Perry Rhodan 770: Sie suchen Menschen - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 770: Sie suchen Menschen E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Mit der SOL im Mahlstrom der Sterne - die Erde ist verschwunden Die Erwartungen, die Perry Rhodan nach vierzigjähriger Weltraumodyssee an die Rückkehr in die Heimatgalaxis der Menschheit knüpfte, wurden bitter enttäuscht. Denn es kam zu Missverständnissen mit Atlan, dem Chef des Neuen Einsteinschen Imperiums, und zu politischen Zerwürfnissen über die Vorgehensweise gegen die Laren, die die Galaxis nach wie vor beherrschen. Obwohl sogar ein offener Konflikt zwischen dem Terraner und dem Arkoniden, den beiden alten Freunden, auszubrechen drohte, siegte letztlich die Vernunft. Und während eine Delegation der Kelosker im Lager des Gegners zurückbleibt, um den 80-Jahresplan, den Befreiungsplan vom Joch der Laren, voranzutreiben, verlässt die SOL Anfang des Jahres 3582 wieder die Galaxis. Atlan ist mit an Bord, als das mächtige Raumschiff zu seiner langen Reise zum Mahlstrom der Sterne aufbricht, wo man Terra zu finden hofft. Dass dies eine vergebliche Hoffnung ist, wissen wir bereits - nicht aber die Menschen und Außerirdischen der SOL! Im April 3582 ist es dann soweit! Perry Rhodans Generationenschiff erreicht den Mahlstrom der Sterne - aber man findet die Erde nicht! Damit erwächst für die Solaner eine neue Aufgabe: SIE SUCHEN MENSCHEN ...

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Veröffentlichungsjahr: 2011

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Nr. 770

Sie suchen Menschen

Mit der SOL im Mahlstrom der Sterne – die Erde ist verschwunden

von ERNST VLCEK

Die Erwartungen, die Perry Rhodan nach vierzigjähriger Weltraumodyssee an die Rückkehr in die Heimatgalaxis der Menschheit knüpfte, wurden bitter enttäuscht. Denn es kam zu Missverständnissen mit Atlan, dem Chef des Neuen Einsteinschen Imperiums, und zu politischen Zerwürfnissen über die Vorgehensweise gegen die Laren, die die Galaxis nach wie vor beherrschen.

Obwohl sogar ein offener Konflikt zwischen dem Terraner und dem Arkoniden, den beiden alten Freunden, auszubrechen drohte, siegte letztlich die Vernunft. Und während eine Delegation der Kelosker im Lager des Gegners zurückbleibt, um den 80-Jahresplan, den Befreiungsplan vom Joch der Laren, voranzutreiben, verlässt die SOL Anfang des Jahres 3582 wieder die Galaxis.

Atlan ist mit an Bord, als das mächtige Raumschiff zu seiner langen Reise zum Mahlstrom der Sterne aufbricht, wo man Terra zu finden hofft.

Dass dies eine vergebliche Hoffnung ist, wissen wir bereits – nicht aber die Menschen und Außerirdischen der SOL!

Im April 3582 ist es dann soweit! Perry Rhodans Generationenschiff erreicht den Mahlstrom der Sterne – aber man findet die Erde nicht!

Die Hauptpersonen des Romans

Galto Quohlfahrt – Der Frauenheld fürchtet um sein Mannestum.

Joscan Hellmut – Der Kybernetiker führt die Rebellion der Solgeborenen an.

Hoggard Zanta – Ein Radikaler unter den Solgeborenen.

Perry Rhodan und Atlan – Der Terraner und der Arkonide verzichten auf die SOL.

Patria

1.

Es war eine Schnapsidee, mich an die geheimnisvolle Unbekannte heranzumachen. Ich muss verrückt gewesen sein. Nicht nur, dass sie bereits ein recht betagtes Mädchen war, entsprach sie auch nicht im geringsten meinem Schönheitsideal. Wem gefällt auch schon eine Frau mit einem Entenkörper, dem dazugehörigen Gang, einem Gesicht wie ein Orang-Utan und dem teigigen Teint einer Leiche!

Sie hatte nichts Weibliches an sich, was mich hätte reizen können. Aber wahrscheinlich reizte mich das Geheimnisvolle an ihr, wofür ich schon immer eine Schwäche gehabt hatte.

Während des Fluges zum Mahlstrom lief sie mir einige Male über den Weg. Aber immer waren die gluckenhaft um mich besorgten Posbis und Matten-Willys in meiner Begleitung, so dass ich nicht einmal nach ihrem Namen fragen konnte.

Deshalb wandte ich mich an Joscan Hellmut. Man sollte meinen, dass dem Kybernetiker nichts an Bord der SOL verborgen bleiben konnte. Schließlich war er der Betreuer des Roboterpärchens Romeo und Julia und stand mit dem Rechenverbund SENECA/Shetanmargt auf Du und Du. Aber in diesem Fall nützte ihm das nichts.

Ich war selbst dabei, als, nach Eingabe der Personenbeschreibung in den Rechenverbund, die Antwort kam. SENECA meinte, dass die Beschreibung der Unbekannten noch am ehesten auf eine Darstellerin eines alt-terranischen Horrorschinkens zutraf ...

Was wieder einmal beweist, dass überzüchtete Computer, die eine gewisse Individualität entwickelt haben, nie eingestehen können, am Ende ihrer Weisheit angelangt zu sein. Statt ihre Unwissenheit zuzugeben, reißen sie blöde Witze.

Aber das ist ein anderes Kapitel.

Zurück zu meiner verhängnisvollen Bekanntschaft.

Gestern ergab sich endlich eine Gelegenheit, mich für heute, den 2. April, mit ihr zu verabreden – und jetzt waren wir an einem stillen, einsamen Ort der SZ-2 in trauter Zweisamkeit zusammen. Aber zu Vertraulichkeiten war es bislang noch nicht gekommen, obwohl ich alle Register meiner Verführungskünste gezogen hatte. In ihrer Gegenwart ließ ich mich sogar zu Albernheiten wie »Im Dunkeln ist gut munkeln« und »Ein Küsschen in Ehren darf niemand verwehren« hinreißen.

»Aber ich weiß doch gar nicht, wie das geht – dieses Küssen«, beteuerte sie.

Ich triumphierte innerlich: gleich hatte ich sie soweit! Und ich schickte mich an, es ihr beizubringen.

»Zuerst umarmt man sich«, erklärte ich und zeigte ihr, was ich meinte. »Dann schließt man verträumt die Augen.« Ich tat es. »Und nun nähert man sich, bis die Lippen einander berühren ...«

Ich wurde jäh aus meinem Gefühlstaumel gerissen. Etwas zischte, und dann schlug eine antiseptisch riechende Gaswolke in mein Gesicht.

Erschrocken riss ich die Augen auf und starrte auf die Spraydose, mit der sie immer noch auf meinen Mund zielte.

»Was soll der Unsinn?«, fragte ich verärgert, während ich verzweifelt versuchte, mich vom Geschmack des Desinfektionsmittels zu befreien.

»Ein so gebildeter Mann wie Sie müsste doch eigentlich wissen, dass beim Ausatmen unzählige Bakterien freiwerden«, erklärte sie schulmeisterlich. »Die Gefahr einer Übertragung von Krankheitserregern ist schon sehr groß, wenn man anderen nahe kommt. Bei einer Berührung mit den Lippen wächst sie aber ins Unermessliche. Deshalb meine vorbeugende Maßnahme. Jetzt steht einem Kuss nichts mehr im Wege.«

Sie kniff beide Augen zu und spitzte die Lippen.

»Sie reden wie meine Posbis und Willys«, sagte ich frustriert.

»Sie halten wohl nicht viel von den Ratschlägen Ihrer Beschützer?«, erkundigte sie sich.

Ich machte eine wegwerfende Handbewegung.

»Lassen wir diese Quälgeister aus dem Spiel. Reden wir lieber über Sie. Ich kenne noch nicht einmal Ihren Namen. Wie heißen Sie?«

Sie schluckte, als sei es ihr peinlich, ihren Namen zu nennen, dann stieß sie hervor: »Mein Name ist Wilhelmine, aber Freunde dürfen mich Willy nennen.«

»Ich bleibe lieber bei Wilhelmine«, sagte ich, weil mich die Koseform ihres Namens zu sehr an meine »Säuglingsschwestern« erinnerte. Und an sie wollte ich in dieser Situation nicht einmal denken.

Nachdem ich mir das Antiseptikum halbwegs vom Mund gewischt hatte, nahm ich einen neuen Anlauf, um dieses Tête-à-tête doch noch zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.

»Haben Sie denn wirklich noch nie geküsst, Wilhelmine?« Ich rückte näher; sie wich ängstlich zurück, schüttelte den Kopf. »Auch noch nicht mit Antiseptspray?« Wieder das verschämte Kopfschütteln.

Ich betrachtete sie. Machte sie nur auf Unschuld, oder war sie wirklich so naiv und unerfahren, wie sie tat? Ich kam zu dem Schluss, dass sie sich nicht verstellte. In dieser Beziehung kannte ich mich schließlich aus. Dennoch war es für mich unverständlich, wie es auf der SOL ein solch verklemmtes Wesen geben konnte.

Mir gingen die wildesten Vermutungen durch den Kopf. Da ihre Personaldaten nicht einmal in SENECA gespeichert waren, erwog ich sogar, dass sie auf der SOL ein Einsiedlerleben führte. So unwahrscheinlich das auch klang, unmöglich erschien es mir auf diesem Riesenschiff nicht.

Galto, sagte ich mir, es wäre für dich eine würdige Aufgabe, diesen weiblichen Eremiten ins Leben zurückzuführen. Aber wie die Sache beginnen? Ich würde behutsam vorgehen müssen, um dieses scheue Reh nicht zu erschrecken. Ich kramte in meinem Erfahrungsschatz nach einer passenden Verführungsmethode. Doch auch das half mir nicht weiter, weil ich mich noch nie in einer ähnlichen Situation befunden hatte.

Das Schweigen zwischen uns begann bereits peinlich zu werden.

»Sind Sie eine Solgeborene, Wilhelmine?«, platzte ich schließlich heraus.

»Sie sind ein Schmeichler, Galto«, erwiderte sie kichernd. »Sie wissen doch, dass die SOL erst vor zweiundvierzig Jahren den Mahlstrom verlassen hat.«

Ich schalt mich einen Narren, diese dämliche Frage gestellt zu haben, denn man sah ihr an, dass sie ein etwas älteres Semester war.

»Dann wurden sie also auf Terra geboren«, sagte ich. »Was für ein erhebender Augenblick muss es für Sie sein, Wilhelmine, nach so vielen Jahren zur Heimat zurückzukehren. Zur Wiege der Menschheit. Wie wird uns zumute sein, wenn der blaue Planet, dieses funkelnde Juwel unter den Himmelskörpern, inmitten des unendlich erscheinenden Bandes des Mahlstroms auftaucht ...«

Eine Durchsage des Emotionauten Senco Ahrat unterbrach meinen Redeschwall.

»An alle! Wie die Kelosker melden, ist bereits in wenigen Minuten mit der Beendigung der zweiten Flugetappe zu rechnen. Dann haben wir unser Ziel, den Mahlstrom, erreicht. Mit Schwierigkeiten ist nach Aussage der Kelosker nicht zu rechnen. Da es jedoch beim Rücksturz aus den übergeordneten Dimensionen in den Einsteinraum zu geringfügigen Störeffekten kommen kann, werden alle Personen der Zivildienste angewiesen, die Schutzräume aufzusuchen ...«

»Wir bleiben hier!«, beschloss ich, schaltete die Rundrufanlage aus und umarmte Wilhelmine, für die das völlig überraschend kam. »Wir werden diesen großartigen Moment gemeinsam erleben. Nur wir beide allein. Unsere Herzen werden schlagen wie eines.«

»Sagen Sie das allen Mädchen, Galto?«, fragte Wilhelmine und versuchte vergeblich, sich aus meiner Umarmung zu befreien.

»Wieso, es ist das erste Mal, dass ich in den Mahlstrom fliege«, stellte ich mich dumm.

»Sie wissen schon, wie ich das meine«, sagte sie pikiert. »Es sind die tollsten Gerüchte über Sie in Umlauf. Man sagt ...«

»Gerüchte! Vergessen Sie sie, Wilhelmine.« Langsam lief ich zu meiner alten Form auf. »Seid ich Sie kenne, gibt es keine anderen Frauen mehr für mich. Sie sind für mich der Inbegriff des Weiblichen. Ich verehre dich, geliebtes Wesen, und ich möchte deine Unschuld achten – aber noch mehr begehre ich dich.«

Es hatte mich gepackt, deshalb fiel Wilhelmines seltsamer Ton nicht weiter auf, als sie sagte: »So also sieht dein Liebeswerben aus, Galto. Einfach lächerlich! Wie wären deine nächsten Handlungen, würde ich mich nicht wehren?«

»Oh, Geliebte ...« Mir versagte es vor Erregung die Stimme.

Wilhelmine erschauerte, als ich meinen Arm fester um sie drückte. Ich war im siebten Himmel und hörte bereits Sphärenklänge. Ja, tatsächlich, von überall her erklang eine überirdische Musik wie von einer Äolsharfe – als würde der Wind in den Resonanzkasten eines solchen antiken Instruments fahren und die Saiten zum Vibrieren bringen.

Das war keine Einbildung! Diese seltsamen, unwirklichen Klänge entsprangen nicht meiner Phantasie, sondern waren Wirklichkeit. Sie kamen von den Wänden, von der Decke und selbst vom Boden. Irgend etwas hatte sie in Schwingungen versetzt und entlockte ihnen diese Töne.

Jetzt erst merkte ich, dass auch Wilhelmine von diesen Vibrationen ergriffen worden war. Ebenso wie ich selbst. Mir machte das nichts aus, sondern ich empfand die Klänge und die schnell aufeinanderfolgenden Erschütterungen eher als angenehm, irgendwie anregend.

Für meine Angebetete traf jedoch das Gegenteil zu. Je länger die Vibrationen dauerten, desto mehr begann sie sich zu verformen. Ihre menschliche Gestalt zerfloss und wurde zu einem fladenartigen Gebilde, das weiterhin im Rhythmus der Erschütterungen pulsierte.

Der Anblick war urkomisch, doch das Lachen erstickte mir im Hals, als ich sah, was aus Wilhelmine wurde.

Wilhelmine war in Wirklichkeit ein Matten-Willy, der menschliche Gestalt angenommen hatte!

Und während die Klänge und die Vibrationen weitergingen, hörte ich aus dem Hintergrund bekannte Stimmen.

»Ja, es steht schlecht um ihn.«

»Wir haben bisher alles falsch gemacht.«

»Ich habe schon immer gesagt, dass seine menschlichen Triebe an allem schuld sind. Was nützt ein vollkommener Körper, wenn er von unreinen Emotionen geleitet wird.«

Aus der mich umgebenden Dunkelheit schälten sich nach und nach die je fünfzehn Posbis und Matten-Willys. Das heißt, die Willys waren erst vollzählig, nachdem »Wilhelmine« sich zu ihnen gesellt hatte.

Ich kochte vor Wut und blickte meinen Beschützern zornig entgegen, die sich von allen Seiten näherten. Ich wartete, bis die Sphärenklänge abebbten und die Vibrationen auf ein erträgliches Maß gesunken waren, dann herrschte ich sie an: »Eine seltsame Art von Humor habt ihr, das muss ich sagen. Ihr findet es wohl lustig, meine Gefühle auf diese Weise zu verletzen. Sehr spaßig! Wahrlich, ein gelungener Scherz.«

»Das war kein Scherz, Galto«, sagte einer der Willys ernst. »Wir haben dich nur einem Test unterzogen. Wir wollten herausfinden, wie weit du gehst, wenn du mit weiblichen Wesen allein bist.«

»Ihr seid ja abartig veranlagt!«, schrie ich sie an.

Sie schüttelten die Köpfe – verneinend und bedauernd, wie mir schien.

»Dieses Täuschungsmanöver«, sagte »Wilhelmine«, nunmehr endgültig in einen Willy zurückverwandelt, »hatte einzig den Sinn, herauszufinden, inwieweit du Sklave deiner Triebe bist. Leider zwangen mich diese unerklärlichen Vibrationen dazu, meine Maske aufzugeben. Aber ich glaube, das unvollendete Experiment war aufschlussreich genug.«

»Wärest du vielleicht auch noch weitergegangen?«, fuhr ich den Willy an.

»Wie weit wärest denn du gegangen?«, fragte er zurück und ließ seine Stielaugen vor mir pendeln. »Glaube uns, Galto, es steht sehr schlecht um dich. Du bist ein Opfer deines Geschlechtstriebs.«

»Ich bin eben ein Mann!«, erwiderte ich ärgerlich.

»Eben, das ist das Schlimme«, sagte ein Posbi und bewegte spielerisch die in seinen Handlungsarmen eingebauten chirurgischen Instrumente. »Was nützt es uns, wenn wir an deinem Körper ständig Verbesserungen vornehmen, deine Triebe aber die eines Urmenschen bleiben. Alles was wir aufbauen, zerstörst du in deiner Wollust wieder.«

»Das ist der Gipfel!« Ich stemmte die Arme in die Hüften. »Wollt ihr mich etwa ...«

Ich wagte das Schreckliche nicht auszusprechen.

»Jawohl«, bestätigten Posbis und Willys wie aus einem Mund, und der Wilhelminen-Willy fügte hinzu: »Der Weg zur Vervollkommnung führt über deine Sterilisierung.«

Ich starrte sie ungläubig an. Bis jetzt hatte ich geglaubt, dass sie mir nur Angst einjagen wollten. Aber als die Posbis nun mit den einsatzbereiten chirurgischen Instrumenten entschlossen näher kamen und die Willys den Kreis schlossen, um mir jeden Fluchtweg abzuschneiden, da wusste ich, dass sie es ernst meinten.

Für einen Moment war ich wie gelähmt. Dann stieß ich einen markerschütternden Schrei aus, der sich schaurig mit den Sphärenklängen vermischte. Ich tat, als wolle ich mich in die Skalpelle der Posbis stürzen, woraufhin sie diese sofort zurückzogen. Dadurch entstand zwischen ihnen und den Willys eine Lücke. Ich nutzte meine Chance, sprang durch die schmale Gasse und rannte schneller, als ich es mir zugetraut hätte, auf das Schott zu. Kaum war ich durch, schlug ich es hinter mir zu, versperrte es und tastete auf der Anzeigentafel darüber die Warnung ein: NICHT ÖFFNEN! TODESGEFAHR!

Gerettet!

»Galto, sei kein Narr! Flieh nicht die Vollkommenheit!«, ertönte ein Appell der Posbis aus dem Helmempfänger meiner Pickelhaube.

Ich unterbrach die Verbindung.

Jetzt hatte ich mir erst einmal eine Atempause verschafft und konnte mich darum kümmern, woher die Vibrationen und die unwirklichen Klänge kamen.

2.

Das Rütteln des Förderbands wurde so heftig, dass ich meinte, die künstlichen Zähne würden mir ausfallen. Mit der einen Hand hielt ich die auf meiner Glatze hüpfende Pickelhaube fest, mit der anderen presste ich meinen Unterkiefer nach oben, um das Klappern meines Gebisses zu stoppen. Deshalb war es mir unmöglich, meinen Sturz abzufangen, als die Rollbahn abrupt anhielt. Ich fiel auf die Nase.

Die Vibrationen wurden wieder heftiger, die Sphärenmusik schwoll zu einem Crescendo an, das durch Mark und Bein ging. Ich hielt mir die Ohren zu, doch das half nichts. Die Musik pflanzte sich durch meinen Körper fort und drang geradewegs ins Gehirn. Sehstörungen waren die Folge – vor mir vervielfachte sich der Korridor. Es wirkte, als würde jemand eine Ziehharmonika ausziehen und dann wieder zusammendrücken.

Mühsam kam ich wieder auf die Beine. Ich konnte mich aber nicht ruhig halten, weil sich die Vibrationen des Bodens auf mich übertrugen. Vor mir tanzten Gebrauchsgegenstände über den Korridor. Was nicht niet- und nagelfest war, hatte sich selbständig gemacht.

Ein Wachtposten versuchte verzweifelt, seinen davongleitenden Paralysator wieder einzufangen. Eine Frau, die sich haltsuchend an eine besonders stark vibrierende Wand stützte, stand im nächsten Augenblick in der Unterwäsche da, weil sich die Verschlüsse ihrer Kombination öffneten.

Aus einem Seitengang tauchte eine Abteilung von Robotern auf. Sie schienen die Vibrationen überhaupt nicht zu spüren. Sie verteilten sich in Abständen von fünfzig Metern über den Korridor, blieben sonst aber passiv.

Ich vermutete, dass der Krisenstab der SOL zusammengetreten war und die Roboter zur Unterstützung der in Not geratenen Menschen in die Wohnsektoren abgestellt hatte. Doch dieser Ansicht widersprach das Verhalten der Roboter. Als sich eine Gruppe von Frauen und Männern an einen von ihnen wandte, rührte sich dieser überhaupt nicht. Die Leute sprachen heftig gestikulierend auf ihn ein – und ihre Stimmen wurden zu einem schrillen Singsang. Die Antwort des Roboters war ein tiefes gleichförmiges Brummen, das ihm die Vibrationen entlockten.

Die Männer und Frauen entfernten sich. Als sie den nächsten Roboter erreichten, wies dieser sie in einen Seitengang. Als sich einer der Männer dieser Anordnung widersetzen wollte, stieß ihn der Roboter ziemlich unsanft in die von ihm gewiesene Richtung.

Was mochte das zu bedeuten haben?

Die Vibrationen ließen nach, und ich begab mich zum nächsten Robot. Noch bevor ich mich als Sonderbevollmächtigter ausweisen konnte, sagte er von sich aus in tiefstem Bass: »Suchen Sie die nächste Oase der Besinnung auf.«

»Und wo ...?«, begann ich. Aber da setzten die Vibrationen so stark ein, dass mir das Zähneklappern ein Sprechen unmöglich machte.