Perry Rhodan 2860: Der tote Attentäter - Uwe Anton - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2860: Der tote Attentäter E-Book und Hörbuch

Uwe Anton

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Beschreibung

Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen. Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang – den Weltenbrand – der gesamten Galaxis. Während sich der Arkonide Atlan ins vermutete Herz dieser Macht begeben hat – die Ländereien jenseits der Zeit –, reist Perry Rhodan durch vergangene Zeiten, um der Gegenwart Hilfe zu bringen. Denn die Gegenwart, wie er sie kennt, wird nicht nur durch die Atopen bedroht, sondern auch durch die brutalen Tiuphoren, die durch einen Zeitriss aus tiefster Vergangenheit zurückgekehrt sind. Es gelingt Perry Rhodan, eine Abwehrwaffe gegen die Indoktrinatoren – die gefährlichste Waffe der Tiuphoren – zu entwickeln: Diese ParaFrakt genannte Technologie muss er nun möglichst schnell galaxisweit verbreiten, um gegen die über 45.000 Tiuphorenraumschiffe bestehen zu können. Im Weg steht ihm dabei nicht nur DER TOTE ATTENTÄTER ...

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Veröffentlichungsjahr: 2016

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Zeit:3 Std. 38 min

Veröffentlichungsjahr: 2016

Sprecher:Andreas Laurenz Maier

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Nr. 2860

Der tote Attentäter

Der Positronik-Henker – für seine Mission erwacht er zu neuem Leben

Uwe Anton

Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen.

Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang – den Weltenbrand – der gesamten Galaxis.

Während sich der Arkonide Atlan ins vermutete Herz dieser Macht begeben hat – die Ländereien jenseits der Zeit –, reist Perry Rhodan durch vergangene Zeiten, um der Gegenwart Hilfe zu bringen. Denn die Gegenwart, wie er sie kennt, wird nicht nur durch die Atopen bedroht, sondern auch durch die brutalen Tiuphoren, die durch einen Zeitriss aus tiefster Vergangenheit zurückgekehrt sind.

Es gelingt Perry Rhodan, eine Abwehrwaffe gegen die Indoktrinatoren – die gefährlichste Waffe der Tiuphoren – zu entwickeln: Diese ParaFrakt genannte Technologie muss er nun möglichst schnell galaxisweit verbreiten, um gegen die über 45.000 Tiuphorenraumschiffe bestehen zu können. Im Weg steht ihm dabei nicht nur DER TOTE ATTENTÄTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner muss die ParaFrakt-Konferenz erfolgreich beenden.

Attilar Leccore – Der TLD-Chef muss ein schweres Opfer bringen.

Shekval Genneryc – Der Onryone unterhält sich nicht nur mit Perry Rhodan.

Sybrand Herzog – Der Stellvertreter Attilar Leccores sabotiert die Sicherheit Terras.

Apon Gochnor

Prolog

24. September 1518 NGZ

Zuerst hörte Tyjr Vöszor den Alarm nur undeutlich, wie durch einen beschädigten Akustikdimmer. Dann wurde er zusehends lauter und dringlicher.

Der Apaso hob den diskusförmigen Kopf aus dem Schlafrahmen und öffnete die vier Augen. Jetzt war er hellwach. Das war keine Übung. Zumindest hatte er keine angeordnet, und hätte Gojjüd Opöyü eine in die Wege geleitet, hätte sie ihn auf jeden Fall informiert.

Warum also Alarm? Was war passiert?

Vöszor klemmte die Spange seines Infotoriums um den Hals und verzichtete darauf, sich angemessen anzukleiden, wie es sich für den Kommandanten einer Orbitalwerft gehörte. Er schlüpfte in den leichten Raumanzug, der in der Halterung neben dem Schlafrahmen verankert war. Seine Finger hatten die Handschuhspitzen noch nicht berührt, als der Anzug sich bereits selbsttätig schloss.

Im nächsten Augenblick verließ Vöszor seine Kabine und machte sich auf den Weg zur Zentrale.

Warum meldete Opöyü sich nicht bei ihm und informierte ihn? Die Gelbe Kreatur des Schreckens kam kurz über ihn, doch er schüttelte sie schnell wieder ab. Es musste nicht das Schlimmste geschehen sein, es gab tausend harmlosere Erklärungen, zumal THAUBYRIN keinerlei Anzeichen einer Beschädigung zeigte.

Zumindest nicht in seiner unmittelbaren Umgebung. Aber die Orbitalwerft war riesig.

»Detaillierte Lage!«, verlangte er vom Infotorium.

Vor ihm bildete sich ein kopfgroßes Holo. Es zeigte ein gerüstartiges Weltraumdock mit einer maximalen Spannweite von fünf Kilometern. Die Ausleger bildeten die Form einer aufgespannten, siebenfingrigen Jülziish-Hand, die sich bei Bedarf zusammenziehen konnte.

»Die Orbitalwerft THAUBYRIN befindet sich im Pahbyrnsystem«, sagte eine angenehm hohe Stimme gelassen.

Vöszor atmete erleichtert auf. Manche Jülziish verdammten die Weitschweifigkeit des Infotoriums, doch sie verstanden es nicht zu deuten. Indem die Positronik zuerst die aktuelle Position der Orbitalwerft nannte, machte sie klar, dass im Augenblick keine akute Gefahr für THAUBYRIN bestand.

Warum dann der Alarm?

»Konkrete Fakten!«, verlangte der Kommandant.

Ein neues Holo bildete sich vor ihm. Es zeigte das Pahbyrnsystem, 122 Lichtjahre vom Pahlsystem entfernt, dem Zentralsystem der Apasos. Der große Orbitalwerft-Komplex umkreiste den Riesenplaneten Byrin, auf dem die Jülziish Metalle und Hyperkristalle abbauten.

Das Infotorium blendete ein zweites Holo auf. Es zeigte einen 1700 Meter durchmessenden Diskus der PHACÜÜT-Klasse.

»Die VYNJICORR«, sagte das Infotorium. »Sie ist keine zwanzig Lichtminuten oberhalb des Planeten Byrin aus dem Linearraum getreten und stürzt mit halber Lichtgeschwindigkeit auf THAUBYRIN zu!«

Tyjr Vöszor zirpte einen unheiligen Fluch, der der Kalten Kreatur der Angst galt. Dann setzte sein logisches Denkvermögen wieder ein. »Versucht, Kontakt mit der VYNJICORR aufzunehmen!«

»Schon geschehen«, beschied ihm das Infotorium. »Die VYNJICORR antwortet nicht. Offensichtlich ist das Schiff schwer beschädigt. Es strahlt einen automatischen Notruf aus, die Anrufung der Violetten Kreatur der Gefahr.«

»Einzelheiten!«, befahl der Kommandant.

Das Infotorium vergrößerte die Visualisierung auf Basis der 5-D-Fernortung. Die Hülle der VYNJICORR war an mehreren Stellen aufgerissen, dort musste Vakuum eingedrungen sein. Vermutlich waren die Apasos, die sich dort aufgehalten hatten, alle tot, falls das Schiff keine Gefechtsbereitschaft ausgerufen und sie Schutzanzüge getragen hatten.

Tyjr Vöszor erreichte die Kommandozentrale von THAUBYRIN. Als er sie betrat, pfiff er klagend. Wollten die bösen Nachrichten denn nie enden?

Gojjüd Opöyü saß im Sessel des Kommandanten und fixierte ihn mit den hinteren Augen. »Ist das eine Übung?«, fragte seine Stellvertreterin. »Eine Simulation?«

Seltsam, dachte Tyjr Vöszor, als mich der Alarm aus dem Schlaf gerissen hat, habe ich dasselbe gedacht. »Ich hätte nichts dagegen. Im Gegenteil. Leider ist es ernst. Noch keine Reaktion der VYNJICORR auf unsere Funksprüche?«

»Nein«, antwortete Gojjüd Opöyü.

»Verbinde mich mit Süllyi!«, befahl Vöszor. »Absolute Priorität! Und«, fügte er nach kurzem Nachdenken hinzu, »mit der Obersten Prospektorenbehörde auf Byrin!«

Opöyü gab den Befehl weiter. Mitten in der Zentrale baute sich ein Holo des Systemsicherheitschefs der Orbitalwerft auf. »Habt ihr die VYNJICORR in der Ortung?«, fragte der Kommandant von THAUBYRIN.

»Natürlich«, antwortete der Sicherheitschef besorgt. »Welche Anweisungen hast du?«

»Fangt das Schiff mit einigen Kreuzern ab! Wenn es geht, mit einem Traktorstrahl. Bringt es in einen stabilen Orbit ober- oder unterhalb der Umlaufbahn des Werftkomplexes!«

»Verstanden«, antwortete der Sicherheitschef. »Wir starten sofort!«

Der Kommandant unterbrach die Verbindung. Ein neues Holo bildete sich.

Vöszor kannte den Apaso nicht, den die dreidimensionale Darstellung zeigte. Enttäuscht stellte er fest, dass es sich um einen Mitarbeiter und keineswegs um den Leiter der Prospektorenbehörde handelte, die auf dem Riesenplaneten für die Gewinnung von Metallen und Hyperkristallen zuständig war.

Hatte man auf Byrin die Gefahr nicht erkannt? Oder unterschätzte man sie völlig?

Egal. Dort unten kann ohnehin niemand etwas ausrichten. Er informierte den Apaso über das Geschehen.

Der Beamte starrte ihn aus seinen beiden vorderen Augen an. »Mich hat niemand informiert«, zirpte er aufgeregt. »Was hast du jetzt vor?«

»Benachrichtige deine Vorgesetzten und veranlasse, dass für ganz Byrin Alarm gegeben wird.« Er wusste, dass das keine Antwort auf die Frage des Beamten war. »Wir versuchen bereits, die VYNJICORR aufzuhalten. Aber ihr müsst auf alles vorbereitet sein.«

Er unterbrach die Verbindung und betrachtete seine Stellvertreterin aus den Augen der linken Kopfseite.

Er fragte sich erneut, weshalb sie ihn nicht direkt ins Bild gesetzt hatte. War das eines ihrer Ränkespiele? Versuchte sie, die Situation zu ihrem persönlichen Vorteil zu nutzen? Wollte sie den nächsten Schritt auf der Karriereleiter erklimmen?

Ganz ruhig!, dachte er. Halbe Lichtgeschwindigkeit, zwanzig Lichtminuten. Uns bleiben vierzig Minuten Zeit. Es besteht keine akute Gefahr.

Vierzig Minuten seit der ersten Ortung, korrigierte er sich. Von denen schon einige verstrichen waren. Es könnte knapper werden als gedacht.

»Holos!«, wies er seine Stellvertreterin an.

»Schon vorbereitet!«, sagte Gojjüd Opöyü. Sie rief dreidimensionale Darstellungen auf, die eine schematische Verkleinerung des Pahbyrnsystems zeigten.

Am unteren rechten Rand der Holokugel der Riesenplanet Byrin mit THAUBYRIN, am oberen linken die VYNJICORR, fünfzehn Lichtminuten von der Orbitalwerft entfernt.

Fünfzehn Lichtminuten. Dreißig Minuten Zeit, um die Gefahr zu beseitigen.

Vier Kreuzer verließen den Orbitalwerft-Komplex und beschleunigten mit Höchstwerten.

Süllyis Schiffe!

Dreizehn Minuten. Er hatte zu viel Zeit verschwendet.

»Standverbindung mit Süllyi!«, befahl Tyjr Vöszor.

Sofort bildete sich ein Holo.

Der Sicherheitschef betrachtete Vöszors Darstellung. Dann richtete er den Blick auf die Instrumente seines Kommandopults.

Vöszor besah das Holo mit der Gesamtdarstellung der kritischen Sektion des Systems. »Bildet knapp hinter dem beschädigten Diskus ein senkrecht zu dessen Flugvektor stehendes Quadrat! Wenn ihr dann Gegenschub gebt, können alle vier Schiffe gleich stark ziehen.«

»Verstanden«, sagte Süllyi. »Und wenn wir das Quadrat nicht in exakter Position zur Bewegungsrichtung des Schiffes stellen, werden wir es immerhin in eine andere Richtung lenken.«

Auf den Holos verfolgte Tyjr Vöszor, wie die vier Kreuzer des kleinen Verbands ausschwärmten und Position um den 1700 Meter durchmessenden Diskus bezogen. Sie nahmen die vier Eckpunkte eines Quadrats ein. Süllyis Schiff, die THAU-K1, bildete den oberen linken Endpunkt der imaginären Linien des Gebildes.

Süllyi hatte die Lage im Griff. »Geschwindigkeit der der VYNJICORR anpassen!«

»Gojjüd!« Vöszor sah seine Stellvertreterin scharf an. Sie hatten die Plätze gewechselt. Nun saß Gojjüd neben ihm im Sessel des Infotor-Offiziers, der für die Weitergabe und Ausführung seiner Befehle verantwortlich war. »Die Geschütze der Werft sollen sich feuerbereit machen.« Es waren nur wenige, aber sie waren durchaus leistungsstark.

Seine Stellvertreterin hatte erneut mitgedacht. »Anweisung bereits erteilt!«

Vielleicht habe ich mich in ihr geirrt, dachte der Kommandant. Wenn es lediglich ein simples Missverständnis war, dass sie mich nicht umgehend informiert hat, nachdem ich aufgewacht bin?

»Nur für den schlimmsten aller Fälle«, schob er als Erklärung hinterher. »Falls wir das Schiff zerstören müssen, ehe es einschlägt ...«

Aber das war wirklich die letzte Option.

Die vier Kreuzer hatten ihre Position eingenommen. Jeden Augenblick würden sie die Traktorstrahler aktivieren.

Gojjüd Opöyü pfiff neben Tyjr Vöszor überrascht auf.

Dann sah er es selbst auf den Instrumenten. Die Worte seiner Stellvertreterin waren nur eine letzte Bestätigung. »Die VYNJICORR aktiviert ihre Waffensysteme!«

*

Fassungslos zögerte Tyjr Vöszor. Nur ein paar Sekunden vergingen, aber die machten den Unterschied aus.

Die VYNJICORR feuerte.

Für Tyjr Vöszor geschah alles wie in Zeitlupe. Er wusste in dieser Sekunde, was geschehen würde, und sie zog sich für ihn zu einer Ewigkeit, die paradoxerweise viel zu schnell verging.

Vöszor sah in den Holos, wie die VYNJICORR Süllyis Kreuzer und einen weiteren mit Transformbeschuss vernichtete. Wo sich gerade noch 100 Meter durchmessende Disken befunden hatten, leuchteten nun kleine neue Sonnen in der Nähe des Riesenplaneten, die schnell wieder erloschen.

Die beiden verbliebenen Kreuzer bekamen keine Treffer ab. Ihnen schien die Flucht zu gelingen.

»Evakuierung!«, rief Tyjr Vöszor. »Sofortige Evakuierung der Werft!«

Verborgene Transmitterkäfige fuhren aus dem Boden der Zentrale und entfalteten sich.

So oder so ... sie waren verloren. Entweder würde die VYNJICORR die Werft mit Waffenbeschuss vernichten oder in den Werftkomplex rasen und ihn zerstören. Er blieben nur wenige Minuten, wenn nicht sogar nur Sekunden.

Der Evakuierungsalarm gellte durch die Zentrale. Die Besatzung reagierte nicht so diszipliniert, wie es der ideale Ablaufplan vorsah. Im Gegenteil: Die meisten liefen in Panik hin und her. THAUBYRIN war nun einmal keine militärische Einrichtung, da konnte nicht das Gleiche erwartet werden wie auf Kriegsschiffen.

Plötzlich bedauerte Vöszor, vier Augen und damit eine 360-Grad-Sicht zu haben. Er sah das vollständige Chaos, das sich ausbreitete. Nichts blieb ihm erspart.

Vöszor spürte eine schwere Erschütterung, dann eine zweite, dritte. Er vermutete, dass mehrere Salven des 1700 Meter durchmessenden Diskusraumers die Orbitalwerft getroffen hatten. Wahrscheinlich hatten sie auf einen Schlag mehrere Ausleger zerfetzt, die alle auf ihre maximale Spannweite von fünf Kilometern ausgefahren waren.

Die nächsten Salven trafen den eigentlichen Hauptkörper. Sie erfassten die beabsichtigten Ziele, die Abwehrareale. Wer immer das Feuer eröffnet hatte, besaß detaillierte Pläne des Werft-Komplexes und wusste genau, wo sich die wenigen leistungsstarken Geschütze befanden.

Sämtliche Holos erloschen. Es wurde für einen Moment völlig dunkel in der Zentrale. Dann glomm die Notbeleuchtung auf.

Tyjr Vöszor war klar, was geschehen sein musste: Die Salven der VYNJICORR hatten den Hauptfusionsreaktor der Orbitalwerft zerstört. Damit waren auch die Paratronschirme ausgefallen. THAUBYRIN war völlig schutzlos.

Und in wenigen Minuten oder Sekunden ...

Die VYNJICORR raste weiterhin auf den Komplex zu und würde wie eine Bombe in ihn einschlagen.

Mit einem einzigen Schlag hatte der Feind sie ausgeschaltet.

Es kam zu Energieüberladungen, die einige Instrumentenkonsolen geradezu sprengten, obwohl starke Sicherungen das eigentlich verhindern sollten. Gojjüd Opöyü, die nicht so schnell wie er gewesen war, wurde von einem scharfkantigen Trümmerstück am Hals getroffen. Sie trug keinen Raumanzug, nur eine Bordkombination. Bis zu dem Alarm war ihr Dienst schließlich völlig normal und ereignislos verlaufen.

Das Kunststoffteil durchtrennte Haut, Fleisch, Adern, Muskeln und Sehnen, und ihr Kopf kippte zur Seite. Sie brach zusammen. In ihren starren Augen war kein Leben mehr, als sie auf dem Boden aufschlug.

Tyjr Vöszor schloss den Helm des Raumanzugs und atmete plötzlich wieder frische, keine von Rauch und Qualm durchdrungene Luft.

Am liebsten hätte der Kommandant alle Augen geschlossen, doch das wäre sein sicherer Tod gewesen.

Soll ich doch sterben!, dachte er trotzig. Bei einer militärischen Niederlage galt es für viele Kommandanten der Jülziish sowieso als eine Frage der Ehre, sich das Leben zu nehmen.

»Möge die Schwarze Kreatur der Ewigkeit mit dir sein!«, murmelte er.

Aber in ihm brannte ungelöscht ein Funken Lebenswillen.

Irgendwo war Feuer ausgebrochen. Apasos, die ausnahmslos Bordkombinationen trugen, brachen zusammen, einer direkt vor ihm, ein Funker, wenn er sich richtig erinnerte. Der Mund öffnete und schloss sich hektisch am Hals, aber den dringend benötigten Sauerstoff konnte er ihm nicht zuführen. Vöszor wollte den Funker ... nein, er war Ortungsoffizier gewesen – noch neu an Bord, keine Woche war sein Dienstbeginn her – ... er wollte ihn hochziehen, mit sich schleppen, doch schon drängten andere heran und ihn weiter. Sie trampelten einfach über den Verletzten hinweg. Tyjr Vöszor hörte das hohe Zirpen, mit dem der Jülziish starb.

Plötzlich stand er vor einem Transmitterkäfig, trat hinein.

Hektisch tastete er nach den Kontrollen, fand sie aber nicht. Dichter Rauch war in den Käfig eingedrungen, wogte vor den gelben und violetten Leuchtdioden, die etwas über die Betriebsbereitschaft des Transmitters verrieten.

Er hörte ein lautes Rattern, mit dem der Käfig sich schloss.

Die Notfallautomatik! Sie sendete den Inhalt des Käfigs automatisch, sobald er sich gefüllt hatte.

Vöszor empfand den minimalen Entzerrungsschmerz als reinste Erleichterung.

*

Er materialisierte in einer bereits überfüllten Rettungskapsel. Zahlreiche Apasos drängten sich dicht an dicht. Trotzdem spie ein zweiter Käfigtransmitter weitere Überlebende von THAUBYRIN aus.

Er fluchte, weil man die Transmitter aus Kostengründen so schwach dimensioniert hatte, dass sie nur in die Kapseln und nicht gleich auf den Planeten reichten. Aber mit dem nächsten Atemzug war er dankbar, dass er überhaupt noch lebte.

Endlich war die Kapsel so voll, dass sie keine Flüchtigen vom Ort des Grauens mehr aufnehmen konnte. Die Startfrequenz verlief vollautomatisch: Das kleine Oval schoss aus der Halterung und beschleunigte mit Höchstwerten.

Knapp unter der Decke baute sich ein Beobachtungsholo auf. Tyjr Vöszor sah, dass es nur einige wenige Rettungskapseln aus THAUBYRIN geschafft hatten.

Ein Schatten raste in den Erfassungsbereich der Satellitenkameras, die die dreidimensionalen Bilder lieferten.

Vöszor hielt den Atem an.

Die VYNJICORR!

Mit rasender Geschwindigkeit näherte sie sich der Werft – und kollidierte mit ihr.

Ein Feuerball breitete sich im Holo aus.

Angesichts des entsetzlichen Infernos schloss er die Augen.

Es würden nun keine weiteren Kapseln mehr entkommen können.

Wie viele waren gestorben? Wie viele würden die nächsten Stunden überleben?

Er würde die Konsequenzen auf sich nehmen und Selbstmord begehen, sobald die Rettungskapsel von einem anderen Raumer der Jülziish aufgenommen worden war und die Überlebenden sich in Sicherheit befanden.

Als er die Augen wieder öffnete, sah er, wie ein gigantisches Schiff im System materialisierte.

1.

24. September 1518 NGZ, 13.30 Uhr, Terrania

»Kanchenjunga«, sagte Sybrand Herzog, und der Gleiter startete und flog los.

Schwer atmend lehnte er sich auf dem Sitz zurück. Ihm war schwindlig, er hatte Angst, jeden Augenblick das Bewusstsein zu verlieren.

Trotzdem stiegen fremde – gleichzeitig seine eigenen, so merkwürdig sich das anfühlte – Erinnerungen in ihm empor.

Ich bin Sybrand Herzog, dachte er. Ich muss diese Kenntnisse zu meinem Nutzen verwenden.

Dieser Gedanke verwirrte ihn beträchtlich. Er wusste, dass der Gleiter zur Sirius River City flog, wo er in der Wohnanlage Kanchenjunga ein Appartement bewohnte.

Aber nicht die Erinnerungen selbst waren es, die ihm zu schaffen machten.

Er fühlt sich so benommen, völlig aus der Bahn geworfen, seit um 12.57 Uhr der Umbrische Gong ertönt war.

Das fremdartige Geräusch machte ihm zu schaffen, setzte ihm gewaltig zu. So sehr, dass er befürchtete, seine Mission könnte in Gefahr geraten.

Er schaute aus dem Fenster des Gleiters und erkannte die charakteristische Silhouette der Wohnanlage anhand der 16 Türme in der Ferne. Sie lag südlich der Baykalob Avenue zwischen Edsengol und dem Sirius-Bogen in Sirius River City und fasste an die 30.000 Bewohner.

Wie selbstverständlich stellten sich Erinnerungen und Allgemeinwissen in seinem Verstand ein.

Kanchenjunga war im Jahr 1283 NGZ erbaut und nur wenige Jahre später durch die Dscherro großflächig zerstört worden. In einer gemeinsamen Anstrengung hatten neue Bauherren, die sich Architektengruppe 2412 nannten, und die Bewohner gemeinsam die Anlage neu aufgebaut.

Schnell näherte sich der Gleiter den 16 Türmen.

Das Herzstück Kanchenjungas bestand aus einem drei Kilometer durchmessenden und vierhundert Meter hohen Hauptgebäude von achteckigem Grundriss. Darin war ein zehnstöckiges Einkaufs- und Vergnügungszentrum untergebracht. Ausgedehnte Freizeitanlagen luden zum Verweilen und zur körperlichen Ertüchtigung ein.

Das Dach war als vielseitige Parkanlage konstruiert worden. Aus ihm erhoben sich kreisförmig die sechshundert Meter hohen Wohntürme in den Himmel Terranias. Ihre schlanke Form erinnerte an den frühen terranisch-imperialen Stil, den die Erbauer in dieser Anlage aufleben ließen.

Was genau war geschehen? Er wusste zwar, was es mit Kanchenjunga auf sich hatte, doch die Erinnerung an das, was vor wenigen Minuten geschehen war, war bereits undeutlich, verschwommen.

Perry Rhodan hatte ihn in Anwesenheit von Cai Cheung und Hekéner Sharoun gefragt, ob er am frühen Nachmittag dabei sein wollte, wenn Attilar Leccore ins Solare Haus kam. Der TLD-Chef wollte neue Erkenntnisse vortragen.

»Ich werde versuchen, es einzurichten«, hatte Sybrand geantwortet.

Mittlerweile bezweifelte er, dass er es schaffen würde.

Er musste sich unbedingt für einen Moment ausruhen.

Etwas ... stimmte nicht mit ihm.

Waren es ... Abstimmungsprobleme zwischen den beiden Bewusstseinen in einem Körper?

Er musste es so schnell wie möglich herausfinden, bevor jemand misstrauisch wurde.

Ein ganz anderer Gedanke drängte in ihm empor. Würde seine Lebenspartnerin zu Hause sein, Celotta Lacombe?

Er hoffte es.

Oder fürchtete er es? Wollte er eine Begegnung mit ihr vermeiden? Fühlte er sich einem Zusammentreffen gewachsen? Oder noch nicht?

Er konnte es nicht richtig einschätzen.

Seine Verwirrung wuchs.

Der Autopilot setzte den Gleiter auf einem Stellplatz ab. Nachdem er ausgestiegen war, würde die Mini-Positronik ihn in ein Parkdeck fliegen. Bei Bedarf konnte Sybrand ihn jederzeit von dort herbeirufen.

Seine Beine legten den Weg zum Appartement fast selbstständig zurück. Der Gang, der Antigravlift, ein weiterer Gang, eine Abzweigung, dann war er da. Ein Scanner überprüfte ihn. Die Tür öffnete sich, und Sybrand betrat das Appartement.

Er sah sich um. Die Anordnung der Zimmer und die Einrichtung kamen ihm vertraut und gleichzeitig völlig fremd vor. Es war alles so bodenverhaftet flach, so geradlinig – so unangenehm übersichtlich. Und zudem angestrahlt von hellstem Licht!

»Servo, abdunkeln auf Dämmerlicht!«

Er fuhr leicht zusammen, als sich vor ihm ein Holo bildete.

Es war Celotta. Sie sah ihn aus dunkelbraunen Augen an, wischte mit einer Hand das schwarze Haar zurück. »Ich muss zum Merkur«, sagte sie mit sanfter Sopranstimme. »Ich bin morgen, am fünfundzwanzigsten September, am frühen Abend wieder zurück.« Sie warf ihm einen Handkuss zu. »Hoffentlich vermisst du mich.«

Die Holobotschaft erstarrte, blieb aber bestehen, löste sich nicht auf. Das war eine Eigenart Celottas. Wenn sie ihm solche Grüße ausrichtete, wollte sie, dass er sie lange betrachtete und das Holo schließlich selbst abschaltete.

Er sah das Holo gleichgültig an.

Er empfand nichts, nicht das Geringste. Er war völlig gefühllos, obwohl er wusste, dass es anders sein sollte.

Wieso das?, fragte er sich verwundert. Was stimmt nicht mit mir?

Als hätte dieser Gedanke eine befreiende Wirkung, tauchte etwas aus den Abgründen seines Unbewusstseins auf.

Nämlich er selbst.

Er war nicht Sybrand Herzog.

Er war überhaupt kein Mensch.

Weit davon entfernt.

Er war der Tiuphore Camaxi Texolot. Ein toter Tiuphore.

Und nun brach alles wieder über ihn herein.

*

Er stammte vom Sterngewerk CIPPACONTNAL.

Caradocc Maxal Xommot hatte ihn auf Befehl des Tomcca-Caradocc Accoshai damit beauftragt, ins Solsystem vorzustoßen, um dort hauptsächlich eines in Erfahrung zu bringen: Hatten die Terraner Mittel und Wege gefunden, den Indoktrinatoren zu widerstehen? Und wenn ja, wie und wieso? Der Caradocc verlangte von ihm eine definitive Aussage, ob dieser Verdacht zutraf und welcher Art die Abwehrwaffe war.

Nun wusste Camaxi Texolot aus den Erinnerungen Sybrand Herzogs und von dem, was er im Solaren Haus gehört hatte: Ja, diese Waffe existierte. Aber er kannte ihre Wirkungsweise nicht.

Nun erinnerte er sich an alles.

Sein eigentlicher Körper war tot. Sein Bewusstsein war auf seine Tiucui-Zuflucht transferiert worden, ein winziges Kristallplättchen, für das die Ärzte auf Mimas den Begriff Sextadim-Platine