Perry Rhodan 3200: Mission MAGELLAN - Robert Corvus - kostenlos E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3200: Mission MAGELLAN E-Book und Hörbuch

Robert Corvus

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint zwischen den Sterneninseln verschollen zu sein, zersplittert in Fragmente. Aus diesem Grund bricht eine Expedition zur fernen Galaxis Gruelfin auf: Es ist die MISSION MAGELLAN ...

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Seitenzahl: 207

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Zeit:4 Std. 47 min

Sprecher:Martin Bross

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Nr. 3200

Mission MAGELLAN

Sie folgen einem transgalaktischen Notruf – auf der verzweifelten Suche nach ES

Robert Corvus

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog: Ein Tropfen Unendlichkeit

Ein halbes Jahr zuvor, CONCEPCIÓN

Sternensehnen

Ein halbes Jahr zuvor, MAGELLAN

Reisende

Fernaufklärung

Ein halbes Jahr zuvor, MAGELLAN

Vorhut

Feindesland

Registratur

Ein halbes Jahr zuvor, MAGELLAN

Ungeduld

Identitäten

Predatoren

Retter

Ein halbes Jahr zuvor, MAGELLAN

Verletzung

Orientierung

Patient

Stadt

Ein halbes Jahr zuvor, auf Pspopta

Blutstropfen

Training

Energieabfall

Heilung

Ein halbes Jahr zuvor, auf Pspopta

Vertrauen

Spielzeug

Widerstand

Ein halbes Jahr zuvor, auf Pspopta

Diplomatie

Redaktionelle Beilage: Interview mit einem Galaktiker

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint zwischen den Sterneninseln verschollen zu sein, zersplittert in Fragmente. Aus diesem Grund bricht eine Expedition zur fernen Galaxis Gruelfin auf: Es ist die MISSION MAGELLAN ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner folgt einem Hilferuf.

Atlan – Der Arkonide stellt sich auf die Seite der Verfolgten.

Alschoran – Der Kastellan sucht seinen sterblichen Platz zwischen Unsterblichen.

Hilke Silent-Brown – Die Siganesin reist mit an Bord der MAGELLAN.

Sichu Dorksteiger

Prolog

Ein Tropfen Unendlichkeit

Ein schneeweißes, gerade einmal 20 Meter langes Raumschiff schoss durch die Librationszone.

Es flog schneller als jedes Gefährt, das die Ingenieure der Milchstraße hätten bauen können. Sekunde für Sekunde legte es eine weitere Strecke zurück als ein Mensch der prästellaren Zeit in seinem gesamten Leben. Knapp unterhalb des fünfdimensionalen Hyperraums war die eherne Barriere der Lichtgeschwindigkeit, die das Standarduniversum definierte, ohne Bedeutung.

Dort galten Bedingungen, unter denen die sechs Lebewesen im Inneren des tropfenförmigen Schiffs – eine Frau, ein positronisch-biologischer Roboter, vier Männer – keine Sekunde hätten existieren können, hätten sie sich nicht in einem technisch geschaffenen Mikrokosmos befunden.

Das Schiff beschützte sie vor der Gnadenlosigkeit des Universums, versorgte sie mit Luft, Flüssigkeit und Nahrung. Es schuf ihnen sogar eine angenehme Umgebung, soweit der begrenzte Platz dies gestattete.

Es steuerte die Koordinaten eines Notrufs an, der Terra über den sternenlosen Abgrund zwischen den Galaxien hinweg erreicht hatte.

Die sechs an Bord verstanden sich trotz ihrer geringen Zahl als Retter. Sie eilten den Kundschaftern zu Hilfe, die das Dritte Galaktikum ausgeschickt hatte. Damit kam ein Retter auf beinahe viertausend Notleidende.

Ein halbes Jahr zuvor, CONCEPCIÓN

Gefechtsalarm

In Hilke Silent-Browns Halsschlagader hämmerte der Puls. Die Angreifer hatten die CONCEPCIÓN kalt erwischt. Irgendwie mussten sie es unbemerkt an Bord des Schlachtkreuzers geschafft haben. Und sie gingen rücksichtslos vor.

Am Wummern, das von den tiefer gelegenen Decks empordrang, erkannte die Gefreite schwere Intervallstrahler. Nach dem metallischen Donnern zu urteilen, zerlegten sie die innere Struktur des Kugelraumers.

»Kampfgruppe 17!« Hilkes Gefechtsanzug dämpfte die Außengeräusche. So konnte sie die Durchsage ihres Gruppenführers verstehen, die aus dem Akustikfeld im Inneren des Helmes drang. »Wir werden draußen gebraucht! Sammeln im Fahrzeughangar!«

Hilke war dankbar für die Orientierung, die der Befehl ihr gab. Sie wies die Gefechtspositronik ihres Anzugs an, sie auf dem schnellsten Weg zum Hangar zu bringen. Ihren Kombistrahler hielt sie fest in den Händen.

Der SERUN flog sie mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde durch die Gänge. Kameraden hetzten in dieselbe Richtung wie sie, ihr entgegen oder kreuzten ihren Weg. Hilkes Größe, oder besser ihre Winzigkeit, war ihr Vorteil: Die Siganesin maß vom Scheitel bis zur Sohle 20 Zentimeter. Sie nutzte Lücken, die andere nicht einmal als solche wahrgenommen hätten.

Ihr engster Kamerad stieß aus einem abzweigenden Gang zu ihr: ein TARA-VIII-UH-Kampfroboter. Da Hilke nichts anderes befahl, schloss sich die Maschine ihr an. Die Grundprogrammierung sah vor, im Zweierteam gemeinsam mit Hilke ins Gefecht zu ziehen.

Kurz vor dem Hangar zerriss eine Druckwelle den Boden. Der Prallschirm von Hilkes SERUN lenkte scharfkantige Metallsplitter ab, von denen sich einige in Wände und Decke bohrten.

Ein roter Roboter mit ovalem Hauptkörper tauchte aus dem dampfenden Loch auf wie ein Dämon aus einem Höllenschlund. Tentakel, an deren Enden Abstrahlfelder glühten, reckten sich Hilke entgegen.

Unartikuliert schrie die Siganesin ihre Aufregung hinaus.

In ihrem Helm flammte eine Leuchtanzeige auf, die ihr zeigte, dass der TARA nach Standardprozedur vorgehen würde, wenn sie ihn nicht stoppte.

Der Roboter flog mit aktiviertem Hochenergie-Überladungsschirm zwischen sie und die feindliche Maschine.

Keine Sekunde zu früh. Geschützdonner füllte den Gang, grelles Licht flutete die Umgebung. Die Energie, die die grün aufgleißenden Schirme nicht in den Hyperraum abstrahlen konnten, reichte aus, um die Wände auszubeulen und Hilke zurückzuwirbeln.

Direkt vor die Tentakel zweier weiterer Kampfmaschinen derselben fremden Bauart!

Hilke schrie, aber ihr Training zahlte sich aus: Ohne zu zögern, wählte sie den Roboter als Ziel, bei dem sie wegen des aufgebrochenen Rumpfs die stärkere Beschädigung vermutete.

Ihr Kombistrahler war zwar klein, die Feuerstärke jedoch auf wesentlich größere Gegner ausgelegt. Der Thermostrahl brannte sich durch das rote Metall, ließ es aufschäumen und die Schaltkreise im Innern Funken sprühen.

Ob das ihren Gegner zerstört hatte, konnte Hilke nicht sagen. Sie war froh, dass die Gefechtsroutine sie über ihn hinwegrasen ließ – und dass der Haken, den sie dabei schlug, ausreichte, damit der Schuss des zweiten Roboters sie verfehlte. Überhaupt hatte sie Glück, dass die Maschinen nicht eher gefeuert hatten. Offenbar unterschätzten auch ihre Algorithmen Kontrahenten, die nur 20 Zentimeter groß waren.

Ihr TARA reagierte auf die erneute Gefahrenlage, die Hilkes SERUN an ihn meldete. Er löste sich von seinem gegenwärtigen Gegner und eilte zu ihr.

Der noch unbeschädigte Feindroboter erwies sich leider als flexibel: Er richtete einige Tentakel auf den TARA, folgte jedoch mit den anderen Hilke – und schoss.

Eine mörderische Druckwelle erfasste die Soldatin und schmetterte sie in den Winkel zwischen Gangwand und Boden. Damit nicht genug, verformte sie die Struktur so weit, dass sie nachgab und einbrach. Metallteile, die anscheinend zum Leitungssystem der Klimaregelung gehörten, stürzten auf Hilke herab.

Ihr Prallfeld fing die kinetische Energie ab, aber sie wurde begraben und eingeklemmt. Ihr Rückentornister behinderte sie bei dem Versuch, sich herumzuwälzen.

Die Gefechtspositronik übermittelte ihr, dass der TARA unter heftigem Feuer lag. Sein HÜ-Schirm kam an die Grenzen.

»Gefreite Hilke Silent-Brown!«, funkte ihr Sergeant. »Wir haben nicht ewig Zeit! Nicht herumtrödeln!«

Geschütze donnerten. Etwas polterte auf die Trümmerhalde, unter der sie lag.

»Ich könnte Hilfe gebrauchen!«, rief sie.

Endlich kam Hilke herum. Sie stellte den Kombistrahler auf Desintegratormodus, hielt aber inne, bevor sie den Schrott über sich aufgelöst hätte.

Der Puls pochte in ihrem Hals.

Wenn sie sich freischnitte und zwei, vielleicht sogar drei Feindmaschinen gegenübersähe, die das Feuer auf sie eröffneten, hätte sie keine Chance. Ihre Feuerkraft würde die des TARA nur unwesentlich verstärken. Und der schien – nach den Daten zu urteilen, die er übermittelte – in echten Schwierigkeiten zu stecken. Wie lange würde der Roboter standhalten? Zehn Sekunden? 15?

Reichte Hilke diese Zeitspanne, um sich zu ihren Kameraden durchzuschlagen?

»Durchhalten, Gefreite!«, funkte der Sergeant. »Wir sind gleich da!«

Das klang gut. Sehr gut sogar!

Sie befahl dem TARA, sich in Sicherheit zu bringen. Das erhielte seine Kampfkraft und könnte die Feindmaschinen fortlocken.

Tat es aber nicht.

Zumindest nicht alle, nur einer der roten Roboter flog hinter dem TARA her und hielt dessen Schirme unter Last.

Eine andere Energiequelle näherte sich Hilke.

Sie stellte sich den tödlichen Gegner vor, der nur einen Meter über ihr schwebte, getrennt von ihr durch einen Haufen Schrott, der weder den Thermostrahlern noch den Desintegratoren ernsthaft etwas entgegenzusetzen hatte. Am schrecklichsten wäre es, wenn er eine Impulskanone einsetzte. Dann würde Hilke mitsamt dem Schrotthaufen zerquetscht. Möglicherweise zunächst nicht vollständig. Ihr SERUN mochte sie so weit schützen, dass sie sich ein Dutzend Knochen bräche und daraufhin innerlich verblutete.

Sie schaltete den Außenscheinwerfer aus und desaktivierte sogar das Prallfeld, um ihre Energiesignatur zu minimieren.

Sie traute sich nur noch, flach zu atmen.

In der Dunkelheit hörte sie, wie die Metallteile über ihr ins Rutschen gerieten. Etwas Hartes, Kantiges, drückte in ihren Bauch.

Sie verbat sich ein Wimmern.

Die Energiesignatur des feindlichen Roboters verharrte über ihr.

Würde er das Funksignal bemerken, wenn sie den TARA zurückriefe?

Sie umklammerte ihren Strahler. Als ob sie eine Chance gehabt hätte, schneller zu schießen als ein Roboter, der sie als Ziel erfasst hatte!

Aber sie würde es versuchen. Auf jeden Fall. Sie würde nicht kampflos abtreten.

Thermostrahlen zischten, und die Energiesignatur des Feindroboters strahlte auf, weil sein Schirm unter Last geriet.

Sternensehnen

Im Erwachen genoss Perry Rhodan die Wärme und die Berührung seiner Frau, die halb auf ihm lag. Vorsichtig, um Sichu nicht zu wecken, strich er durch ihr langes Silberhaar. Sie duftete nach den Heidelbeergärten von Terrania City.

Die Erinnerung an seinen Heimatplaneten ließ Rhodan lächeln. 35 Tage reisten sie bereits durch die Leere des Weltraums, mit einer Geschwindigkeit, die ein im menschlichen Körper verhafteter Verstand nur noch in Analogien begreifen konnte. Das Licht von Sol brauchte über 35 Millionen Jahre, um dieselbe Strecke zurückzulegen. Es war dasselbe Licht, das die Erde des Eozäns beschienen hatte. Das lag zehnmal so weit in der Vergangenheit wie die Entstehung der ersten Menschenarten auf Terra.

Wie in einer Morgendämmerung schien sanfte Helligkeit auf das rot bezogene, runde Bett, das Atlan dem Ehepaar für die Reise abgetreten hatte. Ein cremefarbener Energievorhang sorgte für Sicht- und Schallschutz und bot so die maximale Privatsphäre, die an Bord der Raumkapsel möglich war. Rhodan und Sichu wussten, sie zu genießen.

Illustration: Swen Papenbrock

Es war lange her, dass sie einen ganzen Monat miteinander verbracht hatten, ohne von den Alltäglichkeiten der hohen Politik in der Milchstraße beansprucht zu werden. Zwar trugen beide keine operative Verantwortung, aber sie wurden häufig konsultiert. Die Anführer des Dritten Galaktikums profitierten gerne von ihrer Erfahrung.

Doch die beiden nutzten die RA nicht, um der Pflicht zu entfliehen. Im Gegenteil, sie folgten einem Notruf des Ultratenders MAGELLAN, der zur Kleingalaxis Morschaztas vorgeschobenen Operationsbasis, die der Suche nach dem ersten Fragment der Superintelligenz ES dienen sollte. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie ihr Ziel erreichten.

Behutsam schlängelte sich Rhodan unter Sichu hervor.

Im Halbschlaf seufzte sie milde protestierend.

Er hauchte einen Kuss auf ihre warme, grüne Haut. Es forderte seine Selbstbeherrschung, die fraktalen, goldenen Muster, die ihren Körper zeichneten, nicht mit den Lippen zu erkunden.

Stattdessen deckte er seine Frau bis zu den Schultern zu.

Mit geschlossenen Augen rollte sie sich in die Seide ein.

In Gedanken dankte Rhodan dem Universum dafür, dass es ihm einen Monat der Nähe zu dem Wunder, das seine Frau für ihn war, gewährt hatte.

Er nahm die Obsidian-Datei von dem Tischchen, das neben dem runden Bett stand, und drückte sie unter das Schlüsselbein. Dort war der Zellaktivator implantiert, dessen belebende Impulse ihm die relative Unsterblichkeit schenkten. Gleich einem Magneten haftete das tropfenförmige Archiv an seiner Haut. Wie immer fühlte es sich kühl an, aber nicht unangenehm kalt.

Rhodan ertappte sich dabei, innezuhalten. Der halbtransparent obsidiangrüne Edelstein war kein Schmuckstück. Er enthielt Daten zu den Fragmenten von ES. Bislang hatte er lediglich die Standorte von zweien preisgegeben, eines davon in Morschaztas. Dadurch war die Kleingalaxis zu ihrem Ziel geworden.

Rhodan hoffte, dass die Obsidian-Datei weitere Informationen preisgäbe, sobald sie in die Nähe des Fragments kämen. Anweisungen, wie man es bergen könnte, Hinweise auf Gefahren oder andere Hilfestellungen, die die Kosmokratin Mu Sargai dem Speicher anvertraut haben mochte.

Doch nichts geschah. Kühl und hart haftete der steinerne Tropfen an Rhodans Schulter.

Er zog seine hellblaue Bordkombination an. Das einteilige Kleidungsstück schmiegte sich an seinen Körper.

Nach einem letzten Blick auf die schlafende Sichu trat Rhodan durch den Energievorhang.

*

Das Bett nahm einen großen Teil des runden Wohnbereichs der Kapsel ein, der am Boden sechs Meter durchmaß und sich gleichmäßig zur acht Meter durchmessenden Decke weitete, was ihm die Form eines Kegelschnitts gab.

Die nachtblaue Färbung der Schallschutzfelder, die um die drei Liegen an der runden Wand geschaltet waren, zeigte an, dass auf jeder davon jemand schlief.

Atlan da Gonozal, der Kommandant der RA, ruhte neben dem großen Kleiderschrank. Niemanden hätte Perry Rhodan bei einem gefahrvollen Einsatz lieber an seiner Seite gewusst.

In der Mitte lag Antanas Lato, dessen herausragendes Verständnis der Hyperphysik und der Dimensiologie sogar Sichu beeindruckte, die immerhin einmal das Amt der Chefwissenschaftlerin der Liga Freier Terraner bekleidet hatte. Wenn sich die beiden über die technischen Parameter der mit Superintelligenzen-Technologie konstruierten Kapsel unterhielten, in der sie reisten, kam Rhodan nur noch die Rolle zu, sie mit Heißgetränken zu versorgen.

Der letzte Schläfer, der Ase Alschoran, verfügte als Galaktischer Kastellan über die größte Erfahrung mit den Kapseln. ES hatte ihn zum Wächter über seine Mächtigkeitsballung berufen. Deswegen war seine Teilnahme an dieser Mission für Rhodan selbstverständlich.

Durch die drei Liegen, den Schrank, einen nierenförmigen Tisch, dessen schwarz glänzende Lackierung in der vorwiegend weißen Umgebung einen Akzent setzte, und ein rundes Loch im Boden, das in die Maschinensektion hinabführte, war der Platz im Wohnbereich während der Ruhephase beengt.

Der Roboter, mit dem Atlan seine Dagor-Kampftechniken übte, hing nahe der Decke an der Wand. Eine einigermaßen komfortable Nasszelle konnte RA nur bereitstellen, wenn die Schlafliegen zu Folien an der Wand verkleinert wurden.

Rhodan sah keinen Grund, die Gefährten zu wecken. Für den Moment gab er sich mit der Reinigungsfunktion der Bordkombination zufrieden, die den Nachtschweiß zuverlässig entfernte.

Er stellte sich unter das Loch in der Decke und sah hinauf. Das genügte RA, der Bord-Sextatronik, um seine Absicht zu erfassen und ihn mit einem Antigravfeld in die Kommandosektion zu heben.

Schon wegen des größeren Durchmessers war diese Etage der Kapsel geräumiger, auch wenn sich die Außenwand zu einer Kuppel wölbte. Das künstliche Schwerefeld des kleinen Raumschiffs erweckte den Eindruck, der vier Meter hohe Scheitelpunkt dieser Kuppel befände sich oberhalb von Rhodan; von außen betrachtet bildete er jedoch den Bug.

Die Projektion übertrug die Daten von den Optiksensoren auf die Wandung, weswegen exakt im Zenit ein Orientierungsstern leuchtete, der die Richtung der Linearetappe vorgab. Ringsum zogen die grauen Schlieren des Kontinuums vorbei, das sich zwischen der vierten und der fünften Dimension verorten ließ.

»Das sieht gut aus« sagte Rhodan.

»Die Leistungsparameter liegen weiterhin in dem Bereich, den Alschoran vorhergesagt hat«, informierte ihn Marat, das sechste und letzte Besatzungsmitglied der RA.

Marat war einer der wenigen positronisch-biologischen Roboter, die sich selbst geschlechtlich wahrnahmen, in ihrem Fall weiblich. Wobei an ihrem Körper nichts war, das einem menschlichen Beobachter diese Zuordnung nahegelegt hätte.

Ihre Plasmakomponente ruhte in einer einen Meter durchmessenden Schüssel, die auf einem Antigravfeld schwebte. Zu sehen war sie allerdings nicht, weil sich über ihr ein Kegel aus knapp 1000 zumeist kantigen, halbautonomen Modulen erhob, die sich in ständiger Bewegung gegeneinander verschoben.

Gegenwärtig machte Rhodan einen diagonal verlaufenden Hauptstrom aus, während andere Bereiche beinahe stillstanden. Dort tauchten einige Module in die Tiefe des Gewimmels ab und wurden durch andere ersetzt. Manche waren groß wie eine Faust, andere so klein, dass sie mit bloßem Auge nicht zu erkennen waren. Ebenso wie die Schüssel und der würfelförmige Kopf der Posbi bestanden sie aus schwarzem Metall, bei den meisten ergänzt um rote Leuchtstreifen variierbarer Helligkeit.

Marat schwebte auf Rhodan zu. »Kannst du nicht mehr schlafen?«, fragte sie mit wohlklingender Stimme.

»Ich habe mich lange genug ausgeruht.«

»Ich verstehe. Dein Zellaktivator erlaubt dir eine schnelle Regeneration.«

Rhodan nickte, wobei mit dieser Begründung auch Atlan bereits hätte wach sein müssen. Er empfand wohl nicht dieselbe Unruhe wie der Terraner.

»Ich bin froh, dass unsere Ingenieure kompensieren konnten, was die Saboteure an Schaden angerichtet haben«, sagte Rhodan.

»Die terranische Technik arbeitet solide mit den Aggregaten der Kapsel zusammen«, beschied Marat.

Die Arbeiten hatten vieler Sonderschichten auf der Luna-Werft bedurft, und trotzdem hatten sie durch die notwendigen Reparaturen viereinhalb Monate verloren.

»Hundertachtunddreißig Tage zwischen dem Empfang des Hilferufs und unserem Aufbruch, dazu noch fünfunddreißig Tage für den Flug«, sinnierte Rhodan. »Ich hoffe, auf der MAGELLAN denkt man nicht, wir hätten sie aufgegeben.«

»Es war der schnellstmögliche Weg, nach dem Rechten zu sehen«, stellte Marat fest.

Obwohl der Notruf, der Terra über die Hyperfunk-Relais-Brücke im Leerraum zwischen den Galaxien erreicht hatte, der Auslöser für diese Reise war, bewegte nicht primär Sorge, sondern Vorfreude Rhodans Gemüt. Nicht nur hatte er selbst zahllose Herausforderungen gemeistert, er vertraute auch seinem Team und ebenso der Besatzung der MAGELLAN. Bislang hatte noch keine Schwierigkeit die Terraner dauerhaft davon abgehalten, ihrem Schicksal zwischen den Sternen entgegenzustreben.

Diese Bewegung ins Ferne und Unbekannte, zu den Rätseln und Wundern des Universums, verlor für Rhodan niemals an Faszination.

»Was für eine ungeheure Distanz, die wir mit der RA überwinden«, flüsterte er.

»Wie meinst du das?«

»Wenn ich über die Größe des Kosmos nachdenke, fühle ich mich zugleich klein und emporgehoben.« Rhodan spreizte die Finger und betrachtete die Härchen auf seinem Handrücken. »Ich bin das Geschöpf eines komplexen Zusammenspiels unüberschaubar vieler Faktoren, und das macht mich zu einem Teil des Geflechts, das alle Materie und alles Leben zusammenhält. Ich glaube, das befähigt mich, es zu erforschen und in jeder Bedeutung des Wortes zu erleben.«

Im Grunde, überlegte er, hatte sich nicht viel verändert seit den ersten Tagen der Raumfahrt.

Mit dem Mondflug der STARDUST hatten sich vier Menschen aufgemacht, die Grenzen des Himmels zu vermessen und die Tore zur Zukunft aufzustoßen. So war es auch auf dieser Mission: Jahrhunderte lag der letzte Besuch in der Kleingalaxis Morschaztas zurück.

Damals hatten sie nur einen winzigen Teil der dortigen Planetensysteme erkundet, und selbst dieses wenige mochte sich inzwischen ganz anders darstellen. Die RA trug ihre Besatzung ins Unbekannte, was Rhodans Herzschlag beschleunigte.

Und doch ging es einem Freund entgegen. ES, der Superintelligenz, dem Alten von Wanderer, der die Terraner im Allgemeinen und Perry Rhodan im Speziellen erwählt hatte, die Geschicke seiner aus mehreren Galaxien bestehenden Mächtigkeitsballung zu prägen. Rhodan verdankte ES eine Lebensspanne, die weit über die biologische Disposition seines Körpers hinausging, und damit Jahrtausende voller Staunen und Abenteuer.

Es lag nicht nur im Interesse der Menschheit und der Milchstraße, ihrem Beschützer, der offenbar in mehrere Fragmente zersplittert war, beizustehen. Es war auch eine persönliche Ehrenschuld, für Rhodan ebenso wie für Atlan und Alschoran. Jeder der drei verdankte ES die Vervielfachung seiner Lebenszeit.

Rhodan erkannte die leisen Schritte hinter ihm. Sichu drückte sich gegen seinen Rücken. Er winkelte die Arme ab, damit sie die Hände unter seinen Achseln hindurchschieben und ihn vor der Brust umarmen konnte. Er genoss es, ihre Nähe durch die leichten Bordkombinationen zu spüren.

»Was immer uns erwartet«, flüsterte Sichu, »wir begegnen ihm gemeinsam.«

Rhodan korrigierte seine frühere Überlegung. Es war anders als damals. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte er in einer fernen Galaxis eine Gefährtin gefunden, die ihn zugleich inspirierte und stärkte, und deren Sehnen in dieselbe Richtung träumte wie seines.

Er nahm Sichus Hand und küsste ihren Zeigefinger. »Ich liebe dich.«

Ein halbes Jahr zuvor, MAGELLAN

Die Freiwillige

Flammend stürzte die CONCEPCIÓN durch eine an den Rändern flackernde Strukturlücke im Paratronschirm der MAGELLAN. Hilke Silent-Brown bekam bei diesem Anblick ein schlechtes Gewissen, weil sie Erleichterung darüber verspürte, nicht mehr an Bord des Schlachtkreuzers zu sein.

Doch die Energiebarriere könnte das Mutterschiff nur noch kurze Zeit schützen. Normalerweise leuchtete sie blau, aber im anhaltenden Trommelfeuer der Angreifer war davon nichts zu erkennen. Wo schwarze Abstrahlaufrisse, die die auftreffenden Energien in den Hyperraum leiteten, das Licht noch nicht vollständig verschlangen, waberten rote Elmsfeuer. Es waren sichere Anzeichen der baldigen Überlastung, so viel wusste auch Hilke, obwohl die Gefreite nie in einem Gefecht solcher Größenordnung gestanden hatte.

Sie schluckte. In diesem Moment war alles, wofür die Soldatin trainiert hatte, gnadenlose Realität. Hatten ihre Kameraden sie nur unter dem Trümmerhaufen hervorgezogen, damit sie eine Stunde später gemeinsam starben?

Das Licht aus dem halbtransparenten Holo, das ihnen das Inferno der Schlacht zeigte, beschien die ernsten Gesichter ihrer Gefährten. Ihr Panzerfahrzeug, ein LUPUS-Shift, rumpelte über die von Gefechtsschäden zerklüftete, an vielen Stellen geschmolzene und im Vakuum rasch wieder erstarrte Metalloberfläche der fünf Kilometer durchmessenden Werftplattform des Ultratenders.

»Was sollen wir da ausrichten?« Karl Schelz lachte unwillig auf.

Er war Gefreiter wie Hilke, stammte jedoch vom Mars.

»Dass dein Heimatplanet nach einem antiken Kriegsgott benannt ist, merkt man dir nicht an«, rutschte es Hilke heraus.

Er bedachte sie mit einem grimmigen Blick.

Seit der Shift aus der CONCEPCIÓN ausgeschleust war, vermied er es, seinen Strahler zu berühren. Er hielt die Hand fern davon, als wollte er signalisieren, dass er keinesfalls zu kämpfen beabsichtigte. Dabei sahen ihn im Innern des Panzerfahrzeugs ohnehin nur die Kameraden von Kampfgruppe 17.

»Als Rauminfanteristen einen Ultratender beschützen ...« Schelz schnaubte.

Durch den transparenten Helm reflektierte das Streulicht des Holos auf seiner Dakkarschleife. Sie alle trugen einen solchen platinfarbenen Stirnreif, der verhindern sollte, dass sich ein Pedotransferer im Hirn einnistete.

»Irrsinnige Vorstellung!« Schelz wurde lauter. »Wir werden verrecken wie ...«

»Ruhe!«, donnerte Korporal Roland Bor mit der Wucht seiner ertrusischen Stimme. Sein hünenhafter Körper war auf eine Schwerkraft ausgelegt, die jene Terras um das Zweieinhalbfache überstieg. Ein entsprechendes Volumen hatte sein Brustkorb.

Schelz verstummte mit versteinerter Miene.

Dennoch kam Hilke nicht umhin, ihm zumindest zum Teil recht zu geben. Was sie in der Holoübertragung sah, ließ ihr die Hände schwitzen. Sie war froh über die Handschuhe ihres SERUNS. Wenigstens würde sie nicht abrutschen, wenn es darauf ankäme.

An eine sauber geschaltete Schleuse im Schirm der MAGELLAN war überhaupt nicht mehr zu denken. Die Lücke, die die Verteidiger geöffnet hatten, um den 500-Meter-Kugelraumer – oder das, was von ihm übrig war – durchzulassen, nutzten die Angreifer aus, um weitere unbemannte Kleinschiffe einzuschleusen.

Der Großteil verging im Sperrfeuer der Abwehrbatterien, die das Vakuum unter dem Schirm mit neonfarbenen Leuchterscheinungen füllten, meist dem Grün von Desintegratoren. Aber ein Dutzend kam durch, platzte auf und positionierte dadurch weitere Gefechtstransmitter zwischen den Kränen, Versorgungslagern, Tanks, Robotmagazinen und dem Habitat, das im Panzermodus als dunkler, 1700 Meter hoher und drei Kilometer durchmessender Beinahe-Zylinder aufragte.

An die 100 rote Gefechtsroboter und mehrere Führungsoffiziere in flammenfarbenen Kampfanzügen materialisierten in den Transmitterfeldern, bevor sich der Paratronschirm wieder schloss und so die Verbindungen vorläufig trennte. Die Angreifer waren wohl Ganjasen, denn die Raumanzüge verrieten einen Körperbau wie bei Terranern: ein Kopf, ein Rumpf, zwei Arme, zwei Beine.

Den Aufprall der CONCEPCIÓN in der Wartungsmulde fingen die Dämpfer der MAGELLAN nur unvollständig ab. Hilkes Kampfgruppe wurde in ihrem Shift durchgeschüttelt.

Die Schäden des Schlachtkreuzers, der in den Schutz seines Mutterschiffs floh, waren selbst für eine Infanteristin wie Hilke unübersehbar. An einer Stelle war er so gründlich aufgerissen, dass sich die Kugelform nur noch erahnen ließ. Aber selbst ohne diese Hauptbeschädigung erschien der Raumlandesoldatin die Bezeichnung Wrack angebracht.

Sie schluckte bei dem Gedanken, dass Kräfte, wie sie die CONCEPCIÓN zugerichtet hatten, Hilke in ihrem SERUN in Sekundenbruchteilen atomisieren würden.

Die vier anderen OXTORNE-Kreuzer sahen besser aus – weil sie gar nicht erst abgehoben hatten, um in die Kämpfe einzugreifen. Explosionen im Innern hatten einen Großteil des Ringwulsts der VICTORIA abgesprengt. Was mit den übrigen los war, wusste Hilke nicht.

*

Der Paratron verschwand, das flirrende Grün des Hochenergie-Überladungsschirms ersetzte ihn. Dass er keine Abstrahlaufrisse zeigte, war trügerisch. Seine Leistungsparameter lagen erheblich unterhalb jener des Paratrons, er würde den wütenden Angriffen wesentlich kürzere Zeit standhalten als sein großer Bruder.

Im Shift wussten alle, was das bedeutete. Der Pilot steuerte das Fahrzeug aus der Deckung einer Baracke, die der Unterbringung von Wartungsrobotern diente. Die Ketten rasselten über den Metallboden, der eine wellenförmige Oberfläche aufwies, nachdem Thermostrahlen ihn verflüssigt hatten und er wieder erstarrt war.

Terkonitstahl schmolz erst bei weit über 30.000 Grad Celsius, wie Hilke Silent-Brown wusste. Sie stellte sich vor, dass ein Körper aus Fleisch und Blut bei einer solchen Temperatur augenblicklich verdampfte.

Korporal Roland Bor sah sie ernst an. In der rechten Hand hielt der Ertruser mit dem über zwei Meter breiten Kreuz seinen Kombistrahler, in der linken verlor sich beinahe ein Speicherkristall, der sich auch in einem Schmuckstück gut gemacht hätte. »Ich werde dir das nicht befehlen, aber wir alle wissen, dass wir jemanden brauchen, der es tut.«

Sie achtete darauf, dass das Schallverstärkerfeld ihres SERUN-Downsize ihrer Stimme Nachdruck verlieh. »Ich melde mich freiwillig!«

»Bist du sicher?« Er wirkte, als läse er bereits die Einladung zu ihrer Beerdigung.