Perry Rhodan 3102: Der Eiserne Kontinent - Robert Corvus - E-Book

Perry Rhodan 3102: Der Eiserne Kontinent E-Book

Robert Corvus

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Beschreibung

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, in der Mitte des sechsten Jahrtausends unserer Zeit. Seit fast einem Vierteljahrhundert erleben die Sternenreiche der Milchstraße eine Phase des Friedens und des Aufbaus. Die Zivilisationen arbeiten zusammen, treiben Handel und forschen gemeinsam. Es scheint, als könnte Perry Rhodans alter Traum von Partnerschaft und Frieden endlich Wirklichkeit werden. Die ermutigende Entwicklung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Milchstraße ihren uralten Mentor verloren hat: die Superintelligenz ES ist seit langer Zeit verschollen. Seitdem ist es an den Terranern, den Arkoniden, Gatasern, Halutern, Posbis und all den anderen Sternenvölkern, ihre Freiheit aus eigener Kraft zu wahren und miteinander zu verteidigen. Wachsamkeit bleibt das Gebot der Stunde. Deswegen sind die Liga Freier Galaktiker und die Lemurische Allianz aufs Höchste alarmiert, als sie erfahren, dass in Cassiopeia, einem Trabanten der Nachbargalaxis Andromeda, ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei. Von diesem Konstrukt der Chaotarchen soll eine ungeheure Gefahr für die Milchstraße ausgehen. Perry Rhodan wird zum Allianz-Kommissar ernannt mit dem Auftrag, diese Informationen zu prüfen und die Gefahr zu bannen. Er startet mit der RAS TSCHUBAI, dem größten Fernraumschiff der Terraner, nach Cassiopeia. Dort begegnet er nicht nur Nachfahren der Ersten Menschheit, sondern auch einem uralten Feind. Dessen Lebensraum ist DER EISERNE KONTINENT ...

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Nr. 3102

Der Eiserne Kontinent

Eine Schlacht gegen Bestien – im Krieg gegen das Chaos

Robert Corvus

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Verbündete

2. Die Alten Augen

3. Seltsamkeiten

4. Soldatenstolz

5. Politik

6. Vor Anker

7. Wärme

8. Kampfgefährten

9. Feind

10. Feldherren

11. Ratgeber

12. Wrack

13. Tarngedanken

14. Werkstatt

15. Turm

16. Provokation

17. Ikosaeder

18. Beistand

19. Erwachen

20. Offenbarung

21. Geistschläge

22. Fremde

23. Signal

24. Singular-Relais

25. Soldatenehre

26. Kapsel

27. Sturm

28. Schwerkraft

29. Ritt

30. Zerstörung

31. Beginn

Stellaris 79

Vorwort

»Das Erbstück« von Roman Schleifer

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2071 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, in der Mitte des sechsten Jahrtausends unserer Zeit. Seit fast einem Vierteljahrhundert erleben die Sternenreiche der Milchstraße eine Phase des Friedens und des Aufbaus. Die Zivilisationen arbeiten zusammen, treiben Handel und forschen gemeinsam. Es scheint, als könnte Perry Rhodans alter Traum von Partnerschaft und Frieden endlich Wirklichkeit werden.

Die ermutigende Entwicklung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Milchstraße ihren uralten Mentor verloren hat: die Superintelligenz ES ist seit langer Zeit verschollen. Seitdem ist es an den Terranern, den Arkoniden, Gatasern, Halutern, Posbis und all den anderen Sternenvölkern, ihre Freiheit aus eigener Kraft zu wahren und miteinander zu verteidigen. Wachsamkeit bleibt das Gebot der Stunde.

Deswegen sind die Liga Freier Galaktiker und die Lemurische Allianz aufs Höchste alarmiert, als sie erfahren, dass in Cassiopeia, einem Trabanten der Nachbargalaxis Andromeda, ein sogenannter Chaoporter gestrandet sei. Von diesem Konstrukt der Chaotarchen soll eine ungeheure Gefahr für die Milchstraße ausgehen.

Perry Rhodan wird zum Allianz-Kommissar ernannt mit dem Auftrag, diese Informationen zu prüfen und die Gefahr zu bannen. Er startet mit der RAS TSCHUBAI, dem größten Fernraumschiff der Terraner, nach Cassiopeia. Dort begegnet er nicht nur Nachfahren der Ersten Menschheit, sondern auch einem uralten Feind. Dessen Lebensraum ist DER EISERNE KONTINENT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Allianz-Kommissar forscht nach dem Feind.

Gucky – Der Mutant entdeckt seine Grenzen.

Bouner Haad – Der Haluter kämpft an der Seite der Kleinen.

Lat-Antin – Die Bhanlamurerin sieht die Zukunft.

Blaise Carrera

1.

Verbündete

Bouner Haad sah hinauf in den Himmel.

Regen nieselte aus der Wolkendecke, in der sich Weiß- und Grautöne mischten. Er fiel auf ein Meer aus vom Wind bewegtem Gras, das sich westlich der planetaren Hauptstadt Thaur erstreckte. Es diente als Überflutungsgebiet der beiden Flüsse, die sich an dieser Stelle auf fünf Kilometer annäherten.

»Seid ihr in Apsuhol die herrschende Spezies?«

Er drehte den Kopf, um die Reporter anzusehen. Von ihrer anfänglichen Scheu war kaum etwas geblieben. Mit ihren Mikrofonen und Kameras drängten sie sich immer näher an den Haluter.

»Es gibt nur wenige von uns«, sagte Haad.

»Seid ihr verhasst?«, rief eine Frau, die sich mit einem breitkrempigen Hut vor dem Regen schützte.

»Haben sich die anderen Völker in Apsuhol gegen euch zusammengeschlossen?« Der Fragesteller sprach in hektischem Singsang.

Neben ihm sah eine Frau Haad offen an. »Was führt euch nach Bhantamiur?« Sie wirkte ehrlich interessiert, nicht sensationslüstern, und ihre Frage hatte eine schöne Melodie.

Bhantamiur, so nannten die Bhanlamurer die Zwerggalaxis Cassiopeia. Die Linguisten an Bord der BJO BREISKOLL meinten, das bedeutete so etwas wie neues Tamanium, ein Bezug zu jenem Reich, das die lemurische Historie dominierte. Zudem ein weiterer Hinweis auf die Zugehörigkeit der Bhanlamurer zu dieser Völkerfamilie, wie auch Apsuhol. So hatten schon die alten Lemurer die Milchstraße genannt, während sie Andromeda als Karahol bezeichnet hatten, als Zweite Insel.

»Wir befinden uns auf einer Forschungsreise«, behauptete Haad. »Dabei hoffen wir, unser Wissen um Dinge zu erweitern, über die wir bisher lediglich aus der Ferne Informationen bekommen konnten.«

Das war nicht gelogen, es war nur nicht die ganze Wahrheit. Schließlich wollten sie die Zwerggalaxis tatsächlich erkunden. Ihr Ziel war allerdings kein allgemeiner Wissensgewinn. Sie wollten den Chaoporter FENERIK aufspüren, von dem angebliche Deserteure behaupteten, dass er dort havariert sei. Ein Schiff der Chaosmächte, deren Aktivität die gesamte Lokale Gruppe inklusive der Milchstraße bedrohen konnte.

»Was sind das für Dinge?«, fragte der Hektiker. »Geht es um Rohstoffe? Um fruchtbare Planeten als Siedlungsgebiet?«

»Stimmt es, dass du dich unsichtbar machen kannst?«

»Trägst du eine Energierüstung oder ist deine Haut kugelfest?«

Haad stand das Grauen am Strand von Frobher deutlich vor Augen. Die schwer verbrannten Toten ... Er wollte der Furcht entgegenwirken, die die Bhanlamurer vor vierarmigen Wesen empfanden, die wesentlich größer waren als sie selbst. Bei diesen Reportern schlug das unerwartet schnell ins Gegenteil um. Der Haluter fühlte sich bedrängt.

Er war froh, als er einen Rotorflieger entdeckte, der sich über den Häusern von Thaur näherte. Die Maschine war mit dem Symbol der Lebensblume versehen, was bei den Bhanlamurern Einheiten des Sanitätsdiensts kennzeichnete.

»Bitte, entschuldigt mich.« Haad wandte sich dem Landefeld zu, das eine Handvoll gepanzerter Radfahrzeuge sicherten. »Ich muss meinen Termin mit eurem Temart wahrnehmen.«

Hinter ihm sprachen die Reporter hastig in ihre Mikrofone, während sie das weitere Geschehen für die Zuschauer kommentierten.

Die Düsen des Fluggeräts verstummten. Die drei Rotoren drückten das Gras bei der Landung flach auf den Boden.

Haad wartete innerhalb des Sicherungskreises, der die Presse zurückhielt, bis sich die Luke öffnete. Nessu-Ghorat kam mit federndem Schritt heraus. Der Temart lächelte in die Kameras und winkte mit seiner verbliebenen Hand. Der Ärmel des unter dem Ellbogen endenden Arms war akkurat vernäht. Sein Rock und das rot-weiß gestreifte Cape flatterten im Wind.

Eine Ordonnanz eilte mit einem Regenschirm hinzu.

Haad interessierte sich mehr für die Liege, die auf Rollen hinter dem Regierungsoberhaupt hergeschoben wurde. Die transparente Abdeckung gab ihr etwas von einer Suspensionseinheit. Ein Mann mit einer Umhängetasche, auf der die Lebensblume in hellem Rot angebracht war, vermutlich ein Mediker, folgte der Liege.

Haad ließ sich auf die Laufarme nieder, damit Nessu-Ghorat den Kopf nicht in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen zu schauen. »Ich bin sicher, es ist gleich so weit.«

Der Temart nickte. »Unsere Raumüberwachung hat das Objekt bereits erfasst.« Sein Blick taxierte den Haluter, als musterte er einen Panzer. »Ich bin froh, dass wir Verbündete sind.«

Das war nachvollziehbar. Auf dieser Welt gab es nichts, was den Haluter daran hätte hindern können, den Bhanlamurer zu zerreißen und anschließend sowohl den Rotorflieger als auch die Radfahrzeuge zu zermalmen.

Aber das lag nicht in Haads Interesse. Durch die transparente Abdeckung der Liege erkannte er das Gesicht von Myrilla Entrepe. Sie war bleicher als bei ihrer Begegnung in der Ruine, die Sommersprossen traten deutlicher hervor. Die Lider waren geschlossen. Oberhalb der Stirn steckte der Kopf in einer Art Helm, von dem mehrere Schläuche abgingen.

»Ein schweres Schädeltrauma«, erläuterte Nessu-Ghorat. »Aber sie ist stabil. Eure Ärzte werden ...« Er hob den Blick zu den Wolken, die über dem Grasland in starke Bewegung gerieten. »... zweifellos ...«

Der Kugelrumpf der BJO BREISKOLL drückte die Wolken auseinander. Weiter und weiter schwoll er an, bis zum sechseckigen Ringwulst mit seinem Durchmesser von 600 Metern. Der Schatten des Schlachtkreuzers tauchte einen weiten Bereich der Landschaft in nächtliches Dunkel. Unter ihm versiegte der Regen. Wirbel bildeten sich im Gras, weil die gewaltige Masse eigene Luftströmungen erzeugte.

»Wie ein Berg«, flüsterte der Temart. »Ein Berg aus Stahl.«

Die Landestützen fuhren aus.

Nessu-Ghorat erschrak sichtlich. »Wie tief wird das Schiff einsinken? Bei dem Gewicht ...«

»Sorge dich nicht«, beruhigte Haad. »Die Stützen dienen lediglich der Stabilisierung. Die BJO BREISKOLL wird ihre Antigravgeneratoren nutzen.«

Verständnislos sah der Bhanlamurer ihn an.

»Sie wird nur einen Bruchteil ihrer Masse einsetzen, um die Bodenhaftung zu halten«, erläuterte Haad. »Ansonsten wird sie schwerelos sein.«

»Schwerelos.« Nessu-Ghorat hustete ein ungläubiges Lachen. Es musste schwerfallen, Dinge als Realität zu akzeptieren, die gerade noch Märchen gewesen waren. Selbst, wenn man sie mit eigenen Augen sah. »Willst du mir etwa auch noch erzählen, dass sich diese fliegende Stadt unsichtbar machen könnte?«

Haad beschloss, den Paros-Schattenschirm vorerst unerwähnt zu lassen. Zumal er anderenfalls auch hätte erklären müssen, dass bei seinem Einsatz das geschützte Objekt – im Gegensatz zur Umhüllung mit einem Deflektor – immerhin schattenhaft erkennbar blieb, auch wenn es kaum noch mit dem Standarduniversum interagierte.

»Es würde uns beruhigen, wenn wir unsere Soldatin rasch an Bord bringen dürften«, sagte er stattdessen.

»Selbstverständlich.«

2.

Die Alten Augen

Die Entwicklung überschlug sich dermaßen, dass Lat-Antin gar nicht daran denken konnte, die Richtung zu bestimmen, in der sie sich bewegte. Sie brauchte all ihre Kraft, um sich im Spiel zu halten. Am Tag zuvor hätte sie darauf bestanden, jeden zu erschießen, der auch nur einen Blick ins Hauptquartier der Alten Augen warf, ohne vorher wochenlange Hintergrundchecks durchlaufen zu haben. Mittlerweile war sie froh, dass sich der Anführer der Neu-Lemurer, der Mann namens Perry Rhodan, und das seltsame Pelzwesen, das Gucky hieß, im Überwachungsraum eingefunden hatten.

Bildschirme nahmen den Großteil der Wände ein. Analysten arbeiteten an ihren Terminals und warfen verstohlene Blicke auf die Besucher. Gardari Thont dagegen beäugte sie mit unverhohlenem Interesse. Ein Lächeln zuckte um die Lippen des Adjutanten, der sich mit auf dem Rücken verschränkten Armen neben der Tür hielt. Sein langes Haar fiel wie ein Seidentuch auf sein Cape.

»Ich glaube, sie mögen Bouner.« Gucky zeigte auf einen Bildschirm, auf dem der vierarmige Riese, der durch Wände gehen konnte, dem Raumschiff entgegenstapfte. Die BJO BREISKOLL war so riesig, dass der Kamerawinkel nur einen kleinen Ausschnitt der Kugel erfasste.

Lat-Antin unterdrückte ein Schaudern. Die Gestalt des Haluters entsprach genau dem, wovor man jedes Kind auf Bhanlamur das Fürchten lehrte.

Nessu-Ghorat agierte so geschickt, wie sie es nie zuvor erlebt hatte: Er ging neben der Krankenliege, die zwei Gehilfen und ein Arzt mit Mühe durch das Gras schoben. Immer wieder sah der Temart zu dem Riesen hinüber, der sich auf seine Laufarme herabgelassen hatte. Jeder Zuschauer würde Nessu-Ghorat mit diesem Ereignis in Verbindung bringen. Und Lat-Antin musste eingestehen, dass er am Vortag Überraschung und Erschrecken rasch überwunden hatte, um dann ein ausgesprochen produktives Gespräch mit den Fremden zu führen.

Diese gaben sich freundlich. Sie hatten angekündigt, mit ihrer fortgeschrittenen Technologie die Umweltschäden nach dem Atomtest nicht nur einzudämmen, sondern sogar zu beseitigen.

»Dieses Schiff ...«, flüsterte Lat-Antin.

»Durch den Antigrav ist die Landung sehr leise«, sagte Gucky. »Die BJO BREISKOLL hat auch andere Triebwerke. Wenn sie die zünden würde, könnte man das Beben kilometerweit spüren.«

»Aber das haben wir nicht vor«, beeilte sich Rhodan zu versichern.

Lat-Antin hatte das Gefühl, dass die Bilder durch ihren Verstand flossen, ohne dass sie eine Chance hatte, die Informationen zu reflektieren und einzusortieren. Wie musste es erst den Beobachtern vor Ort ergehen?

Wegen des Sicherheitsabstands hatten Haad, die Verwundete und der Temart einen weiten Weg zum Schiff vor sich. Das war ein Vorteil für Nessu-Ghorat. Kein Zuschauer würde auf einen anderen Kanal wechseln. Alle Augen ruhten auf ihm.

Illustration: Dirk Schulz

»Wir sind nun Verbündete«, flüsterte Lat-Antin und war sich selbst nicht sicher, ob dieses Wir den Temart und sie vereinte.

»In der Tat.« Rhodan klang beschwingt. Wie oft war dieser Mann wohl schon auf Planeten gelandet, die von einer fremden Zivilisation besiedelt waren?

Lat-Antin warf einen Blick auf Gardari Thont, der aber ebenfalls ganz von Rhodan eingenommen zu sein schien. Er seinerseits beachtete sie offenbar nicht.

Die Sternenreisenden und die Bhanlamurer würden eine gemeinsame Expedition zum Eisernen Kontinent unternehmen. Das war Nessu-Ghorats Meisterstück. Zuerst hatte er sich selbst überwunden, indem er nochmals das Lager gewechselt hatte, weg von den Konservativen.

Der Tauchträger und die Atombombe hatten ihm nicht gereicht, aber mit dieser unglaublichen Technologie der Sternenfahrer im Rücken wollte er den Bestien auf Drakanur einen Besuch abstatten. Ob sich daraus diplomatische Kontakte ergaben oder ein handfester Konflikt, musste sich zeigen.

»Seid ihr schon einmal auf einem Schiff gefahren?«, fragte Lat-Antin. »Auf einem, das auf dem Meer fährt, meine ich?«

Rhodan lächelte milde. »Gelegentlich.«

»Der Tauchträger kann sich unter Wasser unauffällig einem Ziel nähern«, sagte Lat-Antin. »Aber ich frage mich, ob euer Raumschiff nicht effizientere Möglichkeiten hätte, uns unbeobachtet zum Eisernen Kontinent zu bringen.«

»Die BJO BREISKOLL wird sich bereithalten. Im Notfall wird sie sehr schnell bei uns sein. Aber sie ist nicht geeignet, herauszufinden, was auf Drakanur vor sich geht. Vom Schiff aus können wir das Wrack der ONOKKO ebenso wenig untersuchen wie den Turm der Bestien.«

»Aber könnte das Raumschiff nicht auch getarnt landen und uns absetzen?«, beharrte Lat-Antin.

»Wir wissen nicht, über welche Möglichkeiten die Bestien verfügen«, erinnerte Gucky. »Mit Hypertechnologie könnten sie die BJO BREISKOLL eventuell orten.«

»Es ist besser, sie vorerst denken zu lassen, dass ausschließlich Bhanlamurer nach Drakanur kommen«, sagte Rhodan. »Ein Schlachtkreuzer könnte Panik und unbedachte Reaktionen auslösen. Vor allem, wenn wir verhandeln wollen.«

»Eine robuste Alternative zu verdeutlichen, kann die Verhandlungsbereitschaft erhöhen.«

Rhodan lachte. »Da widerspreche ich dir nicht. Aber diese Alternative steht uns jederzeit offen.«

»Wenn sie euer Informationsnetz beobachten«, erinnerte Gucky, »wissen sie ohnehin längst, dass wir hier sind.«

»Es ist gut, dass wir als Verbündete auf diese Expedition gehen«, lenkte Lat-Antin ein. Sie hatte nichts, womit sie die Sternenreisenden dazu bringen konnte, mehr einzubringen, als sie wollten.

»Da wir nun Verbündete sind«, sagte Rhodan, »verrätst du uns, wie ihr uns aufgespürt habt?«

»Sicher. Schaut her!« Sie würden es ohnehin erfahren. Wenn sie den beiden die Schatzkammer des Geheimdiensts zeigte, konnte sie sich ein bisschen Wohlwollen verschaffen. Sie trat an ein Terminal und verband den dazugehörigen Bildschirm mit den Kameras im Artefaktraum. »Ich würde euch hineinführen, aber wir haben so rigorose Sicherungen, dass selbst ich sie nicht ausschalten kann. Und es würde lange dauern, euch zu autorisieren.«

»Du machst es spannend«, meinte Rhodan.

Sie wechselte die Kameras innerhalb des aus allen Wänden, dem Boden und der Decke beleuchteten Artefaktraums, bis ein Gerät in den Erfassungsbereich kam, das wie eine transparente Kugel mit einem Dutzend nach innen gebogener Hörner aussah. »Wir nennen es ›Hyperorter‹.«

Gucky streckte den Hals, Rhodan beugte sich vor.

»Wir verstehen es recht gut«, fuhr Lat-Antin fort. »Man kann damit Quellen hyperenergetischer Strahlung lokalisieren. Davon gibt es nur wenige, eigentlich alle befinden sich in unserer Schatzkammer oder auf Drakanur.«

»Und wir haben welche mitgebracht«, erkannte Rhodan. »Ihr habt also unsere Hyperfunksprüche angepeilt.«

»Mithören konnten wir leider nicht, aber eure Position ließ sich ermitteln.«

»Habt ihr noch weitere solche Spielsachen?«, fragte Gucky.

»Ein paar Dutzend. Das meiste funktioniert allerdings nicht mehr. Bei manchen Artefakten sind wahrscheinlich die Energiezellen verbraucht. Bei anderen kennen wir den Grund nicht.«

»Die Hyperimpedanz«, murmelte Rhodan.

»Tut mir leid, das verstehe ich nicht.«

»Bald wirst du es verstehen.« Rhodan lächelte sie an.

Er strahlte eine bemerkenswerte Wärme aus. Ganz anders als Thont.

Sie fand es merkwürdig, dass ihr dieser Vergleich in den Sinn kam. Wieder sah sie zu dem Adjutanten hinüber. Er war der bestaussehende Mann, dem sie je begegnet war. Dass er sich darauf verstand, mit Frauen umzugehen, konnte nicht verwundern. Es erschien sogar als absurde Vorstellung, er könnte seine Zuneigung auf eine einzige beschränken. Ein Mann wie er war dazu bestimmt, von Verehrerinnen umschwärmt zu werden. Lat-Antin gehörte ebenso dazu wie Assena-Dree, die Kommandantin der GEVELU AVALANI.

Aber selbst wenn er ein so heißes Feuer in ihr entfachen konnte, dass sie zwischen den Laken die ganze Welt vergaß, blieb Thont auf anderer Ebene kalt. Oder distanziert. Er öffnete sich nicht, gab sich unverbindlich, trotz aller Leidenschaft.

»Wir freuen uns darauf, unser Wissen mit euch zu teilen«, sagte Rhodan.

3.

Seltsamkeiten

Perry Rhodan betrat die Kabine, die Gucky an Bord der BJO BREISKOLL bewohnte. »Oh, du bist nicht allein?«

»Keine Sorge, du störst nicht«, versicherte der Mausbiber.

Axelle Tschubai stellte ihren Kuchenteller ab und stand auf. »Ich kann später wiederkommen, wenn ihr etwas Wichtiges besprechen wollt.«

»Nein, bleib nur«, sagte Rhodan. »Eigentlich ist es sogar gut, dass du hier bist. Vielleicht ergibt sich etwas für die Missionschronik.«

Mit einem Lachen setzte sie sich wieder. Es gefiel Rhodan, dass die gerade einmal zweiundzwanzigjährige Nachfahrin des Mutanten Ras Tschubai ein Stück von ihrer Scheu abgelegt hatte. Anders als bei ihrem Ahnen zeigten sich keine Parafähigkeiten bei der Frau mit dem lockigen Haar, das ihren Kopf wie eine Aureole umgab. Wieder einmal begleitete jemand mit dem Namen Tschubai die Fernreisen des Perry Rhodan. In seinen Ohren hatte der Name einen guten Klang. Nicht umsonst war schließlich auch das Fernerkundungsschiff, mit dem er nach Cassiopeia vorgestoßen war, nach Ras benannt.

»Wo wir schon bei unserer Mission sind ...« Axelle setzte eine gespielt ernsthafte Miene auf. »Was sagst du dazu, dass wir noch immer keine Spur des Chaoporters gefunden haben? Ich habe die Meldungen der RAS TSCHUBAI durchgesehen. ANANSI ist keinen Zentimeter weitergekommen.«

»Ein bisschen Geduld müssen wir aufbringen«, sagte Rhodan. »Man darf sich nicht vom Zwerg in Zwerggalaxis täuschen lassen. Auch Cassiopeia ist ein sehr großer Raum, um ihn mit unseren Sensoren abzusuchen.«

»Und ein Chaoporter wird sich zu tarnen verstehen.« Gucky griff telepathisch nach dem Kuchenmesser und trennte ein Stück ab. »Gib zu: Diese Leckerei ist der wahre Grund, aus dem du mich besuchen kommst.«

»Ich räume ein: Er wäre ein guter Grund, zumal wir morgen aufbrechen und auf dem Eisernen Kontinent wohl eher karge Kost gereicht wird.«

»Dann greif zu!« Gucky ließ Kuchen, Teller und Gabel unmittelbar vor Rhodans Gesicht schweben.

Seufzend nahm er die Süßspeise aus der Luft. Vom ersten Versuch erinnerte er sich daran, dass sie schmeckte, als kaute man einen Zuckerhut.

»Gucky und ich haben vorhin über unser Ziel gesprochen.« Axelle berührte eine Sensorfläche am Rand des Tischs.

Ein Holo zeigte den rätselhaften Turm, dessen Entstehung einige stationär über dem Südkontinent platzierte Satelliten der Bhanlamurer seit einiger Zeit beobachteten. Auch die ZALTERTEPES und die BJO BREISKOLL hatten ihre Sensoren während der Landeanflüge darauf gerichtet.

»Falls tatsächlich die Bestien dieses Ding bauen«, Gucky schmatzte, »haben sie wenig mit den Halutern gemein.«

Obwohl das Gebilde vertikal ausgerichtet war und die eingeblendete Längenskala eine Höhe von knapp eineinhalb Kilometern auswies, tat sich Rhodan schwer, einen Turm darin zu sehen. Es hatte keine geschlossenen Mauern, sondern bestand aus einem komplexen, aber nackten Gerüst. Außerdem strebte dieses rostrote Bauwerk nicht senkrecht aufwärts. Es hatte eine erhebliche Schräglage. Massive Metallspiralen umwanden es, was auch deswegen notwendig sein mochte, weil die gesamte Konstruktion in sich verdreht war.

Innerhalb des Gestänges verkehrten Gebilde, die Beförderungskabinen oder Container sein konnten. Mal stiegen sie auf oder sanken ab, aber ebenso häufig bewegten sie sich kreuz und quer.

»Ich kann mir nicht helfen«, gestand Axelle, »aber für mich sieht das nach etwas aus, das nicht hierher gehört.«

»Da hast du recht.« Plötzlich klang Gucky sehr ernst. Rhodan wusste, dass viele ihn auf sein Äußeres reduzierten, auf den weichen Pelz, den Biberschwanz, die kleine, etwas pummelige Gestalt, den watschelnden Gang, die pfeifende Stimme. Dem Ilt war das meist recht, er mochte es, wenn andere lachten, und war auch selbst gerne fröhlich.

Rhodan kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass Gucky längst nicht so unbeschwert war, wie er die meisten glauben machte. Auch der Mausbiber spürte die Jahrtausende, und wenn sein Pelz die Narben überdeckte, bedeutete das nicht, dass sie nicht vorhanden gewesen wären. Er hatte mehr Wunden empfangen, als ein Sterblicher es jemals würde. Einige hatten ihm die Chaosmächte geschlagen. Jene, deren Herren nicht in dieses Universum gehörten.

»Ich will euch etwas zeigen.« Rhodan nutzte die Gelegenheit, den Karottenkuchen abzustellen, und aktivierte sein Multikom. Er hob den Unterarm so, dass die beiden das Holo betrachten konnten, das sich darüber aufbaute.

»Eine Aufnahme von diesem Schönling«, sagte Axelle. »Dem Adjutanten, Gardari Thont.«

»Das ist er.« Rhodan nickte. »Erkennst du auch, was außer seiner Schönheit besonders an ihm ist?«

Axelle beugte sich vor. Guckys Schnurrhaare zitterten.

»Das hier ist eine Aufnahme, die ich selbst im Hauptquartier der Alten Augen gemacht habe. Ich habe ein bisschen damit herumgespielt ...«

Rhodan betätigte einige Sensorfelder. Eine senkrechte Linie teilte das Gesicht genau in der Mitte.

»Fällt es euch auf?«

»Nun, sag schon!«, forderte Gucky.

Rhodan ließ die linke Gesichtshälfte verschwinden. »Ich lasse eine exakte Spiegelung erstellen.« Die rechte Hälfte duplizierte sich. Die beiden Gegenstücke verbanden sich an der Trennlinie.

»Und dann blende ich die Originalaufnahme darüber.«

»Wann denn? Nun mach schon!«, drängelte Gucky.

Rhodan lächelte. »Ich habe es schon dreimal gemacht.«

»Aber man erkennt gar keine Veränderung!«, rief Axelle.

»Nicht am Gesicht«, bestätigte Rhodan. »Nur am Haar, weil nicht alle Strähnen exakt spiegelbildlich liegen.«

»Ich sehe es«, sagte Axelle.

»Das bedeutet, beide Gesichtshälften von Gardari Thont sind exakt identisch.« Gucky pfiff aufgeregt. »Jedes Grübchen, jedes Fältchen, jede Wimper.«

»So ist es«, sagte Rhodan. »Ich kenne keine Lebensform, bei der das vorkommt.«

Gucky starrte ihn an. »Ich verstehe. Diesen Herrn werde ich im Auge behalten. Und oft an ihn denken.«

4.

Soldatenstolz

»Du musst unseren Jungs und Mädels bewusst machen, dass es von einer auf die andere Sekunde ernst werden kann«, betonte Oberstleutnant Blaise Carrera, Kommandeur des Raumlandebataillons der BJO BREISKOLL. »Kampfgleiter, Shifts, Space-Jets ... sobald Rhodan Befehl gibt, alles in die Waagschale zu werfen, müsst ihr so schnell runter auf den Planeten, als würdet ihr auf Blitzen reiten.«

»Verstehe.« Major Hroch-Tar Kroko hatte gelernt, mit ihm Schritt zu halten, geistig wie physisch. Ohne unnötige Bummelei folgten sie den Gängen auf dem fünften Deck des Schlachtkreuzers.

»Aber du darfst die Truppen nicht zu hart schleifen. Sie dürfen zu keinem Zeitpunkt so erschöpft sein, dass ihre Einsatzbereitschaft leidet.«

»Verstanden.« Der Topsider züngelte.

Irgendwann müsste Carrera lernen, ob die Art, wie die Zunge wippte, einen Teil der Mimik ersetzte, zu der Krokos Echsenschädel mit den zumeist starr blickenden Augen nicht fähig war.

»Ich kümmere mich darum«, versicherte der Major.

Carrera nickte ihm zu, und Kroko setzte den Weg zur Waffenkammer fort.

Der Oberstleutnant hatte ein anderes Ziel.

Janer Birn sprang auf, als Carrera die Krankenstation betrat. Der Korporal war ein ungewohnter Anblick: Die eigentlich roten Haare waren schwarz gefärbt und die Haut braun abgedunkelt. Gemeinsam mit Rhodan hatte er die bhanlamurische Hauptstadt infiltriert.

»Steh bequem«, befahl Carrera.

Birn löste die Körperspannung.

Carrera trat an das Bett, in dem die einzige Patientin in diesem Zimmer lag. Ein Medoroboter wartete in seiner Ruhenische in der Wand. Die Maschine würde sofort eingreifen, wenn die am Krankenlager angebrachten Sensoren eine Verschlechterung von Myrilla Entrepes Zustand erkannten. Eine Minute später wäre auch ein Arzt aus Fleisch und Blut hier.

»Wie geht es ihr?«, fragte Carrera.

»Schädeltrauma«, sagte Birn. »Es wird folgenlos ausheilen, aber zwei weitere Tage Heilschlaf wurden verordnet.«