Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA entführt. Perry Rhodan folgt seiner Spur in ein fremdes Universum. Dort stellt sich ihm ein ernsthafter Gegner. Er schickt DIE PHANTOM-ARMADA ...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 160
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Nr. 3273
Die Phantom-Armada
Transfer nach Atarmoun – die LEUCHTKRAFT wird angegriffen
Hubert Haensel
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Fanszene
Leserkontaktseite
Glossar
Impressum
Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.
Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.
Die Superintelligenz ist in Fragmente zerfallen, die sich in sogenannten Refugien verbergen. Manche dieser Rückzugsorte befinden sich in weit entfernten Galaxien. Eines dieser Refugien befand sich in der Kondor-Galaxis, wurde offenbar aber bereits von dem Raumschiff TEZEMDIA entführt. Perry Rhodan folgt seiner Spur in ein fremdes Universum. Dort stellt sich ihm ein ernsthafter Gegner. Er schickt DIE PHANTOM-ARMADA ...
Perry Rhodan – Der Terraner führt eine Risikomission.
Soynte Abil und Vetris-Molaud – Zwei Kommandanten müssen einen dritten akzeptieren.
Kemur – Der Paddler geht durch Wände.
Ono Wolkenfahrt – Der Zwergandroide begleitet seine Freunde.
Arm Hagelvront
1.
Arm Hagelvront riss beide Hände aus dem aufglühenden Schaltknoten zurück. Er starrte auf die Funken sprühende Interimsklammer und wie das energetische Zusammenspiel des sekundären Tarnbereichs schwankte.
Jeglicher Gelbton wich aus seinem lederhäutigen Gesicht. Der Vergleich mit einer Mumie lag nahe, wäre da nicht die Feuchtigkeit gewesen, die in seinen übergroßen Kinderaugen schimmerte. Wann immer das Schiff Probleme hatte, ging es Arm Hagelvront nicht gut.
»Aller Perfektion zum Trotz ...« Der Zwergandroide stieß einen Laut hervor, der einem menschlichen Seufzen sehr ähnlich war. »Erklär mir einer, warum der Rückstau unbemerkt bleiben konnte. Offenbar wurde die Tiefenstruktur nur in einem peripheren Teilabschnitt geschädigt.«
Hagelvront fuhr sich mit der Zungenspitze über die rissigen, blutleeren Lippen.
»Wie viel Zeit bleibt für eine Neujustierung?«, fragte er, ohne den Blick von der Blasen werfenden Kristallschleife abzuwenden.
»Das wird aufwendig«, antwortete Moor Dimens, der Ultradimspürer in der achtköpfigen Montagetruppe. »Die Rückkopplung läuft bereits, obwohl sich die Klammer gelöst hat. Eines der letzten Gefechte, in die wir verwickelt waren, muss den Keim dafür gelegt haben.«
Dimens streckte die Arme aus, die Handflächen nach oben gedreht und die Finger gespreizt. Ein auf mehreren Ebenen verschachteltes, halbtransparentes Werkzeug materialisierte auf seinen Händen. »Ich blockiere die Energiezufuhr, damit wir reparieren können.«
»Nein!« Hagelvront schrie seine Ablehnung heraus. »Das Jetzt und Hier ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt! Der Transfer steht bevor. Oder? Berichtige mich, falls es nicht stimmt, DAN!«
»Die Transitplombe der TEZEMDIA wurde aktiviert«, antwortete das Bordgehirn der LEUCHTKRAFT. »Die Versetzung der Fernstsonde kann jederzeit erfolgen.«
»Umso wichtiger ist die umgehende Behebung des Schadens!«, beharrte Dimens.
»Das riskieren wir nicht!«, protestierte Hagelvront. »Ich leite den Trupp, also liegt die Entscheidung bei mir.«
»Sobald die TEZEMDIA in den Transfer gezogen wird, bleiben uns maximal fünfzehn Sekunden, ihr zu folgen«, verkündete DAN.
»Die Fernstsonde des Louwhanenforschungskongresses ist nicht das erste und keineswegs das letzte Raumschiff, das den Weg ins Gouttamsystem nimmt«, sagte einer in der Gruppe. »Wir können uns später in die Wegweisung einer anderen Einheit einschleusen.«
»Wann?«, blaffte Hagelvront empört. »Morgen? In etlichen Tagen? Bis dahin kann es zu spät sein.«
»Die dimensionalen Einflüsse während des Transfers werden die Tarnung im momentanen Zustand lahmlegen!«, warnte der Ultradimspürer. »Die Folgen für uns muss ich nicht ...«
Er verstummte, denn der Funkenregen der Interimsklammer sprühte heftiger. Ein intensiv blaues Licht flackerte durch die Wandlerhalle und fraß sich tief in die vage erkennbaren, verschachtelten Aggregate.
Über 50 Prozent der Kristallschleife strebten bereits der Fluktuation zu.
»Die TEZEMDIA geht in den Transfer!«, meldete DAN.
»Wir müssen ihr folgen – sofort!« Arm Hagelvront warf sich nach vorne. »Ich versuche die Kontaktüberbrückung. Das sollte uns ausreichend Potenzial verschaffen.«
Mit beiden Händen griff er in den Funkenregen und tastete nach der brodelnden Klammer.
Er schrie gellend auf, kaum dass er die Kristallschleife berührte, drückte jedoch mit aller Kraft zu. Der Funkenwirbel fraß sich an seinen Armen empor. Die Hände waren nicht mehr zu sehen, die Unterarme verloren an Konsistenz und der Schmerz tobte durch seine Oberarme, als würden sie zwischen den Dimensionsgrenzen zerrieben.
Mit schwindenden Sinnen registrierte Arm Hagelvront den kurzen Ruck, mit dem die Interimsklammer einrastete.
In wilder Verzweiflung spannte er die Muskeln weiter an.
Waren erst sieben oder schon acht Sekunden vergangen? Oder waren die 15 längst verstrichen? Seine temporale Orientierung kollabierte.
Hagelvront vermochte Zeit nicht länger abzuschätzen. Es war seine Aufgabe, die Tarnung der LEUCHTKRAFT zu bewahren, das allein war wichtig.
Eine leichte Drehung, die Polkerben des Kristalls und des Abnehmers in Deckung bringen ...
Da war der zweite, herbeigesehnte Widerstand.
Ein grelles, alles verbrennendes Licht umfloss Hagelvront. Er spürte, wie er in sich zusammensackte ....
... dann löschte Schwärze jede Wahrnehmung aus.
*
Eine beklemmende Atmosphäre hatte sich in DANS Kaverne breitgemacht. Absolute Stille herrschte.
Aus der Struktur der wuchtigen Säulen schimmerte lediglich da und dort ein vages Leuchten. Es reichte kaum aus, die geschwungenen Kapitelle erkennen zu lassen. Sie verloren sich in der Deckenkonstruktion wie in einem von Nebel und Regenwolken verhangenen Himmel.
Nirgendwo zeichnete sich auch nur der Hauch einer Bewegung ab.
Perry Rhodan ignorierte den Juckreiz an seinem Nasenflügel. Er versuchte mit allen Sinnen, die Veränderung zu erfassen. Es war ein eigenartig undefinierbarer Moment ...
Der Terraner hatte bis vor wenigen Minuten mit dem Bordrechner DAN, mit Soynte Abil und Vetris-Molaud über die Kommandobefugnis an Bord der LEUCHTKRAFT ...
... diskutiert? Geklärt? Besprochen?
Ist es so einfach?
Oder fachte jedes Wort den zwischen ihnen schwelenden Interessenkonflikt nur weiter an?
Seine Gedanken jagten einander. Zuversicht und Hoffnung kollidierten mit dem Wissen um die latent vorhandenen Bedrohungen.
Für Rhodan bestand kein Zweifel: Dieser kaum zu greifende, wie eingefroren erscheinende Moment war der Transfer ins abgeriegelte Gouttamsystem. Die TEZEMDIA und die LEUCHTKRAFT überwanden damit die 30 Lichtjahre zwischen der Transitwelt Kaunkird und der Heimat der Louwhanen.
Die Distanz an sich war unbedeutend.
Wichtig war allein das Fragment der Superintelligenz ES an Bord der TEZEMDIA. Die Louwhanen des Planeten Atarmoun warteten auf das »Mentalmaterial«. Angehörige dieses Volkes hatten es als unverzichtbar für ihre Stöcke bezeichnet.
Die Maghane Soynte Abil und Vetris-Molaud beanspruchten das Fragment ebenfalls für sich und ihre Pläne. Aber wichtiger als der Aufbau ihres neuen Imperiums in Andromeda – letztlich ein Wiedererstarken der Meister der Insel – war für Perry Rhodan das Schicksal der heimischen Galaxis und der Mächtigkeitsballung von ES insgesamt.
Rhodan lauschte in sich hinein. Sein Herz schlug nicht mehr, und der nächste Atemzug ließ auf sich warten ...
Hatte er je Ähnliches erlebt? Er entsann sich nicht.
Die Zeit schien stillzustehen. Sie war zum undefinierbaren, nicht enden wollenden Jetzt deformiert.
Irgendwann glomm vage Helligkeit in dem Dunst. Wie ein noch ferner Sonnenaufgang, der gegen die Düsternis der Nacht ankämpfte.
Wie oft hatte Rhodan vor seinem Bungalow am Goshunsee die ersten über den Horizont tastenden morgendlichen Sonnenstrahlen genossen und zugesehen, wie der kräftiger werdende Schein die obersten Etagen der höchsten Wohntürme Terranias vergoldete?
Terrania ... die Erde ... das Solsystem ... Das alles lag extrem fern in Raum und Zeit, in einem anderen Universum.
Rhodan gewann den Eindruck, dass der fahle Schimmer deutlicher wurde. Ein anwachsender Lichtfleck mit ausgefransten Rändern wie den Protuberanzen einer Sonne.
Ein spindelförmiger Schemen zog vor ihm durch den Dunst. Die Sterne der fremden Galaxis spiegelten sich in der Silhouette.
Das war die TEZEMDIA. Offenbar entfernte sich die LEUCHTKRAFT weiter von der Fernstsonde der Louwhanen. Das Bordgehirn brachte die Kosmokratenwalze nach dem Transfer auf größere Distanz.
DAN?, rief Rhodan in Gedanken.
Vergeblich. Die Zeit schien weiterhin stillzustehen.
Transferstasis!
Perry Rhodan fand keine treffendere Bezeichnung. Außerdem war es besser, wenn er sich nicht den Kopf über Dinge zerbrach, die er ohnehin nicht ändern konnte. Womöglich gab es diese Erscheinung, weil die LEUCHTKRAFT den Transfer ohne die nötige Transitplombe vornahm. Ono Wolkenfahrt hatte beiläufig zu verstehen gegeben, dass das Kosmokratenschiff über eigene Möglichkeiten verfüge.
Der Lichtfleck wurde deutlicher – ein von Protuberanzen umflossener, weißgelber Stern.
»Das kann nur Gouttam sein«, hörte Perry Rhodan jemand sagen. »Ein Stern der F-Klasse mit der 1,6-fachen Masse unserer Sonne.«
Die Feststellung kam von Antanas Lato. Der Hyperphysiker und Dimensiologe redete mit Soynte Abil und Vetris-Molaud.
Wir haben das Ziel erreicht!
In Rhodans Schläfen pochte das Blut. Sein erster tiefer Atemzug nach dem Transfer erschien ihm kratzig.
»DAN!«, verlangte er halblaut. »Ich brauche einen Überblick über das System!«
*
Perry Rhodan fand sich im freien Weltraum wieder. Er hatte den Helm seines SERUNS nicht geschlossen, aber das nahm er nur beiläufig wahr. Er machte zwei weitere Schritte, die ihn schwungvoll vorwärtstrieben, dann hielt er inne.
Die Sensoren in den Stiefelsohlen vermittelten ihm den Eindruck eines leicht rauen, unebenen Untergrunds.
Er stand auf einer grob zugehauenen Holzschwelle. Weitere folgten mit jeweils knapp einer halben Schrittlänge Abstand, und die letzten verloren sich Dutzende Metern weiter in der Schwärze. Sie bildeten eine Art Gleisbett, jedoch ohne Verbindung zueinander.
Rhodan sah genauer hin. Die Spurhalter waren aufgeschraubt, die Eisenschienen fehlten.
DAN, was soll das?
Kein Zweifel, er befand sich in einer Pararealität.
Der Steg erinnerte Rhodan an die Brücke in die Unendlichkeit, das Transportmittel der Koalition Thoregon. Mehrmals hatte er sie betreten und von ihr aus Galaxien entstehen und verlöschen sehen. Die Brücke war quer durch das heimische Universum verlaufen ...
Machte sich das Bordgehirn über ihn lustig, indem es ihn auf diese banale Kopie mit ausrangierten Bahnschwellen versetzte?
Eher im Gegenteil. Für Rhodan wurden die mit Öl und Farbe imprägnierten Schwellen unvermittelt zum Beleg dafür, dass die LEUCHTKRAFT seine Kommandobefugnis in jeder Hinsicht anerkannte.
Er entsann sich. Oft hatte er als Heranwachsender alte, stillgelegte Bahngleise betreten, war kilometerweit über die Schwellen gelaufen und hatte dabei ein Gefühl grenzenloser Freiheit verspürt. Arbeiter hatten damals die Schienen abgebaut, weil einige Firmen den Stahl der aufgelösten Strecken benötigten.
Der Kosmokratenraumer war eine eigene Welt, ein Refugium aus Pararealitäten und Überraschungen – alles andere als »nur« ein Raumfahrzeug. Das Schiff passte sich dem Bewusstsein derjenigen an, die von ihm akzeptiert wurden. Das hatte auf Alaska Saedelaere zugetroffen, das galt für Vetris-Molaud und Soynte Abil, und – das erkannte Rhodan an den Bahnschwellen, auf denen er nun weiterging – es galt nun ebenso für ihn.
Ich kenne dich besser, Terraner, als du vermutest, mochte das heißen. Ich bin für dich da ...
... solang meine Wünsche nicht mit deinen Zielen kollidieren, setzte Rhodan für sich hinzu. Ist dem so, DAN?
Die Frage blieb unbeantwortet.
Er ging weiter. Schwelle um Schwelle entstand wie aus dem Nichts und verschwand hinter ihm in der Finsternis.
Illustration: Swen Papenbrock
Zur Rechten zeichnete sich vor der Sternenfülle der fremden Galaxis eine kleine weiße Sichel ab.
»Das ist Pevouné«, raunte DANS Stimme von irgendwoher. »Die Nummer zwei des Systems, eine Eiswelt ohne Atmosphäre. Die LEUCHTKRAFT nähert sich dem inneren Planeten, Atarmoun. Er entspricht im Größenvergleich in etwa Terra, weist aber eine höhere Durchschnittstemperatur auf. Es gibt einen Mond, die Louwhanen nennen ihn Goonat. Er ist halb so groß wie Luna und im Mittel fünfhunderttausend Kilometer von Atarmoun entfernt.«
»Was gibt der Funkverkehr im System darüber hinaus preis? Besteht schon Kontakt zwischen der TEZEMDIA und Atarmoun?«
Rhodan betrachtete den Planeten, der sich aus der Schwärze schälte. Eine überwiegend grün schimmernde, von hellen Wolkenbändern und Wolkenwirbeln umspannte Welt. Zweifellos prägte üppiger Pflanzenwuchs die Kontinente. Das ließ tropisches Klima sowie eine sauerstoffreiche Atmosphäre erwarten. Lediglich die Region des Südpols zeigte sich von Eis bedeckt.
»Ich habe keinen Hinweis auf Kommunikation«, antwortete DAN. »Auch nicht im Bereich exotischer Frequenzen. Die LEUCHTKRAFT wurde ebenfalls nicht angesprochen.«
Rhodan zog eine Braue hoch. »Willst du damit sagen, unsere Tarnung besteht nicht mehr?«
»Einer möglichen Beeinträchtigung während des Transfers wurde rechtzeitig vorgebeugt«, antwortete DAN. »Wir nähern uns Atarmoun, sind aber noch fast eine halbe Lichtminute entfernt. Vor uns und ebenso im Orbit warten Dutzende Raumschiffe.«
Perry Rhodan konzentrierte sich auf den Planeten. Die Szenerie passte sich an, er schwebte mit einem Mal zwischen Atarmoun und dessen Mond, einigen der auf Landeerlaubnis wartenden Raumer sehr nah.
Er sah y-förmige Schiffe der Kivalten, denen er im Vunainensystem begegnet war.
Fast wie Geleitschiffe der Kivalten wirkten etliche Doppelkegel mit auseinanderweisenden Spitzen. Sie waren merklich kleiner als die Fernstsonde der Louwhanen.
»Wo steht die TEZEMDIA?«
DANS Antwort blieb aus.
Überraschend glitten vier Kugelraumer dicht über den Steg hinweg. Rhodan folgte ihnen mit seinen Blicken. Die Kugelraumer mit den hoch aufgewölbten Polen gehörten den Isanama. Leuchtend stach die Schwurbeschriftung der Schiffszellen hervor. Mit aktivierten Schutzschirmen, aber ohne erkennbares Bremsmanöver tauchten sie in die Atmosphäre des Planeten ein. Sie zogen eine Spur ionisierter Gase hinter sich her, bis sie hinter dem Rund des Planeten verschwanden.
»Das genügt für den Überblick. Der TEZEMDIA zu folgen ist mir wichtiger. Alles andere ist ...«
»... Staffage!«, erklang es bestimmt.
Rhodan ruckte herum. Er hatte nicht erwartet, dass Soynte Abil ihm folgen würde. Die Maghan hatte sich vorne am Steg niedergelassen. Sie saß lässig da, beide Hände auf der Schwelle abgestützt, und ihre Beine baumelten ins Nichts.
Den Oberkörper leicht zur Seite gedreht, sah die hagere Frau Rhodan forschend entgegen. Ihre schmalen Lippen lächelten.
»Ich hatte angenommen, dass du dich sofort um die TEZEMDIA kümmern würdest«, eröffnete sie.
Rhodan hob leicht die Schultern. »Ich bemühe mich, den Blick nicht nur zu fokussieren. Zu leicht übersieht man sonst, was am Wegesrand liegt.«
Er deutete an Abil vorbei. Seine Geste galt der TEZEMDIA. Die nachtschwarze Hülle des Doppelkegels spiegelte den Widerschein der Sterne. Die beschädigten, eingedrückten Rumpfbereiche brachen das Licht in einer Art Linseneffekt und zeigten deutlich erkennbare Verzerrungen.
Rhodan kniff die Brauen zusammen. Zum ersten Mal erschien es ihm, als zeichneten sich weitere Unregelmäßigkeiten auf der Schiffshülle ab.
»Etwas tut sich da drüben – und das liegt keineswegs nur am Wegesrand!«, konterte Abil mit Nachdruck. »Meiner Bitte, mir die TEZEMDIA zu zeigen, hat DAN jedenfalls sofort entsprochen.«
Das war eine unmissverständliche Anspielung. Soynte Abil und Vetris-Molaud waren die allein Kommandobefugten der LEUCHTKRAFT gewesen. Nachdem DAN auch Rhodan anerkannt hatte, waren sie zu dritt.
Ein Team?
Das würde sich erweisen müssen.
Angespannt betrachtete der Terraner den abdriftenden Doppelkegel. Obwohl die Spiegelungen schwächer wurden, blieb der Eindruck, dass sich der Rumpf leicht kräuselte.
»Du siehst es ebenfalls?«, fragte die Maghan.
Rhodan schürzte die Lippen. »Das Schiff wird womöglich schon für die Abgabe des ES-Fragments vorbereitet – das wäre die einfachste Erklärung.«
»Aber sie gefällt dir nicht?«
»Ich denke über die angebliche Unwucht der TEZEMDIA nach. Ono Wolkenfahrt sprach von einer dematerialisierten Last. Falls das mit den Vrochonen und dem Kontrakt der Louwhanen zu tun hat ...«
Rhodan verstummte, weil Soynte Abil sich hastig aufrichtete und angespannt zur TEZEMDIA hinüberstarrte, aber da gab es die Schwellen unter ihren Füßen schon nicht mehr. Da war nur noch das Gefühl, in unergründliche Tiefe zu stürzen.
*
Irgendwo in der allmählich weichenden Schwärze entstand ein vager Gedanke: Ich existiere noch.
Die Ionisationsdauer eines Wasserstoffatoms später folgte ein leicht verwirrtes Ich?
Das erwachende Bewusstsein lauschte dem vielfältigen Nachhall. Da waren Geräusche ... und Stimmen. Jemand redete in beklemmender Nähe.
Das Ich dachte darüber nach, wieso es noch existierte und nicht aufgelöst worden war.
»Arm Hagelvront ist zäher als wir alle«, verstand es, was eine der Stimmen sagte. »Ich habe keine Ahnung, wie er das geschafft hat und ob ihm das Schiff dabei half, in ihm steckt jedenfalls mehr Leben als angenommen.«
Arm Hagelvront ...
Das war sein Name.
Er wollte sich aufrichten, aber halbstoffliche Berührungen hinderten ihn daran.
Schemen schälten sich aus dem Dunkel. Er sah flache, durchscheinende, leicht entrückte Gesichter. Sie waren einander sehr ähnlich.
Ich bin einer von ihnen, entsann er sich. Unser Refugium ist die polyreale Weite der kobaltblauen Walze.
Als hätte jemand – vermutlich das Schiff selbst – einen Weckimpuls ausgelöst, spürte Hagelvront noch einmal den gnadenlosen, durchdringenden Schmerz, doch sein mentales Immunsystem löschte die Empfindung.
»Haben wir es geschafft?«, fragte er und wollte die Hände der anderen Androiden beiseiteschieben. Es gelang ihm nicht.
Erst da erkannte er, dass seine Arme bis zu den Schultern hoch nur mehr deformiertes Gewebe waren – nichts, mit dem er irgendwie hätte zupacken können.
»Die LEUCHTKRAFT hat das Zielsystem erreicht«, antwortete Moor Dimens. »Die Tarnung scheint zu halten. Jedenfalls gibt es keine gegenteilige Information.«
»Dann war das der Zweck meines Daseins.« Hagelvront atmete auf. »Ich habe meinen Auftrag erfüllt. Aber weshalb duldet die LEUCHTKRAFT meinen Zustand und greift nicht ein?«
Er erschrak. Rührte die Frage an seiner Existenz? Jedenfalls wurde sein Körper spontan eine Nuance durchscheinender.
Der Vorgang stoppte ebenso unerwartet wieder.
Aus weit aufgerissenen, tief in den Höhlen liegenden Augen schaute Hagelvront an sich hinab. Er fühlte sich als nutzloses Zerrbild seiner selbst.
»Das Schiff hat mich vergessen.«
2.
Der Planet Atarmoun, die im Orbit befindlichen Raumschiffe, das Sternenmeer der fremden Galaxis – alles wich für Perry Rhodan und Soynte Abil dem Interieur einer weitläufigen, sich zum Gebirgstal ausweitenden Höhle.
Marmoriertes Gestein, spiegelndes Metall und mattes Glas bildeten die prägenden Elemente. Holos wuchsen in rascher Folge zu beherrschenden Szenen und verschwanden wieder. Hinter zwei transparenten Wandsegmenten schemenhaft erkennbar, warteten Zwergandroiden auf ihren Einsatz, der über kurz oder lang kommen würde. So präsentierte sich die Zentrale der LEUCHTKRAFT im vorderen Bereich.
Im Hintergrund arbeiteten Androiden. Im Schein einer winzigen Kunstsonne vermischten sich ihre durchschimmernden Körper geradezu mit den sich stetig verändernden Konsolen. Alles in reinem, unschuldigem Weiß, von Soynte Abil so gewünscht – aber eben nur ein Teilbereich der Zentrale.
Perry Rhodan hatte über eine Anpassung an seine Vorlieben noch nicht einen Gedanken verschwendet. Wozu auch? Er hatte nicht vor, seine Zukunft an Bord des Kosmokratenschiffs zu verbringen.
Die kobaltblaue Walze war äußerlich ein nur zwei Kilometer langes und 500 Meter durchmessendes Raumschiff, im Innern jedoch eine eigenständige und weitläufige Welt unterschiedlichster Lebensräume. Ein Kaleidoskop, in dem nichts unmöglich zu sein schien, das trotz all der sehr hochstehenden Technik aber keineswegs allmächtig war.
»Die TEZEMDIA zeigt ein bislang undefinierbares Verhalten«, klang DANS Stimme durch den Raum. »Außerdem hat sie ihren Anflug auf den Planeten verlangsamt.«
»Wie sollen wir undefinierbares Verhalten verstehen?« Antanas Lato fuhr sich mit einer Hand durch das krause kurze Haar. Sein Blick sprang zwischen mehreren Holos hin und her.
Neben Lato, dem hochgewachsenen, sehr schlanken Wissenschaftler, stand Ono Wolkenfahrt. Die beiden konnten gegensätzlicher gar nicht sein. Lato trug einen SERUN, dessen körpernaher Schnitt ihn nicht gerade muskulöser erscheinen ließ. Der Zwergandroide Wolkenfahrt kaschierte seine hagere Gestalt mit locker fallender Kleidung, einer Art Phantasieuniform. Die Kombination war purpurfarben, was die effekthaschenden goldenen Epauletten und Kantillen besonders deutlich hervorhob.
»Undefinierbar hinsichtlich der Ursache sowie möglicher Auswirkungen«, beantwortete der Bordrechner Latos Frage.
Der Wissenschaftler kratzte sich am Hinterkopf. Über seiner Nasenwurzel erschien eine steile Unmutsfalte, die wieder verschwand, kaum dass er sich dem nächsten Holo zuwandte.