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Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. In der Galaxis Morschaztas unweit Gruelfins sind Atlan und er unterwegs und stellen sich den Panjasen, die das dortige Refugium für sich beanspruchen. Ihr Expeditionsraumer MAGELLAN wird von zwei kleineren Einheiten begleitet: der RA von Atlan und dem Spionageraumer AURA. Nach deren letztem Einsatz hängen sie AN TAUSEND FÄDEN ...
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Nr. 3223
An tausend Fäden
Die AURA erreicht die Schwarzsterngrenze – und die Eisskulptur erwacht
Uwe Anton
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. AURA
2. AURA
3. HEILKRAFT-177-WARRUSCH
4. HEILKRAFT-177-WARRUSCH
5. HEILKRAFT-177-WARRUSCH
6. HEILKRAFT-177-WARRUSCH
7. RA
8. HEILKRAFT-177-WARRUSCH
9. PRAIPASCH
10. PRAIPASCH
11. RA
12. PRAIPASCH
13. RA
14. PRAIPASCH
15. RA
16. PRAIPASCH
17. PRAIPASCH, beim Planeten Aschvalum
Leserkontaktseite
Glossar
Risszeichnung MAGELLAN – Wohnwelt
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. In der Galaxis Morschaztas unweit Gruelfins sind Atlan und er unterwegs und stellen sich den Panjasen, die das dortige Refugium für sich beanspruchen. Ihr Expeditionsraumer MAGELLAN wird von zwei kleineren Einheiten begleitet: der RA von Atlan und dem Spionageraumer AURA. Nach deren letztem Einsatz hängen sie AN TAUSEND FÄDEN ...
Madison Starblanket – Die Kommandantin der AURA muss Entscheidungen von großer Tragweite treffen.
Adrian Lautrec – Der Erste Pilot der AURA steht der Kommandantin bei.
Vencvender – Der Bordmediker der AURA experimentiert mit einer Skulptur.
Ephin – Der Leutnant klickert gerne.
Tommpur
1.
AURA
16. Juli 2096 NGZ
Das Objekt drehte sich in einem Fesselfeld über dem Untersuchungstisch. Grünes Licht verlieh dem weißen Interieur einen gespenstischen Schimmer und war ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Menschen innerhalb des Raumes durch einen HÜ-Schirm vom Rest der AURA abgeschirmt waren.
»Ich halte das für ... äußerst ungewöhnlich«, sagte der Ara Vencvender und bewegte den Kopf vor und zurück, die Augen zusammengekniffen, um das Objekt eingehend zu betrachten, das sich langsam eine gute Handbreit über der etwa einen auf zwei Meter messenden Tischplatte in der Luft drehte.
Da der Bordmediker der AURA über volle Sehschärfe – und einige weitergehende Mittel technischer Natur – verfügte, war dies vollkommen sinnlos. Aber es war ein Mittel, sich in den Augen der restlichen Besatzung menschlicher zu machen.
»Ungewöhnlich?«, fragte Captain Madison Starblanket, die ihm gegenüber auf der anderen Seite des Objekts stand.
Vencvender fühlte sich manchmal unbehaglich in ihrer Nähe: Solange sie die nahezu schwarze, die Augenpartie vollkommen abdeckende Brille trug, konnte er ihre Äußerungen nicht immer korrekt einschätzen, zumal er die Modulation ihrer Stimme nicht gut genug zuzuordnen vermochte. Bedeutete ungewöhnlich gerade eine Missbilligung der unpräzisen Meinungsäußerung, eine interessierte Nachfrage nach weitergehenden Informationen? Oder wiederholte sie einfach, um Zeit zu gewinnen, das Wort das ihr aufgefallen war, obwohl sie hinter dem Schutz der Brille gerade vorwiegend damit beschäftigt war, Informationen aus anderen Abteilungen des Schiffes zu sichten?
Soweit Vencvender es festzustellen vermochte, war Starblanket völlig konzentriert bei der Sache. Daher dürfte ihre Äußerung am ehesten als interessiert durchgehen.
Vencvender zwang sich, das Gesicht leicht zu verziehen. Nicht so weit, dass es ein eindeutiges Lächeln abgab, aber auch nicht derart, dass sie den Zorn dahinter zu deutlich spürte. Der Mediker hasste es, wenn auch nur der Anflug von Kritik an seiner medizinischen Expertise erkennbar wurde. Daran sollte sich Starblanket durchaus wieder einmal erinnern
»Und deshalb hast du mich in die Medostation gebeten?« Nun gab es keinen Zweifel: Starblanket war nicht so sehr interessiert wie kritisch.
»Du scheinst ...« Er hielt inne. Nicht ganz zu verstehen, hatte er sagen wollen, doch im letzten Augenblick beschloss er, sich diplomatischer auszudrücken. »... nicht meiner Meinung zu sein«, vollendete er den Satz.
»Ich verstehe nicht ganz«, gestand die Kommandantin ohne Umschweife ein, was der Ara gerade hatte sagen wollen. »Beschreib es mir aus deinem Blickwinkel! Ungewöhnlich ist keine Antwort auf die Frage, ob es sich um ein konserviertes Lebewesen oder eine reine Skulptur handelt.«
Vencvender stieß ein leises Geräusch aus, das die Kommandantin als Seufzer interpretieren konnte, und zeigte mit den spinnenbeinähnlichen Fingern auf das Objekt, zu dessen Expertise er gebeten worden war.
»Es ist schließlich eine schwierige Frage, sonst hättest du sie längst selbst beantwortet. Es gibt Hinweise auf diese und Hinweise auf jene Möglichkeit«, sagte er langsam und zwang sie damit, sich auf ihn einzulassen und sich auf ihn zu konzentrieren. »Lass es mich so zusammenfassen, dass du meinen Blickwinkel begreifen kannst. Traditionelle Messmethoden bringen uns nicht weiter. Biologische Lebenszeichen jedenfalls lassen sich nicht anmessen, was bei einer Skulptur nur logisch wäre. Allerdings scheint das Material der Eisskulptur gewisse Eigenschaften aufzuweisen, die nahelegen, dass es solche Signale absorbieren könnte oder ... nun ja: eingefroren hat. Wie eine extreme Hibernation.«
Er zeichnete die Umrisse der Skulptur beinahe genüsslich nach. »Handelt es sich um eine Skulptur, kann ich dir nicht weiterhelfen. Mir fehlt der ästhetische Zugang dazu, weil ich nicht weiß, aus welchem kulturellen Umfeld und welcher Stilrichtung sie stammt. Handelt es sich um eine Porträtierung oder um eine Allegorie? Ein real existierendes Wesen oder Volk oder eine Verbildlichung metaphysischer Sachverhalte? Wofür stehen dann die Krallenbeine, der Hornschild, der Leibsack?«
Die Skulptur glich nichts, was der Ara je in dieser Komposition gesehen hatte. Es war etwa eineinhalb Meter hoch und zeigte ein Geschöpf: Auf vier sichelförmig gebogenen, krallenartigen Beinen saß ein Kopfsegment, das offenbar durch einen Hornschild geschützt wurde. Einen weitaus größeren Raum nahm ein lang gezogener Beutel dahinter ein, dessen Oberfläche Falten aufwies.
Vencvender wies auf den glatten Schnitt, der sich im Bereich des Körperbeutels zeigte. »Ich glaube, ein wichtiger Baustein zum Verständnis ist die Wunde. Nennen wir sie einmal so. Handelt es sich um eine künstlerische Gestaltung, wird damit auf einen Makel, eine Schwäche, ein Handicap hingewiesen – vermutlich. Ebenso gut könnte es eine rituelle Beschneidung sein oder etwas in dieser Art, womöglich sogar eine gottgewollte Auszeichnung oder ein Dämonenmal. Wie ich bereits sagte: Da wir über den Hintergrund nichts wissen, bleibt das pure Spekulation. – Was mich zu der weitaus zielführenderen Theorie bringt: Wir könnten es durchaus mit einem Lebewesen zu tun haben, das aus medizinischen Gründen eingefroren und transformiert wurde. Bis die Wunde geheilt werden kann. Bis dazu das medizinische Wissen vorliegt oder der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Klar so weit?«
»Nehmen wir also an, dass diese Skulptur ein Lebewesen darstellt?«, fragte die Kommandantin.
Die AURA hatte die Eisskulptur auf dem Planeten Kenkscheil in dem Skulpturenrad geborgen, auf das sie dort gestoßen war. Unmittelbar nach dem Aufbruch von Kenkscheil hatte Madison Starblanket das Gebilde in ein hoch gesichertes Labor des Schiffes schaffen lassen, in dem es untersucht werden sollte. Sie hatte angeordnet, den Raum zusätzlich durch einen HÜ-Schirm zu sichern, was Vencvender stark übertrieben fand. Aber das war nun wahrlich nicht sein Spezialgebiet.
»Präziser!«, forderte Vencvender. »Wir gehen zunächst einmal davon aus, dass es sich um ein Lebewesen handelt. Die feinen Strukturen und transparenten Farbnuancen im Inneren der Eisskulptur weisen zumindest in jedem Fall auf ein biologisches Vorbild hin. Aber falls sie naturalistisch geschaffen wurde, ist sie unglaublich detailreich. Ich glaube daher nicht, dass das ein Produkt der bildenden Künste ist.«
Die Kommandantin nickte zögernd. »Das ist selbstverständlich nur eine Arbeitshypothese.«
Vencvender nahm das Zögern wahr und zog seine Schlussfolgerung. »Du fühlst dich in der Gegenwart der Skulptur nicht wohl.«
Madison Starblankets Kopf senkte sich leicht, grünliches Licht wanderte über die schwarzen Brillengläser. »Sie ist mir unheimlich.«
»Weil sie so fremdartig ist?«, hakte der Ara nach.
»Nein, Über so eine Betrachtungsweise sind wir hinaus. Ich ... kann es nicht genau in Worte fassen.«
»Dann verstehst du sehr wohl, weshalb ich das Attribut ungewöhnlich verwendet habe. Aber lass uns auf erste Ergebnisse meiner Untersuchungen zu sprechen kommen«, dirigierte der Bordmediker das Gespräch wieder zum eigentlichen Thema. »Wie genau hattest du die Natur dieser Skulptur bezeichnet?«
»Wie meinst du das?«
»In deinem Auftrag an mich.«
Fragend sah die Kommandantin den Mediker an.
»Ich zitiere: Expertise der Skulptur einer aquatischen Lebensform.«
»Ah, das. In der Tat.« Starblanket wies auf den ausgeprägten Körperbeutel der Statue. »Ich bezweifle, dass ein Skelett diesen Sack stützt, und gehe davon aus, dass er für Auftrieb unter Wasser sorgen soll.«
»Das ist reichlich vorschnell und verstellt den Blick auf eine wissenschaftlich breit aufgestellte Untersuchung«, tadelte Vencvender. »Eine aquatische Lebensform ist nicht einzige Möglichkeit, die sich aufdrängt. Auch eine mit Blut vollgesogene Zecke hat genügend Körperspannung für einen hochgestellten Körpersack. Es könnte sich auch ein leichtes Gas in dem Körpersack sammeln.«
»Also?«, fragte Starblanket und klang leicht ungeduldig. Oder vielleicht mittelschwer ungeduldig.
Der Ara ließ den Blick über den Tisch und die Skulptur gleiten. Sanft schüttelte er den Kopf. »Völlig ausschließen kann ich gar nichts und daher auch keine favorisierte Theorie anbieten«, antwortete er schließlich.
»Dann verstehe ich nicht, wieso du mich hierhergebeten hast.«
Vencvender hob eine Braue. »Schon wieder bist du etwas vorschnell, Kommandantin. Vergrößerung!«
Augenblicklich bildete sich ein Holo, das den sackförmigen Bereich des fremdartigen Körpers detailliert zeigte.
»Siehst du es?«, fragte der Ara, gab aber durch keine Geste eine Hilfestellung.
Starblankets Blick wanderte über das Holo. »Was genau meinst du?«
Der Mediker deutete auf etwas, das wie ein winziger schwarzer Punkt aussah. »Noch einmal vergrößern!«
Der winzige Einschluss war nun deutlicher zu erkennen. »Ein fremdartiges Element im Eiskörper der Skulptur«, erklärte der Ara. »Als wäre dort etwas enthalten, eine Art winzige weitere Eisskulptur.«
»Willst du damit sagen ...«
Vencvender nickte. »Ich kann es zumindest nicht ausschließen. Ja, ich halte es für durchaus möglich, dass wir ein schwangeres Geschöpf vor uns haben.«
*
»Dann stellen wir uns für einen Moment die Frage, ob dieses Detail am Ende nicht vielleicht gerade ein Hinweis darauf ist, eine künstlerische Skulptur vor uns zu haben und kein tranformiertes Lebewesen«, forderte die Kommandantin.
Vencvender nickte langsam. »Dann wäre die Skulptur genau wegen dieses Details angefertigt worden.«
»Und dieses Detail hätte folglich eine ganz besondere Bedeutung«, sagte Captain Starblanket. »Eine Bedeutung, die wir unbedingt herausfinden sollten. Setz deine Untersuchungen fort!«
Was dachte sich diese impertinente Person? »Das habe ich ohnehin vor.«
Starblanket wirkte kurzzeitig überrascht. »Selbstverständlich. Ich werde dir Bordingenieurin Alissin-Lar zur Unterstützung zuteilen. Vielleicht hat sie ein paar Ideen, wie man diesem Rätsel technisch beikommen kann. Außerdem Ephin, vielleicht fällt unseren Laosoor etwas auf Psi-Ebene ein. Und Sicherheitschef Harrisot soll ein allzeit wachsames Auge auf dieses Labor haben.«
Der Ara zog die Brauen hoch. Er hatte den Eindruck, dass dieser Aufmarsch von Allroundexperten nicht zu seiner Unterstützung, sondern zu seiner Kontrolle dienen sollte.
»Meinst du wirklich, dieses Personalaufgebot reicht aus?« Vencvender gab sich keine Mühe, seinen Sarkasmus zu verbergen.
Starblanket nahm es gar nicht zur Kenntnis. Traute die Kommandantin ihm nicht zu, allein mit dem Problem fertigzuwerden? »Ein guter Hinweis. Ich werde auch Antanas Lato bitten, dich zu unterstützen. Schließlich hat er sich bereits in der Kaverne mit den Eisskulpturen beziehungsweise dem von ihnen dort ausgehenden Hyperflimmern befasst. Er ist allerdings stark mit der RA beschäftigt. Nun ja, ein paar Minuten wird er vielleicht erübrigen können. Wir wollen mit dem Kopfläufer kein unnötiges Risiko eingehen.«
Illustration: Swen Papenbrock
»Kopfläufer?«
»So bezeichnet die Besatzung die Eisskulptur mittlerweile.«
»Derzeit gibt es keinerlei Hinweis auf eine wie auch immer geartete Gefährdungslage. Ich denke, du übertreibst.«
»Solange du denkst, ist es mir egal, ob ich übertreibe. Ich möchte kein unnötiges Risiko eingehen. Wenn du weitere Unterstützung brauchst, melde dich.«
Vencvender schüttelte den Kopf. »Ich nehme nicht an, dass du mir die MAGELLAN herbeiwinken kannst? Ihre Messinstrumente und Labors wären mir sehr willkommen.«
»Glaub mir, wenn ich das könnte, hätte ich es längst getan. Allein schon, um zu wissen, dass sie noch existiert, dass die Besatzung gerettet wurde und in Sicherheit ist ...«
»Unsere Aussichten ohne unser Mutterschiff sind nicht besonders gut«, murmelte der Ara nachdenklich. »Die AURA hat mit ihrer kleinen Crew nur begrenzte Handlungsoptionen. Sie ist kein besonders kampfstarkes oder schnelles Schiff ...«
»Aber bewusst zur Täuschung und für verdeckte Einsätze konzipiert. Wir müssen uns nicht in Kämpfe verwickeln lassen, sondern können uns auf andere Dinge konzentrieren!«, verteidigte die Kommandantin das Schiff, obwohl Vencvender es doch gar nicht kritisiert hatte. Manchmal überlegte er, den Terranern das eine oder andere Sedativ zu verabreichen ...
»Das ändert nichts an den Begrenzungen, mit denen wir auskommen müssen, aber diese müssen uns bewusst sein«, stellte Vencvender klar. Starblanket hob eine Hand, als wollte sie die Eisskulptur berühren, ließ es dann aber doch bleiben und legte die Hand irgendwie unbeholfen an den Gürtel. »Während du dich an der Frage nach der Natur des Kopfläufers abarbeitest, macht die AURA Maske. Nach dem letzten Auftritt vor der Ewigen Ganja wird man sicher überall nach dem Veejasen-Schiff VEEPAND XXXIII suchen.«
»Darf ich fragen ...«, begann Vencvender aber Starblanket unterbrach ihn.
»Du wirst es schon sehen. Konzentrier dich auf deine Arbeit! Ich bin sicher, das wird uns enorm weiterhelfen.«
Aber sie hat keine Ahnung, auf welche Weise, dachte Vencvender. Genau wie wir alle.
ZwischenZeit 1
»Ich will zum Ruhm und Glanz der Kopplor beitragen«, sagt der Memobiont. Seine Worte klingen in dir, obwohl sie nicht zu hören sind.
Das ist so widersprüchlich wie alles im Leben.
»Das ist nur recht und billig«, pflichtest du ihm bei. Wie hört er dich eigentlich? Schall oder Rauch? Gedanke oder Gefühl?
2.
AURA
21. Juli 2096 NGZ
Ihre Hand lag sanft auf seiner Schulter. Das Aufleuchten der Anzeige im Astrogationsholo und ihr leichter Druck erfolgten beinahe synchron.
Zielgebiet erreicht, dachte Adrian Lautrec, der Erste Pilot der AURA. Gespannt beugte er sich vor und schob den Navigationsglobus für sich in den Vordergrund. Das Sterngebiet, in dem die AURA aufgetaucht war, entfaltete seine Pracht. Nun musste er auf die Ergebnisse von Ortung und Tastung warten. Es würde nicht lange dauern.
Er spürte, wie Norma-Jean Bosch synchron mit ihm erleichtert aufatmete. Die Zweite Pilotin – von der TRINIDAD an Bord gewechselt, wo sie bis dato Dritte Pilotin gewesen war – hatte bereits einige Minuten vor dem regulären Schichtende an ihn übergeben.
Viele Piloten glaubten, dass es ein gutes Zeichen war, wenn der Erste Pilot ein Schiff in den Normalraum zurückbrachte. Und Norma-Jean und er waren übereingekommen, dass die AURA jedes bisschen Glück gebrauchen konnte, also hatte sie ihn schon vor Ende ihrer Schicht wieder im Pilotensessel Platz nehmen lassen.
Die beiden Piloten genossen die Nähe des jeweils anderen. Als Norma-Jean ihren Dienst an Bord der AURA angetreten hatte, war es unmittelbar bei ihrer ersten Begegnung mit Adrian um beide geschehen gewesen – sie teilten berufliche und private Vorlieben und oft genug die gleichen Gedanken. Und selbst dort, wo sie von unterschiedlichen Standpunkten aus ihre Überlegungen anstellten, glichen sich die Ergebnisse verblüffend. Da zudem auch der körperliche Aspekt zwischen beiden in einem Maße harmonierte, wie beide es noch nicht erlebt hatten, waren sie seit geraumer Zeit ein Paar. Sogar Leute, die für gewöhnlich von Dienstbeziehungen abrieten, zeigten sich positiv erstaunt über den Verlauf der Beziehung.
Adrian Lautrec warf verstohlen einen Blick zu Captain Starblanket. Diese saß in ihrem Sessel und hatte das Kinn in die rechte Hand gestützt, während die linke in ihrem Hologlobus Daten und Abbildungen verschob. Wahrscheinlich streifte sie gleichzeitig dank ihrer schwarz verspiegelten Brille durch die anderen Schiffsabteilungen. Lautrec hatte sie noch nie ohne dieses Accessoire angetroffen. Wie ihre Augen wohl aussahen? War ihre Form eher oval, rund oder schmal? Und wie sahen ihre Wimpern aus? Welche Augenfarbe hatte sie? Blau, dachte er. Sie hatte garantiert blaue Augen, leuchtend, nicht blass. Eher schmale Augen, und schwarze Wimpern, wie ihr Kopfhaar.
Im Navigationsholo leuchteten die ersten Daten auf.
Nichts.
Das war gut und schlecht zugleich.
»Beeilung mit den Details der Tastung und Ortung!«, befahl Captain Starblanket. Als wären diese Worte ein geheimes Signal, fiel die Anspannung von der Zentralebesatzung ab. Die übliche Routine setzte ein.
Norma-Jean ließ seine Schulter los, er griff kurz nach ihr, drückte sie leicht, und machte sich wieder an seine eigene Arbeit. Später würden sie Zeit genug haben, den Tag Revue passieren zu lassen.
Immer mehr Daten tauchten im Holo auf.
Nichts Ungewöhnliches ...
Und das in einem stellaren Gebiet, das eigentlich an sich bereits ein Inbegriff des Ungewöhnlichen war: die Schwarzsterngrenze.
Der Begriff klang eher poetisch als sachlich, und dahinter verbarg sich ein erstaunliches – künstlich herbeigeführtes – Phänomen. Es handelte sich um eine unsichtbare Grenze, die nicht nur eine Hyperortung des Kugelsternhaufens Morschaztas verhinderte, sondern Unbefugten sowohl den Aus- wie Einflug unmöglich machte.
Erzeugt wurde diese Grenzschicht von vier Dutzend Raumstationen, die teilüberlappende Schutzfelder rund um Morschaztas projizierten. Fast fünfzig Stationen klang zunächst nach viel, aber wenn man berücksichtigte, dass sie ein Gebiet von mehr als 130.000 Sternen abschirmten, relativierte sich diese Zahl. Wie genau das technisch vor sich ging, wusste Adrian Lautrec nicht, aber ganz allgemein gesprochen wurde auf diesen Stationen hochgradig labiles Sextagonium in sogenannten Sextadimschaum umgewandelt, der konsequent nach außen drängte und eine Kugelschale bildete.
Diese Schaumbarriere mit ihrem Blasenlabyrinth zu passieren, erforderte zweierlei: einen Perduktor als Lotsen und eine der Schiffsgröße angemessene Zahl an Relativ-Positions-Respondern. Beides fand man nicht an jeder Ecke, sondern konnte nur von den Panjasen gewährt werden.