiederholten Mal fragte sich Merve Löwengart, ob sie verrückt geworden war.
Erstes Indiz: Sie handelte völlig auf eigene Faust. Wenn man es realistisch betrachtete, ohne einen konkreten Anlass. Und ohne jede Rückendeckung. Sie hatte sich mit niemandem darüber ausgesprochen.
Ausgesprochen bescheuert, oder?
Zweites Indiz: Sie opferte ihre Ferien für die fragwürdige Aktion.
Nicht, dass Merve nicht längst urlaubsreif gewesen wäre. Bedenklicher Allgemeinzustand. Chronisch überarbeitet, lautete die Diagnose ihrer privaten Medoeinheit.
Die Verwaltung des Begegnungsurbans war eine knifflige Sache, angesichts der vielen verschiedenen Fraktionen immer schon gewesen. Sie gestaltete sich keineswegs einfacher, seit die onryonischen »Beschützer« hinzugekommen waren.
Drittes Indiz: Was Merve vorhatte, war illegal.
Ihr ganz allein geschmiedeter – um nicht zu sagen: gesponnener – Plan enthielt alles Mögliche an Verbotenem, von der Verletzung ungeschriebener Regeln bis zu klaren Gesetzesübertretungen. Dabei war Merve unbescholten, ja sogar sehr stolz darauf, dass sie geradezu als Muster an Seriosität und Integrität gegenüber sämtlichen Bevölkerungsgruppen galt.
All das setzte sie aufs Spiel.
Einzig, um ihre Neugierde zu befriedigen? Oder aus falsch verstandenem Verantwortungsgefühl?
Ließ sich mit ihrer Besorgnis um das Wohl der planetaren Gemeinde tatsächlich rechtfertigen, dass sie sich über derart viele Vereinbarungen hinwegsetzte, bloß aufgrund eines reichlich schwammigen Verdachts?
Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Aber manchmal musste eine Frau tun, was sie für richtig hielt.
*
Merve verabschiedete sich von ihrer Familie und den engsten Mitarbeitern und versprach, jeder und jedem von ihnen ein Andenken an diese erste große Reise seit fast einem Jahrzehnt mitzubringen.
Dann bestieg sie den Mietgleiter. Vor gespielter Vorfreude strahlend, winkte sie aus der transparenten Kuppel, bis die Stadt unter ihr zurückblieb.
Merve ließ sich in die weichen Polster sinken. Bald fielen ihr die Augen zu.
Müde und ausgebrannt, wie sie war, verschlief sie den Flug fast zur Gänze. Erst, als die Positronik mitteilte, dass der Gleiter zur Landung ansetzte, schreckte sie auf, und sofort hielt die Anspannung sie wieder gepackt.
Das Erholungszentrum New Swift lag ziemlich genau auf dem südlichen Wendekreis der Sonne Swaft und somit am Übergang von unwirtlichen zu wirklich scheußlichen Umweltbedingungen. Wohin Merve schaute, erstreckte sich karge, braunrote Wüste.
Mit einer Ausnahme, auf die der Gleiter zuhielt: eine Oase, eine grüne Insel inmitten des Sandmeers. Dessen Dünen wogten, unaufhörlich von Sturmböen verschoben, aus dieser Flughöhe wie überdimensionierte Wellen.
Den Energieschirm, der die Anlage überspannte, erahnte Merve mehr, als sie ihn sah. Einerseits wegen des gelegentlichen, kaum wahrnehmbaren Flimmerns; andererseits und vor allem, weil die Park- und Seenlandschaft im Inneren wie durch Zauberhand von den Staubstürmen verschont blieb.
Unter anderen Umständen hätte sich bei diesem Anblick tatsächlich Urlaubsstimmung eingestellt. Das im Grundriss grob fünfeckige Areal durchmaß fast drei Kilometer. Seine Fläche betrug also mehr als die aller Begegnungsurbane Swatrans zusammen!
Einmal den ganzen lieben langen Tag an der Oberfläche zubringen können, ohne zwischendurch in irgendwelche Keller abtauchen zu müssen ...
Merve Löwengart verstand, warum die Beherbergungsbetriebe von New Swift auf Monate hinaus ausgebucht waren. Vergleichbares suchte man auf dem ganzen Planeten vergeblich. Auch sie hatte bereits vor mehr als einem Standardjahr ihre Zimmerreservierung in einem der luxuriösen Strandbungalows fixiert.
Um die Herrlichkeit jetzt höchstens ein, zwei Tage zu genießen ...
Zum wiederholten Male fragte sie sich, ob sie endgültig verrückt geworden war.
*
New Swift verdankte seine Existenz dem Umstand, dass sich wertvolle, seltene Bodenschätze an diesem Ort vergleichsweise weniger aufwendig abbauen ließen als anderswo auf dem Planeten.
Allerdings hatten die Ureinwohner zu diesem Zweck über eine gewisse Zeit hinweg die Mithilfe von Terranern, deren Abkömmlingen und anderen humanoiden Verbündeten in Anspruch genommen. Beziehungsweise hatten jene sich aufgedrängt, da sie sich Schürfrechte sichern wollten.
Diesbezüglich differierte die Geschichtsschreibung, je nachdem, welchem Volk die Historiker angehörten ...
Jedenfalls war eine Siedlung – um das Wort »Kolonie« zu vermeiden – entstanden, deren Einwohnerschaft es mehrheitlich nicht vorzog, im Untergrund zu leben. Raumfahrer hin oder her, diese Leute wollten öfter als ein, zwei Mal pro Tag den freien Himmel sehen. Selbst, wenn er häufig von Sandstürmen verdüstert wurde.
Das war lange her. Wer heutzutage nach Swoofon ging, nahm beengte Verhältnisse in Kauf. Und den Umstand, dass ihm oder ihr die Freuden von New Swift nur zu seltenen Feiertagen offenstanden.
Hätte man nicht weitere solche Enklaven in der Einöde des Wüstenplaneten schaffen können? Klar. Wenn ernstlich dringender Bedarf bestanden hätte.
Aber dem war nicht so. Nachdem die Vorkommen größtenteils ausgebeutet worden waren, hatten sich die meisten »freundschaftlich verbundenen« Fachkräfte wieder verzogen.
Prospektoren waren ein unstetes Volk.
Zu neuen Ufern!, lautete ihre Devise. Immer schon, von alters her. Woanders lockten stets andere, ergiebigere Schätze.
Zur Blütezeit des »interkulturellen Austauschs« hatte die zugewanderte Bevölkerung ein Vielfaches der etwa 50.000 Terraner, Arkoniden, Akonen, Tefroder und Angehörigen sonstiger Völker ausgemacht, die – derzeit relativ einträchtig – miteinander in den Begegnungsurbanen rings um die Hauptstadt Swatran lebten. Immerhin ragten einige der Gebäude durch den Erdboden empor, manche sogar mehrere Dutzend Stockwerke hoch.
50.000, auf ganz Swoofon. Eine verschwindend geringe Minderheit, für die es sich nicht lohnte, zusätzliche Freizeiteinrichtungen zu errichten. Zumal die Ur-Einheimischen notorisch zweckorientiert und sparsam waren.
*
Gleich in der Ankunftshalle des Raumhafens kaufte Merve Löwengart Souvenirs. Überteuert, und von schlechter Qualität. Also genau das, was ihre Bezugspersonen daheim von ihr erwarteten.
Kaum im Hotelresort eingecheckt, orderte sie alles, was an Massagen und sonstigen Therapien einigermaßen erschwinglich angeboten wurde. Ein paar Stunden lang konsumierte sie tatsächlich, wofür sie bezahlt hatte.
Gegen Ende der letzten Behandlung – traditionelles Wasser-Reiki
Tausende von E-Books und Hörbücher
Ihre Zahl wächst ständig und Sie haben eine Fixpreisgarantie.
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