Perry Rhodan Neo Paket 15 - Perry Rhodan - E-Book

Perry Rhodan Neo Paket 15 E-Book

Perry Rhodan

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Beschreibung

Im Sommer 2051 ist die Erde endlich wieder frei, die Menschen können aufatmen. Perry Rhodan und seinen Gefährten ist es gelungen, in höchster Not die geheimnisvollen Sitarakh abzuwehren. Der Wiederaufbau der von Zerstörung und Siechtum heimgesuchten Erde kann beginnen; endlich arbeiten alle Menschen zusammen. Doch Perry Rhodan hat kaum Zeit, sich um die zahllosen Schwierigkeiten auf der Erde zu kümmern. Unvermittelt wird er von der unbekannten Macht entführt. Vor den Augen seiner Freunde verschwindet er. Der Mann, der die Menschen zu den Sternen führte, wird auf eine fremde Welt versetzt. Dort wird Rhodan mit einem drohenden Atomkrieg konfrontiert. Der Mann von der Erde muss die Bedrohung abwehren – und gleichzeitig herausfinden, welches Wesen sich hinter der seltsamen Bezeichnung METEORA verbirgt ...   Die "METEORA"-Staffel umfasst zehn Romane: der packende Höhepunkt in der "zweiten Epoche" von Perry Rhodan NEO!

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Seitenzahl: 2126

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Im Sommer 2051 ist die Erde endlich wieder frei, die Menschen können aufatmen. Perry Rhodan und seinen Gefährten ist es gelungen, in höchster Not die geheimnisvollen Sitarakh abzuwehren.

Der Wiederaufbau der von Zerstörung und Siechtum heimgesuchten Erde kann beginnen; endlich arbeiten alle Menschen zusammen.

Doch Perry Rhodan hat kaum Zeit, sich um die zahllosen Schwierigkeiten auf der Erde zu kümmern. Unvermittelt wird er von der unbekannten Macht entführt. Vor den Augen seiner Freunde verschwindet er. Der Mann, der die Menschen zu den Sternen führte, wird auf eine fremde Welt versetzt.

Dort wird Rhodan mit einem drohenden Atomkrieg konfrontiert. Der Mann von der Erde muss die Bedrohung abwehren – und gleichzeitig herausfinden, welches Wesen sich hinter der seltsamen Bezeichnung METEORA verbirgt ...

Cover

Vorspann

Band 141 – Der Faktor Rhodan

Vorspann

1. Perry Rhodan: Die Versetzung

2. Jemir Conba: Im Fort

3. Quepal und Dithzop: Im anderen Lager

4. Perry Rhodan: Das Ende im Minenfeld

5. Jemir Conba: Überraschungstat

6. Prinz Trebon Dadom: Palastgeschäfte

7. Perry Rhodan, etwas früher: Das Verhör

8. Fraden Quepal: Große Entscheidungen

9. Perry Rhodan: Flugkünste

10. Trebon Dadom: Kriegsbeginn

11. Perry Rhodan: Auf der anderen Seite

12. Erefrain Dross: Das Ende einer Beziehung

13. Perry Rhodan: Das Unmögliche zu tun

14. Trebon Dadom, kurz zuvor: Überredungskünste

15. Perry Rhodan: Volltreffer

16. Jemir Conba: In der Komfortzone

17. Perry Rhodan: Einen Schritt weiter

18. Trebon Dadom: Das Traumpaar

19. Perry Rhodan: Alles wird gut

Band 142 – Hort der Flüsternden Haut

Vorspann

Teil I – Durch Sand und Staub

1. Tuire Sitareh: Spuren im Sand

2. Merroq: Überbringer schlechter Nachrichten

3. Tuire Sitareh: Ein philosophisches Gespräch mit einer Sandscheide

4. Merroq: Was ich sah ...

5. Tuire Sitareh: Die Karawane zieht weiter ...

6. Merroq: Von Liebe und Hass

7. Tuire Sitareh: Ein nicht philosophisches Gespräch mit dem Sheto

8. Merroq: Die Gewalt im Innern des Sturms

9. Tuire Sitareh: Das stille Zelt der Klage

Teil II – Das Alamut

10. Tuire Sitareh: Die dunklen Wege Alamettas

11. Duria: Der Verlust der Hoffnung

12. Tuire Sitareh: Das Alamut

13. Duria: Attentat und Attentäter

14. Tuire Sitareh: Erste Hilfe

15. Duria: Augenöffner

16. Tuire Sitareh: In wessen Haut ...?

17. Duria: Aussichtslos

18. Tuire Sitareh: Der König ist tot ... es lebe der Neue!

19. Merroq: Spiel, Satz ... und aus!

20. Tuire Sitareh: Ausweg

21. Merroq und Duria: Erinnerung

Teil III – Pfade, Wege, Pforten

22. Tuire Sitareh: Wrack

23. Tuire Sitareh: Chancen – genutzt oder vertan?

24. Tuire Sitareh: Kreidezeitliche Verwirrung

25. Tuire Sitareh: Streitwagen, geparkt

26. Tuire Sitareh: Ein Streitwagen in Fahrt

Band 143 – Herr der YATANA

Vorspann

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Band 144 – Verkünder des Paradieses

Vorspann

Prolog: 29. Juni 2051 – Erdmond

1. 29. Juni 2051 – Erde, Terrania Interstellar Spaceport

2. 29. Juni 2051 – Erde, Südost-Terrania, Staatsgefängnis

3. 29. Juni 2051 – Mondnähe, an Bord der LESLY POUNDER

4. 16. Juli 2051 – Erde, Insel Luzon, Stadt Donsol

5. 16. Juli 2051 – Erde, Terrania, Stardust Tower

6. 16. Juli 2051 – Südost-Terrania, Firmengelände GCC Robotics

7. 16. Juli 2051 – Erde, Insel Luzon, Stadt Donsol

8. 30. Juli 2051 –Südost-Terrania, Firmengelände GCC Robotics

9. 14. August 2051 – Erde, Terrania

10. 30. Juli bis 14. August 2051 – Erde

11. 14. August 2051 – Erde, Terrania

12. 14. August 2051 –Südost-Terrania, Firmengelände GCC Robotics

13. 14. August 2051 – Erde, Terrania

14. 26. September 2051 – Erde, Terrania

15. 26. September 2051 – Erde, Terrania, Stardust Tower

Epilog: 29. September 2051 – Io

Band 145 – Hafen der Pilger

Vorspann

Prolog

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Epilog

Band 146 – Der Schatz des Pilgerschiffes

Vorspann

1. 2. August 2051: TIRA AMBA

2. Diverse Arrangements

3. Missweisung

4. Der Sturz

5. Auf einem Ozean aus Luft

6. Angriff

7. Broag

8. Der Marsch

9. Ka'roam

10. Die Legende

11. Aufbruch

12. Durch das Fallloch

13. Der zweite Kreis der Hölle

14. TOMOKOL AMBA

15. Wächter und Beschützer

16. Der Schatzjäger

17. Zwischen Bangen und Hoffen

18. Aufbruch zu den Sternen

Band 147 – Das verfluchte Land

Vorspann

1. Farm 147, 27. September 2050

2. TOMOKOL AMBA, 12. August 2051

3. TOMOKOL AMBA, 12. August 2051

4. TOMOKOL AMBA, 13. August 2051

5. Tirenuut, 17. August 2051

6. Raumhafen Tirenuut, 17. August 2051

7. Raumhafen Tirenuut, 17. August 2051

8. Raumhafen Tirenuut, 17. August 2051

9. TOMOKOL AMBA, 17. August 2051

10. Tirenuut, 17. August 2051

11. Farm 147, 18. August 2051

12. Farm 147, 18. August 2051

13. Raumhafen Tirenuut, 18. August 2051

14. Raumhafen Tirenuut, 18. August 2051

15. Raumhafen Tirenuut, 18. August 2051

Epilog: Jenseits der Stadt, 18. August 2051

Band 148 – Schatten über Ambaphal

Vorspann

Prolog: Kontrollstation AMBA-XVIII

1. Kalmira: Die erste Séance

2. Perry Rhodan: Frachter DAMOK

3. Kalmira: Die zweite Séance

4. Perry Rhodan: Im Verschlag

5. Kalmira: Die dritte Séance

6. Perry Rhodan: Waldrand

7. Kalmira: Die vierte Séance

8. Perry Rhodan: Wisperwald

9. Kalmira: Die fünfte Séance

10. Perry Rhodan: Waldeslust

11. Kalmira: Die sechste Séance

12. Perry Rhodan: Cata Amba

13. Kalmira: Die siebte Séance

14. Perry Rhodan: Untergrund

15. Kalmira: Die achte Séance

16. Perry Rhodan: Im Garten der Weisheit

17. Kalmira: Die neunte Séance

18. Tuire Sitareh: Die Tiefen des Arad

19. Kalmira: Die neunte Séance

20. Perry Rhodan: Die Antwort

21. Kalmira: Die zehnte Séance

22. Tuire Sitareh: Druck

23. Tuire Sitareh: Keine Séance – eine Erinnerung

24. Tuire Sitareh: Die finale Sequenz

25. Kalmira: Die elfte Séance?

26. Perry Rhodan: Andere Fragen

27. Kalmira: Nach der Séance

28. Perry Rhodan: METEORA erwacht

Band 149 – Preis der Freiheit

Vorspann

Terrania, Stardust Tower

Kugelsternhaufen Suurt, Schwarzes Loch Amba

Solsystem

Schwarzes Loch Amba

Terrania, Stardust Tower

Solsystem, an Bord der ZODIAC

An Bord der ZODIAC

An Bord der ZODIAC

Terrania, Stardust Tower

An Bord der LESLY POUNDER

Terrania, Konzernzentrale GCC Robotics

An Bord der ZODIAC

An Bord der ZODIAC

Terrania, Konzernzentrale GCC Robotics

Terrania, Stardust Tower

An Bord der Kalaharasphäre, zwischen Sonne und Erde

An Bord der ZODIAC

Terrania, Stardust Tower

An Bord der ZODIAC

An Bord der LESLY POUNDER

An Bord der LESLY POUNDER

Terrania, Konzernzentrale GCC Robotics

Terrania, Bungalow der Familie Rhodan

Band 150 – Sprung nach Andromeda

Vorspann

1. 1. November 2054, Perry Rhodan

2. 12. November 2054, Perry Rhodan

3. 18. November 2054, Perry Rhodan

4. 18. November 2054, Perry Rhodan

5. 26. November 2054, Perry Rhodan

6. 1. Dezember 2054, Atila Ardal

7. 1. Dezember 2054, Perry Rhodan

8. 11. Dezember 2054, Atila Ardal

9. 11. Dezember 2054, Perry Rhodan

10. 24. Dezember 2054, Perry Rhodan

11. 3. Januar 2055, Atila Ardal

12. 4. Januar 2055, Perry Rhodan

13. 6. Januar 2055, Atila Ardal

14. 10. Januar 2055, Perry Rhodan

15. 10. Januar 2055, Perry Rhodan

16. 11. Januar 2055, Atila Ardal

17. 11. Januar 2055, Perry Rhodan

18. 11. Januar 2055, Perry Rhodan

19. 11. Januar 2055, Perry Rhodan

20. 11. Januar 2055, Perry Rhodan

21. 13. Januar 2055, Atila Ardal

22. 14. Januar 2055, Perry Rhodan

23. 13. Februar 2055, Perry Rhodan

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Band 141

Der Faktor Rhodan

Michael Marcus Thurner

Im Jahr 2036 entdeckt der Astronaut Perry Rhodan auf dem Mond ein außerirdisches Raumschiff. In der Folge beginnt für die Erde ein neues, verheißungsvolles Zeitalter – zuletzt allerdings unterbrochen von der Invasion geheimnisvoller Fremdwesen.

Ende Juni 2051 sind die Invasoren abgewehrt, der Wiederaufbau der von Zerstörung und Siechtum heimgesuchten Erde beginnt. In dieser Situation werden Perry Rhodan, Atlan und Tuire Sitareh unvermittelt von einer unbekannten Macht entführt. Vor den Augen ihrer Freunde verschwinden sie im Nichts.

Wer steckt hinter dieser Tat? Was sind die Absichten des Gegners im Dunkel? Wohin wurden Rhodan und seine zwei Gefährten versetzt?

Erste Antworten erhofft sich Perry Rhodan, als er sich allein auf einem fremden Planeten wiederfindet – auf einer Welt am Abgrund wird er DER FAKTOR RHODAN ...

1.

Perry Rhodan: Die Versetzung

Die Empfindungen waren da, noch bevor er einen ersten klaren Gedanken fassen konnte.

Eiseskälte. Schmerz, der von seinem Rücken ausstrahlte, der die Beine und Arme umfasste. Dünne Luft, die ihn dazu zwang, wie ein Fisch auf dem Land nach dringend benötigtem Sauerstoff zu japsen.

Perry Rhodan drehte sich zur Seite, noch mit geschlossenen Augen. Der Schmerz verstärkte sich. Etwas stach in seine Hüfte und rieb am Fleisch. Und da war ein zischendes Geräusch, das ihm völlig unbekannt war.

Rhodan spürte, wie sich Gänsehaut auf seinen Armen bildete. Eine natürliche Abwehrreaktion, ein Urinstinkt, der auf akute Gefahr hindeutete. Zumal es faulig zu stinken begann und er vorsichtige, tapsige Schritte hörte.

Erste Gedanken fügten sich zu einem logischen Etwas. Er lag im Freien, auf spitzen Steinen, die sich in seinen Körper bohrten. Windböen fauchten über ihn hinweg. Sie brachten kaum erträglich kalte Luft mit – und diesen Geruch nach faulen Eiern.

Rhodan öffnete langsam die Augen. Er gab sich einige Sekunden Zeit zur Orientierung. Ringsum war eine öde Felslandschaft mit knorrigen, windgebeugten Gewächsen zu sehen. Zwischen den Büschen erspähte er Schemen. Tiere mit übergroßen Augen und übergroßen Ohren.

Alles an ihnen ist groß und lang, korrigierte sich Rhodan. Vor allem die Krallen und das Maul mit den Reißzähnen.

Die Räuber, Wölfen nicht unähnlich, umkreisten ihn vorsichtig. Sie lauerten. Sie spürten wohl, dass er wieder bei Bewusstsein war.

Ein dunkeloranges bis braunes Fell, Fangzähne wie die von Säbelzahntigern und steife Hinterläufe wie bei Hyänen. Diese Viecher sind nichts, das ich von der Erde kenne.

Rhodan richtete sich bedächtig auf. Er tastete umher, umfasste handgroße Steine und legte sie sich sorgfältig zurecht.

Eins der Wolfstiere knurrte ungehalten. Rhodan nahm es näher in Augenschein. Es war groß gewachsen und hager, an seinen Flanken prangten zahlreiche Narben. Kampfspuren. Er hatte das Leittier ausfindig gemacht.

»Na, mein Schöner?«, fragte Rhodan. Seine Stimme klang erschreckend schwach und dünn.

Der Leitwolf stieß ein weiteres Knurren aus. Er stemmte sich mit den hinteren Läufen gegen den Steinboden und verengte die Augen zu Schlitzen.

»Ich lasse mich von dir nicht beeindrucken«, redete Rhodan mit ruhiger Stimme weiter. »Ich habe keine Angst vor dir und deinesgleichen.«

Er fasste die Umgebung ins Auge. Er war auf einem leicht abschüssigen Geröllhang zu sich gekommen. Links und rechts begrenzte Fels den Horizont. Eine der steinernen Wände war bloß zehn, vielleicht zwölf Schritte entfernt.

Rhodan beugte sich langsam hinab, hob drei der Steine auf und schrie: »Komm schon, tu mir den Gefallen! Greif mich an!«

Das Wolfstier bleckte die Zähne, seine Vorderläufe zitterten, feuerrote Barthaare fächerten weit auf. Es hastete los, kam mit weiten Sprungschritten auf Rhodan zugeschossen, viel rascher, als dieser es erwartet hatte, setzte zum letzten und entscheidenden Sprung an.

Das ist zu schnell! Rhodan war noch geschwächt von dem ... dem Zustand, aus dem er eben erst mit Schmerzen erwacht war.

Er duckte sich und ließ sich zur Seite fallen. Lange Krallen streiften über seine Kleidung. Er nahm eine unsanfte Landung auf den Steinen in Kauf und kam schnellstmöglich wieder auf die Beine.

Das Tier war über ihn hinweggesprungen. Es hatte Mühe, seinen Schwung auf dem tückischen Terrain abzubremsen.

Rhodan hatte seine Steine fallen lassen. Er hob sie rasch wieder auf und schleuderte das erste Geschoss mit voller Wucht. Er traf das Wolfstier am dicht behaarten Hals, ohne eine Wirkung zu erzielen.

Der zweite Wurf, weitaus besser gezielt. Rhodan erwischte die empfindliche Schnauze. Der Wolfsähnliche gab einen quietschenden Laut von sich – und griff Rhodan dennoch mit all seiner animalischen Wut an.

Rhodan wich erneut zur Seite aus, trat zu, traf die Flanke seines Gegners, fühlte die harten Muskeln unter seinen Füßen.

Mach weiter! Zeig ihm, dass du keine Angst hast!

Rhodan schleuderte in rascher Folge Steine, um den Gegner zu irritieren. Mit dem letzten verbliebenen Brocken hastete er dem Tier entgegen und schlug damit auf dessen Schädel ein, um gleich darauf wieder zurückzuweichen und dem laut zuschnappenden Kiefer des Angreifers zu entgehen.

Rhodan dachte nicht nach, er handelte. Er folgte seinen Instinkten, wurde selbst zum Tier.

Der Wolf hielt inne. Er hatte wohl leichte Beute erwartet. Er starrte Rhodan an und ließ ein wütendes Grollen hören, das tief aus seiner Kehle kam. Er schüttelte mehrmals den Kopf, verletzt von zwei Glückstreffern.

Rhodan setzte nach, behielt die Initiative. Er schleuderte weitere Steine in Richtung des Leittiers. Die anderen Angehörigen des Rudels blieben vorerst ruhig. Sie beobachteten das Treiben aufmerksam, ohne selbst einzugreifen.

Rhodan irritierte den Anführer, traf ihn mehrfach an den Flanken und am Halsbereich. Haut platzte auf, Blut quoll hervor.

»Ich bin stärker als du!«, brüllte Rhodan. »Du hast gegen mich keine Chance! Verschwinde gefälligst, und nimm deine Freunde mit!«

Es war einerlei, was er von sich gab. Wichtig war einzig und allein der herrische Tonfall, mit dem er das Tier bedachte.

Der Wolf war verunsichert und verstand nicht, was mit ihm geschah. Immer wieder wollte er ansetzen und angreifen, überlegte es sich dann doch anders und ging wieder auf Distanz.

Zwei weitere geschleuderte Steine. Einer traf das Tier an der Schläfe, der andere an der rechten Pfote. Der Wolf quietschte laut auf, zog die Lefzen zurück und knurrte. Er fuhr wie eine Katze zentimeterlange Krallen aus und wischte mit einer der Pfoten durch die Luft.

Es waren bloß noch Drohgebärden, die das Raubtier vollführte, während es sich mit eingezogenem Schweif rückwärtsbewegte. Sie sollten dem Wolf wohl helfen, seine Rolle als dominierendes Tier im Rudel zu bewahren.

»Verschwinde!«, schrie Rhodan abermals. Er tanzte umher wie ein Verrückter, so lange, bis das Leittier den Kampf tatsächlich verloren gab.

Einige seiner Artgenossen blieben stehen, die Blicke nach wie vor auf Rhodan gerichtet. Es dauerte eine Weile, bis sie sich besannen und dem Leitwolf hinterhereilten.

Er würde Probleme bekommen in dieser Nacht. Seine Rolle würde angezweifelt werden, womöglich würde ihm einer der jüngeren Rivalen den Rang streitig machen.

Doch das kümmerte Rhodan nicht. Er schrie und hüpfte umher, bis keines der Tiere mehr zu sehen war. Erst dann verstummte er und ließ sich erschöpft auf einen größeren Felsbrocken in unmittelbarer Nähe fallen.

Alles tat ihm weh. Insbesondere die Lungen, die kaum ausreichend Sauerstoff zu verarbeiten bekamen. Perry Rhodan atmete hastig und flach, in seinem Kopf drehte sich alles, und seine Glieder zitterten unkontrolliert. Die Anstrengung des Kampfs machte sich plötzlich und mit aller Wucht bemerkbar.

Bleib wach!, mahnte er sich. Die Umgebung ist fremd und birgt womöglich weitere Gefahren. Verlierst du die Konzentration, verlierst du auch den Kampf ums Überleben.

Es dauerte einige Minuten, bis sich sein Kreislauf beruhigt hatte und er wieder klar denken konnte. Er stand mit wackligen Beinen auf und sah sich genauer um.

Es war neblig, die Sicht reichte nicht sonderlich weit. An drei Seiten ragten Bergflanken empor, die zum Teil mit grünstichigem Eis oder Schnee bedeckt waren. Bergab bot sich der Blick auf eine Hochebene, die von Felsklüften zerfurcht war und von einigen Lichtstrahlen getroffen wurde, als würden leistungsstarke Scheinwerfer über das Gelände streifen und mal da, mal dort einzelne Flecken Land hervorheben wollen.

Nirgendwo waren Anzeichen von Zivilisation zu entdecken.

»Das scheint mir ein recht ungemütliches Örtchen zu sein«, sagte Rhodan laut, bloß um seine Stimme zu hören. »Wie bin ich, verdammt noch mal, hierhergeraten?«

Seine letzte bewusste Erinnerung war die an eine Zusammenkunft aller Verantwortlichen auf dem Ultraschlachtschiff LESLY POUNDER. Sie hatten die Ereignisse der zurückliegenden Tage besprechen wollen.

Dann war eine ... eine Änderung eingetreten. Rhodans Körper war transparent geworden, ein starkes Hitzegefühl hatte ihn erfasst, und schließlich war da nichts mehr gewesen. Eine Leere, die sich eine undefinierbare Zeitspanne später mit dieser fremden Welt gefüllt hatte.

Ja, Rhodan war definitiv auf einer fremden Welt zu sich gekommen. Das Licht war anders, die Schwerkraft ein wenig niedriger, die Gerüche ungewohnt, die Gewächse und die Tiere nichtirdisch. Ja, selbst die Steine ringsum schienen eine andersartige Beschaffenheit aufzuweisen.

Das Licht der Sonne machte der Abenddämmerung Platz, rotviolette Streifen über den Gipfeln durchbrachen die Vorhänge aus Nebel.

Rhodan bewegte Arme und Beine, immer wieder. Angesichts der sinkenden Außentemperatur musste er in Bewegung bleiben.

Noch war die Sicht gut genug, um den Weg hinab in die Hochebene zu wagen. Dort unten hatten sich Schneewehen gebildet, teils meterhoch. Wenn er sich beeilte, konnte er eine Art Iglu errichten und sich so vor der Kälte der Nacht schützen.

Ein Instinkt sagte Rhodan, dass es besser war, die Ruhe auf dieser fremden Welt nicht mit weiteren Rufen zu durchbrechen. Er hatte während des Kampfs genug herumgeschrien, und niemand war ihm zu Hilfe gekommen. Auch Wege ließen sich nirgendwo ausmachen ...

Halt!

Im roten Dämmerlicht erspähte er einen bergab führenden Pfad. Schmal zwar, aber deutlich ausgeprägt. Vielleicht war es die Passstraße eines Viehtriebs oder ...

Rhodan nahm sich zurück. »Du denkst in menschlichen Schemata«, rügte er sich leise. »Du darfst diese Welt nicht mit deiner Heimat vergleichen.«

Er betrat den Pfad. Schon bald fühlte er Enttäuschung. Hier waren keine menschenähnlichen Wesen gewandert. Er entdeckte ausschließlich Spuren von Paarhufern und deren Losung – und nach nur wenigen Schritten den Kadaver eines Tiers. Es war etwa so groß wie eine ausgewachsene Katze, der Leib von strubbeligem und flohzerbissenem Fell bedeckt. Der schafsähnliche Kopf und die Läufe waren angeknabbert. Wahrscheinlich ein verirrtes Herdentier, das von den Wölfen gerissen worden war. Es hätte die Räuber kaum gesättigt. Kein Wunder, dass sich die Wölfe stattdessen auf Rhodan gestürzt hatten.

Er berührte die Flanke des winzigen Schafs mit dem Handrücken. Das Tier war bereits ausgekühlt. Sollte er es ausweiden und einen Teil des Fleischs mit sich nehmen? Rhodan entschied sich dagegen. Sein menschlicher Metabolismus vertrug diese Nahrung womöglich nicht – und er war nie ein großer Fan von rohem Fleisch gewesen.

Er ging weiter. Der Weg führte zwischen großen und kleinen Geröllsteinen in die Tiefe, über ein breites Moosbett hinweg und vorbei an krüppeligen Gewächsen mit schwarzen, schrumpeligen Früchten. Rhodan achtete auf eine ruhige Atmung und einen gleichmäßigen Tritt. Er musste mit seinen Kräften haushalten.

Hinter ihm raschelte es, blitzschnell drehte er sich um. Und konnte sich gerade noch zur Seite werfen, auf einen der niedrig wachsenden Bäume zu, um sich dort an einen der Äste zu klammern. Einige Steine losen Gerölls hatten sich oberhalb gelöst. Sie klackerten an ihm vorbei in die Tiefe, sich immer wieder drehend und überschlagend.

Das Gelände war tückisch. Bereits der kleinste Fehltritt mochte dazu führen, dass er den Halt verlor und in die Tiefe rutschte, über scharfgratiges Felsgestein, das ihn von oben bis unten aufschlitzte.

Er wartete ab, bis von den taumelnden Steinen nichts mehr zu sehen und zu hören war, dann setzte er seinen Weg fort. Rhodan fühlte sich wie zerschlagen, sein Kopf war leer. Die Linke schmerzte am meisten. Er zog den Ärmel seiner Protektor-Amtsuniform hoch. Eine dünne Blutspur zog sich vom Handgelenk knapp unterhalb seines Multifunktionsarmbands zu den Fingern hinab und tropfte schwer zu Boden. Irgendwann und irgendwo hatte er eine Fleischwunde davongetragen. Er presste den Handballen der Rechten dagegen. Die Verletzung würde hoffentlich bald zu bluten aufhören.

»Ich Idiot!«, sagte Rhodan leise und betrachtete das Multifunktionarmband. »Warum habe ich nicht schon längst daran gedacht?«

Das Gerät ... Es war möglicherweise seine Rettung. Es besaß unzählige Funktionen; unter anderem die eines Funkgeräts.

Rhodan aktivierte den Sender und sprach einige Worte in mehreren Sprachen hinein. Sein implantierter Translator half ihm bei den Übersetzungen ins Ferronische oder Arkonidische.

Nichts. Es war bloß statisches Rauschen zu hören.

Rhodan seufzte. Nun, er hatte damit rechnen müssen.

Er setzte seinen Weg fort, nicht, ohne sich mithilfe weiterer Funktionen schlau über die Umgebung zu machen. Die Temperatur lag um den Gefrierpunkt und fiel weiter. Das Restlicht würde vielleicht noch eine Stunde reichen und damit weitaus länger als auf der Erde. Die Sonne ging ungewöhnlich langsam unter. Der Luftdruck – so sein Armband – war niedriger als auf der Erde, die Schwerkraft lag bei 0,97 Gravos. Die Luft, die er atmete, besaß einen leicht verminderten Sauerstoffgehalt im Vergleich zu dem auf der Erde und einen relativ hohen Anteil an Edelgasen.

Das waren Kleinigkeiten, mit denen Rhodan zurechtkommen würde. Nichts, das ihn sorgen musste, solange er mit seinen Kräften haushielt.

Wenn die Uhrenfunktionen stimmten, war auf der Erde vor wenigen Stunden der 18. Juni 2051 angebrochen. Er hatte also während der ... der Versetzung hierher keine Zeit verloren.

»Die Gesundheitswerte ...«, murmelte er und rief die verfügbaren Daten auf.

Er war leicht unterkühlt und litt an einem Mangel an Magnesium. Eine Optimierungsfunktion des Armbands schlug ein Schritttempo vor, das seinem derzeitigen ähnelte. Und es empfahl, dass er etwa alle fünfhundert Meter eine kurze Rast einlegen sollte. Rhodan kümmerte sich nicht um den Rat. Er hatte keine Zeit zu verlieren.

Er erreichte eine Abbruchkante, an deren Fuß, etwa zwanzig Meter unterhalb seines Standorts, gewaltige Felsbrocken lagerten. An diesem Ort war immer wieder Gestein in die Tiefe gekollert oder durch Frostrisse abgesprengt worden. Den Winz-Schafen stand eine schmale, kaum erkennbare Passage zur Verfügung, keine zehn Zentimeter breit. Sie mussten ausgezeichnete Kletterer sein. Ihm hingegen würde es keinesfalls gelingen, diesem Weg zu folgen. Der glatte Stein bot kaum Gelegenheit, sich während des Abstiegs festzuhalten.

Rhodan blickte sich um und suchte nach einem anderen Weg. Da war ein Spalt im Boden. Der Einstieg in einen vertikalen Kamin, den er benutzen konnte, benutzen musste.

Er tastete vorsichtig über den Fels. Er fühlte sich kalt an, die Kanten waren rasiermesserscharf. Sorgfältig zog er die Ärmel seines Uniformoberteils über die Finger, hielt sich fest und ließ vorsichtig die Beine in die Tiefe baumeln, bis er einen sicheren Tritt gefunden hatte.

Oh ja. Der Kamin war breit genug und bot immer wieder Möglichkeiten, sich festzuklammern. Mit gespreizten Beinen, die er fest gegen den Fels links und rechts presste, kletterte er in die Tiefe, Meter für Meter.

Er gewöhnte sich an die im Kamin herrschende Dunkelheit. Unter anderen Umständen hätte Rhodan dieses Abenteuer Spaß gemacht. Doch derzeit ging es ums Überleben.

Mit verkrampften Muskeln und schweißnass erreichte er den Fuß des Kamins. Vor seinen Augen tanzten winzige, weiße Pünktchen. Er musste sich niedersetzen und erholen, zumindest für einige Minuten. Er hatte sich überschätzt, sich völlig verausgabt.

Immerhin war ihm bei dieser anstrengenden Kletterpartie warm geworden. Doch er würde alsbald wieder auskühlen, wenn er nicht in Bewegung blieb. Also machte er sich erneut auf den Weg, setzte müde einen Fuß vor den anderen, dem ersten größeren Schneefeld entgegen, das in einer Entfernung von etwa fünfhundert Metern seinen Anfang nahm.

Rhodan kam auf der Ebene schneller voran als zuvor. Sie war mit Felsbrocken aller Größen gespickt, doch unter seinen Füßen lag fester und gefrorener Erdboden. Womöglich taute er in einer wärmeren Jahreszeit sogar auf und bot einer reichhaltigen Pflanzenwelt Gelegenheit, zu erblühen und bunte Wiesenblumen hervorzutreiben. Anders war der Trampelpfad nicht zu erklären, der den schafähnlichen Tieren ermöglichte, hier herabzugelangen.

Er legte die Rechte an die Stirn, um gegen das Sonnenlicht blicken zu können. Das Gestirn hing nach wie vor über dem Gebirgsmassiv, als weigerte es sich, unterzugehen.

Etwas irritierte ihn. Noch wusste er nicht, was es war. Er sah sich aufmerksam um, entdeckte aber nichts, das Gefahr signalisierte.

Es war die Sonne – und endlich verstand Rhodan, warum die Dunkelheit so lange auf sich warten ließ. Es hingen zwei Zentralsterne im Himmel.

Ein größerer, der ihn an die heimische Sonne erinnerte und bereits fast vollständig untergegangen war. Der kleinere folgte seinem Partner wie ein Kind dem Vater in einigem Abstand. Dieses Gestirn strahlte trübes, rotes Licht aus. Es sorgte für diese ganz besondere Atmosphäre, die Rhodan bislang irritiert hatte.

Ein Doppelsternsystem. Soll ich das als Hinweis auf den Grund meines Hierseins werten?

Er stolperte weiter. Über das Wunder seiner Versetzung konnte er sich später Gedanken machen. Im Vordergrund allen Denkens und Grübelns musste sein Überleben während der Nachtstunden stehen.

Das Schneefeld, dessen Oberfläche in fahlem Grün glänzte, war nur noch wenige Hundert Schritte entfernt. Der Schnee wirkte festgefroren und schwer. Es würde ihn gehörige Mühe kosten, sich darin zu vergraben, einen kleinen Hohlraum zu bilden und ihn mit seiner Körperwärme aufzuheizen. Er benötigte verholztes Buschwerk, um sich eine provisorische Unterlage zu basteln, und er würde ...

Die größere Sonne versank abrupt hinter dem Gebirgsmassiv, die kleinere berührte dessen Spitzen und würde seinem Partner in Kürze nachfolgen. Aber noch reichte ihr Licht, um ein Etwas rechts von Rhodan zu beleuchten.

Ein Bauwerk. Eins, das er kannte. Diese Architektur war einzigartig, und sie stand für etwas Bestimmtes.

Rhodan blickte auf die Vorderfront einer Steinernen Stadt, wie sie die Liduuri auf all jenen Planeten errichtet hatten, die als Steuerwelten für Sonnentransmitter dienten.

Der Anblick erstaunte ihn über alle Maßen, schenkte aber zugleich Trost und Hoffnung. Die Versetzung auf diese unbekannte Welt stand wohl mit diesem Bauwerk in Verbindung. Wie auch immer er hierhergelangt war – sein nächstes Ziel musste die aus H-förmigen Blöcken errichtete Anlage sein.

Die Strahlen der kleineren Sonne tauchten die Steinerne Stadt in rotes, violettes und zugleich goldenes Licht. Diese sonderbaren Leuchteffekte hingen mit dem Spektrum zusammen, in dessen Bandbreite die Sonne Strahlung emittierte.

Die Steinerne Stadt war an eine steil emporragende Bergflanke und dort auf ein kleines Plateau gepfropft worden, das möglicherweise künstlichen Ursprungs war. Sie besaß die charakteristischen rechteckigen Ausleger und einen dreistufigen Aufbau. Der hintere Teil der Anlage war von Rhodans Standort aus nicht auszumachen. Ob es Abweichungen von jener räumlichen Anordnung gab, die von der Welt Sede her bekannt war?

Perry Rhodan schätzte die Entfernung auf fünf Kilometer – vielleicht mehr: Die kühle und klare Bergluft mochte täuschen. Er glaubte einen Weg zu erkennen, der sich von der Hochebene serpentinenartig zur Steinernen Stadt hinaufwand.

Er war zu weit weg, um das Gebäude vor Anbruch der Dunkelheit erreichen zu können. Er musste also seinen ursprünglichen Plan weiterverfolgen und die Stunden bis zur Morgendämmerung irgendwie überstehen.

Rhodan fühlte Erleichterung, ja sogar Enthusiasmus. War er bislang ins Leere hineingewandert, ohne zu wissen, was ihn auf dieser Welt erwarten mochte, hatte er nun ein Ziel. Eines, über das er leidlich gut Bescheid wusste und das ihm Schutz sowie Sicherheit vermittelte.

Das Schneefeld war beinahe erreicht. Mit Blicken forschte er nach einem geeigneten Ort für sein Lager. Rechts von ihm duckten sich Büsche tief an den felsigen Boden, unmittelbar daneben türmte sich Schnee mehr als drei Meter hoch. Ja, dieser Platz bot ausreichend Schutz vor ...

Klick.

Und wieder: Klick.

Rhodan blieb unvermittelt stehen und rührte sich keinen Zentimeter mehr. Er kannte dieses Geräusch. Er war geübt im Umgang mit militärischem Gerät – auch mit Sprengwaffen.

2.

Jemir Conba: Im Fort

Tranker war widerlich. Tranker war das Ende der Welt. Zumindest jener Welt, die Jemir Conba kannte.

Er unternahm seinen sechzehnten Rundgang während dieser Schicht, wie immer entlang der südlichen Brüstung. Alle paar Schritte blieb er stehen und blickte über die kalten Metallplatten hinweg auf die eisbedeckte Einöde des Niemandslands, die sich fast dreißig Meter unter ihm ausbreitete. Starke Scheinwerfer wischten über das frostige Land hinweg, gelenkt und gesteuert von Maschinenwerk, einem erratischen Muster folgend.

»Kalt, nicht wahr?« Jobomir Tizze kam ihm entgegen und reichte ihm einen Warmspan.

»Das sagst du mir jedes Mal, wenn wir uns begegnen.« Conba nahm den Warmspan an, schob ihn sich in den Mund und zerbiss ihn. Der Alkohol schmeckte scharf, sorgte aber für innere Hitze. Sie breitete sich rasch über Kopf, Hals und Magen aus.

»Möchtest du über etwas anderes reden?« Tizze schluckte ebenfalls einen Warmspan. »Über Drangball vielleicht? Die Ergebnisse der Meisterschaft? Oder über Tratsch und Klatsch am Hof?«

»Verschon mich damit.« Conba winkte ab. »Ich möchte von all den Intrigen nichts hören, nichts wissen.«

»Ich dachte, du wärst ein Günstling des Rekals?«

»Wäre ich dann hier stationiert, Mann?« Conba spuckte die letzten Zuckerreste des Warmspans aus. Er mochte das süße Zeug nicht sonderlich.

»Man redet über dich in Fort Tranker. Du seist hochdekoriert, du hättest mehr als einmal Heldentaten vollbracht.«

»Man redet viel, und man redet immer. Es geschieht ja sonst nichts hier.« Conba blickte erneut über die Brüstung. Die Scheinwerferlichter wanderten hin und her, vor und zurück, kreuz und quer.

»Aber es stimmt! Ich habe es nachgelesen in den Ehrenbüchern. Ein Abzeichen in Rot für besondere Erfolge im Kampf, dasselbe in Gelb für die Befreiung einer Geisel im Kampf gegen Abspaltler in den südwestlichen Provinzen, mehrere glorreiche Beförderungen ... So Zeugs halt.«

»In den Ehrenbüchern steht viel Unsinn.«

»Jetzt gib's endlich zu!« Tizze grinste ihn an und entblößte dabei sein fehlerhaftes Gebiss. »Du bist der Conba. Der, den sie bloß den Magh nennen. Den Geist.«

»Und wenn es so wäre? Ich schiebe trotzdem gemeinsam mit dir Nachtwache und starre in diese verfluchte Ebene des Niemandslands hinaus. Auf der Suche nach Feinden, die wahrscheinlich niemals kommen werden.«

»Ja.« Tizze seufzte tief. »Es ist scheiße hier oben.«

»Na siehst du.« Conba gab dem kleinen, gedrungenen Mann einen Klaps auf die Schulter. »Also mach dich wieder auf den Weg. Den nächsten Warmspan gebe ich aus. Bei der nächsten Begegnung. Einverstanden?«

Tizze schlug sich lustlos mit der Faust vor die Brust und entfernte sich mit einem kurzen Nicken. Er wirkte enttäuscht. Er hätte wohl gerne mit einem echten Helden gesprochen – oder dem, was man sich gemeinhin darunter vorstellte.

Oh ja, Conba war der Magh. Der Geist. Ein mehrfach ausgezeichneter Grenzagent, der das Rekalat unzählige Male gegen seine Feinde verteidigt hatte. Doch das änderte nichts daran, dass er stets mit einem schweren privaten Problem zu kämpfen hatte.

Anders gesagt: Er liebte die Frauen viel zu sehr. Auch solche, die eigentlich mit Kameraden, Freunden und Vorgesetzten zusammen waren.

Sein Verhalten wurde ihm immer wieder zum Verhängnis und hatte letztlich dazu geführt, dass er mehrmals strafversetzt worden war.

Diesmal wohl für immer. Fort Tranker war eine Sackgasse. Ein Sammellager für Versager. An diesem Ort strandeten Säufer wie Jobomir Tizze, inkompetente Offiziere wie Stützpunktkommandant Ors Orbgen – und unverbesserliche Idioten wie Jemir Conba.

Die Schicht ging ereignislos zu Ende. Eine ganze Nacht und einen Tag lang war Conba auf und ab marschiert, hatte sich mit seinen Kameraden unterhalten, hatte in die Ödnis gestarrt und immer wieder mal die Hitzestuben aufgesucht, um seine Glieder aufzuwärmen.

»Und? Wie war's?« Ors Orbgen trat an Conbas Seite. Er hielt sein Fernglas wie so oft an die Augen und tat so, als würde er den Horizont absuchen.

»Langweilig, Mastrum. Wie immer.«

»Man gewöhnt sich daran. Irgendwann stumpft man ab, Conba. Man sieht den Bäumen beim Wachsen zu, während die Zeit vergeht. Ach, ich vergaß: Die Bäume im Ödland wachsen ja kaum. Vielleicht einen Fuß hoch während einer Zehn-Jahres-Frist.«

»Was wollen Sie mir damit sagen, Mastrum?«

»Dass du dich mit deinem Schicksal abfinden sollst.« Der Kommandant setzte das Fernglas ab und wandte sich Conba zu. »Ich wurde vor dir gewarnt. Abgesehen von deinen Frauengeschichten seist du renitent und legtest dich immer wieder mit deinen Vorgesetzten an. Ich werde das nicht dulden. Ich verlange absoluten Gehorsam. Hast du mich verstanden?«

»Selbstverständlich, Mastrum.« Conba machte sich nicht die Mühe, Haltung anzunehmen.

»Fort Tranker ist deine letzte Chance. Ein einziger Fehler, ein winziger Ausrutscher – und du wirst unehrenhaft aus den Diensten Grospans des Neunzehnten entlassen. Und du weißt, was mit gescheiterten Soldaten geschieht. Sie werden geächtet. Sie finden auch im Zivilleben keinen Platz mehr, sie rutschen ab, sie landen in den tiefsten Niederungen unserer Gesellschaft.«

»Ich weiß, Mastrum.«

»Verrichte deine Dienste zu meiner Zufriedenheit, und ich verspreche dir, dass wir gut miteinander auskommen. Liefere Beweise für deine zweifellos vorhandenen Fähigkeiten. Und stell dich stets gut mit mir.«

»Ja, Mastrum.«

»Das Grenzfort Tranker mag ein vom Herrscherhaus vergessener Außenposten sein. Doch du weißt, wie prekär die politische Situation gegenwärtig ist. Jederzeit kann ein Krieg ausbrechen zwischen uns und diesem Gesocks von der anderen Seite.« Orbgen spuckte aus. »Wir werden diese Auseinandersetzung zweifellos gewinnen, denn wir sind besser organisiert und besser bewaffnet. Und wir wissen ganz genau, wie wir den Vehodischen Bund besiegen können.«

»Mit einem Kommandanten wie Ihnen, Mastrum, kann nichts schiefgehen.«

»Zweifellos.«

War Orbgen wirklich so dumm? Hörte er denn nicht den ironischen Unterton in Conbas Stimme?

»Wenn ich den Dienstplan richtig gelesen habe, hast du nun eine Halb-Tages-Bereitschaft, Conba.«

»Ja, Mastrum.«

»Dann hast du hier nichts mehr zu suchen. Guten Abend.«

Der Kommandant wandte sich ab und starrte wieder in die Ödnis der Landschaft, die von den hohen Gebirgszügen des Wilden Ecualis begrenzt wurde. Einem bis zu sechstausend Meter hohen Massiv, das die heimatliche Welt entlang des Äquators zerteilte.

»Guten Abend, Mastrum.« Conba schlug die Stiefel zusammen, drehte sich um und nahm die Treppe hinab zum Bereitschaftsraum.

Ein Tag Dienst, ein halber Tag Bereitschaft, ein Tag Freizeit. So würde also nun sein Leben verlaufen, und das für die kommenden zwanzig Jahre.

Sofern der labile Frieden zwischen dem Rekalat Faldon und dem Vehodischen Bund gewahrt blieb.

Im Bereitschaftsraum warteten einige übel gelaunte Kameraden darauf, endlich in die Freizeit entlassen zu werden. Die Dienstzeiten im Fort waren hart; zu hart, wie viele Grenzsoldaten behaupteten.

Conba setzte sich und aktivierte einen der Überprüfungskanäle. Während der kommenden Nachtstunden würde er sich um Meldungen aus einem eng begrenzten Abschnitt des Niemandslands kümmern müssen. Der Diensthabende teilte ihm einen Überwachungsbereich zu, der außer Schnee, Fels und Eis kaum etwas zu bieten hatte.

Conba glaubte, sich an die Gegend erinnern zu können. Unmittelbar nach seiner strafweisen Versetzung ins Grenzfort Tranker hatte ihn Kommandant Orbgen einige Tage lang durch das Gelände patrouillieren lassen, ausgestattet nur mit dem Notwendigsten: Wasser, Trockennahrung, einem Zelt, Thermobekleidung und einem Plan, in dem die ausgelegten Landminen verzeichnet waren.

Vier weitere Soldaten betraten den Bereitschaftsraum. Sie grüßten knapp und zogen sich Schwicks aus den Automaten, halb vergorene Getränke, die Conba zutiefst verabscheute. Anschließend lümmelten sie sich an einen der freien Tische.

»Wie war's?«, fragte er und drehte sich zu den Grenzsoldaten um.

»Beschissen. Wie immer«, antwortete Joja Arngh, eine der wenigen Frauen im Fort. »Fünfzig Längen nach Osten, fünfzig Längen nach Westen, immer mit dem Fernglas an den Augen. Auf einer miserablen, kaum gewarteten Steinpiste und in einem schlecht gefederten Fahrzeug.«

»Die Arbeit soll ja auch keinen Spaß machen.« Conba grinste sie an. Arngh war stämmig, ihr Hintern viel zu breit, die Hüften unter Fettschwarten begraben. Na ja, du hast es ohnedies mehr mit den inneren Werten, nicht wahr, Jemir?

»Du starrst mich an«, sagte sie. »Du weißt, dass ich das nicht mag.«

Conba zuckte mit den Achseln. »Und du weißt, dass ich nicht anders kann. Du bist einfach zu schön, um dich zu ignorieren.«

Die Männer der Gruppe kümmerten sich nicht weiter um das verbale Geplänkel. Sie nippten an ihren Schwicks und widmeten sich dem Stoß, einem Kartenspiel, das im Fort besonders beliebt war.

»Jetzt pass mal auf, Jemir Conba: Ich will nichts mehr wissen von deiner billigen Anmache! Mag sein, dass ich irgendwann mal drauf reingefallen bin. Aber seitdem bin ich von dir geheilt. Verstanden?«

»Natürlich. Entschuldige.« Er wandte sich ab und nahm einen der Energieriegel, die überall herumlagen. Niemand mochte sie. Obgleich sie hervorragend sättigten, war ihr Geschmack einfach widerlich.

»Du entschuldigst dich für dein Verhalten?«, hörte er Arnghs Stimme hinter sich. »Geht etwa die Welt unter? Ich bin niemals zuvor einem flegelhafteren Kerl als dir begegnet, und auf einmal bedauerst du deine Worte?«

»Du schätzt mich völlig falsch ein.« Conba drehte sich erneut um. »Ich bin nicht so übel, wie du annimmst. Ich glaube, wir hatten bloß einen schlechten Start.«

»Du hast mich mitten in der Nacht aus deinem Zimmer vertrieben, weil du in Ruhe schlafen wolltest und, ich wiederhole deine Worte, mein fetter Hintern das Bett zum Zusammenbrechen bringt!«

Einer der Kartenspieler lachte unterdrückt, versteckte sich aber gleich wieder hinter seinem Kartenpaket, nachdem ihn Arngh mit einem bösen Blick bedacht hatte.

»Ich war schlaftrunken, und ich hatte zu viel getankt. Ich entschuldige mich in aller Form dafür. Ich werde dich niemals wieder so schlecht hinstellen. Versprochen.«

Du meine Güte, Joja, jetzt lass dich doch nicht so lange bitten! Wer außer mir sollte sich sonst mit dir einlassen? Du bist wahrlich keine Schönheit, und von weiblicher Grazie kann man auch nicht gerade sprechen.

»Entschuldigung angenommen.« Das Gesicht der Soldatin glättete sich. »Wir könnten ja mal an einem freien Tag in die Stadt fahren und einige Stunden einfach nur reden.«

»Oh ja, das wäre echt schön!« Hilfe! Nur das nicht! Ich will dich heute Nacht bei mir im Bett haben und deine Wärme spüren. Das ist alles. Müsst ihr Weiber denn immer gleich ans Händchenhalten und an jene Läden denken, in denen es Verlobungsschleier auszuleihen gibt?

Conba zwinkerte ihr zu und rang sich ein Lächeln ab.

Er hasste sich für das, was er tat. Aber er ertrug das Alleinsein nicht. Er wollte Anerkennung, wollte gemocht werden, wollte das Gefühl des Angehimmeltwerdens genießen.

Allerdings bloß für die Stunden der Dunkelheit. Wenn die Sonne aufging, würde alles wieder ganz anders sein.

Arngh beugte sich ihm zu. »Schade, dass wir auf Bereitschaft sind«, flüsterte sie. »Andernfalls könnten wir ... Na, du weißt schon.« Sie leckte sich nervös über die Lippen.

»Bereitschaft bedeutet bloß, dass wir auf den Notfall vorbereitet sein müssen«, erwiderte er. »Das können wir in einem der Liegeräume ebenso gut wie hier.«

»Du bist unmöglich!«

»Das hast du doch so gerne an mir, Joja.«

»Hör mal, wir dürfen nicht einfach so verschwinden«, wandte Arngh ein. »Wenn uns der Alte erwischt, lässt er uns den Strafkatalog rauf- und runterbeten.«

»Orbgen steht oben auf der Brüstung, so wie jeden Morgen, trinkt einen über den Durst und starrt trübselig vor sich hin. Hast du ihn denn schon jemals hier unten gesehen?«

»Er mag nicht der beste Kommandant sein – aber er verfügt über einen sechsten Sinn für Leute, die seinen Befehlen widersprechen.«

Conba sah sich um. Niemand achtete auf ihn und Arngh. Er berührte sie dort, wo sie es besonders gern mochte. Er fühlte, wie sie erschauerte. »Du willst es doch auch, Joja!«

»Es ... Es ist nicht richtig. Und wir müssen jederzeit mit dem Ernstfall rechnen. Mit einer Mobilmachung und Auseinandersetzungen mit unseren Nachbarn auf Burg Maugon. Nach dieser Angelegenheit mit der Entführung der Prinzessin sind die Nerven aller Beteiligten aufs Äußerste angespannt.«

»Sie ist keine Prinzessin.«

»Verdammt noch mal, warum wirst du immer gleich so pingelig?« empörte Arngh sich. »Willst du nun was von mir, oder nicht?«

Frauen. Er würde sie nie verstehen. Sie hielt ihm einen Vortrag, warum dieses oder jenes verboten war und nicht klappen würde, um sich ihm drei Atemzüge später doch anzubieten.

»Na schön. Ich gehe schon mal vor. Lass dir ein wenig Zeit, bis du nachkommst.«

»Wozu das Schauspiel, Jemir? Jedermann hier im Raum weiß, dass wir schon mal was miteinander hatten.«

Ein Geräusch irritierte ihn. Er vermochte es nicht richtig einzuordnen. Seine Aufmerksamkeit galt der Frau, die in aller Offenheit ihr Verlangen an ihm zeigte.

»Bist ein tolles Mädchen, Joja.«

»Ich bin ein schlimmes Mädchen, das bestraft gehört. Und wenn du nicht bald auf die Beine kommst, schnappe ich mir einen der ehrenwerten Kameraden vom Stoß-Spiel weg und zerre ihn in den Liegeraum.«

»Schon gut, schon gut.« Conba wandte sich seinem Arbeitsplatz zu, um den Überwachungsbereich an einen Kameraden abzugeben. Es würde ihn gut und gern zwanzig Warmspan kosten ...

»Scheiße!«

»Das sagt man nicht zu einer Dame, Jemir.«

»Sei ruhig und sieh dir das an!« Conba deutete auf seinen Bildschirm. Er zeigte Wärmebilder einer Gruppe von Agusta-Wölfen, die sich durch die beginnende Nacht bewegten und sich dabei stets entlang der Felswände hielten.

Außerdem das einzelne Signal eines Wesens, das am südwestlichen Ende der Uptora-Hochebene stand.

»Ein Jungtier, das vom Rudel verstoßen wurde«, behauptete Arngh achselzuckend. »Kein Grund zur Aufregung.«

»Er oder es hält inne, steht einfach nur da. Wenn ich es bloß besser erkennen könnte ...« Conba kniff die Augen zusammen.

»Dem Agusta wird wohl jetzt erst bewusst, was es bedeutet, die Hochebene allein queren und sich ein neues Revier suchen zu müssen.«

Conba legte ein zweites Bild über jenes, das der Schirm ihm zeigte. Allerorts zeigten sich gelbe Flecken. »Sieh dir das mal an. Das ist ein Plan der ausgelegten Minen.«

»Ich seh's schon. Der Agusta steht exakt auf einem der Dinger. Was bedeutet, dass er bereits tot ist und das Wärmesignal in Kürze erlöschen wird.«

»Verdammt noch mal, Joja! Das Signal ist zu stark und zu auffällig für einen Wolf. Da ist jemand. Ein Feind. Oder einer von uns.«

Die Frau nahm sich Zeit, bevor sie weiterredete. »Kann sein, dass du recht hast. Was willst du machen?«

»Was glaubst du wohl, was meine Aufgabe während der Bereitschaft ist? Orbgen will über alles Bescheid wissen, was sich im Niemandsland abspielt.«

»Also wird es nichts mit ein wenig Spaß?«

»Nein.« Er blickte Joja Arngh unvermittelt an. Manchmal bedauerte er die Kälte, zu der er fähig war. »Ich habe mich soeben selbst wieder in den Dienst gestellt.«

»Wusste ich's doch, dass du den Schwanz einziehst!« Verächtlich drehte sie sich von ihm weg.

»Eine unklare Wärmesignatur also.« Orbgen rieb sich über die Bartstoppeln. »Das ist alles, was du hast?«

»Sie wissen, wie brisant die politische Situation derzeit ist, Mastrum.«

»Jaja, du brauchst mir nichts darüber erzählen. Mehrmals am Tag bekomme ich Bulletins zum Stand der Dinge zwischen dem Rekalat Faldon und dem Vehodischen Bund rein. Was alles geschehen könnte, welche Drohungen neuerdings ausgestoßen wurden, worauf ich insbesondere achten soll. Wenn es nach den Lamettaträgern in Damquort ginge, müsste ich jeden einzelnen Grenzgänger der Region in Ketten legen und jedermann, der während der vergangenen sechzig Jahre mit dem Gesetz in Berührung gekommen ist, augenblicklich dem Geheimdienst melden.«

Orbgen redete so leise, dass Joja Arngh, die mittlerweile Conbas Platz an den Kontrollen übernommen hatte, nicht mithören konnte.

»Kein Grenzgänger würde jemals den Weg über die Uptora-Hochebene wählen, Herr!«, erwiderte Conba ebenso leise. »Alle Hirten, Händler und Schmuggler wissen, dass das Gelände stark vermint ist.«

»Dann handelt sich's vielleicht um einen Glücksritter, der in die alte Burg vordringen möchte. Auf der Suche nach Schätzen.«

Sag doch gleich, dass du dieser Angelegenheit nicht nachgehen möchtest! Weil du keine Scherereien am Hals haben willst. Wenn es nach dir ginge, sollte sich die Wärmesignatur möglichst schnell in nichts auflösen. Am liebsten wäre dir wahrscheinlich, wenn der Unbekannte von der Tretmine hochgejagt werden würde.

Laut sagte Conba: »Mit Verlaub, Herr – das ist höchst unwahrscheinlich. Die alte Burg ist unzugänglich, die Tore verschlossen. Unsere Vorfahren wussten ihre Geheimnisse gut zu schützen. Selbst der unerfahrenste Schatzsucher wird die vielen Untersuchungsberichte über das Gebäude gelesen haben. Viel wahrscheinlicher ist ...«

»Was willst du mir eigentlich sagen, bei Mehk?« Orbgen hieb mit der Rechten auf den Tisch. »Dass sich im Gebirge ein Spion des Vehodischen Bundes herumtreibt? – Sie mögen unsere Feinde sein; doch sie sind nicht dumm. Sie wissen ebenso um die Minenfelder.«

»Ein Spion könnte auf die Idee kommen, gerade deshalb den Weg über die Hochebene zu wagen, Herr. Weil er vermutet, dass wir diesen Teil des Grenzbereichs nur unzureichend überwachen. Womit er ja auch recht hätte ...«

»Ich frage mich, wie du jemals die Gunst der Militärführung erringen konntest, Conba. Du reimst dir irgendwelche Dinge zusammen, ergehst dich in Spekulationen und hältst mich davon ab, meinen eigentlichen Pflichten nachzukommen.«

Conba ging nicht auf Orbgens Vorwürfe ein. »Ich habe eine Bitte, Herr. Lasst mich gemeinsam mit einem anderen Agenten auf Patrouille gehen und die Angelegenheit überprüfen. Ihr könnt nichts verlieren, bloß gewinnen. Ihr erfüllt eure Pflicht ...«

»... und du könntest deinen Ehrgeiz befriedigen, nicht wahr? Weil du eine Chance riechst, wieder von hier wegzukommen.« Orbgen erhob sich von seinem Platz. »Aber du hast recht: Wir sollten kein Risiko eingehen. Such dir einen Begleiter aus, und schnapp dir einen der bereitstehenden Woppter. Es ist bei schnellem Tempo eine halbe Stunde bis ans Ziel, bis ins Uptora-Hochland. Du erlaubst dir keine Eigenmächtigkeiten und bleibst stets in Funkkontakt mit dem Fort. Verstanden?«

»Ja, Mastrum. Ich bin schon unterwegs.«

3.

Quepal und Dithzop: Im anderen Lager

Fraden Quepal ließ die Burg Maugon in den Ausnahmezustand versetzen. Hinter der Glastür ihres Büros hörte sie Alarmsirenen heulen. Subalterne eilten umher, verteilten Bulletins, gaben Anweisungen weiter, schrien und stritten um Kompetenzen. Ein Offizier klopfte an und wollte eintreten. Quepal machte mit einem unwirschen Handzeichen deutlich, dass sie gegenwärtig nicht gestört werden wollte.

Sie brauchte Ruhe. Sie musste in aller Klarheit nachdenken und Entscheidungen treffen.

Eine Explosion war im Uptora-Hochland registriert worden. Es spielte keine Rolle, ob eine Mine des Bundes oder eine des feindlichen Rekalats sie ausgelöst hatte. Fakt war, dass sich jemand unerlaubt durchs Niemandsland bewegt hatte. Und wo einer war, mochten auch mehrere sein. Eindringlinge, die den Kadith-Pass wählten, um den Bund zu infiltrieren.

»Die Explosion wurde sicherlich auf der anderen Seite ebenso registriert«, sagte Quepal zu sich selbst. »Entweder sehen sich die Faldonen veranlasst, ihre Leute zurückzuziehen und die Angelegenheit kleinzuhalten. Oder aber sie beeilen sich umso mehr, den Kadith-Pass zu erreichen.«

Es gab noch andere Möglichkeiten, die sie nicht außer Acht lassen durfte. Ein Schmuggler mochte in eine Sprengfalle getapst sein, ein Agusta-Wolf oder ein anderes Raubtier. In dem abgelegenen Tal kam es zudem immer wieder zu Steinschlag, der eine der Tretminen ausgelöst haben konnte. Oder aber ...

Diese Gedanken waren müßig. Quepal musste handeln. Sie musste eine Patrouille auf den Weg schicken. Gut bewaffnete Frauen und Männer, die exakte Anweisungen mit auf den Weg bekamen.

Leutnant Cona Dithzop klopfte an. Quepal gab die Tür frei, sie öffnete sich. Ihre Stellvertreterin stürmte herein, wie immer laut schnaubend. Ihr Hemd hing aus der Hose, die Dienstwaffe steckte ungesichert im Gurt. Dithzop entsprach in nichts dem Bild einer disziplinierten Soldatin. Doch Quepal hätte sich in diesen Tagen keine bessere Offizierin an ihrer Seite wünschen können. Bei allem Eigensinn, den die Frau ausstrahlte, war sie doch in jeder Hinsicht erfahren und kompetent.

»Also schön, Fraden: Was hast du vor?« Dithzop stützte sich mit beiden Händen schwer auf den Schreibtisch.

»Zuerst einmal: In dienstlichen Angelegenheiten erwarte ich, dass Sie mich meinem höheren Rang entsprechend anreden. Verstanden?«

»Ja, Mastra«, brachte Dithzop zähneknirschend hervor.

»Was Ihre Frage betrifft, so bastle ich noch an einer Strategie.«

»Was gibt es da zu überlegen, Mastra? Diese verfluchten Schofs führen im Niemandsland Manöver durch. Oder aber sie bereiten eine Invasion vor. Oder aber wir haben sie bei einem illegalen Waffentest erwischt. Die schießen sich auf uns ein, sag ich dir ... Ihnen, Mastra!«

»Ich habe diese Möglichkeiten bedacht, Leutnant Dithzop. Der Gefechtsalarm ist ausgelöst, die Festung Tranker ins Visier genommen. Allerdings bin ich nicht bereit, allein aufgrund eines Verdachts den Feuerbefehl zu geben.«

»Das heißt?«

»Das heißt, dass wir uns im Gelände umsehen werden, bevor wir etwas tun, das einen Krieg nach sich zieht.«

»Ach was! Der Krieg ist unausweichlich. Diese Idioten in den Palästen und in den Regierungshäusern warten doch bloß auf eine Gelegenheit, uns losmarschieren zu lassen.«

»Mäßigen Sie sich, Dithzop!« Quepal hieb wuchtig auf den Tisch. »Ich erlaube nicht, dass derart defätistisch über den Präsidenten und seine Regierung gesprochen wird!«

»Ist schon gut. Entschuldigen Sie, Mastra.« Leiser fügte die Offizierin hinzu: »Aber Sie wissen, dass ich recht habe. Es gibt Kriegstreiber auf beiden Seiten, die unsere Länder und damit die ganze Welt in einen Abgrund ziehen werden. Das angehäufte Waffenmaterial reicht zehnmal, um Dismon in die Luft zu jagen.«

»Das ist mir bewusst, Leutnant.«

»Heute redet man nicht mehr darüber, ob diese große Auseinandersetzung stattfindet, sondern wann es so weit sein wird. Wir hätten einen gewaltigen Vorteil, würden wir den Zeitpunkt bestimmen. Und womöglich eine kleine Chance, diesen Kampf für uns zu entscheiden, bevor in den Bunkern im Hinterland über die Aktivierung der Nuklearwaffen nachgedacht wird.«

»Eine derartige Entscheidung können und dürfen wir nicht erzwingen, Leutnant Dithzop.«

»Was also wollen Sie tun, Mastra?«

»Uns Gewissheit verschaffen, wie ich bereits sagte. Ich befehle Ihnen, mit einem gut ausgerüsteten Spähtrupp ins Niemandsland vorzudringen und die Lage zu klären.«

»Während die andere Seite ihre Raketen startklar macht? Ist das Ihr Ernst, Mastra?«

»Bislang deutet nichts darauf hin, dass Kriegsvorbereitungen auf Seiten des Rekalats getroffen werden.«

»Wir verlieren Zeit! Wir verlieren ...«

»Es reicht! Stellen Sie ein Team mit weiteren sieben Leuten zusammen und machen Sie sich abmarschbereit. Jetzt gleich!«

Cona Dithzop rang einige Augenblicke mit sich, dann nahm sie Haltung an. »Zu Befehl, Mastra!«

Quepal erhob sich von ihrem Platz. Ihre Glieder schmerzten, sie war mit einem Mal schrecklich müde. »Ich habe dich ausgewählt, Cona, weil ich niemandem mehr vertraue als dir. Du behältst stets klaren Kopf und vermagst eine Lage einzuschätzen. Ich verlasse mich auf dein Urteil. Bitte komm bald wieder zurück – und bitte: Bring uns gute Nachrichten.«

Cona Dithzop rief einige Leute zusammen. Besonnene Leute. Bevorzugt Frauen.

Frauen dachten an Freunde und Familie, die sie zu beschützen hatten. Sie würden sich im Fall des Falles nicht zu sehr von Emotionen leiten lassen.

Es war richtig und gut, dass Quepal das Oberkommando über die Burg Maugon innehatte. Sie fand stets den richtigen Ausgleich zwischen patriotischer Gesinnung, wenn es um diese Hunde des feindlichen Rekalats ging, und der Vernunft. Dithzop selbst hätte viel zu viele falsche Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen.

Ihre Liste umfasste zehn Soldaten. Sie ließ sie antreten und sortierte drei von ihnen aus, die ihrem Gefühl nach zu viel Angst vor dem Einsatz zeigten.

»Wir nehmen uns einen Woppter und fahren hoch in die Uptora-Ebene«, sagte sie vor ihren Kameraden. »Zumindest so weit, wie es die Bedingungen zulassen. Ihr wisst mittlerweile sicherlich schon, dass es zu einem Vorfall in den Bergen gekommen ist. Wir werden ausgeschickt, um diese Angelegenheit abzuklären. Wir müssen mit Feindberührung rechnen, auch wenn es sich um Niemandsland handelt. Dies wird also kein Spaziergang. – Hauptmann Coca Inderzhak, Sie sind meine Stellvertreterin. Sorgen Sie für Disziplin in der Truppe. Abmarsch ist in zehn Minuten. Die Leute sollen die komplette Kampfausrüstung anlegen, die Schutzkleidung samt Thermalabsorbern und ein Überlebenspack werden ebenfalls ausgegeben. Verstanden?«

»Ja, Mastra!« Ihr Gegenüber salutierte zackig und trieb die anderen Mitglieder des Spähtrupps mit ihrer schneidenden Stimme an. Inderzhak war eine Kommissbeißerin alter Schule. Die Soldaten würden ihr aufs Wort gehorchen.

Dithzop kehrte in ihr Quartier zurück, überprüfte ihre Marschausrüstung mit der Erfahrung vieler Jahre im Militärdienst und packte alles Notwendige zusammen. Es blieben ihr noch einige Minuten, bis sie sich beim Woppter einzufinden hatte. Also öffnete sie ihren winzigen Hausaltar und betrachtete die noch winzigere Götzenfigur, deren Gesicht mit einer Raute übermalt war.

Niemand darf jemals das Antlitz Mehks darstellen, dachte sie wie schon Tausende Male zuvor. Selbst die Schofs des Rekalats Faldon wissen das.

Sie klatschte dreimal in die Hände, sang ihr Gebetslied mit aller Inbrunst und brach nach einem Augenblick der Kontemplation auf.

Der Weg war kaum erkennbar, zumal die Sonnen längst untergegangen waren. Scheinwerfer leuchteten eine wenig befahrene Piste aus, die nur nachlässig instand gehalten wurde. Irgendwann endete sie. Riesige Steinbrocken hinderten die Fahrzeuge daran, weiter ins Ecualis-Gebirge und damit ins Uptora-Hochland vorzudringen.

»Aussteigen!«, drängte Inderzhak. »Schließt die Anzüge, aktiviert die Thermalabsorber. Überprüft sie ein letztes Mal auf ihre Funktionstüchtigkeit, bevor wir losmarschieren. Macht schon, ihr faules Pack!«

Oh ja, Cona Dithzops Stellvertreterin verstand ihr Geschäft. Niemand widersprach ihr. Die Grenzsoldaten funktionierten genau so, wie es sich Dithzop wünschte.

»Wir dringen jetzt ins Niemandsland vor, Kommandantin«, gab sie über Funk durch.

»Gebt auf euch acht!«, antwortete Quepal augenblicklich. Sie musste unmittelbar neben dem Gerät auf Nachricht gewartet haben.

Dithzop bestätigte und schaltete das Gerät ab. Im Niemandsland wurde außer in Notfällen strengste Funkdisziplin eingehalten. So waren die Vorschriften.

Genau genommen, bedeutete bereits das Betreten dieses gottverlassenen Geländes eine Verletzung aller Stillhalteabkommen zwischen dem Vehodischen Bund und Faldon. Funkverkehr über größere Distanzen würde vom Feind angemessen werden und zu weiteren diplomatischen Verwerfungen führen.

Als ob es in unserer Lage überhaupt noch etwas zu verschlechtern gäbe, machte sich Dithzop bewusst.

»Abmarsch!«, befahl Inderzhak. Die kleine Gruppe setzte sich in Bewegung und umrundete die riesigen Felsen.

Die Temperatur sank. Sie würde noch weit unter den Gefrierpunkt fallen und das Gelände mit Neuschnee anzuckern. Dithzop schloss den Schutzanzug und die Handschuhe und folgte ihren Leuten.

Die Hochebene präsentierte sich von ihrer schlechtesten Seite. Auf Regen folgte Schneegraupel, dann kam der Wind, dann der Sturm.

»Folgt dem Plan!«, erinnerte Dithzop ihren Trupp immer wieder.

Jeder Schritt wurde zur Nervenprobe. Das Niemandsland umfasste den gesamten Streifen der Hochebene, doch nur der südliche Teil war in ihren Aufzeichnungen ausreichend erfasst. Dort, wo Spezialisten des Vehodischen Bundes Minen ausgelegt hatten. Weiter nördlich hatten die Faldonen dasselbe getan, nur wenige Monate später, zu einer Zeit, als die Auseinandersetzungen zwischen den beiden beinahe gleich starken Machtbündnissen wieder einmal zu eskalieren gedroht hatten.

Rechts von ihnen erahnte Dithzop die alte Burg. Eine Hinterlassenschaft, die von Expeditionen beider Seiten erforscht worden war. Allerdings nur oberflächlich, denn die Burg wusste ihre Geheimnisse zu bewahren.

Etwas knackste, Dithzop hörte einen Mann unterdrückt fluchen.

»Ich bin über Astwerk gestolpert, Mastra«, gab der Mann sogleich Entwarnung.

Dithzop verzichtete auf eine Rüge. Sie alle waren bis aufs Äußerste angespannt. Wenn sich tatsächlich Spione ins Hochland vorgewagt hatten oder gar Waffenversuche angestellt worden waren, mussten sie alsbald mit Schwierigkeiten rechnen. Dithzop bedauerte, dass sie keine Luftunterstützung erhielt.

Weiter.

An Felsen vorbei und über tückische Schneefelder, die sie immer wieder bis zu den Oberschenkeln einbrechen ließen. Trotz der Nachtsichtgeräte konnten sie ringsum kaum etwas erkennen. Dichte Schneewolken verhüllten den Sternenhimmel. Bei klarer Sicht verhalf das Nachglühen der beiden Sonnen am Horizont für stundenlanges Dämmerlicht; doch nicht in dieser Nacht, nicht an diesem Ort.

»Wenn die Wärmelichtbilder präzise waren, nähern wir uns allmählich dem Explosionsort«, flüsterte Inderzhak.

»Auffächern!«, befahl Dithzop. »Wir gehen auf der ganzen Breite unseres Streifens im Niemandsland vor. Haltet so gut es geht Sichtkontakt.«

Leichter gesagt als getan. Sie mussten zu acht eine Breite von beinahe einem Kilometer abdecken, und das in einem derart unübersichtlichen Gelände.

Ihre Leute gehorchten ohne Murren. Sie waren allesamt erfahrene Grenzsoldaten und wussten um die Risiken eines derartigen Einsatzes.

Dithzop blieb im Zentrum des Trupps. Sie verlangsamte ihren Schritt. Ihre Begleiter entfernten sich hastig und bezogen Position in einem Abstand von jeweils hundert Metern zueinander.

Ein kurzes Öffnen des Funkkanals, das ein charakteristisches Knacksen erzeugte, bedeutete ihr, dass ihr erster Begleiter seinen Platz in der Schützenlinie erreicht hatte. Nach und nach erhielt sie die Bestätigungen von den restlichen Soldaten und konnte ihren Weg im Normaltempo fortsetzen. Ihre Linke lag an der Waffe, in der Rechten hielt sie die mit einem Lichtflitter bestäubte Karte.

Unmittelbar vor ihr waren Tretminen ausgelegt. Dithzop orientierte sich anhand der größeren Steine und umging die Sprengfallen. Ihr Herz schlug schneller, all ihre Sinne waren bis aufs Äußerste angespannt.

Ein Echo! Es zeigte sich im Wärmebild, etwa hundert Schritte vor ihr. Die Dunkelheit gestattete keine direkte Sichtung. Sie musste sich darauf verlassen, dass das Gerät akkurat anzeigte und sie nicht in die Irre führte.

Dithzop betätigte das Funkgerät zwei Mal und erhielt augenblicklich weitere Signale. Die Wärmewerte waren ebenso von einigen ihrer Begleiter angemessen worden.

Sie beschloss kurzerhand, die Funkstille zu beenden. Wer auch immer ihr Gegner war – er würde sie ebenfalls entdeckt haben. Niemand betrat dieses Minenfeld ohne Ausrüstung, die den Verhältnissen angepasst war.

4.

Perry Rhodan: Das Ende im Minenfeld

Die Kälte spielte mit einem Mal keine Rolle mehr. Perry Rhodans Herz schlug immer schneller, Schweiß bildete sich auf seiner Stirn.

Vorsichtig verlagerte er das Gewicht ein wenig. Er hob das rechte Bein zentimeterweise an und versuchte zu erkennen, ob er tatsächlich auf einer Tretmine stand.

Kein Zweifel. Das Ding durchmaß etwa dreißig Zentimeter und war kreisrund. Die Fläche des Auslösers war nicht größer als zehn mal zehn Zentimeter. Sobald er nicht mehr den notwendigen Druck entwickelte, würde die Mine hochgehen.

Bleib ganz ruhig!, mahnte er sich. Es muss jemanden geben, der diese mörderischen Geräte ausgelegt hat – und das vor gar nicht allzu langer Zeit. Nirgendwo am Auslöser ist Rost zu erkennen.

Rhodan bemühte sich, ruhig zu bleiben – und seiner Lage etwas Positives abzugewinnen. »Diese Welt ist besiedelt. Wenngleich die Leute einander offenbar nicht sonderlich mögen, besteht doch Hoffnung, dass es nicht weit bis zur nächsten Ansiedlung ist. Womöglich liegt sie unterhalb des Hochtals. Vielleicht sogar in Rufweite.«

Sollte er um Hilfe schreien?

Nein. Minen waren nie ein Zeichen für ausgeprägte Gastfreundschaft.

»Ich muss einen Austausch vornehmen«, sagte er leise. »Etwas anderes mit ungefähr demselben Gewicht wie ich selbst auf dem Auslöser der Mine platzieren.«

Er drehte sich im Kreis und musterte die unmittelbare Umgebung. Da waren einige Büsche, die er erreichen konnte, ein dürftiges Rinnsal, ein bizarr geformter Schneehügel, etwa einen Meter hoch, und mehrere etwa kopfgroße Felsbrocken. Nichts, was ihm weiterhalf.

Oder? Hinter einem der Büsche zeigte sich ein größerer Stein. Er war flach, ein Teil davon ragte schräg in die Höhe. Womöglich hatte er das passende Gewicht.

Doch wie sollte er an das verdammte Ding herankommen? Der Stein befand sich gerade noch innerhalb seiner Reichweite. Doch sobald er sich flach auf den Boden legte, würde der Druck auf den Auslöser der Mine nachlassen.

Rhodan überlegte. Vielleicht reicht es ja, wenn ich ...

Warum diese Zweifel? Er war so gut wie tot und hatte nichts mehr zu verlieren. Also begann er, einen der kopfgroßen Felsbrocken unmittelbar neben seinem Platz aus dem Boden zu graben. Die Erde war eisenhart gefroren. Die Haut seiner Finger platzte auf, Fingernägel brachen. Doch das scherte ihn nicht.

Es gelang ihm, den kleinen Fels in relativ kurzer Zeit aus dem Erdreich zu befreien. Er hob ihn an. Er wog geschätzte vierzig Kilogramm. Zu wenig also, um ihn als vollständigen Ersatz für sich selbst auf dem Auslöser zu deponieren.

Er platzierte den Stein langsam und sorgfältig auf der Mine. Aus Platzgründen balancierte er auf einem Bein und wartete mit angehaltenem Atem darauf, wie das verfluchte Ding auf das zusätzliche Gewicht reagierte.

Der Mechanismus sprach nicht an. Das Mehrgewicht spielte keine Rolle. Rhodan stieß erleichtert die Luft aus.

Sorgfältig überdachte er nochmals seine Optionen. Die Platte des Auslösers war zu klein, um einen zweiten Felsbrocken draufzulegen. Er musste seinen ursprünglichen Plan weiterverfolgen.

Rhodan begab sich auf die Knie, ohne sich von der schmalen Platte zu lösen. Und jetzt beide Beine auf den Stein drauflegen. Fest nach unten drücken. Ich muss einen Druck von mindestens vierzig Kilogramm erzeugen, um mein gesamtes Körpergewicht zu simulieren.

Rhodan legte sich flach hin. Sein Kopf berührte den Stamm des Strauchs. Der Stein, den er ausgraben musste, befand sich unmittelbar dahinter. Er konnte ihn umfassen, aber keinesfalls aus dem Erdreich befreien. Nicht mit seinen eingeschränkten Möglichkeiten und erst recht nicht, während er mit beiden Unterschenkeln so fest wie möglich nach unten drückte.

Tief durchatmen. Die Kälte in der Brust ignorieren, die Schmerzen in den Fingern ebenso.

Er suchte den Strauch mit Blicken ab, bis er einen gerade gewachsenen und gesunden Ast entdeckt hatte. Er ignorierte die spitzen Dornen, brach den Ast mit einem Ruck ab und begutachtete sein primitives Werkzeug kritisch. Die Dornen schabte er sorgfältig ab und rammte dann das abgebrochene Ende so fest es ging ins Erdreich nahe jenes Steins, den er aushebeln wollte.

Nichts. Der Boden war hart gefroren. Nur einige wenige Krümel lösten sich.

Ein zweiter Versuch, ein zweiter Misserfolg.

Rhodan hielt inne und holte tief Luft. Seine Unterschenkel schmerzten vom Druck, den er gegen den Auslösemechanismus der Tretmine ausübte. Wie lange würde er diese Tortur durchhalten?

Weiter. Er stieß den Ast neuerlich in den gefrorenen Boden. Diesmal schaffte er es, einen fingerdicken Erdbrocken zu lösen. Wenn das so weitergeht, liege ich noch eine Woche lang hier.

Rhodan hieb zu, immer wieder. Er machte Pausen, wenn er glaubte, dass er die Krämpfe in seinen Beinen nicht mehr aushielt, und setzte sich dann auf den kopfgroßen Stein.

Es begann zu stürmen und zu schneien. Bald bedeckte eine dünne Schneeschicht den Boden, sie erschwerte ihm die Arbeit zusätzlich.

Rhodan machte weiter. Rings um den Gesteinsbrocken zeigten sich mittlerweile die Spuren seiner Arbeit. Je tiefer er vordrang, desto weicher und desto leichter war der Boden zu bearbeiten.

Schweiß stand in seinen Augen, der Rücken schmerzte, die Beine ebenso, alles Gefühl in den Armen war verloren gegangen. Doch er war knapp davor, sein Ziel zu erreichen. Schon konnte er die Finger unter den flach daliegenden Stein klemmen, schon vermochte er ihn zentimeterweise anzuheben.

Er schob den Ast unter den Stein und hebelte ihn aus. Vor Rhodans Augen tanzten weiße Punkte. Eine letzte Anstrengung und noch