Perry Rhodan 2810: Brückenkopf Laudhgast - Uwe Anton - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2810: Brückenkopf Laudhgast E-Book und Hörbuch

Uwe Anton

4,4

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Invasion der Tiuphoren - die Gegenwart fällt der Vergangenheit zum Opfer Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Menschen haben Teile der Milchstraße besiedelt, Tausende von Welten zählen sich zur Liga Freier Terraner. Man treibt Handel mit anderen Völkern der Milchstraße, es herrscht weitestgehend Frieden zwischen den Sternen. Doch wirklich frei sind die Menschen nicht. Sie stehen - wie alle anderen Bewohner der Galaxis - unter der Herrschaft des Atopischen Tribunals. Die sogenannten Atopischen Richter behaupten, nur sie und ihre militärische Macht könnten den Frieden in der Milchstraße sichern. Wollen Perry Rhodan und seine Gefährten gegen diese Macht vorgehen, müssen sie herausfinden, woher die Richter überhaupt kommen. Ihr Ursprung liegt in den Jenzeitigen Landen, in einer Region des Universums, über die bislang niemand etwas weiß. Auf dem Weg dorthin kommt es zu einem Unfall, der Perry Rhodan in die Vergangenheit der Milchstraße verschlägt, mehr als 20 Millionen Jahre vor seiner Geburt. Im Gegenzug dringen die kriegerischen Tiuphoren aus dieser Epoche in die Gegenwart ein und greifen mehrere Welten an. Um dort dauerhaft Erfolg zu haben, brauchen sie eine Basis. Diese wird der BRÜCKENKOPF LAUDHGAST ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Veröffentlichungsjahr: 2015

Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS

Zeit:3 Std. 32 min

Veröffentlichungsjahr: 2015

Sprecher:Andreas Laurenz Maier

Bewertungen
4,4 (11 Bewertungen)
7
1
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 2810

Brückenkopf Laudhgast

Invasion der Tiuphoren – die Gegenwart fällt der Vergangenheit zum Opfer

Uwe Anton

Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Menschen haben Teile der Milchstraße besiedelt, Tausende von Welten zählen sich zur Liga Freier Terraner. Man treibt Handel mit anderen Völkern der Milchstraße, es herrscht weitestgehend Frieden zwischen den Sternen.

Doch wirklich frei sind die Menschen nicht. Sie stehen – wie alle anderen Bewohner der Galaxis – unter der Herrschaft des Atopischen Tribunals. Die sogenannten Atopischen Richter behaupten, nur sie und ihre militärische Macht könnten den Frieden in der Milchstraße sichern.

Wollen Perry Rhodan und seine Gefährten gegen diese Macht vorgehen, müssen sie herausfinden, woher die Richter überhaupt kommen. Ihr Ursprung liegt in den Jenzeitigen Landen, in einer Region des Universums, über die bislang niemand etwas weiß.

Auf dem Weg dorthin kommt es zu einem Unfall, der Perry Rhodan in die Vergangenheit der Milchstraße verschlägt, mehr als 20 Millionen Jahre vor seiner Geburt. Im Gegenzug dringen die kriegerischen Tiuphoren aus dieser Epoche in die Gegenwart ein und greifen mehrere Welten an. Um dort dauerhaft Erfolg zu haben, brauchen sie eine Basis. Diese wird der BRÜCKENKOPF LAUDHGAST ...

Die Hauptpersonen des Romans

Anna Patoman – Die Kommandantin der GALBRAITH DEIGHTON VI sucht nach den Tiuphoren.

Accoshai – Der Tomcca-Caradocc pflegt den Kontakt zu seiner Heimzeit.

Ciphrian Pescrud – Der junge Laudhgast offenbart seine Zweifel.

Oleksis Samoanoa – Der Taman hat viele Geheimnisse.

Skoo Samoanoa – Die Tochter des Tamans liebt einen Journalisten.

Rutan Argroncc

»Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elends und in einem der Protest gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.«

(Lax Karrm, früher Philosoph von Laudhgast,

hingerichtet auf dem Scheiterhaufen, jämmerlich verbrannt,

in Vergessenheit geraten und in Bedeutungslosigkeit versunken)

Prolog

29. April 1518 NGZ

Anna Patoman sah durch die Kuppel der Space Jet die kleine Flottille von Beibooten. Es waren einige Dutzend Schiffe, größere und kleinere. Sie trieben durch das Schwarz des Alls, ein Begrüßungskomitee, das nicht wusste, was es erwartete.

Im Gegensatz zur Kommandantin der Tiuphorenwacht.

Langsam schälte sich ein riesiger Körper aus der Dunkelheit.

Anna hörte, wie Levney Bojekafe neben ihr tief den Atem einsog.

Sie lächelte schwach. Die Pilotin der Space Jet war neu in der Wacht, gerade versetzt worden. Sie hatte sich freiwillig gemeldet, ohne zu wissen, worauf sie sich eingelassen hatte. Aber das wusste eigentlich niemand, weil die Tiuphoren eine weitgehend unbekannte Macht waren.

Demzufolge konnte selbstverständlich kein Neuling ahnen, welche Bedeutung die Wacht hatte. Selbst Anna konnte es kaum glauben, obwohl sie über die Hintergründe informiert war wie kaum ein anderes Wesen in der Galaxis.

Das Objekt wurde größer, je näher es kam; so groß, dass Anna den Atem anhielt. Scheinwerfer flammten auf, entrissen der ewigen Dunkelheit einen winzigen Teil, schwenkten hin und her, kreuzten sich, glitten schließlich über die Hülle des Neuankömmlings.

Anna Patoman las die Schrift, die das künstliche Licht enthüllte. Jeder Buchstabe war etwa hundert Meter hoch. Sie konnte nur einen Teil der Kennung ausmachen, wusste aber, wie sie lautete.

GALBRAITH DEIGHTON VI.

Endlich, dachte Anna Patoman. Endlich ist sie da.

*

Die Hangartore des Neuankömmlings öffneten sich.

Damit sind wir wieder vollständig, dachte Anna. Wieder einsatzbereit.

»Das ist ...« Levney verstummte wieder.

»Ja«, sagte Anna Patoman. »Ich weiß. Ein 1800 Meter durchmessender Kugelraumer der SATURN-Klasse, ein Omni-Trägerschiff für multiplen Einsatz. Überrascht dich das?«

Levney fuhr sich mit einer Hand durch das kurze, strubblige rote Haar. »Natürlich überrascht mich das.« Ihre grüngrauen Augen verengten sich zu Schlitzen. »Aber wenn ich nicht gebrieft werde ...«

»Niemand wurde gebrieft«, unterbrach die Kommandantin der Tiuphorenwacht. »Du musst trotzdem auf alles vorbereitet sein. Und verwechsle solch einen Einsatz nicht mit dem Ernstfall. Nimm Kurs auf den Hangar. Bring uns rein.«

Levney Bojekafe konzentrierte sich auf ihre Konsole. Langsam näherte sich die Space Jet dem riesigen Schiff.

Genau wie sein Vorgänger, dachte Anna Patoman und dachte mit einem kurzen, schmerzhaften Gefühl an die GALBRAITH DEIGHTON V, die von den Tiuphoren übernommen worden war und die sie deswegen hatten zerstören müssen. Hypertron-Sonnenzapfer, Daellian-Meiler, Hawk-III-Konverter. Gesamtbesatzung siebentausendeinhundert Personen. Paratronschirm mit Schatten-Modus, sechzig Leichte Kreuzer als Beiboote. Zwei Paratronwerfer, ein Dissonanz-Geschütz, eine VRITRA-Kanone. Damit sind wir einem Riesenschiff der Tiuphoren nicht mehr hilflos ausgeliefert. Es sei denn, wir erhielten wieder einen solchen Treffer, der uns das eigene Schiff zum Gegner macht ...

»Das ist der Ersatz für die GALBRAITH DEIGHTON V«, stellte die Pilotin nüchtern fest.

Anna Patoman nickte langsam, korrigierte aber: »Ihr Nachfolger. Es ist ein Neubau«.

»Wurde das Schiff eigens für die Tiuphorenwacht hergestellt? In nur vier Wochen Lieferzeit?«, fragte die Pilotin nach.

»Das nicht. Die Wartezeit hat einen bestimmten Grund. Du wirst ihn bald erfahren«.

Fragend sah die Pilotin sie an.

»Du wirst mich in die Zentrale begleiten.«

Levney Bojekafe nickte.

Die Space Jet setzte im Hangar auf. Neben ihr landeten weitere Beiboote des Geschwaders. Die Schotte schlossen sich, Atemluft strömte in den Hangar. Der Druckausgleich wurde hergestellt.

Die Kommandantin der Tiuphorenwacht nickte der Pilotin zu. Levney öffnete die Schleuse der Space Jet, und sie verließen die Zentrale.

Im Hangar erwarteten sie zwei TARAS. Die kegelförmigen Kampfroboter schwebten in einem Meter Höhe in der Luft.

»Anna Patoman bittet um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen«, sagte sie.

»Erlaubnis erteilt«, bestätigte einer der Roboter. »Begleite mich in die Zentrale«.

*

Das Rund des Kommandoraums der GALBRAITH DEIGHTON VI lag in einem trügerischen Halbdunkel und war menschenleer.

Anna sah sich um und fühlte sich sofort heimisch. Die Zentrale war baugleich mit der des Vorgängers.

»Bitte, legitimiere dich«, sagte eine Stimme.

Die Kommandantin der Tiuphorenwacht erkannte sie sofort. Es war die von GAL, dem primären Logik-Programm-Verbund des Omni-Trägerschiffs für multiplen Einsatz. Sie war eine exakte Kopie der Stimme des früheren LPV.

Anna Patoman rasselte ihre Identifikationsnummer herunter und wartete geduldig, bis einer der TARAS einen Ganzkörperscan von ihr vorgenommen hatte.

»Legitimation erfolgt«, sagte GAL. »Willkommen an Bord, Anna Patoman. Bevor ich dir das Kommando übergebe, musst du leider eine kleine Routineüberprüfung erdulden.«

»Ich weiß. Wie soll ich euch ansprechen?«

»Mich kannst du SLEEPER I nennen«, antwortete eine tiefe Stimme mit unverkennbar männlichem Timbre.

»Und mich SLEEPER II«, fügte eine dritte, deutlich höhere Stimme hinzu. »Wenn du möchtest, können wir Holos von uns erzeugen, Avatare, die du später deinen Vorstellungen gemäß gestalten kannst. Manchen Menschen hilft es, wenn sie sich einen bildlichen Eindruck machen.«

»Später vielleicht«, verzichtete Anna Patoman auf das Angebot. »Jetzt bin ich erst einmal froh, dass der Einbau vollzogen ist und wir es hinter uns bringen können.«

»Du musst dich leider ein weiteres Mal legitimieren«, sagte SLEEPER I. »Und deine Pilotin ebenfalls.«

»Selbstverständlich.« Die Kommandantin bemerkte, dass beide TARAS sich in der Luft drehten und ihre Waffen auf sie richteten. Sie rasselte erneut den Kode herunter. »Worauf wartest du, SLEEPER?«

Der Sicherheitsscan war beendet. Ein Paneel der Wandverkleidung öffnete sich. Ein transparenter Strahl aus rot schimmerndem Licht erfasste die Kommandantin, glitt über Kopf und Körper. Ein zweiter Strahl hüllte die Pilotin in einen hellroten Schein.

Das war die eigentlich relevante Sicherheitsüberprüfung. Damit versuchte die LFT etwas Vergleichbares zu verhindern wie das, was der GALBRAITH DEIGHTON V widerfahren war.

Vor über einem Monat hatte Anna ihr bisheriges Schiff aufgeben müssen. Besser gesagt, sie hatte es gesprengt. Die DEIGHTON war von den Tiuphoren angegriffen worden, die unbemerkt Viren gegen das Flaggschiff der Wacht eingesetzt hatten. Sie hatten sie in den LPV eingeschmuggelt, der daraufhin von ihnen übernommen worden war, zuerst unbemerkt, dann immer unübersehbarer. Unter der Regie des LPV hatte sich das Schiff gegen seine Besatzung gewandt.

Die Tiuphoren wollten damit die GALBRAITH DEIGHTON V in ihre Gewalt bringen, und deren Besatzung gleich mit. Bevor die Viren den LPV restlos übernehmen konnten, hatte Anna die Überlebenden der Besatzung in die Zentralkugel geschafft, sie aus dem Schiffsverbund gesprengt und den Rest der GALBRAITH DEIGHTON V vernichtet.

Die Zentralkugel war irgendwo im Leerraum gestrandet und rasch von anderen Einheiten der Tiuphorenwacht geborgen worden.

Die Überprüfung war beendet. »Willkommen an Bord, Anna Patoman«, begrüßte SLEEPER I die Kommandantin erneut.

Anna sah Levney Bojekafe an. »Verstehst du jetzt, wieso wir vier Wochen auf unser Schiff warten mussten?«

Die Pilotin schüttelte den Kopf.

»Das verdanken wir dem Einbau zweier autarker positronischer Redundanzsysteme, die im Notfall einen von feindlichen Viren übernommenen Logik-Programm-Verbund desaktivieren und an seine Stelle treten können.«

»Das hat vier Wochen gedauert? Und wieso gleich zwei?«

»SLEEPER I ist ein weiterer LPV, SLEEPER II eine kompakte Bio-Positronik. Wir wollen nicht das geringste Risiko eingehen.«

»Deshalb die drei Legitimierungen ...«

Anna Patoman zuckte mit den Achseln. »Manchmal gewinnen Sicherheitsvorkehrungen ein Eigenleben.« Sie fuhr sich durch das braune, leicht zerzauste Haar und straffte sich. »SLEEPER I, folge deiner Programmierung und ziehe dich aus der aktiven Programmebene zurück.«

»Verstanden. Ich kontrolliere, ob aus dem primären LPV sämtliche Informationen über SLEEPER I und SLEEPER II gelöscht sind. Ich melde Vollzug. GAL hat keine Informationen mehr über uns. SLEEPER II wurde entsprechend konditioniert.«

Die Kommandantin nickte zufrieden. Die verschiedenen Systeme wussten nun gegenseitig nichts mehr voneinander. Sollte ein weiterer Angriff durch die geheimnisvollen Viren erfolgen und die GALBRAITH DEIGHTON übernommen werden, gab es keine Hinweise mehr auf die jeweiligen Redundanzsysteme.

Die Stimme verstummte. Endgültig oder zumindest auf lange Zeit, hoffte Anna Patoman. Gleichzeitig wurde es in der Zentrale hell. »Hiermit übergebe ich dir das Kommando über die GALBRAITH DEIGHTON VI«, erklang GALS Stimme.

»Danke. Ich trete hiermit das Kommando an.« Anna Patoman lächelte leicht abwesend. »GAL, generiere Holos aus den Hangars. Und ein Servo soll mir einen Pfefferminztee bringen.«

Sie liebte Pfefferminztee, den Geruch, den Geschmack. Die meisten Angehörigen der Zentralecrew waren im Solsystem geboren und assoziierten Pfefferminze mit kindlichen Bagatellerkrankungen und Unwohlsein. Doch Anna stammte von Alburi, wo terranische Minze nur selten wuchs und als kostbarer Luxus galt.

Erste Holos bildeten sich. Sie zeigten, wie die neuen – und zum größten Teil gleichzeitig alten – Besatzungsmitglieder in den Hangars die Space Jets verließen und von TARAS überprüft wurden. Es würde eine Weile dauern, bis alle ihre Positionen eingenommen hatten und die GALBRAITH DEIGHTON VI voll einsatzfähig war.

Geräuschlos öffnete sich ein Personenschott. Anna bemerkte die Bewegung aus dem Augenwinkel und wandte den Blick von den Holos ab.

Pino Gunnyveda und Heydaran Albragain betraten die Zentrale. Die arkonidische Robotregentin war wie immer in Begleitung ihres KATSUGO Dirikdak. Der Roboter verfügte über ein neues Set von Schulterreitern, insgesamt 50 Stück.

Die kleinen, fingerhutförmigen Roboter hatten keine unwesentliche Rolle im Kampf gegen die tiuphorischen Viren gespielt. Sie waren mit Miniatur-Präzisionsdesintegratoren und diversen mikrotechnischen Instrumenten ausgerüstet und konnten sich damit in Maschinen bohren, die positronischen Komponenten sondieren, analysieren und zerstören, aber auch ersetzen und simulieren.

Anna nickte dem Ideenkaufmann und der Robotregentin zu, hatte aber keine Zeit, sich eingehender mit ihnen zu befassen. In der soeben erst aktivierten Zentrale bildete sich ein neues Holo. Es zeigte Madison Zweiban, Staatssekretärin im Verteidigungsministerium der LFT, eine Frau von vielleicht 150 Jahren, die einen vorwurfsvollen Blick aufsetzte, als sie Anna sah.

Dieser Blick wäre gar nicht nötig gewesen. Das Gesicht der Staatssekretärin war verkniffen vor Verärgerung und Gereiztheit und konnte kaum verbergen, dass die hohe Beamtin zum Lachen wahrscheinlich ein Verzerrungsfeld aufbaute, wenn sie sich überhaupt einmal zu solch einer Regung herabließ. Mit ihrem streng zurückgebundenen, grauen Haar verstärkte sie den Eindruck strenger Erhabenheit zusätzlich.

»Wie ich sehe, hast du deinen Kommandoposten soeben angetreten«, sagte die Staatssekretärin anstelle einer Begrüßung. »Herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Schiff.«

»Danke«, erwiderte Anna gepresst. Sie hatte ihre eigene, nicht öffentlichkeitstaugliche Meinung über Staatssekretärinnen im Verteidigungsministerium.

»Ich muss dich dringend anhalten, mit der aktuellen GALBRAITH DEIGHTON ein wenig pfleglicher umzugehen als mit dem Vorgängermodell. Schließlich wachsen SATURN-Schiffe nicht auf den Bäumen.«

Anna nickte. »Natürlich. Ich bedaure den Verlust der DEIGHTON V, habe bei sieben Gesprächen oder ... Verhören aber erklärt, wieso es dazu kam. Meine Berichte waren in dieser Hinsicht eindeutig.«

»Auch wenn manche Kommandanten dieser Meinung zu sein scheinen«, überging Madison Zweiban die Richtigstellung einfach. »Ich kann also davon ausgehen, dass die Tiuphorenwacht ihre Pflichten uneingeschränkt wahrnehmen wird?«

Anna seufzte leise. Die Tiuphorenwacht bestand zurzeit aus 181 Schiffen, war wieder aufgestockt worden, nachdem sie 40 Einheiten verloren hatte. Der Kommandantin standen neben der GALBRAITH DEIGHTON VI selbst 20 NEPTUN-Raumer, 110 EPPRIK-Raumer und 50 Posbi-Schiffe zur Verfügung.

»Die Tiuphorenwacht wird Patrouillenflüge entlang des Zeitrisses aufnehmen«, bestätigte die Kommandantin.

Die Zahl der Schiffe, die ihr dafür zur Verfügung standen, war lächerlich gering angesichts der Gesamtlänge des Zeitrisses von mindestens 140.000 Lichtjahren. Er zog sich von unten her quer durch die Milchstraße bis zu M 13 und möglicherweise darüber hinaus.

Wie sollte man ein kosmisches Phänomen dieser Größe mit 180 Schiffen einigermaßen zuverlässig überwachen? Ganz abgesehen davon, dass seine genaue Ausdehnung nicht bekannt war und es eine beträchtliche Weile dauern würde, im Überlichtflug vom einen Ende zum anderen zu gelangen – wobei man allerdings kaum vernünftige Beobachtungen vornehmen konnte.

Allein die logistischen Probleme waren gewaltig, ganz zu schweigen davon, dass die Wacht zwei Schiffe der Tiuphoren suchen musste. Drei dieser Schiffe waren durch den Zeitriss gekommen, eines davon war zerstört worden, doch die beiden anderen waren spurlos verschwunden. Sie hatten sich mittlerweile einen Monat völlig still und unauffällig verhalten; zumindest waren keine Nachrichten über eine Sichtung bis zur LFT oder dem Galaktikum vorgedrungen.

Es gab keine brauchbaren Hinweise auf ihren Aufenthaltsort. Auch nicht darauf, dass sie erneut Raumschiffe gekapert hätten. Wahrscheinlich hielten sie sich in einem Versteck verborgen.

Anna ahnte, dass die Fremden irgendwann zum Zeitriss zurückkehren würden. Somit schien es das Beste zu sein, wenn die Tiuphorenwacht dort Position bezog.

Die Staatssekretärin bewies, dass sie über ein gewisses Einfühlungsvermögen verfügte. »Mir ist klar, dass diese Aufgabe gewaltig ist. Vielleicht vereinfacht sie der Umstand, dass ihr lediglich die eigentlichen Perforationspassagen suchen und beobachten müsst.«

»Die potenziellen Durchgänge durch den Zeitriss scheinen sich den Riss entlang zu bewegen, mal in diese, mal in jene Richtung«, hielt Anna Patoman dagegen. »Das vereinfacht die Aufgabe nicht gerade.«

Madison Zweiban nickte knapp. »Da hast du wohl recht.«

»Die Tiuphorenwacht wird den Zeitriss so gut wie möglich überwachen.«

»Mehr können wir wohl kaum verlangen. Ich wünsche dir viel Erfolg.« Die Staatssekretärin beendete die Verbindung grußlos.

Die Kommandantin starrte einen Moment auf die Stelle, an der die dreidimensionale Darstellung der Staatssekretärin zu sehen gewesen war. Dann drehte sie sich zu Levney Bojekafe um. Die rothaarige Pilotin erwiderte ihren Blick, zögerte aber, einen Kommentar über das Gespräch abzugeben.

»Was hältst du von deiner neuen Aufgabe?«, fragte Anna Patoman geradeheraus.

Levney zuckte mit den Achseln. »Sie scheint unterschätzt zu werden.«

Die Kommandantin hielt den Blick auf die Pilotin gerichtet.

»Nun ja ...« Die Pilotin wägte jedes Wort sorgfältig ab. »Der Zeitriss ist ein Phänomen, von dem weitgehend nur die Naturwissenschaftler sprechen. Zumindest in den Augen der Normalbürger ist er keine kosmische Katastrophe. Ich meine, nichts und niemand stürzt in den Zeitriss oder so ...«

»Und deine persönliche Meinung?«

»Proportional gesehen ist der Zeitriss kleiner als ein Haarriss durchs Eis auf einem terranischen Grönlandgletscher. Er löst bei mir kein Gefühl besonderer Bedrohung aus.«

»Also eine scheinbar vernachlässigbare Größe, vor allem, da wir das Atopische Tribunal am Hals haben?«

»Das würde ich nicht so sagen ...«

»Weil drei unbekannte Schiffe mit eindeutig feindlichen Absichten durch den Zeitriss in unsere Gegenwart gelangt sind?«

»Von denen wir eines ausgeschaltet haben. Ich will damit nur sagen, ich kann verstehen, dass es in der Besatzung durchaus Stimmen gibt, die diesen Einsatz für stark übertrieben halten. Außerdem ... wir kümmern uns ja um die Sache. Dafür wurde die Tiuphorenwacht ins Leben gerufen.«

Anna Patoman schüttelte wortlos den Kopf. Die beiden verschwundenen Tiuphorenschiffe hatten zwar tatsächlich seit Wochen nichts mehr von sich hören lassen, doch Anna Patoman war sicher: Dieser Spuk war längst nicht vorbei.

Niemand wusste, was die Tiuphoren überhaupt in dieser Zeit wollten. Waren sie unfreiwillig durch den Zeitriss gespült worden? Allerdings verhielten sie sich nicht so, wie man es von Schiffbrüchigen der Zeit erwarten würde. Hätten Schiffbrüchige nicht versucht, Hilfe von den Zivilisationen dieser Epoche zu bekommen – statt sie anzugreifen wie Piraten?

Und wer konnte schon sagen, was sich auf der anderen Seite des Zeitrisses befand? Warteten dort weitere zwei Schiffe darauf, ins Jahr 1518 NGZ vorzustoßen, oder zweitausend oder gar zwanzigtausend?

Niemand wusste, was der Zeitriss noch ausspucken würde.

»Ich halte es für extrem wichtig«, sagte sie schließlich zu der Pilotin, »weiterhin den Zeitriss im Auge zu behalten. Und nach den beiden verschwundenen Tiuphorenschiffen zu suchen ... was alles andere als einfach ist. Und das gilt für beides. Den gesamten Zeitriss können wir nicht im Auge behalten, dazu wäre eine riesige Flotte nötig.«

Levney Bojekafe nickte zögernd. Offenbar hatten Annas eindringliche Worte sie nicht überzeugt.

Was hatte die Pilotin gesagt ...? Proportional gesehen ist der Zeitriss kleiner als ein Haarriss durchs Eis auf einem terranischen Grönlandgletscher. Er löst bei mir kein Gefühl besonderer Bedrohung aus ...

Plötzlich spürte Anna Patoman die Last der Verantwortung so schwer wie noch nie auf ihren Schultern.

1.

30. April 1518 NGZ

Accoshai sog die Luft ein, hoffte für einen Moment, das Kriegsbukett zu riechen. Vergeblich.

Es war viel zu früh. Wie sollte der Caradocc etwas wahrnehmen, das noch nicht in der Luft lag? »Worauf warten wir?«, bellte er in die Zentrale. »Haben wir nicht vor, das Banner zu vergrößern? Ruhm und Ehre zu erwerben? Start!«

Sein Befehl wurde ohne Widerspruch befolgt. Das Sterngewerk XOINATIU löste sich aus dem Ortungsschutz der planetenlosen Riesensonne, die Accoshai für sein Schiff und das andere Sterngewerk als neues Versteck gewählt hatte. Die Hapatasch-Dunkelwolke, in der er sich anfangs verborgen hatte, spielte in seinen Planungen keine Rolle mehr. Dorthin hatten sich die Sterngewerke nach den eher zwiespältigen Erfahrungen auf Swoofon zurückgezogen, um weit vom Zeitriss und seinen möglichen Bewachern entfernt zu sein und in aller Ruhe an der Anpassung ihrer Technik arbeiten zu können. Das derzeitige Versteck hingegen lag strategisch günstiger.

Der Tiuphore reckte sich. Wenigstens war die Untätigkeit vorbei. Sie hatte an seinen Nerven gezehrt, doch sie war nötig gewesen, um ihre Technologie mit den physikalischen Rahmenbedingungen dieser Zeit bestmöglich zu synchronisieren.

Mit nicht einwandfrei funktionsfähiger Technik ließen sich keine einfallsreichen Kriegszüge durchführen. Accoshai hatte befohlen, die Lösung des Problems mit aller Kraft in Angriff zu nehmen, doch das erforderte Zeit.

Viel Zeit, verlorene Zeit. Sechs Wochen, hatte Paxa Hunycc prognostiziert, der Chefwissenschaftler der XOINATIU. So lange würde es dauern, bis die Tiuphoren mit ihren Ressourcen diese Anpassung vollzogen hatten.

Mehr als vier dieser sechs Wochen waren bereits vergangen. Sie befanden sich seit über einem Monat in dieser zeitfremden Galaxis, hatten jedoch noch keinen Feldzug planen und einleiten, nichts zu Ruhm und Ehre des Banners beitragen können.

Er hatte sich zum Tomcca-Caradocc dieser Epoche ausgerufen, dem obersten Anführer der Tiuphoren, hatte dem aber keine Taten folgen lassen. Folgen lassen können. Es wurde allmählich Zeit.

Accoshai sah in den Holos, wie die XOINATIU und die MIDOXAI beschleunigten.

Das Versteck, in dem die Sterngewerke sich verborgen hatten, lag in der Nähe des Ortes, den das Orakel als Stelle genannt hatte, an der Kontakt zu den Tiuphoren der Heimzeit, über einen temporalen Abgrund von mehr als zwanzig Millionen Jahren, hergestellt werden konnte.

Vor der Vergrößerung der Banner, die er anstrebte, musste der Tomcca-Caradocc einige logistische Probleme lösen.

Mit zwei Sterngewerken gegen eine ganze Galaxis ließen sich keine beeindruckenden Erfolge erzielen. Er musste wissen, ob Verstärkung eintreffen würde.

Und wann.

War die Flotte, die ihm in der Vergangenheit zur Verfügung gestellt worden war, endlich transferbereit? Konnte sie in seine relative Gegenwart versetzt werden?

In gewisser Hinsicht war es logisch, dass er sich in Geduld fassen musste. Die Modifikationen, die an den Sterngewerken und Beibooten vorgenommen werden mussten, ließen sich in der Vergangenheit leichter vornehmen – zu den Bedingungen der Zeit, in der die Geräte entstanden waren. Zumal die Tiuphoren im Damals-Hier ganz andere Mittel als im Jetzt-Hier hatten.

Aber eine direkte Kommunikation mit den Tiuphoren seiner Vergangenheit war unmöglich. Niemand konnte einfach so durch den Zeitriss kommunizieren.

Einen Weg allerdings gab es. Wenn überhaupt, ließ sich mithilfe des Catiuphats eine Kommunikation über das Banner bewerkstelligen. Und an Bord der XOINATIU konnte das Orakel Chettcoim das Banner entsprechend beeinflussen.

Das war ein Vorteil, den die Tiuphoren hatten, und nur sie. Diese Form der Kommunikation stand offensichtlich keinem anderen Volk offen.

Accoshai warf einen Blick auf die grafischen Darstellungen in der Zentrale. Die XOINATIU hielt den Kurs und steuerte auf einen Ort zu, der nur wenige Lichtjahre von dem neuen Versteck entfernt war.

Sie würden ihn bald erreichen.

Wortlos verließ er die Zentrale. Was er mit Chettcoim zu besprechen hatte, war nicht für andere Ohren bestimmt.