Perry Rhodan 2940: Der Putsch - Uwe Anton - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2940: Der Putsch E-Book und Hörbuch

Uwe Anton

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Beschreibung

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben. Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als "nichtmenschlich" bezeichnet hätte. Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten; dazu zählen auch die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris. Einst waren sie in der Milchstraße beheimatet und haben nun den Wunsch geäußert, erneut Kontakt aufzunehmen. Gegenwärtig hält sich Rhodan in ihrem Goldenen Reich auf, wo er auch auf ein Splittervolk der Menschheit gestoßen ist: das Zweite Solare Imperium. Dieses ZSI gilt als treuer Verbündeter des Gondunats – aber es gibt Grund zu der Annahme, dass dessen Interessen nicht jenen der Milchstraßenmenschheit entsprechen und das Bündnis auf einer Lüge beruht. Insgesamt scheinen es die Thoogondu mit der Wahrheit nicht allzu genau zu nehmen. Als dies im ZSI bekannt[…]

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Zeit:3 Std. 27 min

Sprecher:Renier Baaken

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Nr. 2940

Der Putsch

Intrigen im Zweiten Solaren Imperium – der Einsatz auf Selene beginnt

Uwe Anton

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. RAS TSCHUBAI, 22. November 1551 NGZ

2. RAS TSCHUBAI, 22. November 1551 NGZ

3. RAS TSCHUBAI, 22. November 1551 NGZ

4. RAS TSCHUBAI, 22. November 1551 NGZ

5. RAS TSCHUBAI, 22. November 1551 NGZ

6. SHARPE, 22. November 1551 NGZ

7. RAS TSCHUBAI, 22. November 1551 NGZ

8. SHARPE, 22. November 1551 NGZ

9. RAS TSCHUBAI, 22. November 1551 NGZ

10. RAS TSCHUBAI, 23. November 1551 NGZ

11. Selene, 24. November 1551 NGZ

12. Selene, 26. November 1551 NGZ

Report

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben.

Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als »nichtmenschlich« bezeichnet hätte.

Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten; dazu zählen auch die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris. Einst waren sie in der Milchstraße beheimatet und haben nun den Wunsch geäußert, erneut Kontakt aufzunehmen. Gegenwärtig hält sich Rhodan in ihrem Goldenen Reich auf, wo er auch auf ein Splittervolk der Menschheit gestoßen ist: das Zweite Solare Imperium.

Dieses ZSI gilt als treuer Verbündeter des Gondunats – aber es gibt Grund zu der Annahme, dass dessen Interessen nicht jenen der Milchstraßenmenschheit entsprechen und das Bündnis auf einer Lüge beruht. Insgesamt scheinen es die Thoogondu mit der Wahrheit nicht allzu genau zu nehmen. Als dies im ZSI bekannt wird, kommt es zum Riss – und es beginnt DER PUTSCH ...

Die Hauptpersonen des Romans

Gucky – Der Mausbiber nutzt seine Fähigkeiten.

Perry Rhodan – Der Terraner entfaltet seine militärisch-taktische Kompetenz.

Cassandra Somerset – Die Politikerin muss aus dem Schatten Rhodans treten.

Arbo P. Dannan – Der Admiral greift nach der Macht.

Gi Barr

»Wie hast du den Mnemo-Schock erlebt?«

Ich schüttelte mich, als die Erinnerung wieder über mich hereinbrach. Ich war so dicht mit dem telepathischen Archiv verbunden gewesen, dass mich jeder einzelne Ausflug schon zermürbt hatte, aber der Moment, in dem es sich vollkommen öffnete ... Ich versuchte, etwas zu sagen, das alles relativierte, aber sie hatte mit dieser Frage einen Nerv getroffen ... In diesem Moment konnte ich nichts anderes sagen als die Wahrheit, wie ich sie erfahren hatte.

»Es war furchtbar! Ich hatte die absolute Gewissheit, dass alles genau so passiert ist: Die Thoogondu haben die Geschichtsschreibung konsequent verfälscht. Sie haben uns von Anfang an belogen, und vielleicht sogar sich selbst. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, wenn 12.000 Jahre neu geschriebene galaktische Geschichte voller Kriege unvermittelt über dich hereinbrechen.

Aber was sage ich. Du kannst es dir vorstellen. Du hast es ja ebenfalls erlebt.«

Gucky

1.

RAS TSCHUBAI

22. November 1551 NGZ

»Dann«, sagte Ruogoovid, »werden die Waffen sprechen müssen.«

Das Holo des Galaktschwarmlenkers, der zugleich Kommandant der Pentasphäre AHAYOOTA war, löste sich auf.

Rhodan musterte Cassandra Somerset aus dem Augenwinkel. Die mentale Anspannung hielt sie noch immer im Griff, aber sie bemühte sich, so gut es ging. Sie war eine starke Frau und würde die Situation zu beherrschen lernen, so, wie er es ebenfalls gelernt hatte. Aber er wusste, dass es lange dauern konnte, bis sie sich selbst tatsächlich völlig von der Furcht befreit haben würde.

Kein Wunder, dachte der Terraner. Eine gondische Flotte im Neo-Solsystem, darunter 50 Pentasphären. Im Zentralsystem des ZSI, als dessen Regierungschefin sie demokratisch legitimiert ist!

Er vermutete allerdings, dass es nicht allein diese Entwicklung war, die ihr dermaßen zusetzte. Mindestens ebenso schwerwiegend würde der Nachhall dessen sein, was sie erlebt hatte: Das telepathische Archiv der Nachtherolde war geöffnet worden. Somerset und alle Bewohner des Neo-Solsystems hatten dadurch die Wahrheit über die Geschichte der Thoogondu in Sevcooris erfahren. Mit dieser Enthüllung war zugleich der Mnemo-Schock entfesselt worden. Die freigesetzten Erinnerungen waren wie ein mentaler Orkan durch das gesamte Neo-Solsystem gefegt und hatten alle bis in die Grundfesten ihres Verstandes erschüttert und sie kurzfristig handlungsunfähig gemacht. Auch die Besatzung der RAS TSCHUBAI bildete dabei keine Ausnahme.

Die Solastratorin konnte sich nicht einmal vorstellen, wie es gegenwärtig auf den Welten ihres Systems aussah. Der Boden für einen Bürgerkrieg war schon vorher bereitet gewesen, und die unglaubliche emotionale Anspannung würde die Lage eskalieren lassen.

Rhodan räusperte sich und betrachtete die Ortungsholos. »Zugegeben, das ist eine schlagkräftige Armada, die selbst der RAS TSCHUBAI gefährlich werden kann.«

Oberst Cascard Holonder, der glatzköpfige ertrusische Kommandant der RAS TSCHUBAI, erhob sich aus seinem Sessel und baute sich förmlich vor Rhodan auf. »Glaubst du das wirklich, Expeditionsleiter?«

»Vor allem, wenn man davon ausgeht, dass die Thoogondu nicht alle waffentechnischen Karten auf den Tisch gelegt haben.« Aber das spielte eigentlich keine Rolle. Worauf wollte der Kommandant eigentlich hinaus?

Rhodan erhielt umgehend die Antwort.

»Ich bitte dich, in dieser prekären Situation aufgrund deiner höheren Erfahrung bei kritischen Kampfeinsätzen das Kommando in der Zentrale zu übernehmen.«

Überrascht musterte der Unsterbliche den Oberst.

Holonder bemerkte sein Zögern. »Das ist keine Feigheit vor dem Feind«, fuhr er fort, »sondern eine optimale Ausnutzung unserer Ressourcen. So können wir beide unsere Stärken am besten ins Spiel bringen.« Er grinste. »Ich freue mich schon darauf, meine unvergleichliche und nach wie vor unerreichte Beherrschung der RAS TSCHUBAI wieder unter der SERT-Haube unter Beweis stellen zu können.«

Der Terraner lächelte. Holonder entschärfte seine ungewöhnliche Bitte, indem er in seinen Worten eine beträchtliche Ironie mitschwingen ließ.

»Wenn du es so möchtest.« Rhodan nickte. Der Ertruser hatte seine Tugenden längst bewiesen und war dank seiner engen Verbindung mit dem Schiff unangefochten zum Kommandanten aufgestiegen. »Bitte gewährt.«

Er warf wieder einen Blick auf die Holos. Immer mehr Raumschiffe des Zweiten Solaren Imperiums trafen ein. Rhodan sah Schlachtschiffe wie die BOUNT TERHERA unter Admiralin Shanina Sivathassam, die ja die BJO BREISKOLL ins Neo-Solsystem eskortiert hatte. Auch die ARTEMIS war darunter, Dannans Flaggschiff und damit gleichzeitig das des ZSI.

»Eingehender Funkspruch!«, meldete Oberstleutnant Lit Olwar, der Leiter der Funk- und Ortungsabteilung. Dank seines tonnenförmig aufgewölbten Brustkorbs und der stark vergrößerten Lungen konnte der birkenblattgrüne Imarter sich ohne technische Hilfsmittel im weiten Rund der Zentrale gut verständlich machen und auf Lautsprecherfelder verzichten. »Stannisan Hedreen, der Kommandant der ARTEMIS, verlangt den Expeditionsleiter zu sprechen.«

»Er verlangt?«, wiederholte Rhodan.

Die Wortwahl klang nicht vielversprechend. Hedreen war Dannans Vertrauter, dessen militärische Hand. Diplomatie gehörte offensichtlich nicht zu seinen hervorstechenden Tugenden, und er nutzte schon den ersten Kontakt, um zu zeigen, dass er aus einer Position der Stärke agierte.

Sollte Rhodan sich auf dieses Spiel einlassen? Sollte Olwar dem Kommandanten mitteilen, dass er einer Bitte gerne nachkommen, einem Verlangen aber nicht nachgeben würde?

Oder würde er Hedreen mit solchen diplomatischen Feinheiten einfach überfordern?

So oder so, sie hatten keine Zeit für derartige Ränkespielchen.

»Bitte.« Rhodan nickte.

Vor ihm bildete sich ein Holo. Es zeigte den Kopf und die Schultern eines selbstbewusst wirkenden Mannes mit schwarzen Haaren, hellblauen Augen und einem scharf geschnittenen Gesicht. Er hielt sich zweifellos für einen harten Kerl und strotzte vor Selbstbewusstsein.

»Perry Rhodan.« Er nickte knapp.

»Stannisan Hedreen.« Rhodan erwiderte das Nicken.

»Ich muss dich auffordern, uns die RAS TSCHUBAI zu übergeben.«

»Oh.« Rhodan runzelte die Stirn. »Da habe ich offensichtlich etwas nicht verstanden. Wie ich es sehe, ist deine oberste Vorgesetzte noch immer Cassandra Somerset, die gewählte Solastratorin des Zweiten Solaren Imperiums.«

Hedreen schüttelte leicht den Kopf. »Nein. Die ARTEMIS steht weiterhin einzig und allein unter dem Befehl von Sternenadmiral Dannan. Die Solastratorin wurde beeinflusst und ist nicht regierungsfähig. Sie wurde abgesetzt, bis sie wieder bei klarem Verstand und vom Einfluss der Terroristen befreit ist.«

»Der Terroristen?«

»Der Nachtherolde ...«

Rhodan wurde klar, dass er auf verlorenem Posten stand. Er konnte tun oder lassen, was er wollte, Hedreens Meinung war nicht zu erschüttern. Ganz gleich, was er sagte, der Kommandant würde ihm die Worte im Mund herumdrehen. So kam er nicht weiter.

»Das hatten wir schon einmal«, antwortete er ruhig. »Ich habe die Aufforderung, die RAS TSCHUBAI zu übergeben, bereits abschlägig beschieden. So kommen wir nicht weiter.«

»Dann werden die Waffen sprechen!«, drohte Hedreen.

»Auch das habe ich in den letzten Stunden oft zu hören bekommen.«

Der Kommandant der ARTEMIS betrachtete ihn kalt aus seinen hellblauen Augen. Auch er schien zu erkennen, dass seine diplomatischen Mittel vorerst ausgeschöpft waren.

»Wie du willst«, sagte er, und das Holo löste sich auf.

Rhodan wusste, was nun kommen würde. »Schirm aktivieren!«

Kommandant Holonder hatte nur auf den Befehl gewartet. Im nächsten Augenblick hüllte sich die RAS TSCHUBAI in einen Paratronschirm.

Zwanzig Sekunden später begann der Beschuss.

*

Als der Paratronschirm blau aufleuchtete und die ersten Salven der gäonischen Flotte über den Kontinuum-Strukturriss in den Hyperraum ableitete, ließ Rhodan die RAS TSCHUBAI beschleunigen, um im Notfall umgehend auf Überlichtgeschwindigkeit wechseln zu können.

»Auslastung des Paratrons bei siebzehn Prozent ... zweiundzwanzig ... schnell steigend!«, meldete Holonder.

»Wir erwidern das Feuer nicht«, entschied Rhodan. »Die Treffer nehmen wir hin.«

»Sie bleiben nicht ganz ohne Wirkung«, gab der Kommandant zu bedenken. »Die Offensivkraft der ZSI-Schiffe ist nicht zu unterschätzen.«

Rhodan warf einen Blick auf die Ortungsholos. Die BOUNT TERHERA hatte die Rolle der Speerspitze übernommen, die RAS TSCHUBAI passiert und dabei gefeuert. In ihrem Fahrwasser folgten mehrere kleinere Einheiten, die ebenfalls Salven auf das Expeditionsraumschiff abgaben. Unmittelbar darauf folgten die ARTEMIS und weitere kleine Einheiten, die ähnlich vorgingen. Es war jedoch kein klassischer Angriffsflug, der irgendwelche Aussichten auf Erfolg haben konnte.

Der Terraner verstand die Aktion als Drohgebärde.

»Auslastung bei zweiundvierzig Prozent!«, bellte der Ertruser.

»Die Einschläge werden aber auch nicht tatsächlich gefährlich«, stellte Rhodan fest. »Trotzdem ...« Er musste handeln, zumindest ein Zeichen setzen. »Also gut.«

Rhodan kommandierte knapp, kühl und überlegt. Sein Ziel war es nicht, ein Schiff der Gäonen zu beschädigen und damit die Lage endgültig eskalieren zu lassen. Er wollte das Feld aber auch nicht kampflos räumen. Und er wollte die Gäonen nicht sinnlos demütigen.

»Wir manövrieren die ZSI-Raumer aus«, befahl er. »Librotron-Antrieb, wir gehen in den Linearraum, fliegen eine Kurve von zwanzig Millionen Kilometern um Gäon herum und tauchen hinter den Angreifern wieder auf.«

»Verstanden.« Holonder gab den Befehl weiter.

Ein Zeichen, dachte Rhodan, mehr nicht.

Der Antrieb erzeugte dreifach gestaffelte Halbraumfelder, von denen das äußere Feld quasi-statisch war und der Gesamtverstärkung der vom System bewirkten Halbraumeffekte diente. Die beiden inneren Feldschalen wurden in Feldstärke, Orientierung und Rotationsgeschwindigkeit variiert. Dabei wurden Umstände erzielt, die eine Bewegung im Normalraum, den Übertritt in den Halbraum und die Bewegung im Halbraum ermöglichten. Ein Konturprojektor schuf eine winzige, trichterförmige Halbraumzone in der normalen Raumzeit. Die Wechselwirkung der Zone mit der umgebenden Raumzeit erzeugte einen Kraftvektor, der den Projektor von der Zone abstieß.

Und zwar mit 380 Kilometern pro Sekundenquadrat. Etwas Gleichwertiges hatten die Raumschiffe des Zweiten Solaren Imperiums nicht zu bieten.

»Repuls-Paratronblase!«, befahl Rhodan, als die RAS TSCHUBAI etwa 200.000 Kilometer von Gäon entfernt wieder im Normalraum erschien.

»Paratronblase steht«, bestätigte Holonder. »Glaubst du wirklich, dass Stannisan Hedreen sich davon abhalten lässt, weitere Angriffe zu fliegen?«

»Auf keinen Fall. Aber er muss sich wegen der Nähe zu Gäon zurückhalten.« Es ging dem Kommandanten der ARTEMIS um eine Demonstration. Bei einem ernst gemeinten Angriff auf die RAS TSCHUBAI wäre er ganz anders vorgegangen.

Hedreen näherte sich der RAS TSCHUBAI erneut, und diesmal hatten sich der ARTEMIS mehr Schiffe denn je zuvor angeschlossen. Sie steigerten die Eskalation langsam und setzen Trommelfeuer ein.

»Aagenfelt-Barriere zuschalten!«, befahl Rhodan.

»Radius?«

Die Barriere konnte maximal in 2,5 Milliarden Kilometern vom Schiff entstehen, doch Rhodan beschloss, sie in diesem Fall stark zu beschränken. »Einhunderttausend Kilometer!«

»Verstanden.«

Rhodan beobachtete auf den Holos, wie die Transformgeschosse in dieser Entfernung vor dem Eintreffen im Ziel aus dem Hyperraum fielen und explodierten, ohne Schaden anzurichten.

»Paros-Schattenschirm und Libratronvakuole?«, fragte Holonder.

»Nicht einsetzen«, entschied Rhodan. »Diese Mittel sind aktuell nicht nötig. Außerdem müssen wir ja nicht alle Karten auf den Tisch legen.«

Der Kommandant bestätigte. Widerstrebend, hatte Rhodan den Eindruck. Er vermutete, dass Holonder lieber klare Fakten geschaffen hätte.

Insofern war es gut, dass der Ertruser das Kommando abgegeben hatte.

Allmählich kam der Angriff zum Erliegen. Die Abwehrmöglichkeiten der RAS TSCHUBAI verwirrten die Kommandanten der Gäonen offenbar, und weitere Attacken kamen ihnen zwecklos vor.

Rhodan hatte sein Ziel erreicht. Die ARTEMIS hielt sich zurück, um das weitere Vorgehen zu überdenken.

2.

RAS TSCHUBAI

22. November 1551 NGZ

Eine Ader auf Sternenadmiral Arbo Perikles Dannans Stirn trat deutlich sichtbar pochend hervor. Sie verlief von der hohen rechten Geheimratsecke quer hinab zu seiner Schläfe. Blaues Blut schien dort zu pulsieren.

Das war das einzige Zeichen dafür, dass der Zorn in Dannan geradezu brodelte. Ansonsten hatte er sich perfekt in der Gewalt. Er wirkte beherrscht, ruhig, ja fast gelassen.

Cassandra Somerset war froh, dass sie auf einem bequemen Sessel saß, direkt neben Perry Rhodan. Dass sie nicht stehen musste, weil sie befürchtete, man würde bemerken, wie ihre Knie zitterten.

Das Holo, das Dannan von ihnen sah, zeigte sowieso nur den Kopf und die Schultern. Eine ähnliche dreidimensionale Darstellung sahen sie von ihm.

Sie bekam das Zittern ihrer Beine nur langsam in den Griff. Als junges Mädchen hatte sie manchmal bei Freundinnen übernachtet, oder ihre Freundinnen bei ihr. An die meisten von ihnen erinnerte sie sich nicht mehr genau, doch eine sah sie vor sich, als wäre sie ihr noch gestern begegnet.

Sie wusste auch noch, wie sie hieß.

Iwi. Die hübscheste von ihnen. Und die frechste und mutigste. Sie sah von ihnen allen am besten aus, alle Jungs liefen ihr hinterher, sie hatte nichts zu befürchten. Und sie fürchtete sich vor nichts und niemandem.

Vermutete Cassandra zumindest.

Irgendwie war es Iwi immer gelungen, zu ihren traditionellen Halloween-Pyjama-Partys Horror-Trivids zu besorgen, für die sie eigentlich zu jung waren. Sie hatten sie sich des Nachts angesehen, immer auf der Hut vor den Eltern der Freundin, bei der sie übernachteten, das Zimmerlicht gelöscht, bemüht, so leise wie möglich zu bleiben.

Eigentlich waren die Trivids blöd gewesen, kindisch, fast schon lächerlich. Aber die Dunkelheit, die Befürchtung, jeden Augenblick von einem Erwachsenen überrascht zu werden, die Schockeffekte der Holos und ihre gespielte oder tatsächliche Angst hatten sich gegenseitig hochgeschaukelt.

Irgendwann hatten sie einander immer in den Armen gelegen und sich die Hände vor die Augen gehalten, doch nur halbherzig. Sie schauten durch die Schlitze zwischen den Fingern und beobachteten fasziniert, wie Menschen getötet wurden und Ungeheuer sie verfolgten oder die Opfer immer wieder dorthin gingen, wohin sie eigentlich niemals gehen durften.

Und Iwi hatte es jedes Mal auf den Punkt gebracht. »Du schlotterst ja!«, hatte sie gerufen. »Du schlotterst vor Angst!« Es war ein harmloses Aufziehen gewesen, ein Spiel, das ihre Anspannung nur noch gesteigert hatte.

Aber an diesem Tag war es kein Spiel.

Sie schlotterte tatsächlich, so kindisch es sich anhören mochte.

Vor Angst.

Warum denke ich ausgerechnet jetzt an diese Abende, an denen der Herbst all seine Kraft zusammenzog und böse Geschöpfe aus anderen Welten in die unsere brachte?, fragte sich die Solastratorin.

Sie hatte Angst. Sie gestand es sich ein, und das war vielleicht der erste Schritt, diese Angst zu überwinden.

Der Mnemo-Schock steckte ihr in den Knochen. Sie hatte ihn längst nicht überwunden.

Und nun ... sie war Politikerin – und mitten in einer Raumschlacht. Sie hatte nie damit gerechnet, einmal an einer bewaffneten Auseinandersetzung fern von Gäon teilnehmen zu müssen. Mitten in einer riesigen, aber doch so winzigen Kugel, die von Heerscharen anderer Kugeln gejagt wurde.

Und gestellt worden war.

Aus dem Augenwinkel beobachtete sie Rhodan.

Wie kann er nur so gelassen bleiben, so beherrscht?, fragte sie sich. Er schien die Lage völlig unter Kontrolle zu haben. Dannans Schiffe hatten angegriffen, Rhodan hatte das Kommando übernommen, die RAS TSCHUBAI aus der Schusslinie gebracht, und die Angriffswelle war am Schutzschirm des riesigen Schiffs gescheitert.

Aber was, fragte sie sich, wenn die Thoogondu eingreifen? Sie waren mit mindestens 50 Schiffen im Neo-Solsystem erschienen. Noch schienen sie neutral zu bleiben, doch wenn sie sich an dem Angriff beteiligten ...

Cassandra wollte sich nicht vorstellen, was dann geschehen würde.

Dann würde aus dem perfekt choreografierten Spiel der Drohgebärden auf einmal Ernst werden.

Sie musste versuchen, sich zu beruhigen. Die Angst abzuschütteln.

Vielleicht gelang es ihr, wenn sie sich an Rhodan orientierte.

Sie sah wieder zu ihm.

Er saß ganz ruhig da, hörte sich Dannans Tirade unbeeindruckt an.

Rhodan kannte Dannan nicht so gut wie sie. Ihr genügten kleine Anzeichen, um ihn einschätzen zu können. Indizien wie die angeschwollene Ader auf seiner Stirn. Rhodan hatte da größere Schwierigkeiten.

Der Sternenadmiral war zornentbrannt wegen der Öffnung des Archivs der Nachtherolde.

»Das sind Rebellen!«, sagte er, um Gelassenheit bemüht, doch auch kleine Ausreißer seiner Stimme verrieten ihn. Manchmal schnappte seine Stimme über, und er sprach etwas höher als normal. »Terroristen! Und du arbeitest mit ihnen zusammen, Rhodan! Wer gemeinsame Sache mit Terroristen macht, ist nicht besser als diese. Für solche Verbrechen könnte ich die Todesstrafe über dich verhängen. Gebt auf, oder wir greifen an! Unterwirf dich der Gerichtsbarkeit des Zweiten Solaren Imperiums!«

»Falls die legitime Regierungschefin es wünscht«, entgegnete der unsterbliche Terraner, »wird die RAS TSCHUBAI das System unverzüglich verlassen.«

Warum geht Rhodan überhaupt auf dieses Spiegelgefecht ein?, fragte sich Cassandra. Was bezweckt er damit? Es ist doch alles gesagt, was es zu sagen gibt!

»Cassandra Somerset ist nicht mehr die Regierungschefin!«

Rhodan lehnte sich zurück. »Das sehe ich anders. Die legitime, gewählte Regierungschefin ist noch immer Cassandra Somerset. Die Untersuchungen der beiden Mediker Ivar Harouchi und Ray Lamazu haben nichts ergeben, was eine Ablösung der Solastratorin notwendig erscheinen lässt. Deine Aussagen entbehren jeder Grundlage!«

Der Sternenadmiral runzelte die Stirn und wollte etwas sagen, doch bevor er dazu kam, winkte Rhodan kurz. Der hintere Teil des Konferenzraums erhellte sich, und zwei Männer traten hervor.

Einer war etwa 60 Jahre alt und eher dicklich, mit glattem, dichtem, schwarzem Haar. Er war mit einer bequemen Hose, einem weiten Hemd und einem dazu passenden Jackett leger gekleidet und wirkte aufmunternd-freundlich, ohne ins Betuliche abzugleiten. Er stellte sich demonstrativ neben Cassandra Somerset und ergriff sanft ihre Hand. Beiläufig tätschelte er sie und betrachtete die Solastratorin aufmerksam aus seinen dunklen Augen.

*