Perry Rhodan 2956: Das Hooris-Phänomen - Uwe Anton - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2956: Das Hooris-Phänomen E-Book und Hörbuch

Uwe Anton

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Beschreibung

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben. Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als "nichtmenschlich" bezeichnet hätte. Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten. Derzeit machen vor allem die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris von sich reden, einst ein von ES erwähltes und dann vertriebenes Volk. Perry Rhodan hat sie auf ihre eindringliche Einladung hin in ihrer neuen Heimat aufgesucht und sich ein Bild von der dortigen Lage gemacht. Die Thoogondu scheinen hilfsbereit zu sein, doch ihre Mittel sind alles andere als lauter, sodass auch Zweifel an ihren Zielen angebracht scheinen. Insbesondere scheuen sie vor Geschichtsklitterung nicht zurück, was letztlich auch dazu führt, dass sich ihre Verbündeten von ihnen distanzieren. Die Gäonen, ein Menschenvolk, das ebenfalls in Sevcooris ansässig ist[…]

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Zeit:3 Std. 32 min

Sprecher:Renier Baaken

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Nr. 2956

Das Hooris-Phänomen

Die Rückkehr des Terraners – eine Statue erwacht zum Leben

Uwe Anton / Michael Marcus Thurner

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. RAS TSCHUBAI

2. 31. März 1552 NGZ

3. 31. März 1552 NGZ

4. 1. April 1552 NGZ

5. Quinto-Center

6. RAS TSCHUBAI

7. Quinto-Center

8. 2. April 1552 NGZ

9. IWAN IWANOWITSCH GORATSCHIN

10. Quinto-Center, Sektion OM

11. IWAN IWANOWITSCH GORATSCHIN

12. Quinto-Center, Sektion OM

13. Quinto-Center

14. Quinto-Center, Sektion OM

15. Quinto-Center, Sektion OM

16. RAS TSCHUBAI

17. RAS TSCHUBAI

18. IWAN IWANOWITSCH GORATSCHIN

Report

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben.

Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als »nichtmenschlich« bezeichnet hätte.

Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten. Derzeit machen vor allem die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris von sich reden, einst ein von ES erwähltes und dann vertriebenes Volk. Perry Rhodan hat sie auf ihre eindringliche Einladung hin in ihrer neuen Heimat aufgesucht und sich ein Bild von der dortigen Lage gemacht.

Die Thoogondu scheinen hilfsbereit zu sein, doch ihre Mittel sind alles andere als lauter, sodass auch Zweifel an ihren Zielen angebracht scheinen. Insbesondere scheuen sie vor Geschichtsklitterung nicht zurück, was letztlich auch dazu führt, dass sich ihre Verbündeten von ihnen distanzieren. Die Gäonen, ein Menschenvolk, das ebenfalls in Sevcooris ansässig ist, ist ein solcher Verbündeter. Nun kehrt Perry Rhodan zurück in die Milchstraße. Dort begegnet ihm sofort DAS HOORIS-PHÄNOMEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner kehrt nach Hause zurück.

Monkey – Der Oxtorner verteidigt sein Zuhause.

Mia Davoos – Die Kadettin ist vom Pech verfolgt.

Golten Patich – Der Haluter wacht über sein Kind.

Sichu Dorksteiger

1.

RAS TSCHUBAI

31. März 1552 NGZ

»Die Milchstraße ...« Syllester Fords Stimme klang andächtig, während er die dreidimensionale Darstellung betrachtete, die sich soeben in der Holophalanx der Zentrale gebildet hatte.

Perry Rhodan konnte den Gäonen verstehen. Die RAS TSCHUBAI hatte nach mehr als neun Monaten Abwesenheit die Milchstraße erreicht. Selbst für ihn und die Besatzung war dies ein großer Moment. Wie sollten sich da erst die beiden gäonischen Gäste fühlen, die den 115 Millionen Lichtjahre langen Flug zur Milchstraße mitgemacht hatten, Syllester Ford und Shari Myre?

Ford war der Amtsvorgänger der gegenwärtigen Solastratorin – der Regierungschefin der Gäonen –, Shari Myre hingegen entstammte keinem politischen Umfeld, sondern war eine Journalistin, die die berufliche Neugier dazu getrieben hatte, ihre Heimat zu verlassen.

Insbesondere von Syllester Ford erhoffte Rhodan sich einiges. Die Gäonen, die in der Milchstraße agierten, kannten ihn. Er sollte sie über die aktuellen Entwicklungen informieren und konnte als Autoritätsperson hoffentlich dafür sorgen, dass sie jede feindliche Handlung gegen die Terraner einstellten.

»Das also ist die Galaxis, aus der unsere Vorfahren stammten«, fuhr Syllester fort. »Ich hätte nicht gedacht, sie jemals zu sehen.«

»Aber ihr verfügt doch über die technischen Möglichkeiten, die Milchstraße zu erreichen«, warf Rhodan ein.

»Das Militär der Gäonen, ja, aber nicht ich persönlich«, antwortete Ford ein wenig verbittert. »Nicht ein ehemaliger Solastrator, der keine politische Bedeutung mehr hat, sondern nur seine Reputation aus Amtstagen retten konnte.«

Rhodan nickte, kommentierte Fords Einwand aber nicht. Einen Augenblick überwältigte ihn die Faszination, die Milchstraße wiederzusehen.

Die RAS TSCHUBAI hatte den Planeten Kuurenduun im Vorfeld von Sevcooris am 26. Dezember 1551 NGZ verlassen und endgültig die Heimreise in die Milchstraße angetreten. Sie befand sich etwa tausend Lichtjahre oberhalb der Milchstraßenhauptebene, über der Westside.

Schon vor 100.000 Lichtjahren war das Fernraumschiff ziemlich direkt oberhalb des Solsystems vom Hypertrans-Progressorflug in den normalen Linearflug übergegangen. Seit neun Tagen war die Besatzung befreit vom Aufenthalt in den schützenden Suspensionsalkoven. Die Mannschaft war wach und komplett einsatzfähig.

Ja, die Milchstraße, dachte Rhodan. Er war schon oft von Reisen zu fernen Galaxien zurückgekehrt, und jedes Mal war diese Rückkehr etwas Besonderes gewesen.

Die Milchstraße war seine Heimat. Er konnte es rational nicht erklären, aber die Verbindung zu ihr war so stark, dass sie ihn gefühlsmäßig stets aufs Neue ein wenig aus der Fassung brachte.

Das durfte diesmal nicht geschehen. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Es gab zu viel zu tun.

»Lit«, sagte er zu Oberstleutnant Olwar, dem Leiter der Abteilung Funk und Ortung, »stell über Hyperfunk Kontakt mit Hekéner Sharoun her.«

Der Ferrone Sharoun war 1546 NGZ zum Residenten gewählt worden, zeitgleich mit der von ihm betriebenen Umbenennung der Liga Freier Terraner in die Liga Freier Galaktiker.

Lit Olwar schaute zu Rhodan auf. »Verstanden«, sagte er. »Und ... ich freue mich auch, wieder zu Hause zu sein, Perry.«

*

Kadett Mia Davoos ärgerte sich jedes Mal, wenn sie bei der Materialausgabe für Berufskleidung vorbeischauen musste. Sie verstand ja, dass spezielle Sonderausrüstung wie Schutzkleidung oder Raumanzüge nur an den entsprechenden Materialausgaben zur Verfügung gestellt wurde, aber Uniformen ...?

Frische Uniformen benötigte man täglich oder mehrmals in der Woche, je nachdem, wie reinlich man war, und es war lästig, zu den zentralen Ausgabestellen zu gehen. Davon gab es zwar anscheinend unendlich viele, und mindestens eine lag auf dem Weg zum Einsatzort eines jeden Besatzungsmitglieds, aber Mia begriff den Sinn hinter dieser Regelung nicht.

Warum konnte sie ihre Uniform nicht aus dem Spender in ihrer Kabine ziehen? Dann hätte sie direkt nach dem Duschen die frische Montur anlegen können, ohne Zwischenhalt bei der Materialausgabe. Natürlich konnte sie auch Uniformen auf Vorrat mitnehmen, aber nur maximal drei, und die menschliche Natur sorgte dafür, dass sie sich immer auf den letzten Drücker Nachschub besorgte. Bequemlichkeit nannte man so etwas.

Seufzend betrat sie die Materialausgabe. Die Räumlichkeiten waren großzügig angelegt. Etwa zwei Dutzend Umkleidekabinen standen für diejenigen zur Verfügung, die sich erst auf dem Weg zum Dienstantritt umzogen – wie Mia Davoos.

Sie betrat eine der Kabinen, drückte auf das Ausgabedisplay und legte ihre Freizeitkleidung ab. Die verstaute sie in dem dafür vorgesehenen Fach. Sie würde gereinigt und automatisch in ihre Kabine überstellt werden.

Dann legte Mia die frische Uniform an, mit den Gedanken bereits bei der bevorstehenden Schicht in der Waffenleitzentrale. Es gab viel zu tun, die täglichen Kontrollroutinen fraßen einen Gutteil ihrer Zeit auf.

Mia Davoos ließ sich zwei weitere Uniformen ausgeben, die sie ebenfalls in das Fach warf. Sie wollte die Umkleidekabine schon wieder verlassen, als die Eitelkeit obsiegte und sie doch noch einen Blick in den Spiegel warf.

Sie kniff entgeistert die Augen zusammen.

Die Uniform, die sie gerade angelegt hatte, war völlig transparent. Deutlich konnte man darunter ihre Unterwäsche ausmachen, einen eng anliegenden, ebenfalls – aber aus freier Wahl – ziemlich durchsichtigen String-Body.

Sie drehte sich einmal um die eigene Achse, aber an dem Ergebnis änderte sich nichts. Die Uniform blieb durchsichtig. Lediglich der silberne Kreisring, das Dienstgradabzeichen der Kadetten in den rautenförmigen Emblemen an beiden Oberarmen, hatte die gewohnte Färbung.

Mia überlegte kurz, dann drückte sie auf das Display ihres Multifunktionsarmbands. »Verbindung mit Leutnant Anne Kester, nur Ton, kein Bild.« Anne war ihre direkte Vorgesetzte und Ausbilderin.

Einen Augenblick später erklang Kesters Stimme in der Umkleide. »Was ist los, Mia? Ich erwarte dich zum Schichtantritt.«

»Ich werde mich wohl etwas verspäten, Anne. Es gibt eine ... Unregelmäßigkeit bei der Uniformausgabe.«

»Welche?«

»Holo«, befahl Mia, und die dreidimensionale Darstellung ihrer Vorgesetzten bildete sich vor ihr.

Kester riss die Augen auf und starrte sie an. »Das ist wirklich eine ... Unregelmäßigkeit. Sind alle Kleidungsstücke so oder nur dieser eine Satz?«

Mia holte die beiden Ersatzuniformen aus dem Fach, in das sie sie gelegt hatte, und warf einen Blick auf sie. »Alle, die ich mir ausgeben ließ.«

»Dann haben wir ein Problem. So kannst du unmöglich in der Waffenleitzentrale erscheinen. Ich könnte keinen normalen Dienstbetrieb mehr garantieren. Informier die Schiffsverwaltung! Sie soll die Sache überprüfen. Und mach Druck!« Kester grinste. »Ich weiß nicht, wie wir ohne dich auskommen sollen, müssen es wohl oder übel aber probieren.«

Davoos nickte ergeben und beendete die Verbindung.

Warum traf es immer nur sie?

*

Ein Holo bildete sich vor Perry Rhodan, aber es zeigte nicht den Residenten der Liga Freier Galaktiker, sondern Sichu Dorksteiger, die Chefwissenschaftlerin der RAS TSCHUBAI und seit ziemlich genau zehn Jahren Rhodans Ehepartnerin.

Ihre Beziehung war noch so prickelnd wie am ersten Tag. Aber Rhodan war klar, dass Sichu ihn nicht in der Zentrale anrief, um mit ihm zu plauschen oder zu flirten.

»Du weißt, dass es seit ein paar Tagen diverse kleinere Fehlfunktionen an Bord gibt«, kam sie direkt zur Sache.

Rhodan nickte. »ANANSI arbeitet fehlerhaft.«

»Diese Fehlfunktionen werden allmählich ärgerlich«, fuhr die Ator fort. Rhodan erkannte, wie wütend sie war. »Die neue Schicht kann ihren Dienst nicht antreten.«

»Ihren Dienst nicht ...?« Rhodan schüttelte verwirrt den Kopf.

»Sämtliche Uniformen, die ANANSI bei der Materialausgabe zur Verfügung stellt, sind völlig durchsichtig.«

Rhodan stutzte – und musste dann grinsen. »Wer wird denn so prüde sein?«

Wie erwartet hatte Sichu nicht das geringste Verständnis für seine Antwort. »Die Fehler liegen zwar im Alltagsbereich und waren bislang lediglich ärgerlich, sind aber nicht kalkulierbar. Sie könnten jederzeit gefährlich werden. Ich würde an deiner Stelle keine Scherze über dieses Thema machen.«

»Du hast selbstverständlich recht«, gestand er ein.

Sichu mangelte es mitunter am Sinn für Humor. Seine Versuche, sie in dieser Hinsicht zu sensibilisieren, endeten allerdings stets mit einer Zurechtweisung.

»Wir arbeiten an dem Problem ...«

»Auch das weiß ich.«

»... haben die Ursache dafür aber noch nicht herausfinden können.«

»Hängt euch weiter dran! Aus den kleinen Problemen dürfen keine schweren werden.«

»Auch das weiß ich, Herr und Meister.« Sichu beendete die Verbindung, doch Rhodan merkte, dass sie es mit einem Grinsen tat.

Einem schelmischen Grinsen.

2.

31. März 1552 NGZ

»Die Verbindung steht«, sagte Lit Olwar. »Wir hatten Schwierigkeiten mit der Hyperfunkrelaiskette, aber jetzt haben wir Hekéner Sharoun und damit die LFG endlich erreicht. Ich schalte das Holo zu.«

»Danke«, sagte Rhodan, die dreidimensionale Darstellung bildete sich unmittelbar vor ihm.

Hekéner Sharoun wusste zwar, wer ihn sprechen wollte, konnte seine Überraschung – und vielleicht auch Freude – aber nicht verbergen.

»Perry«, sagte er mit belegter Stimme. »Neun Monate ... eine lange Zeit ... Ich freue mich, dass ihr gesund und wohlbehalten in die Milchstraße zurückkehrt.«

»Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Hekéner, das kannst du mir glauben. Wir müssen später mit einem guten Glas Rotwein auf unsere Rückkehr anstoßen. Zuvorderst müssen wir uns aber gegenseitig über die aktuelle Lage informieren. Ein geraffter, verschlüsselter Funkspruch mit allen relevanten Daten ist bereits an dich unterwegs. Ich gehe davon aus, dass du mir denselben Gefallen tust, brauche die wichtigsten Informationen aber jetzt sofort. Was ist in der Milchstraße geschehen?«

Hekéner räusperte sich und schaute leicht konsterniert drein. »Viel. Wo soll ich anfangen?«

»Das war eine rhetorische Bemerkung, hoffe ich?«

»Womöglich. Unterbrich mich, wenn dir etwas unklar erscheint.«

Rhodan nickte. »Also?«

Sharoun blickte ins Leere, dann berichtete er: »Wanderer hält sich im Solsystem auf! Und das seit fast vier Monaten. Allerdings verhält sich die Kunstwelt ruhig.«

Wanderer? Im Solsystem? Rhodans Gedanken überschlugen sich. Was hatte das zu bedeuten, wie war es dazu gekommen? »Wo genau befindet sich die Kunstwelt?«

»Augenblick, ich schicke ein Holo.«

Das Bild zeigte den Planeten Neptun – und einen gewaltigen Körper, der am Rand der Wasserstoff-Atmosphäre des Gasplaneten dahintrieb. Gewaltige Stürme jagten um den Planeten, und Methaneis bildete Cirruswolken, die die Sicht verschlechterten.

Die Positronik hatte eine Farbkorrektur vorgenommen, um Wanderer deutlich darstellen zu können. Der Methangehalt direkt über der Planetenoberfläche gab Neptun seine blaue Färbung, spielte aber auch noch in die Atmosphäre hinein.

Die Tönung war in der Darstellung etwas zurückgenommen worden. Daher erkannte Rhodan die Kunstwelt Wanderer auf Anhieb, eine Scheibe von 600 Kilometern Dicke. Es war nicht die erste dieser Welten; die Superintelligenz ES hatte sie über die Jahrhunderttausende mehrmals ersetzen müssen.

Unwillkürlich fröstelte Rhodan. Die Temperatur in Höhe der Wolkenspitzen des Neptuns betrug minus 220 Grad Celsius.

»Wanderer hat zunächst die Position des Neptunmondes Despina eingenommen«, erklärte Sharoun, »ist dann aber in die Neptun-Atmosphäre gesunken.«

»Und Despina?«

Der Resident zuckte mit den Achseln. »Mit unbekanntem Ziel verschwunden. Der Mond ist nicht zerstört worden, aber auch nicht im Wegasystem materialisiert, von wo Wanderer kam. Es hat also kein direkter Austausch stattgefunden.«

Rhodan rief weitere Holos auf, die ihm Hekéner geschickt hatte. Sie zeigten starke terranische Flottenverbände, die die Region um Neptun kugelförmig absicherten. Zusätzlich verstärkt wurden die Wachkräfte von etlichen Raumstationen, die mit schweren und schwersten Transformkanonen bestückt und außerdem in der Lage waren, ganz Wanderer in einen Paratronschirm zu hüllen.

»Wanderer verweigert wahrscheinlich jede Kommunikation?«

»Ja. Wir wissen nicht, wer die Kunstwelt steuert oder verwaltet.«

Rhodan nickte verdrossen. Dieses Verhalten war für ES und seine Helfer typisch. Ein paar erklärende Sätze hätten in der Vergangenheit oft jahrelang währende Konflikte beträchtlich abkürzen können. Aber die Superintelligenz wollte der Menschheit offenbar stets den bequemen Weg verbauen.

»Und wir haben es mit dieser neuen Macht in der Milchstraße zu tun.« Sharoun aktivierte mit einer Handbewegung ein weiteres Holo.

Es zeigte ein eiförmiges Raumschiff, dessen Länge mit fast fünf und einem stärksten Durchmesser von dreieinhalb Kilometern angegeben wurde. Mit grünlich schimmernder Oberfläche zog es seine Bahn durch einen hellblauen, mit wenigen Kumuluswolken gesprenkelten Himmel.

»Ein Spross«, sagte Rhodan sofort. »Ein organisches Raumschiff der Gemeni.« In der RAS TSCHUBAI war ebenfalls ein derartiges Gebilde aufgetaucht. Es war von der Größe eines Samenkorns immer weiter angewachsen und sollte wohl dieselbe Größe wie dieses gewaltige Objekt erreichen. Gucky hatte es rechtzeitig aus der RAS TSCHUBAI teleportiert. »Die Gemeni sind auch in der Milchstraße aktiv?«

»Ja. Eine sehr seltsame Angelegenheit. Die Sprosse wachsen anscheinend pflanzlich-organisch. Den drei bisher bei uns bekannten Einheiten ist gemeinsam, dass sie jeweils von einem Kind als winziges Samenkorn gefunden wurden. Während des Fundes stachen sie das jeweilige Kind in den Finger, sodass einige Blutstropfen aus dem Finger austraten. Anschließend verdoppelte sich die Größe des Sprosses jeden Tag.«

Welche Zusammenhänge bestehen hier?, fragte sich Rhodan. Ein fremdes Volk, das gleichzeitig in der Milchstraße und in Sevcooris aktiv ist ... das kann kein Zufall sein. Nicht bei der aktuellen Entwicklung. Welche Hintergründe werden sich hier auftun?

»Dann noch eine vielleicht eher persönliche Information ...«

Rhodan richtete den Blick auf Hekéner und runzelte die Stirn. Er mochte es nicht, hingehalten zu werden, hatte jedoch Verständnis dafür, dass der Resident ihn vielleicht schonend auf etwas vorbereiten wollte oder ganz einfach versuchte, das Gespräch so interessant wie möglich zu strukturieren.

»Reginald Bull«, fuhr der Resident fort. »Er ist wieder auf Terra, mitsamt Familie. Er ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Es ist noch früh in Terrania, aber ich könnte eine Verbindung schalten ...«

Bully!, dachte Rhodan. Sein ältester und bester Freund. Wie lange hatte er ihn nicht mehr gesehen? Und er war verheiratet? Mit wem?

Er wollte alles über Bully erfahren, wäre am liebsten sofort ins Solsystem geflogen. Andererseits ... Ein simples Hologespräch würde diesem Anlass nicht gerecht werden. Er wollte Reginald persönlich gegenübertreten, den alten Freund nach all der Zeit in die Arme schließen, die Freude des Augenblicks auskosten.

Die Pflicht ging vor. Er durfte die Reparatur der RAS TSCHUBAI nicht auf die lange Bank schieben, musste unbedingt herausfinden, was mit ANANSI geschehen war.

»Nein«, entschied Rhodan. »Nach den Reparaturen in Quinto-Center werde ich sofort ins Solsystem kommen. Dann können Reginald und ich uns persönlich sehen.«

Sharoun nickte verständnisvoll. »Gut. Dann weiter mit den Neuigkeiten. Zurück zu der Superintelligenz. Ich nehme an, du weißt noch nichts von Ernst Ellert und den Hinterlassenschaften von ES?«

Rhodan hob die Hand. Ernst Ellert war zurück? Und ES? War die Superintelligenz doch nicht vollkommen verschwunden? Alter Freund ... »Das vertagen wir auf meine Ankunft im Solsystem. Du hast mir ja die Daten zukommen lassen, ich informiere mich in groben Zügen. Halt die Rückkehr der RAS TSCHUBAI zunächst bitte geheim. Ich muss etwas erledigen, ehe ich offiziell zurückkehre, ins Solsystem komme und mich um Wanderer kümmere ... wie immer das aussehen wird.«

»Selbstverständlich.« Der Resident nickte. »Die Reparaturen in Quinto-Center werden nicht so einfach vonstattengehen. Das USO-Hauptquartier ist angegriffen worden.«

»Angegriffen?«

Sharoun berichtete kurz und knapp von dem Angriff auf Quinto-Center und dessen Verschwinden. »Eine Zeit lang wusste niemand von uns, wo sich Quinto-Center aufhält. Es gab keinen Kontakt zur LFG oder anderen Stellen. Inzwischen hat sich Monkey bei mir gemeldet. Der Angriff wurde zurückgeschlagen, und die USO konnte ein Schiff der Gegner erobern.«

»Dann ist dir der aktuelle Standort von Quinto-Center bekannt?«

»Ja.« Sharoun gab die Koordinaten durch. Die neue Position des ausgebauten Mondes lag im Lagunennebel, 30 Lichtjahre von der ursprünglichen Position, etwa 1400 vom temporären Fluchtpunkt und 5109 vom Solsystem entfernt.

Noch immer eine gute Wahl, dachte Rhodan.

Mit einem Durchmesser zwischen 60 und 140 Lichtjahren bot der Lagunennebel reichlich Raum, um sich ein sicheres Versteck zu suchen. Da die Umgebungsbedingungen der Sternengeburtsstätte eine Ortung stark erschwerten, war er nach wie vor ein idealer Standort.

»Was ist über die Angreifer bekannt?«, fragte Rhodan.

»Sie nannten sich Gäonen und ...«

Gäonen?

»Ich kenne sie«, unterbrach Rhodan den Residenten.

Die Zusammenhänge wurden immer offensichtlicher. Immerhin wusste er nun, welche Aufgabe das Kommando der Gäonen zugewiesen bekommen hatte, das in die Milchstraße geschickt worden war.

Aber an den Prioritäten änderte das nichts. Er musste sich dringend um die Reparatur von ANANSI kümmern. Alles Weitere konnte er später erledigen, nachdem er das Solsystem erreicht hatte.

Unvermittelt bildete sich wieder ein Holo von Sichu Dorksteiger vor ihm. »Es ist zu einem weiteren Zwischenfall an Bord der RAS TSCHUBAI gekommen«, teilte die Chefwissenschaftlerin ihm mit. »Zu einer etwas ernsteren Fehlfunktion.«

*

Das war ein Sturm im Wasserglas, dachte Kadett Mia Davoos kopfschüttelnd, als sie die Cafeteria betrat. Transparente Uniformen!

Der große Raum war nur zur Hälfte besetzt. Kaum einer der Gäste aß etwas, die meisten gaben sich mit Getränken zufrieden. Davoos entschied sich für einen Eiskaffee mit doppeltem Koffein – das brauchte sie jetzt – und einem Schuss Mandelsirup.

Ganz so auf die leichte Schulter sollte sie die Sache vielleicht doch nicht nehmen. Immerhin war damit der Bordbetrieb für eine komplette Schicht empfindlich gestört worden. Aber wenn sie darüber nachdachte, musste sie unwillkürlich grinsen. Wer kam schon auf solch eine Idee?