Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Perry Rhodan auf der Mondwelt der Taumuu - in einem vergessenen Krieg Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen. Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang - den Weltenbrand - der gesamten Galaxis. Einer der angeblichen Hauptverursacher ist Perry Rhodan, der sich allerdings keiner Schuld bewusst ist und sich gegen das Tribunal zur Wehr setzt. In der fernen Galaxis Larhatoon erfuhr er mehr über das Tribunal und wurde in die Vergangenheit verschlagen, wo er der ersten Zivilisation der Erde begegnete. Nun befindet er sich auf dem Weg zurück in die Gegenwart, musste aber in der Epoche der Methankriege unfreiwillig einen Zwischenstopp einlegen. Dort droht DIE METHAN-APOKALYPSE ...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Veröffentlichungsjahr: 2016
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Nr. 2845
Die Methan-Apokalypse
Perry Rhodan auf der Mondwelt der Taumuu – in einem vergessenen Krieg
Hubert Haensel
Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen.
Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang – den Weltenbrand – der gesamten Galaxis.
Einer der angeblichen Hauptverursacher ist Perry Rhodan, der sich allerdings keiner Schuld bewusst ist und sich gegen das Tribunal zur Wehr setzt. In der fernen Galaxis Larhatoon erfuhr er mehr über das Tribunal und wurde in die Vergangenheit verschlagen, wo er der ersten Zivilisation der Erde begegnete. Nun befindet er sich auf dem Weg zurück in die Gegenwart, musste aber in der Epoche der Methankriege unfreiwillig einen Zwischenstopp einlegen. Dort droht DIE METHAN-APOKALYPSE ...
Perry Rhodan – Der Terraner sucht den Verschwiegenen Boten.
Sichu Dorksteiger – Die Chefwissenschaftlerin lernt mehr über die »Methanatmer«.
Gucky – Der Mausbiber ist keineswegs unfehlbar.
Chandyshard da Thomonal – Der Arkonide kontaktiert seinen Imperator.
Kauch Viertgelege/4
Nur wenige Jahrtausende trennten das terranische Trägerraumschiff RAS TSCHUBAI und seine Besatzung von der angestammten Gegenwart. Die Holos zeigten die Sterne der heimischen Milchstraße, so bekannt und doch so neu.
Kommandant Kakulkan lehnte sich im Sessel zurück, verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und ließ den Anblick auf sich wirken. Es war schön, wieder zu Hause zu sein, obwohl noch eine kurze Reisestrecke durch die Zeit fehlte. Dies war das Jahr 8050 vor Christi Geburt – eine Epoche, die von den Methankriegen geprägt wurde.
Sergio Kakulkan dachte darüber nach, dass bis zu seiner eigenen Geburt noch dreizehntausend Jahre vergehen mussten.
Überlegungen wie diese hätten ihn noch vor wenigen Jahren irritiert. Dass er sich daran gewöhnen würde, glaubte er nicht, doch er hatte sich mit dem Absurden arrangiert.
So lässt es sich leichter ertragen.
Er lächelte sogar bei dem Gedanken daran, dass die RAS TSCHUBAI aus tiefster Vergangenheit zurückgekehrt war, über den Abgrund von zwanzig Millionen Jahren hinweg. Dass so etwas überhaupt möglich war, kam schon fast einem Wunder gleich.
Nach einer Weile winkelte Sergio Kakulkan den linken Arm an und rieb sich mit der Hand am Kinn. Die Bartstoppeln kratzten.
Er suchte nach dem Raumschiff, dem die RAS TSCHUBAI im Schutz ihrer unsichtbar machenden Tarnung mit wenigen Lichtminuten Abstand folgte. Das fremde Schiff hatte die Form eines abgeflachten, spitz zulaufenden Ellipsoids – mit rund 360 Metern Länge zählte es zu den größeren Einheiten der Taumuu. Die Bezeichnung Raummandel traf zu.
Perry Rhodan und seine Einsatzgruppe hielten sich an Bord jenes Schiffes auf, das den Namen MODELL XIX-228 trug.
Neue Einblendungen entstanden im riesigen Hologlobus der Zentrale. Sergio Kakulkan warf nur einen kurzen Blick auf die grafisch aufbereiteten Werte der Energieortung. Sie verrieten ihm, dass die Raummandel die nächste Transition einleitete.
»Hypersprung steht bevor!«, meldete Allistair Woltera, der Chef der Abteilung Funk und Ortung. Sein Platz war zur Linken des Kommandantenpults, ebenfalls nahe am Rand des siebzehn Meter durchmessenden Hologlobus.
»Präziser!«, verlangte Kakulkan.
»Eintritt in den Hyperraum in zwei bis drei Minuten.«
»Wir dürfen das Schiff nicht aus der Ortung verlieren!«
Einer der beiden Plätze der Gedankensteuerung war besetzt. Die RAS TSCHUBAI mit ihren drei Kilometern Kugeldurchmesser und 35.000 Besatzungsmitgliedern folgte präzise jedem Manöver der Taumuu.
Vor Kakulkan entstand das dreidimensionale Abbild eines etwa fünf Jahre alten Mädchens. Aus großen Augen schaute es ihm entgegen: ANANSI war der Avatar des Hauptrechners, in der Anmutung einer Statue aus bläulich schimmerndem Glas.
»Alle Berechnungen wurden überprüft«, stellte ANANSI mit kindlicher Stimme fest. »Die Emissionen der Raummandel machen es uns erneut leicht, die Transitionsdaten zu simulieren.«
Der Kommandant lächelte matt. »Trotzdem warten wir auch diesmal, bis die Wasserstoffatmer ihre Transition vollzogen haben und der Strukturschock des Wiedereintritts angemessen wurde. Dann folgen wir.«
»An den Zielkoordinaten wird sich nichts ändern.«
»Umso besser!« Kakulkan kratzte sich über dem rechten Auge. Er hatte beide Augenbrauen abrasiert, außerdem trug er eine Vollglatze. Die einzige von ihm geduldete Behaarung spross im Gesicht, kam aber nie über das Stadium eines Dreitagebarts hinaus. »Was verrät uns das Ziel der MODELL XIX-228?«
»Wenn es bei den hochgerechneten Daten bleibt, endet die Transition nahe einer planetenlosen Sonne«, antwortete Allistair Woltera. »Es dürfte sich nur um einen Orientierungspunkt handeln ...«
»Das Flugziel der Taumuu liegt demnach weiter entfernt.«
ANANSIS bläuliche Transparenz trat leicht in den Hintergrund. Ihre großen, interessiert blickenden Augen wurden indes deutlicher. Der Datenbereich im Hologlobus veränderte sich, das Ortungsbild der Raummandel erlosch.
»Die Taumuu sind soeben in Transition gegangen!«, meldete Woltera. »Alle energetischen Daten wurden gesichert und werden mit den Anfangsparametern abgeglichen.«
»Kein Strukturschock erkennbar ...«, stellte ANANSI fest. »Das Schiff ist nicht rematerialisiert.«
Kakulkans aufrecht sitzende Haltung versteifte sich. »Die errechnete Entfernung zur Zielsonne beträgt tatsächlich nur fünfundsechzig Lichtjahre?«, fasste er nach. »Die Transition sollte zeitlos abgelaufen sein.«
Der Avatar verschwand. Nur ein verwehendes Wehklagen schien noch sekundenlang in der Zentrale zu hängen.
»Die Entfernungsangabe ist korrekt«, bestätigte Allistair Woltera. »Alle separaten Auswertungen bestätigen den Zielpunkt. Die Raummandel muss materialisiert sein! Nach wie vor gibt es leider keine Ortung ...«
Alarm heulte durch das Schiff.
Zeitgleich tauchten die ersten unbekannten Raumschiffe auf. In der Wiedergabe erschienen sie wie konturlos flirrende Schemen. Zu Dutzenden kamen sie, ohne dass ersichtlich geworden wäre, woher. Ihre Formation war auf Anhieb eindeutig: eine stilisierte Kugelschale. Im Mittelpunkt stand die RAS TSCHUBAI.
Sergio Kakulkan
»Was sind das für Schiffe?« Sergio Kakulkan suchte in der Holowiedergabe vergeblich nach aussagefähigen Werten. »ANANSI, warum gibt es keine verwertbare Energieortung? Wo bleiben Massewerte und Materialstrukturen?«
Der Logik-Programm-Verbund des Hauptrechners schwieg. Das war ungewöhnlich. Kakulkan registrierte, dass die Projektionswerte des Paratronschirms anstiegen; die Semitronik erhöhte demnach die Abwehrleistung. Ihm behagte nur nicht, dass ANANSI stillschweigend vorging, als gäbe es einiges zu verbergen.
»Werden wir angefunkt?«, wollte er wissen.
»Weder normal lichtschnell noch im Hyperkombereich«, antwortete Sarah Vanderest, die diensthabende Funkerin.
»Dann versuchen wir, von uns aus Kontakt aufzunehmen. Übliche Bandbreite und Standardtext.«
»Verstanden!«, bestätigte Vanderest.
Achtundneunzig nicht identifizierbare Einheiten näherten sich.
Sergio Kakulkan vergrößerte die Darstellung an seinem Platz. Die begleitenden Messwerte blieben spärlich. Das hieß: Die nebelartig diffusen Erscheinungen verhinderten Detailmessungen.
»Keine Antwort auf unsere Anrufe!«, meldete die Funkerin.
»Dranbleiben!«
Stammten die Schemen aus dieser Zeitepoche um das Jahr achttausend vor Christus? Immerhin nutzten sie eine Technik, der sich weder Arkoniden noch Maahks bedienten. Überhaupt schienen sie dem aktuellen Standard überlegen zu sein. Die lockere Umschließung der RAS TSCHUBAI verriet jedenfalls, dass sie die terranische Tarnung durchschauten. Und sie schreckten vor einem Überfall nicht zurück.
ANANSI hatte den Paratronschirm verstärkt. Das war für Kakulkan ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Semitronik einen Angriff erwartete. Die Schemen näherten sich schnell.
»Das ist mehr als nur eine Annäherung«, behauptete Woltera. »Ein perfekter Kollisionskurs.«
»Womöglich wollen sie unser Schiff nicht vernichten, sondern kapern«, sagte Kakulkan. »ANANSI hat das erkannt und deshalb den Paratron verstärkt.«
»Noch sind wir in der Lage, einen Ausbruchsversuch zu fliegen«, wandte Briony Legh ein, die Erste Pilotin.
»Aber wir müssten uns den Weg freischießen«, führte Kakulkan den Gedanken zu Ende. »ANANSI, was hältst du von einem Waffeneinsatz?«
Die Semitronik schwieg.
Sergio Kakulkan schaltete auf Bordrundruf. »Shalva Galaktion Shengelaia, bitte melde dich umgehend beim Kommandanten! Das gilt ebenso für Toja Zanabazar und Vetulon Culsander.«
Die drei Genannten waren ANANSIS Betreuer. Kakulkan hoffte, von ihnen Zugriff auf die verstummte Semitronik zu erhalten. Dass der Avatar sich aus der Bordkommunikation zurückgezogen hatte, deutete darauf hin, dass die Kapazität der acht Großrechnernetze ausgelastet war. Nur deshalb, weil ANANSI die Spur der MODELL XIX-228 nicht verlieren durfte?
Wenig glaubhaft. Eigentlich ein Unding.
Shengelaia meldete sich. Der ungewöhnlich große Kamashite machte einen verschlafenen Eindruck. Mit beiden Händen rückte er das silberfarbene Kopftuch zurecht, das er sich eben erst um den Hinterkopf gebunden hatte.
»Sergio, was ist so dringend?«
»Stehst du mit ANANSI in Verbindung?«
»Nein, momentan nicht. Ich habe frei und ... Wenn du Spezielles erfahren willst, frag ich Toja oder Vetulon ...«
»Schon gut, mach dir keine Mühe!«
Kakulkan unterbrach die Verbindung. Zu viel erklären konnte und wollte er nicht. Ihm war klar, dass der Kamashite tief geschlafen hatte und wegen des Aufrufs eben erst geweckt worden war.
Sinnend blickte er auf den erloschenen Interkomschirm. Weder Zanabazar noch Culsander meldeten sich. Weil ANANSI es beiden untersagt? Kakulkan verbohrte sich in diese Vermutung. Zugleich fürchtete er, dass er sich damit in etwas verrannte, das keinesfalls sein durfte.
»Uns bleiben fünfzig, höchstens sechzig Sekunden für einen Ausbruchsversuch«, erinnerte Legh.
»Liegen endlich Messwerte vor?«
»Die Energieortung weist sprunghaft ansteigende Werte aus!«, antwortete Woltera. »Die Fremden werden angreifen, daran besteht kein Zweifel.«
Im Hauptholo erschienen die ersten Simulationen. Sie zeigten die schwindende Fluchtmöglichkeit der RAS TSCHUBAI, kombiniert mit Vorschlägen für die Verteidigung.
»ANANSI präferiert einen Befreiungsschlag!«, erkannte der Erste Offizier. Seine Konsole stand in der Reihe vor dem Kommandantenplatz. »Wir sollten ihrer Strategie folgen.«
Endlich nahmen die diffusen Schemen im Hologlobus Gestalt an.
»Sie sehen aus wie Konglomerate!«, rief jemand.
Kakulkan fand die Bezeichnung durchaus passend. Jeweils ein halbes Dutzend und mehr kristallin anmutende Säulen, scheinbar wirr übereinandergeworfen, bildeten eines der fremden Schiffe.
»Maximale Größe achthundert Meter!«, stellte Woltera fest. »Sie aktivieren die Waffensysteme! Vermutlich zeigen sie deshalb ihr wahres Aussehen.«
Die Emissionen stiegen sprunghaft an. Jeder in der Zentrale konnte die Datenkolonnen lesen oder sah deren Umsetzung in prägnante Grafiken.
»Das übersteigt unsere Abwehrkapazität«, kommentierte der Erste Offizier. »Einem massierten Angriff wird der Paratron nicht dauerhaft standhalten. Bestenfalls die Aagenfelt-Barriere ...«
»Korrekt, Oberstleutnant«, bestätigte Kakulkan. »Um die Barriere aufzubauen, ist es allerdings zu spät.« Er aktivierte den Rundruf, obwohl sein Befehl nur der Feuerleitstation galt: »Wir schießen uns den Weg frei! Zielerfassung für die Transformkanonen! Feuern erst auf meinen Befehl! Außerdem MVH-Sublicht im Desintegratormodus, beschränkt auf Flugrichtung.«
Die Kernschussweite der Transformkanonen lag bei zweieinhalb Millionen Kilometern. Die Angreifer waren bis auf weniger als eineinhalb Lichtsekunden heran.
»Ziele sind erfasst!«, meldete Major Andstetten, aktuell der Stellvertretende Leiter der Schiffsverteidigung. »Bereit für Abstrahlung Sphärotraf-Überladungsbomben mit jeweils eins Komma fünf Gigatonnen. Freigabe?«
»Lass sie ein wenig näher herankommen!«
Sergio Kakulkan ging ein beachtliches Risiko ein, das war ihm bewusst. Sollte sich seine Folgerung als falsch erweisen, konnte er die RAS TSCHUBAI jederzeit in ein wehrhaftes Monstrum verwandeln.
200.000 Kilometer ...
Kakulkan setzte sich steif auf. Die Handflächen stemmte er auf die Armlehnen des Sessels, und dann lauerte er angespannt auf den geringsten Hinweis. Ihm war bewusst, dass die Konglomeratschiffe das Feuer überraschend eröffnen würden.
»Uns bleiben höchstens zwanzig Sekunden!«, rief Allistair Woltera und beugte sich Sergio entgegen. Es mutete leicht verschwörerisch an.
Kakulkan fragte sich, ob Woltera womöglich ähnliche Überlegungen wie er anstellte, aber kein Wort darüber verlauten ließ, denn der Feind hörte mit. Der Feind – das waren in dem Fall Indoktrinatoren, ein Schwarm von nanogroßen Maschinen, die sich auf der RAS TSCHUBAI eingenistet hatten. Winzige Teufelsdinger!
Wir haben alles im Griff!, redete Kakulkan sich ein. Oft genug standen wir einer Übermacht gegenüber ...
Diesmal war es anders. Er durfte sich keine Verzögerung erlauben, weil er Perry Rhodan folgen musste und damit der MODELL XIX-228.
»Kommandant!«, rief die Feuerleitstation. »Die Zielerfassung ...?«
Nicht einmal mehr hunderttausend Kilometer war jedes der Konglomerate von der RAS TSCHUBAI entfernt. Ihr »Würgegriff« hatte sich schnell zugezogen, trotz zweier Kurskorrekturen und eines harten Bremsmanövers. Nur für Sekunden hatten einige der fremden Objekte Anpassungsschwierigkeiten erahnen lassen.
Überhaupt: Seit der Transition der Raummandel waren erst wenige Minuten vergangen. Kakulkan spürte kalten Schweiß auf der Stirn. Er hatte die Verantwortung für die RAS TSCHUBAI nicht gewollt und war ohne eigenes Zutun ihr Kommandant geworden. Mittlerweile sah er die Besatzung als große Familie und war zufrieden mit seiner Aufgabe.
»Die Konglomerate greifen an!«, warnte jemand im Feuerleitstand.
Sergio Kakulkan spürte die wachsende Anspannung. Jeder an Bord schien den Atem anzuhalten und auf den Feuerbefehl zu warten.
»Mit Höchstwert beschleunigen!«, ordnete er lediglich an.
Eine Woge brodelnder Waffenenergie brandete gegen den Paratronschirm, überlastete die Strukturaufrisse und fegte den Schutz beiseite wie ein tobender Orkan eine einsame Zeltplane.
Kakulkan schloss die Augen.
Es wurde still ringsum.
Totenstill.
So also fühlte es sich an, wenn ein Gigant von Sonnenglut verzehrt wurde. Ein paar Sekunden bloß bis zum Tod ... Das Gefühl, wie ein winziges Insekt in eine Kerzenflamme zu stürzen und darin zu verbrennen.
Ein unheimlich schriller Ton fraß sich in seine Gedanken vor.
Kollisionsalarm!
Sergio Kakulkan riss die Augen auf. Er starrte geradewegs auf das Ortungsbild, das eines der Konglomerate zeigte. Die RAS TSCHUBAI raste auf das fremde Schiff zu.
»Ausweichen!«, brüllte jemand, doch es war zu spät.
Das kristalline Konglomerat wurde von der Gewalt des Aufpralls auseinandergerissen und verdampfte ...
Perry Rhodan,
einige Stunden zuvor
»Die Unterkunft wird hoffentlich erträglicher als das enge provisorische Quartier.« Caona Danticat wischte mit beiden Händen über die Sichtscheibe ihres SERUN-Helms. »Kauch Viertgelege/4 hätte mittlerweile Grund genug, uns eine Suite zu beschaffen.«
Ich glaubte, Caonas Achselzucken wahrzunehmen, während sie sich in dem für uns eingerichteten Raum an Bord des Taumuu-Raumers umsah. Die kleine, kompakte Raumlandesoldatin lächelte. Sie registrierte meinen Blick, griff nach dem Kragenring ihres Kampfanzugs und öffnete den Helm. Ein Risiko ging sie damit nicht ein. Die Sensoren hatten schon bestätigt, dass das Luftgemisch für uns atembar war.
Gucky seufzte dennoch. »Ist das der Dank für alles, was wir für sie getan haben?«, fragte er und blickte mich vorwurfsvoll an. »Sag selbst, Perry: ein ungemütlicher Wartesaal. Hartes Mobiliar. Nicht einmal eine Kombüse, in der wenigstens ein paar Mohrrüben im Tiefkühlfach liegen ...«
Caona Danticat löste ihren Folienfalthelm und schob ihn in den Nackenwulst zurück. »Außerdem riecht es nach Desinfektionsmitteln«, führte sie Guckys Tirade fort. Prüfend sog die Soldatin die Luft durch die Nase ein.
»Salmiak«, kommentierte der Mausbiber auf Verdacht. »Klar, dass hier erst einmal sauber gemacht wurde. Das will ich den Taumuu auch geraten haben.« Er gähnte herzhaft. Der Versuch, sich dabei die Augen zu reiben, misslang. Guckys Hände stießen gegen seinen immer noch geschlossenen Helm.
Ohne weiteren Kommentar ließ er sich da, wo er gerade stand, zu Boden sinken. Auf Sichu Dorksteigers Belehrung, dass es sich bei Salmiak um Ammoniaksalz handele, unsere Kampfanzüge aber nur eine vage Spur von Ammoniak wahrnahmen, reagierte er schon nicht mehr.
Sekundenlang verharrte der Ilt in kauernder Haltung. Wie von Geisterhand bewegt, öffnete sich sein Helm und faltete sich zusammen. Kein Zweifel, Gucky half telekinetisch nach. Tief atmete er ein, hustete kurz und rollte sich auf die Seite.
Die Beine angezogen, mit beiden Händen die Knie umfasst, wirkte der Mausbiber kaum weniger angespannt als zuvor. Während unseres Einsatzes hatte er einiges abbekommen. Keuchend, zitternd, das Fell mit Schaum durchsetzt, in so einem Zustand hatte ich den Kleinen höchst selten gesehen. Er war, wenn auch glücklicherweise nicht intensiv, der für uns giftigen Atmosphäre der Methanatmer ausgesetzt gewesen.
Trotzdem war es Gucky zu verdanken, dass wir das Schiff der Arkoniden lebend wieder verlassen hatten.
Danke, Kleiner!, dachte ich sehr intensiv. Das wiederhole ich gern. Er reagierte nicht darauf. Offensichtlich war er sofort eingeschlafen. Die Erschöpfung hatte ihn übermannt.
Sichu Dorksteiger, die Hyperphysikerin in unserem Einsatzteam, rief die Cybermed-Daten aus Guckys SERUN ab. »Er hat die medizinische Versorgung blockiert«, stellte sie fest.
»Zu welchem Zeitpunkt?«, wollte ich wissen.
Sichu ließ die Datenkontrolle durchlaufen. Einige Sekunden vergingen. »Schon vor eurer Flucht von dem Arkonidenschiff.«
Gucky hatte telekinetisch eingegriffen und war mit mir in Sicherheit teleportiert. Ich konnte nachvollziehen, dass er in seinem schlechten körperlichen Zustand ein Eingreifen der Medoeinheit befürchtet hatte. Jeder Augenblick war für uns kostbar gewesen. Also war ihm keine andere Wahl geblieben, als die Funktionen seines SERUNS zu reduzieren. Ob er danach nur vergessen hatte, die korrekte Versorgung wiederherzustellen?
Der Kelosker Gholdorodyn hatte uns mit seinem Kran, dem von ihm selbst konstruierten Fiktivtransmitter, auf die RAS TSCHUBAI zurückgeholt. Sofort danach die kurze Flugetappe, um zur MODELL XIX-228 aufzuschließen und den Indoktrinatoren auf der RAS TSCHUBAI möglichst keine Angriffsfläche zu bieten. Dann die erneute Versetzung an Bord der Raummandel, weil wir die Spur nicht verlieren durften, die uns zum Verschwiegenen Boten führen konnte.
Hatte ich zu schnell gehandelt und Guckys Zustand deshalb ignoriert? Ich entsann mich, dass ich ihn aufgefordert hatte, sich auf der RAS TSCHUBAI medizinisch untersuchen zu lassen. Aber das war eher rhetorisch gewesen. Woher hätte Gucky die Zeit für eine Untersuchung nehmen sollen?
Sichu Dorksteiger sah auf. Der Blick ihrer Bernsteinaugen ruhte lang und nachdenklich auf mir. Sie wirkte äußerlich ruhig, doch die smaragdgrünen Punkte in ihren Pupillen bewegten sich ruckartig. Ihr stummer Vorwurf war deutlich.
»Gucky schläft«, sagte sie. »Er macht endlich einen entspannten Eindruck. Vielleicht ist es so besser, als wenn der Anzug ihn mit Medikamenten vollpumpt.«
Die beiden mannsgroßen TARA-Kampfroboter hatten sich mittlerweile als Wache postiert. Eine der kegelstumpfförmigen Maschinen schwebte neben dem Schott der Druckschleuse, die andere am entgegengesetzten Ende des Raums. Ich schaute auf, weil Ferridan Wackström auf mich zukam. Der athletische Terraner mit dem wilden Vollbart und der blonden Haarmähne war der stellvertretende Bataillonskommandeur des Zweiten Raumlandebataillons und befehligte die beiden Raumsoldaten und die Soldatin, die uns begleiteten.
»Das hier sind nicht mehr als achtzig Quadratmeter, aber alles wirkt durchaus vertrauenerweckend«, sagte Wackström. »Wir haben keine Unregelmäßigkeiten festgestellt.«
»Auch nicht, dass wir überwacht werden, nehme ich an.«
»Korrekt«, bestätigte er. »Dass die Taumuu uns gegenüber ehrlich sind, konnten wir schon im ersten Quartier erkennen. Nur stellt sich die Frage, was sie bezwecken. Es gibt keinen verborgenen Durchgang, der zu sanitären Anlagen führen würde. Ebenso wenig Nahrungsmittel oder Trinkwasser. In dieser Hinsicht sind wir weiterhin auf die SERUNS angewiesen.«
»Wir können die Anzüge öffnen und frei atmen, ist das nichts?« Ich schlug nun ebenfalls den Helm zurück.
Der erste Atemzug kratzte im Hals. Die Luft schmeckte dumpf und schal, fürchterlich abgestanden. Der Hauch von Ammoniak machte sich unangenehm bemerkbar. Auf gewisse Weise herrschte eine Atmosphäre wie in einer frisch gereinigten Toilettenanlage.
»Was haben wir verbrochen, dass die Taumuu uns so abfertigen?«, fragte Caona Danticat. »Kennen sie keine besonderen individuellen Bedürfnisse?«
»Ich halte es für sinnvoll, die SERUNS wieder zu schließen«, sagte Wackström. »Dieses Quartier bietet uns kaum einen nennenswerten Vorteil. Falls die Beimengung von Ammoniak unversehens stärker wird ...«
»... werden uns die Sensoren rechtzeitig warnen«, unterbrach ich ihn. »Im Übrigen glaube ich nicht, dass unser Aufenthalt an Bord länger dauern wird.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung.« Sichu Dorksteiger kniete neben Gucky. Sie hatte ihren Helm ebenfalls abgenommen und zog das hüftlange silberne Haar über die linke Schulter nach vorn.
Das Licht in der Unterkunft war nicht so fahl wie überall an Bord, sondern fast grell. Offenbar hatten die Taumuu erkannt, dass wir mehr Helligkeit als sie benötigten. Oder sie hatten unsere Bedürfnisse mit denen von Arkoniden gleichgesetzt und den Raum so ausgestattet, wie sie es für richtig hielten. Die juwelenbesetzten Ringe, mit denen Sichu ihr Haar in Abständen von jeweils einer Handspanne zusammenhielt, schienen jedenfalls Blitze zu versprühen.
»Ich nehme an, wir werden Viertnest in einem, spätestens in zwei Tagen erreichen«, sagte sie. »Bis dahin können wir es gut aushalten. Die MODELL ist nicht dafür ausgerüstet, Fremdwesen zu beherbergen und jedem perfekte Lebensbedingungen zu bieten – zumindest gilt das für Sauerstoffatmer wie uns.«
»Entsprechendes trifft für Verpflegung und Hygiene zu«, ergänzte ich. »Kauch sieht wohl die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung oder von Schlimmerem. Außerdem weiß er, dass die SERUNS ein komplettes Lebenserhaltungssystem bieten. Also hat er getan, was ihm möglich war, und alles andere ignoriert.« Ich vollführte eine umfassende Handbewegung. »Ich zweifle nicht daran, dass das hier seine Dankbarkeit zeigt.«