Perry Rhodan Neo Paket 29 - Perry Rhodan - E-Book

Perry Rhodan Neo Paket 29 E-Book

Perry Rhodan

0,0
24,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Anfang des 22. Jahrhunderts: Perry Rhodan kommt in einem fremden Körper zu sich. Der Terraner benötigt einige Zeit, bis er versteht, wo er sich aufhält und was geschehen ist – er wurde Opfer eines ungeheuren Verbrechens. Offensichtlich ist es einer unbekannten Macht gelungen, sein Gehirn zu entführen. Es wurde in den Körper eines humanoiden Aliens verpflanzt, und dieser Außerirdische hält sich unter den Sonnen eines fernen Kugelsternhaufens auf. Perry Rhodan muss sich auf völlig fremden Welten mit ebenso fremden Außerirdischen durchschlagen. Die Welten des Kugelsternhaufens sind faszinierend und stecken voller Möglichkeiten. Doch wie soll es dem Mann von der Erde gelingen, je in seine Heimat zurückzukehren?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 2214

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Anfang des 22. Jahrhunderts: Perry Rhodan kommt in einem fremden Körper zu sich. Der Terraner benötigt einige Zeit, bis er versteht, wo er sich aufhält und was geschehen ist – er wurde Opfer eines ungeheuren Verbrechens.

Offensichtlich ist es einer unbekannten Macht gelungen, sein Gehirn zu entführen. Es wurde in den Körper eines humanoiden Aliens verpflanzt, und dieser Außerirdische hält sich unter den Sonnen eines fernen Kugelsternhaufens auf.

Perry Rhodan muss sich auf völlig fremden Welten mit ebenso fremden Außerirdischen durchschlagen. Die Welten des Kugelsternhaufens sind faszinierend und stecken voller Möglichkeiten. Doch wie soll es dem Mann von der Erde gelingen, je in seine Heimat zurückzukehren?

Cover

Vorspann

Band 280 – Fremder als fremd

Vorspann

Prolog

1. Im Nichts

2. Doynschto

3. Dagor

4. Ein seltsames Ceynach

5. Die Verwandlung

6. Über Ceynachs

7. Neue Gerüche

8. Die Caddron-Vaga

9. Lexayny

10. Modetrends

11. Fluchtmöglichkeiten

12. In den Katakomben

13. Auf der Flucht

14. Jagd

15. Der Nyschatsch

16. Überlegungen

17. Glücksspiel

18. Der Kalphyrer

19. Keyskett

20. Antorschok

21. Beobachterin

22. Galko Tschem

23. Helfer im Dunkeln

24. Die Spelze

25. Am Hafen

26. Unverhoffte Helfer

Band 281 – Die Ceynach-Jägerin

Vorspann

1. Torytrae

2. Perry Rhodan

3. Laikytsch

4. Perry Rhodan

5. Laikytsch

6. Yammot

7. Perry Rhodan

8. Torytrae

9. Laikytsch

10. Perry Rhodan

11. Laikytsch

12. Laikytsch

13. Perry Rhodan

14. Torytrae

15. Laikytsch

16. Perry Rhodan

17. Torytrae

Band 282 – Der Mann aus der Vergangenheit

Vorspann

Teil I: Frankreich, 18. Jahrhundert

1.

2.

3.

4.

5.

6.

Teil II: Yaanzar, 22. Jahrhundert terranischer Zeitrechnung

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

Teil III: Die Suche nach Perry Rhodan

15.

16.

17.

18.

19.

Band 283 – Weite Ferne

Vorspann

1. Perry Rhodan – Gruppendruck

2. Perry Rhodan – Kontrolle

3. Gayt-Coor – Der Drychasch

4. Perry Rhodan – Basar der Raumschiffe

5. Gayt-Coor – Kredit

6. Perry Rhodan – Am Ziel?

7. Gayt-Coor – Mein Schiff!

8. Perry Rhodan – Umweg

9. Gayt-Coor – Wohin?

10. Perry Rhodan – Tropfsteinhöhle

11. Gayt-Coor – Erstarrt

12. Perry Rhodan – Gast aus der Vergangenheit

13. Gayt-Coor – Schuppenwäsche

14. Perry Rhodan – Der Kreis der Gehirne

15. Gayt-Coor – Im Stalagmitenwald

16. Perry Rhodan – Das Observatorium

17. Perry Rhodan – Reise in die Ferne

18. Gayt-Coor – Messier 87

19. Perry Rhodan – Die KASTA-FREIN

20. Perry Rhodan – Auf dem Weg

Band 284 – Der Fluch der Kartanin

Vorspann

Prolog: Torytrae

1. Perry Rhodan

2. Perry Rhodan

3. Perry Rhodan

4. Perry Rhodan

5. Perry Rhodan

6. Perry Rhodan

7. Dao-Lin-H'ay

8. Dao-Lin-H'ay

9. Dao-Lin-H'ay

10. Dao-Lin-H'ay

11. Dao-Lin-H'ay

12. Dao-Lin-H'ay

13. Dao-Lin-H'ay

14. Dao-Lin-H'ay

15. Perry Rhodan

16. Dao-Lin-H'ay

17. Dao-Lin-H'ay

18. Dao-Lin-H'ay

19. Dao-Lin-H'ay

20. Dao-Lin-H'ay

21. Perry Rhodan

Epilog: Torytrae

Band 285 – Im Kältewald

Vorspann

1. Im Gromm

2. Zuvor: Von New Castor nach Gromo-Moth

3. Govvasch

4. Introspektion

5. Das Dimissoriale

6. Jagdinstinkt

7. Herzriss

8. Raubmord

9. Das Unglück

10. Währenddessen in der Nähe des Yosch-Ak

11. Prunk und Pranger

12. Mokkayt

13. Landung auf Veltyr

14. Der Paralysator

15. Ein neuer Mantel

16. Erwachen

17. Doppeltes Spiel

18. Die TEYTRECH

19. Die Prüfung

20. Doynschto

21. Mokkayt und der Pilgervater

22. Roi Danton

23. Gayt-Coor

24. Saddrayasch

25. Die fünfdimensionale Membran

26. Die Prüfungskommission

27. Transmophobikerin

28. Das Wiedersehen

29. Der Zeitträger und die Jägerin

30. Die Sigillen

31. Ein neues Leben

32. Der Weg ist das Ziel

Band 286 – Kartell der Pilgerväter

Vorspann

Prolog: Der Eindringling

1. Ein Blick auf das Paradies

2. Im Refugiental

3. Die Invasion der Krötenartigen

4. Stadt des Überflusses

5. Nur beste Ware

6. Flucht aus dem Paradies

7. Auf verschlungenen Pfaden

8. Ohne Rabatt im Luxus

9. Die Sektierer

10. Erntekrieg

11. Am Yaumobruch

12. In Onkel Adaks Hütte

13. Feinde oder Freunde

14. Nummer Null

15. Eigene Prioritäten

16. Das Konklave

17. Auf dem Leidensweg

Band 287 – Blume des Raytschats

Vorspann

1. Ein Fest im Palast

2. Ein einfacher Diener

3. Hayscha und Zofe

4. Besuch

5. Audienz bei Antorschok

6. Die Verschwörung

7. Ein neuer Verehrer

8. Der Wunsch

9. Die Verfolgung

10. Zusammenstoß

11. Flucht

12. Nächtliche Gedanken

13. Das Schicksal einer Edeldame

14. Ein nächtliches Treffen

15. Kunden und Geliebte

16. Der Streit

17. Vorbereitungen

18. Das Verhör

19. Das Raytschapat tagt

20. Soykaschts Verzweiflung

21. Die zerschmetterte Brosche

22. Panik

23. Ein paar Tage später

Band 288 – Payntec-Fieber

Vorspann

1. Waschteyn: Es geht los

2. Perry Rhodan: Zwei Stunden zuvor ...

3. Perry Rhodan: Nahtod

4. Waschteyn: Rätselhaftes Gepäck

5. Doynschto: Inkubation

6. Perry Rhodan: Fluchtreflex

7. Waschteyn: Das geheimnisvolle Paket

8. Doynschto: Nach Hause?

9. Perry Rhodan: Bunkerbrecher

10. Doynschto: Der Fremde von weit her

11. Perry Rhodan: Dammbruch

12. Waschteyn: Strahlungsdruck

13. Perry Rhodan

14. Doynschto: Eine Frage der Normalität

15. Perry Rhodan: Abschied

16. Perry Rhodan: Der Hof der Stillen Wächter

17. Doynschto: Die letzte Runde

18. Perry Rhodan: Gast aus der Vergangenheit

19. Doynschto: Es bleibt Leere

20. Perry Rhodan: Heimkehr?

Band 289 – Im Land Catron

Vorspann

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

Impressum

Band 280

Fremder als fremd

Lucy Guth

Vor sieben Jahrzehnten ist der Astronaut Perry Rhodan auf Außerirdische getroffen. Seither ist die Menschheit zu den Sternen aufgebrochen und hat fremde Welten besiedelt. Sie hat sich aber auch in kosmische Kämpfe verwickeln lassen – mit teils dramatischen Folgen.

Seit einigen Jahren umkreisen die Erde und der Mond eine fremde Sonne im fernen Kugelsternhaufen M 3. Außerdem haben die Überschweren unter ihrem Anführer Leticron mehrere Jahre lang das Solsystem und alle Kolonieplaneten der Erde besetzt. Erst nach fünf Jahren können die Posbis, die robotischen Freunde der Menschheit, sie vertreiben.

Während sich die Menschen von dieser Zeit erholen, geschieht Ende des Jahres 2107 etwas Furchtbares: Perry Rhodan bricht tot zusammen. Was ist mit dem Terraner geschehen? Wie sich herausstellt, findet er sich – aber nur sein Gehirn – auf einem unbekannten Planeten wieder. Rhodan ist FREMDER ALS FREMD ...

Prolog

Dise Yaanztroner drängten sich so dicht, dass es kaum ein Durchkommen gab. Ich bekam einen Stoß gegen den Kopf, einen weiteren in den Magen, doch ich kümmerte mich nicht darum. Ich musste vorwärts, zwischen ihnen hindurch. Es gab keine Alternative.

Eine Ceynach-Jägerin ruhte niemals, bis sie ihr Ziel erreicht hatte.

War er dort, auf der Aussichtsplattform, von der aus man den Start der SEGEMUUR beobachten konnte? Ich drückte grob mehrere Schaulustige beiseite, die sich an gekühlter Miirrbowle gütlich taten, die ein Straßenverkäufer für wenige Kuschtas anbot. Das empörte Geschrei der Angerempelten ignorierte ich. Ein Blick in die Runde verriet mir, dass er nicht da war.

Mit drei Sprüngen war ich auf der Brüstung, die vorn um die Aussichtsplattform verlief. Das wurde mit einem entsetzten Kreischen quittiert, weil ich dabei eine Yaanztronerin in die Tiefe stieß. Zappelnd stürzte ihr schlanker Körper hinab und klatschte ein paar Schritte unter uns in eine Wagenladung Tenjofrüchte. Violetter Saft spritzte in alle Richtungen, als die Früchte mit albernen Ploppgeräuschen aufbrachen. Sogar meine Beine wurden noch mit dem Saft besudelt, obwohl ich so weit über der Sauerei stand.

Immerhin ein weicher Fall, da hatte sie Glück gehabt.

Wütende Schreie, haarige Hände, die nach mir griffen. Ich hatte genug gesehen und entschlüpfte meinen Häschern problemlos. Da ich mein Ziel endlich entdeckt hatte, raste ich den Kai entlang, der eine Sackgasse war: von wuchtigen Frachtbehältern umbaut, eine tödliche Falle. Mein Ziel war an das jenseitige Ende geflüchtet.

Eine Ceynach-Jägerin wusste, wie sie ihr Opfer in die Enge trieb. Es war der perfekte Hinterhalt. Die ahnungslosen Yaanztroner, die sich am Eingang der Gasse versammelt hatten, weil der Blick auf den startenden Frachter von dort aus besonders gut war, ahnten nicht, dass sie bei dieser gnadenlosen Jagd zu Helfershelfern wurden.

1.

Im Nichts

Völlige Orientierungslosigkeit. Verwirrung. Angst. Und in all dem Chaos sein Bewusstsein. Er wusste im Moment nicht, wo er war und was mit ihm passierte, aber seiner Identität war er sich überaus sicher.

Ich bin Perry Rhodan.

Er klammerte sich an diesen Gedanken, denn viel mehr hatte er zunächst nicht. Er versuchte, sich zu erinnern, was geschehen war.

Eben noch war er in einem Raumschiff gewesen, in einer großen Zentrale, um ihn herum Freunde und Vertraute. Die Erinnerungen waren verschwommen und purzelten in seinem Kopf durcheinander wie Bauklötze in einem Kinderzimmer. Er wollte sie fassen, doch es gelang ihm nicht.

Er verspürte den dumpfen Druck herannahender Kopfschmerzen und hätte sich gern mit den Fingern die Schläfen gerieben. Das ging jedoch nicht. Er hatte es ausprobiert. Das Problem war: Er fühlte seinen Körper nicht mehr. Was auch immer ihm zugestoßen war, es hatte dafür gesorgt, dass er sich nicht bewegen konnte. Er wollte die Augen öffnen, aber es blieb dunkel. Er versuchte zu lauschen. Er hörte nichts.

Seine anderen Sinne ließen ihn ebenfalls im Stich: Er konnte weder riechen noch spürte er etwas, er schmeckte nicht mal seinen eigenen Speichel. Er konnte nicht schlucken, spürte keine Atemzüge. Da war nichts, absolut nichts.

In all der Leere war er sich nur einer Sache sicher: Ich bin Perry Rhodan.

Was war mit ihm passiert? Bin ich tot?

Nein, das glaubte er eigentlich nicht. Das Jenseits, oder was auch immer einen Menschen nach dem Sterben erwartete, hatte er sich stets anders vorgestellt.

Außerdem war er unsterblich, jedenfalls quasiunsterblich. Er hatte einst ein Gerät namens Zellaktivator erhalten, das ihm ewiges Leben garantierte, sofern er nicht gewaltsam oder durch einen Unfall umkam. Dieses Gerät war zwar nicht mehr vorhanden, doch die dauerhafte Unterbrechung seines Alterungsprozesses war geblieben. Zumindest war das bislang der Fall gewesen.

Vielleicht habe ich mich geirrt. Mag sein, dass ich doch tot bin.

Etwas in ihm wehrte sich gegen diese Idee. Nein, so einfach ist es nicht. Ich bin immer noch da! Aber wo?

Er zwang sich zur Ruhe, um seine Gedanken zu ordnen. Was war geschehen?

Ein Raumschiff, ja. Die SOL. Er war in der Zentrale gewesen, mit dem Kommandanten Chart Deccon. Mit Thora, seiner Frau. Er hatte mit einem Wissenschaftler gesprochen: Eric Leyden.

Moment, ist Eric Leyden nicht tot? In seinem Gehirn ging immer noch einiges durcheinander.

Leyden hatte etwas von Impulsen erzählt, von Planetenmaschinen und von einem »Superimpuls«. Und dann ...

Dann war da dieser stechende Schmerz in meinem Kopf. Das Gefühl, als würde ich weggerissen. Und alles wurde schwarz.

War er bewusstlos gewesen? Oder hatte er sich übergangslos in diesem seltsamen Zustand wiedergefunden? Er war nicht sicher.

Was war das also für ein Ort? Eine Art transzendentale Zwischenwelt? Es hatte eine Zeit in seinem Leben gegeben, da hätte er so etwas als Unsinn abgetan. Mittlerweile hatte er zu viel erlebt und zu viele Erfahrungen gesammelt, um diesen Gedanken rundheraus zu verwerfen. Er war zu den Sternen geflogen, hatte den ersten Kontakt der Menschheit zu einer außerirdischen Spezies hergestellt, hatte mit Wesenheiten gesprochen, die aus reiner Energie zu bestehen schienen, hatte ferne Galaxien bereist und Wunder gesehen, von denen andere nur träumen konnten.

Vor hundert Jahren, als er als kleiner Junge durch Manchester geradelt war, hätte nicht nur er solche Ideen als Phantasiegeschichten beurteilt. Doch mittlerweile schrieb man das Jahr 2107, und die Menschheit hatte in vielerlei Hinsicht Flexibilität beweisen müssen – nicht nur, was vermeintlich abstruse Ideen anging.

Mit einem Mal wurde ihm kalt. Das erfüllte ihn mit Begeisterung, denn er war sicher, dass es ein echtes Empfinden war. Ihm war kalt. Dass ich mich darüber jemals so freuen würde ...

Diese Empfindung bedeutete, dass es ein »Draußen« gab – etwas, das ihn frieren ließ. Er verstand nicht, warum er seinen Körper nicht spürte, warum er sich weder bewegen noch irgendwie artikulieren oder mit der Außenwelt kommunizieren konnte. Immerhin: Es gab etwas außer ihm, und das war schon mal etwas. Was genau, wusste er nicht. Ein Hoffnungsschimmer vielleicht.

Er erinnerte sich vage an einen Artikel, den er vor einiger Zeit gelesen hatte. Darin war es um Menschen gegangen, die am »Locked-in-Syndrom« litten: Patienten, die bei vollem Bewusstsein waren, jedoch nicht in der Lage, sich zu bewegen oder verständlich zu machen. Was mich befallen hat, muss etwas Ähnliches sein.

Mit dem Unterschied, dass er zudem von seiner Außenwelt nichts wahrnahm, von der plötzlichen Kälte mal abgesehen. Die Betroffenen, von denen er gelesen hatte, konnten durch Augenbewegungen kommunizieren. Er selbst allerdings fühlte seine Augen nicht, konnte sie also weder öffnen noch bewegen. Er war nicht nur eingeschlossen, sondern gleichzeitig von der Außenwelt ausgeschlossen.

Sozusagen ein Totally-Locked-Syndrom, dachte er mit einem Anflug von Humor. Diese Benennung würde Leyden gefallen.

Der Artikel hatte auch eine neue Technologie beschrieben, die sich BPI nannte. Die Abkürzung stand für »Brain-Positronic-Interface« und war eine Weiterentwicklung der seit Langem in der Neuromedizin angewandten »Brain-Computer-Interfaces«. Dabei wurden die geschädigten Gehirne mit einer leistungsfähigen Positronik vernetzt. Medizinische Naniten dockten in den relevanten Zerebralbereichen an und übermittelten die elektrische, magnetische und hämodynamische Aktivität des Gehirns an die Medopositronik, die sämtliche Informationen auswertete und in Kommunikation verwandelte. Menschen mit Locked-in-Syndrom konnten auf diese Weise buchstabieren oder gar die Kontrolle über bestimmte Körperfunktionen zurückerlangen.

Wenn es so etwas ist, werden Sam Breiskoll und Sud das mit Sicherheit diagnostizieren und eine Behandlung einleiten können, dachte er optimistisch.

Breiskoll war der Chefarzt der SOL, das Mentamalgam Sud war mit außergewöhnlichen Heilfähigkeiten und großer Fachkompetenz ausgestattet. Beide gehörten zu den brillantesten Medizinern der Gegenwart. Rhodan wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.

Diese Situation würde sich klären, da war er sicher. Im Zweifelsfall würde er sich selbst aus dieser Lage befreien, so wie er es bereits unzählige Male zuvor geschafft hatte, aus vermeintlich hoffnungslosen Umständen zu entkommen.

2.

Doynschto

»Ich habe gesagt: Zurücktreten!«, brüllte der Raytare. Sein Schockstab schnellte vor und traf die Brust der Demonstrantin, die ein mit krakeliger Schrift bedecktes Schild emporhielt.

Ihr zierlicher, mit bereits leicht golden schimmerndem Flaum bedeckter Körper zuckte einige Male wild, ehe er auf den Boden fiel. Die anderen Yaanztroner der kleinen Protestgruppe, die im Eingangsbereich des Röhrenbahnhofs standen, ließen ihre Schilder fallen und stoben in alle Richtungen davon.

Während zwei weitere Raytaren die bewusstlose Frau hochhoben, ging Doynschto zügig und mit gesenkten Ohren an der Szene vorbei, die Augen starr zu Boden gerichtet, um die Aufmerksamkeit der Sicherheitsleute nicht auf sich zu ziehen. Das kompromisslose Vorgehen der Raytaren war nicht ungewöhnlich, und immerhin hatten sie die Protestierenden gewarnt.

Die Dummköpfe hätten einfach nur ihre Plakate nehmen und verschwinden sollen, dachte Doynschto in einer Mischung aus Mitleid und Verachtung. Er trat auf eins der Plakate – alte Verpackungsmaterialien, auf die die Leute ihre Losungen gemalt hatten und »mehr Kuschtas für bessere Nahrung« forderten.

Demonstrationen kamen in Nopaloor häufig vor, und ebenso häufig wurden sie von den Raytaren auf genau diese Weise beendet. Dass ihm eine solche Szene bereits am Morgen begegnete, auf dem Weg zur Arbeit, war indes nicht so häufig. Die Zeiten wurden schlimmer. Das bekam Doynschto zu spüren.

Er warf einen Blick zurück auf das Haus, in dem sich seine vergleichsmäßig luxuriöse Wohnung befand. Es war einer von zahllosen Schlauchbauten, die sich dicht an dicht reihten und deren runde Fassaden fast aneinanderstießen. Seine geräumigen zwei Zimmer im vierunddreißigsten Stockwerk musste er mit niemandem teilen – aber wie lange würde das so bleiben? Die Nachbarwohnungen waren bereits aufgeteilt worden, weil die Bewohner nicht mehr genug Statuspunkte zur Verfügung hatten. Seine Nachbarn zur Linken hatten ihre zwei ältesten Kinder auf die Straße gesetzt, weil mehr als sechs Yaanztroner in einem Zimmer wahrhaftig nicht gingen.

Na ja, die beiden waren fast in der Jungmauser; die sind alt genug, um in der Hauptstadt auch allein zurechtzukommen.

Doynschto ging an der Transmitterreihe vorbei, die den Röhren vorgelagert war. Unablässig sprangen Yaanztroner und andere Einwohner von Nopaloor in die verschiedenen Modelle und verschwanden.

Mit leichtem Unbehagen wandte er den Blick ab. Er hatte keine echte Transmophobie – ein Bruder von ihm dagegen hatte derartige Panik vor Transmittern, dass ihn Atemnot und Gliederzittern befielen, wenn er nur in die Nähe eines solchen Geräts kam. Dennoch verspürte auch Doynschto ein gewisses Unbehagen gegenüber einem Transmitterdurchgang und nutzte diese überall verfügbare Technik nur, wenn es unumgänglich war. Bei einem Termin auf der anderen Seite der Stadt beispielsweise.

Er war deshalb ganz froh, dass er seinen morgendlichen Weg zur Arbeit mit einer Röhre erledigen konnte. Dieses altertümliche Transportsystem war allerdings nur für kurze Strecken ausgebaut – und extrem störanfällig.

Als er seinen Zusteig erreichte, hatte sich davor bereits eine Warteschlange gebildet.

»Was ist denn diesmal wieder los?« Er stöhnte verärgert auf.

Ein fülliger Duynter – von einem Yaanztroner nur durch die rostbraune Fellfarbe zu unterscheiden, die in diesem Fall zum Großteil unter einem kuttenartigen Überwurf verschwand – drehte sich zu Doynschto um. »Zusammenstoß am Knotenpunkt beim Proklamat. Die Sicherheitsventile haben versagt, drei Passagiere sind kollidiert. Es wird immer schlimmer.«

Doynschto verzog das Gesicht. Am Proklamat – dem Regierungsviertel – musste er vorbei. Das würde seinen Transport verzögern. Tatsächlich kam es in jüngster Zeit häufiger vor, dass die Miniaturkabinen, die jeweils nur einen Passagier transportierten, zusammenstießen. Sie wurden mit Druckluft durch das Röhrensystem befördert, und bislang waren die Unfälle glimpflich abgelaufen.

Die Sache brachte selbst einen Transmitterskeptiker wie Doynschto zum Überlegen. Beim Transmittersystem gab es zwar hin und wieder Todesfälle, die stetig steigende Zahl der Röhrenbahnkollisionen ließ dieses Risiko jedoch geringer erscheinen.

»Hat jemand gesagt, wie lange das noch dauert?«, fragte Doynschto den Duynter.

Der Dicke wies auf eine Digitalanzeige über ihrer Röhre: »Mindestens eine Liss. Die Leute hat es ganz schön ineinander verkeilt, heißt es. Dauert bestimmt eine Weile, die Bergung.«

Doynschto stieß einen leisen Fluch aus, der etwas mit den Vorfahren derer zu tun hatte, die sich das Röhrensystem ausgedacht hatten, und wandte sich zum Gehen. Er konnte es sich nicht leisten, zu spät zu kommen. Nicht solange er bei Izgaat auf der Abschussliste stand.

Kurz überlegte er, ob er sich zu einer Transmitternutzung überwinden sollte, entschied sich dann aber doch, zu Fuß zu gehen. Wenn er sich beeilte, konnte er in einer Viertelliss da sein, und damit nur ein paar Aliss verspätet. Mit viel Glück würde Izgaat das nicht mal bemerken.

Auf der Straße verfiel Doynschto in einen gleichmäßig trabenden Schritt, der Zusammenstöße mit anderen verhinderte – auf dem dicht frequentierten Weg gar nicht so einfach – und ihm gleichzeitig ein leidlich schnelles Vorankommen ermöglichte. Er war nicht mehr der Jüngste, aber noch war der feine Haarwuchs an seinem Körper saftig grün und nicht von Goldfäden durchzogen. Er hätte besser in Form sein können; seine Arbeit ließ das jedoch nicht zu. Er verbrachte viel Zeit in der Hirnbank – gerade deswegen ärgerte es ihn, dass Izgaat ständig auf seinen Passivierungsquoten herumritt. Er hatte sie zweimal verfehlt, nur läppische zwei Mal im vergangenen Jahr – aber das rieb ihm sein Vorgesetzter immer wieder unter die Nase.

Die Empörung über diese Ungerechtigkeit beschleunigte Doynschtos Schritte. Die Schlauchhäuserzeilen flogen zur so an ihm vorbei. Einmal wäre er beinahe vor den Handkarren eines alten Fulgmyrers gelaufen. Das Echsenwesen stellte den vom Nacken bis zum Gesäß verlaufenden Sichelkamm auf und beschimpfte ihn unflätig. Als Doynschto den Kerl ignorierte, griff der Fulgmyrer in den Karren und warf ihm einen Pritchy hinterher. Hätte sich Doynschto nicht geduckt, hätte ihn das Gemüse am Rücken getroffen und seinen nagelneuen Arbeitsanzug mit orangefarbenen Flecken besudelt. Stattdessen verfehlte ihn der Pritchy und traf die Rikscha eines vorbeifahrenden Isnos.

Doynschto zog den Kopf zwischen die Schultern und eilte weiter, während die Rikscha anhielt und der Leibwächter des Reichen ausstieg. Der Fulgmyrer ließ seinen Handkarren stehen und rannte davon. Keine Ladung Pritchys war wertvoll genug, um sich von einem Handlanger der Reichen aus dem Isnoviertel verprügeln zu lassen. Der Karren schon gar nicht, er hatte nicht mal ein Antigravmodul, sondern musste tatsächlich durch manuelle Kraft geschoben werden.

Von diesen Dingern sah man in diesem Stadtteil eher wenige. Doynschto lebte zwar nicht in einem Viertel wie Isno, in dem sich die Bewohner frei stehende Häuser mit kleinen Grünstreifen leisten konnten. Sein Wohnviertel war dennoch kein Slum, in dem sich die Ärmsten herumtrieben.

Zumindest noch nicht, dachte er, während er weiterhastete. Wenn sich seine Befürchtungen bewahrheiteten und Izgaat ihn tatsächlich loswerden wollte, musste er wahrscheinlich umziehen ...

In plötzlicher Angst schüttelte Doynschto den Kopf. Er war seit vielen Jahren Zerebralpfleger in der Stalakk-Gehirnbank. Er machte seine Arbeit gut, denn er hatte viel Erfahrung und wusste, wie er mit den Ceynachs und den Trägerkörpern umgehen musste, damit die Transplantation möglichst gut verkraftet wurde. Was scherte es ihn da, wenn er die Quoten nicht erfüllte? Es ging ihm darum, die Ceynachs erfolgreich in der Passivität zu bewahren und später in gutem Zustand in die Trägerkörper zu übermitteln.

Izgaat aber war jemand, für den so etwas nicht zählte. Ihn interessierten nur Zahlen, Quoten und Ergebnisse. Er wäre durchaus imstande, Doynschto durch einen jüngeren Arbeiter zu ersetzen, bei dem vielleicht mehr Ceynachs auf der Strecke blieben, der jedoch eine höhere Schlagzahl in seiner Bilanz stehen hatte.

»Entwürdigend«, murmelte Doynschto empört und wusste nicht recht, ob er damit sich selbst oder die Gehirne meinte.

Der Gedanke, seine Arbeit zu verlieren, ließ seine großen Ohren erzittern. In der Milliardenmetropole war es kein Problem, Ersatz für ihn zu finden. Wenn es in Nopaloor eins im Überfluss gab, waren es Yaanztroner. Ein Jobverlust wäre eine Katastrophe für Doynschto. Es würden weniger Statuspunkte auf sein Kuschtuka fließen. Weniger Kuschtas auf dem Statuskonto bedeutete, dass er sich bestimmte Privilegien nicht mehr leisten konnte: keine zwei Zimmer mehr, nur noch fleischlose Mahlzeiten aus weniger frischem Obst und Gemüse ...

Nicht ohne Grund machte er seit mehreren Sonnenumläufen jede Menge Überstunden. Er musste Izgaat doch von seiner Qualität überzeugen.

Sein Arbeitsplatz lag in einem der Außenbezirke von Nopaloor. Von dort aus war das Stadtzentrum – dominiert vom Palastturm des Raytschas – nicht mehr zu sehen. Die Gehirnbank war in einem imposanten, kuppelförmigen Gebäude aus rosafarbenem Plastbeton untergebracht.

Als Doynschto dort eintraf, wünschte er sich, er hätte allen schlechten Bauchgefühlen zum Trotz den Transmitter genommen. Sein Anzug war durchgeschwitzt, sein Fell an Armen und Beinen verklebt. Und er war eine halbe Liss zu spät. Er hatte sich, was die Entfernung anging, gehörig verschätzt.

Zähneknirschend identifizierte er sich mit seinem Dienstausweis und ignorierte den halb mitleidigen, halb schadenfrohen Blick des Sicherheitsmanns am Eingang.

Der Hauptkomplex war unterplanetar angelegt. Im oberen Teil gab es lediglich die Vorführbereiche, in denen reiche Kunden in multifunktionalen Präsentationsräumen Ausschau nach potenziellen Zweitgehirnen halten konnten.

Die Kontore, in denen Zerebralpfleger wie Doynschto arbeiteten, erstreckten sich bis tief in die Planetenkruste hinunter. Er trat in den Antigravschacht, stieg auf der richtigen Ebene aus und sah einen langen, leeren Gang vor sich. Sein Arbeitsraum lag ganz am Ende. Er musste an zahlreichen Türen von Kollegen vorbei, und hinter jeder davon konnte Izgaat auf der Lauer liegen.

Möglichst leise eilte Doynschto den Gang entlang. Seine Schritte hallten in seinen empfindlichen Ohren dennoch so laut wie die Trommeln bei einer Bordinparade.

Und selbst wenn ich erwischt werde – ich kann nichts dafür, es war die dreimal vergrammelte Röhrenbahn! Ich bin sonst immer pünktlich, und ich habe so viele Überstunden, dass ich zehn Tage zu Hause bleiben könnte ...

Er hatte den Eingang zu seinem Arbeitsraum fast erreicht, als sich direkt neben ihm eine Tür öffnete.

»Doynschto!«

Erschrocken fuhr er zusammen, geriet ins Straucheln und wäre beinahe gestürzt.

Erwischt!, dachte er panisch. Jetzt schmeißt Izgaat mich raus!

Aber es war nicht Izgaat, der seinen Namen gerufen hatte. Es war Lexayny, eine junge Kollegin. Sie war keine Zerebralpflegerin, sondern eine Wartin in der Ausbildung. Sie hatte noch nicht direkt mit den Ceynachs zu tun, sondern sorgte lediglich dafür, dass die technischen Anlagen funktionierten.

Mit großen Augen sah sie Doynschto an, der reflexartig in eine Art Abwehrstellung gegangen war. Er hatte Lexayny stets als schüchtern, sogar ziemlich verhuscht wahrgenommen und nahm an, dass seine Reaktion sie mehr erschreckt hatte als sie ihn.

»Was machst du hier? Bist du gerade erst gekommen?«, fragte sie vorsichtig.

»Ein Unfall in der Röhrenbahn«, sagte er kurz angebunden. Er wollte nichts anderes als an seine Arbeit. Er hatte Lexayny im Verdacht, dass sie ihn anhimmelte und eine Paarung anstrebte. Nichts lag ihm ferner. Er wünschte weder eine Partnerin noch Kinder – das eine brachte das andere meist mit sich. Es gab genug Spreu, er musste nicht zur Verbreitung weiterer Spelzen beitragen. »Deswegen ...«

»Wollen wir später zusammen in die Pause gehen?«, fragte sie.

Grimmasch, die ist aber hartnäckig! Doynschto wollte kein Aufsehen erregen, hatte allerdings keine Lust, auf Lexaynys Avancen einzugehen. »Du siehst selbst, ich bin spät dran, also werde ich heute keine Pause machen.« Er senkte entschuldigend die Ohren. »Nächstes Mal vielleicht.«

Ohne auf eine weitere Reaktion zu warten, zog er seinen Dienstausweis und öffnete damit die Tür.

Und stand Izgaat gegenüber. Vor Schreck hätte Doynschto beinahe seine Karte fallen gelassen.

Izgaat hatte sich an den Tank gelehnt, in dem Trägerkörper auf die Transplantation vorbereitet wurden, und die langen Arme vorwurfsvoll verschränkt.

»Ach, der hohe Raytscha geruht, auch mal an seiner Arbeitsstelle zu erscheinen? Ich hoffe, du hast gut geschlafen, Doynschto.« Seine Stimme troff vor Hohn.

Doynschto konnte nicht antworten. Die Worte blieben ihm wie altes Heekobrot im Hals stecken.

Izgaats rote Augen funkelten wütend. Doynschto hielt nicht viel von solch lyrischen Umschreibungen, aber in diesem Moment hatte er tatsächlich das Gefühl, dass gleich kleine Blitze aus den Augen des Zerebralaufsehers schießen und ihn durchbohren würden.

»Wo warst du, Doynschto?«, fragte sein Vorgesetzter anklagend. »Du solltest bereits seit fünfzig Aliss bei der Arbeit sein. Du bist heute für die Passivierung der neuen Ceynachs zuständig!«

»Ich ... äh ...«, stammelte Doynschto. Im Angesicht des wütenden Izgaat waren seine ganzen Argumente wie weggeblasen.

»Ich habe ihn aufgehalten, Izgaat«, sprang ihm Lexayny zur Seite. »Habe ihn auf dem Gang angesprochen, und wir sind ins Schwatzen gekommen.«

Warum tut sie das? Ich will das nicht!

Izgaats breite Lippen verzogen sich abfällig. »Eine halbe Liss lang? Das glaube ich nicht. Langsam ist das Maß voll, Doynschto. Mach dich an die Arbeit, und wenn du heute Abend nicht die vorgegebene Passivierungsquote erfüllt hast, wird das Konsequenzen für dich haben.« Er hob die Hand und drohte mit dem verkümmerten zweiten Daumen. »Ernsthafte Konsequenzen, die dir überhaupt nicht gefallen werden. Hast du verstanden?«

Doynschtos Ohren sanken herab. Er fühlte sich elend. »Ja, Izgaat.«

Der Zerebralaufseher eilte zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte und Lexayny anherrschte: »Und du machst gefälligst weiter!« Dann knallte er die Tür hinter sich zu.

Kurz herrschte peinliche Stille.

»Tja«, sagte Lexayny. »Dann geh ich mal wieder arbeiten.«

»Ja«, antwortete Doynschto tonlos und wartete, bis sie gegangen war. Dann ließ er sich auf den Laborstuhl sinken.

3.

Dagor

Das Gefühl der Hilflosigkeit verwandelte sich langsam, aber sicher in Zorn. Perry Rhodan wurde wütend. Es half ihm aber nichts: Er schwebte nach wie vor in der Leere, ohne zu wissen, was mit ihm geschehen war und was er dagegen tun konnte. So gesehen, verwandelte sich die Hilflosigkeit nicht – sie bekam nur einen bösen Gefährten.

Erneut forschte er nach hilfreichen Erinnerungen. Leydens Gerede von Superimpulsen. Wie so oft hatte sich der Wissenschaftler völlig in seinem Element befunden und sich in seinem Fachchinesisch verheddert. Doch die Sache mit dem weiträumig anmessbaren hyperenergetischen Superimpuls war einigermaßen deutlich.

Ist womöglich auch anderen dasselbe zugestoßen wie mir?, fragte er sich beunruhigt.

Gucky ... Der Ilt war mit Rhodan zusammen in der Zentrale gewesen, als es passiert war. Vielleicht konnte der Mausbiber ihm helfen.

Gucky, hörst du mich?, dachte er intensiv. Der Ilt war dafür bekannt, dass er seine telepathischen Finger selten bei sich behalten konnte. Und diese Art der Kontaktaufnahme hatte schon häufiger funktioniert. Dieses Mal verhallten Rhodans mentale Rufe jedoch ohne Reaktion.

Telepathisch antworten kann mir Gucky zwar nicht. Aber er ist sonst fast immer prompt zu meiner Hilfe gekommen. Allerdings: Selbst wenn Gucky reagiert hat und nun direkt neben mir steht – ich würde es gar nicht mitbekommen.

Dieser Gedanke machte Rhodan nur noch zorniger. Ich will hier raus! Wo auch immer ich bin: Ich habe noch so viel zu tun!

Gerade erst hatte es so ausgesehen, als ob endlich wieder Ruhe in dem kleinen Sternenreich der Menschen einkehren würde. Sie hatten es geschafft, das Solsystem von den Gon-Mekara zu befreien, dennoch warteten zahlreiche neue Aufgaben. Nicht zuletzt war die Erde noch immer im Akonsystem, und sie mussten einen Weg finden, sie samt dem irdischen Mond zurückzubringen. Stattdessen war Rhodan zur Untätigkeit verdammt.

Zur Hilflosigkeit und Wut gesellte sich die Ungeduld. Und sie war fast das Schlimmste.

Er wusste nicht, wie lange es dauerte, aber irgendwann änderte sich etwas.

Was ist das? Werde ich ... bewegt?

Rhodan konnte nicht spezifizieren, woran genau er das zu merken glaubte. Vielleicht hing es mit seinem Astronautentraining zusammen, das gefühlt eine Million Jahre zurücklag. Er hatte jedenfalls mit einem Mal den Eindruck, dass sich etwas an der Schwerkraft änderte. Vielleicht war es auch lediglich sein Wunsch, dass sich endlich etwas tun sollte.

Trotzdem, irgendwas sagte ihm, dass tatsächlich etwas mit ihm geschah. Konnte denn etwas geschehen? Gab es das Außen noch?

Er glaubte noch immer nicht, dass er tot war. Vielmehr ließ ihn die Idee des Locked-in-Syndroms, die er gehabt hatte, nicht los. Wenn er auf einer Krankenstation lag, würde man sicher erkennen, in welcher Situation er sich befand.

Aber was, wenn nicht? Wenn seine Gehirntätigkeit übersehen wurde, wenn seine Freunde und seine Familie womöglich glaubten, dass er hirntot war und nichts mehr wahrnahm? Wenn sie die Medomaschinen abschalteten, weil sie meinten, dass keine Hoffnung mehr bestand?

Oder noch schlimmer: Wenn einfach gar nichts passierte, um ihn aus diesem erbarmungswürdigen Zustand zu befreien? Wenn er in seinem potenziell unsterblichen Körper gefangen war, auf ewig?

Wie lange kann ich das durchhalten, ohne verrückt zu werden?

Dann eine unerwartete Empfindung: Schmerz. Ein Stechen in ... Wo genau? In seiner Schläfe? In seinem Schädel? Er konnte es nicht richtig verorten. Jedenfalls tat es höllisch weh. Hätte er gewusst, wie – er hätte laut aufgeschrien.

Nur wenige Sekunden später verspürte er eine bleierne Müdigkeit. Vielleicht war es sogar eine gute Idee, eine Weile zu schlafen. Wenn er danach aufwachte, war der Albtraum hoffentlich vorbei.

Nein! Er riss sich mental zurück, drängte die Müdigkeit in den Hintergrund. Etwas versucht, mich einzuschläfern. Das lasse ich nicht zu!

Etwas? Oder eher jemand? Wer tat ihm das an?

Vielleicht ist es ein Arzt auf der Medostation ... Sam Breiskoll oder Sud. Muss ich operiert werden und soll deswegen in Narkose?

Das wäre eine Möglichkeit. Dann durfte er sich nicht dagegen wehren. Dann war es eventuell notwendig, dass er schlief.

Rhodan glaubte allerdings nicht ernsthaft daran.

Für eine Narkose bekommt man doch keine Spritze in den Kopf!

Nein, seine Intuition sagte ihm, dass er sich nicht betäuben lassen durfte. Was auch immer ihm injiziert wurde, er würde dagegen ankämpfen.

Ein weiterer Stich. Eine neue Welle Müdigkeit. Rhodan hielt dagegen, wehrte sich. Es war ein bisschen wie im Trainings-Dagorkampf gegen Thora: Druck und Gegendruck, Halten und Stoßen, nur nicht nachlassen.

Schade, dass mir mein körperliches Dagortraining derzeit nichts nutzt. Nur die mentale Stärke, die beim Training ebenfalls geschult wird.

Rhodan war seiner Frau in diesem Moment überaus dankbar, dass sie seit vielen Jahren darauf bestanden hatte, regelmäßig mit ihrer Familie im Dagor zu üben, die arkonidische Kunst und Philosophie des waffenlosen Kampfs. Nicht nur Rhodan, auch seine Kinder Thomas, Farouq und Nathalie waren, solange sie zu Hause gewohnt hatten, mindestens einmal pro Woche mit Thora in den Ring gestiegen – mehr oder weniger freiwillig. Vor allem die Jungs hatten häufig gemeckert; geschadet hatte ihnen das Training ganz sicher nicht.

Rhodan entsann sich noch genau, wie er Thora und die vierjährige Nathalie beobachtet hatte, als seine Frau ihrer Tochter die ersten Tritte und Abwehrschläge beigebracht hatte. Nathalies winzige Fäuste, ihr ehrfurchtsvoller Blick auf die Mutter, voller Bewunderung und Vertrauen. Sein Herz wurde warm bei der Erinnerung – nun, zumindest glaubte er, dass es sein Herz war; er fühlte nach wie vor seinen Körper nicht. Auf jeden Fall erfüllte das Bild seine Gedanken mit Wärme und Zärtlichkeit. Nathalie – es war so lange her ...

Halt, nicht einlullen lassen!, rief er sich zur Ordnung. Beinahe hätte ihn die Müdigkeit doch übermannt, wäre er in der Rückschau wie in einen Traum versunken. Das durfte nicht geschehen.

Er glaubte, Thoras strenge Stimme zu hören, die ihn antrieb und bestätigte: Halt dagegen! Wie beim Dagor! Lass dich nicht besiegen! Behaupte deine Stellung!

Er klammerte sich an diesem Bild fest: Thora, die ihn mit fliegenden Haaren, die Augen kritisch verengt, erbarmungslos antrieb. Thora, die stolze Arkonidin. Seine Gefährtin, seine Frau, seine große Liebe. Was mochte sie über seinen Zustand denken? Wie er sie kannte, würde sie auch dann noch um ihn kämpfen, wenn alle anderen ihn bereits aufgegeben hatten. Schon allein ihr zuliebe durfte er sich nicht aufgeben.

Aber wie lange würde er durchhalten?

Er sammelte seine Kraft, als der stechende Schmerz ihn zum dritten Mal überfiel, und er wappnete sich gegen die neue Welle der Müdigkeit.

4.

Ein seltsames Ceynach

Schon nach wenigen Aliss wurde Doynschto unruhig. Er konnte es sich nicht leisten, lange untätig herumzusitzen und in Selbstmitleid zu versinken, Er musste unbedingt die Tagesquote erfüllen. Wenn er, wie er angekündigt hatte, die Mittagspause durcharbeitete und sich ein bisschen beeilte, war es sogar machbar. Zumindest redete er sich das ein.

Er sprang auf und eilte im Labor hin und her, um die Vorbereitungen für die Ceynach-Passivierung zu treffen. Der Raum war nicht besonders groß. Stand man in der Mitte, konnte man jede der an den Wänden aufgereihten Apparaturen mit einem Schritt erreichen – mit dem Antigravstuhl ließ es sich besonders schwungvoll hin- und herwechseln, wenn das nötig war.

Eine Seite des Labors war für die Transferarbeiten ausgerüstet. Dort stand der Tank für den Trägerkörper, der mittels eines angeschlossenen Röhrensystems an seinen Platz befördert werden konnte. Es funktionierte ähnlich wie die Personentransportwege in der Stadt, war jedoch weniger störanfällig. Eine Positronik kontrollierte die Wege und Lager und sorgte dafür, dass die Körper und Ceynachs an der jeweils richtigen Stelle ankamen. Direkt neben dem Tank befanden sich die nötigen Kontrollgeräte und Apparaturen für den Transfervorgang.

An der gegenüberliegenden Raumseite war die Passivierungsstation eingerichtet. Dort erhielt der Zerebralpfleger aus einer Röhre das zu behandelnde Ceynach, das er auf einem sterilen Arbeitsplatz vorbereitete und danach über eine weitere Röhre an den vorgesehenen Lagerplatz versandte.

Doynschto streifte sich die Arbeitshandschuhe und den Kittel über, setzte den Gesichtsschild auf und gab der Positronik hastige Sprachbefehle, um den Arbeitsprozess zu starten. Während er wieder auf dem Laborstuhl Platz nahm und sich mit den Füßen abstieß, was ihn direkt vor die Arbeitsplatte manövrierte, rutschte das erste Ceynach aus der Röhre und landete auf dem Metalltisch, den ein Reinigungsprogramm zuvor desinfiziert hatte. Die Arbeitsfläche war durch ein Energiefeld hermetisch von der Umwelt abgeschirmt, sodass eine völlige Keimfreiheit gewährleistet war. An zwei Stellen konnte er mit den sterilen Handschuhen in das Feld eindringen, um das Gehirn näher zu untersuchen und zu behandeln.

Doynschto griff nach seinen Instrumenten. Jedes Ceynach, das er auf den Tisch bekam, war einzigartig. Viele der jungen Zerebralpfleger merkten das nicht; für sie sahen die Ceynachs alle gleich aus. Doch die Gehirne stammten nicht nur von verschiedenen Spezies, Geschlechtern und waren unterschiedlich alt; sie gehörten Individuen. Ein Fakt, den mancher bei den ewig gleichen Handbewegungen oft vergaß. Doynschto dachte bei jedem einzelnen Ceynach daran, obwohl er über die Ceynachs so gut wie nichts erfuhr, meist nur die Kategorie.

Im Prinzip konnte jedes Individuum im Kugelsternhaufen Naupaum auf Basis der PGT-Technik – das stand für Parareguläre Gleichheits-Transplantation – für sein Gehirn einen neuen Körper suchen, wenn er die dazu nötigen finanziellen Mittel aufbrachte. Oder für seinen Körper ein zusätzliches Gehirn erwerben, was seit einiger Zeit wieder mal ein Modetrend war.

Es gab daher in der Stalakk-Gehirnbank mehrere Arten Ceynachs, von denen täglich Tausende ankamen: Die Gehirne von reichen Kunden, die auf diesem Weg ihr Leben verlängern wollten – sie bildeten die Kategorie A. Dann die Ceynachs für reiche Kunden, die als Zweit- oder Drittgehirn für die Transplantation in den Körper der Klienten vorgesehen waren. Manche Kunden lagerten solche Zusatzgehirne auch für spätere Verwendung erst mal nur ein. Das war die Kategorie B.

Die Vorteile eines Zusatzgehirns lagen auf der Hand. Die Leistungsfähigkeit des ursprünglichen zerebralen Komplexes wurde höher. Doynschto mochte den Vergleich nicht, aber es funktionierte ähnlich wie bei einem pluralen Prozessorkern. Natürlich war ein Gehirn kein Computer, weder elektronisch noch positronisch, aber diese Analogie war für Laien und somit die Mehrheit der Stalakk-Kundschaft leicht verständlich.

Die gesteigerte Zerebralkapazität forderte indes ihren Preis: Häufig war eine Umstellung der Ernährungsweise auf höher energiehaltige Nahrungsmittel erforderlich. Der Empfängerkörper musste schließlich auch das neue Gehirn mitversorgen.

Einige Ceynachs schließlich wurden in der Hirnbank lediglich passiviert und dann zu Zwecken weitertransportiert oder zwischengelagert, die Doynschto nicht bekannt waren. Diese Ceynachs gehörten zur Kategorie C.

Die Bezeichnung »Ceynach« oder »Ceynach-Gehirn« wurde in allen drei Fällen nur für die Untergruppe jener Zerebra verwendet, die man aus ihrem ursprünglichen Körper, in dem sie auf natürliche Weise herangewachsen waren, chirurgisch entnommen hatte. Ein normales Zerebrum, das in seinem angestammten Körper verblieb, wurde schlicht »Gehirn« genannt – was zugleich der tradierte Oberbegriff für sämtliche Hirnvarianten war.

Der Vorgang der Passivierung von Ceynachs der Kategorie C war Doynschto in all den Jahren so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass die Prozedur fast etwas Rituelles hatte. Auch diesmal. Das Ceynach landete vor ihm auf der Metallplatte. Es war sehr kalt, denn in den relevanten Transportröhren herrschte kontrollierte Kühlung. Die meisten Hirne kamen »frisch« direkt aus ihrem Ursprungskörper in dieses System – für die Entnahme war eine andere Abteilung zuständig.

Man wusste, dass Gehirne unter günstigen Bedingungen mehrere Liss ohne Körper überleben konnten. Bei seiner Arbeit stand der Zerebralpfleger trotzdem stets unter Zeitdruck. Denn es sollte schließlich später ohne Probleme möglich sein, die Mikrozirkulation wieder herzustellen.

Doynschto wusste zwar, dass allein er an diesem Arbeitstag für Passivierungen zuständig war, prüfte trotzdem routinemäßig die spärlichen Infodaten über das Gehirn.

»Ceynach Nummer 13280-3/4, Kategorie B, zur späteren Verwendung«, gab er in das Protokoll ein, das er für jeden Vorgang anlegen musste. Es ärgerte ihn, dass er hierfür auf eine manuelle Tastatur angewiesen war. Das kostete Zeit.

Andere Zerebralpfleger verfügten längst über einen Arbeitsplatz mit verbaler Diktierfunktion, doch seine Anfragen danach waren stets abgelehnt worden. Oftmals war der Bedarf für moderne Technik wegen der Überbevölkerung höher als das verfügbare Angebot, und er fiel dabei den Schikanen von Izgaat zum Opfer. Seit sich Doynschtos Verhältnis mit seinem Vorgesetzten verschlimmert hatte, wagte er ohnehin nicht mehr, danach zu fragen.

Kategorie B. Also ein Ceynach, das sich ein Reicher angeschafft hatte, um es später zu tragen. Ein direkter Transfer stand nicht an.

Er untersuchte das Gehirn kurz und wie immer aus Zeitgründen meist nur oberflächlich auf äußerliche Beschädigungen. Da er keine fand, erfolgte der nächste Schritt: Er steckte zwei haarfeine Elektroden in die empfindliche Hirnrinde, die ihm weitere Daten lieferten. Die Entladung von Nervenzellverbänden zeugte von einer normalen elektrische Aktivität des Gehirns. Er ließ die Messung weiterlaufen und wies das medizinische System des Labors an, dem Ceynach eine Mischung aus konzentrierten Benzodiazepinen und Analgetika zu verabreichen.

Ein Blick auf das Analyseholo verriet ihm, dass die Werte in Ordnung waren: Es gab keine Hinweise auf Epilepsie oder Hirnschädigungen. Sehr gut. Er injizierte das Passivierungsmittel in den Liquorraum. Kurz darauf zeigten ihm die Werte, dass das Medikament anschlug; meist beginnend mit einer Melatoninausschüttung. Da das Mittel die REM-Schlafphase unterdrückte und somit jede weitere Aktivität des Gehirns verringerte, entspannte sich das Ceynach. Zufrieden entfernte Doynschto die Elektroden.

Nun kam der abschließende Schritt. Er nahm eine Sättigungsmembran aus dem Spender, die er auf das Gehirn legte. Die künstliche Haut legte sich um das Ceynach und schmiegte sich dicht an das organische Material. Durch die Passivierung war das Ceynach in ein Koma versetzt worden; die Sättigungsmembran würde es während der Lagerung mit Sauerstoff und anderen wichtigen Nährstoffen versorgen, bis es gebraucht wurde. Er schob das Gehirn in eine Röhre zu seiner Rechten zum Weitertransport. Insgesamt hatte der Vorgang gerade mal vier Aliss gedauert.

Kaum hatte Doynschto das versorgte Ceynach auf die Reise geschickt, landete das nächste vor ihm, und der Vorgang begann von vorn. Am Ablauf änderte sich nur etwas, wenn bei der Datenerhebung etwas Ungewöhnliches auffiel. Zwei Ceynachs später zum Beispiel wiesen die Messergebnisse auf eine Entzündung hin. Das konnte zu Problemen führen. Doynschto injizierte daher zusätzlich ein entzündungshemmendes Mittel und schickte das Gehirn nicht ins Lager, sondern in eine medizinische Zwischenstation. Dort wurde geprüft, ob sich der Zustand verschlechterte – dieses Ceynach war Kategorie A, also das eines zahlenden Kunden, und ohnehin für einen baldigen Transfer vorgesehen. War es in Gefahr, musste es womöglich früher als geplant transplantiert werden, um eine medizinische Versorgung zu gewährleisten.

Ein Ceynach der Kategorie C, das deutliche Hinweise auf eine Gewebeschädigung aufwies und bereits optisch einen ungesunden Eindruck machte, schickte er mit einiger Betrübnis in die Entsorgung. Nicht nur, dass dies schlecht für seine Leistungsquote war, er bedauerte jeden Ceynach-Verlust als Verschwendung möglichen Potenzials. Vielleicht waren seine Quoten deswegen schlechter, weil er oft auch bei hoffnungslosen Fällen eine Rettung versuchte, statt sie gleich aufzugeben.

Während er vor sich hin arbeitete und die vertrauten Routinen erledigte, wuchsen gleichzeitig seine Angst vor Izgaats angedrohten Konsequenzen und sein Zorn auf ihn.

Es ist einfach nicht gerecht. Ich habe Besseres verdient, ich bin ein guter Zerebralpfleger!

Als er dabei war, sich immer weiter in seinen Frust hineinzusteigern, landete ein weiteres Ceynach auf seinem Tisch. Es war kein Yaanztronergehirn, das erkannte Doynschto mit seiner jahrelangen Erfahrung auf den ersten Blick. Es war ein bisschen größer, und es hatte eine etwas hellere Färbung.

Das allein war nicht ungewöhnlich, denn in der Hirnbank kamen zahlreiche Ceynachs auch von Fremdspezies an. Die Yaanztroner waren an exotischen Gehirnen sogar oft besonders interessiert. Die Preise dafür waren enorm. In Naupaum gab es deshalb einen schwunghaften Handel sowohl mit Gehirnen als auch mit der für die Transplantationen erforderlichen Technologie.

Es war also weniger die unbekannte Herkunft des Gehirns, die Doynschto überraschte – es war vielmehr seine Verpackung. Denn im Gegensatz zu den anderen Ceynachs, die auf seinem Tisch landeten, war dieses Gehirn bereits in eine Membran gehüllt, wiewohl in keine der in der Stalakk-Hirnbank üblichen Sättigungsmembranen.

»Was beim Grimmasch ist das?« Doynschto zog sich eine vergrößerte Holodarstellung der seltsamen Haut heran. Sie glitzerte auf sonderbare Weise und bestand aus keinem Material, das ihm bekannt war. Er versuchte, mit einem sterilen Tupfer eine Probe zu entnehmen. Es funktionierte nicht. Der Tupfer glitt einfach hindurch.

Doynschto riss erstaunt die Augen auf. Er kontrollierte die Kategorie des Ceynachs: C, Passivierung für den Weitertransport. Einen kurzen Moment lang war er perplex, dann richtete er ein Messgerät auf die Schutzhaut und platzierte gleichzeitig die Elektroden zur Routinemessung an dem Gehirn.

Fassungslos las er die Werte, die ihm das Messgerät lieferte. Es war ein verwirrender Datenwust, doch was ihn am meisten schockierte, war der Umstand, dass die Membran eine fünfdimensionale Komponente aufwies.

Was hat das zu bedeuten? Eine Transportverpackung vielleicht? Kommt dieses Ceynach von außerhalb?

Auch das kam zuweilen vor. Allerdings hatte Doynschto noch niemals eine solch seltsame Membran gesehen, welchen Zweck auch immer sie haben mochte.

Die Membran war dabei, sich aufzulösen. Damit stand Doynschto noch mehr unter Zeitdruck. Er prüfte den Sitz der beiden Elektroden und zog die Spritze mit dem Passivierungsmittel auf. Während er die Daten Elektrodenmessungen ablas, setzte er bereits die Injektion. Und stutzte. Die Werte waren so weit gesund, wenngleich die Hirnaktivität auffällig hoch war. Die neuronalen Signale waren eindeutig.

Er wartete darauf, dass das Mittel anschlug und die Passivierung einsetzte. Doch das geschah nicht. Das Gehirn blieb weiterhin aktiv und wach.

»Wie seltsam«, murmelte Doynschto. Manche Ceynachs brauchten eine höhere Dosis, um vollständig passiviert zu werden. Aber dass ein Gehirn überhaupt nicht auf die erste Medikation ansprach, hatte er bislang nicht erlebt. Er setzte eine zweite Injektion und wartete. Kurz glaubte er, eine Reaktion zu sehen – degenerierte die Membran etwas schneller als zuvor? Doch die Werte kehrten bald zu ihrem vorherigen Status zurück.

Er musste schnell entscheiden, was er nun tun sollte. Am besten wäre sicherlich, seinen Vorgesetzten zu informieren. Doch Doynschto sträubte sich dagegen. Nach allem, was vorgefallen war, sollte er Izgaat obendrein noch beweisen, dass er nicht in der Lage war, eigene Entscheidungen zu treffen?

Kommt nicht infrage. Ehe ich Izgaat kontaktiere, implantiere ich mir das Ceynach lieber selbst.

Seine wissenschaftliche Neugier war geweckt. Er würde zusätzlich etwas nachforschen. Er zog seinen Arm aus dem schützenden Sterilisierungsfeld, griff in ein Regal und holte ein Glasfläschchen hervor, in dem sich ein mit dem bloßen Auge kaum erkennbares Objekt befand, ein elektronischer Nanosensor. Diesen gab er in eine Spritze des robotischen Medosystems und erteilte der Steuerpositronik die Anweisung, den Sensor in das seltsame Ceynach zu injizieren. Dann wartete er ab.

Das winzige Objekt entfaltete ein ultraflexibles Netz aus Nanoelektroden, das sich im ganzen Gewebe des Gehirns ausbreitete, und sandte die dabei registrierten Signale an Doynschtos Positronik. Mithilfe dieser Nanosonde konnte er tiefer in die Struktur des Ceynachs vordringen, ohne das Gewebe zu schädigen. Als die ersten Messwerte eingegangen waren und ihre Auswertung in einem Analysehologramm sichtbar wurden, setzte Doynschto eine dritte Passivierungsinjektion. Gespannt wartete er auf das Ergebnis.

Er keuchte erstaunt: Das Ceynach war nicht einfach nur resistent. Die Dendriten dieses Gehirns – die neuronalen Endstücke, die elektrochemische Signale sendeten und empfingen – entwickelten als Reaktion auf die Injektion eine normkonträr unerwartet komplexe elektrische Aktivität. So etwas hatte Doynschto bislang weder je erlebt noch von etwas Ähnlichem auch nur gehört.

Aber was sollte er nun tun? Die seltsame Membran, die das Gehirn am Leben erhielt, war am Verschwinden. Passivieren ließ sich das Ceynach nicht, also konnte er es auch in keine neue Sättigungsmembran packen.

Nur kurz rang er mit sich, dann traf er seine Entscheidung. Er stieß sich mit den Füßen ab und schwebte mit seinem Antigravstuhl auf die entgegengesetzte Seite des Raums, wo er an die Kontrollen des Körpertanks wechselte. In der Datenbank rief er eine Liste aller derzeit verfügbaren Trägerkörper auf und wählte einen davon, ohne ihn sich näher anzusehen.

In der Gehirnbank wurden Tausende von Wirtskörpern gelagert. Die meisten stammten von Yanztroonern, die sich freiwillig als Wirte für Fremdgehirne zur Verfügung stellten – meist, um dadurch an mehr Privilegien und Kuschtas zu gelangen. Vielleicht auch, weil sie keine andere Perspektive hatten. Die Wirte schlossen mit der Stalakk einen Vertrag über eine bestimmte Zeitspanne. Für diese Frist wurden die Trägerkörper in Stasis versetzt und in der Stalakk verwahrt, um bei Bedarf abgerufen zu werden. Das vereinbarte Honorar wurde derweil an die Familienangehörigen ausgezahlt. Nach Ablauf der Vertragsdauer wurde der Trägerkörper wieder reanimiert oder vom Fremdgehirn befreit und durfte sein vorheriges Leben unversehrt wieder aufnehmen.

Der Zerebralpfleger musste nur ein paar Aliss warten, bis der Wirtskörper in den horizontalen Medotank rutschte. Es war der eines recht jungen Yaanztroners. Doynschto stand auf und las die Informationen, die ihm auf der durchsichtigen Oberfläche des Tanks angezeigt wurden. Der Name des Probanden war Hayvatschyt, er hatte sich für fünf Jahre verpflichtet. Er war noch nicht lange in Stasis, dies war sein erster Transfer.

»Nun, das muss kein Nachteil sein«, raunte Doynschto, während er den Tank kalibrierte und den Trägerkörper für die Ceynach-Implantation vorbereitete.

Auch dieser Vorgang war dem Zerebralpfleger vertraut, er hatte ihn unzählige Male begleitet. Er ließ sich eine Analyse der Nährflüssigkeit geben, worin der Empfängerkörper für die Dauer der Prozedur ausgestreckt tauchte. Alles war optimal. Die Flüssigkeit würde den Übergang erleichtern und sowohl beim Ceynach als auch beim Wirt für eine optimale Versorgung mit Sauerstoff und anderen Nährstoffen sorgen.

Ein optischer Sensor zeigte Doynschto den Ceynach-Kropf im Nacken des Trägerkörpers. Dabei handelte es sich um eine künstliche Körpertasche, die dazu gedacht war, das Zusatzgehirn aufzunehmen. In die Außenhaut dieser Kavität waren winzige Nanoprojektoren integriert, die auf biochemische Weise vom Trägerkörper mit Energie vorsorgt wurden und ein schwaches, aber robustes Prallfeld aufbauten. Durch dieses Scuturon war das Ceynach ähnlich gut gegen mechanische Einwirkungen geschützt wie ein normales Gehirn durch massive Schädelknochen. Andernfalls hätte schon ein simpler Stoß gegen den Ceynach-Kropf das Gehirn darin schädigen können – ein heftiger Schlag infolge eines Unfalls oder bei einer Rangelei hätte das Ceynach womöglich sogar getötet.

Bei den meisten Wirtskörpern wurde diese Körpertasche bereits vor der Stasis operativ geschaffen, um einen schnellen Transfer zu ermöglichen. Doynschto ging lieber auf Nummer sicher und kontrollierte diesen Umstand; er hatte schon die seltsamsten Dinge erlebt. Der Ceynach-Kropf war vorhanden und mit seiner Größe optimal für das Gehirn auf Doynschtos Arbeitsplatte geeignet.

Er wechselte wieder auf die andere Laborseite und säuberte das Ceynach sorgfältig von den verbliebenen Resten der unbekannten Membran. Bei normalen Sättigungsmembranen war es üblicherweise nicht dramatisch, wenn ein Stück davon am Gehirn kleben blieb; sie löste sich kurz danach selbsttätig auf. Bei dem unbekannten Material indes wollte er keinerlei Risiko eingehen, weil er nicht wusste, ob es dem Trägerköper schaden und so den Transfer behindern mochte.

Der Großteil der Fremdmembran hatte sich ohnehin bereits zersetzt. Doynschto versuchte, auch die übrigen Fasern zu entfernen, aber es gelang ihm nicht vollständig. Es schien fast, als sei diese Membran mit dem Ceynach verwachsen. Er wies das Medosystem an, die Messelektroden zu entfernen und das Ceynach vorsichtshalber mit etwas Revitalisierungsfluid zu besprühen. Zwar zeigten ihm die eingehenden Daten nach wie vor keine Reaktion auf das Passivierungsmittel an. Dennoch wollte Doynschto auch in diesem Fall sicher sein, dass es zu keinem verzögerten Effekt kam. Das Netz aus Nanoelektroden musste er nicht entfernen; es würde nach einer Weile harm- und spurlos von allein zerfallen.

Er nahm das Ceynach vorsichtig auf. Das war ein für ihn alltäglicher Handgriff, doch diesmal hatte er das Gefühl, etwas Besonderes zu zelebrieren. Fast feierlich ging er zu Fuß zu dem Medotank und platzierte das Gehirn so in den an der Schädelbasis sitzenden Ceynach-Kropf, dass es sich mit den dort verfügbaren Nerven- und Blutbahnen verbinden konnte. Das Originalgehirn von Hayvatschyt blieb dabei vollständig erhalten und wurde ebenfalls weiterversorgt. Es würde zwar nach erfolgreicher Transplantation seinen Körper nicht mehr steuern können, zumindest nicht in dem Modus, den Doynschto für die Ceynach-Implantation ausgewählt und für den sich Hayvatschyt zur Verfügung gestellt hatte.

Doynschto schloss vorsichtig die Abdeckung des Tanks, wischte sich die Nährflüssigkeit von den Händen und setzte sich auf seinen Laborstuhl. Nun konnte er bloß noch abwarten.

5.

Die Verwandlung

Rhodan verspürte Kühle und musste mit einem Mal nicht mehr gegen die Müdigkeit ankämpfen. Im Gegenteil fühlte er sich belebt und geradezu erfrischt. Es sieht so aus, als ob sie aufgegeben hätten, mich betäuben zu wollen – wer auch immer »sie« sind ...

Eine Weile schien gar nichts zu geschehen, doch dann ...

Mein Körper! Ich spüre meinen Körper wieder!

Rhodan hätte nie gedacht, dass er sich so darüber freuen könnte. Noch war es ein schwammiges Gefühl, als seien ihm sämtliche Glieder eingeschlafen und kehrten nun kribbelnd ins Leben zurück. Es war dennoch eine deutliche Verbesserung zu seinem bisherigen Zustand.

Hallo!

Rhodan erschrak. Da war jemand – er würde nicht sagen in seinem Kopf, trotzdem irgendwo bei ihm! Er hatte die Stimme deutlich gehört, zwar nur leise, wie ein Flüstern – aber so deutlich, als stünde der Flüsternde direkt neben ihm.

Hallo?, fragte die Stimme erneut. Sie klang hell, unsicher und jung.

Wer bist du?, fragte Rhodan. Bist du ein Telepath?

Ich weiß nicht, was das ist. Ich bin Hayvatschyt.

Hayvatschyt, wiederholte Rhodan. Ich bin Perry Rhodan. Wie kommst du in meinen Kopf?

Dieses Mal glaubte er, so etwas wie ein Lachen zu hören – das mentale Äquivalent dazu, eindeutig Belustigung: Man sagte mir, es sei normal, dass wir uns mental verständigen können. Wenn es dir unangenehm ist, Herr, kann ich mich zurückziehen.

Rhodans Verwirrung wuchs. Warum nennst du mich Herr?

Hayvatschyt klang verunsichert. Nun ich dachte ... Immerhin zahlst du dafür, oder?

Wofür denn? Hayvatschyt, sag mir einfach, was hier los ist! Hilf mir!

Ich fürchte, ich kann dir nicht viel helfen, Perry Rhodan. Für mich ist das auch das erste Mal.

Der geheimnisvolle Hayvatschyt verwirrte Rhodan immer mehr. Was war sein erstes Mal? Und wie er in Rhodans Kopf gekommen war, hatte er immer noch nicht erklärt.

Je mehr das Gefühl in Rhodans Körper zurückkehrte, desto seltsamer fühlte es sich an. Lag er im Wasser? Er fühlte zwar etwas, konnte sich jedoch nach wie vor nicht bewegen. In seinen Ohren gluckerte es. Er hörte trotzdem etwas. Allerdings irgendwie anders, als er es gewöhnt war.

»Bleib bitte ganz ruhig!« Das war eine wirkliche Stimme, kein mentaler Dialog wie der mit Hayvatschyt. Eine hohe Stimme – keine Frauen- oder Kinderstimme, sondern heiser und trotz allem männlich. »Ein Transfer ist nie ganz komplikationsfrei. Du liegst in der Nährflüssigkeit eines Medotanks. Ich lasse sie gleich ab, aber selbst wenn die yaanztronische Biologie der deiner Spezies sehr ähnlich sein sollte – was ich nicht weiß –, gibt es sicher biochemische und hormonelle Abweichungen. Das habe ich jedoch im Griff, ich bin ein erfahrener Zerebralpfleger und kümmere mich um dich. Mein Name ist Doynschto. Ich werde dich so gut es geht auf die neue Situation vorbereiten.«

Erst nach dieser Mitteilung wurde Rhodan bewusst, dass der Fremde eine Sprache verwendete, die Rhodan nie zuvor gehört hatte. Und dass er trotzdem jedes Wort verstand. Sein implantierter Mikrotranslator musste diese Sprache bereits mit Englisch abgestimmt haben.

Was zum Donnerwetter ist ein Zerebralpfleger? Und wohin bin ich transferiert worden?

Noch während er darüber nachgrübelte und über die Bedeutung der trotz der Übersetzung fremden Worte sinnierte, geschahen zwei Dinge: Er spürte das Wasser abfließen. Und ihm wurde übel. Es war eine seltsame Übelkeit, denn er bemerkte zunächst keine körperliche Reaktion darauf, sondern fühlte sich einfach sehr, sehr unwohl.

Herrje, ich würde mich gern übergeben. Es war wie in seiner Jugendzeit: Wenn er etwas zu viel getrunken hatte, was nicht sehr oft vorgekommen war, war es ihm stets besser gegangen, sobald sich sein Magen entleert hatte. Das blieb ihm diesmal indes verwehrt, sodass der Zustand von Schwindel anhielt. Sein Magen, der sich ebenso fremd anfühlte wie der Rest seines Körpers, meldete sich erst mit einiger Verzögerung – und drehte sich prompt um. Rhodan würgte und schnappte nach Luft.

»Ganz ruhig«, hörte er den unbekannten Doynschto. »Du wirst dich nicht übergeben, dazu ist dein Wirtskörper noch nicht imstande. Ich injiziere dir ein Mittel gegen die Übelkeit.«

Mein ... Wirtskörper?

Er spürte einen Stich am Arm. Die Übelkeit wurde kurz darauf besser.

Ich hätte nicht gedacht, dass es so unangenehm ist, äußerte sich Hayvatschyt. So etwas sagen die einem natürlich nicht, wenn man den Vertrag unterschreibt.

Ein Vertrag wofür?, fragte Rhodan. Er hatte das Gefühl, allmählich die Kontrolle über seinen Körper zu erlangen. Er konnte die Finger bewegen. Vielleicht gelang es ihm gleich, die Augen zu öffnen.

Hayvatschyts mentale Stimme klang erstaunt. Den Vertrag als Trägerkörper. Ich habe mich für fünf Jahre verpflichtet. Meiner Mutter ging es nicht gut, sie brauchte dringend Kuschtas für eine größere Wohnung. Die Stalakk zahlt gut.

Die Übelkeit legte sich zwar, aber Rhodan bekam Kopfschmerzen – ob das dem »Transfer« geschuldet war oder Hayvatschyts Andeutungen, konnte er nicht sagen. Er fühlte zunehmendes Entsetzen. Offensichtlich war ihm weitaus mehr passiert, als dass er nur in der Zentrale der SOL zusammengebrochen war. Mit aller Willensanstrengung, die er aufbringen konnte, riss er die Augen auf.

Über ihn gebeugt stand ein Fremdwesen, das er keiner ihm bekannten Zivilisation der Milchstraße zuordnen konnte. Das Gesicht war rundlich und wurde von sehr großen Augen dominiert, deren rotgoldener Schimmer ihn an Arkoniden erinnerte. In der Kopfmitte saß eine breite Nase, die der eines Hunds ähnelte. Die Lippen des breiten Munds waren zu einem freundlichen Grinsen verzogen. Am auffälligsten waren die großen Ohren, die an eine Fledermaus erinnerten. Die Gestalt trug einen Laborkittel und darunter einen blauen Overall; die Haut, die herausschaute, war mit flaumigem, grünem Fell bedeckt.

»Ah, da bist du ja«, sagte die Gestalt mit Doynschtos Stimme. »Siehst du, dein Gehirn gewöhnt sich bereits an den Körper. Du wirst ihn bald völlig unter Kontrolle haben.«

Die Worte klangen unangenehm laut in Rhodans Ohren – doch er hatte ohnehin den Eindruck, deutlich schärfer zu hören, als er es gewohnt war. Das Geräusch abfließenden Wassers – die letzten Reste der Nährlösung strömten aus dem Tank – war so geräuschvoll wie ein Wasserfall.

Langsam drangen Doynschtos Worte zu ihm vor und setzten sich mit Hayvatschyts Andeutungen zu einem Bild zusammen. Er hob die Hand vor die Augen – was nicht ganz einfach war, denn der Arm gehorchte ihm nicht recht. Die Hand war von grünem Flaum bedeckt und hatte einen zusätzlichen Daumen. Mit einer Mischung aus Grauen und Faszination tastete Rhodan nach seinem Gesicht. Ein großer Mund, eine ovale Nase mit aufgeworfenen Nasenlöchern, große Augen und lange, bewegliche Ohren: Wenn ihn nicht alles täuschte, sah er ähnlich aus wie der über ihn gebeugte Doynschto.

So muss sich Gregor Samsa gefühlt haben, als er eines Morgens aufwachte und sich in ein großes Ungeziefer verwandelt hatte!

Ungeziefer?, fragte Hayvatschyt entrüstet.

Nicht persönlich nehmen, gab Rhodan zurück. Er legte seine Hände – Nein, das sind nicht meine Hände! – an den Rand des Tanks und setzte sich vorsichtig auf.

»Sehr schön!«, lobte Doynschto. »Aber nicht zu schnell, wir müssen erst abwarten, wie du mit dem Wirtskörper zurechtkommst.«

Ein Schauder überlief Rhodan. Er befand sich in einem kleinen Raum, der wie ein Labor wirkte. Auch sein Sehvermögen war anders, als er es gewohnt war: In dem Labor war es nicht besonders hell, eher dämmrig, trotzdem konnte er problemlos alles erkennen. Sogar Details wie eine kleine Glasphiole auf der Arbeitsfläche an der anderen Raumseite oder winzige Ziffern auf einer holografischen Anzeige darüber. Die Zahlzeichen waren ihm fremd, dennoch verstand er sie.

»Wo bin ich? Und was ist mit mir passiert?«, stellte er die offensichtlichen Fragen. Er erschrak, als er seine Stimme hörte. Es war nicht seine Stimme, sondern die von Hayvatschyt – jung und von der Lautfarbe ähnlich hell wie Doynschtos. Er leckte sich über die Lippen.

Doynschto gab bereitwillig Auskunft. »Du befindest dich in der Gehirnbank Stalakk, in meinem Arbeitsraum. Ich sollte dein Ceynach für den Weitertransport passivieren. Es gab ... ein paar Probleme, daher sah ich mich zum Transfer deines Gehirns gezwungen.«

Rhodan schluckte. Er hatte keine Ahnung, wovon Doynschto sprach. Eins aber war klar: Er war in der Fremde. In einem Körper, der nicht ihm gehörte. Er war fremder als fremd. Langsam sah er sich um. »Wo ist mein eigener Körper?«

Doynschto legte die glatte Stirn in Falten. »Ich habe keine Ahnung. Bei mir kommen nur die Ceynachs an, also die Gehirne. Kannst du dich vielleicht daran erinnern, dein Gehirn für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt zu haben?«

»Soll das ein Witz sein?«

Beruhigend hob Doynschto die Hände. »Schon gut! Es gibt Leute, die machen so etwas. Dein Ceynach kam mir allerdings gleich seltsam vor. Du bist kein Yaanztroner, oder? Kommst du überhaupt aus Naupaum?«

Rhodan atmete tief durch. Bunte Flecken tauchten am Rand seines Gesichtsfelds auf, und die Übelkeit kehrte zurück. »Ich bin ein Mensch. Mein Name ist Perry Rhodan.«

»Ein Mensch also?« Doynschto überlegte. »Nie von diesem Volk gehört. Nun, ihr scheint zumindest ein paar physiologische Ähnlichkeiten mit uns Yaanztronern aufzuweisen, sonst wäre es zu einer stärkeren Abstoßungsreaktion gekommen.« Er reichte Rhodan ein Handtuch. »Damit kannst du dich säubern. Ich hole dir gleich einen Anzug, die Wirtskörper neigen nach dem Transfer zu einer Temperatur-Überempfindlichkeit.«

»Was meinst du mit Abstoßungsreaktion?«, fragte Rhodan misstrauisch. »Willst du sagen, dass du mein Gehirn in diesen Körper gepflanzt hast, ohne zu wissen, ob das Ganze funktioniert?«

Doynschto hob in einer erschreckend menschlichen Geste die Schultern. »Ein Risiko gibt es immer, vor allem bei so exotischen Ceynachs wie deinem. Aber ich hatte keine Alternative. Hätte ich den Transfer nicht riskiert, wäre dein Gehirn gestorben, da es nicht auf die Passivierung ansprach und deswegen nicht lebenserhaltend eingelagert werden konnte.«

Nun konnte sich Rhodan nicht mehr beherrschen und wurde laut. »Warum zur Hölle sollte man Gehirne einlagern?«

Doynschto reagierte mit einem überraschten Quieken auf diesen Ausbruch, dann lächelte er unsicher. »Grimmasch! Ich sehe schon, es gibt einige Fragen zu klären.«

Allerdings!, dachte Perry Rhodan wütend.