Perry Rhodan 610: Pilgerflug nach Terra - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 610: Pilgerflug nach Terra E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Die größte Völkerwanderung aller Zeiten beginnt - Milliarden Menschen verlieren ihr Zuhause Auf Terra und den anderen Welten des Solaren Imperiums schreibt man Ende Januar des Jahres 3457. Perry Rhodan hat nach den gefahrvollen Abenteuern, die er zusammen mit 8500 Gefährten der MARCO POLO mit viel Glück und Geschick bestand, aus der Parallelgalaxis wieder in die Heimat zurückgefunden. Inzwischen halten sich der Großadministrator, Lordadmiral Atlan, die Mutanten und die anderen Teilnehmer der gefährlichen Reise der MARCO POLO bereits seit ein paar Monaten wieder im Solsystem auf. Sie erholen sich von den vorangegangenen Strapazen, ohne zu ahnen, dass ihr Aufenthalt in der Parallelgalaxis schwerwiegende Folgen zeitigen würde, indem er sie zu Trägern und Überträgern der PAD-Seuche machte. Jetzt besteht kein Zweifel mehr daran. Die "Psychosomatische Abstraktdeformation" - in Kurzform PAD genannt - breitet sich in der Galaxis immer weiter aus und nimmt bedrohliche Formen an. Und bei den meisten Befallenen kommt es bereits zur "Sekundärreaktion" - zur zweiten Phase der Krankheit. Milliarden Menschen verlassen ihr Zuhause und beginnen den PILGERFLUG NACH TERRA ...

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Veröffentlichungsjahr: 2011

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Nr. 610

Pilgerflug nach Terra

Die größte Völkerwanderung aller Zeiten beginnt – Milliarden Menschen verlassen ihr Zuhause

von ERNST VLCEK

Auf Terra und den anderen Welten des Solaren Imperiums schreibt man Ende Januar des Jahres 3457. Perry Rhodan hat nach den gefahrvollen Abenteuern, die er zusammen mit 8500 Gefährten der MARCO POLO mit viel Glück und Geschick bestand, aus der Parallelgalaxis wieder in die Heimat zurückgefunden.

Inzwischen halten sich der Großadministrator, Lordadmiral Atlan, die Mutanten und die anderen Teilnehmer der gefährlichen Reise der MARCO POLO bereits seit ein paar Monaten wieder im Solsystem auf.

Sie erholen sich von den vorangegangenen Strapazen, ohne zu ahnen, dass ihr Aufenthalt in der Parallelgalaxis schwerwiegende Folgen zeitigen würde, indem er sie zu Trägern und Überträgern der PAD-Seuche machte.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Großadministrator überwindet seinen Hang zur Untätigkeit.

Atlan – Der Arkonide entwickelt einen krankhaften Aggressionstrieb.

Takvorian – Atlans Emotiowächter.

Gucky und Ras Tschubai – Die Teleporter betätigen sich als Kidnapper.

Olgor Trattin

1.

Gleich nachdem Icho Tolot mit seinem Raumschiff im Gebiet der roten Sonne Haluta in den Normalraum eingetaucht war, hatte er sein Volk über Hyperfunk von seinem Kommen unterrichtet.

Jetzt senkte sich das schwarze Kugelraumschiff mit einem Durchmesser von 120 Metern auf eine der weiten Ebenen des Planeten Halut hinunter. Getragen von den Strahlen der zwölf Impulstriebwerke, schwebte es langsam dem Boden zu. Die vier Teleskoplandebeine wurden ausgefahren, und das Raumschiff setzte federnd auf.

Aus allen Teilen des Planeten waren Haluter in das Landegebiet gekommen, um jenen ihrer Artgenossen zu begrüßen, der vor vielen Jahren ausgezogen war, um sein wildes Blut in einer Drangwäsche abzukühlen – und zu einem ständigen Gefährten der Terraner geworden war.

Halut war eine Sauerstoffwelt mit einer Schwerkraft von 3,6 Gravos. Infolge des hohen Planetenalters war das Oberflächenbild abwechslungsarm und eintönig. Es gab keine höheren Gebirgszüge, nur endlose Ebenen, die gelegentlich von flachen Hügeln unterbrochen wurden. Entsprechend waren auch Flora und Fauna; es gab keine freilebenden Raubtiere und größere Säugetierarten mehr, Dschungel und Urwälder suchte man vergeblich. Halut war ein uralter, fast steril zu nennender Planet.

Die Haluter selbst waren ein weises Volk. Seit sie vor 50.000 Jahren einen erbitterten Krieg gegen die Lemurer, die Erste Menschheit, geführt hatten, hörte man in der Galaxis nichts mehr von ihnen. Sie waren in sich gegangen und hatten in völliger Zurückgezogenheit von der übrigen Galaxis sich nur noch ihrer eigenen geistigen und technischen Entwicklung gewidmet.

Immer wenn das von den Ahnen ererbte Temperament mit ihnen durchging, passierte es, dass sie einzeln und in Gruppen ihre Heimatwelt verließen und das Abenteuer suchten. Das nannten sie »Drangwäsche«. Jeder Haluter kam irgendwann in seinem Leben in diese Lage.

Die Haluter waren Einzelgänger, so kam es, dass sich auf ihrer Welt eine recht eigenwillige soziologische Struktur gebildet hatte.

Die Regierungsform, wenn man überhaupt von einer solchen sprechen konnte, war individuell-autark. Das heißt, jeder Haluter lebte für sich selbst, stand aber mit den anderen in ständigem geistigen und gesellschaftlichen Kontakt. Es war niemand da, der irgendwem Vorschriften machte; die Haluter waren reif genug, um sich beim Auftauchen von Problemen auf Lösungen einigen zu können, ohne dass es dabei zu Unstimmigkeiten und Zerwürfnissen gekommen wäre.

Sie waren Einzelgänger, Individualisten – deshalb existierten auf Halut keine Städte. Sie lebten über ihre ganze Welt verstreut. Das Problem der Überbevölkerung kannten sie nicht, denn sie waren nur noch verhältnismäßig wenige. Und neue Haluter wurden nur geboren, wenn ein anderer starb.

Sie waren eingeschlechtig. So wie sie alle ihre Körperfunktionen perfekt kontrollieren konnten, so souverän meisterten sie das Problem der Nachkommenschaft. Durch ihre Körperbeherrschung war es ihnen möglich, fast emotionslos und nur im Bedarfsfall ein Lebewesen aus sich zu zeugen.

Die Haluter wussten sich selbst richtig einzuschätzen. Obwohl sie das wahrscheinlich zivilisatorisch am höchsten stehende Volk in der Galaxis waren, gaben sie sich nie überheblich. Im Gegenteil, sie waren eher bescheiden und mischten sich nicht in die Geschicke der übrigen Völker ein.

Man konnte mit ruhigem Gewissen sagen: Wenn ein Volk aus den Fehlern der anderen und aus den eigenen Fehlern gelernt hatte, dann die Haluter ...

Icho Tolot war gerührt, als er aus dem ausfahrbaren Antigravschacht seines Raumschiffs stieg und die Menge sah, die zu seinem Empfang erschienen war.

Allen voran erblickte er Thoch Machat, seinen Freund und Lehrer, dem er es verdankte, viele Geheimnisse des Universums enträtselt zu haben.

»Sie kommen nach Halut zurück, Tolotos«, rief Machat, die vertrauliche Anrede benützend, die nur unter engsten Freunden üblich war. »Haben Sie endlich, nach all den vielen Jahren, Ihre Drangwäsche hinter sich? Hat sich Ihr wildes Blut bei den Terranern abgekühlt?«

Icho Tolot lachte ungestüm, wie es seine Art war. Er wurde aber sofort wieder ernst.

»Ich bringe schlechte Nachricht, Machatos«, sagte er.

»Dann ziehen wir uns zurück«, sagte Thoch Machat, ohne lange Fragen zu stellen. »Hier ist nicht der richtige Ort, ernste Probleme zu erörtern.«

*

Sie zogen sich in ein kuppelförmiges Gebäude zurück, das sich wie ein Hügel aus der Ebene erhob. Die anderen Haluter folgten ihnen ohne Aufforderung. Man hatte keine Geheimnisse voreinander; wenn es schicksalhafter Entscheidungen bedurfte, dann konnte sich das gesamte halutische Volk daran beteiligen.

Und so wurde es auch dies Mal gehalten; Bild- und Tonaufnahmegeräte hielten die Geschehnisse im Auditorium der Kuppel fest, leiteten sie an die Nachrichtensatelliten weiter, von wo sie in alle Teile des Planeten gesendet wurden.

Jeder Haluter konnte auf diese Weise nicht nur die Konferenz live verfolgen, sondern über das Kommunikationssystem auch aktiv daran teilnehmen.

Icho Tolot berichtete seinem Volk: »Die Menschheit wird in diesen Tagen einer schweren Prüfung unterzogen. Eine neue Gefahr ist über sie gekommen, die im Augenblick noch harmlos wirkt, die jedoch in weiterer Folge zu einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes führen muss.

Aber ich will chronologisch vorgehen.

Zur Einleitung muss ich erwähnen, dass das Flaggschiff meines terranischen Freundes Rhodanos mitsamt der mehr als achttausendköpfigen Mannschaft in ein Paralleluniversum verschlagen wurde. Ich befand mich ebenfalls an Bord. Wir verlebten in dem Paralleluniversum eine kurze, abenteuerliche Zeit, bevor uns die Rückkehr in unsere Dimension gelang.

Bald nach der Rückkehr stellte ich an einigen Mannschaftsmitgliedern Veränderungen fest. Sie benahmen sich plötzlich anders, als man es von ihnen erwartete. Entweder wurden sie träge, ließen sich gehen, oder sie entwickelten eine hektische Aktivität, die beängstigend wirkte. Und dann gab es noch eine dritte Gruppe, die wir später die Hobbyisten nannten, weil sie sich mit Feuereifer auf unsinnige und nutzlose Tätigkeiten konzentrierten; sie sammelten plötzlich irgendwelche Dinge, begaben sich auf urweltliche Planeten zur Großwildjagd oder suchten sich irgendeine andere Freizeitgestaltung. Die lebensnotwendigen Tätigkeiten ließen sie links liegen.

Zuerst wurden diese Symptome nur bei den menschlichen Mitgliedern der MARCO POLO festgestellt. Und zwar waren nur jene betroffen, die direkt von Terra abstammten oder von einer von Terranern besiedelten Welt. Die indirekten Terraner, die so genannten Lemuria-Terraner – Springer, Arkoniden, Akonen und andere Humanoide –, schienen gegen diese Psychosomatische Abstraktdeformation immun.

Diesen Begriff, kurz PAD genannt, prägte übrigens der terranische Kosmopsychologe Professor Dr. Thunar Eysbert, der selbst davon betroffen war, dem aber die seltsamen Symptome fast zur gleichen Zeit wie mir auffielen.

Selbst mein Freund Rhodanos war gegen den Befall der PAD nicht gefeit. Er ließ alle seine Regierungsgeschäfte liegen und stehen und begab sich auf Urlaub. Erst als ihm die Gefahr aufgezeigt wurde, die der Menschheit durch diese Seelenumkehr erwuchs, überwand er seine krankhafte Lethargie und versuchte, uns in unseren Bemühungen zu unterstützen.

Inzwischen hatte die Psychosomatische Abstraktdeformation schon krassere Auswirkungen gezeigt. Die gesamte Menschheit im Solsystem war infiziert. Der Kontakt mit den Mitgliedern der MARCO POLO hatte genügt, um die PAD auf die anderen Menschen zu übertragen. Wohlgemerkt, noch immer waren nur Terraner und direkte Terraabkömmlinge betroffen.

Bald stellte sich jedoch heraus, dass auch die Lemuria-Terraner PAD-anfällig waren. Bei ihnen dürfte nur die Inkubationszeit länger dauern.

Als Beispiel mag dafür Lordadmiral Atlan gelten, der ein Arkonide ist. Er ist als handlungsaktiv und hart in seinen Entscheidungen bekannt. Doch bei einem Zwischenfall zeigte er sich besonders aggressiv.

Eine Abordnung von Lemuria-Terranern, die die augenblickliche Schwäche Terras für einen großangelegten Vernichtungsschlag ausnützen wollten, bereitete auf Perry Rhodan und Atlan ein Attentat vor. Es misslang, die Meuchelmörder flüchteten in einem Raumschiff. Atlan nahm die Verfolgung auf und vernichtete das Schiff mitsamt der Besatzung brutal.

Ich habe seine Handlungsweise ausgewertet und bin zu dem Schluss gekommen, dass er unter anderen Umständen nicht so kompromisslos zugeschlagen hätte. Ich meine, dass er unter einer Seelenumkehr gehandelt hat und nun ebenfalls von der Paraabstraktverseuchung befallen ist.

Als Arkonide könnte Atlan für alle anderen Lemuria-Terraner stehen.«

Icho Tolot machte eine Pause und holte aus seinem grünen Kampfanzug einen positronischen Speicher hervor, den er Machat überreichte.

»Ich habe während des Fluges nach Halut alle Daten über die PAD-Krankheit in dieser Positronik gespeichert. Ich bitte Sie, Machatos, die Unterlagen gründlich auszuwerten. Ich glaube nämlich, dass die Psychosomatische Abstraktdeformation nicht nur für die Terraner eine Gefahr darstellt, sondern für alle Völker der Galaxis. Auch wir Haluter könnten früher oder später in irgendeiner Form damit konfrontiert werden. Und sei es nur, dass wir von den anderen in den Strudel einer galaktischen Katastrophe hineingezogen werden.

Im Augenblick kann noch niemand absehen, wo das alles enden wird. Nicht einmal die terranischen Wissenschaftler sind sich darüber im klaren, welche Konsequenzen zu ziehen sind.

Aber nach dem Alpha-Stadium, in dem ausschließlich die Terraner die Betroffenen waren, ist ein Beta-Effekt zu erwarten. In dieser neuen Phase wären auch die Lemuria-Terraner deformationsgefährdet. Und dann würde das Chaos über die Milchstraße hereinbrechen.

Denn die PAD bringt noch viel gefährlichere Symptome als Lethargie und Hobbywahn mit sich. Sie fördert den Aggressionstrieb. Man muss dieser Seuche – wenn es sich um eine solche handelt – so schnell wie möglich entgegenwirken. Ich bitte mein Volk, an der Bekämpfung dieser Gefahr mitzuwirken. Nicht nur, um den Terranern zu helfen, sondern um die Galaxis zu retten.«

»Wir werden uns des Problems annehmen«, versprach Thoch Machat. »Und mit Ihrer tatkräftigen Unterstützung werden wir bestimmt die Lösung des Problems finden. Tolotos.«

»Ich kann nicht auf Halut bleiben«, bedauerte Icho Tolot. »Ich kann den Terranern an Ort und Stelle bessere Hilfe leisten als mit theoretischer Forschungsarbeit.«

Thoch Machat lachte verständnisvoll.

»Sie haben Ihr wildes Blut noch nicht beruhigt, Tolotos. Ihre Drangwäsche ist noch nicht beendet.«

Icho Tolot verabschiedete sich von seinen Artgenossen und kehrte zu seinem Raumschiff zurück. Er startete und nahm Kurs auf die Erde.

Noch während sein schwarzes Kugelraumschiff durch die Atmosphäre Haluts dem All entgegenstrebte, kam ihm ein beunruhigender Gedanke: War es nicht vielleicht ein Fehler gewesen, seiner Heimat einen Besuch abzustatten? Immerhin könnte es sein, dass er selbst ein Seuchenträger war!

2.

Horst Leiner bewohnte mit seiner Frau und seinem zwölfjährigen Sohn eine Dachterrassenwohnung in einem Hochhaus am Rande von Terrania. Er hatte einen guten Job, ging in seinem Beruf als Robotdesigner auf und war glücklich verheiratet. Was benötigte er noch mehr?

Nicht einmal die plötzlich aufgetauchte PAD-Krankheit konnte ihr Familienidyll zerstören. Er war nicht wie viele seiner Bekannten und Arbeitskameraden von einer Lethargie befallen, sondern stürzte sich eher mit größerem Eifer in seine Arbeit als früher. Er hatte allein in den letzten Tagen einige Entwürfe für Haushaltsroboter geliefert, die ihm eine saftige Sonderprämie eintrugen. Wenn ihn etwas störte, dann vielleicht, dass Layana, so hieß seine Frau, in letzter Zeit an allem so desinteressiert war, als sei sie von der Schlafkrankheit befallen.

Und wenn er ganz ehrlich war, dann störte es ihn auch, dass sein Sohn Phillip von einer krankhaft anmutenden Sammlerleidenschaft befallen zu sein schien.

Aber an diesem 27. Januar des Jahres 3457 konnte nichts seine gute Laune beeinträchtigen.

Heute Nachmittag war ihm plötzlich die Idee gekommen.

Er hatte es gar nicht erwarten können, sie Layana mitzuteilen.

Jetzt war es soweit. Er wartete erst gar nicht darauf, dass sich die Wohnungstür selbsttätig öffnete, sondern stieß sie auf und trat ins Zimmer.

»Liebling, ich habe eine Überraschung für dich!«, rief er schon von der Tür und sprang behände über das Gerümpel, das zur Sammlung seines Sohnes gehörte.

»Wir verreisen!«

Layana kam gerade aus dem Bad; sie hatte sich schnell ein Handtuch um den Körper gewickelt. Horst Leiner war so überrascht, dass ihm für einen Moment der Mund offenblieb. Seine Frau war in letzter Zeit sogar so träge gewesen, dass sie seit vierzehn Tagen nicht mehr das Bad aufgesucht hatte. Warum dieser plötzliche Wandel?

»Hast du gesagt, dass wir verreisen?«, fragte sie und lächelte. Sie kam zu ihm und umarmte ihn. »Ich habe mir so sehr gewünscht, dass du das vorschlagen würdest, Horst.«

Sie küssten sich. Für Horst Leiner sah die Welt auf einmal noch rosiger aus. PAD-Seuche hin, PAD-Seuche her, sollten sich die anderen damit herumschlagen. Er und seine Familie waren nicht davon betroffen.

»Ich wüsste schon, wohin wir fahren könnten«, meinte Layana zaghaft.

Er machte eine wegwerfende Handbewegung und zog sie neben sich aufs Sofa.

»Ist schon alles arrangiert, Liebling«, sagte er. »Das ist gerade die Überraschung. Ich habe drei Plätze in einem Stratosphärenclipper gebucht. Wir fliegen heute Abend.«

Layana versteifte sich.

»Und wohin soll die Reise gehen?«

»Wir fliegen in die europäischen Alpen. Zum Skifahren! Ich habe die Wettervoraussagen gehört. In den nächsten vierzehn Tagen gibt es in Mitteleuropa massenhaft Schnee. Es wird geradezu ideales Wetter für einen Winterurlaub herrschen. Wir werden uns eine Woche lang mal richtig austoben. Phillip weiß bestimmt nicht einmal mehr, wie Schnee aussieht. Ich habe in Garmisch-Partenkirchen bereits Zimmer buchen lassen. Bei dieser Gelegenheit könnten wir auch das Dorf aufsuchen, in dem ich geboren wurde. Ich muss gestehen, dass ich mich darauf eigentlich am meisten freue ... Aber, Liebling, was hast du?«

Layana war von ihm abgerückt.

»Nichts«, sagte sie frostig.

Er rückte nach und umfasste sie von hinten.

»Komm, sei nicht so störrisch wie ein falsch programmierter Robot«, raunte er ihr ins Ohr. »Dir missfällt doch irgend etwas an meiner Idee. Willst du es mir nicht sagen?«

»Also gut«, sagte sie spitz und wandte sich um. »Ich habe mir immer schon gewünscht, an der Elfenbeinküste Urlaub zu machen. Und ...«

»Davon hast du mir nie etwas gesagt«, meinte er entgeistert.

»Du hättest dir denken können, dass ich den Wunsch habe, meine Heimat zu besuchen«, entgegnete sie zornig. »Aber nein, du willst in das Nest, in dem du zur Welt gekommen bist. Das zeigt, wie egoistisch du bist!«

Er schwieg betroffen. Nach einer Weile sagte Layana versöhnlich: »Tut mir leid, Horst, dass ich eben so heftig war. Aber ich habe mir gerade heute gedacht, wie schön es wäre, wieder einmal in meine Heimat zu fahren. Würdest du mir zuliebe nicht auf den Winterurlaub verzichten?«

»Aber an der Elfenbeinküste ist jetzt keine Saison«, versuchte er sie umzustimmen. »Die Wettermacher haben ...«

»Ich pfeife auf die Wettermacher«, unterbrach sie ihn. »Ich möchte, dass du mit mir meine Heimat besuchst.«

»Unsere Heimat ist die gesamte Erde«, versuchte er ein letztes Mal einzuwenden.

»Ich möchte zur Elfenbeinküste«, beharrte sie.

»Wenn du stur bist, kann ich es auch sein«, sagte er zornig. »Ich lasse es mir nicht nehmen, meinen Geburtsort aufzusuchen. Mein Entschluss steht unabänderlich fest.«

»Dann werden sich unsere Wege trennen«, erklärte Layana. »Ich fahre nur an die Elfenbeinküste. Und ich nehme Phillip mit.«

In diesem Moment erschien Phillip im Wohnzimmer. Er musste das Streitgespräch mit angehört haben, denn er wirkte verstört.

»Er ist alt genug, um selbst entscheiden zu können«, sagte Horst Leiner. »Willst du lieber mit deiner Mutter nach Afrika, oder mit mir nach Europa fliegen, Phil?«

Der Junge zuckte die Schultern und blickte unentschlossen von einem zum anderen.

»Ich weiß nicht. Ich möchte so gerne eure Heimat kennenlernen. Aber ich kann mich nicht entscheiden. Am liebsten möchte ich an beiden Orten gleichzeitig sein ...«

*

Kaze Kazzalo hatte in Südafrika eine neue Heimat gefunden. Er hatte mit der Pension, die ihm die Solare Flotte zahlte, ein herrliches Auskommen. Und er war nach der Pensionierung klug genug gewesen, sich nicht auf einer dieser Rentnerwelten anzusiedeln, sondern auf der Erde zu bleiben.

Er fühlte sich nie einsam. Denn er hatte in Johannesburg einige ehemalige Flottenmitglieder um sich gesammelt und den Veteranenklub »Partisan« gegründet.

Fast jeden Tag fand man sich dort ein, um über die alten Zeiten zu reden, über die momentane Disziplinlosigkeit der Flotte zu schimpfen und über die solare Politik zu lästern. Das alles war nicht besonders ernst gemeint; es gehörte ganz einfach zu den Veteranen, vom »Goldenen Zeitalter« zu schwärmen, als sie noch selbst aktiv waren.

In letzter Zeit sprach man im Klub nur über ein Thema – das Heimweh. Es wurde nicht so krass ausgedrückt, aber unterschwellig sickerte bei allen durch, dass sie sich irgendwie zur Heimat ihrer Väter gezogen fühlten.